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Medizinische Informationen
1942 wurde in den USA die erste Radiojodtherapie durchgeführt. Seither sind weltweit Millionen von Schilddrüsen-Patienten erfolgreich mit dieser
Methode behandelt worden.
Das radioaktive Iod-Isotop I-131 hat die gleichen chemischen Eigenschaften wie das natürliche Jod, so dass es der Körper und insbesondere die
Schilddrüse nicht vom natürlichen Jod der Nahrung unterscheiden kann. Es wird daher ebenso wie dieses als Baustein für das Schilddrüsenhormon
in der Schilddrüse aktiv angereichert. Es hat jedoch andere physikalische Eigenschaften, d.h. es zerfällt mit einer Halbwertzeit von 8 Tagen unter
Emission von Beta- und Gammastrahlung. Die therapeutisch genutzte Betastrahlung hat im Schilddrüsengewebe eine mittlere Reichweite von nur
0,5 mm und bestrahlt so fast ausschließlich die in der Schilddrüse überaktiven ?heißen? Schilddrüsenknoten. Somit werden die bestrahlten Zellen
zerstört und es kommt zu einer Schrumpfung des Gewebes. Die Nachbarorgane und der übrige Körper werden von der Betastrahlung praktisch
nicht betroffen. Die gleichzeitig ausgesandte Gammastrahlung mit einer mittleren Reichweite im Gewebe von mehr als 6 cm kann mittels eines
Messgerätes quantifiziert werden (Uptake-Messplatz) oder mit Hilfe einer Gamma-Kamera für eine bildliche Darstellung der Schilddrüse genutzt
werden (Szintigraphie).
Die Radioiodtherapie wird zur Behandlung gut- und bösartiger Schilddrüsenerkrankungen eingesetzt. Unter den gutartigen Krankheiten ist zunächst
die Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) vom Typ Basedow als Autoimmunerkrankung (mit Antikörper-Bildung gegen körpereigenes
Schilddrüsengewebe) zu nennen. Während in den USA 85% der Basedow-Patienten mit Radioiod behandelt werden, beträgt der Anteil in Europa
bisher nur etwa 35%. Der großzügige Einsatz der Radioiodtherapie in den USA beruht in erster Linie auf den dort sehr liberalen
Strahlenschutzbestimmungen, nach denen die Therapie bis zu einem bestimmten Grenzwert ambulant durchgeführt werden darf. Demgegenüber
gelten im dicht besiedelten Deutschland strengere Strahlenschutzbestimmungen, die einen mindestens zweitägigen stationären Aufenthalt in einer
speziell ausgestatteten Therapiestation vorschreiben.
Häufiger als die immunogene Form der Hyperthyreose ist in Deutschland die Schilddrüsen-Autonomie. Dabei entwickeln sich Iodmangel-bedingt
überaktive Schilddrüsenbezirke (?Heiße Knoten?), die autonom Schilddrüsenhormone produzieren. Die Erkrankung kann als uni- oder multifokale
Autonomie in Form von einem bzw. mehreren heißen Knoten oder als disseminierte Autonomie über die ganze Schilddrüse diffus verteilt auftreten.
Bei diesen Formen der Schilddrüsenautonomie ist die Radioiodtherapie besonders vorteilhaft, da sich das Radioiod über die Blutbahn in den
überaktiven Bezirken der Schilddrüse anreichert und mittels der o.g. Betastrahlung selektiv diese Bereiche bestrahlt und damit deaktiviert. Eine
derart selektive Behandlung unter größtmöglicher Schonung des gesunden Schilddrüsengewebes ist bei einer Schilddrüsen-Operation nicht
möglich. Somit ist bei einer Schilddrüsen-Autonomie die Radioiodtherapie fast immer die Behandlung der ersten Wahl. Besonders therapiebedürftig
sind dabei ältere Patienten mit hohem Puls, Herzrhythmusstörungen, anfallsweisem Herzrasen und Vorhofflimmern. Letzteres stellt einen
Risikofaktor für embolische Ereignisse dar und führt zu einer statistisch messbaren Verkürzung der Lebenserwartung.
Die Radioiodtherapie ist inzwischen als effektive, nebenwirkungs- und risikoarme Behandlungsmethode weltweit anerkannt. Aufgrund der Häufigkeit
von Schilddrüsenerkrankungen profitiert ein breiter Bevölkerungsanteil von dieser nicht-operativen Behandlungsform. Wie mit der Operation ist
damit in den meisten Fällen eine definitive, d.h. endgültige Heilung möglich. Demgegenüber beseitigt eine medikamentöse Behandlung nicht die
Hyperthyreosegefährdung und ist wegen der Nebenwirkungen nicht als Dauertherapie geeignet. Bei älteren Patienten mit vielfachen
Begleiterkrankungen stellt die Radioiodtherapie die meist schonende und oft einzig mögliche kurative Behandlungsform dar.
Bei älteren Patienten mit nicht allzu großer Struma (Schilddrüsenvergrößerung) kann die Radioiodtherapie auch ohne Vorliegen einer Überfunktion
oder Autonomie zur Strumaverkleinerung indiziert sein, z. B. wenn das Alter und Begleiterkrankungen gegen eine Strumaoperation sprechen.
Durch die Therapie verkleinert sich die Schilddrüse um bis zu 30%, so dass sich eine Atemnot verursachende Luftröhreneinengung
deutlich bessern bzw. beheben lässt.
Bei den relativ seltenen bösartigen Schilddrüsenerkrankungen ist in der Regel eine möglichst vollständige operative Entfernung der Schilddrüse
erforderlich. Anschließend wird typischerweise je nach Tumorgröße und Tumortyp eine Radioiod-Elimination des verbliebenen Restgewebes nötig.
Mit diesem Vorgehen lassen sich etwa 80% aller (differenzierten) Schilddrüsenkarzinome heilen.
Im Einzelfall muss der behandelnde Arzt mit dem Patienten besprechen, ob eher eine Operation oder eine Radioiodtherapie zu bevorzugen ist. Eine
absolute Kontraindikation für die Radioiodtherapie stellt die Schwangerschaft dar. In Frage zu stellen ist die Indikation zur Radioiodtherapie bei
großen Strumen und "kalten Knoten". Letztere sind funktionell inaktiv und nehmen daher kein Iod auf; ferner bedürfen sie wegen fraglicher
Bösartigkeit besonderer Aufmerksamkeit. Die früher praktizierte Altersbeschränkung für Frauen auf über 45 Jahre ist nicht mehr gerechtfertigt. Den
wenigen begründeten Kontraindikationen einer Radioiodbehandlung stehen immer noch viele haltlose Vorbehalte von Patienten und der Ärzteschaft
gegenüber.
Manche Patienten neigen dazu, konkrete Risiken wie bei medikamentösen oder operativen Therapie eher in Kauf zu nehmen als das theoretisch
berechnete "Strahlenrisiko", welches bei den gutartigen Schilddrüsenerkrankungen etwa in der Größenordnung einer
Röntgen-Computertomographie liegt. Nach den heute vorliegenden umfangreichen Verlaufsstudien besteht nach der Radioiodtherapie gutartiger
Schilddrüsenerkrankungen kein erhöhtes Karzinomrisiko, auch kein Risiko für Unfruchtbarkeit, nachfolgende Schwangerschaften oder vererbbare
Krankheiten. Bei den bösartigen Schilddrüsenerkrankungen kommen Spätkomplikationen nur bei wiederholten Therapien mit hohen Aktivitäten vor,
wie sie praktisch nur bei Patienten mit fortgeschrittener Metastasierung erforderlich sind.
http://www.helios-kliniken.de/klinik/krefeld/fachabteilungen/nuklearmedizin/radioiod-therapie/informationen-fuer-aerzte.html
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