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Lerntipps für Auszubildende zur/zum Justizfachangestellten
Lerntipps für Auszubildende zur/zum Justizfachangestellten
»Lernen« – klingt das für Sie negativ? Verbinden Sie den Begriff mit unangenehmen Gefühlen, vielleicht aus der
Schulzeit? Das könnte schon ein erstes Lernproblem sein: Unser Gehirn lernt viel leichter, wenn der Lernstoff
einen gefühlsmäßig positiven Inhalt hat oder zumindest positiv »verpackt« ist. Die Kenntnis aktueller biologischer
und psychologischer Grundlagen kann somit beim Lernen hilfreich sein. Daher möchte ich Ihnen im I. Abschnitt
diese Grundlagen des Lernens in wenigen Regeln nahe bringen. Im II. Abschnitt gehe ich kurz auf das Lernen
Erwachsener ein, um u.a. mit dem Mythos aufzuräumen, dass die Lernfähigkeit mit dem Alter stetig abnimmt.
Zwei mögliche Einteilungen von verschiedenen Lerntypen möchte ich Ihnen im III. Abschnitt vorstellen. Finden
Sie heraus, welchem Lerntyp Sie am ehesten entsprechen, um Ihr Lernverhalten darauf einzustellen. Dann wird
es konkreter: im IV. Abschnitt sind Tipps zur Textbearbeitung und Wiederholung zusammengefasst – der V.
Abschnitt stellt die MindMap-Methode vor. Im Abschnitt VI. möchte ich Ihnen einige Besonderheiten zum Lernen
von juristischen Inhalten aufzeigen.
I.
Biologische und psychologische Grundlagen des Lernens in 7 Regeln
1. Regel: Lernen positiv gestalten
Versuchen Sie, das Lernen positiv zu gestalten. Machen Sie den Lernstoff zu einer eigenen Angelegenheit, die
interessante Aspekte enthält, ändern Sie gelegentlich die Perspektive, entdecken Sie Neues. Und: sorgen Sie für
eine angenehme Lernatmosphäre, z.B. durch eine helle, freundliche Umgebung, einen aufgeräumten und
zweckmäßigen Arbeitsplatz. Feste Lernzeiten und feste Rituale (z.B. zum Lernen eine Duftkerze anzünden)
können helfen, Geist und Körper auf die Lernsituation einzustellen. Während des Lernens auf die Einhaltung von
Pausen achten und nach anstrengendem Lernen darf die Belohnung nicht fehlen.
2. Regel: Biorhythmus beachten
Jeder Mensch hat seinen eigenen Biorhythmus. Es gibt Leistungsspitzen, in denen es uns leicht fällt, intensiv und
konzentriert zu arbeiten. Zu anderen Zeiten gelingt uns dies nicht. Erkunden Sie Ihren eigenen Biorhythmus und
teilen Sie Ihre Lernzeiten soweit wie möglich danach ein. Versuchen Sie außerdem, immer zu den gleichen
Tageszeiten, möglichst im selben Rhythmus zu lernen. Wenn Sie immer werktags von 17.00 bis 19.00 Uhr und
samstags von 09.30 – 12.00 Uhr lernen, brauchen Sie nicht mehr über die Einteilung Ihrer Lernzeit
nachzudenken, es entfällt zudem die unangenehme »Aufschieberietis«. Der Körper gewöhnt sich an diese Zeiten
und der Geist stellt sich auf »Lernen« ein. Die freie Zeit können Sie genießen, ohne daran zu denken, dass Sie ja
eigentlich lernen müssten.
3. Regel: Lernstoff regelmäßig wiederholen
Lernen braucht Zeit und Wiederholung. Wir lernen, indem die Lerninhalte durch häufiges Wiederholen »tiefere
Spuren« im Gedächtnis hinterlassen und damit fester »verankert« sind. Unser Gedächtnis vergisst außerdem
sehr schnell. Hinzu kommt, dass das Gehirn älteres Material bevorzugt behandelt, es ist leichter abzurufen und
wieder herzustellen. Daher ist es wichtig, neues Material öfter zu wiederholen als altes. Damit steht fest: Sie
müssen planvoll lernen. Den gesamten Stoff kurz vor einer Klausur zu lernen, macht kaum Sinn. Die erste
Wiederholung sollte daher bereits am Lerntag erfolgen (z.B. durch eine kurze Wiederholung am Nachmittag des
Unterrichtstages). Die zweite Wiederholung erfolgt einen Tag später, die dritte eine Woche später, die vierte
Wiederholung ca. einen Monat später und die fünfte Wiederholung nach ca. einem halben Jahr. Also: »Use it – or
lose it! Trainier´ es – oder verlier´ es!«, aber mit System!
4. Regel: Lernstoff sinnvoll strukturieren, Lernziele kennen
Das menschliche Gehirn ist kein Computer, welcher die Informationen zusammenhanglos bis zur Grenze seiner
Speicherkapazität abspeichern kann. Unser Gehirn kann gut strukturierten und (für uns) sinnvollen Lernstoff viel
leichter aufnehmen und behalten als unstrukturierten und (für uns) nicht nachvollziehbaren Stoff. Wert und
Bedeutung des Lernstoffes müssen daher bekannt sein (also die Lernziele). Wir denken in Netzwerken. Denken
bedeutet dabei, dass wir Informationen zu höherwertigen Informationen verknüpfen. Neuen Lernstoff setzen wir in
Beziehung zu bereits Bekanntem. Der Lernstoff soll also gut strukturiert und soweit möglich zusammengefasst
werden.
5. Regel: Viele Eingangskanäle
Ein chinesisches Sprichwort besagt: »Einmal erleben ist besser, als hundertmal hören!« In der Tat ist die
Behaltensleistung bei verschiedenen Lernwegen sehr unterschiedlich (folgende Angaben sind nur
Anhaltspunkte):
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Lernweg
Behaltensleistung
Lesen
10 %
Hören
20 %
Sehen (Bild, Grafik)
30 %
Sehen und Hören
50 %
Sprechen
70 %
Handeln
90 %
Also: Je mehr Sinne angesprochen werden, umso größer ist der Lernerfolg. Wechseln Sie dazu auch die
Lernmethoden: lesen, wiederholen, Karteikarten, üben am Fall, zusammenfassen. Die persönliche
Behaltensleistung richtet sich darüber hinaus nach weiteren, individuellen Kriterien. Dazu gehört z.B. die
Lernumgebung, der Biorhythmus (vgl. 1. und 2. Regel) und der Lerntyp.
6. Regel: Interferenzen vermeiden
Das Behalten des Stoffes kann durch unübersichtliche, verwirrende oder zu komplizierte Darbietung des
Lernstoffes behindert werden. Dies gilt auch, wenn der Stoff sich nicht mit Bekanntem in Verbindung bringen
lässt. Ein Hindernis für die (langfristige) Verankerung des Lernstoffes im Gehirn kann es ebenfalls sein, wenn
ähnliche Lerninhalte direkt nacheinander gelernt werden sollen (Interferenzen). Daher gilt: Ähnliches muss mit
größerem zeitlichen Abstand gelernt werden. Die verschiedenen Gebiete des Lernstoffes sollen so auf die
Lernzeit verteilt werden, dass Strukturen und Konzentrationsgrad variieren.
7. Regel: Für Lernspaß sorgen
Angst und (ungesunder) Stress behindern das Lernen. Gerade in einer Ausbildung kann es vorkommen, dass
Ihnen Lerninhalte »aufgezwungen« werden und Sie sich damit nicht aus Interesse beschäftigen. Wenn Sie diese
Abwehrhaltung beibehalten, kann es zu ungesundem Stress und vielleicht zu Angst vor diesen
Ausbildungsbereichen, Lehrern oder Ausbildern kommen. Lassen Sie es nicht so weit kommen. Entdecken Sie
das positive auch bei Ihnen auf den ersten Blick uninteressant erscheinenden Themen. Seien Sie neugierig (vgl.
1. Regel). Vielleicht hilft es Ihnen, sich das Thema mit Hilfe anderer Auszubildender zu erarbeiten.
II. Wie lernen Erwachsene
Wir haben angeborene Eigenschaften, Begabungen und Fähigkeiten, die unser Lernverhalten beeinflussen. Auch
unsere bisherige »Schul- und Ausbildungslaufbahn« prägt unser Lernverhalten. Andererseits kann ein erheblicher
Teil der Lernergebnisse durch die Anwendung der richtigen Lerntechnik beeinflusst werden. Dies gilt nicht nur für
das Lernen von Kindern und Jugendlichen, sondern ebenfalls für das Lernen Erwachsener. Häufig wird die
Meinung vertreten, dass das Lernen im Kindesalter und in der Jugend am effektivsten ist und Erwachsenen das
Lernen schwer fällt. Das ist nicht richtig! Die Lernfähigkeit des Menschen ist im Alter zwischen 20 und 40 Jahren
praktisch konstant und für bestimmte Lernbereiche bleibt sie bis ans Lebensende grundsätzlich konstant oder
bessert sich sogar. Allerdings gibt es Unterschiede in den Ergebnissen, wenn man die verschiedenen
Lernbereiche betrachtet. »Stures Auswendiglernen« zum Beispiel fällt »Jüngeren« erheblich leichter, als
»Älteren«. Aber Erwachsene können Defizite in einem Lernbereich durch bessere Ergebnisse in anderen
Lernbereichen ausgleichen, so dass man sagen kann, dass Erwachsene und »ältere« Erwachsene nicht
schlechter als Kinder oder »jüngere« Erwachsene lernen, sie lernen nur anders.
Die individuellen Unterschiede sind bei den (»älteren«) Erwachsenen größer. Sie haben mehr Lebenserfahrung
und Vergleichsmuster. Die Merkfähigkeit des Erwachsenen ist schlechter als bei Kindern und Jugendlichen, dafür
ist seine Kombinationsfähigkeit erheblich besser. Die Lernfähigkeit Erwachsener wird insbesondere durch
Motivation und Aktivität (= Selbsttätigkeit und Selbstverantwortung) erhalten und gefördert.
Motivation entsteht vor Allem durch Einsicht in die Relevanz und die Bedeutung des Lerninhalts.
III. Lerntypen
Versuchen Sie herauszufinden (wenn es Ihnen nicht schon bekannt ist), welcher Lerntyp Sie sind, damit Sie die
Lernumgebung und den Lernstoff entsprechend gestalten können. Zunächst stelle ich Ihnen die fünf Lerntypen
nach Josef Schrader (Lerntypen bei Erwachsenen, Deutscher Studien Verlag Weinheim, 1994) vor:
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Typ 1: Der Theoretiker
»Typ 1 hat Freude am Lernen, ist zuversichtlich, gelassen, hat konkrete Vorstellungen von dem, was er lernen
will. Er ist nicht nur an praktischer Anwendung, sondern auch an den theoretischen Grundlagen interessiert. Er
lernt gern und gut aus Texten. Wenn er sich etwas Neues aneignet, bemüht er sich darum, Zusammenhänge zu
verstehen (...).«
Typ 2: Der Anwendungsorientierte
»Ihn leitet stets die Frage, was er mit neuen Inhalten anfangen kann (...). Theorien und reines Faktenwissen
genügen ihm nicht. Schwierig wird es, wenn die Anschauung fehlt und Lerninhalte nur theoretisch, (...) dargestellt
werden (...).«
Typ 3: Der Musterschüler
»Typ 3 ist ehrgeizig, strebsam und fleißig, er lernt für gute Noten, für Zeugnisse und Zertifikate. Typ 3 lernt aber
lieber angeleitet als eigenständig, lässt sich die Inhalte lieber erklären, als dass er vieles selbst herausfinden
möchte (...). Schwierigkeiten hat er beim Lernen durchaus, vor allem mit Situationen, in denen es keine
eindeutigen Lösungen gibt (...).«
Typ 4: Der Gleichgültige
»Typ 4 lernt nicht mehr, als er unbedingt gegen das Leben braucht. Er hat weder ausgeprägte Vorlieben, noch
besondere Abneigungen, ihm scheint alles gleich recht (bzw. unrecht) (...). Schwierigkeiten tauchen durchaus auf,
wecken aber weder seinen Ehrgeiz noch sind sie Anlass für Hektik, Nervosität oder Selbstzweifel (...).«
Typ 5: Der Unsichere
»Typ 5 geht davon aus, dass er beim Lernen zahlreiche Schwierigkeiten haben und vermutlich vieles nicht
verstehen wird. Er beschränkt sich daher darauf, sich die wichtigsten Inhalte so gut wie möglich einzuprägen.
Schwierigkeiten betrachtet er als Folge seiner mangelnden Fähigkeiten, er reagiert hektisch und nervös (...).«
Theoretiker und Anwendungsorientierte lernen aus eigenem Antrieb, die Anderen lernen, weil sie es müssen.
Auch wenn die o.g. Lerntypen kaum in Reinform in der Praxis vorkommen, dürften Sie doch eine Hilfe sein, um
den eigenen Lerntypus herauszufinden.
Eine weitere Einteilung von Lerntypen berücksichtigt die unterschiedlichen Eingangskanäle:
den durch Sehen Lernenden (visuellen Lerntyp)
den durch Hören Lernenden (auditiven Lerntyp)
den durch Hören und Sehen Lernenden (audio-visuellen Lerntyp)
den tastsinnorientierten Lernenden (haptischen Lerntyp)
den geruchssinnorientierten Lernenden (olfaktorischen Lerntyp)
den anhand von Begriffen Lernenden (abstrakt-verbalen Lerntyp)
den kontakt- bzw. personenorientierten Lerntyp
den mediumorientierten Lerntyp
den Einsicht und Sinn anstrebenden Lerntyp.
Auch diese Einteilung wird in der Praxis bei keinem Menschen in Reinform vorkommen. Jeder wird verschiedene
Ausprägungen bei sich in verschiedenen Intensitäten erkennen. Der visuelle Lerntyp muss Bilder vor Augen
haben, wird sich somit häufig Skizzen und Übersichten machen (vgl. Abschnitt V.). Für den kontaktorientierten
Lerntyp ist eine gute Beziehung zum Lehrer und Ausbilder wichtig, um gute Lernergebnisse zu erzielen. Ihm
dürfte es zu Gute kommen, in Gruppen zu lernen und zu wiederholen. Dem mediumorientierten Lerntyp werden
am Computer selbst erstellte Zusammenfassungen eine gute Lernhilfe sein. Der auditive Lerntyp kann
wesentliche Teile des Lernstoffes aufnehmen, indem er einfach nur im Unterricht gut zuhört. Er wird sich beim
Wiederholen den Stoff laut selber vorsagen.
IV. Textbearbeitung und Wiederholung
Die folgenden weiteren Tipps sollen Ihnen bei der effektiven Textbearbeitung und Wiederholung helfen. Für die
Bearbeitung insbesondere von schwierigen Texten haben sich folgende Regeln bewährt:
Verschaffen Sie sich bei Texten zunächst einen Überblick, indem Sie Inhaltsverzeichnis und Überschriften
bewusst lesen. Die Abfassung einer eigenen Gliederung ist i.d.R. sinnvoll.
Finden Sie Kernpunkte und Schlüsselwörter, lernen Sie diese zuerst. Sie fragen, worum es im Text geht und
auf welche Fragen der Text Antworten bietet.
Erst danach gehen Sie den gesamten Text durch. Markieren Sie dabei Kernthesen und Schlüsselwörter (nicht
zu viel markieren!).
Fassen Sie selbst die einzelnen Abschnitte mit eigenen Worten zusammen und formulieren Sie eigene
Überschriften.
Wiederholen Sie die wichtigsten Informationen des Textes.
Weitere wichtige Hinweise für die Wiederholung (nicht nur von Texten):
Machen Sie sich die Begriffe der Materie klar (z.B. was bedeuten Parteifähigkeit und Prozessfähigkeit).
Überprüfen Sie sich selbst anhand von Fragen zum Gelernten. Schließen sie Wissenslücken.
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Wiederholen Sie mehrmals anhand von Beispielen und machen Sie Übungen und Fälle!
Wechseln Sie beim Erarbeiten und beim Wiederholen ab: nutzen Sie sowohl Lehrbücher und Skripten, um
einen Überblick zu bekommen und die Gliederung des Lernstoffes zu erkennen, als auch Fälle und Beispiele,
um den Lernstoff besser zu verstehen und durch Anwendung intensiver im Gedächtnis zu verankern.
Machen Sie sich eigene Zusammenfassungen und (wo möglich) auch Skizzen, Übersichten und Grafiken
(vielleicht hilft Ihnen die MindMap-Methode, vgl. Abschnitt V.). Dies regt die Verknüpfung von linker und rechter
Gehirnhälfte an und fördert das Behalten. Je nach Lerntyp kann es sinnvoll sein, bei Übersichten, Grafiken und
Skizzen mit Farben oder Symbolen zu arbeiten.
Erklären Sie Anderen z.B. in einer privaten Lerngruppe den Stoff, denn
»Man lernt am Besten indem man Andere lehrt« (Rosa Luxemburg).
V. Das Lernen mit der MindMap®-Methode
1. Was ist MindMapping®?
MindMapping ist eine Technik, die spontanen Gedanken und kreativem Denken eine konkrete, gehirngerechte
Form gibt, weil sie der vernetzten Struktur unseres Gehirns entspricht. Sie regt an, Verbindungen zwischen
verschiedenen Gedanken ohne ein vorher festgelegtes logisches Ordnungssystem zu erfassen. In besonderer
Weise werden Problemstellungen berücksichtigt, bei der sich Gefühle mit mentalen Prozessen verbinden.
Praktisch wird MindMapping folgendermaßen angewendet: In der Mitte eines Blattes steht das Problem oder
auch nur ein Begriff, das oder der gemalt oder wörtlich ausgeschrieben sein kann. Danach werden alle weiteren
Einfälle in Form von Abzweigungen hinzugefügt. So entsteht ein Zentrum, von dem Striche als Verbindungen in
verschiedene Richtungen ausgehen. Jeder neue Begriff kann durch einen Weiteren fortgeführt werden. Auf diese
Weise werden Gedanken- und Gefühlsgänge so gesammelt, wie sie im Kopf entstehen. Dem kreativen Denken
wird kein Schema aufgezwungen. Dieses Vorgehen lässt Ideen schneller entstehen, weil sie nicht in ein
vorgegebenes System eingepasst werden müssen und bei der Anwendung anderer Methoden vielleicht deshalb
verworfen werden, weil sie auf den ersten Blick unbrauchbar erscheinen. MindMapping ist gehirngerecht durch
die Ähnlichkeit zum menschlichen Ordnen von Geschehnissen (MindMap = »Gedankenkarte«). Denn der Mensch
verarbeitet seine Eindrücke nur selten nach ausschließlich geordneten Kriterien (vgl. Buzan, T.: Kopftraining:
Anleitung zum kreativen Denken. Tests und Übungen, München, 1993).
Anwendung findet MindMapping bei der Ideensammlung, bei der Strukturierung von Wissen, bei der Vorbereitung
von Texten und Artikeln, bei der Aufzeichnung von Unterrichtsstunden oder in der Gruppenarbeit beim Planen
und Problemlösen.
2. Die Funktionen der beiden Gehirnhälften
Wenn wir uns erinnern, haben wir nicht einen linear aufgebauten Text vor Augen, den wir aus dem Gedächtnis
ablesen können, sondern uns fallen Schlüsselbegriffe oder sogar Bilder ein. Diese bringen ganze Erfahrungs- und
Empfindungsreihen ins Gedächtnis, die uns in die Lage versetzen, Details zu erinnern. Ein optimales Erinnern
erfolgt dann, wenn der Lernstoff sowohl vom Verstand, als auch vom Gefühl her im Gedächtnis verankert ist. Dies
erfolgt jeweils in unterschiedlichen Regionen des Gehirns. Die linke Gehirnhälfte ist eher für Zahlen, Daten,
Fakten (ZDF) zuständig, also für die eher »männlichen« Tätigkeiten, wohingegen die rechte Gehirnhälfte eher für
die gefühlsbetonten (weiblichen) Vorgänge des Erfassens und Erfahrens (alle restlichen »Daten« = ARD)
zuständig ist.
Die Verknüpfung von rechter und linker Gehirnhälfte wird durch die MindMap-Methode in idealer Form unterstützt
und trainiert.
Linke Gehirnhälfte:
Digitales Denken
Logisches Denken
Sprache, Lesen
Organisation, Planung
Mathematik
Details
Analyse
Gedächtnis für Wörter und Sprachen
(ZDF: Zahlen, Daten, Fakten)
Rechte Gehirnhälfte:
Analoges Denken
Visuelles Denken
Körpersprache
Rhythmus / Tanz
Ganzheitliche Erfahrung
Emotionen
Musikalität
Synthese
Gedächtnis für Personen,
Erlebnisse
(ARD: Alle Restlichen Daten)
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Sachen
und
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3. MindMapping® – eine Kurzeinweisung
Was ist es?
Methode zum Erfassen, Darstellen und Strukturieren von Gedanken und Informationen in gehirngerechter
Form
Darstellung in Gestalt einer »Landkarte« (= »Gedankenkarte« = »MindMap«)
Und damit nicht zwingend in einem logischen Nacheinander, sondern:
■ In freier Assoziation, so wie es einem einfällt
■ In Sprüngen, wie die Gedanken gerade fließen
■ Details können jederzeit an einer bereits bearbeiteten Stelle eingefügt werden
■ Struktur ist auf einen Blick erkennbar
Wer hat`s erfunden?
Nein – nicht die Schweizer. MindMapping ist eine Methode, die Tony Buzan in den 1970er Jahren zur
Strukturierung und Visualisierung entwickelt hat und zwar unter Berücksichtigung neuer Erkenntnisse der
Gehirnforschung, insbesondere über die Funktion der rechten und linken Gehirnhälfte (»Mind Map« ist ein
eingetragenes Warenzeichen von »The Buzan Organization Ltd.«, »Mind Mapping« ist ein in Deutschland
eingetragenes Warenzeichen von Maria Beyer)
Wozu »MindMapping«?
Es kann verwendet werden:
zum strukturierenden Sammeln von Informationen
zur Strukturierung und Zusammenfassung vorhandener Informationen (Komplexitätsreduktion!), z.B. für
Wiederholungen
zur Visualisierung
zur Präsentation
zur Förderung und Unterstützung alternativer Denkweisen.
Gestaltung?
DIN A 4 – Blatt (oder noch besser DIN A 3) quer
Thema oder Ausgangsbegriff in die Mitte
Schlüsselwörter benutzen (die prägnant und assoziativ sind, damit das Behalten und weitere Gedanken zu
dem Thema gefördert werden)
Vom zentralen Begriff in der Mitte gehen Hauptäste ab, diese wiederum können in weitere Nebenäste unterteilt
werden (möglichst auf 5 Hauptäste beschränken)
Im Uhrzeigersinn anordnen, rechts oben beginnend
Möglichst nur ein Schlüsselwort auf eine Linie
Bilder, Symbole und Farben verwenden (dient der Verknüpfung von linker und rechter Gehirnhälfte und fördert
damit das Erinnern und Behalten)
Pfeile für Querverbindungen nutzen
Erst assoziieren, dann organisieren
Möglichst gleichmäßige Raumaufteilung anstreben
(siehe Beispiel auf Seite 6).
VI. Wie lerne ich »Recht«?
Viele von Ihnen machen erstmals eine Ausbildung in der Justiz und haben vorher noch keine Erfahrungen im Lernen
rechtlicher Inhalte machen können. Das Lernen rechtlicher Inhalte unterscheidet sich vom Lernen in Ihnen bisher
bekannten »Fächern« sicher in einigen Bereichen. Hier gilt es zunächst, sich mit der für Juristen eigenen Logik
vertraut zu machen. Dazu einige Tipps:
Definitionen sind Grundwissen. Diese lassen sich z.B. gut mit einer Lernkartei lernen und wiederholen.
Es reicht nicht, dass wir die juristischen Gebilde verstehen, wenn sie uns vorgetragen werden. Wir müssen sie
anwenden und wiederholen.
Rechtliche Themen muss man häufig mit dem Stift und dem Papier lernen. Das Lesen von Falllösungen bringt
nichts – Sie müssen Fälle selber lösen.
Beschaffen sie sich frühzeitig Übungen mit Lösungen und bearbeiten sie diese.
Der Stoff ist logisch und erlernbar. Man muss allerdings üben und sofort bei Bedarf Hilfe in Anspruch nehmen.
Einmal Versäumtes ist schwer nachholbar.
Lernen Sie keine Gesetzestexte auswendig, die Sie auch nachschlagen können. Nutzen Sie Gesetze als
»externen Wissensspeicher«. Üben Sie den Umgang mit dem Gesetz und die Anwendung von Vorschriften.
Rechtliche Inhalte folgen bestimmten logischen Strukturen, die man zunächst verstehen muss. Versuchen Sie
diese für rechtliche Inhalte eigene Struktur zunächst zu erfassen, bevor Sie sich mit weiteren Details
beschäftigen. Auch hier gilt: Lernen bedeutet nicht, von Außen vorgegebene Inhalte ins Gedächtnis zu
»kopieren«, sondern sich diese Inhalte »zu Eigen zu machen«. Sie müssen sie für sich neu erzeugen, entdecken,
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erarbeiten, also in Ihre vernetzten Denkstrukturen »einpassen« – das ist sehr individuell. Probieren Sie deshalb
gerade zu Beginn Ihrer Ausbildung verschiedene Methoden aus. Da der Mensch ein Augentier ist, werden
grundlegende Strukturen meist visuell am besten erfasst und behalten. Entwerfen Sie Übersichten,
Zusammenfassungen oder MindMaps (vgl. Abschnitt V.) selbst. Vielleicht kommen Sie auch mit sog.
Baumdiagrammen gut klar.
Der Aufbau von Gesetzen und Vorschriften (= Rechtssätzen) folgt eigenen Grundsätzen:
Unter Rechtssatz wird im weitesten Sinne jeder Satz verstanden, der in einer Rechtsordnung das menschliche
Verhalten regelt. Im engeren Sinne ist der Rechtssatz ein »gesetzlicher Rechtssatz«, oder eine »Rechtsnorm«,
die in einem bestimmten Gesetzbuch niedergeschrieben ist. Jeder Rechtssatz besteht aus zwei Bestandteilen:
aus dem Tatbestand und
aus der Rechtsfolge.
Es handelt sich also um einen Satz mit zwei Gliedern, die durch eine »wenn – dann« Beziehung miteinander
verknüpft sind.
Beispiele: Wenn ein gültiger Kaufvertrag über eine Sache geschlossen wird (=
Tatbestand), dann soll der Verkäufer die Sache dem Käufer übergeben und ihm
das Eigentum an der Sache verschaffen, der Käufer soll dem Verkäufer die Sache
abnehmen und den vereinbarten Kaufpreis für sie zahlen (= Rechtsfolge) (§ 433
BGB).
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Wenn der Eigentümer einer beweglichen Sache, die Sache dem Erwerber übergibt
und dabei beide darüber einig sind, dass das Eigentum übergehen soll (=
Tatbestand), dann ist das Eigentum an der Sache übergegangen (= Rechtsfolge)
(§ 929 BGB).
Dabei ist zu beachten, dass nicht alle Sätze in einem Gesetzbuch vollständige Rechtssätze sind. Es gibt sehr
viele sprachlich-grammatikalisch vollständige Sätze in einem Gesetzbuch, die aber als Rechtssätze nur
unvollständig sind, weil sie nur unselbständige Teile von übergeordneten vollständigen Rechtssätzen sind:
Beispiel:
Die »Legaldefinition« (Definition im Gesetz) der Notwehr:
»Notwehr ist diejenige Verteidigung, welche erforderlich ist, um einen
gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden«
(§§ 227 BGB, 32 StGB).
Dieser grammatikalisch vollständige Satz hat im Rechtssystem nur Sinn, wenn er auf eine Verbotnorm, etwa auf
das Tötungsverbot, bezogen wird.
Die §§ 433, 929, 227 BGB und 32 StGB stehen im Gesetz (»externer Wissensspeicher«). Sie müssen sie nicht
auswendig lernen. Zum Verstehen des Inhalts, der Struktur und des Aufbaus dürfte es jedoch sinnvoll sein, sich
näher mit den Vorschriften zu beschäftigen. Vielleicht indem Sie sich die wichtigsten für das Verstehen
erforderlichen Begriffe (Schlüsselbegriffe) in einer Skizze festhalten.
Beispiel (bezügl. § 929 BGB):
Ein »Nachwort«:
Versuchen Sie diese »Lernhilfe« als Anregung zu verstehen. Ich kann keine allgemein verbindliche
Handlungsanweisung für erfolgreiches Lernen abgeben. Jeder muss für sich selbst herausfinden, wie er am
Besten lernt – aber darüber nachzudenken lohnt sich. Probieren Sie auch verschiedene Möglichkeiten aus:
vielleicht ist ihr bisheriger Lernstil durchaus verbesserungsfähig. Nutzen Sie auch die Möglichkeit in kleinen
Gruppen zu lernen, aber haben Sie keine Scheu, die Teilnahme an der Lerngruppe abzubrechen, wenn Sie
herausfinden, dass es Ihnen nichts bringt. Bedenken Sie, dass auch gute Auszubildende von einer Gruppe
profitieren (siehe obiges Zitat von Rosa Luxemburg). Lernen Sie sooft wie möglich aktiv: entweder dadurch, dass
Sie alte Fälle und Klausuren unter Klausurbedingungen lösen oder einen Fall für sich selbst laut sprechend lösen.
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