und pharmakotherapeutische Ansätze

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Trauma und Traumafolgestörungen –
psycho- und pharmakotherapeutische Ansätze
H.P. Kapfhammer
Klinik für Psychiatrie und
Psychotherapeutische Medizin
Medizinische Universität Graz
Konzeptualisierung des Traumas
Trauma
überwältigende Ereignisse
außerhalb des Bereichs
durchschnittlichen
menschlichen Erlebens:
z.B. kriegerische Auseinandersetzungen,
verheerende Naturkatastrophen
Ziviltraumata
u. a. schwere körperliche Krankheiten
A1:
Lebensbedrohung,
schwere Verletzung
Bedrohung der körperlichen
Integrität
A2:
intensive Angst, Panik
Horror, Hilflosigkeit
Was ist ein Trauma?

einmalig




extrem bedrohlich
plötzlich
unabwendbar
unkontrollierbar
ausweglos
kumulativ
persistierend
kurzfristige und langfristige Konsequenzen
Was ist ein Trauma?
Technische Katastrophen
institutionelle / politische
Verantwortlichkeit, Glaubwürdigkeit
Wiedergutmachung
Naturkatastrophen
Schicksalsgemeinschaft
Theodizee
Terrorakte
Krieg
Militärisch: Opfer- / Täter-Status
Zivil: Kumulative Traumata:
Verletzung, Vergewaltigung,
Verlust, Vertreibung, Zerstörung
Folter
vorhersagbar, sinnlos,
persönliche Bedeutungslosigkeit
unschuldiger Opfer,
staatlicher Schutz- / Wertekollaps
Genozid
ethnische
Säuberung
Was ist ein Trauma?
sexueller, körperlicher, emotionaler Missbrauch
Vernachlässigung, Gewalt in Beziehungen
neben unmittelbarer traumatischer Einwirkung
unvereinbare Kollision mit vertrauensvoller
Beziehung / Bindung und humaner Selbstentfaltung
Was sagt uns die Epidemiologie über die
Häufigkeit von individuellen Traumatisierungen?
Traumaexposition




interpersonale Gewalteinwirkungen
andere Verletzungen /
schockierende Erlebnisse
Erfahren von Traumatisierung/Tod
naher Bezugspersonen/Freunde
Erfahren vom plötzlichen Tod
naher Bezugspersonen/Freunde
Lebenszeitprävalenz:
50 – 90 %
sehr häufig kumulativ
[nach: Wittchen 2009]
unmittelbare und langfristige Folgen –
diagnostische Konzepte
PTSD – prototypische,
aber nicht einzige Reaktion auf Trauma
Trauma
Anpassungsstörung
Bewältigung
Depression
Angst
Dissoziation
Somatisierung
Sucht
Integration
Kompensation
[modifiziert nach: Flatten et al. 2001]
Akute Belastungsstörung
PTSD
Persönlichkeitsveränderung
(komplexe PTSD)
Persönlichkeitsstörung
Diagnostisches Konzept der
Posttraumatischen Belastungsstörung - (DSM-5)
A. Trauma [kausal vs. kontingent + Vulnerabilität + Toxizität]
B.
C.
D.
E.
intrusive Wiedererinnerungssymptome mit Trauma assoziiert
peristierende Vermeidung Trauma-assoziierter Reize
negative Veränderungen von Kognitionen und Stimmung in Verbindung mit Trauma
bedeutsame Veränderungen in Arousal - und Reaktionssystemen in Verbindung mit Trauma
F. Dauer: mindestens 1 Monat
G. bedeutsamer psychologischer Distress /soziale Beeinträchtigung
-
Subtypus:
Subtypus:
mit dissoziativen Symptomen (Depersonalisation / Derealisation)
mit verzögertem Beginn
nicht normative, sondern atypische Reaktion nach Trauma
Zur Epidemiologie der PTSD - allgemein

amerikanische Studien –

nicht-amerikanische Studien:

geschlechtsdifferentiell –




Lebenszeitprävalenz:
Punktprävalenz:
bei militärischem Personal:
7 – 8%
1 – 3%
deutlich höher
deutlich niedrigere LZP
LZP – Frauen:
LZP – Männer :
20%
8%
Vergewaltigung – Trauma mit höchstem konditionalem PTSD-Risiko:
interpersonelle Gewalt (sexuell / nichtsexuell):
traumatischer Verlust – ebenfalls bedeutsames PTSD-Risiko
F>M
40% aller PTSD-Fälle
PTSD-Remissionsquoten (Nicht-Fall-10Mo) – 40 Mo
Baseline < 5 Mo post-TE vs. > 5 Mo post-TE:
44% (große Streubreite)
51.7% vs. 31.4%
(Norris u. Slone 2013; Kessler et al. 2008; Kessler u. Üstün 2008; Breslau et al. 2008; Morina et al. 2014)
Große Mehrheit traumatisierter Personen erholt sich!
[Shalev 2009]
Verlaufstypen psychischer Reaktionen
nach Traumaexposition
[Bonanno 2004]
Klinisch-pragmatische Bewertung von
PTSD-Risiko nach Traumaexposition
nach: Sareen (2014)
Genetische und Umweltfaktoren tragen zum
PTSD-Risiko nach Traumaexposition bei
[Mahan & Ressler 2012]
Traumaexposition, ASD / PTSD
und psychologische Konzeptualisierung
Gedächtnis
autobiographisches G.
implizit, situationsabhängig,
intrusive Erinnerung, nicht
reflexiv, schwer verbalisierbar,
sensorisch, affektiv, viszeral,
fragmentarisch, verzerrtes
Zeitgefühl („jetzt“)
Soziale Unterstützung
negative Umgebung
(Kritik, Indifferenz) >
fehlende positive Hilfe
Autonome Aktivierung
exzessive Stimulierung-Reaktion:
verhindert Habituation, Neulernen,
Stimulusdiskrimination;
Herzrate, Startle-Reaktion,
autonomes Arousal
Sensitivierung - Kindling
Aufmerksamkeit, Vigilanz
neutrale Stimuli als potentielle
Gefahrensignale missinterpretiert,
Circulus vitiosus: Überwindung
traumatischer Erfahrungen,
Neulernen verhindert
Traumaexposition
ASD / PTSD
Coping
Gedankenunterdrückung,
allgemeine Vermeidung,
Rumination, verstärktes
Sicherheitsverhalten
Kognitionen,
Überzeugungen
Katastropheninterpretationen,
Selbst-, Objektschemata,
allgemeine Weltsicht,
„mentale Vernichtung“
Dissoziation
peritraumatisch, v .a.
wenn länger anhaltend,
Gegenregulation zu
autonomen Hyperarousal
Affektive Reaktionen
Angst, Horror,
peritraumatische Panik,
Scham, Schuld, Ärger
lähmende Ohnmacht
Vermeidungsverhalten
Was zeichnet das traumatische Gedächtnis aus?
[Mahan & Ressler 2012]
Konditionierung emotionaler /
traumatischer Erfahrungen
[Parsons u. Ressler 2013]
Verhaltensregulation in emotionaler Ausgeglichenheit
versus traumatischem Stress
Kontrolle durch präfrontalen Kortex
während Nicht-Stressbedingungen
[nach: Arnsten 2009]
Kontrolle durch Amygdala während
traumatischer Stressbedingungen
Dissoziative Erinnerungsmodalität
bei trauma-assoziierter Stimuluskonfrontation
[nach: Lanius 2007]
Neurobiologische Veränderungen nach Trauma / bei PTSD
- Zusammenfassung –
Atrophie in der Hippocampusformation
Neurotransmitter-Dysfunktionen
HPA-Achsen-Dysfunktionen
•
•
•
•
•
•
•
•
•
noradrenerg
serotonerg
dopaminerg
opioiderg
glutamaterg
CRF
Cortisol
Glucocorticoid-Rezeptoren
DST-Suppression
Dysfunktionen im Inflammations-,
Immunsystem
Dysfunktionen des autonomen Nervensystems
VVC-Sympathikus-DVC
Dysfunktionen in zerebraler Informationsverarbeitung
• Problem der Überkonditionierung
• hemispherale Lateralisierung: rechts > links
• Dissoziation: Kompartmentalisierung / Selbst-/Umweltentfremdung
Komplikationen im chronischen PTSD -Verlauf

komorbide psychiatrische Störungen (80 %)
-


Major Depression:
Alkohol-/Substanzmissbrauch:
Panikstörung:
suizidale Verhaltensweisen:
[Keane et al. 2007]
6x
3x
4x
6x
erhöhte medizinische Inanspruchnahme:
somatoforme Beschwerden und somatische Krankheiten exzessiv erhöht
Persönlichkeitsveränderungen infolge chronischer oder früherer Traumatisierung
(z.B. Defizite in Selbstfürsorge, affektiver Regulation, grobe Verzerrungen in der Wahrnehmung
persönlicher Verantwortlichkeit und Selbstwirksamkeit)

deutlich erniedrigte gesundheitsbezogene Lebensqualität

deutlich erhöhte psychosoziale Behinderungsgrade

hohe sozioökonomische Folgekosten
Therapeutische Perspektive nach Trauma
und Traumafolgestörungen

nach Akuttraumatisierung

im erhöhten Risiko für PTSD

bei PTSD
Psychological sequelae of the September 11Terrorrist
attack in New York City
PTSD:
südlich Canal Street:
Major Depression:
7.5 %
20.0 %
9.7 %
Major Depression bei PTSD:
Major Depression ohne PTSD:
49 %
6.5 %
Galea et al. (2002) N Engl J Med 346: 982-7
Empfehlungen des gezielten und überlegten Vorgehens
nach einem akuten Massentrauma











basale Bedürfnisse: Erste Hilfe, Sicherung, Essen
tröstender menschlicher Kontakt, Beruhigung, Unterstützung
Weiterreichen verfügbarer gesicherter Informationen
Beratung, Training, technische Unterstützung von Organisationen, Gemeindeführer,
Hilfeleistenden
Beurteilung von Bedarf/Bedürfnissen und Ressourcen
Triage für Personen mit unkontrollierbaren Reaktionen
Monitoring von Sicherheitszone und Erholungsumgebung
Beobachtung und Nachkontrolle der Überlebenden, notwendige Triage
nachgehende Betreuung, Sicherstellung des Informationsflusses
Stärkung von Familie/Gemeinde in Widerstand und Erholung
keine zusätzliche Schädigung: niedriges Niveau an Interferenzen, hohe
Wahlmöglichkeiten
[Watson u. Shalev 2005; O´Donnell et al. 2008; Nash u. Watson 2012]
Indikatoren für ernsthafte psychologische Reaktionen
nach einem Akuttrauma








anhaltender Distress ohne Perioden von relativer Beruhigung
schwere dissoziative Symptome trotz Rückkehr in gesicherten Raum
intensive Traumaintrusionen, die angstvoll vermieden, als Qual erlebt, mit Schlafstörungen
extremer sozialer Rückzug
unfähig über das Trauma nachzudenken, lediglich unwillkürliches emotionales Wiedererleben
unkontrollierbare Angst, Ärger, pathologische Trauer
ausgeprägte Schlafstörungen, Appetitverlust, Selbstvernachlässigung
extreme kognitive Einbußen (Verwirrtheit, Konzentrationsstörungen, Urteilsstörung,
Entscheidungsunfähigkeit, überwältigende Gefühle von Hilflosigkeit)
Debriefing in der posttraumatischen Akutsituation
früher als „Königsweg“ in Prävention
von PTSD angesehen:




in Gruppen: rasch nach akutem Trauma
emotionale Verarbeitung
Möglichkeit zum kathartischen Ausdruck
schockartiger Gefühle
Normalisierung hiermit assoziierter Verhaltensweisen
Vorbereitung auf mögliche psychologische Folgen des
Traumas
empirische Datenlage:
in systematischer Beurteilung:
kein gesicherter positiver Effekt
Hinweise auf negative Effekte in Langzeitentwicklung
Systematisches Cochrane Review [Rose et al. 2002]
Metaanalyse [van Emerikk et al. 2002; Kearns et al.
2012; Skeffington et al. 2013 ]
Psychologisches Debriefing
nach Autounfällen
Mayou RA et al. (2000) Br J Psychiatry 174: 589-593
Diagnostisches Konzept der
Akuten Belastungsstörung - (DSM-5)
nach Trauma:  9 Symptome aus :
Intrusion:
Stimmung
Dissoziation
Vermeidung
Arousal
Dauer
1. Traumaerinnerungen
2. trauma-assoziierte Albträume
3. Flashbacks
4. psychologischer / physiologischer Distress
bei Traumaerinnerungen
5. Verlust positiver Emotionen
6. Depersonalisation / Derealisation
7. dissoziative Amnesie
8. Vermeidung von trauma-assoziierten Erinnerungen,
Gedanken, Gefühlen
9. Vermeidung von trauma-assoziierten äußerer Reizen
10. Schlafstörungen
11. irritables Verhalten, Wutausbrüche
12. Hypervigilanz
13. Konzentrationsprobleme
14. übertriebene Schreckreaktionen
4 Tage bis 1 Monat
bedeutsamer psychologischer Distress /soziale Beeinträchtigung
13 % nach spezifizierten Trauma
moderat positive Spezifität,
jedoch ungenügende Sensitivität
bezüglich späterem PTSD-Risiko
[DSM-IV Kriterien]
verbesserte Prädiktion
durch DSM-5 Kriterien
[Bryant 2015]
Trauma-fokussierte Kognitive Verhaltenstherapie
bei Akuter Belastungsstörung
Fokus der Intervention: Personen mit klinisch bedeutsamen Symptomen
nach dem Trauma (z.B. ASD - ca. 75% nach 6 Monaten PTSD)
oder nach schwerwiegender Traumatisierung
Foa et al. (1995)
2 Mo.
5 Mo.
Bryant et al. (1998)
(1999, 2003)
6 Mo.
Bryant et al. (2005,
2006)
6 Mo.
3 Jahre
Shalev et al. al. (2012)
sexuelle / nichtsexuelle Gewalttraumata
KVT (Angstmanagement, in vivo Exposition,
kognitive Restrukturierung) versus KG
KVT: 10 % PTSD vs. KG: 70 % PTSD
KVT = KG
Verkehrsunfall + ASD
KVT (Psychoedukation + verlängerte imaginative
Exposition + Angstmanagement) vs. Beratung
KVT: 17 % PTSD, KG: 67 %
w: 20 % Non-Response, 20 % vorzeitiger Abbruch
Zilviltraumata + ASD
KVT vs. KVT + Hypnose vs. Beratung
21 % - 22 % - 57 %
kein Zusatzgewinn durch Hypnose
prolongierte Exposition vs. cognitive restructuring
vs. Escitalopram
Rothbaum et al. (2012) prolongierte Exposition in Notaufnahme: ++
Möglichkeiten zur sekundären Prävention
Pharmakologische Frühintervention
Konsolidierung des
Traumagedächtnisses
Retrieval der Traumaerinnerung
Extinktionslernen
[Pitman u. Delahanty 2005; Cain et al. 2012; Morrison u. Ressler 2014]
Traumatisches Gedächtnis und Noradrenalin-System

NA entscheidend für assoziatives emotionales Lernen (klassisches / operantes Konditionieren)
(McGaugh 2004)

Locus coeruleus: hoch vulnerabel für Sensitivierung bei prolongiertem / unkontrollierbaren Stress
persistierenden autonomous Hyperarousal bei (Krystal & Neumeister 2009)

Überkonsolidierung traumatischer Erinnerungen in der Amygdala vs.
inadäquate Informationsverarbeitung in hippokampalen und präfrontalen Arealen
(Southwick et al. 2007)

Modus der intrusiven Sensations-basierten Traumaerinnerungen
(Roozendaal et al. 2009)
vs Extinktionslernen
Frühintervention: Reduktion der NA-Hyperaktivität durch postsynaptischen β- und α1adrenergen Antagonismus und durch präsynaptischen α2-adrenergen Agonismus?
Frühintervention mit Reduktion der
noradrenergen Überaktivität
Clonidin (2-agonistisch)
Kinzie, Leung (1989)
Kolb (1991)
Harmon, Riggs (1996)
Morgan et al. (2003)
+ PTSD-Symptome, auch bei Kindern
Guanfacin (2-agonistisch)
Horrigan (1996)
+ PTSD-Symptome
Prazosin (1-antagonistisch)
Raskind et al. (2003, 2007; DB-PC)
Taylor et al. (2007, 2008; PC)
Germain et al. (2012; DB-PC)
+ + + PTSD-assoziierte Schlafstörungen, Alpträume
Propranolol (-antagonistisch)
-
Famularo et al. (1988)
Pitman et al. (2002; DB-PC)
Vaiva et al. (2003)
McGhee et al. (2009; DB-PC)M
Sharp et al. (2010; DB-PC)
Stein et al. (2007; DB-PC-CC)
+ PTSD-Symptome
Frühintervention: + Reduktion der Schwere von späteren PTSD-Symptomen
Frühintervention: + Reduktion der Schwere von späteren PTSD-Symptomen
Behinderung der Überkonsolidierung traumatischer Erinnerungen
[Hodge et al. 2012; Argolo et al. 2015]
Traumatisches Gedächtnis und HPA-Achse



dysfunktionale HPA-Achse bei PTSD: niedrige Cortisolspiegel möglicher Dispositionsfaktor
und wahrscheinlicher Riskofaktor für PTSD nach Traumaexposition (Yehuda 2009)
Glucokortikoide differentiell an Regulation des Gedächtnisses beteiligt: Effekte auf
Gedächtnis-Konsolidierung, Retrieval und Arbeitsgedächtnis (Joels et al. 2011)
suppressiver Effekt auf intrusive Sensations-basierte Traumaerinnerungen möglicherweise
entscheidender Schritt gegen Überkonsolidierung der Traumaerinnerung
(De Quervain et al. 2009)
Frühintervention: Substitution mit Stressdosen von Hydrocortison?
Stressbezogene Gaben von Hydrocortison

hohes PTSD-Risiko nach ARDS, septischem Schock, aber auch
herzchirurgischen Eingriffen [Schelling et al. 1999; Kapfhammer et al. 2004]
- Stressdosen Hydrocortison reduzieren hoch signifikant
das PTSD-Risiko bei schwerst kranken, intensivpflichtigen Patienten
[Schelling et al. 2001, 2004; Weis et al. 2006; DB-PC]
-
nach Ziviltrauma [Aerni et al. 2004; DB-PC]
nach militärischen Traumata [Suris et al. 2010; DB-PC]
nach Zivil- / militärischen Traumata [Zohar et al. 2011; DB-PC]
nach diversen Traumata [Delhanty et al. 2013; RCT]
Hydrocortison unterdrückt den intrusiven Retrieval-Prozess:
reduziert PTSD-Risiko [van Zuiden et al. 2013; Vermetten et
al. 2014; Parker et al. 2015]
Traumatisches Gedächtnis und Opioid-System


endogenes Opioid-System: dissoziative Gegenregulation der NA-Hyperaktivität
psychomotorisches Frightening, emotionale Betäubung und Analgesie
funktioneller Diskonnektion von Amygdala und Hippokampus,
adäquate Realitätskontrolle / aktives Coping
(Schmahl & Bohus 2007)
unkontrollierter Schmerz: unabhängiger PTSD-Risikofaktor (Norman et al. 2008)
Frühintervention mit Opioiden in akuten Schmerzzuständen?
Frühintervention mit Opiaten

initiale Gabe von Opiaten nach schwerwiegenden körperlichen Verletzungen:
wahrscheinlich protektiver Effekt gegenüber PTSD-Risiko
Verbrennungstraumata
Kriegsverletzungen
- Saxe et al. (2001)
- Stoddard et al. (2009)
- Sheridan et al. (2014)
- Holbrook et al. (2010)
unklar, ob protektiver Effekt auf Ebene der Schmerzkontrolle oder anderweitig
vermittelt wird (Bryant et al. 2009)
Traumatisches Gedächtnis und GABA-erges System


GABAerge inhibitorische Kontrolle: präzise Regulation von Konsolidierung, Expression
und Extinktion der emotionalen, d.h. traumatischen Konditionierung
(Roozendaal et al. 2009; Mahan & Ressler 2012)
Extinktionslernen: komplexes Zusammenspiel von exzitatorischen glutamatergen und
inhibitorischen GABAergen, Endocannabinoid-ergen, und anderen Neurotransmittern und
neurohumoralen Effekten (Garakani et al. 2009; Atsak et al. 2012)
Frühintervention: Benzodiazepine?
Frühintervention mit Benzodiazepinen
nach Akuttrauma
Benzodiazepine
Gelpin et al. (1996)
Mellman et al. (2002)
n = 13 / 13, DB/PC, innerhalb 18 Tage p.T.
1 Mo – 6 Mo
n = 10 (Clonazepam: 2.7 mg)
n = 3 (Alprazolam: 2.5 mg)
Endpunkt: Diagnose PTSD:
Diagnose Major Depression:
BDZ: 69 % vs. Placebo: 15 %
BDZ: 54 % vs. Placebo: 0 %
Frühintervention, DB/PC Temazepam (30 mg) : n = 11, Placebo: n = 11
Endpunkt: Diagnose PTSD
BDZ = Placebo
Traumatisches Gedächtnis und Serotonin-System




Serotonin moduliert NA-Reaktivität und autonomes Arousal
Einfluss auf Funktionalität der HPA-Achse
generell inhibitorische Effekte auf neuronale Aktivität / Plastizität
balancierte serotonerge Neurotransmission: Grundvoraussetzung für flexible
Realitätsorientierung und adäquate Reaktion
 prolongierter und unkontrollierbarer Stress
serotonerge Dysfunktion
(Krystal & Neumeister 2009)
Frühintervention mit SSRIs?
Frühintervention mit SSRI
- kein prophylaktischer Effekt von Escitalopram (Shalev et al. 2012)
- diskreter prophylaktischer Effekt von Sertralin (Stoddar et al. 2011)
unklarer Stellenwert der SSRI in der Frühintervention
Traumatisches Gedächtnis und Bindungssystem



Traumatische Erfahrung: existentielle Erfahrung von totalem Bindungsverlust
Polyvagale Theorie der Emotionen nach Porges (2001)
- VVC
Signalsystem für Emotion, Bewegung, Kommunikation
[Tröstung, Kontaktnähe, Stressreduktion]
- SNS
adaptives – aktives Mobilisierungssystem
[Fight – Flight]
- DVC
Immobilisierungssystem
[passive Vermeidung, Totstellreflex, Dissoziation]
Stärkung des Bindungssystems: protektiv gegenüber PTSD-Risiko [Olff et al. 2012]
Frühintervention mit Oxytocin?
Frühintervention mit Oxytocin
[Olff et al. 2012]



einige positive Signale aus Pilot-RCTs [Pitman et al. 1993; Yatzkar & Klein 2009;
Eidelman-Rothman et al. 2015]
beachte: kurze HWZ
beachte: komplexe Wirkung von Oxytocin mit anderen Verhaltenssystemen
Psychotherapeutische Ansätze bei der PTSD
Allgemeine Behandlungsaspekte:


supportiv, Sicherheit stiftende Beziehung, aktiv, klärend
Coping mit affektiv-kognitiver Über- / Unterkontrolle

Konfrontation, Exposition, Desensibilisierung, Entspannung
emotionale Kontrolle / Verarbeitung
kognitive Umstrukturierung

Selbstkohärenz, Narrativ


Kognitive Verhaltenstherapie bei PTSD
Zentrale Hypothesen [Foa u. Cahill 2002; Ehlers u. Clark 2000]:

Emotionales Engagement

Habituation

Kognitive Modifikation
- Angstmanagement – Stressimpfungstraining
- Prolongierte Exposition
- Kognitive Ansätze
bei Teilgruppe von PTSD-Patienten: Exposition nicht anzuwenden,
Risiko der Retraumatisierung (Schuld, Scham, Ärger, mental defeat)
Kontraindikationen [Williams et al. 2009; Cloitre et al. 2010; Lanius et al. 2012]
Modifikationen bei komplexen / komplizierten PTSD-Verläufen
[Ehlers et al. 1998; Hembree et al. 2003 /
Cohen u. Hien 2006; Courtois u. Ford 2009]
sehr gute empirische Datenbasis mit überzeugenden
Wirksamkeitsnachweisen
Cochrane Review [Bisson et al. 2013]; Metaanalyse [Watts et al. 2013]
auch Gruppensetting [Barrera et al. 2013]
Trauma-Kognitionen: PE = KM [Diele et al. 2014]
Moderne Varianten einer KVT bei PTSD

STAIR (Skills Training in Affective and Interpersonal Regulation ) Narrative Therapie
- Trauma-orientierte Arbeit + spezielles Skills Training: besondere Probleme in der Führung der personalen /
sozialen Alltagsbewältigung bei komplexeren PTBS-Verläufen (Cloitre et al. 2006)
- mehrere RCTs: gute Effizienz + praktikable Umsetzbarkeit (Cloitre et al. 2002, 2010; Levitt et al. 2007;
Trappler u. Newville 2007; systematisches Review: Cloitre u. Schmidt 2015)

Narrative Expositionstherapie (NET)
- expliziter Fokus auf besondere Struktur des traumatischen Gedächtnisses (Elbert et al. 2015):
Angleichung traumatischer Erinnerungen an übriges autobiografisches Gedächtnis: sichere Identität
- Therapieelemente:
- aktive chronologische Rekonstruktion
- prolongierte Exposition
- Unterscheidung des traumatischen Gedächtnisses von konditionierten emotionalen Reaktionen
- Verstehen der Triggerreize durch detaillierte Erzählung und Imagination des traumatischen Ereignisses
- bedeutungsvolle Verbindung und Integration der physiologischen, sensorischen, kognitiven und
emotionalen Reaktionen in Zeit, Ort und Lebenskontext der traumatisierten Person
- Reevaluation der kognitiven und Verhaltensmuster im Hinblick auf Trauma und übriges Leben
- systematische Übersicht über positive Lebenserfahrungen / Anpassung der grundlegenden a-k Schemata
- persönliche Würde durch Anerkennung der Zeugnisabgabe
- manualisierte Form (Schauer et al. 2011)
- mehrere RCTs: gute Effizienz + praktikable Umsetzbarkeit, auch in schwierigen Kontexten
Moderne Varianten einer KVT bei PTSD

Dialogische Expositionstherapie (DET),
kognitive Verhaltenstherapie mit Ansätzen der interpersonalen Gestalttherapie verknüpfte (Butollo et al. 2014)
Hagl et al. (2014): RCT vs. aktive supportive Kontrollgruppe bei Gruppe bosnischer Frauen (N = 131) mit
traumatischen Verlusten während Balkankrieg:
- signifikante Verbesserung der PTBS-Symptomatik in Kurzintervention (7Sitzungen)
- Effektstärken: in mittlerem Bereich (prä-post: DET: d = 0.56; KG: d = 0.34)
- DET in den Aspekten „traumatischer Trauer“ (DET vs. KG: d = 0.37) und „Trauma-bezogener Vermeidung
(DET vs. KG: d = 0.73) signifikant überlegen
- Stabilität der erzielten Therapiewirkungen über 1 Jahr nachgewiesen
Imagery Rehearsal Therapy (IRT)






Trauma-assoziierte Albträume
IRT: Albträume als kontrollierbar erläutert und als normalpsychologisches Phänomen eingeführt
- Wahl eines typischen Albtraums
- möglichst exaktes Protokolls des Trauminhalts
- Traumtext in positivem Sinne abgeändert
- verändertes Traumnarrativ über eine Woche lang 5 bis 20 Minuten täglich mit möglichst intensiver
bildhafter Veranschaulichung durchgeübt
IRT: Effektstärken von über 1.0 (Krakow et al. 2000, 2001; Krakow u. Zadra 2006; Germain u. Nielsen 2003)
auch therapieresistente Albträume bei chronischen PTBS-Verläufen gebessert (Forbes et al. 2001; Davis u.
Wright 2005, 2006; Casement u. Swanson 2012; Hansen et al. 2013)
(Forbes et al. 2001; Davis u. Wright 2005, 2006; Casement u. Swanson 2012)
ähnlich wirksam: Ansätze der gezielten Selbst-Exposition gegenüber Albtrauminhalten alleine (Grandi et al.
2006), Techniken zum Erlernen des „luziden Träumens“ (Lancee et al. 2010)
hinsichtlich Kontrolle Trauma-assoziierter Albträume, allgemeiner Schlafqualität und PTBS-Symptomatk
bewies IRT ähnlich hohe Effizienz wie Prazosin (Seda et al. 2015)
Eye Movement Desensitization and Reprocessing
(EMDR) bei PTSD
moderne Variante eines kognitiven Expositionsverfahrens
mit intendierter Integration neurobiologischer Überlegungen
[F. Shapiro 1995]
-
Imagination einer Szene aus Trauma
induzierte sakkadische Augenbewegungen
Fokussierung auf aktivierte traumabezogene Kognitionen
Exposition bis Angsthabituation
Verknüpfung mit affektiv positiver Szene bei
beibehaltenen sakkadischen Augenbewegungen
gute empirische Datenbasis:
weder in theoretischer Konzeptualisierung noch
klinischer Differenzierung abschließend beurteilbar
in systematischer Beurteilung: gesicherter positiver Effekt
Cochrane Review [Bisson u. Andrew 2007; Bisson et al. 2013]
Systematische Reviews [Chen et al. 2014; Shapiro u. Laliotis 2015]
Psychodynamische Verfahren bei PTSD







Behandlungsmodell nach Horowitz (1986, 2012)
therapeutische Hauptfokus auf Lösung von intrapsychischen Konflikten aus der traumatischen Erfahrung und
wesentlich in Verleugnungs- und Intrusionsphasen ausgestaltet
Charakteristika einer Überkontrolliertheit bzw. einer Unterkontrolliertheit
Ziel: den Amplituden der vorherrschenden Psychodynamik durch eine geeignete therapeutische Technik
entgegenzuwirken (Gaston 1995; Krupnick 2002).
Intrusionsphasen: kontraindiziert, noch weiter mit vorherrschenden Gefühlszuständen zu konfrontieren,
stattdessen emotionale Unterstützung, Angebot von externer Kontrolle durch zeitliche und thematische
Strukturierung, aktive Übernahme von Ich-Funktionen für Patienten bis hin zur Unterdrückung der
überwältigenden Emotionen
Verleugnungsphasen: ermutigt, wieder in Kontakt mit emotionalen Erleben zu gelangen, dabei aber starkes
Schutzbedürfnis anerkannt, dosiertes Wiederbeleben der Traumaerfahrung, Verbalisierung des sprachlosen
Schreckens, Herausarbeiten dominanter Selbst- und Objektbilder
Phase des Durcharbeitens: Themen: Furcht vor der Wiederkehr des Traumas, Scham über die Hilflosigkeit, Wut
auf den Verursacher, Schuld und Scham über aggressive Impulse, Überlebensschuld, Angst vor Identifikation
mit Opfern und Tätern, der Trauer; vorherrschende Persönlichkeitsstilen, typische Übertragungs- und
Gegenübertragungsmuster (z. B. der Therapeut als potenzieller Aggressor, Verletzer intimer Grenzen,
vertrauensunwürdiger Betrüger, Richter, Kontrolleur, indifferenter Zeuge, potenzielles Opfer der Aggressionen
des Patienten versus als Freund, Helfer, Retter, idealisierter Weise, der dem unbegreiflichen Trauma einen
übergeordneten Sinn verleihen könne)
Psychodynamische Verfahren bei PTSD




psychodynamische Kurzzeittherapien: günstige Ergebnisse möglich
(Kudler et al. 2009)
im Vergleich zu kognitiv-behavioralen Ansätze: Effektstärken
niedriger einzustufen
(Cloitre 2009; Watts et al. 2013)
RCT: Vergleich von psychodynamischer Therapie und KVT - beide
vergleichbar gut wirksam (Levi et al. 2015)
spezielle Forschungssettings: keineswegs auf komplexeren PTBSVerläufe zu extrapolieren wie häufig in üblichen
Versorgungskontexten: längere Behandlungszeiten, Therapieziele
realistischer zu formulieren, psychodynamisches Vorgehen
bedeutsam zu modifizieren, gegebenenfalls mit anderen
psychotherapeutischen und medikamentösen Strategien zu
kombinieren
(Sachsse et al. 2006; Schottenbauer et al. 2008; Allen 2012;
Gersons u. Schnyder 2013; Lampe et al. 2014; Seidler et al. 2015)
Reihung der Effektstärken für Veränderungen von PTSD
Symptomen nach Typus der Psychotherapie
Typus der
Psychotherapie
N
Studien
Rang der
Effektstärke
Mittel (SD)
Median
Range
Expositionstherapie
Exposition + kognitive Therapie
Kognitive Therapie / Restrukturierung
EMDR
Problem-orientierte Therapie
Supportive Beratung
18
14
6
9
3
5
7.94 (±1.66)
8.04 (±2.09)
8.83 (±1.17)
5.89
5.67 (±2.08)
5.00 (±2.12)
8.0
8.0
9.0
9.0
4.0
7.0
5-10
3-10
7-10
4-10
4-8
2-7
Übliche Behandlung (TAU)
3
5.00 (±2.64)
3.0
3-8
[Reihung der Effektstärken: Effektstärke: 0.00-0.10 = Rang: 1; 0.11-0.20 = 2; 0.21-0.35 = 3; 0.36-0.49
= 4; 0.50-0.65 = 5; 0.66-0.79 = 6; 0.80-1.00 = 7; 1.01-1.50 = 8; 1.51-2.00 = 9; 2.01- = 10;
Beschreibung: Rang 1: sehr klein - Rang 10: extrem ausgeprägt]
[nach: Cloitre 2009]
Psychotherapeutische Ansätze
bei psychologischen Störungen nach Trauma –
Zusammenfassung
Nach Traumaexposition: behutsame und rationale
Vorgehensweise, derzeit keine Evidenzbasierung,
große logistische Herausforderung bei Massentraumata
Debriefing-Verfahren (CISD; CISM) kann nach EbM nicht
empfohlen werden; eventuell negative Langzeitfolgen
ASD: KVT mit gesicherter Wirksamkeit, löst aber nicht
die Herausforderung einer sekundären Prävention
allgemeine Beurteilung bei PTSD:
Cochrane Review (Bisson u. Andrew 2007; 2013)
noch unentschiedene empirische Datenlage:
- KVT, EMDR > Stressmanagement > psychodynamische Verfahren
- noch unklare Kontraindikationen, notwendige Modifikationen
zu bedenken: in früheren Studien meist keine Patienten mit
psychischer / somatischer Komorbidität; schwierige
Generalisierbarkeit auf durchschnittliche Versorgungsbedingungen;
aber durchaus: (Ronconi et al. 2014)
Pharmakotherapeutische Ansätze
bei der PTSD
Zentrale Fragen










Zeitpunkt der Kontaktaufnahme: akut versus chronisch
Traumakontext: z.B. zivil versus militärisch
psychotherapeutisch – psychosozial – pharmakotherapeutisch
Kombination – Interferenz
Akuttherapie – Langzeitbehandlung
Wahl der Substanzklasse
Ziel der Behandlung
Dauer der Behandlung
unterschwellige – chronische – therapieresistente Symptomatik
Arzt-Patientenbeziehung
Wichtige Grundprinzipien
einer Pharmakotherapie bei der PTSD











Einbettung in tragende therapeutische Beziehung
Ergänzung zu formaler Psychotherapie
tolerables Ausmaß von Angst notwendig für die Effizienz von Psychotherapien
systematische Reflexion der Bedeutungen der Medikamente
häufige Probleme der Non-Compliance
zielsymptomorientierter Einsatz von Psychopharmaka entsprechend Schwere
der psychopathologischen Syndrome in posttraumatischer Entwicklung
insgesamt günstigeres Ansprechen positiver Symptome auf Psychopharmaka
konsequente Standardbehandlung komorbider psychiatrischer Störungen,
durch psychopharmakologische Frühintervention möglicherweise Verhinderung
einer chronischen PTBS-Entwicklung
Beachtung der potenziellen Risiken einer Medikation hinsichtlich
Nebenwirkungen, Missbrauch, Suizidalität,
nicht selten Resistenz gegenüber Standarddosierungen
Psychopharmakotherapeutische Ansätze
bei der PTSD

SSRI
Paroxetin
Sertralin
Fluoxetin
Citalopram
Fluvoxamin
Tagesdosis
RCT
Effekte (Response-Kriterium, Zeitdauer)
10 – 60 mg
50 – 200 mg
20 – 80 mg
20 – 60 mg
50 – 300 mg
3
3
5
1
1
signifikante Reduktion von B, C, D-Symptomen
klinische Globalverbesserung
effektiv auch für Depression, Panikstörung,
sozialer Phobie, OCD
Reduktion von assoziierten Symptomen (Ärger,
Aggression, Impulsivität, Suizidgedanken)
kontroverse Position in der Beurteilung der Effizienz [Institute of Medicine 2007]
Konsens:
US-Veteranen mit langjährigem PTSD-Verlauf: relativ ernüchternd – negativ
nach Ziviltraumata: mehrheitlich positiv – Response-Kriterium: Reduktion um 30% (!)
mehrheitlich: Dauer: 5 -12 Wochen [Puetz et al. 2015]
Langzeittherapie: deutliche kontinuierliche Besserung
[Londborg et al. 2001; Friedman 2009]
Psychopharmakotherapeutische Ansätze
bei der PTSD

andere SRI
Venlafaxin 75 – 225 mg
Mirtazapine 15 – 45 mg
Trazodon 150 – 600 mg
Bupropion 200 – 450 mg

den SSRI vergleichbare Wirksamkeit
schwächer als SSRI, aber in Kombination: Schlaf +
gegenüber Placebo keine signifikante Überlegenheit
MAO-Hemmer
Phenelzin 15 – 90 mg
Brofaromin, Moclobemid

2
1
1
reduzieren B-Symptome, Effekte moderater
als unter SSRI; klinische Globalverbesserung
Trizyklika
Amitriptylin, Imipramin, Desipramin je 1
A, I > D; insgesamt moderate Effekte, NW-Spektrum
Psychopharmakotherapeutische Ansätze
bei der PTSD

Mood-Stabilizers
aus offenen Studien zunächst ermutigende
Ergebnisse für Carbamazepin, Oxcarbazepin,
Valproat, Gabapentin, Topiramat,
Tiagabin, Phenytoin, Vigabatrin
unklarer Status – Effizienz

B, C, D-Symptomverbesserungen
in RCT: Valproat = Placebo, Lamotrigin > Placebo
unklar im Hinblick auf Anti-Kindling
pragmatisch: Add-on, unzureichend validiert
Antipsychotika der 2. Generation
Risperidon, Olanazpin, Quetiapin
effektiv gegen B, (C), D-Symptomcluster +
Aggression, Misstrauen, Feindseligkeit
RCT: nachgewiesene Rolle als Augmentation
beachte: Krystal et al. (2011) – SSRI-Resistenz +
add-on Risperidone: unwirksam
beachte: Kellner et al. (2010) – große Interaktionsprobleme: Sertralin + Ziprasisdone
Psychopharmakotherapeutische Ansätze
bei der PTSD

Benzodiazepine

Adrenolytische Substanzen
keine Besserung der PTSD-Kernsymptomatik
[Braun et al. 1990]
möglicherweise Alprazolam: + intrusive Symptome
[Lee et al. 2013]
unklar, ob die GABA-A-Agonisten (Zoplicone, Zaplone, Zolpidem)
klinische Vorteile PTSD-assoziierten Schlafstörungen
Eszopiclone: DB-PC-RCT: ++ [Pollack et al. 2011]
Propranolol
Clonidin
Prazosin

40 – 160 mg
0.2 – 0.6 mg
6 – 10 mg
Opiatagonisten / -antagonisten
s. o.
+ + + PTSD-assoziierte Schlafstörungen, Alpträume
komplexe Zusammenhänge
akut: + Naloxon: Entzugssymptomatik [Pitman et al. 1990]
BPD: + Naloxon/Naltrexon: + Depersonalisation
[Bohus et al. 1999]
Depersonalisationsstörung: nur 1 offene Studie + Naloxon
[Nuller et al. 2001]
Pharmakologische Optionen in der Behandlung der PTSD
und ihre klinische Beurteilung
Substanzklasse
Klinische Relevanz
kritische Anmerkungen
Serotonerge AD
positive Beeinflussung der zentralen
PTSD-Symptomcluster durch SSRI;
SSNRI, NaSSA, SARI: Mittel der 2. Wahl
oft klinisch nur bescheidene Effekte, vor allem
bei chronischem PTSD-Verlauf, insbesondere nach
Kriegstraumata; Relevanz der Langzeitmedikation
Moodstabilizer
mögliche positive Effekte auf
Ärger, Aggressivität, Impulsivität
unzureichende Datenlage; kein empirischer Beleg
für Anti-Kindling-Effekt; meist in add-on-Therapie mit SSRI
Antipsychotika
AP der 2. Generation : positive Effekte auf
Aggressivität, negative Affektivität,
dissoziative Intrusionen
meist als add-on-Therapie mit SSRI; beachte:
Nebenwirkungs- und Interaktionspotenzial
Benzodiazepine
keine Beeinflussung der PTSDKernsymptomatik
allenfalls kurzfristige Applikation; beachte: mögliche
negative Effekte auf posttraumatische Verarbeitung;
bei Schlaf- u. Traumstörungen: GABA-A-Agonisten
Opiate / O-Antagonisten
möglicherweise bei ausgeprägter
dissoziativer Depersonalisation günstig
unzureichende Datenlage; beachte: unter Opiatantagonisten
„Entzugssymptome“ auslösbar
Prazosin
günstige Effekte bei Alpträumen
beachte: Blutdrucklage, langsame Höherdosierung
Hydrokortison
möglicherweise günstig bei Intrusionen
noch unzureichende Datenlage
D-Cycloserin, D-Serin
verstärkte Effekte von Expositionsverfahren
experimenteller Status
Oxytocin
verstärkte Effekte von Expositionsverfahren
experimenteller Status
Psychopharmakologische Ansätze
bei psychologischen Störungen nach Trauma –
Zusammenfassung
Initialbehandlung unmittelbar nach Trauma:
+ Einsatz von Clonidin, Propranolol, Prazosin
- Benzodiazepine
allgemeine Beurteilung bei PTSD/ASD:
Cochrane Review (Stein et al. 2006)
noch unentschiedene empirische Datenlage:
SSRI > SSNRI, NaSSA, SARI > MAO-Hemmer > TZA:
- breites Wirkspektrum:
PTSD-Symptome + Angst, Depression
- Atypische Neuroleptika: v.a. add-on
- Mood-Stabilizer: relativ unklare Indikation, Wirksamkeit
- Benzodiazepine: große Zurückhaltung
- Prazosin: PTSD-assoziierte Schlafstörungen, Alpträume
allgemeine Durchführung:
- erwünschter Effekt oft erst verzögert (8- 12 Wochen)
- niedrige Anfangsdosierungen – höhere Verlaufsdosierungen
- langfristige Erhaltungsdosis (> 1 Jahr)
- hohe Drop-out-Quote: Psychoedukation / Compliance !!
- Kombination mit psychotherapeutischen Verfahren (Evidenz ?)
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