Ich habe mich verändert

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21.11.2010
Ich habe mich verändert !?
Neurophysiologische Prozesse bei
Traumatisierungen
Dr. Alexander Jatzko
Psychosomatische Abteilung
Westpfalzklinikum Kaiserslautern
Bundeswehr
•
Seit bestehen der BW sind 2990 Soldaten bei
ihrer Tätigkeit ums Leben gekommen
•
•
3400 Soldaten haben sich suizidiert
Es wäre eine niedrigerer Anteil als in der
Allgemeinbevölkerung
Rheinpfalz 2009
1
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Mehr Soldaten mit Traumata / N-TV
•
ersten Halbjahr 2009: 152 Fälle (PTBS)
•
2008: 226 (PTBS)
•
Das Thema PTBS werde zunehmend
entstigmatisiert. Immer mehr Soldaten
bekennen sich zu ihren psychischen
Problemen und das Umfeld wird sensibler für
die Störungen, wie das Ministerium erklärte.
Verlorene Kinder
•
Bei 20 000 Eltern, die ein Kind verloren
hatten, stieg die Gefahr eines tödlichen
Herzinfarktes auf RR 1,36
•
Nach dem 7. J erhöhte sich das Risiko und
blieb auch nach 17 J auf erhöhten Niveau RR
1,58
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Sinn des Gehirns
„Vorhersagemaschine“
„Wahrscheinlichkeitsmaschine“
Experiment
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Alexander Jatzko
/ Thalamus
©Dr.
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©Dr.
Alexander Jatzko
Dysfunktionale Gedanken
•
Wenn Großhirn nicht versteht was
subcortikal passiert, versucht es dies zu
interpretieren
•
Schuld und Scham sind
sehr negative und
starke Gefühle
•
Indiz für Fehlverarbeitung
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Amygdala
Effekt einer Amygdala-Reizung
Sympathische Aktivierung
Tachykardie, Erbleichen, Pupillenerweiterung,
Erhöhung des Blutdrucks
parasympathische Aktivierung
Magengeschwüre, Harndrang, Stuhlabgang,
Bradykardie
stärkere Atmung
Hecheln, Atemnot
Aktivierung von Dopamin,
Noradrenalin und Acetylcholin
Verhaltens- und EEG-Aktivierung,
erhöhte Wachheit
gesteigerte Reflexe
erhöhte Schreckhaftigkeit
Erstarren
Frieren, Konflikt-Test, soziale Interaktion
Mund offen; Kieferbewegungen
Gesichtsausdruck von Furcht
Abgabe von ACTH
Abgabe von Cortisol („Streßreaktion“)
Informationsverarbeitung bei PTSD
• Bei zu hoher Aktivierung kann Information nicht
räumlich und zeitlich positioniert werden, Bruchstücke
haben isolierte Existenz ohne Integration in einen
Kontext
(Ademac, 1991; van der Kolk, 2000)
• einmalige intensive Stimulation der Amygdala bedingt
dauerhafte Veränderung der neuronalen Erregbarkeit
• Amygdala kann nicht vergessen!
(LeDoux, 1991)
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Auslösestimuli
•
Alle in mit dem Trauma assoziierte Reize
– Visuelle Stimuli (grünes Auto, Mann mit dunklem
Bart,…)
– Geräusche (Flugzeuggeräusch, Schuhe auf Parkett,…)
– Gerüche (verbranntes Fleisch,…)
– Externe sensorische Reize (angefasst zu werden
(Ort), regionale Schmerzen, körperliche
Betätigung,…)
– Interne sensorische Reize (Schmerzen, internes
Arousel,…)
– Kognitive Vorgänge (positive oder negative Gefühle,
Ängste, Gedanke,…)
(modifiziert nach Review Nijenhuis, 2002)
Bildgebende Verfahren zu PTSD
Erhöhung des regionalen Blutflusses im
Emotions(Angst)-Netzwerk
• Amygdala
(Rauch 1996, 2000; Shin 1997; Liberzon 1999)
• Visueller Cortex
(Rauch 1996)
• sensomotorischen Cortex
(Semple 1993, Sachinvala 2000)
• posteriores Cingulum
(Rauch 1996)
• Thalamus
(Lanuis 2001)
• Erniedrigt: Anteriores Cingulum
Erhöhte Amygdalaaktivierung auf
negative Gesichter
(Rauch 2000)
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Bildgebende Verfahren zu PTSD
Bei Flashback (SPECT) dramatische
Perfusionsänderung von
kortikalen zu subcortikalen
Strukturen
(Liberzon, 1996-97)
Verminderung des regionalen Blutflusses im Broca-Areal
bei Patienten mit PTSD während der Exposition von
Traumabildern
(Shin 1997)
Therapeutische Grundlinie
• Kortikale Zentren (anteriores Cingulum,
präfrontaler Cortex) sollen wieder Kontrolle
über subkortikal Areale gewinnen
• Deshalb müssen
kortikale Areale
immer die
Kontrolle behalten
(Expositionsübungen)
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Positives Paradigma
Controls
(p<0.005)
PTSD-patients
(p<0.005)
Eur Arch Psychiatry Clin Neurosci
2006, Mar; 94
Strategieänderung des Gehirns
•
„Vorhersagemaschine“: negative Vorhersage
jetzt wichtiger (Amygdala)
•
•
•
Frontale Kontrolle geschwächt
Filterprozesse gestört (Thalamus, Hippokampus)
Vermehrte Aktivierung des sensomotorischen
Cortexes
– Vermehrte Wahrnehmung des Körpers
Wahrnehmung nicht mehr in der Balance
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Biochemische und Physiologische Veränderungen
• Veränderungen im serotonergen System
(Maes, 1999)
(Serotonin wirkt modulierend auf Amygdala)
• HPA-Achse (Erniedrigter Kortisol-Spiegel, CRH zerebral erhöht) (Yehuda, 1998)
• Opioidsystem (Analgesie durch vermutlich körpereigene Opiate)(van der Kolk, 1989)
• Adrenerges System (Erhöhte Katecholamine,
Noradrenalin wichtig für Gedächtniskonsolidierung)
(Review Hagemann, 2001)
• Während dem Trauma: GABA (inhibitorisch) erniedrigt,
Glutamat (exzitatorisch) erhöht
(Review Hagemann, 2001)
(Wichtig für Gedächtnisprozesse)
„Schutz vor PTSD: Alkohol im Voraus trinken“
(McFarlane 1998)
Vermehrte Aktivierungen
Vor EMDR
Nach EMDR
Visuelle Aufmerksamkeit
Angst
Corrected (FDR) q<0.05
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Vermindert aktiv („abgeschaltet“)
Deaktivierungen
Vor EMDR
Nach EMDR
Während des Vorlesens der traumatischen Situation gegenüber nur MRT-Geräusch
Corrected (FDR) q<0.05
PTSD
Hauptsymptomatik
•
Wiederkehrende Erinnerungen (Intrusionen)
•
Vermeidungsverhalten / emotionale Stumpfheit
•
Übererregbarkeit (Hyperarousal)
•
Beeinträchtigung im täglichen Leben
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Ätiologische Faktoren
die den Übergang von akutem Trauma zur psychiatrischen Störung
bestimmen
Andere Lebensereignisse
Unterstützung
Bewältigungsstil
Persönlichkeit
Familiengeschichte
PSYCHISCHE
STÖRUNG
INTRUSIVE
ERINNERUNGEN
TRAUMA
Andere
Lebensereignisse
Biologische Anlagen
Persönlichkeit
Reaktionen des Umfeldes
Frühere Erfahrungen
Trauma – Belastung – Trauer
•
Trauma: Todesnähe von sich oder anderen muss direkt
erfahren worden sein. Nur dann ist eine fehlerhafte
Verarbeitung im Gehirn möglich
• Belastung: Die Informationsverarbeitung im Gehirn hat
funktioniert, braucht jedoch Zeit um richtig eingeordnet
zu werden
• Trauer: Anpassung an einen Verlust, keine Symptome
eines Traumas
• wenn die Person einen Angehörigen verloren hat ist
dies kein Trauma
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„„Prävention““
•
•
Training der Handlungsfähigkeit
•
Sich auf die Situation vorbereiten (Wissen
über vorzufindende Situation)
•
Psychoedukation (kann problematisch sein,
Erfahrungen aus 1. und 2. Weltkrieg)
Training von Beeinflussungsmechanismen
(Entspannungsverfahren)
Erstversorgung
•
•
Personenzentrierte Haltung
•
•
Sich vorstellen
Zurückhaltung, Menschen auf sich
wirken lassen
Hilfe vorsichtig anbieten
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Erstversorgung
•
•
•
Einsetzen von bekanntem
Hilfspersonal
Notfallseelsorger,
Kriseninterventionsteams, Familie,
Freunde, Bekannte
Erst unbekannte Helfer holen, wenn
kein anderer Helfer vorhanden ist.
Erstversorgung
•
•
•
Reden lassen
•
Inneres Stoppschild aufstellen keine
Konfrontation
•
Informationsvermittlung und Aufklärung
Auf Bedürfnisse eingehen
Stabilisieren, Sicherheiten schaffen
(aus der Situation entfernen
Aktivitäten unterstützen)
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Erstversorgung
•
•
•
•
•
Unterstützungsnetzwerk besprechen
Körperliche Aktivitäten
Entspannungsverfahren
(kein autogenes Training)
Pharmakotherapie
(symptomorientiert)
Cave!! Besondere Suchtgefährdung bei
PTSD
(besonders Benzodiazepine)
Begriffsdefinition
•
Intrusion
Bilder, Gefühle, Geruch, ... läuft als Film im
Hintergrund ab
•
Flashback
Die Person ist wieder in der traumatischen Szene,
Dissoziation
•
Alptraum
Gefühlsmäßiges Erleben der traumatischen Situation
mit symbolischen Bildern mit vegetativen Störungen
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Gehirn-Entwicklung
•
•
•
Hippokampus Reife erst ab dem 3
Lebensjahr (Seress, 1998)
Myelinisierung des Hippokampus nimmt vom
Kindesalter bis zur Adoleszenz zu, danach
unverändert (Arnold, 1996)
Orbitofrontaler und präfrontaler Cortex erst
nach einigen Jahren voll ausgebildet (Benes,
1998)
•
In den ersten Jahren sind alle emotionalenamygdalazentrierten Erfahrungen
unkoordiniert und nicht integrierbar
Einsatzkräfte und belastende Situationen
Art der Situation / Stressoren
Feuerwehr
(N = 198)
Polizei
(N = 155)
• lebensbedrohliche Einsätze
• Verletzung der körperl. Unversehrtheit
• Tod eines/einer Kollegen/in
• Tod von Kindern
• Großlagen
• Situation extremer Handlungsunfähigkeit
• bizarre Selbstmordfälle
• Selbstmord eines/einer Kollegen/in
• Konfrontation mit potentiell gewaltäti-
93%
62%
32%
72%
80%
96%
91%
31%
73%
81%
20%
58%
63%
47%
71%
45%
98%
gen Menschenmengen
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Untersuchung Feuerwehr München
Fortbildungsveranstaltungen
(n=1482)
•"Konfliktlösung als Führungsaufgabe"
•"Aktive Stresskontrolle im Einsatz
und Rettungsdienst"
•"Führung zukunftsorientiert umsetzen"
•"Mobbing"
•"Alkohol- und Suchtprobleme"
•"Gesprächsleitung und Konferenztechnik"
1
Teilnehmer
62
Teilnehmer
16
Teilnehmer
1
Teilnehmer
2
Teilnehmer
1
Teilnehmer
Epidemiologie (PTSD)
• Prävalenz nimmt mit der Zeit ab
(nach Flutkatastrophe 44% der Befragten, nach 14 Jahren 28%)
• Nach gewalttätigen Angriff:
• 70% der Frauen, 50% der Männer PTSD-Symptome
• Nach 4 Monaten 21% der Frauen, 0% der Männer
• Nach Vergewaltigung:
•94% der Frauen PTSD-Symptome
•Nach 11 Wochen 47%
• Nur jeder 20. sucht Hilfe
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Verlauf
• 1/3 Symptomverbesserung innerhalb eines Jahres
• 1/3 Symptomverbesserung innerhalb von 5 Jahren
• 1/3 länger als 10 Jahre
Kessler RC et al (1995) Arch Gen Psychiatry 52:1048-1060
• 50% remittieren innerhalb eines Jahres
• 11% verzögerter Beginn (nach 6 Monaten)
Führungsklima
•
Fürsorgliches Miteinander
•
Positives Klima
•
Fürsorglich Ansprechen,
wenn etwas auffällt
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Trauma
Trauma
© S. Jatzko
© S. Jatzko
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Komorbidität
• ca. 80 Prozent haben mindestens eine
weitere psychische Diagnose
• Depression 30-36%
• Zwangserkrankung 15%
• Panikerkrankungen 10-13%
• 60-80% der Hilfesuchenden zeigen Alkoholmissbrauch
(Hagemann, 2001)
• Generalisierte Angsterkrankung, soziale Phobie, bipolare Störung
• deutlich erhöhte Suizidrate als Allgemeinbevölkerung
(national comorbidity Study)
• körperliche Erkrankungen
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