Trauma und Traumafolgestörungen – psycho- und pharmakotherapeutische Ansätze H.P. Kapfhammer Klinik für Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin Medizinische Universität Graz Konzeptualisierung des Traumas Trauma überwältigende Ereignisse außerhalb des Bereichs durchschnittlichen menschlichen Erlebens: z.B. kriegerische Auseinandersetzungen, verheerende Naturkatastrophen Ziviltraumata u. a. schwere körperliche Krankheiten A1: Lebensbedrohung, schwere Verletzung Bedrohung der körperlichen Integrität A2: intensive Angst, Panik Horror, Hilflosigkeit Was ist ein Trauma? einmalig extrem bedrohlich plötzlich unabwendbar unkontrollierbar ausweglos kumulativ persistierend kurzfristige und langfristige Konsequenzen Was ist ein Trauma? Technische Katastrophen institutionelle / politische Verantwortlichkeit, Glaubwürdigkeit Wiedergutmachung Naturkatastrophen Schicksalsgemeinschaft Theodizee Terrorakte Krieg Militärisch: Opfer- / Täter-Status Zivil: Kumulative Traumata: Verletzung, Vergewaltigung, Verlust, Vertreibung, Zerstörung Folter vorhersagbar, sinnlos, persönliche Bedeutungslosigkeit unschuldiger Opfer, staatlicher Schutz- / Wertekollaps Genozid ethnische Säuberung Was ist ein Trauma? sexueller, körperlicher, emotionaler Missbrauch Vernachlässigung, Gewalt in Beziehungen neben unmittelbarer traumatischer Einwirkung unvereinbare Kollision mit vertrauensvoller Beziehung / Bindung und humaner Selbstentfaltung Was sagt uns die Epidemiologie über die Häufigkeit von individuellen Traumatisierungen? Traumaexposition interpersonale Gewalteinwirkungen andere Verletzungen / schockierende Erlebnisse Erfahren von Traumatisierung/Tod naher Bezugspersonen/Freunde Erfahren vom plötzlichen Tod naher Bezugspersonen/Freunde Lebenszeitprävalenz: 50 – 90 % sehr häufig kumulativ [nach: Wittchen 2009] unmittelbare und langfristige Folgen – diagnostische Konzepte PTSD – prototypische, aber nicht einzige Reaktion auf Trauma Trauma Anpassungsstörung Bewältigung Depression Angst Dissoziation Somatisierung Sucht Integration Kompensation [modifiziert nach: Flatten et al. 2001] Akute Belastungsstörung PTSD Persönlichkeitsveränderung (komplexe PTSD) Persönlichkeitsstörung Diagnostisches Konzept der Posttraumatischen Belastungsstörung - (DSM-5) A. Trauma [kausal vs. kontingent + Vulnerabilität + Toxizität] B. C. D. E. intrusive Wiedererinnerungssymptome mit Trauma assoziiert peristierende Vermeidung Trauma-assoziierter Reize negative Veränderungen von Kognitionen und Stimmung in Verbindung mit Trauma bedeutsame Veränderungen in Arousal - und Reaktionssystemen in Verbindung mit Trauma F. Dauer: mindestens 1 Monat G. bedeutsamer psychologischer Distress /soziale Beeinträchtigung - Subtypus: Subtypus: mit dissoziativen Symptomen (Depersonalisation / Derealisation) mit verzögertem Beginn nicht normative, sondern atypische Reaktion nach Trauma Zur Epidemiologie der PTSD - allgemein amerikanische Studien – nicht-amerikanische Studien: geschlechtsdifferentiell – Lebenszeitprävalenz: Punktprävalenz: bei militärischem Personal: 7 – 8% 1 – 3% deutlich höher deutlich niedrigere LZP LZP – Frauen: LZP – Männer : 20% 8% Vergewaltigung – Trauma mit höchstem konditionalem PTSD-Risiko: interpersonelle Gewalt (sexuell / nichtsexuell): traumatischer Verlust – ebenfalls bedeutsames PTSD-Risiko F>M 40% aller PTSD-Fälle PTSD-Remissionsquoten (Nicht-Fall-10Mo) – 40 Mo Baseline < 5 Mo post-TE vs. > 5 Mo post-TE: 44% (große Streubreite) 51.7% vs. 31.4% (Norris u. Slone 2013; Kessler et al. 2008; Kessler u. Üstün 2008; Breslau et al. 2008; Morina et al. 2014) Große Mehrheit traumatisierter Personen erholt sich! [Shalev 2009] Verlaufstypen psychischer Reaktionen nach Traumaexposition [Bonanno 2004] Klinisch-pragmatische Bewertung von PTSD-Risiko nach Traumaexposition nach: Sareen (2014) Genetische und Umweltfaktoren tragen zum PTSD-Risiko nach Traumaexposition bei [Mahan & Ressler 2012] Traumaexposition, ASD / PTSD und psychologische Konzeptualisierung Gedächtnis autobiographisches G. implizit, situationsabhängig, intrusive Erinnerung, nicht reflexiv, schwer verbalisierbar, sensorisch, affektiv, viszeral, fragmentarisch, verzerrtes Zeitgefühl („jetzt“) Soziale Unterstützung negative Umgebung (Kritik, Indifferenz) > fehlende positive Hilfe Autonome Aktivierung exzessive Stimulierung-Reaktion: verhindert Habituation, Neulernen, Stimulusdiskrimination; Herzrate, Startle-Reaktion, autonomes Arousal Sensitivierung - Kindling Aufmerksamkeit, Vigilanz neutrale Stimuli als potentielle Gefahrensignale missinterpretiert, Circulus vitiosus: Überwindung traumatischer Erfahrungen, Neulernen verhindert Traumaexposition ASD / PTSD Coping Gedankenunterdrückung, allgemeine Vermeidung, Rumination, verstärktes Sicherheitsverhalten Kognitionen, Überzeugungen Katastropheninterpretationen, Selbst-, Objektschemata, allgemeine Weltsicht, „mentale Vernichtung“ Dissoziation peritraumatisch, v .a. wenn länger anhaltend, Gegenregulation zu autonomen Hyperarousal Affektive Reaktionen Angst, Horror, peritraumatische Panik, Scham, Schuld, Ärger lähmende Ohnmacht Vermeidungsverhalten Was zeichnet das traumatische Gedächtnis aus? [Mahan & Ressler 2012] Konditionierung emotionaler / traumatischer Erfahrungen [Parsons u. Ressler 2013] Verhaltensregulation in emotionaler Ausgeglichenheit versus traumatischem Stress Kontrolle durch präfrontalen Kortex während Nicht-Stressbedingungen [nach: Arnsten 2009] Kontrolle durch Amygdala während traumatischer Stressbedingungen Dissoziative Erinnerungsmodalität bei trauma-assoziierter Stimuluskonfrontation [nach: Lanius 2007] Neurobiologische Veränderungen nach Trauma / bei PTSD - Zusammenfassung – Atrophie in der Hippocampusformation Neurotransmitter-Dysfunktionen HPA-Achsen-Dysfunktionen • • • • • • • • • noradrenerg serotonerg dopaminerg opioiderg glutamaterg CRF Cortisol Glucocorticoid-Rezeptoren DST-Suppression Dysfunktionen im Inflammations-, Immunsystem Dysfunktionen des autonomen Nervensystems VVC-Sympathikus-DVC Dysfunktionen in zerebraler Informationsverarbeitung • Problem der Überkonditionierung • hemispherale Lateralisierung: rechts > links • Dissoziation: Kompartmentalisierung / Selbst-/Umweltentfremdung Komplikationen im chronischen PTSD -Verlauf komorbide psychiatrische Störungen (80 %) - Major Depression: Alkohol-/Substanzmissbrauch: Panikstörung: suizidale Verhaltensweisen: [Keane et al. 2007] 6x 3x 4x 6x erhöhte medizinische Inanspruchnahme: somatoforme Beschwerden und somatische Krankheiten exzessiv erhöht Persönlichkeitsveränderungen infolge chronischer oder früherer Traumatisierung (z.B. Defizite in Selbstfürsorge, affektiver Regulation, grobe Verzerrungen in der Wahrnehmung persönlicher Verantwortlichkeit und Selbstwirksamkeit) deutlich erniedrigte gesundheitsbezogene Lebensqualität deutlich erhöhte psychosoziale Behinderungsgrade hohe sozioökonomische Folgekosten Therapeutische Perspektive nach Trauma und Traumafolgestörungen nach Akuttraumatisierung im erhöhten Risiko für PTSD bei PTSD Psychological sequelae of the September 11Terrorrist attack in New York City PTSD: südlich Canal Street: Major Depression: 7.5 % 20.0 % 9.7 % Major Depression bei PTSD: Major Depression ohne PTSD: 49 % 6.5 % Galea et al. (2002) N Engl J Med 346: 982-7 Empfehlungen des gezielten und überlegten Vorgehens nach einem akuten Massentrauma basale Bedürfnisse: Erste Hilfe, Sicherung, Essen tröstender menschlicher Kontakt, Beruhigung, Unterstützung Weiterreichen verfügbarer gesicherter Informationen Beratung, Training, technische Unterstützung von Organisationen, Gemeindeführer, Hilfeleistenden Beurteilung von Bedarf/Bedürfnissen und Ressourcen Triage für Personen mit unkontrollierbaren Reaktionen Monitoring von Sicherheitszone und Erholungsumgebung Beobachtung und Nachkontrolle der Überlebenden, notwendige Triage nachgehende Betreuung, Sicherstellung des Informationsflusses Stärkung von Familie/Gemeinde in Widerstand und Erholung keine zusätzliche Schädigung: niedriges Niveau an Interferenzen, hohe Wahlmöglichkeiten [Watson u. Shalev 2005; O´Donnell et al. 2008; Nash u. Watson 2012] Indikatoren für ernsthafte psychologische Reaktionen nach einem Akuttrauma anhaltender Distress ohne Perioden von relativer Beruhigung schwere dissoziative Symptome trotz Rückkehr in gesicherten Raum intensive Traumaintrusionen, die angstvoll vermieden, als Qual erlebt, mit Schlafstörungen extremer sozialer Rückzug unfähig über das Trauma nachzudenken, lediglich unwillkürliches emotionales Wiedererleben unkontrollierbare Angst, Ärger, pathologische Trauer ausgeprägte Schlafstörungen, Appetitverlust, Selbstvernachlässigung extreme kognitive Einbußen (Verwirrtheit, Konzentrationsstörungen, Urteilsstörung, Entscheidungsunfähigkeit, überwältigende Gefühle von Hilflosigkeit) Debriefing in der posttraumatischen Akutsituation früher als „Königsweg“ in Prävention von PTSD angesehen: in Gruppen: rasch nach akutem Trauma emotionale Verarbeitung Möglichkeit zum kathartischen Ausdruck schockartiger Gefühle Normalisierung hiermit assoziierter Verhaltensweisen Vorbereitung auf mögliche psychologische Folgen des Traumas empirische Datenlage: in systematischer Beurteilung: kein gesicherter positiver Effekt Hinweise auf negative Effekte in Langzeitentwicklung Systematisches Cochrane Review [Rose et al. 2002] Metaanalyse [van Emerikk et al. 2002; Kearns et al. 2012; Skeffington et al. 2013 ] Psychologisches Debriefing nach Autounfällen Mayou RA et al. (2000) Br J Psychiatry 174: 589-593 Diagnostisches Konzept der Akuten Belastungsstörung - (DSM-5) nach Trauma: 9 Symptome aus : Intrusion: Stimmung Dissoziation Vermeidung Arousal Dauer 1. Traumaerinnerungen 2. trauma-assoziierte Albträume 3. Flashbacks 4. psychologischer / physiologischer Distress bei Traumaerinnerungen 5. Verlust positiver Emotionen 6. Depersonalisation / Derealisation 7. dissoziative Amnesie 8. Vermeidung von trauma-assoziierten Erinnerungen, Gedanken, Gefühlen 9. Vermeidung von trauma-assoziierten äußerer Reizen 10. Schlafstörungen 11. irritables Verhalten, Wutausbrüche 12. Hypervigilanz 13. Konzentrationsprobleme 14. übertriebene Schreckreaktionen 4 Tage bis 1 Monat bedeutsamer psychologischer Distress /soziale Beeinträchtigung 13 % nach spezifizierten Trauma moderat positive Spezifität, jedoch ungenügende Sensitivität bezüglich späterem PTSD-Risiko [DSM-IV Kriterien] verbesserte Prädiktion durch DSM-5 Kriterien [Bryant 2015] Trauma-fokussierte Kognitive Verhaltenstherapie bei Akuter Belastungsstörung Fokus der Intervention: Personen mit klinisch bedeutsamen Symptomen nach dem Trauma (z.B. ASD - ca. 75% nach 6 Monaten PTSD) oder nach schwerwiegender Traumatisierung Foa et al. (1995) 2 Mo. 5 Mo. Bryant et al. (1998) (1999, 2003) 6 Mo. Bryant et al. (2005, 2006) 6 Mo. 3 Jahre Shalev et al. al. (2012) sexuelle / nichtsexuelle Gewalttraumata KVT (Angstmanagement, in vivo Exposition, kognitive Restrukturierung) versus KG KVT: 10 % PTSD vs. KG: 70 % PTSD KVT = KG Verkehrsunfall + ASD KVT (Psychoedukation + verlängerte imaginative Exposition + Angstmanagement) vs. Beratung KVT: 17 % PTSD, KG: 67 % w: 20 % Non-Response, 20 % vorzeitiger Abbruch Zilviltraumata + ASD KVT vs. KVT + Hypnose vs. Beratung 21 % - 22 % - 57 % kein Zusatzgewinn durch Hypnose prolongierte Exposition vs. cognitive restructuring vs. Escitalopram Rothbaum et al. (2012) prolongierte Exposition in Notaufnahme: ++ Möglichkeiten zur sekundären Prävention Pharmakologische Frühintervention Konsolidierung des Traumagedächtnisses Retrieval der Traumaerinnerung Extinktionslernen [Pitman u. Delahanty 2005; Cain et al. 2012; Morrison u. Ressler 2014] Traumatisches Gedächtnis und Noradrenalin-System NA entscheidend für assoziatives emotionales Lernen (klassisches / operantes Konditionieren) (McGaugh 2004) Locus coeruleus: hoch vulnerabel für Sensitivierung bei prolongiertem / unkontrollierbaren Stress persistierenden autonomous Hyperarousal bei (Krystal & Neumeister 2009) Überkonsolidierung traumatischer Erinnerungen in der Amygdala vs. inadäquate Informationsverarbeitung in hippokampalen und präfrontalen Arealen (Southwick et al. 2007) Modus der intrusiven Sensations-basierten Traumaerinnerungen (Roozendaal et al. 2009) vs Extinktionslernen Frühintervention: Reduktion der NA-Hyperaktivität durch postsynaptischen β- und α1adrenergen Antagonismus und durch präsynaptischen α2-adrenergen Agonismus? Frühintervention mit Reduktion der noradrenergen Überaktivität Clonidin (2-agonistisch) Kinzie, Leung (1989) Kolb (1991) Harmon, Riggs (1996) Morgan et al. (2003) + PTSD-Symptome, auch bei Kindern Guanfacin (2-agonistisch) Horrigan (1996) + PTSD-Symptome Prazosin (1-antagonistisch) Raskind et al. (2003, 2007; DB-PC) Taylor et al. (2007, 2008; PC) Germain et al. (2012; DB-PC) + + + PTSD-assoziierte Schlafstörungen, Alpträume Propranolol (-antagonistisch) - Famularo et al. (1988) Pitman et al. (2002; DB-PC) Vaiva et al. (2003) McGhee et al. (2009; DB-PC)M Sharp et al. (2010; DB-PC) Stein et al. (2007; DB-PC-CC) + PTSD-Symptome Frühintervention: + Reduktion der Schwere von späteren PTSD-Symptomen Frühintervention: + Reduktion der Schwere von späteren PTSD-Symptomen Behinderung der Überkonsolidierung traumatischer Erinnerungen [Hodge et al. 2012; Argolo et al. 2015] Traumatisches Gedächtnis und HPA-Achse dysfunktionale HPA-Achse bei PTSD: niedrige Cortisolspiegel möglicher Dispositionsfaktor und wahrscheinlicher Riskofaktor für PTSD nach Traumaexposition (Yehuda 2009) Glucokortikoide differentiell an Regulation des Gedächtnisses beteiligt: Effekte auf Gedächtnis-Konsolidierung, Retrieval und Arbeitsgedächtnis (Joels et al. 2011) suppressiver Effekt auf intrusive Sensations-basierte Traumaerinnerungen möglicherweise entscheidender Schritt gegen Überkonsolidierung der Traumaerinnerung (De Quervain et al. 2009) Frühintervention: Substitution mit Stressdosen von Hydrocortison? Stressbezogene Gaben von Hydrocortison hohes PTSD-Risiko nach ARDS, septischem Schock, aber auch herzchirurgischen Eingriffen [Schelling et al. 1999; Kapfhammer et al. 2004] - Stressdosen Hydrocortison reduzieren hoch signifikant das PTSD-Risiko bei schwerst kranken, intensivpflichtigen Patienten [Schelling et al. 2001, 2004; Weis et al. 2006; DB-PC] - nach Ziviltrauma [Aerni et al. 2004; DB-PC] nach militärischen Traumata [Suris et al. 2010; DB-PC] nach Zivil- / militärischen Traumata [Zohar et al. 2011; DB-PC] nach diversen Traumata [Delhanty et al. 2013; RCT] Hydrocortison unterdrückt den intrusiven Retrieval-Prozess: reduziert PTSD-Risiko [van Zuiden et al. 2013; Vermetten et al. 2014; Parker et al. 2015] Traumatisches Gedächtnis und Opioid-System endogenes Opioid-System: dissoziative Gegenregulation der NA-Hyperaktivität psychomotorisches Frightening, emotionale Betäubung und Analgesie funktioneller Diskonnektion von Amygdala und Hippokampus, adäquate Realitätskontrolle / aktives Coping (Schmahl & Bohus 2007) unkontrollierter Schmerz: unabhängiger PTSD-Risikofaktor (Norman et al. 2008) Frühintervention mit Opioiden in akuten Schmerzzuständen? Frühintervention mit Opiaten initiale Gabe von Opiaten nach schwerwiegenden körperlichen Verletzungen: wahrscheinlich protektiver Effekt gegenüber PTSD-Risiko Verbrennungstraumata Kriegsverletzungen - Saxe et al. (2001) - Stoddard et al. (2009) - Sheridan et al. (2014) - Holbrook et al. (2010) unklar, ob protektiver Effekt auf Ebene der Schmerzkontrolle oder anderweitig vermittelt wird (Bryant et al. 2009) Traumatisches Gedächtnis und GABA-erges System GABAerge inhibitorische Kontrolle: präzise Regulation von Konsolidierung, Expression und Extinktion der emotionalen, d.h. traumatischen Konditionierung (Roozendaal et al. 2009; Mahan & Ressler 2012) Extinktionslernen: komplexes Zusammenspiel von exzitatorischen glutamatergen und inhibitorischen GABAergen, Endocannabinoid-ergen, und anderen Neurotransmittern und neurohumoralen Effekten (Garakani et al. 2009; Atsak et al. 2012) Frühintervention: Benzodiazepine? Frühintervention mit Benzodiazepinen nach Akuttrauma Benzodiazepine Gelpin et al. (1996) Mellman et al. (2002) n = 13 / 13, DB/PC, innerhalb 18 Tage p.T. 1 Mo – 6 Mo n = 10 (Clonazepam: 2.7 mg) n = 3 (Alprazolam: 2.5 mg) Endpunkt: Diagnose PTSD: Diagnose Major Depression: BDZ: 69 % vs. Placebo: 15 % BDZ: 54 % vs. Placebo: 0 % Frühintervention, DB/PC Temazepam (30 mg) : n = 11, Placebo: n = 11 Endpunkt: Diagnose PTSD BDZ = Placebo Traumatisches Gedächtnis und Serotonin-System Serotonin moduliert NA-Reaktivität und autonomes Arousal Einfluss auf Funktionalität der HPA-Achse generell inhibitorische Effekte auf neuronale Aktivität / Plastizität balancierte serotonerge Neurotransmission: Grundvoraussetzung für flexible Realitätsorientierung und adäquate Reaktion prolongierter und unkontrollierbarer Stress serotonerge Dysfunktion (Krystal & Neumeister 2009) Frühintervention mit SSRIs? Frühintervention mit SSRI - kein prophylaktischer Effekt von Escitalopram (Shalev et al. 2012) - diskreter prophylaktischer Effekt von Sertralin (Stoddar et al. 2011) unklarer Stellenwert der SSRI in der Frühintervention Traumatisches Gedächtnis und Bindungssystem Traumatische Erfahrung: existentielle Erfahrung von totalem Bindungsverlust Polyvagale Theorie der Emotionen nach Porges (2001) - VVC Signalsystem für Emotion, Bewegung, Kommunikation [Tröstung, Kontaktnähe, Stressreduktion] - SNS adaptives – aktives Mobilisierungssystem [Fight – Flight] - DVC Immobilisierungssystem [passive Vermeidung, Totstellreflex, Dissoziation] Stärkung des Bindungssystems: protektiv gegenüber PTSD-Risiko [Olff et al. 2012] Frühintervention mit Oxytocin? Frühintervention mit Oxytocin [Olff et al. 2012] einige positive Signale aus Pilot-RCTs [Pitman et al. 1993; Yatzkar & Klein 2009; Eidelman-Rothman et al. 2015] beachte: kurze HWZ beachte: komplexe Wirkung von Oxytocin mit anderen Verhaltenssystemen Psychotherapeutische Ansätze bei der PTSD Allgemeine Behandlungsaspekte: supportiv, Sicherheit stiftende Beziehung, aktiv, klärend Coping mit affektiv-kognitiver Über- / Unterkontrolle Konfrontation, Exposition, Desensibilisierung, Entspannung emotionale Kontrolle / Verarbeitung kognitive Umstrukturierung Selbstkohärenz, Narrativ Kognitive Verhaltenstherapie bei PTSD Zentrale Hypothesen [Foa u. Cahill 2002; Ehlers u. Clark 2000]: Emotionales Engagement Habituation Kognitive Modifikation - Angstmanagement – Stressimpfungstraining - Prolongierte Exposition - Kognitive Ansätze bei Teilgruppe von PTSD-Patienten: Exposition nicht anzuwenden, Risiko der Retraumatisierung (Schuld, Scham, Ärger, mental defeat) Kontraindikationen [Williams et al. 2009; Cloitre et al. 2010; Lanius et al. 2012] Modifikationen bei komplexen / komplizierten PTSD-Verläufen [Ehlers et al. 1998; Hembree et al. 2003 / Cohen u. Hien 2006; Courtois u. Ford 2009] sehr gute empirische Datenbasis mit überzeugenden Wirksamkeitsnachweisen Cochrane Review [Bisson et al. 2013]; Metaanalyse [Watts et al. 2013] auch Gruppensetting [Barrera et al. 2013] Trauma-Kognitionen: PE = KM [Diele et al. 2014] Moderne Varianten einer KVT bei PTSD STAIR (Skills Training in Affective and Interpersonal Regulation ) Narrative Therapie - Trauma-orientierte Arbeit + spezielles Skills Training: besondere Probleme in der Führung der personalen / sozialen Alltagsbewältigung bei komplexeren PTBS-Verläufen (Cloitre et al. 2006) - mehrere RCTs: gute Effizienz + praktikable Umsetzbarkeit (Cloitre et al. 2002, 2010; Levitt et al. 2007; Trappler u. Newville 2007; systematisches Review: Cloitre u. Schmidt 2015) Narrative Expositionstherapie (NET) - expliziter Fokus auf besondere Struktur des traumatischen Gedächtnisses (Elbert et al. 2015): Angleichung traumatischer Erinnerungen an übriges autobiografisches Gedächtnis: sichere Identität - Therapieelemente: - aktive chronologische Rekonstruktion - prolongierte Exposition - Unterscheidung des traumatischen Gedächtnisses von konditionierten emotionalen Reaktionen - Verstehen der Triggerreize durch detaillierte Erzählung und Imagination des traumatischen Ereignisses - bedeutungsvolle Verbindung und Integration der physiologischen, sensorischen, kognitiven und emotionalen Reaktionen in Zeit, Ort und Lebenskontext der traumatisierten Person - Reevaluation der kognitiven und Verhaltensmuster im Hinblick auf Trauma und übriges Leben - systematische Übersicht über positive Lebenserfahrungen / Anpassung der grundlegenden a-k Schemata - persönliche Würde durch Anerkennung der Zeugnisabgabe - manualisierte Form (Schauer et al. 2011) - mehrere RCTs: gute Effizienz + praktikable Umsetzbarkeit, auch in schwierigen Kontexten Moderne Varianten einer KVT bei PTSD Dialogische Expositionstherapie (DET), kognitive Verhaltenstherapie mit Ansätzen der interpersonalen Gestalttherapie verknüpfte (Butollo et al. 2014) Hagl et al. (2014): RCT vs. aktive supportive Kontrollgruppe bei Gruppe bosnischer Frauen (N = 131) mit traumatischen Verlusten während Balkankrieg: - signifikante Verbesserung der PTBS-Symptomatik in Kurzintervention (7Sitzungen) - Effektstärken: in mittlerem Bereich (prä-post: DET: d = 0.56; KG: d = 0.34) - DET in den Aspekten „traumatischer Trauer“ (DET vs. KG: d = 0.37) und „Trauma-bezogener Vermeidung (DET vs. KG: d = 0.73) signifikant überlegen - Stabilität der erzielten Therapiewirkungen über 1 Jahr nachgewiesen Imagery Rehearsal Therapy (IRT) Trauma-assoziierte Albträume IRT: Albträume als kontrollierbar erläutert und als normalpsychologisches Phänomen eingeführt - Wahl eines typischen Albtraums - möglichst exaktes Protokolls des Trauminhalts - Traumtext in positivem Sinne abgeändert - verändertes Traumnarrativ über eine Woche lang 5 bis 20 Minuten täglich mit möglichst intensiver bildhafter Veranschaulichung durchgeübt IRT: Effektstärken von über 1.0 (Krakow et al. 2000, 2001; Krakow u. Zadra 2006; Germain u. Nielsen 2003) auch therapieresistente Albträume bei chronischen PTBS-Verläufen gebessert (Forbes et al. 2001; Davis u. Wright 2005, 2006; Casement u. Swanson 2012; Hansen et al. 2013) (Forbes et al. 2001; Davis u. Wright 2005, 2006; Casement u. Swanson 2012) ähnlich wirksam: Ansätze der gezielten Selbst-Exposition gegenüber Albtrauminhalten alleine (Grandi et al. 2006), Techniken zum Erlernen des „luziden Träumens“ (Lancee et al. 2010) hinsichtlich Kontrolle Trauma-assoziierter Albträume, allgemeiner Schlafqualität und PTBS-Symptomatk bewies IRT ähnlich hohe Effizienz wie Prazosin (Seda et al. 2015) Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR) bei PTSD moderne Variante eines kognitiven Expositionsverfahrens mit intendierter Integration neurobiologischer Überlegungen [F. Shapiro 1995] - Imagination einer Szene aus Trauma induzierte sakkadische Augenbewegungen Fokussierung auf aktivierte traumabezogene Kognitionen Exposition bis Angsthabituation Verknüpfung mit affektiv positiver Szene bei beibehaltenen sakkadischen Augenbewegungen gute empirische Datenbasis: weder in theoretischer Konzeptualisierung noch klinischer Differenzierung abschließend beurteilbar in systematischer Beurteilung: gesicherter positiver Effekt Cochrane Review [Bisson u. Andrew 2007; Bisson et al. 2013] Systematische Reviews [Chen et al. 2014; Shapiro u. Laliotis 2015] Psychodynamische Verfahren bei PTSD Behandlungsmodell nach Horowitz (1986, 2012) therapeutische Hauptfokus auf Lösung von intrapsychischen Konflikten aus der traumatischen Erfahrung und wesentlich in Verleugnungs- und Intrusionsphasen ausgestaltet Charakteristika einer Überkontrolliertheit bzw. einer Unterkontrolliertheit Ziel: den Amplituden der vorherrschenden Psychodynamik durch eine geeignete therapeutische Technik entgegenzuwirken (Gaston 1995; Krupnick 2002). Intrusionsphasen: kontraindiziert, noch weiter mit vorherrschenden Gefühlszuständen zu konfrontieren, stattdessen emotionale Unterstützung, Angebot von externer Kontrolle durch zeitliche und thematische Strukturierung, aktive Übernahme von Ich-Funktionen für Patienten bis hin zur Unterdrückung der überwältigenden Emotionen Verleugnungsphasen: ermutigt, wieder in Kontakt mit emotionalen Erleben zu gelangen, dabei aber starkes Schutzbedürfnis anerkannt, dosiertes Wiederbeleben der Traumaerfahrung, Verbalisierung des sprachlosen Schreckens, Herausarbeiten dominanter Selbst- und Objektbilder Phase des Durcharbeitens: Themen: Furcht vor der Wiederkehr des Traumas, Scham über die Hilflosigkeit, Wut auf den Verursacher, Schuld und Scham über aggressive Impulse, Überlebensschuld, Angst vor Identifikation mit Opfern und Tätern, der Trauer; vorherrschende Persönlichkeitsstilen, typische Übertragungs- und Gegenübertragungsmuster (z. B. der Therapeut als potenzieller Aggressor, Verletzer intimer Grenzen, vertrauensunwürdiger Betrüger, Richter, Kontrolleur, indifferenter Zeuge, potenzielles Opfer der Aggressionen des Patienten versus als Freund, Helfer, Retter, idealisierter Weise, der dem unbegreiflichen Trauma einen übergeordneten Sinn verleihen könne) Psychodynamische Verfahren bei PTSD psychodynamische Kurzzeittherapien: günstige Ergebnisse möglich (Kudler et al. 2009) im Vergleich zu kognitiv-behavioralen Ansätze: Effektstärken niedriger einzustufen (Cloitre 2009; Watts et al. 2013) RCT: Vergleich von psychodynamischer Therapie und KVT - beide vergleichbar gut wirksam (Levi et al. 2015) spezielle Forschungssettings: keineswegs auf komplexeren PTBSVerläufe zu extrapolieren wie häufig in üblichen Versorgungskontexten: längere Behandlungszeiten, Therapieziele realistischer zu formulieren, psychodynamisches Vorgehen bedeutsam zu modifizieren, gegebenenfalls mit anderen psychotherapeutischen und medikamentösen Strategien zu kombinieren (Sachsse et al. 2006; Schottenbauer et al. 2008; Allen 2012; Gersons u. Schnyder 2013; Lampe et al. 2014; Seidler et al. 2015) Reihung der Effektstärken für Veränderungen von PTSD Symptomen nach Typus der Psychotherapie Typus der Psychotherapie N Studien Rang der Effektstärke Mittel (SD) Median Range Expositionstherapie Exposition + kognitive Therapie Kognitive Therapie / Restrukturierung EMDR Problem-orientierte Therapie Supportive Beratung 18 14 6 9 3 5 7.94 (±1.66) 8.04 (±2.09) 8.83 (±1.17) 5.89 5.67 (±2.08) 5.00 (±2.12) 8.0 8.0 9.0 9.0 4.0 7.0 5-10 3-10 7-10 4-10 4-8 2-7 Übliche Behandlung (TAU) 3 5.00 (±2.64) 3.0 3-8 [Reihung der Effektstärken: Effektstärke: 0.00-0.10 = Rang: 1; 0.11-0.20 = 2; 0.21-0.35 = 3; 0.36-0.49 = 4; 0.50-0.65 = 5; 0.66-0.79 = 6; 0.80-1.00 = 7; 1.01-1.50 = 8; 1.51-2.00 = 9; 2.01- = 10; Beschreibung: Rang 1: sehr klein - Rang 10: extrem ausgeprägt] [nach: Cloitre 2009] Psychotherapeutische Ansätze bei psychologischen Störungen nach Trauma – Zusammenfassung Nach Traumaexposition: behutsame und rationale Vorgehensweise, derzeit keine Evidenzbasierung, große logistische Herausforderung bei Massentraumata Debriefing-Verfahren (CISD; CISM) kann nach EbM nicht empfohlen werden; eventuell negative Langzeitfolgen ASD: KVT mit gesicherter Wirksamkeit, löst aber nicht die Herausforderung einer sekundären Prävention allgemeine Beurteilung bei PTSD: Cochrane Review (Bisson u. Andrew 2007; 2013) noch unentschiedene empirische Datenlage: - KVT, EMDR > Stressmanagement > psychodynamische Verfahren - noch unklare Kontraindikationen, notwendige Modifikationen zu bedenken: in früheren Studien meist keine Patienten mit psychischer / somatischer Komorbidität; schwierige Generalisierbarkeit auf durchschnittliche Versorgungsbedingungen; aber durchaus: (Ronconi et al. 2014) Pharmakotherapeutische Ansätze bei der PTSD Zentrale Fragen Zeitpunkt der Kontaktaufnahme: akut versus chronisch Traumakontext: z.B. zivil versus militärisch psychotherapeutisch – psychosozial – pharmakotherapeutisch Kombination – Interferenz Akuttherapie – Langzeitbehandlung Wahl der Substanzklasse Ziel der Behandlung Dauer der Behandlung unterschwellige – chronische – therapieresistente Symptomatik Arzt-Patientenbeziehung Wichtige Grundprinzipien einer Pharmakotherapie bei der PTSD Einbettung in tragende therapeutische Beziehung Ergänzung zu formaler Psychotherapie tolerables Ausmaß von Angst notwendig für die Effizienz von Psychotherapien systematische Reflexion der Bedeutungen der Medikamente häufige Probleme der Non-Compliance zielsymptomorientierter Einsatz von Psychopharmaka entsprechend Schwere der psychopathologischen Syndrome in posttraumatischer Entwicklung insgesamt günstigeres Ansprechen positiver Symptome auf Psychopharmaka konsequente Standardbehandlung komorbider psychiatrischer Störungen, durch psychopharmakologische Frühintervention möglicherweise Verhinderung einer chronischen PTBS-Entwicklung Beachtung der potenziellen Risiken einer Medikation hinsichtlich Nebenwirkungen, Missbrauch, Suizidalität, nicht selten Resistenz gegenüber Standarddosierungen Psychopharmakotherapeutische Ansätze bei der PTSD SSRI Paroxetin Sertralin Fluoxetin Citalopram Fluvoxamin Tagesdosis RCT Effekte (Response-Kriterium, Zeitdauer) 10 – 60 mg 50 – 200 mg 20 – 80 mg 20 – 60 mg 50 – 300 mg 3 3 5 1 1 signifikante Reduktion von B, C, D-Symptomen klinische Globalverbesserung effektiv auch für Depression, Panikstörung, sozialer Phobie, OCD Reduktion von assoziierten Symptomen (Ärger, Aggression, Impulsivität, Suizidgedanken) kontroverse Position in der Beurteilung der Effizienz [Institute of Medicine 2007] Konsens: US-Veteranen mit langjährigem PTSD-Verlauf: relativ ernüchternd – negativ nach Ziviltraumata: mehrheitlich positiv – Response-Kriterium: Reduktion um 30% (!) mehrheitlich: Dauer: 5 -12 Wochen [Puetz et al. 2015] Langzeittherapie: deutliche kontinuierliche Besserung [Londborg et al. 2001; Friedman 2009] Psychopharmakotherapeutische Ansätze bei der PTSD andere SRI Venlafaxin 75 – 225 mg Mirtazapine 15 – 45 mg Trazodon 150 – 600 mg Bupropion 200 – 450 mg den SSRI vergleichbare Wirksamkeit schwächer als SSRI, aber in Kombination: Schlaf + gegenüber Placebo keine signifikante Überlegenheit MAO-Hemmer Phenelzin 15 – 90 mg Brofaromin, Moclobemid 2 1 1 reduzieren B-Symptome, Effekte moderater als unter SSRI; klinische Globalverbesserung Trizyklika Amitriptylin, Imipramin, Desipramin je 1 A, I > D; insgesamt moderate Effekte, NW-Spektrum Psychopharmakotherapeutische Ansätze bei der PTSD Mood-Stabilizers aus offenen Studien zunächst ermutigende Ergebnisse für Carbamazepin, Oxcarbazepin, Valproat, Gabapentin, Topiramat, Tiagabin, Phenytoin, Vigabatrin unklarer Status – Effizienz B, C, D-Symptomverbesserungen in RCT: Valproat = Placebo, Lamotrigin > Placebo unklar im Hinblick auf Anti-Kindling pragmatisch: Add-on, unzureichend validiert Antipsychotika der 2. Generation Risperidon, Olanazpin, Quetiapin effektiv gegen B, (C), D-Symptomcluster + Aggression, Misstrauen, Feindseligkeit RCT: nachgewiesene Rolle als Augmentation beachte: Krystal et al. (2011) – SSRI-Resistenz + add-on Risperidone: unwirksam beachte: Kellner et al. (2010) – große Interaktionsprobleme: Sertralin + Ziprasisdone Psychopharmakotherapeutische Ansätze bei der PTSD Benzodiazepine Adrenolytische Substanzen keine Besserung der PTSD-Kernsymptomatik [Braun et al. 1990] möglicherweise Alprazolam: + intrusive Symptome [Lee et al. 2013] unklar, ob die GABA-A-Agonisten (Zoplicone, Zaplone, Zolpidem) klinische Vorteile PTSD-assoziierten Schlafstörungen Eszopiclone: DB-PC-RCT: ++ [Pollack et al. 2011] Propranolol Clonidin Prazosin 40 – 160 mg 0.2 – 0.6 mg 6 – 10 mg Opiatagonisten / -antagonisten s. o. + + + PTSD-assoziierte Schlafstörungen, Alpträume komplexe Zusammenhänge akut: + Naloxon: Entzugssymptomatik [Pitman et al. 1990] BPD: + Naloxon/Naltrexon: + Depersonalisation [Bohus et al. 1999] Depersonalisationsstörung: nur 1 offene Studie + Naloxon [Nuller et al. 2001] Pharmakologische Optionen in der Behandlung der PTSD und ihre klinische Beurteilung Substanzklasse Klinische Relevanz kritische Anmerkungen Serotonerge AD positive Beeinflussung der zentralen PTSD-Symptomcluster durch SSRI; SSNRI, NaSSA, SARI: Mittel der 2. Wahl oft klinisch nur bescheidene Effekte, vor allem bei chronischem PTSD-Verlauf, insbesondere nach Kriegstraumata; Relevanz der Langzeitmedikation Moodstabilizer mögliche positive Effekte auf Ärger, Aggressivität, Impulsivität unzureichende Datenlage; kein empirischer Beleg für Anti-Kindling-Effekt; meist in add-on-Therapie mit SSRI Antipsychotika AP der 2. Generation : positive Effekte auf Aggressivität, negative Affektivität, dissoziative Intrusionen meist als add-on-Therapie mit SSRI; beachte: Nebenwirkungs- und Interaktionspotenzial Benzodiazepine keine Beeinflussung der PTSDKernsymptomatik allenfalls kurzfristige Applikation; beachte: mögliche negative Effekte auf posttraumatische Verarbeitung; bei Schlaf- u. Traumstörungen: GABA-A-Agonisten Opiate / O-Antagonisten möglicherweise bei ausgeprägter dissoziativer Depersonalisation günstig unzureichende Datenlage; beachte: unter Opiatantagonisten „Entzugssymptome“ auslösbar Prazosin günstige Effekte bei Alpträumen beachte: Blutdrucklage, langsame Höherdosierung Hydrokortison möglicherweise günstig bei Intrusionen noch unzureichende Datenlage D-Cycloserin, D-Serin verstärkte Effekte von Expositionsverfahren experimenteller Status Oxytocin verstärkte Effekte von Expositionsverfahren experimenteller Status Psychopharmakologische Ansätze bei psychologischen Störungen nach Trauma – Zusammenfassung Initialbehandlung unmittelbar nach Trauma: + Einsatz von Clonidin, Propranolol, Prazosin - Benzodiazepine allgemeine Beurteilung bei PTSD/ASD: Cochrane Review (Stein et al. 2006) noch unentschiedene empirische Datenlage: SSRI > SSNRI, NaSSA, SARI > MAO-Hemmer > TZA: - breites Wirkspektrum: PTSD-Symptome + Angst, Depression - Atypische Neuroleptika: v.a. add-on - Mood-Stabilizer: relativ unklare Indikation, Wirksamkeit - Benzodiazepine: große Zurückhaltung - Prazosin: PTSD-assoziierte Schlafstörungen, Alpträume allgemeine Durchführung: - erwünschter Effekt oft erst verzögert (8- 12 Wochen) - niedrige Anfangsdosierungen – höhere Verlaufsdosierungen - langfristige Erhaltungsdosis (> 1 Jahr) - hohe Drop-out-Quote: Psychoedukation / Compliance !! - Kombination mit psychotherapeutischen Verfahren (Evidenz ?)