GESUNDHEITSMANAGEMENT II Prof. Dr. Steffen Fleßa Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre und Gesundheitsmanagement Universität Greifswald Gliederung: GM II 1 Finanzierung 2 Produktionsfaktoren 3 Produktion Gliederung Vorlesung 25.04.2016 – 3. Vorlesung – Bereich Finanzierung Rückblick auf Veranstaltung am 18.04 Systematik des DRG-System vertieft von CCLs zum PCCL vom PCCL zum ökonomischen Schweregrad Systembezogene betriebswirtschaftliche Herausforderungen Durchführung der Kodierung Anforderungen an das Rechenwesen Anforderungen an die EDV Reduktion der Verweildauer Kompressionseffekt Vorlesung am 02.06.2016 Regelungen im DRG-System zur Bewältigung der Herausforderungen von CCLs zum PCCL 23 Hauptgruppen Partition Chirurgisch MDC sonstige Medizinisch 409 Basis-DRGs Chir. DRGs Sonstige DRGs Med. DRGs CCL für jede ND Medizinischer Schweregrad PCCL = Patient Clinical Complexity Level = Schweregrad = Fusion der CCL aller NDs ND → CCL PCCL 4 ND → CCL PCCL 3 ND → CCL PCCL 2 ND → CCL PCCL 1 . . . PCCL 0 von CCLs zum PCCL • Stufen: – Stufe 1: Dokumentation sämtlicher Nebendiagnosen – Stufe 2: Bewertung der Nebendiagnosen in Abhängigkeit von der Hauptdiagnose. Jede Nebendiagnose erhält einen „Complication & Comorbidity Level" (CCL). • CCL: pro Nebendiagnose • PCCL: für den gesamten Fall, Fusion aller PCCLs – Stufe 3: Berechnung des PCCL aus allen CCLs – Stufe 4: Zuweisung der DRG für den PCCL von CCLs zum PCCL Nebendiagnose, zählt nicht als Begleiterkrankung oder Komplikation 1= leichte Begleiterkrankung 2= mittlere Begleiterkrankung 3= schwerwiegende Begleiterkrankung sehr schwerwiegende Begleiterkrankung 4= („catastrophic") Beispiel: Die Nebendiagnose Angina pectoris erhält in Abhängigkeit von der Hauptdiagnose unterschiedliche CCL-Werte: Bei Hauptdiagnose Vorderwandinfarkt CCL = 0 Bei Hauptdiagnose Gallenblasenentfernung hingegen CCL = 2 Dadurch wird berücksichtigt, dass Angina pectoris beim Herzinfarkt ohnehin häufig ist und daher normalerweise nicht zu erhöhtem Ressourcenverbrauch führt, bei einer Gallensteinerkrankung kann sie hingegen erhebliche Mehraufwendungen bedingen, die bei dieser Erkrankung normalerweise nicht vorgesehen sind. 0= von CCLs zum PCCL Quelle: InEK - Abschlussbericht Weiterentwicklung des G-DRG-Systems für das Jahr 2016 Klassifikation, Katalog und Bewertungsrelationen – S. 27 von CCLs zum PCCL Quelle: InEK Abschlussbericht Weiterentwicklung des G-DRGSystems für das Jahr 2016 Klassifikation, Katalog und Bewertungsrelationen – S. 28 von CCLs zum PCCL Quelle: InEK Abschlussbericht Weiterentwicklung des G-DRGSystems für das Jahr 2016 Klassifikation, Katalog und Bewertungsrelationen – S. 29 vom PCCL zum ökon. Schweregrad 23 Hauptgruppen Partition Chirurgisch 409 5 Schweregrade Basis-DRGs je Basis-DRG Chir. DRGs 1-4 DRGs je Basis-DRG PCCL 4 PCCL 3 MDC sonstige Sonstige DRGs PCCL 2 DRGs DRGs DRGs PCCL 1 Medizinisch Med. DRGs PCCL 0 Medizinischer Ökonomischer Schweregrad Schweregrad vom PCCL zum ökon. Schweregrad • Ischämie: lokale Blutleere oder Minderdurchblutung durch eine Verminderung oder völlige Unterbindung der arteriellen Blutzufuhr • Apoplektischer Insult: durch eine akute Ischämie verursachte zentrale Ausfallsymptomatik des Gehirns • Transitorische ischämische Attacke [TIA]: Apoplektischer Insult mit Rückbildung der Symptome innerhalb von 24 Stunden vom PCCL zum ökon. Schweregrad DRG B69A: TIA mit äußerst schweren CC DRG B69B: TIA mit schweren CC DRG B69C: TIA ohne äußerst schwere und schwere CC vom PCCL zum ökon. Schweregrad HINWEISE: Die Zuordnung von PCCLs zu Schweregraden A, B, C, D und Z erfolgt auf Grundlage der Kostenhomogenität, die vorher empirisch erhoben wurde. Diese Einteilung entspricht ARDRG; Im G-DRG gibt es B69A, B69B, B69C und B69D (Stand 2013) DRG B69A: TIA mit äußerst schweren CC DRG B69B: TIA mit schweren CC DRG B69C: TIA ohne äußerst schwere und schwere CC vom PCCL zum ökon. Schweregrad - Alterssplit Abrechenbar PCCL Hauptgrupp e Partition Basis-DRG e DRG 4 I13A PCCL 3 MDC 8 CHIR I13 PCCL 2 >59 PCCL 1 Eingriff am Sprunggelenk, System des AR-DRG Alter <60 PCCL 0 I13B I13C Bedeutung der PCCL E64A Respiratorische Insuffizienz, mehr als 1 Belegungstag, mit äußerst schweren CC oder Lungenembolie E64B Respiratorische Insuffizienz, mehr als 1 Belegungstag, ohne äußerst schwere CC, Alter <10 Jahre E64C Respiratorische Insuffizienz, mehr als 1 Belegungstag, ohne äußerst schwere CC, Alter >9 Jahre E64D Respiratorische Insuffizienz, 1 Belegungstag 3500 3122,20 Entgelt (Euro) 3000 2331,60 2500 2149,36 2000 1500 1000 458,28 500 0 E64A E64B E64C E64D DRG Berechnungsgrundlage: Landesbasisfallwert Mecklenburg-Vorpommern 2007 vom PCCL zum ökon. Schweregrad - kein Split Annahme: unterschiedliche PCCL = medizinische Schweregrade führen 4 zu keinen signifikanten Kostenunterschieden PCCL = 3 M62: Infektion/ Entzündung der PCCL = männlichen 2 Geschlechtsorgan e PCCL = 1 PCCL = 0 M62Z: Infektion/ Entzündung der männlichen Geschlechtsorgan e DRG-System-Einführung • Alternative 1: Eigenentwicklung – Varianten: • Durchschnittswertberechnung der Kosten pro DRG aus Stichprobe von Krankenhäusern • Analytische Ermittlung von „Musterfällen“ – Nachteil: Kosten- und zeitaufwendig • Alternative 2: Übernahme eines bestehenden Systems – Inhalt: DRG-Klassifizierung sowie Gewichtungen werden übernommen – Problematik: unterschiedliche Kostenstruktur erfordert Adaption – Vorteil: Zeit- und kostensparend DRG-System-Einführung Kostenstrukturen • Belegsystem: in USA (teilweise auch Australien) sind Ärzte und Funktionsdienste zum Teil nicht in der DRG entgolten Verzerrung der Kostenrelationen • Ambulant und Stationär: In USA (teilweise auch in Australien) werden Fälle ambulant behandelt, die in Deutschland stationär behandelt werden: Verzerrung der Kostenrelationen • Zuordnung von Diagnosen auf Disziplinen: In USA (teilweise auch in Australien) wird beispielsweise Hautkrebs von Internisten betreut Verzerrung der Kostenrelationen DRG-System-Einführung Systemadaptionen • Gewichtskalkulation: wie bei Eigenentwicklung • Vergütungsregelungen bei Ausreißern – Arten • Cost Outliers: deutlich höhere Kosten als Durchschnitt einer DRG • Day Outliers: deutlich längere Liegezeit als Durchschnitt einer DRG – Problem: Wer trägt das Risiko für Outliers? • Cost Outliers: derzeit vollständig das KH • Day Outliers: Grenzverweildauern • Vergütungsregelung für externe Verlegungen • Regelungen für gesondert zu vergütende Leistungsbereiche (z. B. Psychiatrie) DRG-System-Einführung Systemadaptionen • Strukturausgleich – Geographische Struktur (geringere Nachfrage in ländlichen Regionen) – Regionale Lohnunterschiede – Lasten durch Ausbildungsaufgaben • Sicherstellung der Kodierqualität – Kodierqualität ist vergütungsrelevant – DRG-Creep: Veränderung der durch die Kodierung von Haupt- und Nebendiagnosen dokumentierten Fallschwere, gemeint wird hier oftmals sowohl die Fallschwereerhöhung durch ein umfassenderes aber korrektes Kodieren als auch die bewusste Manipulation der Fallschweredokumentation – PROs: Peer Review Organisations: externe Kodierkontrolle • Qualitätssicherung der medizinischen Versorgung – Gefahr der bewussten Reduktion der Qualität zum Zweck der Erlösmaximierung Systembezogene betriebswirtschaftliche Herausforderungen • Grundsatz: Die Entgeltverhandlung mit den gesetzlichen Krankenkassen ist die essentielle Grundlage des wirtschaftlichen Erfolges eines Krankenhauses • Die Kodierqualität ist die Voraussetzung zur Erzielung eines hohen Case-Mix ohne Up-Coding (Bestrafung!) Systembezogene betriebswirtschaftliche Herausforderungen • • • • • Durchführung der Codierung Anforderungen an das Rechnungswesen Anforderungen an die EDV Reduktion der Verweildauer Kompressionseffekt Durchführung der Codierung • Zentrales oder Dezentrales Codieren – Zentral: durch spezialisierte Verwaltungskräfte – Dezentral: durch Ärzte / Pfleger auf Station – Erfahrung: Hohe Fehlerquote bei dezentralem Codieren • Konsequenzen von Fehlcodierung – Down-Coding: Entgeltverlust – Up-Coding: • Regelmäßige Prüfung der Codierung durch MDK • Sanktionen, falls „grob fahrlässig“ fehlcodiert. Anforderung an das Rechnungswesen • Kostenträgerrechnung: – Exakte Erfassung der Kosten eines Patienten – Bislang: Nur Kostenartenrechnung, keine ausreichende Kostenstellenrechnung • Kostenausgliederung für Bereiche, die nicht über DRGs abgerechnet werden können (z.B. Psychiatrie) Anforderung an die EDV: Grouper • Zertifizierte Grouper G-DRG-Version 2016 Name des Herstellers Produktname 3M Medica, Berlin 3M KODIP DRG-Scout 2016 3M Medica, Neuss 3M G-DRG Grouper 2016 GEOS mbH GetDRG 2016; groupit 2016 Gesundheitsforen Leipzig GmbH riskKH G-DRG Grouper 2016 ID GmbH & Co. KGaA ID GROUPER G-DRG 2016 IMC clinicon GmbH IMC G-DRG Grouper 2016 innovas GmbH innoGrouper 2016 G-DRG Lohman & Birkner Health Care Consulting GmbH Checkpoint DRG - Grouper 2016 Medical Data Solutions GmbH MEDASO G-DRG Grouper 2016 Meta IT GmbH MetaKIS G-DRG Grouper 2016 SLGW GmbH G-DRG-Grouper 2016 Saatmann GmbH & Co. KG GeDoWin DRG-Grouper 2016 Health-Consulting Group HCG GROUPER COBOL 2016 Krankenhausberatung Jüngerkes & Schlüter GmbH G-DRG-Grouper 2016 Quelle: http://www.g-drg.de/cms/G-DRG-System_2016/Grouper_Zertifizierung/Grouper_Zertifizierung_2016 Reduktion der Verweildauer • Maßnahmen: – bessere Koordination der Patientenbehandlung • Intern: – zeitnahe Diagnostik, Therapie – Berufsgruppen übergreifende Zusammenarbeit • Extern: – z.B. zeitnahe Entlassung, Anschlussheilbehandlung, Überleitung; Intensivpflegeheime, etc. – standardisierte Behandlungsabläufe • • • • • Erhöhung der Professionalität Qualitätssicherung Pflegestandards Evidence-Based Medicine Disease Management Programme – Beschränkung auf das Notwendige • Reduktion überflüssiger Diagnostik und Therapie • Integration und Datenaustausch mit ambulantem Sektor Reduktion der Verweildauer • Konsequenzen – Qualitätsverlust möglich – „Blutige Entlassung“ – Drehtüreffekt – Kein persönlicher Bezug von Patient zu Pfleger/Arzt Kompressionseffekt = Nivellierung der Relativgewichte zwischen schweren und leichten Behandlungsfällen – schwere Fälle unterproportional schlecht vergütet – leichte Fälle überproportional gut vergütet Vergütung Durchschnittl. Fallschwere Durchschnittliche Fallschwere Fallschwere Kompressionseffekt • Folgen: – Überweisung schwerer Fälle „nach oben“ – Maximalversorger haben hohe Verluste – Anpassung der G-DRG 2005 für schwere Fälle – Zusatzentgelte (z. B. für Bluter) Kompressionseffekt - Ursachen • Kodierung und Gruppierung – Schwere Fälle sind oft schwieriger zu klassifizieren als einfache Fälle → falsche Hauptdiagnose → falsche Basis-DRG – Schwere Fälle haben oftmals viele Nebendiagnosen →Tendenz fehlender Nebendiagnosen → falsch niedriger Schweregrad – Begrenzung der PCCL (z. B. max. 5) → Fall mit sehr vielen schweren Nebendiagnosen kann nicht kostenadäquat abgerechnet werden Kompressionseffekt - Ursachen • Kalkulationsverfahren – Relativgewichte wurden mit Hilfe eines Vollkostenverfahrens ermittelt. – Schlüsselung der Gemeinkosten, z. B. anhand von Fallzahlen auf Kostenstellen und –träger – Schwere Fälle erhalten selbe Kostenzuschlüsselung wie leichte Fälle → zu niedrige Gemeinkostenschlüsselung für schwere Fälle