Radio-Interferometrie mit langen Basislinien (VLBI) Die Entwicklung der Radio-Interferometrie Nach dem Ende des zweiten Weltkriegs begannen Astronomen mit der Beobachtung des Radiohimmels. Doch die Teleskope - meist während des Krieges eingesetzte Radarantennen - reichten nicht aus für eine genaue Positionsbestimmung der Radioquellen und somit eine Zuordnung zu den bis dahin optisch bekannten Himmelskörpern. Erst der Bau größerer Antennen und die Verbindung zweier oder mehrerer Antennen zu sogenannten Interferometern (siehe Abb. 2) führten zu einer Verbesserung des Auflösungsvermögens (der Fähigkeit, nahe beieinander liegende Details eines Objekts deutlich unterscheidbar abzubilden) und damit auch zu einer Identifikation mit optischen Quellen. Das Auflösungsvermögen eines Teleskops ist abhängig von seinem Durchmesser (Apertur) und der empfangenen Wellenlänge: je größer der Antennendurchmesser und je kleiner die beobachtete Wellenlänge desto besser die Auflösung. Bei einem Interferometer entspricht die Apertur dem Abstand der beiden am weitesten voneinander entfernten Interferometerelemente. Den Abstand zwischen den einzelnen Elementen bezeichnet man als Basislinie. Abb. 1: Oben: Das elektromagnetische Spektrum vom langwelligen zum kurzwelligen Bereich von links nach rechts. Unten: Durchlässigkeit der Erdatmosphäre. Abb. 4: Künstlerische Darstellung des HALCA-Weltraumteleskops. Mit diesem Instrument läßt sich das Auflösungsvermögen um das drei- bis vierfache gegenueber rein erdgebundenen Beobachtungen verbessern. Man kann durch das bessere Auflösungsvermögen tiefer in die beobachtete Galaxie eindringen und sich so immer weiter dem Kernbereich nähern (siehe auch das Poster “VLBI – Verbesserung des Auflösungsvermögens” von Jens Klare). Radiofenster – Fenster zum Universum Bis zum Beginn der Radioastronomie waren die Astronomen bei ihren Beobachtungen beschränkt auf den sichtbaren Bereich des elektromagnetischen Spektrums (Licht), der von etwa 400 bis 700 Nanometer Wellenlänge reicht. Mit der Radiostrahlung, die einen Wellenlängenbereich von ungefähr einem Millimeter bis zu einigen hundert Metern umfasst, wurde erstmalig ein weiterer Teil des Spektrums zugänglich. Allerdings ist der Empfang elektromagnetischer Strahlung auf der Erdoberfläche begrenzt durch die Atmosphäre, die nur für optische und Radiostrahlung durchlässig ist (sogen. optisches und Radiofenster – siehe Abb. 1). Für die restlichen Spektralbereiche wie Gamma-, Röntgen-, Infrarot(IR)- und Ultraviolett(UV)-Strahlung ist die Erdatmosphäre undurchlässig. Schwarze Löcher – Mysterien des Universums Bei den beobachteten Objekten handelt es sich um sogen. Aktive Galaxienkerne, die in ihrem Zentrum ein schwarzes Loch beherbergen (siehe Abb. 5). Durch die Rotation des schwarzen Loches werden senkrecht zur Rotationsachse Teilchenströme (Jets) ins All geschleudert, die wesentlich länger sind als der Durchmesser der Muttergalxie – eine eindrucksvolle Demonstration der Kraft dieser galaktischen Maschinen. Der genaue Entstehungsprozess der Jets ist noch nicht bekannt und wird intensiv von den Astronomen erforscht. Abb. 3: Positionen der weltweit in VLBI-Netzwerken operierenden Teleskope VLBI – Radioteleskope mit dem Durchmesser der Erde Abb. 2: Schematische Darstellung eines Radiointerferometers. Die Basislinie kann von 400 bis zu 12000 km (entspr. dem Erddurchmesser) reichen, mit einem im Weltraum stationierten Teleskop sogar dreimal so lang werden. Bei der Radiointerferometrie mit sehr langen Basislinien (VLBI - Very Long Baseline Interferometry) beobachten Radioteleskope, die über den gesamten Globus verteilt sind, zur gleichen Zeit das gleiche Objekt und können damit ein riesiges Teleskop mit nahezu dem Durchmesser der Erde synthetisieren (siehe Abb. 3). In den neunziger Jahren wurde zusätzlich eine Radioantenne in die Erdumlaufbahn gebracht (siehe Abb. 4). Damit erhielt man neben den erdgebundenen Basislinien auch solche zwischen Erdteleskopen und Weltraumteleskop, was zu einer weiteren Verbesserung des Auflösungsvermögens um das Drei- bis Vierfache geführt hat. Abb. 5: Künstlerische Darstellung eines schwarzen Lochs mit Akkretionsscheibe und ausströmendem Jet. Design: Simone Bernhart et al., Max-Planck-Institut für Radioastronomie, Bonn