Eugen Schäfer Werkstoffe 1 Magnetische Werkstoffe Arten der magnetischen Polarisation Diamagnetismus Kreisende Ladungen (Ströme) und kreiselnde Ladungen (Spin) besitzen ein magnetisches Moment. Magnetische Momente setzen sich vektoriell zusammen. Jedes Atom hat gemäß seines Aufbaus aus Kern und Elektronen jeweils Bahn-, Spin- und Kernmomente, die sich zu einem resultierenden Moment zusammensetzen. Die Kernmomente können gegenüber den anderen Momenten vernachlässigt werden. Mmagn,Spin Mmagn,Bahn Elektron Kern Mmagn,Kern Elektronenbahn Schematischer Aufbau des Wasserstoffatoms Wenn sich die Spinmomente und Bahnmomente gegenseitig aufheben, wie das bei diamagnetischen Werkstoffen geschieht, kann erst ein äußeres Magnetfeld ein im Werkstoff wirkendes Magnetfeld erzeugen, das nach der Lenzschen Regel dem äußeren Magnetfeld entgegengerichtet ist. Die magnetischen Feldlinien eines äußeren Magnetfeldes werden aus einem diamagnetischen Bereich herausgedrängt. Es erfährt dadurch eine Kraft, die es aus dem Bereich der größeren magnetische Feldstärken des äußeren Magnetfeldes herauszubewegen versucht. Alle Materialien sind diamagnetisch. Die erzielbaren diamagnetischen Effekte im Magnetfeld sind jedoch sehr schwach ausgeprägt. Die Permeabilität eines diamagnetischen Stoffes beträgt mr < 1 und die Suszeptibilität k < 0 . Diamagnetische Stoffe Kohlenstoff C Gold Au Silizium Si Blei Pb Kupfer Cu Wismut Bi Zinn Zn Wasser H2O Germanium Ge Kochsalz NaCl Paramagnetismus In einigen Elementen kompensieren sich die atomaren Magnetmomente nicht völlig. Das Atom stellt einen magnetischen Elementardipol dar. Ein äußeres Magnetfeld wird durch Ausrichtung der inneren Dipole insgesamt noch verstärkt. Eine Kopplung benachbarter Elementardipole findet nicht statt. Die Verstärkung des äußeren Feldes ist nur gering. Die Permeabilität der paramagnetischen Stoffe beträgt mr > 1 und die Suszeptibilität k > 0 Paramagnetische Stoffe Natrium Na Mangan Mn Magnesium Mg Platin Pt Aluminium Al Luft Chrom Cr Ferromagnetismus Bei den ferromagnetischen Stoffen haben die Einzelatome ein nach außen hin wirkendes magnetisches Moment. Dieses magnetische Moment wird durch den Spin von Elektronen in der 3d-Schale des Atoms erzeugt. Die 3d-Schale ist nicht voll besetzt und die Spinmomente der Elektronen nicht voll kompensiert, wie das in voll besetzten Schalen der Fall ist. Dann tritt noch ein weiteres Phänomen auf. Zwischen den einzelnen Atomen bzw. Ionen des 5.3.2005 Magn_Werkst.doc Eugen Schäfer Werkstoffe 2 Kristallgitters besteht eine Wechselwirkung, die die Spinmomente veranlasst, sich in bestimmten Bereichen, den Weißschen Bezirken, parallel ausrichten. Zwischen den einzelnen Weißschen Bezirken liegen die sogenannten Domänen- oder Blochwände. Innerhalb einer solchen Blochwand dreht der Magnetisierungsvektor aus der Richtung des einen Weißschen Bezirks in die Magnetisierungsrichtung des Nachbarbezirks. Mit steigender Temperatur stören die Wärmebewegungen der Ionen die ordnenden Wechselwirkungskräfte der Spins. Oberhalb einer kritischen Temperatur, der Curietemperatur, verschwindet der Ferromagnetismus und geht in den Paramagnetismus über. Die Ausrichtung der Spinmomente tritt dann ein, wenn im Kristallgittergefüge das Verhältnis von Gitterabstand der Atome zum Radius der 3d-Schale größer als 3 ist. Die Bedingungen für den Ferromagnetismus lassen sich wie folgt zusammenfassen: 1. Im Atom muss eine unvollständige innere Elektronenschale vorhanden sein. 2. In dieser inneren unvollständigen Elektronenschale müssen unkompensierte Spins vorliegen. 3. Die Ionen dieser Atome müssen ein Kristallgitter bilden, dessen Konstante (Gitterabstand) mindestens 3-mal so groß ist wie der Radius der unvollständigen Elektronenschale. Die Permeabilität dieser Stoffe ist sehr viel größer als eins mr 1. Ferromagnetische Stoffe Eisen Fe Kobalt Co Nickel Ni Heuslersche Legierung Cu,Mn,Al Magnetisches Moment Das magnetische Moment steht im Zusammenhang mit dem mechanischen Moment, das ein Kreisstrome im magnetischen Feld erfährt. Drehachse B v Nordpol l A F M magn F Suedpol r Drehspule I Mmech Eine stromdurchflosse ne und drehbar gelagerte Spule erfährt in Folge der Lorentzkraft JG G G F =Q v ×B JG G G F = I l ×B G im magnetischen Feld ein mechanisches Drehmoment. Die Geschwindigkeit v und der G gerichtete Weg l zeigen beide in die Richtung der Bewegung der positiven Ladungen, also in die Richtung des Stromes I. Das mechanische Drehmoment beträgt JJG G G G G G G G G G M mech = 2r × F = 2Ir × (l × B ) Bedingung: r ⊥ l , l ⊥ B Mehrfachprodukte JJG Die weitere Betrachtung des Drehmomentenvektors M mech macht einen kleinen Exkurs in die G G G Vektorrechnung notwendig. Die Vektoren a, b und c sind dabei beliebige Ortsvektoren Spatprodukt G G G G G G G G G [a, b, c ] = a ⋅ (b × c ) = (a × b ) ⋅ c Abwandlungen des Spatprodukts 5.3.2005 Magn_Werkst.doc Eugen Schäfer Werkstoffe 3 G G G G G G G G G G G G G G G G G G [a, b, c ] = [b, c, a ] = [c, a, b ] = −[b, a, c ] = −[a, c, b ] = −[c , b, a ] Im orthogonalen Koordinatensystem lässt sich das Spatprodukt als Matrix schreiben. ax ay az [a, b, c ] = by by by cz cz cz Der Betrag des Spatprodukts kann geometrisch als Volumen eines Parallelepipeds, das G G G durch die drei Vektoren a, b und c aufgespannt wird, gedeutet werden. G G G Va,b,c = [a, b, c ] Doppeltes Vektorprodukt Ein weiteres Mehrfachprodukt ist das doppelte Vektorprodukt. G G G G G G G G G a × (b × c ) = (a ⋅ c )b − (a ⋅ b )c Es wird auch als Entwicklungssatz bezeichnet. Die Matrixschreibweise hat folgende Form. G G b c G G G a × (b × c ) = G G G G a⋅b a⋅c Aus G G G G G G (a × b ) × c = −c × (a × b ) ergibt sich unter Verwendung des Entwicklungssatzes G G G G G G G G G (a × b ) × c = (c ⋅ a )b − (c ⋅ b )a . G G G G Unter der Bedingung a ⊥ b und b ⊥ c ist G G G G a⋅b = 0 c×b = 0. Und mit G G G G a⋅c = c ⋅a gilt bei der besonderen Bedingung G G G G G G a × (b × c ) = (a × b ) × c . Soweit also der Exkurs in die Vektorrechnung. Das mechanische Drehmoment kann also auch in der folgenden Form geschrieben werden. JJG G G JG M mech = 2I(r × l ) × B , G G G G da die Bedingung: r ⊥ l , l ⊥ B erfüllt ist. JG Die Leiterschleife spannt die Fläche A auf, symbolisiert durch den Flächenvektor A . G G G A = 2 r × l JG Mit dem Flächenvektor A ergibt sich für das mechanische Moment JJG G G M mech = I A × B . JJG G M magn = IA JJG JJG G M mech = M magn × B Magnetisches Moment eines kreisenden Elektrons oder Bahnmoment Mmagn,Bahn Elektron v Elektronenbahn r I A 5.3.2005 w L Magn_Werkst.doc Eugen Schäfer Werkstoffe 4 Durch die Bewegung des Elektrons wird ein in Bezug auf die Bewegungsrichtung negativer Strom erzeugt. Die Wirkung des bewegten Elektrons lässt sich durch einen Strom I ersetzen, der in die der Elektronenbewegung entgegengesetzte Richtung fließt. e e2pfr e wr ev I = − = −e f = − =− =− 2pr 2pr 2pr T JG Zur Festlegung des magnetischen Moments wird weiterhin der Flächenvektor A benötigt. Seine Größe wird durch die Elektronenbahn mit dem Radius r erzeugt. G A = pr 2 Die Richtung des Flächenvektors ist senkrecht zu der vom Elektron aufgespannten Fläche. G G r ×v rv Das magnetische Moment lässt sich in folgender Weise ausdrücken. JG p r G G A= ⋅r ×v v JG Mit dem Flächenvektor A lässt sich nun das magnetische Moment ausdrücken. JJG G M magn = IA JJG eG G M magn = − r × v 2 G Die Winkelgeschwindigkeit w lässt sich mit Betrag G JG v w = r und Richtung. G G r ×v rv in folgender Weise ausdrücken. JJG e G M magn = − r 2 w 2 Das Coulombsche Gesetz r Q2 r Q1 F1 E2 D 2 Coulombsches Gesetz Das Coulombsches Gesetz beschreibt die Anziehungskraft zwischen zwei entgegengesetzt elektrisch geladenen und gegenseitig isolierten Gebilden. Beispielsweise erzeugt die positive JG Ladung Q2 am Ort der Ladung Q1 die elektrische Feldstärke E 2 und die dielektrische JG Verschiebung D 2 . Der Abstand der Ladungsschwerpunkte beträgt r. Die dielektrische Verschiebung JG JG v∫ D2dA = Q2 durchsetzt die gesamte Kugelfläche A = 4p r 2 Q2 D2 = 4p r 2 JG G0 Die dielektrische Verschiebung D 2 geht von der Punktladung Q2 aus. Der Vektor r ist ein Radiuseinheitsvektor ausgehend von der Ladung Q2 in Richtung der Ladung Q1 . JG Q2 G 0 D2 = r 4p r 2 5.3.2005 Magn_Werkst.doc Eugen Schäfer Werkstoffe 5 JG Für den Zusammenhang zwischen der elektrische Feldstärke E und der dielektrischen JG die folgende Beziehung. VerschiebunJGg D gilt Jallgemein G D = e 0 er E Für die Feldstärke E2 ergeben sich also folgende Ausdrücke. Q2 E2 = 4pe0 er r 2 JG G0 Q2 E2 = r 2 4pe0 er r JG Die Kernladung Q2 ist von der Kernladungszahl Z abhängig. Die Feldstärke E 2 der Ladung G0 Q2 = Z e am Ort der Ladung Q1 = − e hat die Richtung des Radiuseinheitsvektors r .Diese JG Feldstärke übt auf die Ladung Q1 die Kraft F 1 aus. JG JG F 1 = Q1E 2 JG Q1Q2 G 0 F1 = r 4pe0 er r 2 JG JG F1 = F C JG G0 Z e2 FC = − r 2 4pe0 er r Bohrsches Atommodell v FZ r FC r Q2 Q1 Elektron FC Kern Bohrsches Atommodell Bei JG der Bewegung des Elektrons auf einer JG Kreisbahn um den Atomkern ist die Coulombkraft F C im Gleichgewicht mit der Fliehkraft F Z . JG G F Z = − ma G Für die Kreisbewegung kann die Beschleunigung a in folgender Weise bestimmt werden. G G dv a= dt G G G G G w⊥r v = w×r G d G G a = (w × r ) dt G G G dr a = w× dt G G dr =v dt 5.3.2005 Magn_Werkst.doc Eugen Schäfer Werkstoffe 6 G G G a = w×v G v2 a = wv = JG r Für die Fliehkraft F Z einer auf einer Kreisbahn sich bewegenden Masse m erhält man JG G G F Z = −m w × v JG G G G F Z = −m w × ( w × r ) JG G G G G G G F Z = −m ( w ⋅ r ) w − ( w ⋅ w ) r G G G G G G w⊥r w⋅r = 0 w w = w2 JG G0 F Z = m r w2 r . An der kreisenden Ladung Q1 herrscht Kräftegleichgewicht. JG JG FZ + FC = 0 Daraus lässt sich der Radius r der Elektronenbahn ermitteln. Z e2 w2 m = 4pe0 er r 2 v r Z e2 r= mv 2 4pe0 er Nach dem Ausdruck für den Radius r der Elektronenbahn müsste es je nach Geschwindigkeit v des Elektrons jeden beliebigen Wert für den Radius der Elektronenbahn geben. Das widerspricht aber den Ergebnissen vieler physikalischer Beobachtungen. Um nun die rechnerische Bestimmung des Bahnradius mit den Beobachtungen der Quantenphysik in Einklang zu bringen hat Bohr folgende Postulate aufgestellt. 1. Das Elektron umkreist den Kern auf einer Kreisbahn. 2. Im atomaren Geschehen sind die Wirkungen gequantelt. Sie sind ganzzahlige Vielfache vom Planckschen Wirkungsquantum h. Wirkung = Energie x Zeit h = 6,6253 ⋅ 10 −34 Ws2 Die hier betrachtete Wirkung ist das Integral des Bahnimpulses über einen vollen Umlauf des Elektrons. Die Stabilitätsbedingung lautet: n = 1,2,3. . .(ganze Zahl) v∫ p ds = n h w= 3. Das kreisende Elektron strahlt auf seiner Bahn keine Energie ab, wenn es sich auf einer durch die Quantenbedingung festgelegten Bahn bewegt. Bei Übergängen zwischen zwei erlaubten Bahnen kann es Energie aufnehmen oder abgeben. Nach der klassischen im Makrobereich gültigen Physik, müsste das Elektron auf seiner Kreisbahn ständig Energie abstrahlen so wie ein schwingender Dipol (Antenne) energiebeladene Wellen abstrahlt. Bei einer solchen Energieabgabe müsste das Elektron auf einer Spiralbahn in den Kern stürzen. Mit Hilfe der Quantenbedingung lässt sich für den Bahnradius des Elektrons folgende Gleichung ableiten. v∫ p ds = mvn 2prn = nh vn = rn = nh m 2 prn h 2 e 0 er n2 n = 1, 2, 3 . . . p mZ e Schließlich bekommt mit der Elektronenruhemasse m = 9,11 ⋅ 10 − 31kg , und der Elementarladung 5.3.2005 2 Magn_Werkst.doc Eugen Schäfer Werkstoffe 7 e = 1,602 ⋅ 10 − 19 As , n2 0,529 ⋅ 10−10 m . rn = Z Für Wasserstoff mit der Kernladungszahl Z = 1 erhält man für die möglichen Radien der Elektronenbahnen n =1 r1 = 0,529 ⋅ 10−10 m n=2 r2 = 2,116 ⋅ 10 −10 m n=3 r3 = 4,761⋅ 10−10 m usw. Die Kreisfrequenz wn und die Umlauffrequenz fn auf der n-ten Bahn lässt sich in folgender Weise berechnen. pm e 4 Z 2 1 wn = ⋅ 2h3 e02 n 3 wn = 2pfn m e4 Z 2 1 ⋅ 4h3 e02 n 3 Die Geschwindigkeit v n des Elektrons auf der n-ten Bahn kann mit Hilfe folgender Beziehung ermittelt werden. e2 Z 1 ⋅ vn = 2h e0 n Das Trägheitsmoment einer kreisenden Masse m auf einer Bahn mit dem Radius rn beträgt fn = Jn = ∫ rn2 d m Jn = mrn2 und der Drehimpuls G G L n = Jn wn G G L n = mrn2 wn G G L⊥w Ln = mrn2 wn . Mit der Quantenbedingung ergibt sich für den Drehimpuls L n des kreisenden Elektrons h Ln = n . 2p Das magnetische Moment eines kreisenden Elektrons beträgt JJG e G M magn,n = − rn2 wn 2 JJG e G M magn,n = − Ln 2m Bohrsche Magneton Das Bohrsche Magneton ist das magnetische Moment des Elektrons mit dem kleinsten Bahnradius. Die Quantenbedingung lautet also n = 1 . Das Bohrsche Magneton dient als Einheit des magnetischen Moments. e h MBohr = 2m 2p MBohr = 9,26 ⋅ 10−24 Am2 m0 MBohr = 1,16 ⋅ 10−29 Vsm Präzession eines Kreisels unter Einwirkung eines Drehmoments Grundgleichungen der Rotationsbewegung JJG G M = Je J = r 2m 5.3.2005 Magn_Werkst.doc Eugen Schäfer Werkstoffe 8 G G L = Jw G G dw e= dt da w= dt G G dL M= dt JJG d G M = (J w ) dt J = ∫ r 2dm Experiment zur Demonstration der Präzession Spitzenlager l Gewicht w wP F M mech wP drehbar gelagerte Scheibe L w Schematischer Versuchsaufbau zur Demonstration der Präzession Unter Einwirkung eines Drehmoments vollführt ein Kreisel eine Präzessionsbewegung. Das hier dargestellte Kreiselsystem wird ohne Gewicht im Schwerpunkt unterstützt und die drehbar gelagerte Scheibe in Rotation versetzt. Das dann zusätzlich angebrachte Gewicht JJG verursacht ein mechanisches Moment M mech , gegenüber dem Auflager der Kreiselachse, das als Spitzenlager ausgebildet ist. Dem mechanischen Moment versucht die Achse des Kreisels rechtwinklig auszuweichen. Bei dieser Ausweichbewegung handelt es sich um die Präzession des Kreisels. Bei laufendem Kreisel findet der vom mechanischen Moment JJG G G G M mech geschaffene Drehimpuls dL bereits den Impuls L = J w des rotierenden G Kreiselkörpers vor. Er sich setzt mit diesem zu einem resultierenden Lres zusammen, wobei G G der Impuls L der Rotation und die Impulsänderung dL des mechanischen Moments aufeinander senkrecht stehen. Da zusätzliche mechanische Moment ändert die Richtung des Drehimpulses der rotierenden Scheibe nicht seine Größe. Die Kreiselachse versucht sich nun in die neue Richtung des resultierenden Impulses zu drehen. Diese Ausweichbewegung wird durch die zeitliche Änderung des Präzessionswinkels a P , d.h. durch die Präzessionswinkelgeschwindigkeit wP ,beschrieben. G G G Lres = L + dL dL = tan ( daP ) L dL = Ld a P G da P wP = dt Aus dem Versuchsaufbau und -ablauf lässt sich der Zusammenhang zwischen JJG G G mechanischem Moment M mech , Präzessionswinkelgeschwindigkeit wP und Drehimpuls L erkennen. JJG JJG G G G G G M mech = wP × L M mech ⊥ wP L ⊥ wP G Daraus erhält man für die Winkelgeschwindigkeit wP folgenden Ausdruck. M wP = mech L Die Nutation des Kreisels bleibt hier unberücksichtigt. Zur Demonstration der Präzession dient auch der Drehschemelversuch bei dem einer Person, die auf einem drehbar gelagerten Schemel sitzt, ein um eine Achse rotierendes Rad in die Hand gegeben wird. Durch eine willkürliche Kippbewegung der Achse erfährt das Drehschemelsystem um die senkrechte Achse ein Drehmoment. 5.3.2005 Magn_Werkst.doc Eugen Schäfer Werkstoffe 9 Larmorpräzession Im atomaren Bereich wird das mechanische Moment, das die Präzession des kreisenden Elektrons, d.h. die Larmorpräzession hervorruft, durch ein äußeres magnetisches Feld G B erzeugt, das auf die Elektronenbahn das Drehmoment JJG JJG JG M mech = M magn × B ausübt. JJG e G M magn = − r 2 w 2 G G Daraus ergibt sich mit L = J w und J = r 2 m JJG e G M magn = − L. 2m Mit den Beziehungen G G e G G e G G wP × L = − L×B = B×L 2m 2m erhält man die Winkelgeschwindigkeit der Larmorpräzession G e G wP = B 2m Die Elektronenbahn vollführt um die Richtung des magnetischen Feldes eine Präzessionsbewegung, wobei der Drehimpulsvektor und damit auch der G G Winkelgeschwindigkeitsvektor L = J w um die Richtung des äußeren Magnetfeldes einen Kegel (Präzessionskreisel) beschreibt. Die Larmorpräzession spielt bei den diamagnetischen Stoffen eine große Rolle. Unterschied zwischen Bahn- und Spinmoment. Bei den Nachforschungen nach den Ursachen des Magnetismus in ferromagnetischen Stoffen wurde der Unterschied zwischen Bahn- und Spinmoment mit Hilfe des Einstein-de Haas-Effekts erkannt und auch messtechnisch festgestellt. Im Internet findet man über die Suchmaschinen und die entsprechenden Stichworte viele Informationen über Werkstoffe im Allgemeinen und über den Einstein-de Haas-Effekt im Besonderen. Versuchsaufbau und Auswertung der Messergebnisse werden dort eingehend erörtert. Spiegel Lichtstrahl Drehfeder Eisenstab Schalter + _ Spule C B I L w Einstein-de Haas-Effekt Ein physikalischer Versuch soll Aufschluss über die Ursache des Ferromagnetismus geben. Als Ursache kommen die Elektronenbahnen oder die Elektronenspins in Frage. Die Elektronenbahn ist gekennzeichnet durch das Verhältnis Mmagn e = Magnetisches Moment-Drehimpuls-Verhältnis der Elektronenbahn 2m L 5.3.2005 Magn_Werkst.doc Eugen Schäfer Werkstoffe 10 Da sich das Spinmoment nicht mit Hilfe einer einfachen modellmäßigen Vorstellung berechnen lässt, wird ein physikalisches Experiment zur Bestimmung des Spinmoments herangezogen. In einem Versuch von Richardson im Jahre 1908 und von Einstein und de Haas wurde bewiesen, dass die magnetischen Erscheinungen bei verschiedenen Werkstoffen auf das Vorhandensein von atomaren Spin- und Bahnmomenten zurückgeführt werden können. Kreisende und kreiselnde Elektronen besitzen einen Drehimpuls und erfahren in einem Magnetfeld ein Drehmoment, wodurch wiederum eine Impulsänderung G entsteht. Nach dem Impulserhaltungssatz SL = const. muss sich eine Impulsänderung der Elektronenbewegung auch auf einen Versuchskörper aus dem zu untersuchenden Material auswirken, wenn dieser Versuchskörper so gelagert wird, dass die Impulsänderung, die einem Drehmoment entspricht, eine messbare Drehbewegung. Die Entstehung eines Drehmoments durch eine Änderung der Magnetisierung bei ferromagnetischen Stoffen wird Einstein-de Haas-Effekt genannt. Es soll mit dem Einstein-de Haas-Versuch geklärt werden, ob Bahn oder Spin des Elektrons die Ursache für den Ferromagnetismus sind. Der Eistein-de Haas-Effekt wird mit Hilfe einer Versuchsanordung untersucht, bei der ein Eisenstab senkrecht aufgehängt wird, so dass er sich um seine Längsachse drehen. Die Aufhängung wirkt als Drehfeder, so dass der Eisenstab als Drehmasse mit der Feder einen Drehschwinger bildet. Der Eisenstab wird in einer Spule kurzzeitig durch einen Stromstoß oder durch Wechselstrom magnetisiert. Das magnetische Feld der Spule übt auf die Elektronenbahnen und die spinenden Elektronen Drehmomente aus. Die Drehung der Achse der kreisenden bzw. kreiselnden Elektronen führt zu Impulsänderungen, die sich dem G drehbar gelagerten Eisenstab nach dem Impulserhaltungssatz SL = const. mitteilen. Dadurch dreht sich der Eisenstab um seine Längsachse und fängt als Feder-Masse-System anzuschwingen. Die Schwingungsweiten können über einen Spiegel mit Hilfe eines Lichtstrahls und entsprechenden Aufzeichnungseinrichtungen gemessen werden. Die Impulsänderungen auf Grund der Präzession der Elektronenbahnen tragen nicht zum Drehmoment um die Längsachse bei, da sie zur Achse des Eisenstabes senkrecht stehen. Die mechanische Problematik des Versuchs stellt sich wie folgt dar. Der zeitabhängige Drehwinkel a(t ) des Stabes wird durch folgende Gleichung beschrieben. a (t ) = aˆ sin w0 t Darin ist aˆ des Amplitude des Winkelausschlags und w0 die Kreisfrequenz der Eigenschwingung. Für die Drehgeschwindigkeit ergibt sich da(t ) w(t ) = dt w(t ) = w0 aˆ cos w0t = wˆ cos w0 t Darin ist ŵ die Amplitude der Kreisfrequenz und w0 die Resonanzfrequenz der Eigenschwingung. D w0 = J Zur Zeit t = 0 beträgt die Kreisfrequenz w = w0 aˆ J = ∫ r 2 dm Mmech = D a Darin ist D das Direktionsmoment der Drehfeder, J das Trägheitsmoment des zylindrischen Eisenstabes und M das mechanische Drehmoment. Schließlich ergibt sich für den Drehimpuls L = Jw Die magnetische Problematik ist wie folgt gekennzeichnet. Die Auswertung des Versuchs ergibt im Gegensatz zur Elektronenbahn das Ergebnis 5.3.2005 Magn_Werkst.doc Eugen Schäfer Mmagn Werkstoffe 11 e Magnetisches Moment-Drehimpuls-Verhältnis des Elektronenspins L m Bei der Magnetisierung erteilen alle Elementarmagnete, die zum remanenten magnetischen Fluss betragen, durch ihre Kippung dem Versuchsstab einen Drehimpuls. Das magnetische Moment des Eisenstabes kann durch die Messung des nach der Magnetisierung zurückbleibenden magnetischen Flusses und der Länge des Stabes berechnet werden. Der Drehimpuls ist durch die Messung der entsprechenden mechanischen Größen berechenbar. = Gyromagnetisches Verhältnis Das Verhältnis G wird gyromagnetisches Verhältnis genannt. Mmagn G= L e G= g 2m Darin ist g der Landé-Faktor. g =1 Landé-Faktor für die Elektronenbahn g =2 Landé-Faktor für den Elektronenspin G m2 = 8,8 ⋅ 1010 g Vs2 Larmorfrequenz G G wp = G B g =1 G As = 8,8 ⋅ 1010 g kg Elektronenbahn 1Ws = 1Nm g =2 Elektronenspin Magnetisches Moment Mmagn Die folgenden Gesetzmäßigkeiten führen zu einer Beziehung zur Berechnung des magnetischen Moments für eine stromdurchflossene Spule ohne Eisenkern oder Leiterschleife und einen magnetisierten ferromagnetischen Eisenstab. Die Magnetisierung M tritt bei magnetisierbaren Stoffe zusätzlich zum magnetischen Feld auf, das von einem Stromfluss Q herrührt. Magnetisierter Eisenkern M > 0 H = 0 I = 0 Spule ohne Eisenkern M = 0 H > 0 I > 0 l Spulenlänge, A Spulenquerschnitt l Länge des Eisenkerns, A Kernquerschnitt N Windungszahl, V Volumen der Spule V Volumen des Eisenkerns G G B = m0 M Mmagn = N IA JG G M Magnetisierung v∫ Hds = Q m0 Mmagn = BAl NI V = Al H= l B Mmagn = V Mmagn = HlA = H V m0 G G m0 Mmagn = m0H Al F = ∫ B dA B = m0 H Fl Mmagn = B m0 Mmagn = V m0 l l H BA HBF N S A A I Spule mit nicht magnetisierbarem Kern Dauermagnet Magnetisierung M und Polarisation J für stromdurchflossene Spule mit Eisenkern B = m0 ( H + M ) B = mr m0 H 5.3.2005 Magn_Werkst.doc Eugen Schäfer Werkstoffe J = m0 M 12 mr = 1+ k M = kH Magnetisierung M und Polarisation J für magnetisierten Eisenkern Im magnetisierten Körpern kann das magnetische Moment nur von den Bohrschen Magnetonen herrühren. Es ist die Summe aller Magnetonen, die sich an der Magnetisierung beteiligen. Im Falle der Sättigung kann man über die Anzahl der Magnetonen eine Angabe machen. In diesem Zustand sind alle atomaren Elementarmagnete gleich gerichtet. Die Einheit der Magnetisierung ist das Bohrsche Magneton. Jedes Atom besitzt ein oder mehrere Magnetonen. Wenn die Sättigungspolarisation gemessen wird, kann die Anzahl der Magnetonen je Atom ZMagneton berechnet werden. J = m0 M e h 2m 2p h = 6,6253 ⋅ 10 −34 Ws2 MBohr = 9,26 ⋅ 10−24 Am2 MBohr = m0 MBohr = 1,16 ⋅ 10−29 Vsm Sättigungspolarisation JS = m 0 ZMagneton nMBohr Atomdichte n = r NLosch Loschmidtsche Zahl 6,02 ⋅ 1026 NLosch = Kilomol Induktionskonstante Vs m 0 = 4p ⋅ 10−7 Am M =B Mmagn = J = m0 B V m0 Mmagn V Zahl der Magnetonen je Atom JS ZMagneton = m 0MBohr r NLosch Masse von 1 Kilomol eines Stoffes m1 Kilomol = Ar kg Masse von n Kilomolen eines Stoffes m n Kilomole = n Ar kg Ar relative Atommasse Anzahl der Magnetonen ZMagneton je Atom im Eisen Sättigungspolarisation Vs JS = 2,18 2 m Dichte kg r = 7870 3 m relative Atommasse Ar = 55,85 Bohrsches Magneton MBohr = 9,26 ⋅ 10−24 Am2 Loschmidtsche Zahl NLosch = 6,02 ⋅ 1026 Ar kg Anzahl der Magnetonen je Atom JS ZMagneton = m0MBohr r NLosch ZMagneton = 2,208 Suszeptibilität k diamagnetischer Stoffe Bei diamagnetischen Stoffen ist eine Ausrichtung der magnetischen Spinmomente nicht möglich. Die magnetischen Bahnmomente bewirken hier das diamagnetische Verhalten des Werkstoffes. Die kreisenden Elektronen erfahren bei Anlegen eines äußeren Magnetfeldes eine Präzession. Diese Präzessionsbewegung erfolgt mit der Larmorfrequenz wp . Durch diese Präzession entsteht ein induziertes magnetisches Moment, das die magnetische Suszeptibilität k bestimmt. Mmagn M J k= = = H m0 H HV Das magnetische Moment Mmagn ist die Gesamtheit aller induzierten magnetischen Momente Mmagn,ind der Einzelatome. 5.3.2005 Magn_Werkst.doc Eugen Schäfer Werkstoffe 13 Mmagn = ZnV Mmagn,ind Darin ist Z die Kernladungszahl, n die Atomdichte und V das Volumen. Die Suszeptibilität k beträgt ZnMmagn,ind k= . H Atomdichte n n = NLosch r Loschmidtsche Zahl 6,02 ⋅ 1026 NLosch = Kilomol 6,02 ⋅ 1026 NLosch = Ar kg Werkstoff Kupfer Atommasse Ar 63,5 Massendichte r 3 8,93 ⋅ 10 kg m 3 Atomdichte n 8,46 ⋅ 10 28 1m Ordnungszahl Z 3 29 Die Z Elektronenbahnen in der Atomhülle haben alle unterschiedlichen Radius. Auch der Abstand a der Elektronen von der Drehachse der Präzessionsbewegung ist unterschiedlich. Man muss also mit einem mittleren Abstand a rechnen. Der quadratischer Mittelwert von a beträgt 2 a2 = r 2 . 3 Für den quadratischen Mittelwert vom Bahnradius r kann das Quadrat des Radius der ersten, engsten Elektronenbahn (n = 1) gesetzt werden. JJG e G M magn,ind = − a 2 wP r 2 ≈ rn2=1 2 e wP = GB G= g 2m g =1 B = m0 H Langevinsche Formel ZnMmagn,ind Znea 2 GB k= k=− H 2H 2 2 Zne a m0 Zne2 r 2m0 k=− k=− 4m 6m 2 Zne m0 2 m = 9,11 ⋅ 10 − 31kg , rn=1 k=− 6m Suszeptibilität von Kupfer Z = 29 1 m3 e = 1,602 ⋅ 10−19 As Vs m0 = 4p ⋅ 10−7 Am n = 8, 46 ⋅ 1028 5.3.2005 rn=1 = 0,529 ⋅ 10−10 m m = 9,11 ⋅ 10 −31kg k = − 40,48 ⋅ 10 −6 Magn_Werkst.doc Eugen Schäfer Werkstoffe 14 Präzession der Elektronenbahn im Atom B Mmagn wP Mmech w Elektronenbahn L Mmagn,ind schraege Draufsicht A Elektron r v senkrechte Draufsicht wP B wP JJG M magn JJG M mech JG F Physikalische Größen magnetisches Moment mechanisches Moment Kraft Masse JG A G r G l G v G a Fläche Radius Länge Geschwindigkeit Beschleunigung Q I JG B elektrische Ladung elektrischer Strom T Umlaufzeit f Frequenz JG D dielektrische Verschiebung 5.3.2005 magnetische Induktion 1 Nm = 1 VAs kg m 1 N=1 2 s VA s3 1 kg = m2 Einheiten Am Nm 2 N m2 m m m s m s2 As A Vs m2 s 1 s As m2 Magn_Werkst.doc Eugen Schäfer JG E elektrische Feldstärke e0 Dielektrizitätskonstante er Z J relative Permitivität Kernladungszahl Trägheitsmoment G L Drehimpuls e Winkelbeschleunigung m0 Induktionskonstante mr relative Permeabilität e Werkstoffe Elementarladung e0 = 15 V m As Vm m2 kg 10−9 As 36 p Vm m2 kg s Grad s2 m0 = 4p ⋅ 10−7 Vs Am - e = 1,602 ⋅ 10 −19 As −31 m M Bohr Elektronenmasse m = 9,11 ⋅ 10 Bohrsches Magneton MBohr = 9,26 ⋅ 10−24 Am2 M G wP Drehmoment Kreisfrequenz der Larmorpräzession D Direktionsmoment einer Drehfeder G gyromagnetisches Verhältnis g V Landé-Faktor Volumen r Dichte N Losch Loschmidtsche Zahl Z rn=1 Zahl der Magnetonen je Atom kleinster Bahnradius Suszeptibilität k 5.3.2005 kg Nm 1/ s Nm Grad As kg m3 kg m3 6,02 ⋅ 1026 Kilomol Z = 29 für Kupfer rn=1 = 0,529 ⋅ 10−10 m NLosch = - Magn_Werkst.doc