Ihr hashImoto- thyreoIdItIs- ratgeber

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Schilddrüse o.k.
Ihr HashimotoThyreoiditisratgeber
Rundum gut informiert über die
chronische Schilddrüsenentzündung
Leben mit der
HashimotoThyreoiditis
Die Schilddrüse ist eine der wichtigsten Schaltstellen im menschlichen
Körper. Die von ihr produzierten Hormone steuern viele Stoffwechselprozesse. Ist ihre Funktion gestört, geraten Körper und Seele aus dem
Gleichgewicht.
Eine häufige Erkrankung der Schilddrüse ist die Hashimoto-Thyreoiditis.
Wenn Ihr Arzt bei Ihnen diese chronische Entzündung der Schilddrüse
festgestellt hat, hilft Ihnen die vorliegende Broschüre, Ihre Krankheit
besser zu verstehen.
Wir möchten Ihnen mögliche Unsicherheiten im Umgang mit Ihrer Erkrankung und der Behandlung nehmen. Bei allen weiteren Fragen wird Sie Ihr
Arzt gerne ausführlich beraten.
Wir wünschen Ihnen gute Besserung! Denn nur wenn die Schilddrüse O.K. ist, kann es dem Menschen rundum gut gehen.
2
Inhalt
Die Schilddrüse.................................................................................4
Die Schilddrüsenentzündung..........................................................6
Die Ursachen
Die Ursachen der Hashimoto-Thyreoiditis.............................................7
Die Hashimoto-Thyreoiditis – eine Autoimmunerkrankung.......................8
Die Symptome
Hashimoto-Thyreoiditis und Schilddrüsenüberfunktion..........................10
Hashimoto-Thyreoiditis und Schilddrüsenunterfunktion.........................11
Hashimoto-Thyreoiditis und Geschlechtshormone................................13
Weitere Autoimmunerkrankungen.....................................................13
Die Diagnose
Die Diagnose der Hashimoto-Thyreoiditis............................................14
Überblick über Normwerte und mögliche Abweichungen.......................16
Die Behandlung
Die Behandlung der Hashimoto-Thyreoiditis........................................18
Hormontabletten und Wechselwirkungen............................................19
Hashimoto-Thyreoiditis und Ernährung...............................................20
Schilddrüse O.K. – rundum ein gutes Gefühl..............................21
Service
Glossar..........................................................................................22
Buchtipps/Internet..........................................................................23
3
Die Schilddrüse
Die Bedeutung der Schilddrüse für den Organismus
Auch wenn sie sehr klein ist und nur etwa 8 bis 25 Gramm wiegt, hat die
Schilddrüse eine zentrale Bedeutung für den Körper. Mit Hilfe der Aminosäure
Tyrosin und mit dem Baustein Jod produziert sie die Hormone Tetrajodthyronin
(Thyroxin, T4) und Trijodthyronin (T3). Diese Botenstoffe rufen in den
Organen ganz bestimmte Reaktionen hervor und regulieren so viele Stoffwechselprozesse.
Die Schilddrüse reguliert den Sauerstoffverbrauch,
Die gesamte
den Zucker-, Fett- und Eiweißstoffwechsel und dakörperliche und
mit den Energiehaushalt des Körpers. Sie beeingeistige Entwicklung
flusst den Wärmehaushalt und die Körpertembei Kindern und Jugendperatur, Herz und Kreislauf, den Magen-Darmlichen hängt von ihr ab,
Trakt, die Muskeln und das Nervensystem.
und sie spielt eine wichtige
Sie reguliert den Mineral- und WasserhausRolle für die seelische
halt des Körpers und nimmt Einfluss auf die
Verfassung des
Geschlechtsfunktionen des Menschen.
Menschen.
Wenn die Schilddrüse zu viele Hormone ausschüttet,
werden Grundumsatz und Wärmeproduktion gesteigert.
Gelangen zu wenig Hormone ins Blut und zu den Organen,
ist der gesamte Stoffwechsel verlangsamt.
4
Kehlkopf
Schilddrüse
Luftröhre
Die Schilddrüsenentzündung
Entzündungen der Schilddrüse
Es gibt verschiedene Formen der Schilddrüsenentzündung: akute und chronisch verlaufende. In der medizinischen Fachsprache spricht man von einer
Thyreoiditis. Die akuten und subakuten Entzündungsformen heilen in der Regel entweder von
Auch eine Bestrahselbst oder mit Hilfe von Medikamenten aus.
lung der Halsregion
wegen eines Tumors oder
Die akute Entzündung der Schilddrüse
eine Verletzung der Schildwird meist durch Bakterien oder Pilze
drüse (z.B. Sicherheitsgurt bei
hervorgerufen. Sie kommt selten vor
Verkehrsunfall) könnte zu
und meist bei einem geschwächten
einer akuten SchilddrüsenImmun­system.
entzündung führen.
Die sogenannte subakute Schilddrüsenentzündung tritt meist einige Wochen oder Monate nach
einer Viruserkrankung (häufig einem Infekt der oberen Luftwege) auf.
Diese Entzündung, auch Thyreoiditis subacuta de Quervain genannt, ist sehr
schmerzhaft und wird meist von einer harten Schwellung der Schilddrüse
(Struma = Kropf) begleitet, außerdem klagen die Patienten häufig über
Allgemeinsymptome wie Fieber und Abgeschlagenheit. Die Symptome können
mit antientzündlichen Medikamenten behandelt werden, besser ist eine kurzfristige Therapie mit Cortisonpräparaten. Diese beseitigen innerhalb weniger
Stunden die Schmerzen sowie die Allgemeinsymptome.
6
Die Ursachen
Die Hashimoto-Thyreoiditis
Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine chronisch
verlaufende Schilddrüsenentzündung mit Unterfunktion und selten einer Vergrößerung der Schilddrüse. Die Be­troffenen haben eine familiäre Veranlagung, sodass sich in der Familie häufig weitere
Verwandte finden, die daran leiden.
Die Erkrankung wurde nach dem japanischen
Pathologen und Chirurgen Hakaru Hashimoto
(1881–1934) benannt, der sie als Erster beschrieb. Interessanterweise erschien seine Arbeit
im Jahr 1912 zuerst auf Deutsch, da er einige
Jahre in Berlin und Göttingen gearbeitet hat, bevor er,
bedingt durch den Ausbruch des Ersten Weltkriegs,
wieder nach Japan zurückkehrte.
Der Erstbeschreiber der Erkrankung
Hakaru Hashimoto (1881–1934)
Die Ursachen der Hashimoto-Thyreoiditis
Man nennt die Hashimoto-Thyreoiditis auch chronisch lymphozytäre oder
autoimmune Thyreoiditis, weil ihr eine Autoimmunerkrankung zugrunde liegt,
bei der weiße Blutkörperchen – Lymphozyten – in die Schilddrüse eindringen
und dort eine Entzündungsreaktion hervorrufen.
Stress oder hormonelle Veränderungen, möglicherweise auch Infektionen,
können das Immunsystem bei Menschen, die genetisch hierfür veranlagt sind,
stimulieren, sodass Autoimmunerkrankungen ausgelöst werden. Die Hashi­
moto-Thyreoiditis und andere Autoimmunerkrankungen treten daher nicht
selten nach negativen Stresssituationen oder hormonellen Veränderungen wie
nach einer Entbindung oder in den Wechseljahren auf. Insgesamt sind Frauen
etwa 5- bis 8-mal häufiger betroffen als Männer.
Neuerdings wird auch ein zusätzlicher Selenmangel als Ursache für die
Entstehung der Hashimoto-Thyreoiditis diskutiert.
7
Die Hashimoto-Thyreoiditis – eine Autoimmunerkrankung
Die Funktion des menschlichen Immunsystems ist es, den Körper vor
Krankheiten zu schützen und Eindringlinge wie Viren, Bakterien und Pilze
mithilfe von Antikörpern oder T-Lymphozyten abzuwehren. Bei einer Auto­
immunerkrankung erkennt das Immunsystem die eigenen Zellen bestimmter
Organe (am häufigsten der Schilddrüse) nicht mehr als eigene, sondern als
fremde – es kommt zu einem Einwandern von Entzündungszellen und in der
Folge zur Bildung von Antikörpern gegen diese Zellen. Im Falle der Hashimoto-Thyreoiditis kommt es somit zunächst zur sogenannten lymphozytären
Infiltration der Schilddrüse und zur Bildung von spezifischen Antikörpern.
Die Erkrankung kann, muss aber nicht zur vollständigen Zerstörung des
Schilddrüsengewebes führen mit einer verminderten bis fehlenden Schild­
drüsenhormonbildung. Die Folge ist dann meist eine Unterversorgung des
Körpers mit diesen lebenswichtigen Hormonen.
Die Erkrankung verläuft oft schleichend. Das Allgemeinbefinden wird normalerweise zunächst nicht beeinträchtigt. Manche Patienten verspüren vorübergehend
einen Schmerz im Bereich des Halses oder es kommt zu einer leichten Schwellung der Schilddrüse (der sogenannten Hashimoto-Struma), zu einem Druckgefühl oder Schluckbeschwerden. Bei den allermeisten Patienten kommt es nicht
zu einer Vergrößerung der Schilddrüse (die sogenannte atrophe Form). In den meisten Fällen
Aufgrund der
sind die beobachteten Symptome schwach
anfänglich schwach
oder werden oft nicht richtig gedeutet.
ausgeprägten Symptome,
die auch sehr unterschiedlich
Die Erkrankung wird meist erst erkannt,
sein können, kann es Jahre
wenn ein Großteil der Schilddrüsen­
dauern, bis die richtige
zellen untergegangen ist und sich die
Diagnose gestellt wird.
Symptome der daraus resultierenden Schild­
drüsenunterfunktion bemerkbar machen.
Wenn es zu einer Unterfunktion gekommen ist, so ist die einzig mögliche
Therapie die Einnahme von Schilddrüsenhormonen. Nach der richtigen
Einstellung mit Schilddrüsenhormon können die meisten Patienten ein
eschwerdefreies Leben führen.
Neben der Hashimoto-Thyreoiditis gibt es noch eine weitere Autoimmun­
erkrankung, welche die Schilddrüse betreffen kann: die sogenannte
Basedow’sche Erkrankung.
8
9
Die Symptome
Hashimoto-Thyreoiditis und Schilddrüsenüberfunktion
Bei einigen Patienten beginnt die Hashimoto-Thyreoiditis mit Symptomen einer
Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose). Bereits in der Schilddrüse gebildetes Hormon kommt, bedingt durch den Entzündungsprozess (u.a. Zerstörung
von Schilddrüsenfollikeln), in den Blutkreislauf und bewirkt so vorübergehend
eine Überfunktion.
Bei einer Schilddrüsenüberfunktion wird der Betroffene unruhig, nervös und
reizbar. Die Finger zittern, es kommt zu Herzklopfen und Schlafstörungen.
Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit nehmen ab. Der Patient gerät schnell ins
Schwitzen und verträgt keine Wärme. Die Haut ist warm und feucht.
Die Haare fühlen sich ungewöhnlich weich an und fallen verstärkt aus. Der
Appetit ist gesteigert, trotzdem kommt es zum Gewichtsverlust und manchmal
auch zu Durchfall oder weicherem Stuhl. Zyklusstörungen und Potenzstörungen gehören ebenfalls zu den Symptomen der Hyperthyreose.
Falls solche Überfunktionssymptome zu Anfang der Hashimoto-Thyreoiditis
bestehen, verlaufen sie meist in einer milden Form und werden oft nicht mit
der Krankheit in Verbindung gebracht. Bei einem Großteil der Patienten
bleibt diese Phase aber ganz aus.
10
Hashimoto-Thyreoiditis und Schilddrüsenunterfunktion
Die Hashimoto-Thyreoiditis ist die häufigste Ursache für eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose). Durch die Entzündung und Zerstörung der
Schilddrüsenzellen kommt es zu einer langsam einsetzenden, sich immer ausgeprägter entwickelnden Schilddrüsenunterfunktion. Die Schilddrüse gibt zu
wenig Hormone ins Blut ab. Der Organismus wird nicht genügend angetrieben,
die Stoffwechselprozesse laufen immer langsamer.
Folgende Symptome machen sich bemerkbar und führen, wenn ausgeprägt,
zur Diagnose. Bei milden Formen sind die Symptome allerdings sehr unspezifisch (Müdigkeit, Gewichtszunahme, Verstopfung). Der
Patient wird schnell müde und fühlt sich kraftlos, ist
Es kann zu
träge und antriebslos. Er friert leicht, seine Haut ist
Zyklusstörungen
trocken und kühl, oft auch blass und schuppend.
kommen, bei Mann
Trotz Appetitlosig­keit nimmt er an Gewicht zu und
und Frau kann die
neigt zu Verstopfung. Es kommt zu GedächtnisFruchtbarkeit beund Konzentrationsschwächen. Die Stimme wird rauh
einträchtigt sein.
und tiefer. Die Fingernägel sind verdickt und brechen
leicht. Die Haare sind spröde, brüchig und können
büschelweise ausfallen. Erhöhter Blutdruck, Herzbeschwerden, Wassereinlagerungen im Körper sind weitere Symptome der Hypothyreose.
11
Symptome im Rahmen einer Schilddrüsenunterfunktion
(Hypothyreose)
Trockene,
strohige Haare
Erhöhtes
Schlafbedürfnis
Antriebsarmut,
Leistungsabfall
Kälteintoleranz
Teigige
Schwellung
der Haut
Gewichtszunahme
Verstopfung
Brüchige
Fingernagel
12
Hashimoto-Thyreoiditis und Geschlechtshormone
Die Schilddrüse hat auch einen Einfluss auf die Fruchtbarkeit. So besteht ein
enger Zusammenhang zwischen der Produktion der Schilddrüsen- und der
weiblichen Geschlechtshormone. Beide Regelkreise werden von denselben
Bereichen des Gehirns gesteuert, nämlich von einem Teil des Zwischenhirns
(Hypothalamus) und der Hirnanhangdrüse (Hypophyse).
(Siehe Abbildung auf Seite 17.)
Störungen des Schilddrüsenhormonhaushalts mit Auswirkung auf den weiblichen Hormonhaushalt können sich in Zyklusstörungen (verlängerte oder
verkürzte Zyklen), verstärkten Blutungen, Zwischenblutungen oder einem
Ausbleiben der Blutung äußern. Auch bei normaler Blutung kann bei Vorliegen
einer Schilddrüsenunterfunktion ein Kinderwunsch unerfüllt bleiben.
Bei Verdacht auf eine solche Störung sollten Sie
Ihren Frauenarzt aufsuchen. Mit der Normalisierung
der Schilddrüsenfunktion reguliert sich normalerweise auch der weibliche Hormonhaushalt und mit
ihm der Zyklus, sodass die Fruchtbarkeit wieder­
hergestellt ist.
Vor einer
Schwangerschaft
soll die Schilddrüsen­
funktion unbedingt
normalisiert sein.
Unabhängig von einem bestehenden Kinderwunsch sollten
Sie jedoch in jedem Fall sicherstellen, dass Ihr Hormonhaushalt – sowohl der
Schilddrüsen- als auch der Geschlechtshormone – wieder ins Gleichgewicht
kommt.
Weitere Autoimmunerkrankungen
Die Hashimoto-Thyreoiditis ist eine Folge des aus der Balance geratenen
Immunsystems, das sich gegen körpereigene Organe richtet. Bei Patienten mit
einer Autoimmunerkrankung können parallel auch andere Autoimmunerkrankungen vorliegen bzw. auftreten, z.B. ein Diabetes mellitus Typ 1 (Zuckerkrankheit), Morbus Addison (eine Erkrankung, die mit einer Fehlfunktion der
Nebenniere einhergeht), Vitiligo (sog. Weißfleckenkrankheit), Alopecia areata
(kreisrunder Haarausfall), atrophische Gastritis mit Vitamin-B12-Mangel,
aber auch rheumatoide Arthritis, Myasthenia gravis pseudoparalytica u.a.
Das bedeutet, dass man bei allen Autoimmunerkrankungen ebenfalls an die
Autoimmunthyreoiditis denken muss und umgekehrt. Auch alle Allergien
kommen häufiger bei Autoimmunerkrankungen vor und umgekehrt, bei
Allergikern ist die Hashimoto-Thyreoiditis häufiger.
13
Die Diagnose
Die Diagnose der Hashimoto-Thyreoiditis
In der Eingangsuntersuchung erstellt der Arzt zunächst einen klinischen Befund
und nimmt Ihre Krankengeschichte auf. Er dokumentiert Ihre Symptome, ob in
Ihrer Familie bereits Schilddrüsenerkrankungen vorgekommen sind, ob Sie noch
an anderen Krankheiten leiden und welche Medikamente Sie einnehmen.
Durch Abtasten kann der Arzt eine Vergrößerung der Schilddrüse feststellen.
Eine Struma wird nach ihrer Größe, Beschaffenheit, Verschiebbarkeit, nach
Komplikationen wie Heiserkeit, Atembeschwerden, Druckschmerz sowie nach
dem Zustand der Lymphknoten beurteilt.
Mit einer Ultraschalluntersuchung (Sonografie) stellt der Arzt die genaue Größe der Schilddrüse fest. Auch verändertes Gewebe wird erkannt. Insbesondere
eine echoarme Schilddrüse oder lokale echoarme Bereiche, die im Ultraschall
schwarz aussehen, sind typisch und wegweisend für die Diagnose einer Hashimoto-Thyreoiditis. Die Untersuchung ist völlig schmerzlos und birgt keine Risiken.
Sonografischer Querschnitt
durch eine normale Schilddrüse
R = Rechter Schilddrüsenlappen
L = Linker Schilddrüsenlappen
T = Luftröhre
V = Vene
A = Arterie
Mithilfe einer Feinnadelpunktion kann in unklaren Fällen Gewebe aus
der Schilddrüse entnommen und unter dem Mikroskop untersucht werden.
Das geschieht mit einer sehr feinen Nadel. Dies ist in der Regel mit weniger
Schmerzen verbunden als eine Blutentnahme.
Eine örtliche Betäubung ist daher auch nicht notwendig. Wenn eine Entzündung
der Schilddrüse vorliegt, sind unter dem Mikroskop im Gewebe große Mengen
von speziellen weißen Blutkörperchen zu sehen. Diese Lymphozyten werden
bei entzündlichen Prozessen im Körper produziert und dienen der Abwehr.
14
Mikroskopisches Bild einer normalen Schilddrüse (links) und einer Hashimoto-Thyreoiditis (rechts)
Die Blutuntersuchung gibt Aufschluss über die Menge der Schilddrüsen­
hormone sowie wichtiger Botenstoffe im Blut.
Im Fall der Unterfunktion bei der Hashimoto-Thyreoiditis kommt es im Verlauf der Erkrankung zu einer Verminderung der beiden Schilddrüsenhormone
Trijodthyronin (T3) und Tetrajodthyronin (Thyroxin, T4). Diese Hormone sind
teilweise an Trägerstoffe gebunden, ganz geringe Mengen werden auch in
freier Form im Blut transportiert (= fT3 und fT4).
Die Werte für das Hormon TSH (Thyreoidea-stimulierendes Hormon) sind bei
Fortschreiten der Erkrankung entsprechend erhöht. Im Regelkreis wurde der
Mangel an Schilddrüsenhormonen erkannt und nun soll mit der Ausschüttung
des stimulierenden Hormons TSH die Produktion wieder angekurbelt werden.
Die oben erwähnte Verminderung der Hormone tritt meist erst als sekundäres
Phänomen auf. Ursächlich ist der Autoimmunprozess mit im Blut nachweis­
baren Antikörpern (Antikörper sind ein Epiphänomen). Im Fall der HashimotoThyreoiditis liegen bei 60 % bis 90 % der Patienten sogenannte TPO-Anti­körper
vor. Diese Antikörper richten sich gegen ein bestimmtes Enzym der Schild­
drüse, die Schilddrüsenperoxidase (abgekürzt TPO). TPO-Antikörper sind
identisch mit den früher verwendeten mikrosomalen Antikörpern (MAK).
Bei etwa 50 % der Patienten liegen ebenfalls stark erhöhte Werte für die
sogenannten Tg-Antikörper vor, die sich gegen ein von der Schilddrüse
hergestelltes Protein richten, das Thyreoglobulin (abgekürzt Tg).
Die Blutuntersuchung allein reicht oft für die Diagnose nicht aus, weil gerade die
Werte für die Antikörper sehr stark schwanken können. Um den Beweis für eine
chronische Schilddrüsenentzündung zu erbringen, müssen die oben genannten Untersuchungsmethoden zielführend eingesetzt werden, insbesondere die
Schilddrüsensonografie.
15
Überblick über Normwerte und mögliche
Abweichungen
DU/l = Units (Einheiten) pro Liter
U/ml = Units pro Milliliter
µg = Mikrogramm oder millionstel Gramm (10-6)
ng = Nanogramm oder milliardstel Gramm (10-9)
Wichtiger Hinweis:
Bitte beachten Sie, dass die angegebenen Werte nur zur Orientierung dienen.
Die Normwerte können von Labor zu Labor schwanken. Ihre Ergebnisse
sollten immer nur mit den Normwerten des jeweiligen Labors verglichen werden.
Hormon
Referenzbereich bei Erwachsenenen
T3
0,9–1,8 ng/ml (1,4–2,8 nmol/l)
fT3
3,5–8,0 ng/l (5,4–12,3 pmol/l)
T4
5,5–11,0 µg/dl (77–142 nmol/l)
fT4
0,8–1,8 ng/dl (10–23 pmol/l)
TSH
0,4–4,0 mU/l
Achtung: In der Schwangerschaft gelten niedrigere Referenzbereiche!
TPO-Antikörper
< 100 U/ml
negativ (unter 100 U/ml sind die Werte normal)
100 – 200 U/ml
Grenzbereich
> 200 U/ml
positiv (weist auf Hashimoto-Thyreoiditis hin,
kann auch bei Morbus Basedow erhöht sein)
Tg-Antikörper
16
< 100 U/ml
negativ (unter 100 U/ml sind die Werte normal)
100 – 200 U/ml
Grenzbereich
> 200 U/ml
positiv
Gehirn
TRH
Hypothalamus
+
TSH
–
+
Stimulation
Hemmung
T4 und T3
erhöht
Hypophyse
T4 und T3
erniedrigt
TSH stimuliert
die Produktion
von T4 und T3
+
Blutspiegel
Abgabe der
Hormone ins Blut
Schilddrüse braucht Jod,
um die Hormone T4 und T3
zu produzieren
17
Die Behandlung
Die Behandlung der Hashimoto-Thyreoiditis
In seltenen Fällen beginnt die Hashimoto-Thyreoiditis mit einer Überfunktion.
Zum Teil wird eine symptomatische Therapie mit Betablockern zur Normalisierung der Stoffwechsellage durchgeführt. Engmaschige Blutkontrollen sind
dann nötig, da die Überfunktion meist nur vorübergehend besteht.
Wenn im Rahmen einer Hashimoto-Thyreoiditis ein Hormonmangel eingetreten
ist, gilt es diesen auszugleichen. Die fehlende Menge an Schilddrüsenhormonen
muss dann in Form von Tabletten eingenommen werden. Ihr Arzt bestimmt die
richtige Dosis, abhängig von Ihren Symptomen und Untersuchungsergebnissen sowie Ihrem Alter und Gewicht. Die Therapie muss meist für den Rest des
Lebens beibehalten werden und darf nicht unterbrochen werden, da sich sonst
schnell wieder ein Hormonmangel einstellt, auch wenn Sie das nicht gleich bemerken. Bei einer regelmäßigen Einnahme der Schilddrüsenhormone können
die meisten Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis beschwerdefrei leben.
Bei der täglichen Einnahme des Schilddrüsenhormons sind keine Nebenwirkungen zu befürchten, denn die Tabletten gleichen nur den natürlichen Mangel
in Ihrem Körper aus. Es wird normalerweise mit der Gabe geringer Mengen
von Schilddrüsenhormon begonnen, um die Dosis dann langsam in den Zielbereich zu steigern. Es ist wichtig, den Hormonspiegel lebenslang regelmäßig
zu kontrollieren – zu Beginn der Therapie alle 6 – 8 Wochen, nach erfolgreicher
Einstellung 1- bis 2-mal im Jahr.
Eine Behandlung mit Schilddrüsenhormonen muss auch während der Schwangerschaft meist ganz früh schon erhöht werden. Falls der Arzt bei Ihnen eine
Schilddrüsenunterfunktion feststellt, müssen Sie sofort Schilddrüsenhormone
einnehmen. Während der Schwangerschaft sollte die Schilddrüsenfunktion daher mindestens alle 8 Wochen kontrolliert werden.
Eine Operation der Schilddrüse wird bei der Hashimoto-Thyreoiditis nur selten
vorgenommen. Nur bei Verdacht auf eine bösartige Erkrankung, bei einem
sehr störenden Schilddrüsenwachstum oder bei schweren Krankheitsverläufen
wird die Schilddrüse operativ teilweise oder ganz entfernt.
18
Hormontabletten und Wechselwirkungen
Sprechen Sie mit Ihrem Arzt über bestehende Vorerkrankungen. Er sollte über
alle Medikamente informiert sein, die Sie zu sich nehmen. Das gilt insbesondere, wenn Sie Medikamente einnehmen, welche die Blutgerinnung hemmen.
Wenn Sie Diabetiker sind, kann es sein, dass Sie Ihre Insulindosierung anpassen müssen. Schilddrüsenhormone regen
den Kreislauf an und erhöhen den Blutzuckerspiegel. Zu Beginn der Hormonbehandlung sollten Sie den Blutzuckerspiegel häufiger kontrollieren.
Auch hoch dosierte Calciumund Eisenpräparate können bei
gleichzeitiger Einnahme mit
Schilddrüsenhormon zu einer
Wirkungsabschwächung des
Präparats führen. Bitte nehmen Sie Ihre Calcium- und
Eisenpräparate zeitversetzt ein
(mind. 2 Stunden Abstand).
Schilddrüsenhormone müssen
nüchtern eingenommen werden, da
die Magensäure notwendig ist für die
Resorption. Wenn Medikamente eingenommen werden, welche die Magensäure
blockieren wie Protonenpumpenhemmer
(z. B. Pantoprazol), oder aber eine atrophische Gastritis vorliegt, muss die
Dosierung von Schilddrüsenhormonen erhöht werden. Auch bei einer Infektion
durch Helicobacter pylori ist die Resorption vermindert (z.T. sind Dosissteigerungen über 20 % bis 30 % nötig).
Mit den Östrogenen vertragen sich die Schilddrüsenhormontabletten gut.
In den meisten Fällen muss nur die Dosis der Schilddrüsenhormone erhöht
werden, da diese verstärkt an Trägerstoffe gebunden werden und daher nicht
mehr in ausreichendem Maße für die Versorgung der Organe bereitstehen
(siehe Seite 15). Auch in der Schwangerschaft ist die Schilddrüsenhormon­
dosis zu erhöhen. Lesen Sie in jedem Fall die Gebrauchsinformation Ihres
verordneten Schilddrüsenpräparats durch.
19
Hashimoto-Thyreoiditis und Ernährung
Schilddrüsenhormone regen den Stoffwechsel an und bewirken eher eine
Gewichtsabnahme. Andererseits können sie auch den Appetit steigern. Bei
normaler Nahrungsaufnahme und normaler Schilddrüsenfunktion dürfte das
Körpergewicht stabil bleiben. Ein direkter Zusammenhang zwischen den Hormonen und einer Gewichtszunahme konnte bisher nicht festgestellt werden,
außer die Dosis ist nicht ausreichend.
Um eine ausreichende Versorgung mit Jodid zu gewährleisten, wird im Allgemeinen eine jodreiche Ernährung empfohlen. Auch Patienten mit Hashimoto-Thyreoiditis können Jodsalz verwenden und Fisch essen. Die Erkrankung
wird durch die in der Nahrung normalerweise enthaltenen Menge an Jod
nicht beeinflusst. Von Jodtabletten oder Kombinationspräparaten von Jod und
Schilddrüsenhormonen ist jedoch abzuraten, da die Jodidaufnahme der entzündeten Schilddrüse blockiert ist, und möglicherweise Jodid in hohen Dosen
zu einer verstärkten Entzündung führen kann.
Eine Ausnahme hiervon bilden Schwangere und stillende Frauen. Sie haben
einen erhöhten Jodbedarf, da sie auch das Kind mit Jod versorgen müssen. Ein
Jodmangel kann beim ungeborenen Kind und beim Säugling schwerwiegende
Entwicklungsstörungen verursachen. Wie andere Frauen in der Schwangerschaft sollten Patientinnen mit Hashimoto-Thyreoiditis regelmäßig Seefisch
essen, Milchprodukte zu sich nehmen und jodiertes Speisesalz verwenden. Um
eine ausreichende Jodversorgung zu gewährleisten, kann zudem die tägliche
Einnahme von Jodidtabletten notwendig sein. Wenn keine Beschwerden oder
Anzeichen für eine Entzündung vorliegen, sollten täglich 100 µg Jod eingenommen werden. Sprechen Sie in jedem Fall mit Ihrem Arzt.
Ein neuer möglicher Therapieansatz ist eine Einnahme von Selen. Selen ist
wie Jodid ein essenzielles Spurenelement, beide werden mit der normalen
Ernährung in Österreich ungenügend zugeführt. Der Körper bildet aus Selen
die sogenannten Selenoenzyme, die für alle Organe, insbesondere aber die
Schilddrüse lebensnotwendig sind. Diese schützen die Schilddrüsenzellen vor
Sauerstoffradikalen, die ständig in der Schilddrüse gebildet werden und mit zu
einer Zerstörung der Schilddrüsenzellen beitragen können und somit den chronischen Entzündungsprozess aufrechterhalten. Außerdem modulieren diese
Selenoenzyme die Immunreaktion und können die Entzündungsreaktion eindämmen. Die hierfür notwendige empfohlene Selenmenge beträgt 200 µg
Selen pro Tag, entweder als Selenhefe- oder Selenittabletten. Insbesondere zu
Beginn der Erkrankung, solange noch keine Unterfunktion besteht, könnte die
Selengabe eine sinnvolle Behandlungsmöglichkeit darstellen, unter der sich die
Entzündungsreaktion möglicherweise aufhalten lässt. Ausreichende Studien
für eine Empfehlung dieser Therapieform gibt es jedoch noch nicht.
20
Schilddrüse
o.k.–
rundum ein
gutes Gefühl!
Mit dieser Broschüre konnten wir sicherlich viele Ihrer Fragen zur HashimotoThyreoiditis beantworten. Je mehr Sie über die Symptome, Diagnose und
Therapieansätze wissen, desto besser können Sie Ihre Erkrankung verstehen
und die Behandlung unterstützen.
Im Serviceteil finden Sie ein kleines Lexikon mit den wichtigsten Begriffen
zum Thema. Dort gibt es auch weiterführende Adressen, wo Sie Informationen
erhalten oder sich mit anderen Betroffenen austauschen können.
Das persönliche Gespräch mit dem Arzt Ihres Vertrauens sollte noch
bestehende Unklar­­heiten und Unsicherheiten beseitigen. Lassen Sie sich
umfassend beraten – Ihr Arzt ist für Sie da!
Wir wünschen Ihnen und Ihrer
Schilddrüse alles Gute!
21
Service – Glossar
Antikörper
Vom Immunsystem gebildete Abwehrstoffe, die sich
gegen Viren, Bakterien und Pilze richten und den
Organismus gegen diese Eindringlinge verteidigen
und schützen
Autoimmunerkrankung
Krankheit, bei der das Immunsystem des Körpers
Antikörper oder Lymphozyten gegen sein eigenes
Gewebe bildet und Organe angreifen können
Hashimoto-Thyreoiditis
Autoimmunerkrankung, die zur chronischen
Entzündung der Schilddrüse mit Untergang von
Schilddrüsengewebe führt. Damit kommt es häufig
zu einer Schilddrüsenunterfunktion
HyperthyreoseSchilddrüsenüberfunktion
Hypophyse
Hirnanhangdrüse, die u.a. TSH produziert und
die Schilddrüse steuert
HypothyreoseSchilddrüsenunterfunktion
Jodid
Essenzielles Spurenelement, das die Schilddrüse
zur Produktion von Schilddrüsenhormonen unbedingt
braucht
Kropf
Med.: Struma, vergrößerte Schilddrüse
Morbus Basedow
Autoimmunerkrankung, die mit Überfunktion,
Schilddrüsenvergrößerung und manchmal
Augenbeschwerden einhergeht
T3
Trijodthyronin, Schilddrüsenhormon
T4
Thyroxin, Tetrajodthyronin, Schilddrüsenhormon
Thyreoiditis de Quervain Eine subakute Form der Schilddrüsenentzündung
(Schilddrüsenperoxidase)
TPO-Antikörper
Antikörper gegen ein bestimmtes Enzym der
Schilddrüse. Kommen bei Hashimoto-Thyreoiditis
und z.T. beim Morbus Basedow vor
TSH
Thyreoidea-stimulierendes Hormon, das von der
Hirnanhangdrüse produziert wird und die Schilddrüse
zur Produktion von Hormonen anregt
22
Buchtipps/Internet
Buchtipps
Leben mit Hashimoto-Thyreoiditis
Dr. med. Leveke Brakebusch
Prof. Dr. med. Armin Heufelder
Zuckschwerdt Verlag GmbH,
3. Auflage 2007
ISBN 978-3-88603-917-3
Schilddrüse – kurz und bündig
Dr. Georg Zettinig, Dr. Wolfgang Buchinger
Verlag Krause & Pachernegg
ISBN 978-3-901299-47-6
Grundlagen – Diagnostik – Therapie
Schilddrüsenerkrankungen
Prof. Dr. Roland Gärtner (Hrsg.)
Wissenschaftl. Verlagsgesellschaft mbH Stuttgart
2004
ISBN 978-3-8047-2035-0
Hilfreiche Internet-Adressen rund um die Schilddrüse
www.ogn.at
Webseite der Österreichischen Gesellschaft für Nuklearmedizin.
www.schilddruesenforum.at
Im Österreichischen Schilddrüsenforum diskutieren Patientinnen und Patienten
über ihre Schilddrüsenerkrankung.
www.selbsthilfegruppe.at
Die Selbsthilfegruppe Schilddrüsenkarzinom informiert zum Thema
Schilddrüsenkarzinom und organisiert regelmäßige Treffen.
23
www.medimerck.at
AT/EUT/0217/0004
März 2017
Für den Inhalt verantwortlich:
MERCK GesmbH
Zimbagasse 5
A-1147 Wien
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