PTBS bei Kindern und Jugendlichen Im großen und ganzen ist das die gleiche Störung wie bei Erwachsenen, es gibt jedoch einige Abweichungen. Ich versuche, deswegen vor allem die Unterschiede und einige zentrale Aspekte, die ich schon wieder vergessen hatte, hier aufzulisten. – – – – – – – – – – – – – Interessant: Typ-1-Traumata (einmalig, unvorhersehbar) führen eher zu PTBS, Typ-2Traumata (wiederholt auftretend) eher zu einem komplexen Störungsbild mit Komorbiditäten ICD-10: Es reicht ein Trauma und Symptome des Wiedererlebens DSM-IV: Zusätzlich: Vermeidung traumabezogener Reize & Symptome einer Übererregung, außerdem Mindestdauer von einem Monat Bei Kindern äußert sich das Wiedererleben oft in Zeichnungen, Geschichten und im wiederholten, wenig lustbetonten Spiel (posttraumatisches Spiel) sowie in Alpträumen, die inhaltlich nicht direkt traumabezogen sein müssen. Ältere Kindern entwickeln oft eine pessimistische Sicht auf die Zukunft. Zeitlicher Verlauf ist natürlich wichtig, nur Symptome, die nach dem Trauma auftreten, können Teil der PTBS sein. Differenzialdiagnose: – Akute Belastungsreaktion (ein Schockzustand) dauert maximal 48 Stunden (es kann sich später hieraus eine PTBS entwickeln). Im Vordergrund dissoziative Symptome sowie ein schnell wechselndes Bild von Betäubung, Depression, Angst, Ärger, Verzweiflung, Überaktivität und Rückzug (also kurz: Chaos). – Anpassungsstörungen werden von einem weniger gravierenden Ereignis ausgelöst, Schwerpunkt sit die Lebensveränderung (Scheidung der Eltern, Umzug). Symptome sind Angst, Depression und Störung des Sozialverhaltens. Klingt nach einem Jahr ab (außer der depressive Anteil). – Andauernde Persönlichkeitsänderung nach Extrembelastung kann bei Kindern nicht und bei Jugendlichen kaum diagnostiziert werden (Entwicklungspotizial). Studie: 22,5% der Jugendlichen erleben ein Trauma, nur 7,3% entwickeln PTBS Andere Studie: Lebenszeitprävalenz der PTBS bei 12 bis 17-jährigen: Nur 1,4% der Jungen und 1,8% der Mädchen. Neuroanatomische Veränderungen (bei Erwachsenen festgestellt) wurden bei Kindern nicht gefunden. Störungsmodelle: – Lerntheorie: Trauma als klassische Konditionierung – Kognitives Modell: ungenügende Elaboration und Einbettung in einen Kontext (Traumagedächtnis) – Transaktionales Traumabewältigungsmodell: Trauma als außergewöhnliches Stressereignis, das die Bewältigungskompetenzen überfordert (=> hohes Ausmaß an vermeidenden Strategien). Bewertungsprozess spielen wichtige Rolle (subjektiv empfundene Bedrohung > objektive Merkmale) 30%-50% Spontanremissionen im ersten Jahr, danach viel seltener, eher chronisch. Risikofaktoren: – Am Trauma: Hohe Stärke, lange Dauer, man-made-disaster, große Nähe zum Ereignis. – Am Individuum: Frau, internalisierende Störung schon vor dem Trauma. – Am sozialen Umfeld: Eltern haben selbst Symptome einer PTBS, niedriger sozioökonomischer Status. – Diskussion war, ob Kinder wegen ihrer Sensibilität und Hilflosigkeit besonders gefährdet sind oder auf Grund ihrer eingeschränkten kognitiven Fähigkeiten die Bedrohung weniger verstehen und weniger gefährdet sind. Ergebnis: – Einfluss des Alters differenziell, bei interpersoneller Gewalt höheres Risiko bei jüngerem Alter, bei Naturkatastrophen geringeres Risiko im jüngeren Alter. – Diagnose sollte Information von möglichst vielen Personen umfassen (Gefahr subjektiver Verzerrung). Deutschsprachige Instrumente sind: – IBS-KJ: Strukturiertes Interview, Selbstbericht (7-16 Jahre) – Kinder-Dips: Strukturiertes Interview, Selbstbericht, Fremdbericht (6-18 Jahre) – CPTSD-RI: Fragebogen, Selbstbericht (ab 7 Jahre) – IES-R: Fragebogen, Selbstbericht (ab dem Jugendalter) – Vor dem Alter von 6 Jahren fehlen Instrumente! – Gruppentherapie ist sinnvoll, aber nur wenn alle das gleiche Trauma haben, sonst traumatisieren sich die Patienten gegenseitig sekundär. Umgang der Eltern mit dem Trauma hat großen Einfluss auf Symptomatik des Kindes => Eltern einbeziehen! Wirksamkeitsstudien liegen für KBT und EMDR (das mit den Augen) vor, für den Rest der Therapien nicht! – KBT: Bei Kindern sollte die Exposition graduiert, nicht massiert erfolgen (Gefahr der Retraumatisierung). Auch gestalterische Techniken wie Zeichnen statt dem Narrativ. – EMDR: Signale zur bilateralen Stimulation (Augenbewegung, auf die Schultern klopfen) während Desensibilisierung und Neubewertung des Traumas. Wirkmechanismen unklar. Studien deuten darauf hin, dass der Therapieerfolg durch die Exposition bedingt ist. – – – – – Debriefing: Umstrittenes, präventives Verfahren direkt nach dem Trauma vor PTBS. Einmalige Gruppensitzung mit: – Rekonstruktion des Ereignisses – Thematisierung der traumabezogenen Kognitionen und Emotionen – Identifizierung von Symtomen – Entwicklung eines Erklärungsmodells – Informationsvermittlung (ggf. Vermittlung in Therapie) Psychodynamik: Integration der traumatischen Erfahrung ins gegenwärtige Leben. Unterstützung der natürlichen Selbstheilung. Stärkung der Ich-Funktionen. Pharmakotherapie: Reine Pharmakotherapie ist Psychotherapie unterlegen, eher als Ergänzung Antidepressiva und Antikonvulsiva. Studien fehlen.