Untitled - IFW Dresden

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Einfluss von Ionenbestrahlung auf die
Morphologie und Kristallstruktur von
Übergangsmetall-Nanopartikeln.
Diplomarbeit
zur Erlangung des akademischen Grades
Diplom-Physiker
von Darius Pohl
Matrikelnummer:
2967984
Verantwortlicher Hochschullehrer:
Prof. Dr. Ludwig Schultz
Zweitgutachter:
Prof. Dr. Wolfhard Möller
Eingereicht am:
8. Februar 2008
Abstract
FePt-nanoparticles with mean diameters of about 4 nm and a narrow particle size distribution are prepared through inert gas condensation. Since as-deposited particles usually
exhibit the metastable disordered and soft magnetic A1 phase or even other structural
motifs such as icosahedral or decahedral multiply twinned structures, additional annealing
steps are required to transform these particles into the L10 -phase. The latter is particular
of interest in view of applications owing to its high magneto-crystalline anisotropy energy.
In order to gain more insight into the phase stability of the various crystal structures
observed in FePt nanoparticles we have investigated how ion irradiation influences these
structures. In the present study, gas-phase prepared single crystalline and multiply twinned
FePt- and CuAu-nanoparticles are irradiated with ions of different noble gases and different
energy. It is shown that the He+ -ion irradiation promotes the de-twinning of the binary
nanoparticles and the formation of single crystalline A1-phase particles. A comparison of
the experiments on CuAu-nanoparticles with the results of molecular dynamic simulations
will be presented. The effect of the energy difference between the different morphologies
for both the ordered and disordered structures is discussed.
Kurzfassung
FePt-Nanopartikel mit einem Durchmesser von 4 nm und einer schmalen Größenverteilung
wurden in der Gasphase hergestellt. Die so deponierten Partikel weisen meist die metastabile ungeordnete und weichmagnetische A1-Phase auf und liegen als mehrfach verzwillingte
Strukturen wie beispielsweise als Ikosaeder vor. Für ihre Anwendung als Speichermedium
ist eine Wärmebehandlung zur Einstellung der L10 -Phase notwendig, die die gewünschten hartmagnetischen Eigenschaften (hohe magnetische Kristallanisotropie) besitzt. Da
bekannt ist, dass die ikosaedrische Struktur extrem stabil gegenüber Wärmebehandlungen
ist, wurde untersucht inwieweit Ionen-Bestrahlung einen Einfluss auf die Morphologie und
Struktur von Nanopartikeln besitzt.
In der hier vorgestellten Arbeit werden aus der Gasphase erzeugte einkristalline und
mehrfach-verzwillingte FePt- und CuAu-Nanopartikel mit Ionen verschiedener Edelgase
und verschiedener Energien bestrahlt. Es wird gezeigt, das He+ -Bestrahlung zu einer Umwandlung von Ikosaedern in einkristalline, in der A1-Phase vorliegende, Partikel führt. Basierend auf den Ergebnissen der CuAu-Bestrahlungsexperimente und MolekulardynamikSimulationen der Bestrahlung wird ein Modell zur Erklärung der ionenstrahlinduzierten
Strukturumwandlung erläutert.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
1
2. Grundlagen
3
2.1. Binäre Legierungs-Systeme mit L10 -Phasen . . . . . . . . . . . . . . . . . .
3
2.1.1. Das System FePt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
2.1.2. Das System CuAu . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
8
2.2. Partikelwachstum: Koagulation und Koaleszenz . . . . . . . . . . . . . . . . 10
2.3. Partikelmorphologien
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.3.1. Der Oktaeder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
2.3.2. Der Dekaeder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13
2.3.3. Der Ikosaeder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.4. Die Bestrahlung von Festkörpern mit Ionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.4.1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17
2.4.2. SRIM Software Paket . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22
2.5. Molekulardynamik-Simulationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
2.5.1. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24
2.5.2. Das EAM- und das Tight-Binding-Potential . . . . . . . . . . . . . . 25
3. Experimentelles
3.1. Das Nanopartikel-Depositions-System
29
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29
3.2. Versuchsaufbau für die Ionenbestrahlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32
3.3. Hochauflösende Transmissionselektronenmikroskopie . . . . . . . . . . . . . 33
3.3.1. Bestimmung der Größenverteilung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36
3.3.2. Statistik der Strukturanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38
3.4. Der PARCAS Code . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42
iii
Inhaltsverzeichnis
4. Morphologische Betrachtung für binäre Legierungs-Systeme
43
4.1. Einfluss der Prozessparameter auf Morphologie und Struktur deponierter
FePt-Partikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43
4.1.1. Ergebnisse zu verschiedenen Aggregationslängen . . . . . . . . . . . 43
4.1.2. Ergebnisse zu verschiedenen Sputterströmen
. . . . . . . . . . . . . 43
4.1.3. Verwendete Standardprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
4.2. Einfluss der Prozessparameter auf Morphologie und Struktur deponierter
CuAu-Partikel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49
4.2.1. Ergebnisse zu verschiedenen Aggregationslängen . . . . . . . . . . . 49
4.2.2. Variation des Nukleationsdruckes
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
4.2.3. Verwendete Standardprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
4.2.4. Der Einfluss eines Magnetfeldes während der Deposition . . . . . . . 56
4.3. MD - Rechnungen zur Energieabhängigkeit der konkurierenden Strukturen
59
4.3.1. Strukturmodelle und Kontinuumsmodell . . . . . . . . . . . . . . . . 59
4.3.2. Das Cleri-Rosato Potential
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60
4.3.3. Das Foiles Potential . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
5. Ionenstrahlexperimente zur Beinflussung von Morphologie und Struktur
65
5.1. Monte-Carlo-Rechnungen zur Wechselwirkung zwischen Ionen und Festkörper
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
5.1.1. Energieeintrag und Leerstellenerzeugung bei He+ -Bestrahlung . . . . 66
5.1.2. Bestimmung der Sputterraten bei He+ -Bestrahlung . . . . . . . . . . 69
5.2. Ergebnisse der Ionenbestrahlung von FePt Partikeln . . . . . . . . . . . . . 70
5.2.1. Einfluss der Ionendosis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70
5.2.2. Einfluss der Ionenenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72
5.3. Experimentelle Ergebnisse zur Ionenbestrahlung von CuAu-Partikeln
. . . 76
5.3.1. Einfluss der Ionendosis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76
5.3.2. Einfluss der Ionenenergie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77
5.4. Diskussion der ionenstrahlinduzierten Strukturumwandlungen . . . . . . . . 82
6. Abschließende Betrachtung und Ausblick
89
A. Anhang
91
A.1. Berechnung der Reflexe für CuAu und FePt . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
A.2. Halter für die Bestrahlung von TEM-Netzchen
iv
. . . . . . . . . . . . . . . . 94
Abbildungsverzeichnis
2.1. Schematische Darstellung der möglichen Reflexe der geordneten Struktur
entlang verschiedener Zonenachsen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .
5
2.2. Fe-Pt-Phasendiagramm [Massalski u. a., 1986]. . . . . . . . . . . . . . . . . .
7
2.3. Cu-Au-Phasendiagramm [Massalski u. a., 1986]. . . . . . . . . . . . . . . . .
8
2.4. Wachstumsmodell von Flagan und Lunden (1995) . . . . . . . . . . . . . . . 11
2.5. Schematische Darstellung von häufig bei metallischen Nanopartikeln beobachteten Partikelmorphologien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12
2.6. Typische Grundformen des Dekaeders. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14
2.7. Ikosaeder entlang seiner drei Symmetrieachsen. . . . . . . . . . . . . . . . . 15
2.8. Sputterrate von Gold und Kupfer pro Heliumion, berechnet nach Garciarosales u. a. (1995) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21
2.9. Beschuss von Kupfer mit Heliumionen verschiedener Energien mit SRIM
simuliert. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23
3.1. Schematische Darstellung der Nanopartikel-Depositionsanlage Nanodep 60.
3.2. Schematische Darstellung der Nukleationskammer, aus [Schäffel, 2006].
29
. . 31
3.3. Schematische Darstellung eines Niederenergie-Ionenimplanters. . . . . . . . 32
3.4. Schnitt durch ein Elektronenmikroskop mit Strahlengang für Hellfeldabbilc
dung (Philips).
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35
3.5. Beispiel für die Anwendbarkeit der Logarithmischen Normalverteilung bei
der Auswertung von Partikeldurchmessern. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37
3.6. HRTEM-Aufnahmen von CuAu-Nanopartikeln unterschiedlicher Struktur
und Morphologie (Einkristallines und einfach verzwillingtes Nanopartikel). . 39
3.7. HRTEM-Aufnahmen von FePt-Nanopartikeln unterschiedlicher Struktur und
Morphologie (L10 -geordnetes und polykristallines FePt-Nanopartikel). . . . 40
3.8. HRTEM-Aufnahmen von CuAu-Nanopartikeln unterschiedlicher Struktur
und Morphologie (Ikosaeder und Dekaeder). . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
v
Abbildungsverzeichnis
4.1. Abhängigkeit des Partikeldurchmessers und der Anzahl an Primärpartikeln
pro Agglomerat (PPPA), von der Aggregationslänge bei FePt-Nanopartikeln. 44
4.2. Abhängigkeit des Partikeldurchmessers und der Anzahl an Primärpartikeln
pro Agglomerat (PPPA) vom Sputterstrom. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45
4.3. Exemplarische Übersichtsbilder, sowie die Partikelgrößenverteilung der Proben bei verschiedenen Sputterströmen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46
4.4. L10 -geordnetes FePt-Partikel und L10 -geordneter FePt-Ikosaeder. . . . . . . 46
4.5. TEM-Übersichtsaufnahme, Exemplarisches HRTEM-Bild und Größenverteilung der FePt Standardprobe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47
4.6. Abhängigkeiten des Partikeldurchmessers und der Primärpartikel pro Agglomerat (PPPA) von der Aggregationslänge bei CuAu-Partikeln.
. . . . . . . 50
4.7. Abhängigkeit der Kollisionszeit τKoll und der Koaleszenzzeiten τKoa vom
Partikeldurchmesser für FePt- und CuAu-Partikel. . . . . . . . . . . . . . . 51
4.8. Übersichts-TEM-Aufnahmen, exemplarische HR-TEM-Bilder ikosaedrischer
Partikel und Größenverteilung von CuAu-Nanopartikeln, die bei Sputterdrücken von 1,5 mbar und 2,5 mbar hergestellt wurden. . . . . . . . . . . . . 53
4.9. TEM-Übersichtsaufnahme, Exemplarisches HRTEM-Bild und Größenverteilung der CuAu Standardprobe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54
4.10. Übersichts-TEM-Aufnahmen und Größenverteilungen von CuAu-Nanopartikeln,
die den Einfluss eines Magnetfeldes von 1 T parallel zur Substratoberfläche
während der Deposition zeigen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 57
4.11. Schematische Darstellung der Platzierung der beiden Magneten relativ zum
TEM-Netzchen und schematische Darstellung des Einflusses von Magnetfeldern in der Substratebene und senkrecht zur Substratebene auf die Partikelanordnung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58
4.12. Für die MD-Simulation verwendete Partikelmorphologien. . . . . . . . . . . 59
4.13. Kohäsionsenergien der verschiedenen Morphologien der CuAu-Partikel für
das Cleri-Rosato-Potential.
. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62
4.14. Kohäsionsenergien der verschiedenen Morphologien der CuAu-Partikel für
das Foiles-Potential. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63
5.1. Ergebnisse der MC-Rechnungen mittels SRIM: He+ -Ionenenergieverlust und
Leerstellenerzeugung pro He+ -Ion in CuAu und FePt. . . . . . . . . . . . . 68
5.2. Sputterabtrag pro He+ -Ion für CuAu und FePt aus MC-Rechnungen mittels
SRIM. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69
vi
Abbildungsverzeichnis
5.3. HRTEM-Bilder zur Versinterung von je zwei <110>-orientierten FePt-Nanopartikeln. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
5.4. Zerstörung der geordneten L10 -Phase in großen FePt-Nanopartikeln durch
1 keV He+ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71
5.5. FePt-Primärpartikelgrößenverteilungen nach der He+ -Ionenbestrahlung mit
verschiedenen Ionenenergien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74
5.6. TEM-Bilder zur ionenstrahlinduzierten Versinterung von CuAu-Partikeln . . 77
5.7. Exemplarische HRTEM-Bilder und die zugehörigen Größenverteilungen von
CuAu-Partikeln nach der He+ -Bestrahlung mit verschiedenen Ionenenergien
5.8. Abhängigkeit des Sputterabtrages von der
He+ -Ionenenergie,
79
aus den Durch-
messern ermittelt und mit der SRIM-Software simuliert. . . . . . . . . . . . 81
5.9. HRTEM-Bilder zur Verdeutlichung der ionenstrahlinduzierten Strukturumwandlungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82
5.10. MD-Simulationen zur strukturellen Modifikation eines 3 nm großen CuAuIkosaeders . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83
5.11. Auswertung der MD-Simulation zur 3 keV He+ -Bestrahlung eines 3 nm großen
CuAu-Ikosaeders: Relativer Anteil der Atome mit nicht kristalliner (amorpher) Umgebung und Reduzierung der Anzahl der Atome im Partikel durch
Sputterabtrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84
5.12. Schematische Darstellung der relativen energetischen Lagen der in einem
CuAu-Nanopartikel miteinander konkurrierenden Strukturen. . . . . . . . . 87
A.1. Konstruierter TEM-Netzchen Halter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94
vii
Abbildungsverzeichnis
viii
Tabellenverzeichnis
2.1. Strukturelle Eigenschaften des kubisch-flächenzentrierten (kfz)-Gitters (A1)
sowie der chemisch geordneten L10 - und L12 -Phasen. . . . . . . . . . . . . .
4
2.2. Oberflächen- und Zwillingsgrenzenergien für Fe, Pt , Cu und Au. . . . . . . 11
2.3. Potentialdaten für Cu und Au des EAM-Potential nach [Foiles u. a., 1986]. . 26
2.4. Potentialdaten für Cu und Au sowie Cu3 Au des Tight-Binding (TB)-Potential
nach [Cleri und Rosato, 1993]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27
2.5. Vergleich der theoretisch berechneten physikalischen Eigenschaften der L10
geordneten CuAu-Legierung für das EAM-Potential nach Foiles und das TBPotential nach Cleri und Rosato mit den Literaturdaten für experimentell
bestimmte physikalische Eigenschaften [Wei u. a., 1987]. . . . . . . . . . . . 28
3.1. Prozessparameter an der Nanopartikel-Depositionsanlage Nanodep60 [Schäffel, 2006]. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30
4.1. Prozentuale Verteilung der verschiedenen Morphologien der FePt-Standardprobe. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48
4.2. Aktivierungsenergie der Oberflächendiffusion Ea und Schmelztemperatur TS
der verwendeten Metalle Cu, Au, Fe und Pt sowie derern Legierungen FePt
und CuAu. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51
4.3. Prozentuale Verteilung der verschiedenen Partikelmorphologien in den CuAuStandardproben. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55
4.4. Vergleich der Belegungsdichten einer Probe mit Magnetfeld und ohne Magnetfeld . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56
5.1. Verwendete Ausgangsparameter für die MC-Simulation von FePt und CuAu
in der SRIM-Software nach Kudriavtsev u. a. (2005). . . . . . . . . . . . . . 66
5.2. Prozentuale Verteilung der Morphologien in FePt-Nanopartikeln in Standardproben vor und nach der Bestrahlung mit He+ -Ionen . . . . . . . . . . 72
ix
Tabellenverzeichnis
5.3. Mittlerer Durchmesser der FePt-Nanopartikel vor und nach der Bestrahlung
mit He+ -Ionen verschiedener Energien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
5.4. Prozentuale Verteilung der Morphologien in CuAu-Nanopartikeln in Standardproben vor und nach der Bestrahlung mit He+ -Ionen . . . . . . . . . . 78
5.5. Mittlerer Durchmesser der CuAu-Nanopartikel vor und nach der Bestrahlung mit He+ -Ionen verschiedener Energien . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80
A.1. Netzebenenabstände dhkl und reziproke Netzebenenabstände d−1
hkl der Beugungsreflexe in den A1- und L10 -Strukturen für FePt. . . . . . . . . . . . . 92
A.2. Netzebenenabstände dhkl und reziproke Netzebenenabstände d−1
hkl der Beugungsreflexe in den A1- und L10 -Strukturen für CuAu. . . . . . . . . . . . . 93
x
1. Einleitung
Das Interesse an nanoskaligen Objekten und den damit verbundenen neuen physikalischen
Eigenschaften und neu auftretenden Effekten ist in den letzten Jahren enorm gestiegen.
Besonders bei Nanopartikeln zeigen sich Effekte, die durch das bei diesen Größen drastisch gesteigerte Oberflächen-zu-Volumen-Verhältnis erklärt werden. Entscheidend für eine
physikalische Interpretation ist das Verständnis der zugrunde liegenden Mechanismen und
damit der Kenntnis der ablaufenden Reaktionen auf atomarer Ebene. Die Kenntnis der
Kristallstruktur und der Partikelmorphologie ermöglicht zudem die Modifikation der Eigenschaften der Nanoobjekte.
Die in dieser Arbeit verwendete Präparation von FePt-Nanopartikeln in der Gasphase
ermöglicht es, eine Wärmebehandlung der Partikel noch während der Flugphase durchzuführen [Mohn, 2008; Rellinghaus u. a., 2006; Stappert u. a., 2003]. Es zeigt sich allerdings,
dass es dabei nicht möglich ist, FePt-Nanopartikel, die in einer vielfach verzwillingten Morphologie vorliegen, in einkristalline hartmagnetische L10 -geordnete Partikel zu überführen.
Vielmehr bleibt die Stabilität der Zwillingsgrenzen bis zum Schmelzpunkt erhalten. Solche, auf einem Substrat periodisch angeordneten und hartmagnetischen L10 -geordneten
FePt-Nanopartikel, ermöglichen eine Anwendung als Speichermedium zur Erhöhung der
Speicherdichte.
Eine alternative Beeinflussung der Kristallstruktur von Nanopartikeln stellt die Ionenbestrahlung dar. Hierbei sind Energien, Dosen und Ionentypen gezielt wählbar, um die
gewünschten Modifikationen zu erreichen. Der Einfluss von Ionen auf die Struktur von
Nanopartikeln ist bisher wenig erforscht. Dmitrieva u. a. (2005) haben gezeigt, dass FePtIkosaeder durch die Bestrahlung mit 5 keV He+ -Ionen eine strukturelle Umwandlung erfahren, die zur Bildung bevorzugt einkristalliner Partikel führt. Eine Einstellung der L10 -Phase
wurde hingegen nicht beobachtet. Die beobachtete Transformation wurde durch Diffusion
erklärt, die durch die vom Ionenstrahl erzeugte hohe Leerstellenkonzentration beeinflusst
wurde.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird daher der Einfluss von Ionenbestrahlung auf
die Struktur von FePt- und CuAu-Nanopartikeln systematisch untersucht. CuAu wird dabei als Vergleichssystem herangezogen, da es ein ähnliches Phasendiagramm besitzt und
1
1. Einleitung
ebenso wie FePt eine geordnete L10 -Phase ausbildet. Darüber hinaus bietet CuAu im Zusammenhang mit den hier ebenfalls durchgeführten Molekulardynamik (MD)-Simulationen
zur ionenstrahlinduzierten Phasentransformation in den intermetallischen Nanopartikeln
gegenüber FePt den Vorteil, dass die für solche Rechnungen notwendigen Potentiale bereits gut analysiert und getestet und CuAu-Legierungen nicht magnetisch sind.
Das Ziel der Arbeit besteht darin, die ionenstrahlinduzierte Änderung in der Morphologie und Kristallstruktur von FePt- und CuAu-Nanopartikeln zu charakterisieren und
den mikroskopischen Mechanismus dieser Umwandlung zu beleuchten. Darüber hinaus soll
geklärt werden, ob in den betrachteten Partikeln die Einstellung der L10 -Phase durch
Ionenbestrahlung induziert werden kann. Dies soll insbesondere durch die Kombination
von experimentellen Arbeiten mit Molekulardynamik-Simulationen erreicht werden. In der
Folge werden nach einer einführenden Beschreibung der Grundlagen die verwendeten experimentellen Aufbauten kurz vorgestellt. Anschließend werden die experimentellen Ergebnisse der Untersuchung zu Struktur und Morphologie der aus der Gasphase hergestellten
FePt- und CuAu-Nanopartikel dargestellt und die Erarbeitung von Präparationsparametern der für die Bestrahlungsexperimente verwendeten FePt- und CuAu-Standardproben
aufgezeigt. Im folgenden Abschnitt werden die Resultate der im Rahmen eines Forschungsaufenthalts an der TU Darmstadt durchgeführten Molekulardynamik-Simulationen von
CuAu-Partikeln diskutiert. Hierbei werden energetische Stabilitätsbetrachtungen für drei
verschiedene miteinander konkurrierende Partikelmorphologien (Oktaeder, Dekaeder und
Ikosaeder) vorgestellt. Es folgt eine Darstellung der Ergebnisse der am Forschungszentrum
Dresden-Rossendorf durchgeführten Experimente zur Ionenbestrahlung der deponierten
FePt- und CuAu-Nanopartikel. Der Schwerpunkt liegt hier auf der Bestimmung des Einflusses verschiedener Ionenenergien und Dosen auf die Art der strukturellen Umwandlungen
in den Partikeln.
Auf der Basis der so erhaltenen Ergebnisse aus Experiment und Simulation sowie der
Erkenntnisse aus Simulationsrechnungen zur Bestrahlung von CuAu-Ikosaedern, die von T.
Järvi an der Universität Helsinki durchgeführt wurden, wird abschließend ein Modell zur Kinetik der ionenstrahlinduzierten Phasenumwandlung der binären Legierungs-Nanopartikel
vorgestellt.
2
2. Grundlagen
2.1. Binäre Legierungs-Systeme mit L10 -Phasen
Im Rahmen dieser Arbeit werden binäre Legierungs-Systeme untersucht, die eine geordnete
Kupfer-Gold Struktur, die sogenannte L10 -Phase, ausbilden können. In Tabelle 2.1 sind
die für die untersuchten Legierungspartikel relevanten Strukturtypen zusammen mit ihren
Raumgruppen dargestellt.
In der kubischen A1-Phase sind die Atome A und B der zweikomponentigen Legierung
statistisch auf die Plätze des kubisch-flächenzentrierten Gitters verteilt und entsprechen
damit der Raumgruppe F m3m. Bei der geordneten L10 -Phase wechseln sich die Atome
A und B in Lagen entlang der c-Achse ab. Durch die unterschiedlichen Atomradien entsteht eine tetragonale Verzerrung, die mit dem c/a-Verhältnis der Gitterkonstanten beschrieben werden kann. Dies entspricht nach Wei u. a. (1987) einer P4/mmm Raumgruppe.
Bei der Beschreibung der geordneten A3 B-Phase, beziehungsweise der AB3 -Phase (L12 Phase), alternieren jeweils eine gemischte Lage mit einer aus A- oder B-Atomen bestehenden Lage. Das kubische Gitter wird durch eine P m3m Raumgruppe beschrieben. Die
geordnete L10 -Struktur kann entweder mit Röntgenbeugung oder mit einem hochauflösenden Transmissions-Elektronenmikroskop (HRTEM) mittels Elektronenbeugung untersucht
werden. Die Unterscheidung zwischen geordneter und ungeordneter Struktur erfolgt hierbei
durch die Identifizierung so genannter Überstrukturreflexe im Beugungsbild. Diese entstehen durch die beiden tetragonalen, jeweils mit A- und B-Atomen besetzten Untergitter,
die um den Vektor (0, 1/2, 1/2) · a gegeneinander verschoben sind.
Abbildung 2.1 illustriert die Identifizierung der L10 -Struktur anhand der Überstrukturreflexe für die Zonenachsen [100] und [110]. Durch die begrenzte Anzahl an Netzebenen in
einem Nanopartikel ist die Erkennung der Überstruktur meist nur anhand der (110) und
(001)-Reflexe möglich. In einem kubischen Gitter können die reziproken Gitterabstände
d−1
hkl mit folgender Formel berechnet werden [Kleber, 1970]:
√
h2 + k 2 + l 2
−1
dhkl =
a
(2.1)
Hierbei sind a die Gitterkonstante und h,k,l die jeweiligen Miller-Indizes zu den Netzebenen.
3
2. Grundlagen
Entsprechend gilt für die tetragonale geordnete Struktur [Kleber, 1970]:
d−1
hkl
=
h2 + k 2
l2
+ 2
2
a
c
(2.2)
Hierbei entspricht a der Gitterkonstante in [100]- bzw. [010]-Richtung und c der Gitterkonstante in [001]-Richtung.
Tabelle 2.1.: Strukturelle Eigenschaften des kubisch-flächenzentrierten (kfz)-Gitters (A1) sowie
der chemisch geordneten L10 - und L12 -Phasen.
Bravais Gitter
Atom Positionen A
A1-Struktur
L10 -Struktur
L12 -Struktur
kubisch
tetragonal
kubisch
A/B bei
⎧
⎪
⎪
⎪(0, 0, 0)
⎪
⎪
⎪
⎨( 1 , 1 , 0)
2 2
⎪
⎪
( 12 , 0, 12 )
⎪
⎪
⎪
⎪
⎩(0, 1 , 1 )
2 2
⎧
⎨( 1 , 0, 1 )
2
2
A bei
⎩(0, 1 , 1 )
2 2
⎧
⎪
⎪
( 1 , 1 , 0)
⎪
⎨ 2 2
A bei
( 12 , 0, 12 )
⎪
⎪
⎪
⎩(0, 1 , 1 )
2 2
⎧
⎨(0, 0, 0)
B bei
⎩( 1 , 1 , 0)
B bei (0, 0, 0)
P 4/mmm
F m3m
2 2
Raumgruppe
4
F m3m
2.1. Binäre Legierungs-Systeme mit L10 -Phasen
(a) 100-Zonenachse
(b) 110-Zonenachse
Abbildung 2.1.: Schematische Darstellung der möglichen Reflexe der geordneten Struktur entlang verschiedener Zonenachsen. Die rot markierten Reflexe zeigen die Überstrukturreflexe, die im
Beugungsbild der kfz-Struktur verboten sind. Zur Verdeutlichung befindet sich rechts daneben die
jeweilige atomare Struktur: rote Kugeln stehen hierbei für Atome der Sorte A und gelbe für Atome
der Sorte B.
Um eine quantitative Aussage über den Ordnungsgrad einer Probe aus einer HRTEMUntersuchung gewinnen zu können, ist eine einfache Auszählung der als geordnet erkannten
Partikel nicht ausreichend. Kippt man nämlich ein geordnetes Partikel um einen Winkel
αOrd aus der Zonenachse, so ist es im HRTEM nicht mehr als geordnet zu erkennen. Der
Winkel αOrd ist abhängig von der Zonenachse und vom Überstrukturreflex, nach dem die
Ordnung festgestellt wird. Er ist durch eine Simulation des Bildkontrastes im HRTEM
ermittelbar [Dmitrieva u. a., 2007]. Betrachtet man jetzt lediglich den (001)-Reflex, der in
5
2. Grundlagen
den [h,k,0]-Zonenachsen zu beobachten ist, so kann aus dem Kugelschnitt mit der Einheitskugel der Raumwinkel ΩOrd berechnet werden, unter dem die Überstruktur erkennbar ist.
In der Näherung für kleine Winkel ergibt sich für den Raumwinkel ΩOrd [Dmitrieva u. a.,
2007]:
αOrd
.
180◦
Hieraus kann der Anteil an geordneten Partikeln berechnet werden:
ΩOrd = 4π 2
ntotal
Ord = nOrd
4π
,
ΩOrd
(2.3)
(2.4)
wobei nOrd die experimentell beobachtbare Anzahl an geordneten Partikeln beschreibt.
Ein ungeordnetes kfz-Teilchen ist in drei Raumrichtungen ([h,k,0], [h,0,l] und [0,k,l])
innerhalb des Winkels α < αDisord identifizierbar. Für den entsprechenden Raumwinkel
ΩDisord der ungeordneten Partikel ergibt sich somit:
ΩDisord = 12π 2
αDisord
αDisord 2
− 6(2π
) ,
◦
180
180◦
(2.5)
wobei berücksichtigt wurde, dass es einen Überlapp der Raumwinkel der verschiedenen
Richtungen gibt. Somit ergibt sich die Summe der ungeordneten Partikel wie folgt:
ntotal
Disord = nDisord
4π
ΩDisord
− ntotal
Ord
π
(αDisord − αOrd )
180◦
(2.6)
Der zweite Teil der Gleichung 2.6 beschreibt den Anteil an geordneten Partikeln, der als
ungeordnet gezählt wurde, und wird von der Gesamtanzahl abgezogen.
Mit αOrd = 3◦ und αDisor = 5◦ [Dmitrieva u. a., 2007] vereinfachen sich die Gleichungen
2.4 und 2.6 näherungsweise zu:
ntotal
Ord ≈ 19, 1 · nOrd
(2.7)
ntotal
Disord ≈ nDisord · 4, 04 − nOrd · 0, 67.
(2.8)
und
6
2.1. Binäre Legierungs-Systeme mit L10 -Phasen
2.1.1. Das System FePt
Im Rahmen dieser Arbeit werden u.a. Nanopartikel aus FePt-Legierungen untersucht. Das
Phasendiagramm dieses binären Systems ist in Abbildung 2.2 gezeigt.
Abbildung 2.2.: Fe-Pt-Phasendiagramm [Massalski u. a., 1986].
Liegen die Partikel in der Schmelze vor, können diese durch allmähliches Abkühlen, je
nach Zusammensetzung, drei chemisch geordnete Gleichgewichtsphasen ausbilden:
γ1 (F e3 P t, L12 ), γ2 (F eP t, L10 ) und γ3 (F eP t3 , L12 ).
Aus Abbildung 2.2 ist zu erkennen, dass der Stabilitätsbereich der hartmagnetischen
L10 -Phase bei 600◦ C von 35 bis 55 at.% Pt reicht. Die (thermodynamische) OrdnungsM ax =
temperatur TOrd ist stark konzentrationsabhängig und wird bei 48 at.% Pt mit TOrd
1573 K (1300◦ C) maximal. Bei einem Überschreiten der Ordnungstemperatur geht die Legierung in die ungeordnete A1-Phase über. Der Ordnungs-Unordnungs-Phasenübergang
ist ein Phasenübergang 1. Ordnung, der durch Volumendiffusion gesteuert wird [Kozubski
u. a., 2006]. Da die L10 -Struktur bei schnellem Abkühlen kinetisch unterdrückt wird, ist
ein nachträgliches Anlassen zum Einstellen dieser Phase notwendig.
7
2. Grundlagen
Bei dünnen FePt-Schichten, die nach der Deposition in der ungeordneten Struktur vorliegen, wird die Ordnungseinstellung bereits bei Temperaturen von 873 K erreicht [Takahashi
u. a., 2001]. Bei nasschemisch erzeugten FePt-Partikeln wurde ebenfalls ein Ordnungsübergang bei 873 K beobachtet [Sun u. a., 2000]. Ein generelles Problem des nachträglichen
Anlassens ist jedoch, dass es durch die erhöhte Mobilität der Partikel zum Versintern benachbarter Partikel kommt. So entstehen große Agglomeratketten und wesentlich größere
Primärpartikel [Dai u. a., 2001].
Für eine Identifizierung der L10 -Struktur ist es notwendig, die Reflexe im reziproken
Raum zu ermitteln und ihre Gitterabstände zu bestimmen. Eine Berechnung der Abstände
der einzelnen Reflexe nach den Gleichungen 2.1 und 2.2 ist im Anhang A.1 gezeigt.
2.1.2. Das System CuAu
In Abbildung 2.3 ist das Phasendiagramm des Legierungssystems CuAu abgebildet. Der
Schmelzpunkt liegt im Vergleich zu FePt-Legierungen deutlich niedriger und weist bei
einem Kupfer-Anteil von ca. 56% ein Minimum bei 910◦ C auf.
Abbildung 2.3.: Cu-Au-Phasendiagramm [Massalski u. a., 1986].
8
2.1. Binäre Legierungs-Systeme mit L10 -Phasen
Wie bei den FePt-Legierungen existieren auch bei CuAu-Legierungen drei geordnete
Phasen: γ1 (Cu3 Au, L12 ), γ2 (CuAu, L10 ) und γ3 (CuAu3 , L12 ).
Liegen die CuAu-Partikel in der ungeordneten A1-Phase vor, so ist es durch nachträgliches
Anlassen oberhalb der Ordnungstemperatur TOrd = 410◦ C und anschließendes langsames
Abkühlen möglich, eine Phasenumwandlung einzustellen und die L10 -Phase auszubilden.
Vergleichswerte für dünne Schichten und Nanopartikel aus CuAu liegen nicht vor. Aus
theoretischen Arbeiten ist ersichtlich, dass es aufgrund von Segregation zu einer Absenkung
des Ordnungsgrades bei Cu3 Au-Nanopartikeln kommt [Delogu, 2007]. Eine Absenkung der
Ordnungstemperatur, wie sie bei FePt-Nanopartikeln beobachtet wird, ist auch für CuAuNanopartikel durch die relativ zu den Gesamtatomen höhere Anzahl an Oberflächenatomen
zu erwarten [Müller und Albe, 2005].
Im Rahmen dieser Arbeit werden ausschließlich Nanopartikel mit einer Soll-Zusammensetzung von 50 at.% Gold und 50 at.% Kupfer betrachtet.
Eine Identifizierung der L10 -Struktur mittels der Reflexe im reziproken Raum und die
Bestimmung der Gitterabstände benötigt die Gitterkonstanten der kfz und der tetragonalen
Struktur. Eine Auflistung der berechneten Abstände der einzelnen Reflexe für die A1- und
die L10 -Phase ist in Anhang A.2 gezeigt.
Stöchiometrisches CuAu ist für Anwendungszwecke (insbesondere in Form von Nanopartikeln) gegenwärtig ohne Bedeutung. Cu3 Au-Legierungen hingegen werden als Leiter
genutzt, weil der Widerstand der geordneten Legierung ähnlich klein ist wie der von reinem Kupfer, durch den reduzierten Kupferanteil kann jedoch die Oxidation der Leitung
reduziert werden. In der vorliegenden Arbeit sind die stöchiometrischen CuAu-Legierungen
deshalb von besonderer Bedeutung, weil für sie bei identischer Gitterstruktur im Vergleich
zu stöchiometrischem FePt die Wechselwirkungspotentiale bereits bekannt und gut studiert
sind. Auf die zur Modellierung verwendeteten Mehrteilchen-Potentiale wird in Kapitel 2.5.2
näher eingegangen.
9
2. Grundlagen
2.2. Partikelwachstum: Koagulation und Koaleszenz
Das Partikelwachstum durch Koagulation und Koaleszenz wurde insbesondere von Flagan
und Lunden (1995) beschrieben. Der Begriff Koagulation bezeichnet die Kollision zweier
Partikel, die durch attraktive van der Waals-Kräfte miteinander verbunden bleiben. Als
Koaleszenz bezeichnet man das Zusammenwachsen (Versintern) von zwei koagulierten Partikeln zu einem kompakten Partikel. Nach der Nukleation wachsen die Partikel somit durch
Koagulation und Koaleszenz. Beide Prozesse sind durch charakteristische Zeiten beschreibbar. Bei der Koagulation wird die mittlere freie Flugzeit eines Primärpartikels vor der
Koagulation als Kollisionszeit τKoll bezeichnet. Entsprechend wird bei dem durch Diffusion gesteuerten Prozess der Koaleszenz die charakteristische Koaleszenzzeit τKoa als stark
abhängig von der Temperatur und der Aktivierungsenergie der Diffusion betrachtet. Die
beiden, den Prozess des Partikelwachstums bestimmenden charakteristischen Zeiten τKoll
und τKoa , werden durch folgende Gleichungen beschrieben [Flagan und Lunden, 1995; Olynick u. a., 1998]:
τKoa ∝
d4P
· T · exp
Ea
kB · T
1
τKoll ∝ dP · T − 2
5/2
(2.9)
(2.10)
Somit ist neben der Temperatur T und dem Partikeldurchmesser dP die Aktivierungsenergie der Oberflächendiffusion Ea ein entscheidender Parameter des Partikelwachstums. In
Abbildung 2.4 ist für das Wachstumsmodell nach Flagan und Lunden (1995) die Abhängigkeit der charakteristischen Zeiten τKoll und τKoa vom Partikeldurchmesser schematisch
dargestellt. Im Anfangsstadium des Partikelwachstums bei hohen Temperaturen ist die
Kollisionszeit größer als die Koaleszenzzeit (τKoll > τKoa ). Zwei kollidierte Partikel können
somit versintern, bevor eine weitere Kollision mit einem anderen Partikel eintritt. Mit zunehmendem Partikeldurchmesser und sinkender Temperatur erhöht sich die Koaleszenzzeit
stärker als die Kollisionszeit (τKoll < τKoa ). Zwei kollidierte Partikel können nicht mehr
vollständig zu einem Partikel koaleszieren und es kommt zur Ausbildung von Agglomeraten. Der Partikeldurchmesser, ab dem sich vermehrt Agglomerate bilden, ist in Abbildung
2.4 durch den Schnittpunkt des Verlaufes von τKoll und τKoa erkennbar.
10
2.3. Partikelmorphologien
Abbildung 2.4.: Wachstumsmodell von Flagan und Lunden (1995): Partikelwachstum durch Koagulation und Koaleszenz für zwei Systeme mit verschiedenen Aktivierungsenergien der Diffusion
(Ea = 0, 7 eV und Ea = 0, 25 eV ).
2.3. Partikelmorphologien
Die Morphologie beschreibt in der Kristallografie die Form eines Kristalls. Die (sichtbaren)
Oberflächen des Kristalls oder seine Facetten definieren die äußere Form des Kristalls und
liegen jeweils parallel zu den Netzebenen. Im Idealfall bilden die Kristalle regelmäßige
Körper, die mit den Platonischen Körpern beschrieben werden können.
Durch das mit sinkender Partikelgröße steigende Oberflächen-zu-Volumen-Verhältnis haben die Oberflächenergien bei Nanopartikeln eine besondere Bedeutung. Oft existieren somit größenabhängige Morphologien, die durch den größenabhängigen Einfluss der Oberflächenenergie erklärt werden. Ebenso wie die Oberflächenenergie ist die Zwillingsgrenzenergie
bei Nanopartikeln von enormer Bedeutung, da die meisten Morphologien Zwillingsgrenzen
besitzen.
Tabelle 2.2.: Oberflächen- und Zwillingsgrenzenergien für Fe, Pt , Cu und Au [Ino, 1969].
γ111 [ meV
]
Å2
γ100 [ meV
]
Å2
meV
γtwin [ 2 ]
Å
Fe (krz)
Pt (kfz)
Cu (kfz)
Au (kfz)
175,7
210,3
143,9
122,7
202,8
242,8
166,2
141,7
3,1
2,3
1,2
0,9
11
2. Grundlagen
In Tabelle 2.2 sind die Oberflächenenergien für {111}- und {100}-Facetten (γ111 bzw.
γ100 ) und die Zwillingsgrenzenergien für Fe, Pt , Cu und Au dargestellt (γtwin ). Die Oberflächenenergien γ111 und γ100 sind dabei nach folgenden Formeln bei T = 0 K berechnet
[Ino, 1969]:
Ec
γ111 = √ 2
3a0
(2.11)
2γ111
γ100 = √
3
(2.12)
Hierbei sind Ec die Kohäsionsenergie und a0 die Gitterkonstante.
Es ist offensichtlich, dass in allen Fällen die {111}-Oberflächen energetisch günstiger sind
als die {100}-Oberflächen. Betrachtet man die Zwillingsgrenzenenergien, so fällt auf, dass
sie für Cu und Au wesentlich geringer sind als für Fe und Pt. Dies spiegelt sich in einer
stärkeren Neigung zur Zwillingsgrenzenbildung bei Cu und Au wieder [Koga und Sugawara,
2003; Jarvi u. a., 2007; Tadmor und Bernstein, 2004].
Im Weiteren sind drei spezielle Partikelmorphologien dargestellt, die bei metallischen
Nanopartikeln besonders häufig auftreten: eine einkristalline Form (Oktaeder) und zwei
mehrfach verzwillingte Strukturen (Ikosaeder und Dekaeder). Diese sind in Abbildung 2.5
schematisch dargestellt.
(a) (abgestumpfter)
(b) Ikosaeder
(c) Dekaeder
Oktaeder
Abbildung 2.5.: Schematische Darstellung von häufig bei metallischen Nanopartikeln beobachteten Partikelmorphologien.
2.3.1. Der Oktaeder
Der Oktaeder ist eine einkristalline Kristallform, bei der die freie Oberflächenenergie G
durch die Facettierung minimiert ist. Zur Bestimmung der Gleichgewichtsform wird die
anisotrope Oberflächenspannung γS in einem Polardiagramm über die Kristallorientierung
aufgetragen. Betrachtet man die innersten Tangenten, so entsteht der so genannte Wulffpolyeder [Herring, 1951]. Für die meisten kfz-Metalle liegen die Oberflächenspannungen in
12
2.3. Partikelmorphologien
der Reihenfolge γ111 < γ100 < γ110 vor. Somit ergibt sich für Nanopartikel der meisten
≥
3/2) [Cleveland und Landman, 1991] die
Metalle mit einer starken Facettierung ( γγ110
111
Form eines abgestumpften (engl. truncated) Oktaeders.
Es existieren drei Oktaeder-Grundformen: der einfache Oktaeder, der abgestumpfte
Oktaeder und der Kuboktaeder. Der einfache Oktaeder besteht aus zwei aneinander gesetzten Pyramiden, wodurch er nur {111}-Oberflächen besitzt. Durch sein relativ großes
Oberflächen- zu Volumen-Verhältnis und den daher großen Beitrag der freien Oberflächenenergie ist er energetisch ungünstig. Die anderen beiden Formen sind energetisch günstiger
und können durch Umstrukturierungen aus einem Oktaeder entstehen.
Nach Baletto und Ferrando (2005) sind Oktaeder durch zwei Indizes beschreibbar: die
Kantenlänge nl , und die Anzahl der von jeder Ecke abgeschnittenen Ebenen ncut . Damit
kann die Anzahl an Atomen des abgestumpften Oktaeders berechnet werden:
1
NT O = (2n3l + nl ) − 2ncut3 − 3ncut2 − ncut
3
(2.13)
Für den Fall, dass an den Schnittflächen regelmäßige Sechsecke entstehen, erhält man den
abgestumpften Oktaeder, wobei für nl gilt: nl = 3ncut + 1. Der Kuboktaeder ist durch die
Wahl von nl = 2ncut + 1 erreichbar, wobei die {111}-Schnittflächen zu Dreiecken entartet
sind.
Da der Oktaeder ein Einkristall ist, kann er bei der Betrachtung im HRTEM leicht von
anderen Strukturen unterschieden werden.
2.3.2. Der Dekaeder
Der Dekaeder tritt in drei typischen Grundformen auf, dem regulären, dem Ino- und dem
Marks-Dekaeder, die in Abbildung 2.6 dargestellt sind.
Der reguläre Dekaeder besteht aus fünf verzwillingten Tetraedern und besitzt damit
eine einfache fünfzählige Symmetrieachse. Durch diese wechselseitige Verzwillingung von
Tetraedern entsteht jedoch eine Lücke, deren Schließen durch Verspannungen im Gitter
kompensiert wird. In seiner einfachsten Form, dem regulären Dekaeder, existieren nur
{111}-Facetten [Ino und Ogawa, 1967; Ino, 1966, 1969]. Da das Oberflächen-zu-VolumenVerhältnis bei kleineren Partikeln energetisch ungünstig ist, existieren komplexere Varianten, die durch Schnitte an den Ecken entstehen.
Nach Baletto und Ferrando (2005) sind Dekaeder durch drei Indizes (m, n ,p) beschreibbar: die Länge m der {100}-Fläche parallel zur fünfzähligen Achse, die Länge n der {100}Fläche senkrecht zur fünfzähligen Achse und die Tiefe p des Einschnittes für den MarksDekaeder.
13
2. Grundlagen
Für die in Kapitel 4.3 beschriebenen MD-Simulationen ist es notwendig, die Anzahl an
Atomen der verschiedenen Dekaeder-Formen in Abhängigkeit der eingeführten Indizes zu
berechnen. Der reguläre Dekaeder ist durch das Tripel (m,1,1) definiert und die Summe
der Atome NDh ist beschreibbar durch:
NDh = (5m3 + m)/6.
(2.14)
Der Ino-Dekaeder ist durch das Tripel (m,n,1) definiert und die Gesamtsumme seiner
Atome NIno ergibt sich aus:
NIno = [5m3 − 15m2 + 16m + n(15m2 − 15m + 6)]/6 − 1
(2.15)
Für den Marks-Dekaeder mit dem Tripel (m,n,p) ergibt sich dann:
1
NM −Dh = ((30p3 − 135p2 + 207p − 102) + (5m3 + (30p − 45)m2 + [60(p2 − 3p) + 136]m)
6
+ (n[15m2 + (60p − 75)m + 3(10p2 − 30p) + 66]) − 6) (2.16)
(a) Der Reguläre Dekaeder
(b) Der Ino-Dekaeder
(c) Der Marks-Dekaeder
Abbildung 2.6.: Typische Grundformen des Dekaeders.
14
2.3. Partikelmorphologien
2.3.3. Der Ikosaeder
Der Ikosaeder ist durch zwei reguläre Dekaeder beschreibbar, die mit einer so genannten
Bauchbinde aus Tetraedern verbunden sind. Er besteht also aus zwanzig einzeln zu einander verzwillingten Tetraedern und besitzt eine fünfzählige Symmetrieachse. Wie beim
regulären Dekaeder existieren nur {111}-Oberflächen. Auch hier gibt es Spannungen durch
eine lückenlose Verzwillingung der Tetraeder, die Gitterdehnungen hervorrufen.
(a) 2 zählige Symmetrieachse
(b) 3 zählige Symmetrieachse
(c) 5 zählige Symmetrieachse
Abbildung 2.7.: Ikosaeder entlang seiner drei Symmetrieachsen. Oben: Modell. Unten: simulierter
HRTEM-Kontrast [Koga und Sugawara, 2003].
In Abbildung 2.7 ist der Ikosaeder entlang drei seiner Symmetrieachsen (zweizählig, dreizählig und fünfzählig) schematisch und mit den jeweils simulierten HRTEM-Kontrasten dargestellt. Es ist gut zu erkennen, dass abhängig von der Beobachtungsrichtung das HRTEMBild stark variiert [Koga und Sugawara, 2003]. Auch beim Ikosaeder existieren weitere
Formen, wie Verlängerungen der so genannten Bauchbinde, die sich durch unterschiedliche
Bedingungen während der Wachstumsphase bilden können [Rellinghaus u. a., 2004].
Ebenso wie für die Oktaeder und die Dekaeder ist es auch bei den Ikosaedern notwendig,
für die in Kapitel 4.3 beschriebenen MD-Simulationen die Anzahl an Atomen des Ikosaeders
15
2. Grundlagen
zu berechnen. Da der Ikosaeder durch Schalen aufgebaut werden kann, ist er mit Hilfe eines
Index k beschreibbar. Für seine Summe der Atome NIh gilt [Baletto und Ferrando, 2005]:
NIh (k) =
10 3
11
k + 5k 2 + k + 1.
3
3
(2.17)
Ein Ikosaeder mit k Schalen besitzt also genauso viele Atome wie ein Dekaeder mit
(k,k,1) und wie ein Kuboktaeder mit ncut = k − 1 (Vgl. Formel 2.13 und Formel 2.15).
16
2.4. Die Bestrahlung von Festkörpern mit Ionen
2.4. Die Bestrahlung von Festkörpern mit Ionen
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wird die Auswirkung von Ionenbestrahlung auf die
Morphologie von Nanopartikeln untersucht. Um einen Einblick in die Komplexität dieses
Prozesses zu geben, werden im Folgenden die Grundlagen der Wechselwirkung von Ionen
mit Festkörpern beschrieben.
Ionisierte Atome, die in einem elektrostatischen Feld die Potentialdifferenz ΔU durchlaufen, erhalten eine kinetische Energie Ekin = qeΔU , wobei q den Ladungszustand und e
die Elementarladung bezeichnen. Dringt ein so beschleunigtes Teilchen in einen Festkörper
ein, so führen Streu- und Stoßprozesse an und mit den Atomen zu Energieverlusten, die
das Ion abbremsen und es (ggf.) nach einer bestimmten Wegstrecke zum Stillstand bringen. Auf diese Weise lassen sich auch gegen die Gleichgewichtslöslichkeit Fremdatome in
einem Festkörper deponieren. Auf der andereren Seite können durch den Energieeintrag
entlang der Flugbahn Phasenumwandlungen induziert werden, selbst wenn diese außerhalb
des thermodynamischen Gleichgewichtes des ungestörten Systems liegen. Das Verständnis
der Ionen-Festkörper-Wechselwirkung ist somit von fundamentaler Bedeutung für die Materialmodellierung und für das Verständnis atomarer Phasenübergangsmechanismen.
2.4.1. Grundlagen
Durch Streuung der Ionen an den Atomen des so genannten Targetmaterials wird Energie
vom Ion auf das angestoßene Atom übertragen. Dieses kann wiederum selbst an weiteren
Atomen streuen. Bei niedrigen Energien (einige keV) dominiert der sogenannte nukleare
Energieverlust, bei dem der Energieübertrag durch die elektrostatische Wechselwirkung
zwischen Ion und dem (partiell) abgeschirmten Atomkern erklärt wird. Als Wechselwirkungspotential kann nach Thomas-Fermi ein abgeschirmtes Coulomb-Potential der Form
V (R) =
ZIon ZT arget R
φ( )
R
a
(2.18)
verwendet werden [Möller, 2003]. Hier bezeichnen R den Abstand der Stoßpartner, ZIon
die Kernladungszahl des Projektilions und ZT arget die Kernladungszahl des Targets. Für
die Abschirmfunktion φ und den dazugehörigen Abschirmradius a existieren verschiedenen
Ansätze. Eine einfache Abschirmfunktion ist durch Moliere gegeben [Möller, 2003]:
R
R
ci exp(−di )
φ( ) =
a
a
n
(2.19)
i=1
ci und di sind hierbei anzupassende Parameter des Potentials. Durch den Stoß mit dem
Ion kann dem Targetatom so viel Energie übertragen werden, dass es seinen Gitterplatz
17
2. Grundlagen
verlässt und so Kristalldefekte entstehen. Diese Art der Defekterzeugung geschieht fast
ausschließlich durch nukleare Stöße.
Um den Energieverlust des Ions durch eine rein elektronische Wechselwirkung zu beschreiben, betrachtet man ein Elektronengas, durch welches das Ion fliegt. Oft wird der
Energieverlust auf die atomare Dichte n des Substrates normiert:
S=−
1 dE
,
n dx
(2.20)
wobei dE den Energieverlust auf der Wegstrecke dx beschreibt. Unter der Verwendung einer realistischen Elektronendichteverteilung haben Lindhard
und2Scharff
(1961) für Ionen
2
2
e
3
3
folgenden Zusamv0 = ZIon
mit Relativgeschwindigkeiten der Stoßpartner v ≤ ZIon
h̄
menhang gefunden:
−
ZIon ZT arget
1 dE
v
= Se ≈ ξe · 8π e2 a0 2
2
3
n dx
3
(ZIon
+ ZT3 arget ) 2 vo
(2.21)
Hierbei kennzeichnen a0 = 5, 29177 · 10−11 m den Bohrschen Radius und ξe eine Funktion
1
6
beschrieben wird.
der Kernladungszahl ZIon , die annähernd durch die Relation ξe ≈ ZIon
Auf den elektronischen Energieverlust bei hohen Geschwindigkeiten wird hier nicht weiter
eingegangen, da dieser für den in dieser Arbeit betrachteten Energiebereich nicht von
Bedeutung ist. Es sei erwähnt, dass durch eine quantenmechanische Betrachtung dieser
zu der Bethe-Bloch Formel führt.
Wie bereits oben erwähnt, entstehen durch nukleare Wechselwirkungen Leerstellen und
Zwischengitteratome im Kristall, die so genannten primären Frenkel-Defekte. Reicht die
Energie des durch Ionenbeschuss aus dem Kristallgitter gelösten Atoms aus um seinerseits
weitere Defekte zu erzeugen, entstehen kaskadenförmige Defektverteilungen - so genannte
sekundäre Frenkel-Defekte. Die räumlich ausgedehnte Stoßkette beginnt mit einer Leerstelle und endet zumeist mit einem Zwischengitteratom [Kinchin und Pease, 1955]. Die
Defektproduktion ist des Weiteren stark von der Kristallstruktur abhängig. Dies zeigt sich
daran, dass sich in Halbleitern amorphe Cluster bilden, wohingegen in den meisten kfzMetallen die Kristallstruktur durch Relaxation sofort wieder eingestellt wird [Nordlund
u. a., 1998].
Um eine quantitative Aussage über die entstandenen Defekte machen zu können, führt
man eine Platzwechselenergie EDispl ein. Sie gibt einen über alle Raumrichtungen gemittelten oberen Grenzwert für die Entstehung eines stabilen Frenkel-Paares und wird in erster
Näherung als die vierfache Sublimationsenergie angenommen [Seitz und Koehler, 1956].
Da zur Erzeugung eines Frenkel-Paares eine Leerstelle und ein Zwischengitteratom gebil-
18
2.4. Die Bestrahlung von Festkörpern mit Ionen
det wird, liegt die Enstehungsenergie Ef oberhalb der Gitterbindungsenergie Ec und durch
Energiedissipation unterhalb der Platzwechselenergie (Ec < Ef < EDispl ).
Um eine Abschätzung für die erzeugten Frenkel-Paare Nf während eines ersten „knock
on“ berechnen zu können, haben Kinchin und Pease (1955) unter der Annahme harter
Kugeln folgenden Zusammenhang gefunden:
Nf (T ) =
T
.
2EDispl
(2.22)
Hierbei ist T die Energie die durch nukleare Stöße übertragen wird. Gleichung 2.22 ist
jedoch nur für den Bereich T > 2EDispl gültig. Für EDispl < T < 2EDispl ist Nf = 1. Die
mittlere übertragene Energie T berechnet sich durch:
T = EDispl · ln(
EM ax
),
EDispl
mit der beim Stoß maximal übertragenen Energie EM ax =
(2.23)
4Ekin MIon MT arget
.
(MIon +MT arget )2
Für die insgesamt erzeugten Frenkel-Paare Nf während der gesamten Kaskade ergibt sich
unter der Annahme einer Rutherford-Streuung der Zusammenhang:
Nf =
EM ax 1
1 + ln(
) .
2
2EDispl
(2.24)
Betrachtet man ein 10 keV He+ Ion, das auf ein Kupfer-Target geschossen wird, so ergibt
sich die Anzahl an erzeugten Frenkelpaaren zu 2,4. Hierbei wurde eine Platzwechselenergie
für Kupfer von EDispl = 25 eV angenommen [Eggen und Laubenstein, 1953].
Die bisher besprochenen Effekte geben einen ersten Eindruck der Auswirkungen von
Ionenbestrahlung auf Festkörper. Bisher nicht erwähnt ist der Oberflächeneffekt des Sputterns. Hierbei wird oberflächennahen Atomen genügend Energie zugeführt, dass sie den
Verbund des Kristalls verlassen können. Eine erste analytische Beschreibung für die Sputterrate S wurde von Sigmund (1969) unter der Annahme elastischer Kollisionen ermittelt:
S=
0, 021
N US
Å2
(
A · Ekin
)
V
(2.25)
Hierbei sind N die atomare Dichte in Å−3 , A die Oberfläche der Probe, V das Volumen
der Probe und US die Oberflächenbindungsenergie des bestrahlten Materials. Für die Oberflächenbindungsenergie wird in erster Näherung die Sublimationsenergie verwendet. Eine
bessere Beschreibung wurde durch Kudriavtsev u. a. (2005) gefunden, in welcher die Elektronegativität der Elemente berücksichtigt wird.
19
2. Grundlagen
Da die von Sigmund (1969) entwickelte Beschreibung der Sputterraten für langsame
Ionen ungenau wird, wurde von Bohdansky u. a. (1980) folgender empirischer Ansatz vorgeschlagen, der für lansame Ionen verwendet werden kann:
S=
1
5
MT arget
Eth 7
4
6, 4 · 10−3 γ 3 Ekin
(1 − (
)) 2
MIon
Ekin
Mit:
γ=
Eth
4MIon MT arget
(MIon + MT arget )2
⎧
⎨US /(γ(1 − γ))
=
⎩U 8(M /M
S
Ion
(2.26)
für MIon /MT arget ≤ 0, 3
T arget )
5
2
für MIon /MT arget > 0, 3
(2.27)
Eine weitere Entwicklung des Ansatzes von Bohdansky wurde von Garciarosales u. a. (1995)
vorgestellt. Hierbei wird die Sputterrate unter Berücksichtigung des nuklearen Wirkungsquerschnittes Sn nach Wilson u. a. (1977) beschrieben. Es ergibt sich folgender Zusammenhang:
Eth 2/3
)
S = QSn () 1 − (
Ekin
Mit:
Eth
1−
Ekin
2
(2.28)
√
3, 441 ln( + 2, 718)
√
√
Sn () =
1 + 6, 355 + (6, 882 − 1, 708)
Q = 0, 75
= Ekin
MT arget 5
γ3
MIon
MT arget
aL
MIon+MT arget ZIon ZT arget · e2
aL = 0, 4685(ZIon + ZT arget )−1/2 Å,
2/3
2/3
wobei e die Elektronenladung (e2 = 14, 4 eV Å) und Ekin die Energie des Projektilions
bedeuten. Eine Darstellung der Sputterrate pro Ion (nach Gleichung 2.28) für den in dieser
Arbeit relevanten Ionenenergiebereich ist in Abbildung 2.8 gezeigt. Die Werte wurden für
einen Helium-Beschuss von Gold und Kupfer berechnet.
Der Einfluss von Ionenstrahlung auf binäre magnetische Systeme wird bereits seit langem
intensiv studiert. So wurde durch Helium-Bestrahlung eine Erhöhung des L10 -Ordnungsgrades einer dünnen FePt-Schicht festgestellt [Ravelosona u. a., 2000]. Eine Erhöhung der
Koerzitivfeldstärke nach der Bestrahlung von FePt-Schichten mit 2 MeV Helium wurde
durch ein lokales strahlinduziertes Heizen erklärt [Lai u. a., 2003; Yang u. a., 2004]. Der
inverse Effekt der Zerstörung der L10 -Ordnung wird durch die Bestrahlung mit schweren
Elementen wie Cr, Ga und Nb verursacht [Hasegawa u. a., 2006], ein Vorgehen, das seit längerem für das Mischen von Elementen Verwendung findet. Auch an Nanopartikeln wurde
20
2.4. Die Bestrahlung von Festkörpern mit Ionen
Abbildung 2.8.: Sputterrate von Gold und Kupfer pro Heliumion, berechnet nach Garciarosales
u. a. (1995)
bereits versucht, die L10 -Ordnungseinstellung mit Hilfe von Ionenbestrahlung zu erreichen.
Eine Ausbildung der L10 -Struktur wurde jedoch in keinem Fall gefunden [Seetala u. a.,
2005; Matsumura u. a., 2005]. Lediglich eine Absenkung der (kinetischen) Ordnungstemperatur bei anschließendem Heizen wurde nachgewiesen und auf nicht regenerierte Defekte
zurückgeführt [Wiedwald u. a., 2007]. In allen Fällen wurden Ionenenergien über 100 keV
verwendet, bei denen der elektronische Energieverlust dominiert und die Erzeugung von
Leerstellen und Platzwechseln der Targetatome abnimmt. Eine Aussage über den Sputterabtrag wird nicht getroffen.
In einer von Dmitrieva u. a. (2005) vorgestellten Arbeit wird über Strukturumwandlungen in FePt-Nanopartikeln bei der Bestrahlung mit langsamen (5 keV) Helium-Ionen
berichtet. Es wurde gezeigt, dass ab einer Ionenrate von f > 1017 Ionen/cm2 eine strukturelle Umwandlung von mehrfach verzwillingten Partikeln zu einkristallinen Partikeln
einsetzt. Ein Hinweis auf die Einstellung der L10 -Phase konnte jedoch auch durch HRTEMUntersuchungen nicht gefunden werden. Ein weiterer Einfluss von Ionen auf Nanopartikel
ist deren (partielle) Amorphisierung. Bei metallischen Cu-Partikeln und bei dünnen Fe/AlSchichten hat sich gezeigt, dass auch hier eine ionenstrahlinduzierte Amorphisierung ein-
21
2. Grundlagen
setzen kann [Johannessen u. a., 2007a,b; Noetzel u. a., 2000].
Diese Zusammenfassung zeigt, dass bereits verschiedene Befunde zur Ionenbestrahlung
von Nanopartikeln vorliegen. Meist fehlen jedoch systematische Untersuchungen und das
weitgehende Verständnis der zugrunde liegenden Mechanismen.
2.4.2. SRIM Software Paket
Das sogenannte SRIM (Stopping and Range of Ions in Matter) Software Paket ist ein
von Ziegler (2003) entwickelter Code, der dazu dient, Sputterraten, Eindringtiefen und
Energieeinträge von Ionen in Festkörpern und Gasen zu berechnen. SRIM ist ein MonteCarlo-Simulationsprogramm, das mit der „binary collision approximation“ (BCA) Methode
arbeitet. Hierbei wird zwischen Ion und einem Targetatom die Streuung und der Energieverlust mithilfe des Wechselwirkungspotentials berechnet. Das Projektilion trifft nach einer
durch die mittlere freie Weglänge und eine Zufallszahl bestimmten Flugstrecke auf seinen
nächsten Stoßpartner. Durch diesen Prozess verliert das Ion kontinuierlich seine Anfangsenergie und kommt gegebenenfalls ganz zum Stillstand. Die angestoßenen Atome können
genug Energie aufnehmen um weitere Stöße auszuführen und eine Kaskade auszulösen. Zu
beachten ist dabei, dass bei SRIM die Vorgeschichte des Targetmaterials nicht berücksichtigt wird. Das bedeutet, dass Effekte durch primär erzeugte Defekte oder - bei mehrkomponentigen Targets - durch präferentielles Sputtern erzeugte neue Zusammensetzungen bei
weiterer Bestrahlung nicht berücksichtigt werden. Ausgehend von einem amorphen Festkörper wird auch die Kristallstruktur bei der Simulation nicht berücksichtigt.
In Abbildung 2.9 sind beispielhaft Kaskaden von Heliumionen in Kupfer für verschiedene
Energien (1 keV, 5 keV, 10 keV, 50 keV) dargestellt. Erzeugte Defekte werden hierbei mit
einem roten Punkt gekennzeichnet, die Bewegung von Targetatomen (Kupfer) mit einem
grünen Punkt. Anhand einer roten Linie kann man somit den Verlauf des eindringenden
Ions verfolgen.
22
2.4. Die Bestrahlung von Festkörpern mit Ionen
(a) 1 keV
(b) 5 keV
(c) 10 keV
(d) 50 keV
Abbildung 2.9.: Beschuss von Kupfer mit Heliumionen verschiedener Energien mit SRIM simuliert.
Ein roter Punkt wird bei der Erzeugung von Defekten durch das Ion gezeichnet. Grüne Punkte
stehen für die Bewegung der Kupferatome.
Es ist zum einen deutlich zu erkennen, dass die Eindringtiefe der Ionen mit steigender Energie zunimmt, zum anderen ändert sich die Kaskadenform. Somit können erste
Aussagen über Eindringtiefe und Platzwechselerzeugung getroffen werden. Für mehrkomponentige Targets wird die Atomart des Stoßpartners zufällig entsprechend der jeweiligen
prozentualen Zusammensetzung ermittelt. Detailierte Ergebnisse über Sputterraten, deponierte Energien und erzeugte Defekte werden in Kapitel 5.1.1 gezeigt.
23
2. Grundlagen
2.5. Molekulardynamik-Simulationen
Zur Berechnung der physikalischen Eigenschaften von Vielteilchensystemen werden häufig
Molekulardynamik(MD)-Simulationen eingesetzt. Hierbei wird der Festkörper als ein System von N Massepunkten der Massen mi beschrieben, die über ein interatomares Potential
Φ miteinander wechselwirken. Aus MD-Simulationen können Aussagen über Phasendiagramme, elastische Eigenschaften oder die Kinetik verschiedenster Vorgänge, wie z.B. der
Mischung oder der Ordnungseinstellung, genauer studiert werden. Der Vorteil gegenüber
anderen Simulationsmethoden ist, dass große Systeme mit einer großen Anzahl von Atomen dynamisch und zeittreu untersucht werden können und trotzdem die Simulationszeit
angemessen klein bleibt. Systeme mit mehreren tausend Atomen können so über einen Zeitraum von bis zu einigen Nanosekunden „beobachtet“ werden. In den folgenden Abschnitten
werden die Grundlagen der MD-Simulation erläutert, sowie die hier für die Simulation von
Metallen verwendeten Potentiale aufgezeigt.
2.5.1. Grundlagen
Die Methode der MD-Simulation basiert auf der numerischen Lösung der Newtonschen
Bewegungsgleichungen Fi = mi r¨i , für N Teilchen. Die jeweiligen Kraftkomponenten werden
hierbei aus den Gradienten des Wechselwirkungspotentials Φi bestimmt:
i.
Fi = −∇Φ
(2.29)
Für die numerische Integration existiert eine Vielzahl von unterschiedlichen Algorithmen.
Einen Einblick in die Methode der numerischen Integration liefert ein einfacher Algorithmus, der sogennante Velocity-Verlet-Algorithmus, bei dem die Koordinate ri (t + Δt) des
Teilchens sich aus den Koordinaten zum Zeitpunkt t und t − Δt und der Beschleunigung
r¨i (t) zusammensetzt. Einen ähnlichen Zusammenhang erhält man für die Geschwindigkeit.
Entscheidend für die Integration ist u.a. die Wahl der Schrittweite Δt, die einen starken
Einfluss auf die Genauigkeit der Energie hat. Bei dem Velocity-Verlet-Algorithmus ist eine
gute Stabilität des Mittelwertes der Energie gegeben.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde für die numerische Integration ein GearPredictor-Corrector-Algorithmus verwendet. Bei den Predictor-Corrector-Algorithmen wird
eine anschließende Korrektur solange durchgeführt bis eine vordefinierte Fehlergrenze unterschritten wird [Haile, 1992].
Um den Einfluss der Temperatur auf das untersuchte System zu beschreiben, wird die
Temperatur nach der kinetischen Gastheorie über die Geschwindigkeit der Teilchen kontrolliert. Mit Hilfe eines von Berendsen u. a. (1984) vorgeschlagenen Verfahrens wird die
24
2.5. Molekulardynamik-Simulationen
Temperatur des Vielteilchensystems über einen Dämpfungsfaktor τ an die gewünschte Temperatur T0 angepasst:
dT (t)
T0 − T (t)
=
.
(2.30)
dt
τ
Auf die gleiche Art kann der Druck des Systems kontrolliert und über eine zweite Dämp-
fungskonstante an einen gewählten Druck p0 angepasst werden.
Dadurch, dass zu jedem Zeitpunkt der Simulation alle Positionen der Atome bekannt
sind, kann die zeitliche Entwicklung des Systems mit einem 3D-Visualisierungsprogramm
analysiert werden. Im Rahmen dieser Arbeit wurde hierfür das Programm RASMOL verwendet [Sayle und Milnerwhite, 1995].
2.5.2. Das EAM- und das Tight-Binding-Potential
Als einfachstes Wechselwirkungspotential wird in der MD-Simulation das Paarpotential
verwendet. Es liefert gute Ergebnisse im Fall von Gasen (Van-der-Waals-Potential). Da in
Festkörpern jedoch die Elektronenorbitale überlappen und komplexere Bindungsverhältnisse vorherrschen, sind Paarpotentiale ungeeignet für die Vorhersage von Eigenschaften.
Besonders schwierig gestaltet sich die Beschreibung von Metallen und Oberflächen. Für
diesen Zweck wurde die Embedded-Atom-Methode (EAM) entwickelt, bei der die Atomkerne als in einem See aus delokalisierten Elektronen eingebettet betrachtet werden. Wie
bei einem Paarpotential existieren zwei Terme, ein repulsiver und ein attraktiver Term
[Daw u. a., 1993]:
Ec (Rij ) =
i
wobei
ρaj
1 Gi (
ρaj (Rij )) +
Uij (Rij ),
2
j=i
(2.31)
i,j(i=j)
die Elektronendichte des einzelnen Atoms j und Rij die Relativkoordinate von
Atom i zu Atom j bedeuten. Der repulsive Term ist hierbei durch die elektrostatische Wechselwirkung in Uij berücksichtigt. Bei dem attraktiven Term kommt ein Mehrkörper-Ansatz
ins Spiel, hier wird die lokale Elektronendichte als die Summe über alle Einzelelektronendichten ausgedrückt und ergibt somit die Embedding-Energie. Da auch hier die Berechnung der Gesamtelektronendichte sehr aufwendig ist, wird ein sogenannter Cut-Off-Radius
festgelegt, ab dem der Einfluss auf die lokale Konfiguration vernachlässigt wird. Dieser
Abschneideparameter wird auf einen Abstand gesetzt, der zwischen zweitem und drittem
nächsten Nachbarn liegt. Die so gewonnenen halbempirischen Potentiale, die an die Eigenschaften des Festkörpers angepasst sind, überzeugen durch ihre einfache Form (und damit
schnelle Rechenzeit) und ihre gute Übereinstimmung mit experimentellen Daten.
Für das System CuAu wurden zwei (für einen späteren Vergleich der Ergebnisse) verschiedene Potentiale verwendet, die von Foiles u. a. (1986) sowie von Cleri und Rosato
25
2. Grundlagen
(1993) entwickelt wurden. Die beiden Potentiale wurden ausgewählt, da sie relativ einfach
in den vorhanden MD-Code implementiert werden können. Alle in dieser Arbeit vorgestellten Simulationen wurden unter gleichen Bedingungen für beide Potentiale durchgeführt.
Bei dem von Foiles u.a. entwickelten Potential handelt es sich um ein EAM-Potential,
bei dem sich die Elektronendichte des Atoms ρa aus den Elektronendichten der s- und dElektronen zusammensetzt:
ρa (R) = ns ρs (R) + nd ρd (R).
Hierbei sind ns und nd die Anzahl der äußeren s- und d- Elektronen und ρs und ρd die s- und
d-Elektronendichten. Als anziehender Teil des Potentials wird eine Paarwechselwirkung
angenommen, die eine der Coulomb-Wechselwirkung ähnliche Struktur aufweist:
UAB (R) = ZA (R)ZB (R)/R
(2.32)
Mit:
Zn (R) = Z0 (1 + βRν )e−αR ,
für n = A oder B wird Z0 als die Summe der s- und d-Elektronen angenommen, α, β
und ν sind Parameter, die experimentellen Daten wie dem Schermodul, Leerstellenerzeugungsenergie und die Gitterkonstanten angepasst werden. In Tabelle 2.3 sind die für die
CuAu-Legierung verwendeten Parameter dargestellt.
Tabelle 2.3.: Potentialdaten für Cu und Au des EAM-Potential nach [Foiles u. a., 1986].
Parameter
Cu
Au
Z0 [(eV · Å) ]
11,0
11,0
α
1,7227
1,4475
β [Å−1 ]
0,1609
0,1269
ν
2
2
ns
1,0
1,0809
1
2
Das zweite für die in dieser Arbeit vorgestellten MD-Simulationen verwendete Potential
ist das sogenannte second-moment approximation tight binding (TB) Potential, das von
Cleri und Rosato (1993) unter der Einbeziehung quantenmechanischer Effekte für Metalle
entwickelt wurde. Da bei Übergangsmetallen die meisten Eigenschaften durch das breite
d-Band bedingt sind, wird bei tight binding Potentialen ein proportionaler Zusammenhang
zwischen der Bandenergie und der Quadratwurzel des zweiten Momentes der Elektronenzustandsdichte angenommen. Dementsprechend ergibt sich für die attraktive Bandenergie
26
2.5. Molekulardynamik-Simulationen
i des i-ten Atoms:
EB
i
=−
EB
⎧
⎨
⎩
2
ξAB
· e−2qAB (rij /r0
AB −1)
j
⎫1
⎬2
⎭
,
(2.33)
wobei rij den Abstand zwischen den Atomen i und j im AB Gitter repräsentiert. Um
einen stabilen Kristall zu erzeugen, wird ein abstoßender Term benötigt. Dieser repulsive
Energieterm wird durch die Born-Mayer Ion-Ion Wechselwirkung realisiert:
i
=
ER
CAB · e−pAB (rij /r0
AB −1)
.
(2.34)
j
Als Gesamtenergie ergibt sich:
Ec =
i
i
(ER
+ EB
).
(2.35)
i
Somit verbleiben im Rahmen der Beschreibung nach Cleri und Rosato fünf freie Parameter:
der Nächste-Nachbar-Abstand r0 , das effektive Hopping-Integral ξ sowie die Parameter C,
p und q, die an die experimentellen Werte für die Kohäsionsenergie, die Gitterkonstanten
und die elastischen Konstanten angepasst werden. In Tabelle 2.4 sind die für CuAu verwendeten Paramter dargestellt. Ein Vergleich der jeweils aus den angepassten Potentialen
von Foiles und Cleri/Rosato berechneten physikalischen Eigenschaften mit experimentellen
Daten aus der Literatur findet sich in Tabelle 2.5. Die bleibenden Diskrepanzen sind u.a.
dadurch bedingt, dass das Potential nach Foiles an experimentellen Daten für elementares
Cu und Au angepasst wurde, während das Potential nach Cleri und Rosato hinsichtlich
der physikalischen Eigenschaften von L12 -geordnetem Cu3 Au optimiert wurde. Eine Optimierung des TB-Potentials für CuAu war im Rahmen der Arbeit nicht möglich.
Tabelle 2.4.: Potentialdaten für Cu und Au sowie Cu3 Au des Tight-Binding (TB)-Potential nach
[Cleri und Rosato, 1993].
Parameter
Cu
Au
Cu3 Au
C [eV]
0,0855
0,2061
0,1539
ξ [eV]
1,224
1,790
1,5605
p
10,960
10,229
11,05
q
2,278
4,036
3,0475
27
2. Grundlagen
Tabelle 2.5.: Vergleich der theoretisch berechneten physikalischen Eigenschaften der L10 geordneten CuAu-Legierung für das EAM-Potential nach Foiles und das TB-Potential nach Cleri und
Rosato mit den Literaturdaten für experimentell bestimmte physikalische Eigenschaften [Wei u. a.,
1987].
(a0 , c Gitterkonstanten, B Kompressionsmodul, Ec Kohäsionsenergie )
Parameter
Foiles
Cleri-Rosato
Literaturdaten
(experimentell)
28
Ec [eV]
-3.8149
-3,731
-3,74
a0 [Å]
4.201
3.904
3,966
c [Å]
3.279
3.735
3,673
B [Mbar]
1,35
1,21
1,63
c/a
0,78
0,96
0,93
3. Experimentelles
Im Folgenden werden die in der vorliegenden Arbeit angewendeten experimentellen Methoden kurz beschrieben. Im Anschluß daran werden der für die MD-Simulation verwendete
PARCAS-Code sowie die damit verbundenen Simulationsbedingungen vorgestellt.
3.1. Das Nanopartikel-Depositions-System
Für die Partikelsynthese wurde ein Inertgas-Kondensations-System, bestehend aus einer
Nukleations- und Aggregationskammer und einer Depositionskammer verwendet. Der schematische Aufbau ist in Abbildung 3.1 gezeigt.
Abbildung 3.1.: Schematische Darstellung der Nanopartikel-Depositionsanlage Nanodep 60.
Die Nanopartikel-Depositionsanlage vom Typ Nanodep 60 der Firma Oxford Applied Research (OAR), basiert auf einer von Haberland u. a. (1994) entwickelten Partikelquelle, in
29
3. Experimentelles
der Nanopartikel aus einem durch Magnetronsputtern in einer Edelgasatmosphäre erzeugten übersättigten Dampf kondensieren und wachsen. Eine zwischen Anode und Kathode
des Sputterkopfes angelegte Spannung ionisiert das eingelassene Edelgas (Argon oder Helium) und schlägt durch Impulsübertrag Atome aus der Oberfläche des Sputtertargets
heraus (vgl. hierzu auch Kapitel 2.4.1). Um eine möglichst hohe Sputterausbeute zu erhalten, befindet sich hinter dem Target ein ringförmiger Selten-Erd-Permanentmagnet. Sein
Streufeld sorgt dafür, dass sich die Edelgasionen des vor dem Target entstandenen Plasmas auf Spiralbahnen bewegen und erhöht so durch die verlängerte Wegstrecke der Edelgasatome den Ionisationsgrad des Plasmas. Die Partikelquelle wird stromgesteuert über
ein DC-Netzteil betrieben, was einen zeitlich konstanten Sputterabtrag ermöglicht. Eine
kontinuierliche Gaszufuhr erzeugt zudem einen vom Target weg gerichteten Gasstrom. Der
entstandene übersättigte Metalldampf wird durch Diffusion und Konvektion abtransportiert. In kühleren Regionen hinter dem Plasma beginnt die Nukleation mit der Bildung
von Dimeren und Clustern. Nach der Kollision zweier Partikel bleiben diese durch Van-derWaals-Kräfte verbunden (Koagulation) und wachsen anschließend durch Oberflächen- und
(in geringerem Maße) Volumendiffusion zusammen (Koaleszenz). Sind die Partikel bereits
stark abgekühlt, so bilden sich beim Zusammenstoßen nicht mehr vollständig koaleszierende Agglommeratketten. Das Partikelwachstum hängt somit stark von den Bedingungen
innerhalb der Nukleationskammer ab (vgl. Kapitel 2.3). Eine detaillierte Schemazeichnung
des Aufbaus der Nukleations- und Aggregationskammer ist in Abbildung 3.2 gezeigt. Es
gibt zwei unterschiedliche Gaszuführungen für Sputtergas und ein Schleiergas. Das Schleiergas wird dazu eingesetzt den Partikelstrom in Richtung der Kammerwände zu reduzieren
und so eine höhere Ausbeute zu erzielen. Der Druck in der Nukleationskammer wird über
die Sputter- und Schleiergaszufuhr gesteuert. Zusätzlich kann der Druck über die Größe der
differentiellen Pumpenblenden zur Depositionskammer variiert werden. Da die Wegstrecke,
die die Partikel zurücklegen, bevor sie durch den mittels differentiellen Pumpens erzeugten
Tabelle 3.1.: Prozessparameter an der Nanopartikel-Depositionsanlage Nanodep60 [Schäffel, 2006].
30
Parameter
Wertebereich
Gasdruck in der Nukleationskammer pnucl
0,3 - 3 mbar
Sputterleistung PSp
10 - 250 W
Aggregationslänge lA
60 - 200 mm
Blendendurchmesser der vorderen Blende dB1
0,8 - 3 mm
Blendendurchmesser der hinteren Blende dB2
2 - 6 mm
Belegzeit tB
Sekunden - Stunden
3.1. Das Nanopartikel-Depositions-System
Abbildung 3.2.: Schematische Darstellung der Nukleationskammer, aus [Schäffel, 2006].
Druckgradienten in das Hochvakuum der Depositionskammer ejiziert werden, maßgeblich
den Agglomerationsgrad der Partikel beeinflusst, ist es möglich, die so genannte Agglomerationslänge durch Positionierung des Sputterkopfes mechanisch zu verändern. Eine Auflistung der zu modifizierenden experimentellen Parameter ist in Tabelle 3.1 gegeben. Um
eine Oxidation der Partikel während der Herstellung zu vermeiden, genügt das Gesamtsystem Ultrahochvakuum-Bedingungen (Enddruck ohne Gasfluss pend ≈ 5 · 10−10 mbar).
Das Vakuum wird durch zwei Turbomolekularpumpen erzeugt. Die Proben werden mittels
einer Ladeschleuse in die Depositionskammer befördert. Der Probenhalter in der Depositionskammer ist in alle drei Raumrichtungen verstellbar und kippbar. Die Deposition erfolgt
auf kommerziell erhältlichen, für transmissionselektronenmikroskopische Untersuchungen
geeigneten Kupfernetzchen, die mit einer 10 nm dünnen amorphen Kohlenstoffschicht beschichtet sind (Hersteller: Plano GmbH ).
31
3. Experimentelles
3.2. Versuchsaufbau für die Ionenbestrahlung
Für die Bestrahlung der Partikel mit Ionen wurde ein Niederenergie-Ionenimplanter vom
Typ DANFYSIK 1050 verwendet. Dieser ist durch die Kooperation mit Dr. Jürgen Fassbender am Forschungszentrum Dresden Rossendorf für die Bestrahlung der Nanopartikel
nutzbar gewesen. Das System ermöglicht Bestrahlungen mit verschiedensten Ionenarten im
Energiebereich von 200 eV bis zu 40 keV. Eine schematische Darstellung des Implanters ist
in Abbildung 3.3 gezeigt.
Abbildung 3.3.: Schematische Darstellung des Niederenergie-Ionenimplanters DANFYSIK 1050.
Je nach Ionenart werden andere Mechanismen zur Ionisierung verwendet. Während bei
Elementen, die als Festkörper vorliegen, DC-Magnetronsputtern eingesetzt wird, werden
gasförmige Elemente durch Umströmung eines Heizdrahtes ionisiert. Die so ionisierten
Atome werden durch ein Massenspektrometer nach ihrer Masse und Ladung separiert und
durchlaufen anschließend eine Beschleunigungskaskade, über die die gewünschte Ionenenergie eingestellt wird. Über Deflektorplatten ist es möglich, den Ionenstrahl zu rastern und
so eine gleichmäßige Bestrahlung der Probe zu erreichen. Die Probe selbst befindet sich
32
3.3. Hochauflösende Transmissionselektronenmikroskopie
in einer Hochvakuumkammer und wird bei Zimmertemperatur bestrahlt. Der Ionenstrom
wird durch vier um die Probe herum angebrachte Faraday-Becher gemessen. Typische
Ionenstromdichten liegen bei 0,5 μA/cm2 . Neben der Ionenenergie ist die Ionendosis ein
entscheidender Parameter, wenn es um die Modifizierung von Materie geht. Da der Implanter für kommerzielle Zwecke entwickelt wurde, musste ein spezieller Halter für die 3 mm
großen TEM-Netzchen konstruiert werden. Eine detaillierte Skizze findet sich in Anhang
A.2. An der Unterseite befindet sich eine anschraubbare Kappe, die es ermöglicht, während
der Bestrahlung einen NdFeB-Rundmagneten von 2,5 cm Durchmesser einzusetzen und so
ein Magnetfeld senkrecht zur Probenoberfläche zu erzeugen.
3.3. Hochauflösende Transmissionselektronenmikroskopie
Untersucht man Strukturen, deren Ausdehnungen unterhalb von einigen hundert Nanometern liegen, so versagt das gewöhnliche Lichtmikroskop. Bei Elektronenmikroskopen wird
der Wellencharakter der Elektronen und deren kurze Wellenlänge ausgenutzt um Strukturen dieser Größe vergrößert abbilden zu können. Je nach Typ kann man im konventionellen (nicht abberationskorrigierten) hochauflösendes Transmisionselektronenmikroskop
(High Resolution Transmission Electron Microscope, HRTEM) Strukturen mit minimalen
lateralen Abmessungen von 1-2 Å auflösen. Der Aufbau eines HRTEM’s ist dem eines Lichtmikroskopes ähnlich, wobei anstelle der Glaslinsen elektromagnetische Linsen verwendet
werden. In Abbildung 3.4 ist exemplarisch der schematische Querschnitt und der Strahlengang in der Hellfeldabbildung eines Elektronenmikroskopes der Firma Philips (heute FEI
Company) zu sehen.
Für die Auflösung von atomaren Strukturen mittels HRTEM werden neben den ungebeugten Wellen auch die gebeugten Wellen zur Bildentstehung verwendet. Durch Interferenz der Einzelwellen entsteht eine Gitterabbildung. Dementsprechend werden hohe Anforderungen an die abbildenden Linsen und an das Vakuumsystem des Mikroskopes gestellt.
Für die in der Arbeit erstellten Übersichtsbilder wurde ein Transmissionselektronenmikroskop (TEM) der Firma JEOL vom Typ JEM-2000FX verwendet, das mit einem energiedispersiven Röntgendetektor der Firma EDAX ausgestattet ist. Dieser ermöglicht durch
Analyse der Röntgen-Fluoreszenzstrahlung eine Bestimmung der Konzentrationen der in
der Probe enthaltenen Elemente. Das Mikroskop ist mit einer LaB6 -Kathode (thermischer
Emitter) als Strahlenquelle ausgerüst und wird mit einer Beschleunigungsspannung von
200 keV betrieben. Für die hochauflösenden Aufnahmen wurde ein HRTEM der Firma FEI
vom Typ Tecnai F30 verwendet, das eine Feldemissionskathode als Strahlenquelle besitzt
und mit einer Beschleunigungsspannung von 300 keV betrieben wird. Auch das HRTEM
33
3. Experimentelles
besitzt ein EDX-System, das eine chemische Analyse im Nanometerbereich ermöglicht. Sowohl die HRTEM- als auch die TEM-Bilder werden mit CCD-Kameras aufgenommen, die
den Vorteil haben, dass eine schnelle Bildfolge (sog. „Live“-Modus) und zu jedem Bild
auch ein Fourier-transformiertes („Fast Fourier Transformed“, FFT) Bild erstellt werden
kann. Das so erhaltene FFT-Bild („Diffraktogramm“) entspricht im Wesentlichen dem Beugungsbild des abgebildeten Probenbereiches und ermöglicht eine Analyse der vorhandenen
atomaren Struktur.
34
3.3. Hochauflösende Transmissionselektronenmikroskopie
Abbildung 3.4.: Schnitt durch ein Elektronenmikroskop mit Strahlengang für Hellfeldabbildung
c
(Philips).
35
3. Experimentelles
3.3.1. Bestimmung der Größenverteilung
Die ermittelten Übersichtsbilder wurden mit Hilfe eines TEM-Analyseprogrammes (iTEM )
bezüglich der Größe der erzeugten Nanopartikel ausgewertet. Um die Partikelgrößen möglichst präzise zu bestimmen, wird die Form der Partikel im TEM-Bild allgemein als elliptisch angenommen. Entsprechend ergeben sich bei der Auswertung die kleine Achse a und
die große Achse b als Partikelmaße. Mit Hilfe dieser Daten wird das Volumen des Partikels
als das Volumen eines entsprechenden Rotationsellipsoids bestimmt:
4 a 2 b
.
VEllipsoid = π
3
2
2
(3.1)
Um eine einheitliche Partikelgröße angeben zu können, wird das so bestimmte Partikelvolumen einem Kugelvolumen gleichgesetzt und daraus der entsprechende Durchmesser
eines kugelförmigen Teilchens dP = 3 π6 VEllipsoid als Partikeldurchmesser (=Partikelgröße)
berechnet. Alle in dieser Arbeit erwähnten Partikeldurchmesser bzw. Radien wurden nach
diesem Prinzip berechnet.
Nach Granqvist und Buhrman (1976) ist die Partikelgrößenverteilung von durch Inertgaskondensation hergestellten Partikeln durch eine Logarithmische Normalverteilung beschreibbar. Dies ist eine schiefe Normalverteilung bei der größere Partikel eine stärkere
Wichtung bekommen. Hierbei ist die Häufigkeitsverteilung des Durchmesser dP durch folgenden Zusammenhang gegeben:
1
e−
y(dP ) = √
2πwdP
dP 2
)
dc
P
2w2
(ln
.
(3.2)
Der Zusammenhang zu den ermittelten Werten für den Erwartungswert d¯P und die Standardabweichung σ folgt den Relationen [Bronstein u. a., 2001]:
σ = dcP ew2 (ew2 − 1),
dP = dcP · e
w2
2
.
(3.3)
(3.4)
In den ermittelten Histogrammen der Übersichtsbilder sind jeweils die Parameter für
die Logarithmische Normalverteilung und der bestimmte Erwartungswert und die Standardabweichung gegeben. Abbildung 3.5 zeigt exemplarisch den Zusammenhang zwischen
gemessenen Durchmessern und der gefitteten Logarithmischen Normalverteilung.
36
3.3. Hochauflösende Transmissionselektronenmikroskopie
Abbildung 3.5.: Beispiel für die Anwendbarkeit der Logarithmischen Normalverteilung bei der
Auswertung von Partikeldurchmessern.
37
3. Experimentelles
3.3.2. Statistik der Strukturanalyse
Um eine quantitative Aussage über die auftretende Strukturumwandlung während der
Ionenbestrahlung zu erhalten werden die HRTEM-Bilder bezüglich der auftretenden Partikelmorphologien untersucht. Für die Charakterisierung wird zwischen einkristallinen Partikeln, einfach verzwillingten Partikeln, Dekaedern, Ikosaedern und polykristallinen Partikeln unterschieden. Zudem wurden Partikel als geordnet angesehen, sobald {001}-Reflexe
oder {110}-Reflexe sichtbar waren. In den Abbildungen 3.6, 3.7 und 3.8 sind beispielhaft
HRTEM-Bilder von FePt- und CuAu-Nanopartikeln unterschiedlicher Morphologien und
die dazugehörigen Diffraktogramme gezeigt. Die Reflexe, die zur Identifizierung der Struktur genutzt wurden, sind farbig markiert. Bei dem einfach verzwillingten Partikel (3.6 b) ist
eine 70◦ Drehung des Kristalls um die (111)-Ebene erkennbar, die die energetisch günstigste
Zwillingsebene darstellt. Neben den einkristallinen und einfach verzwillingten Partikel stellt
sich die Unterscheidung zwischen Ikosaeder und polykristallinem Partikel als schwierig dar,
da bei beiden Strukturen extrem kleine kristalline Domänen und ihre Korngrenzen abgebildet werden müssen. Ein Ring im Diffraktogramm oder eine Vielzahl von {111}-Reflexen
deuten zudem auf ein polykristallines Partikel hin. Bei Ikosaedern muss man zwischen
den verschiedenen Orientierungen zum Elektronenstrahl unterscheiden: zwei-, drei- und
fünfzählige Symmetrie. In Abbildung 3.8 ist ein Ikosaeder entlang seiner dreizähligen Symmetrieachse gezeigt. Im Diffraktogramm ist eine dreifache Aufspaltung des {111}-Reflexes
zu erkennen, die durch die hintereinander liegenden Tetraeder erzeugt wird.
Für jede Probe wurden vor und nach der Bestrahlung jeweils mindestens 100 Partikel bezüglich ihrer atomaren Struktur ausgewertet. Somit konnte als Fehler der Auswertung der
√
statistische Fehler gewählt werden, der mit N skaliert.
38
3.3. Hochauflösende Transmissionselektronenmikroskopie
(a) Einkristallines CuAu-Nanopartikel entlang der (110)-Zonenachse und dazugehöriges Diffraktogramm.
(b) Einfach verzwillingtes CuAu-Nanopartikel und dazugehöriges Diffraktogramm.
Abbildung 3.6.: HRTEM-Aufnahmen von CuAu-Nanopartikeln unterschiedlicher Struktur und
Morphologie. Rechts: zugehörige Diffraktogramme.
39
3. Experimentelles
(a) L10 -geordnetes FePt-Nanopartikel und dazugehöriges Diffraktogramm.
(b) Polykristallines FePt-Nanopartikel und dazugehöriges Diffraktogramm.
Abbildung 3.7.: HRTEM-Aufnahmen von FePt-Nanopartikeln unterschiedlicher Struktur und
Morphologie. Rechts: zugehörige Diffraktogramme.
40
3.3. Hochauflösende Transmissionselektronenmikroskopie
(a) CuAu-Ikosaeder entlang seiner dreizähligen Symmetrieachse und dazugehöriges
Diffraktogramm. (Der {002}-Reflex gehört nicht zum Ikosaeder, sondern zum kristalllinen Bereich rechts daneben).
(b) CuAu-Dekaeder entlang seiner fünfzähligen Symmetrieachse und dazugehöriges
Diffraktogramm.
Abbildung 3.8.: HRTEM-Aufnahmen von CuAu-Nanopartikeln unterschiedlicher Struktur und
Morphologie. Rechts: zugehörige Diffraktogramme.
41
3. Experimentelles
3.4. Der PARCAS Code
Alle MD-Simulationen wurden mit einem von K. Nordlund entwickelten parallel arbeitenden Code erstellt [Ghaly u. a., 1999]. Dieser Code arbeitet mit einem Gear-PrediktorKorrektor-Algorithmus fünfter Ordnung um die Bewegungsgleichungen zu lösen. Diese Art
der numerischen Integration wurde im Abschnitt 2.5.1 schon kurz erwähnt und wird im Detail bei Haile (1992) erläutert. Der PARCAS (PArallel CAScade)-Code wurde ursprünglich
für die Simulation von Kollisionskaskaden von Ionen in Festkörpern entwickelt. Da er jedoch
eine recht gute Einbindung neuer Potentiale und eine übersichtliche Eingabedatei zulässt,
wurde er in dieser Arbeit für die vorgestellten Energieauswertungen gewählt. Besonders seine Anwendbarkeit auf mehrelementige Systeme ist ein großer Vorteil. Der Code ermöglicht
es, ein beliebiges atomares Gitter einzufügen oder einen Kristall durch die Vorgabe einer
Einheitszelle aufzubauen. Für die verwendeten Morphologien wurde die jeweilige Struktur
mit einem separaten Code erzeugt und in PARCAS eingegeben. Über die „Abkühlung“
des Kristalls auf 0 K ist eine Relaxation der Gitterstruktur möglich. Ebenso kann ein Kristall auf eine beliebige Temperatur erhitzt werden. Die Temperaturkontrolle erfolgt hierbei
mit einem so genannten Berendsen-Thermostaten. Bei der Simulation von Nanopartikeln
ist darauf zu achten, dass die periodischen Randbedingungen deaktiviert sind. Durch die
Steuerung der Ausgabeintervalle ist eine Ausgabe der Position der Atome zu jedem Zeitpunkt möglich . Dies ist besonders bei längeren Simulationen von Bedeutung, um die Größe
der Ausgabedatei nicht unnötig zu erhöhen. Intern arbeitet PARCAS mit dimensionslosen
reduzierten Einheiten, die vor der Ausgabe jedoch wieder in die einheitenbehafteten realen
Werten der Atompositionen umgerechnet werden. Es stehen noch mehr Funktionalitäten,
wie die Simulation des Ionenbeschusses und verschiedener Atom-Wechselwirkungstypen zur
Verfügung, auf die hier nicht näher eingegangen wird.
42
4. Morphologische Betrachtung für binäre
Legierungs-Systeme
Im folgenden Kapitel wird der Einfluss der Prozessparameter auf die Synthese der binären
Partikel näher erläutert. Besonders hervorgehoben werden hierbei die für die Untersuchung
der Einflüsse von Ionenbestrahlung gewählten Standardproben. Da bisher noch keine Erkenntnisse über die CuAu-Partikelherstellung existieren, wurden hierzu grundlegende Versuchsreihen durchgeführt. In Abschnitt 4.3 wird eine Diskussion über die Stabilität der verschiedenen Strukturen und Phasen auf der Basis der Ergebnisse aus den MD-Simulationen
geführt.
4.1. Einfluss der Prozessparameter auf Morphologie und
Struktur deponierter FePt-Partikel
4.1.1. Ergebnisse zu verschiedenen Aggregationslängen
Für die Charakterisierung des Einflusses der Prozessparameter auf FePt-Partikel kann auf
die Ergebnisse von Schäffel (2006) zurückgegriffen werden. Der dort bestimmte Einfluss
der Aggregationslänge (lA ) auf Partikelgröße und Agglomerationsneigung ist exemplarisch
in Abbildung 4.1 gezeigt. Es ist deutlich zu erkennen, dass die Anzahl der Primärpartikel
pro Agglomerat (PPPA) für eine kurze Agglomerationslänge am kleinsten ist. Hier ist der
Primärpartikeldurchmesser mit einem Wert von dP = 2, 8 nm ebenfalls klein. Da es jedoch
für die Untersuchung des Einflusses der Ionenbestrahlung von Vorteil ist, diese Untersuchung an nicht agglomerierten Partikeln durchzuführen, wurde eine Aggregationslänge von
60 mm für die weiteren Experimente gewählt. Wie von F. Schäffel gezeigt, kann dP durch
Erhöhung des Sputterdruckes auf pnucl = 1, 5 mbar noch etwas erhöht werden.
4.1.2. Ergebnisse zu verschiedenen Sputterströmen
Die Wachstumskinetik der Nanopartikel ist neben dem Nukleationsdruck maßgeblich von
der Plasmaenergiedichte und damit dem Sputterstrom abhängig. Wang u. a. (2006) haben
43
4. Morphologische Betrachtung für binäre Legierungs-Systeme
Abbildung 4.1.: Abhängigkeit (a) des Partikeldurchmessers und (b) der Anzahl an Primärpartikeln pro Agglomerat (PPPA), von der Aggregationslänge bei FePt-Nanopartikeln (pnucl = 1 mbar,
dB1 = 3 mm, dB2 = 4 mm, ISp = 0, 1 A, tB = 10 s) nach [Schäffel, 2006].
gezeigt das durch eine Veränderung der Geometrie des Targets eine direkte Synthese von
L10 -geordneten FePt-Partikeln möglich ist [Qiu und Wang, 2006]. Dies ist auf die höhere Plasmaenergiedichte und die durch den geometrisch verringerten Gasfluss reduzierte
mittlere freie Weglänge zurückzuführen.
Auf Grundlage dieser Überlegungen wurden Versuche zur Untersuchung des Einflusses
von hohen Sputterströmen auf den Partikeldurchmesser durchgeführt. Hierfür wurde ein
Druck von pnucl = 2, 5 mbar gewählt. Die Abhängigkeit des Partikeldurchmessers sowie die
Agglomerationsneigung vom Sputterstrom sind in Abbildung 4.2 dargestellt. Die entsprechenden exemplarischen Übersichtsbilder und Histogramme der Partikelgrößenverteilung
sind für die Ströme 0,1 A, 0,3 A und 0,5 A in Abbildung 4.3 gezeigt. Wie aus Abbildung
4.2 ersichtlich wird, steigt der Partikeldurchmesser bei einem Sputterstrom von 0,2 A zunächst auf dP = 4, 4 nm an. Bis zu einem Sputterstrom von 0,5 A sinkt er anschließend
auf dP = 3, 3 nm. Die Agglomerationsneigung nimmt mit steigendem Sputterstrom und
damit steigendem Materialabtrag zu. Durch die höhere Plasmaenergiedichte und die damit verbundenen Syntheseparameter ist es möglich, auch ohne Modifikation der Geometrie des Targets L10 -geordnete FePt-Partikel zu erzeugen. In Abbildung 4.4 sind HRTEMAufnahmen eines einkristallinen L10 -geordneten FePt-Partikels und eines Ikosaeders mit
einem L10 -geordneten Tetraedersegment gezeigt. Die geordeneten Partikel liegen mit einem
Durchmesser von 20 nm weit außerhalb des ermittelten Erwartungswertes der Verteilung.
Es zeigt sich, dass alle Partikel dieser Größe eine geordnete Struktur aufweisen. Diese
Erkenntnis ermöglicht die direkte Untersuchung des Einflusses von Ionenbestrahlung auf
44
4.1. Einfluss der Prozessparameter auf Morphologie und Struktur deponierter FePt-Partikel
Abbildung 4.2.: Abhängigkeit (a) des Partikeldurchmessers und (b) der Anzahl an Primärpartikeln pro Agglomerat (PPPA) vom Sputterstrom (pnucl = 2, 5 mbar, lA = 60 mm, dB1 = 2 mm,
dB2 = 3 mm).
L10 -geordnete Partikel.
Der in Abbildung 4.4 dargestellte geordnete Ikosaeder beantwortet die noch weitgehend
ungelöste Frage, ob es möglich ist, bei der in einem Ikosaeder vorherrschenden Gitterdehnung, eine geordnete Phase einzustellen. Ob jedoch der gesamte Ikosaeder geordnet ist, ist
aus diesem Bild nicht erkennbar, da die restlichen Tetraeder in einer anderen Zonenachse
zum Elektronenstrahl liegen und so außerhalb des Winkelbereiches αOrd sind, unter dem
eine L10 -Ordnung erkennbar ist (vgl. dazu Abschnitt 2.1).
Für die Zusammensetzung der Proben ergab sich aus EDX-Messungen eine stöchiometrische Zusammensetzung von F e50 P t50 in den Partikeln bei hohen Strömen. Ausgenommen
ist hierbei die Probe bei 0,1 A, hier ergab sich eine Zusammensetzung von F e70 P t30 . Dies
wird auf den hohen Druck von 2,5 mbar zurückgeführt, durch den ein relativ hoher Volumenstrom erzeugt wird, der bedingt durch den bei ISp = 0, 1 A geringen Materialabtrag
offensichtlich nicht die Ausbildung eines ausreichend stabilen übersättigten Metalldampfs
ermöglicht.
45
4. Morphologische Betrachtung für binäre Legierungs-Systeme
Abbildung 4.3.: Exemplarische Übersichtsbilder, sowie die Partikelgrößenverteilung der FePtProben bei verschiedenen Sputterströmen (pnucl = 2, 5 mbar, lA = 60 mm, dB1 = 2 mm,
dB2 = 3 mm).
Abbildung 4.4.: (a) L10 -geordnetes FePt-Partikel und (b) L10 -geordneter FePt-Ikosaeder.
46
4.1. Einfluss der Prozessparameter auf Morphologie und Struktur deponierter FePt-Partikel
4.1.3. Verwendete Standardprobe
Eine Vergleichbarkeit der Bestrahlungsergebnisse setzt eine geeignete Standardprobe voraus. Diese sollte gut reproduzierbar und durch geeignete Standardparameter der Synthese
erreichbar sein. Die Parameter sind nach folgenden Kriterien ausgewählt:
• Stabilität der Prozessparameter und damit gute Reproduzierbarkeit
• großer Primärpartikeldurchmesser mit einer geringen Breite der Verteilung
• geringe Anzahl an Primär-Partikeln pro Agglomerat
Um die gewählten Kriterien optimal zu erfüllen, wird eine Aggregationslänge von 60 mm
gewählt und somit nahezu ein Primärpartikel pro Agglomerat erhalten. Um eine hohe Reproduzierbarkeit und damit Vergleichbarkeit der Proben zu gewähren, wird bei 1,5 mbar
und 0,1 A gearbeitet, da die Reproduzierbarkeit und die Stabilität der Prozessparamter bei
hohen Drücken (pnucl = 2, 5 mbar) nicht gewährleistet ist. Ein Übersichtsbild, ein HRTEMBild, sowie die dazugehörige Partikelgrößenverteilung einer Standardprobe, die mittels dieses Parametersatzes hergestellt wurde, sind in Abbildung 4.5 gezeigt. Durch eine geringe
Depositionszeit von 10 s wurde vermieden, dass die Partikel zu dicht aneinander liegen und
als auf dem Substrat entstandene Agglomerate erscheinen. Mit einer Standardabweichung
von σ=1,1 nm ist eine hinreichend monodisperse Verteilung des Partikeldurchmessers gegeben.
Abbildung 4.5.: (a) TEM-Übersichtsaufnahme, (b) Exemplarisches HRTEM-Bild und (c) Größenverteilung der FePt Standardprobe (pnucl = 1, 5 mbar, ISp = 0, 1 A, lA = 60 mm, tB =10 s),
dB1 = 3 mm, dB2 = 4 mm).
In Tabelle 4.1 sind die aus HRTEM-Aufnahmen gewonnenen prozentualen Verteilungen
der verschiedenen Morphologien gezeigt, die im Folgenden die Grundlage für die Auswertung der anschließenden Bestrahlungsexperimente bilden. Die Kenntnis der prozentualen
47
4. Morphologische Betrachtung für binäre Legierungs-Systeme
Ausgangsverteilung der Morphologien ist wichtig, um nach der Bestrahlung eine Aussage über die Umwandlung der einzelnen Morphologien geben zu können. Die 3% an L10 geordneten Partikeln liegen mit ihrem Durchmesser innerhalb der Größenverteilung. Eine
Identifikation des Einflusses der Ionenbestrahlung auf diese Partikel ist somit nicht möglich, da nach der Bestrahlung unklar ist, ob das Partikel zuvor geordnet oder ungeodnet
gewesen ist. Für diesen Zweck wird zusätzlich zu den Standardproben eine Probe bestrahlt,
die die in Abschnitt 4.1.2 beschriebenen ca. 20 nm großen FePt-Nanopartikel enthält, die
nach der Bestrahlung leicht identifiziert werden können.
Tabelle 4.1.: Prozentuale Verteilung der verschiedenen Morphologien der FePt-Standardprobe.
Einkristallin
(53 ± 4)%
Einfach verzwillingt
(14 ± 2)%
Ikosaeder
(12 ± 2)%
Dekaeder
(1 ± 1)%
Polykristallin
(20 ± 3)%
L10 geordnet
(3 ± 1)%
Für die Einstellung der L10 -Ordnung ist es notwendig, dass die Zusammensetzung der
Partikel in der Nähe der stöchiometrischen FePt-Legierung liegt (50 at. % Fe und 50 at.
% Pt). Dies wurde mit Hilfe von EDX-Messungen überprüft und die Zusammensetzung
der Standardproben-Partikel zu F e55 P t45 bestimmt. Damit liegt die Zusammensetzung
dieser Partikel nahezu optimal im Stabilitätsgebiet der L10 -Phase (vgl. Phasendiagramm;
Abbildung 2.2).
48
4.2. Einfluss der Prozessparameter auf Morphologie und Struktur deponierter CuAu-Partikel
4.2. Einfluss der Prozessparameter auf Morphologie und
Struktur deponierter CuAu-Partikel
Für die CuAu-Legierungspartikel waren die Abhängigkeiten des Partikeldurchmessers und
der Agglomerationsneigung von den Prozessparametern bisher nicht untersucht. Es wurden
daher im Vorfeld einige grundlegende Experimente durchgeführt, deren Ziel jedoch nicht
die vollständige Charakterisierung der Abhängigkeit der Partikeleigenschaften von den Prozessparametern war. Vielmehr wurden diese Experimente mit der Zielsetzung durchgeführt,
eine für die Bestrahlungsexperimente geeignete Probe zu finden. Die Resultate dieser Voruntersuchungen sind im Folgenden zusammengefasst.
4.2.1. Ergebnisse zu verschiedenen Aggregationslängen
Abbildung 4.6 zeigt die Abhängigkeiten des Primärpartikeldurchmessers und des Agglomerationsgrades von der Aggregationslänge lA für CuAu-Nanopartikel. Im Gegensatz zu den
FePt-Partikeln steigt der Erwartungswert des Primärpartikeldurchmessers monoton mit
lA . Bei der kürzesten Aggregationslänge von lA = 60 mm ist der Partikeldurchmesser mit
dP = 4, 7 nm am kleinsten und steigt bis zu einem Wert von dP = 5, 5 nm bei der maximalen Aggregationslänge von lA = 200 mm an. Die Ausbildung eines Plateaus, wie es bei den
FePt-Partikeln beobachtet wird, wird nicht gefunden. Die Anzahl der Primärpartikel pro
Agglomerat hingegen nimmt mit steigender Aggregationslänge ab. Der größte Wert von 2,7
Primärpartikeln pro Agglomerat wird für eine kurze Aggregationslänge von lA = 60 mm
erreicht. Dahingegen wird der kleinste Wert von 1,5 Primärpartikeln pro Agglomerat für
die größte an der Nanodep 60 einstellbare Aggregationslänge von lA = 200 mm beobachtet.
Da die Kammerwände der Nukleationskammer wassergekühlt sind, kann davon ausgegangen werden, dass das Temperaturprofil für die FePt- und CuAu-Nanopartikel identisch
ist. Das unterschiedliche Agglomerations- und Sinterverhalten von Partikeln dieser beiden Legierungen deutet daher auf eine deutlich unterschiedliche Wachstumskinetik hin.
Wie Tabelle 4.2 zu entnehmen ist, unterscheiden sich bereits die Schmelztemperaturen
der reinen Elemente der Legierungen um etwa 500 K, was eine veränderte Kinetik bei
Diffusionsgesteuerten Prozessen erwarten lässt. In Tabelle 4.2 ist ein Vergleich der thermischen Leitfähigkeit und des Schmelzpunktes für die reinen Elemente gegeben. Durch
den 500 K geringeren Schmelzpunkt von Cu bzw. Au ändert sich die Kinetik während der
Partikelsynthese. Zudem ist aus den unterschiedlichen Werten der Aktivierungsenergie der
Oberflächendiffusion von CuAu- und FePt-Nanopartikeln eine (unter ansonsten gleichen
Bedingungen) niedrigere Koaleszenzzeit τKoa zu erwarten (vgl. Abschnitt 2.2).
49
4. Morphologische Betrachtung für binäre Legierungs-Systeme
Abbildung 4.6.: Abhängigkeiten (a) des Partikedurchmessers und (b) der Primärpartikel pro
Agglomerat (PPPA) von der Aggregationslänge bei CuAu-Partikeln (pnucl = 1, 5 mbar, ISp =
0, 1 A, tB = 10 s, dB1 = 3 mm, dB2 = 4 mm).
Die Abhängigkeit der Koaleszenzzeit τKoa und der Kollisionszeit τKoll vom Partikeldurchmesser sind für FePt-Partikel (Ea = 0, 7 eV /Atom) und CuAu-Partikel (Ea = 0, 25 eV /Atom)
in Abbildung 4.7 schematisch dargestellt. Hierbei wurde davon ausgegangen, dass die Kollisionszeit τKoll durch das identische Temperaturprofil für beide Systeme gleich ist. Betrachtet man die Verweilzeiten τ60 mm und τ200 mm der Partikel in der Nukleations- und
Aggregationskammer, so wird ersichtlich, dass innerhalb der Verweilzeit τ200 mm die CuAuPartikel im Gegensatz zu den FePt-Partikeln nicht agglomerieren können. Die hohe Agglomerationsneigung der CuAu-Partikel bei einer Aggregationslänge von lA = 60 mm ist
somit auf eine Agglomeration auf dem Substrat, durch die hohe Belegdichte im Vergleich
zu einer Aggregationslänge von lA = 200 mm, zurückzuführen. Dies wird auch durch die
in Abschnitt 4.2.4 vorgestellten Ergebnisse der Deposition von CuAu-Partikeln in einem
Magnetfeld deutlich (vgl. Abbildung 4.10).
50
4.2. Einfluss der Prozessparameter auf Morphologie und Struktur deponierter CuAu-Partikel
Tabelle 4.2.: Aktivierungsenergie der Oberflächendiffusion Ea und Schmelztemperatur TS der
verwendeten Metalle Cu, Au, Fe und Pt sowie derern Legierungen FePt und CuAu.
a
b
Element
Ea [eV/Atom]
TS [K]
Referenz
Cu
0,95
1357
[Bonzel, 1990]
Au
0,87
1338
[Bonzel, 1990]
Fe
2,6
1808
[Bonzel, 1990]
Pt
0,93
2045
[Bonzel, 1990]
FePt
0,7
1853
[Stappert, 2000]a
CuAu
0,25
1183
[Schneider, 2008]b
Aktivierungsenergie der Oberflächendiffusion für FePt-Nanopartikel.
Aktivierungsenergie der Oberflächendiffusion von CuAu-Nanopartikeln.
Abbildung 4.7.: Abhängigkeit der Kollisionszeit τKoll und der Koaleszenzzeiten τKoa vom Partikeldurchmesser für FePt- und CuAu-Partikel. Die Koaleszenzzeit ist für die Aktivierungsenergien der
Oberflächendiffusion Ea = 0, 7 eV/Atom (FePt) und Ea = 0, 25 eV/Atom (CuAu) dargestellt. Die
gestrichelten horizontalen Linien beschreiben die Flugzeiten bei verschiedenen Aggregationslängen
(60 mm und 200 mm).
51
4. Morphologische Betrachtung für binäre Legierungs-Systeme
4.2.2. Variation des Nukleationsdruckes
In Abbildung 4.8 sind typische HRTEM und TEM-Übersichtsbilder von FePt-Partikeln gezeigt, die bei verschiedenen Drücken in der Nukleationskammer hergestellt wurden. Hierbei
wurde bei den Drücken pnucl = 1, 5 mbar und pnucl = 2, 5 mbar jeweils die Blendenkonfiguration so modifiziert, dass sich eine möglichst große Partikelausbeute ergab (pnucl =
1, 5 mbar: dB1 = 3 mm, dB2 = 4 mm; pnucl = 2, 5 mbar: dB1 = 2 mm, dB2 = 3 mm).
Die Partikel haben unabhängig vom Sputterdruck überwiegend eine ikosaedrische Form.
Bei pnucl =1,5 mbar sind im Mittel 2,7 Primärpartikel pro Agglomerat vorhanden, wohingegen bei dem höheren Nukleationsdruck von pnucl =2,5 mbar ein Wert von 4 Primärpartikeln
pro Agglomerat gemessen wurde. Betrachtet man den Erwartungswert der Partikelgrößenverteilung, so fällt auf, dass bei Druckerhöhung der Durchmesser von 4,7 nm auf 8,3 nm
ansteigt. Damit einher geht eine Erhöhung der Standardabweichung σ von 0,9 nm auf 2 nm,
was auf das Auftreten der schon erwähnten 20 nm großen Ikosaeder zurückzuführen ist.
Die Zunahme des Partikeldurchmessers mit steigendem Druck kann nach dem Wachstumsmodell von Flagan und Lunden (1995) erklärt werden. Zwei Mechanismen bedingen das
Wachstum bei höheren Drücken: Das Anlagern von Metallatomen aus dem Metalldampf
sowie das Wachstum durch Koagulation und Koaleszenz. Durch die höhere Gasdichte bei
höheren Drücken können mehr Gasatome ionisiert und auf die Targetoberfläche beschleunigt werden, so dass der Sputterabtrag steigt. Mit steigendem Druck sinkt die mittlere freie
Weglänge der Partikel. Da die Koaleszenzzeit druckunabhängig ist, steigt gleichzeitig die
Agglomerationsneigung, und es entstehen sowohl größere Partikel als auch Agglomerate
mit einer größeren Anzahl an Primärpartikeln. Der Anstieg des Partikeldurchmessers bei
Druckerhöhung wurde ebenso für FePt-Partikel festgestellt und in einem Druckbereich von
0,5 mbar bis 1,5 mbar beobachtet [Schäffel, 2006].
52
4.2. Einfluss der Prozessparameter auf Morphologie und Struktur deponierter CuAu-Partikel
Abbildung 4.8.: Übersichts-TEM-Aufnahmen (oben), exemplarische HR-TEM-Bilder ikosaedrischer Partikel (Mitte) und Größenverteilung (unten) von CuAu-Nanopartikeln, die bei Sputterdrücken von 1,5 mbar (links) und 2,5 mbar (rechts) hergestellt wurden.
53
4. Morphologische Betrachtung für binäre Legierungs-Systeme
4.2.3. Verwendete Standardprobe
Wie schon für FePt erläutert, wurden auch bei CuAu eine für die Untersuchung der Effekte
der Ionenbestrahlung geeignete Standardprobe und entsprechende Standardparameter der
Synthese ausgewählt, die folgende Kriterien erfüllen:
• Stabilität der Prozessparameter und damit gute Reproduzierbarkeit
• großer Primärpartikeldurchmesser mit einer geringen Breite der Verteilung
• geringe Anzahl an Partikeln pro Agglomerat
Basierend auf den Ergebnissen für verschiedene Aggregationslängen (vgl. Kap. 4.2.1) und
Nukleationsdrücke (vgl. Kap. 4.2.2) wurde eine Aggregationslänge von 200 mm und ein Nukleationsdruck von 1,5 mbar gewählt. Der mittlere Partikeldurchmesser von dP = 5, 7 nm
mit einer Standardabweichung von σ = 1, 3 nm ist deutlich größer als der entsprechende
Durchmesser der FePt Standardprobe. Dies ist durch die oben bereits diskutierte andere
Wachstumskinetik von CuAu bedingt. Durch ein stabiles Plasma mit einem Sputterstrom
von ISp = 0, 1 A wurde eine hohe Reproduzierbarkeit gewährleistet.
In Abbildung 4.9 sind eine TEM-Übersichtsaufnahme, ein HRTEM-Bild sowie die dazugehörige Partikelgrößenverteilung von deponierten CuAu-Partikeln gezeigt, die unter
Standardparametern hergestellt wurden. Um eine zu hohe Belegungsdichte und damit eine Agglomeration auf dem Substrat zu vermeiden wurde als Depositionszeit tB = 25 s
gewählt.
Abbildung 4.9.: (a) TEM-Übersichtsaufnahme, (b) Exemplarisches HRTEM-Bild und (c) Größenverteilung der CuAu Standardprobe (pnucl = 1, 5 mbar, ISp = 0, 1 A, lA = 200 mm, tB =25 s),
dB1 = 3 mm, dB2 = 4 mm).
54
4.2. Einfluss der Prozessparameter auf Morphologie und Struktur deponierter CuAu-Partikel
Als Grundlage der Auswertung der anschließenden Bestrahlungsexperimente dient die in
Tabelle 4.3 zusammengefasste prozentuale Verteilung der beobachteten Partikelmorphologien. Ein Großteil der Partikel besitzt ikosaedrische Form, was auf die geringe Zwillingsgrenzenergie zurückzuführen ist. Der hohe Anteil an polykristallinen Partikeln von 40% impliziert, dass der Sinterprozess bei diesen Partikeln nicht völlig abgeschlossen ist. Geordnete
L10 Partikel wurden nicht beobachtet. Dies ist einerseits auf den hohen Anteil ikosaedrischer Partikel aufgrund der geringen Zwillingsgrenzenenergie zurückzuführen, und andererseits dadurch bedingt, dass die Ordnungskinetik aufgrund der im CuAu vergleichsweise
niedrigen Ordnungstemperatur verändert ist. Eine Bestimmung der Zusammensetzung der
so hergestellten CuAu-Nanopartikel mittels EDX ergab eine mittlere Konzentration von 47
at. % Cu und 53 at. % Au. Damit liegt auch die Zusammensetzung der CuAu-Nanopartikel
nahezu optimal im Stabilitätsgebiet der L10 -Phase (vgl. Phasendiagramm; Abbildung 2.3).
Tabelle 4.3.: Prozentuale Verteilung der verschiedenen Partikelmorphologien in den CuAuStandardproben.
Einkristallin
(2 ± 0,8)%
Einfach verzwillingt
0%
Ikosaeder
(57 ± 4)%
Dekaeder
0%
Polykristallin
(41 ± 3)%
L10 geordnet
0%
55
4. Morphologische Betrachtung für binäre Legierungs-Systeme
4.2.4. Der Einfluss eines Magnetfeldes während der Deposition
Im folgenden Abschnitt wird, herausgelöst aus der bisherigen Betrachtung der Einflüsse der
Prozessparameter während der Partikelsynthese, der Einfluss eines Magnetfeldes während
der Deposition von CuAu-Nanopartikeln gezeigt. Die gleiche Versuchsanordnung wurde
für FePt-Nanopartikeln zu einer Begünstigung der Anordnung auf S-Layern ausgenutzt
[Queitsch u. a., 2008].
In Abbildung 4.10 sind exemplarisch TEM-Aufnahmen der Deposition ohne und mit
Magnetfeld gezeigt. Die beiden Proben wurden unter identischen Bedingungen erzeugt.
Der Unterschied in der Anordnung der Partikel auf der Substratoberfläche ist deutlich zu
erkennen. Die Anzahl an Primärpartikeln pro Agglomerat hat sich von 1,9 ohne Magnetfeld
auf 1,1 mit Magnetfeld reduziert, wobei der mittlere Partikeldurchmesser konstant bei
dP = 5, 2 nm geblieben ist. Ein Vergleich der Belegungsdichten beider Proben (s. Tab. 4.4)
zeigt, dass diese mit und ohne Magnetfeld innerhalb der Fehlergrenzen übereinstimmen.
Die Anordnung der würfelförmigen Magnete zur Substratoberfläche ist in Abbildung 4.11 a
gezeigt. Das TEM-Netzchen befindet sich etwas unterhalb der unteren Kanten der 1 cm x
1 cm großen NdFeB-Magnete. Durch diese Anordnung wird die Probe von einem Magnetfeld
durchsetzt, das Feldkomponenten sowohl senkrecht als auch parallel zur Probenoberfläche
besitzt. Betrachtet man das Übersichtsbild in Abbildung 4.10 b genauer, so fällt auf, dass
sich benachbarte Partikel im Gegensatz zu denen in Abbildung 4.10 a nicht berühren und
häufig kleinere Probenbereiche eine hexagonale Anordnungen aufweisen. Dieser Effekt war
in wiederholten Experimenten klar reproduzierbar. Eine mögliche Erklärung könnte in
einer Dipolwechselwirkung zwischen den feldinduzierten diamagnetischen Momenten der
CuAu-Nanopartikel liegen, wie sie in Abbildung 4.11 b schematisch gezeigt ist.
Tabelle 4.4.: Vergleich der Belegungsdichten einer Probe mit Magnetfeld und ohne Magnetfeld
(siehe auch Bild 4.10).
56
ohne Magnetfeld
mit Magnetfeld
Bedeckung
8,7 %
8,9 %
Fehler der Bedeckung
0,7 %
0,7 %
4.2. Einfluss der Prozessparameter auf Morphologie und Struktur deponierter CuAu-Partikel
Abbildung 4.10.: Übersichts-TEM-Aufnahmen (oben und Mitte) und Größenverteilungen (unten)
von CuAu-Nanopartikeln, die den Einfluss eines Magnetfeldes von 1 T parallel zur Substratoberfläche während der Deposition zeigen.
57
4. Morphologische Betrachtung für binäre Legierungs-Systeme
Eine obere Abschätzung des zu erwartenden induzierten magnetischen Momentes mittels
der Suszeptibilität von Gold für 5 nm Gold-Partikel ergibt bei einem magnetischen Feld
von 1 T einen Wert von μAu = −0, 32 μB (μB , Bohrsches Magneton). Aus der Literatur
ist eine kettenartige Anordnung von Nickel-Nanopartikeln bekannt, die ein magnetisches
Moment von μN i = 1, 7 μB bei Zimmertemperatur (300 K) benötigt [Hucht u. a., 2007;
Salgueirino-Maceira u. a., 2006]. Das für die Erklärung der Anordnung nötige magnetische
Moment ist somit um einen Faktor fünf kleiner. Eine Erhöhung des magnetischen Momentes ist bei von organischen Liganden ummantelten Gold-Partikeln bereits öfters beobachtet
worden [Yamamoto u. a., 2004; Dutta u. a., 2007; Crespo u. a., 2005; Hernando u. a., 2006;
Rueda u. a., 2007] und wird durch den Ladungsaustausch zwischen den Liganden und der
Oberfläche des Nanopartikels erklärt. Unklar ist jedoch, ob durch den Einfluss der Oberfläche auch für „nackte“ Nanopartikel ein zusätzliches magnetisches Moment erzeugt werden
kann. Weiterführende detaillierte Experimente sind durch ihre hohe Aufwendigkeit und
den begrenzten zeitlichen Rahmen dieser Arbeit nicht möglich gewesen. Die dargestellte
Erklärung durch die Induzierung eines diamagnetischen Momentes stellt somit nur einen
ersten Erklärungsansatz dar, der durch weiterführende Untersuchungen gestützt werden
muss.
(a)
(b)
Abbildung 4.11.: (a) Schematische Darstellung der Platzierung der beiden Magneten relativ zum
TEM-Netzchen (blau), (b) Schematische Darstellung des Einflusses von Magnetfeldern in der Substratebene (links) und senkrecht zur Substratebene (rechts) auf die Partikelanordnung infolge von
Dipol-Wechselwirkung zwischen den Partikeln.
58
4.3. MD - Rechnungen zur Energieabhängigkeit der konkurierenden Strukturen
4.3. MD - Rechnungen zur Energieabhängigkeit der
konkurierenden Strukturen
Aus den vorherigen Abschnitten wird ersichtlich, dass die experimentell aus der Gasphase erzeugten CuAu Nanopartikel bevorzugt vielfach verzwillingte Strukturen aufweisen.
Durch die Zusammenarbeit mit der Gruppe der Materialmodellierung von Prof. K. Albe
an der TU-Darmstadt war es möglich, MD-Simulationen zur Energieabhängigkeit von verschiedenen Partikelmorphologien durchzuführen. Im Folgenden werden die Stabilität der
einzelnen Morphologien und Phasen mit Hilfe von MD-Simulationen analysiert, sowie die
Energiebeiträge der Oberflächen und Zwillingsgrenzen der einzelnen Strukturen näher betrachtet.
4.3.1. Strukturmodelle und Kontinuumsmodell
Um eine möglichst gute Vergleichbarkeit mit den Experimenten zu erzielen, werden der
reguläre Dekaeder, der Ikosaeder und der abgestumpfte Oktaeder in Abhängigkeit von ihrer
Größe untersucht. Für die Simulation der ungeordneten Strukturen wurden die Cu- und AuAtome zufällig auf die Gitterplätze verteilt. Um bei den vielfach verzwillingten Strukturen
(Dekaeder, Ikosaeder) die L10 -Phase zu simulieren, wurden deren tedraedale Basiselemente
gemäß der tetragonal geordneten Phase konstruiert. Die verwendeten Strukturmodelle sind
in Abbildung 4.12 in der geordneten L10 -Phase dargestellt.
(a) Regulärer Dekaeder
(b) Ikosaeder
(c) Abgestumpfter Oktaeder
Abbildung 4.12.: Für die MD-Simulation verwendete Partikelmorphologien. Dargestellt sind jeweils die geordneten Strukturen (rot=Cu, gelb=Au).
Um einen analytischen Ausdruck für die Gesamtenergie zu bekommen, ist es notwendig
die Beiträge der Oberflächen- und Zwillingsgrenzenergien sowie der elastischen Energien zu
kennen. Die Gesamtenergie kann für ein Partikel aus N Atomen folgendermaßen in einem
59
4. Morphologische Betrachtung für binäre Legierungs-Systeme
allgemeinen Ausdruck beschrieben werden [Ino, 1969]:
E(N ) = V · Ec + W + Atwin (N )γtwin +
Ahkl (N )γhkl
(4.1)
hkl
Bei der Betrachtung von einkristallinen Partikeln ist sowohl die durch Verspannungen induzierte elastische Energie W, als auch der Anteil der Zwillingsgrenzenergie γtwin gleich
null. Die Gesamtoberflächenenergie hängt von der jeweiligen Partikelstruktur ab. So besitzt ein abgestumpfter Oktaeder sowohl {111}- als auch {100}-Oberflächen. Dahingegen
besitzen der Ikosaeder und der reguläre Dekaeder jeweils nur {111}-Oberflächen. Für die
Beschreibung der in Ikosaedern und Dekaedern induzierten Spannungen durch die Schließung der Lücken zwischen den einzelnen Tetraedern, existiert ein von Howie und Marks
(1984) vorgeschlagener analytischer Ausdruck:
WIkosaeder = 2d
2μ(1 + ν)
V
1−ν
(4.2)
μ
V,
4(1 − ν)
(4.3)
WDekaeder = 2d
wobei ν das Poisson Verhältnis (als
1
3
angenommen), μ der Schermodul, V das Volumen
und d = 0, 0205 eine Strukturkonstante (nach [Ino, 1969]) sind. Durch die Kenntnis der
einzelnen Energiebeiträge und der geometrischen Besonderheiten der jeweiligen Struktur
ist so eine Bestimmung der Gesamtenergie für unterschiedliche Partikelgrößen möglich.
4.3.2. Das Cleri-Rosato Potential
Wie bereits in Kapitel 2.5.2 erläutert, wurden für die Energieabhängigkeit der konkurrierenden Morphologien zwei Wechselwirkungs-Potentiale zum Vergleich verwendet: Das nach
Cleri und Rosato und das nach Foiles benannte Potential. In diesem Abschnitt werden zunächst die mit dem Cleri-Rosato-Potential erhaltenen Ergbenisse vorgestellt, sowie eine
detaillierte Beschreibung des Ablaufes der Simulation gegeben.
In Abbildung 4.13 sind die Ergebnisse der MD-Simulation bei T = 0 K für die verschiedenen Morphologien dargestellt. Die kleinsten untersuchten Partikel bestehen aus 1000,
die größten aus 40000 Atomen. Dies entspricht einem Partikeldurchmesser im Bereich von
dP = 2 nm bis dP = 8 nm. Da für die verschiedenen Modellpartikel eine Ausgangsstruktur
mit willkürlich gewählten Gitterparametern vorgegeben war, wurden diese zunächst hinsichtlich der Atompositionen relaxiert. Nach einem Zeitintervall von τrel = 80 ps stellte sich
jeweils eine stabile Temperatur von Trel = 0 K ein, was den Abschluss der strukturellen
Relaxation und die thermische Equilibrierung der Partikel bedeutet. Durch rasches Abkühlen (Rate: 1 K/ps) von Partikeln oberhalb der Schmelztemperatur wurden darüber hinaus
60
4.3. MD - Rechnungen zur Energieabhängigkeit der konkurierenden Strukturen
amorphe Partikelstrukturen generiert. Die Überprüfung der Kristallinität des amorphen
Partikels wurde mit der Methode von Mendez-Villuendas und Bowles (2007) durchgeführt.
Bei einigen der so erzeugten amorphen Partikel stellte sich heraus, dass die Oberfläche
der Partikel primär mit Goldatomen besetzt ist, während im Inneren keine Segregation
festzustellen ist. Durch die nachträgliche Vertauschung sämtlicher Gold- und Kupferatome
eines solchen Partikels ergibt sich eine Zunahme der Gesamtenergie des Teilchens um etwa
40 meV. In den Diagrammen ist jeweils die günstigere Konfiguration eines Partikels mit
Gold an der Oberfläche gezeigt.
Für die so erzeugten CuAu-Nanopartikel unterschiedlicher Morphologien sind in Abbildung 4.13 die mittleren Kohäsionsenergien pro Atom aufgetragen. In das Diagramm sind
zusätzlich die Bulk-Werte der geordneten L10 - und der ungeordneten A1-Phase sowie einer
amorphen Struktur als horizontale Linien eingezeichnet. Die entsprechenden Rechnungen
wurden durch analoge Simulationen von Kristallen mit entsprechenden Strukturen (A1,
L10 und amorph) unter periodischen Randbedingungen durchgeführt. Bei allen untersuchten Strukturen steigt die Kohäsionsenergie pro Atom mit abnehmender Partikelgröße an.
Dies ist auf den steigenden Oberflächenanteil der Atome zurückzuführen. Für alle Partikelmorphologien zeigt sich, dass die L10 -Phase energetisch günstiger als die ungeordnete
A1-Phase ist. Eine chemische Ordnung der Partikel ist somit (zumindest energetisch) favorisiert. Allerdings nimmt die Energiedifferenz zwischen L10 - und A1-Phase mit sinkendem Partikeldurchmesser ab. Sie beträgt bei einem Partikeldurchmesser von dP ≈ 8 nm
für alle Strukturen etwa 40 meV pro Atom und sinkt bei einem Partikeldurchmesser von
dP ≈ 2 nm auf etwa 30 meV. Es ist somit eine Abnahme der thermischen Stabilität der
geordneten L10 -Phase mit abnehmendem Partikeldurchmesser (ΔEL10−A1 → 0), sowie ein
Annähern der Energiedifferenz zwischen geordneter L10 - und ungeordneter A1-Phase für
große Partikelduchmesser (dP ≥ 8 nm) an den Bulk-Wert von ΔEL10−A1 = 40 meV zu
erkennen.
Die einzelnen Partikelmorphologien liegen sowohl für die ungeordnete A1-Phase als auch
für die geordnete L10 -Phase energetisch sehr dicht beieinander, wobei bei Partikeln mit
weniger als 5000 Atomen (dP = 4 nm) die Stabilität vom abgestumpften Oktaeder über
den Ikosaeder hin zum regulären Dekaeder abnimmt. Für deutlich größere Partikel wird
jedoch der Ikosaeder mit seinen 30 Zwillingsgrenzen energetisch am ungünstigsten.
Auffällig ist der Verlauf der Kohäsionsenergie der amorphen Partikel. Für einen makroskopischen metallischen Festkörper nimmt die Stabilität von der amorphen über die
ungeordnete A1-Phase hin zur geordneten L10 -Phase zu. Dies wird auch durch die MDRechnungen mit dem Cleri-Rosato-Potential bestätigt (vgl. horizontale Linien in Abbildung
4.13). Für Partikel mit weniger als 3000 Atomen (dP = 3 nm) zeigen die MD-Simulationen
61
4. Morphologische Betrachtung für binäre Legierungs-Systeme
Abbildung 4.13.: Kohäsionsenergien der verschiedenen Morphologien der CuAu-Partikel für das
Cleri-Rosato-Potential. Die horizontalen Linien zeigen die Bulk-Werte.
mit dem Cleri-Rosato-Potential jedoch eine andere Tendenz. Bei solch kleinen Partikeln
ist die amorphe Phase energetisch günstiger als die ungeordnete kristalline A1-Phase. Im
Experiment werden amorphe Partikel allerdings nicht beobachtet. Dies ist einerseits darauf
zurückzuführen, dass amorphe Bereiche eines Nanopartikels auf einem amorphen Substrat
schwer nachzuweisen sind. Zum anderen wird die Vereinigung eines amorphen mit einem
(ggf. größeren) kristallinen Primärpartikel (während der Agglomeration) sicherlich zur Rekristallisation des amorphen Phasenanteils führen.
4.3.3. Das Foiles Potential
Wie bereits in Kapitel 2.5.2 beschrieben, werden die MD-Simulationen auch unter Verwendung des Potentials von Foiles durchgeführt. In Abbildung 4.14 ist die Abhängigkeit
der Kohäsionsenergie pro Atom für die Morphologien Ikosaeder, regulärer Dekaeder und
abgestumpfter Oktaeder, bestehend aus 1000 (dP = 2 nm) bis hin zu 40000 Atomen
(dP = 8 nm), dargestellt. Wie bereits für das Cleri-Rosato Potential beschrieben, wurden
alle verwendeten Strukturen über eine Zeitspanne von 80 ps relaxiert, bis sie eine stabile
Endtemperatur von Trel = 0 K erreicht hatten. Für die amorphen Strukturen wurde wieder
62
4.3. MD - Rechnungen zur Energieabhängigkeit der konkurierenden Strukturen
ein geschmolzenes Partikel mit einer Rate von 1 K/ps abgekühlt. Die Überprüfung der Kristallinität des amorphen Partikels wurde mit der Methode von Mendez-Villuendas und Bowles (2007) durchgeführt. Für einige Partikel tritt, ähnlich wie beim Cleri-Rosato-Potential,
eine Segregation von Gold-Atomen an der Oberfläche auf. Eine Vertauschung von Goldund Kupferatomen ergab eine Energiedifferenz von ≈40 meV. Auch hier ist die günstigere
Konfiguration in das Diagramm eingezeichnet. Die horizontalen Linien in Abbildung 4.14
entsprechen den unter periodischen Randbedingungen simulierten Bulk-Kohäsionsenergien
pro Atom für einen makroskopischen Kristall in der A1-Phase und der L10 -Phase sowie
für einen amorphen Festkörper.
Abbildung 4.14.: Kohäsionsenergien der verschiedenen Morphologien der CuAu-Partikel für das
Foiles-Potential. Die horizontalen Linien zeigen die Bulk-Werte.
Betrachtet man den Verlauf der Kohäsionsenergie aller Partikelmorphologien, so zeigt
sich der gleiche Trend der Abnahme der Kohäsionsenergie pro Atom mit steigender Partikelgröße. Diese Abnahme ist auf das sinkende Oberflächen-zu-Volumenverhältnis zurückzuführen. Wieder ergibt sich, dass für alle Partikelmorphologien die geordnete L10 -Phase
energetisch günstiger ist als die ungeordnete A1-Phase. Der Energieunterschied ΔEL10−A1
zwischen der L10 -Phase und der A1-Phase ist wiederum abhängig von der Partikelgröße und steigt von ΔEL10−A1 ≈ 30 meV für kleine Partikel (1000 Atome, dP = 2 nm)
63
4. Morphologische Betrachtung für binäre Legierungs-Systeme
auf ΔEL10−A1 ≈ 40 meV für die größten (40000 Atome, dP = 8 nm) untersuchten Partikelmorphologien. Die Abnahme der thermischen Stabilität der geordneten L10 -Phase mit
abnehmendem Partikeldurchmesser (ΔEL10−A1 → 0), sowie die Annäherung der Energiedifferenz zwischen geordneter L10 - und ungeordneter A1-Phase für große Partikeldurchmesser
(dP ≥ 8 nm) an den simulierten Bulk-Wert von ΔEL10−A1 = 44 meV ist somit auch für
das von Foiles entwickelte Potential erkennbar. Wie bereits beim Cleri-Rosato-Potential
bemerkt, zeigt sich die einkristalline Morphologie als die energetisch günstigste für alle
simulierten Partikelgrößen. Für Partikel mit weniger als 10000 Atomen (dP ≤ 5 nm) ist
sowohl in der A1-Phase als auch in der L10 -Phase der Ikosaeder dem regulären Dekaeder
energetisch überlegen. Für Partikel mit mehr als 10000 Atomen (dP ≥ 5 nm) werden die
zahlreichen Zwillingsgrenzen energetisch kostspielig und der reguläre Dekaeder ist favorisiert.
Auch für das Foiles-Potential nimmt die Stabilität eines makroskopischen Festkörpers
von der amorphen Phase zur einkristallinen ungeordneten A1-Phase bis hin zur geordneten
L10 -Phase zu (vgl. horizontale Linien in Abbildung 4.14). Im Vergleich zum Cleri-RosatoPotential zeigt sich für die Kohäsionsenergie pro Atom der amorphen Partikel ein anderer
Verlauf. Die amorphen Partikel liegen für den simulierten Bereich bis zu 40000 Atomen
(dP = 8 nm) mit ihrer Kohäsionsenergie pro Atom zwischen der A1-Phase und der L10 Phase. Hierbei ist die Tendenz zu erkennen, dass für größere Systeme (ab 40000 Atomen,
dP ≥ 8 nm) die amorphe Phase wieder energetisch ungünstiger wird als die kristalline A1Phase und somit dem für einen makroskopischen Festkörper bestimmten Stabilitätsverlauf
entspricht.
Der Vergleich der erhaltenen Resultate der MD-Simulationen mit dem Foiles-Potential
und dem Cleri-Rosato-Potential zeigt, dass grundlegende Trends wie die Zunahme der
Kohäsionsenergie pro Atom mit steigender Partikelgröße für beide Potentiale vorliegen.
Die Energiedifferenz zwischen geordneter L10 - und ungeordneter A1-Phase variiert nur
minimal und strebt für große Systeme gegen den für makroskopische Systeme bekannten
Wert. Die Absolutwerte der Kohäsionsenergie pro Atom unterscheiden sich jedoch aufgrund
der zugrunde liegenden verschiedenen Entwicklungen der Potentiale.
Interessant ist in beiden Fällen der Verlauf der Kohäsionsenergie pro Atom für die amorphen Partikel. Es zeigt sich, dass die amorphe Phase ab einer vom Potential abhängigen
Partikelgröße für CuAu-Nanopartikel energetisch favorisiert ist bezüglich der kristallinen
ungeordneten A1-Phase. Diese Tatsache dient in Kapitel 5.4 als unterstützende Erklärung
der ionenstrahlinduzierten Strukturumwandlung in CuAu- und FePt-Nanopartikeln.
64
5. Ionenstrahlexperimente zur
Beinflussung von Morphologie und
Struktur
Vor der Durchführung der experimentellen Arbeiten zur Ionenbestrahlung der FePt- und
CuAu-Nanopartikel wurden zunächst Monte-Carlo-Simulationsrechnungen zum zu erwartenden Einfluss der Bestrahlung durchgeführt, um daraus die experimentellen Bedingungen
für die Bestrahlungsexperimente zu definieren. Im Folgenden werden daher zunächst diese
Modellrechnungen vorgestellt (Kapitel 5.1), bevor im Anschluss daran die Experimente
beschrieben werden (Kapitel 5.2 und 5.3).
5.1. Monte-Carlo-Rechnungen zur Wechselwirkung zwischen
Ionen und Festkörper
Um eine quantitative Aussage über die deponierte Energie und den Sputterabtrag während des Ionenbeschusses treffen zu können, wurden für die beiden Systeme FePt und
CuAu Monte-Carlo (MC)-Rechnungen mit dem Software-Paket SRIM durchgeführt (vgl.
Kapitel 2.4.2). Da der Einfluss der Oberfläche bei Nanopartikeln besonders groß ist, können die aus den MC-Rechnungen erhaltenen Werte jedoch nur als Richtwerte dienen. Um
bessere Simulationsergebnisse zu erhalten, sind anstelle der Standardparameter für Platzwechselenergien, Gitterbindungsenergien und Oberflächenbindungsenergien die elementspezifischen Energien eingegeben worden. Die Platzwechselenergie Eth wurde hierbei nach
Gleichnung 2.27 berechnet. Die verwendeten Oberflächenenergien US und Gitterbindungsenergien Ec wurden der Literatur entnommen [Kudriavtsev u. a., 2005]. Betrachtet man die
so erhaltenen Werte (s. Tab. 5.1), so zeigt sich, dass durch die größere Bindungsenergie von
Fe und Pt auch die Oberflächenbindungsenergien über denen von Cu bzw. Au liegen. Um
den Einfluss der Oberfläche während der Simulation möglichst weitgehend zu berücksichtigen, wurden dünne Schichten simuliert, deren Dicke sich aus der Kantenlänge eines Würfels
mit dem gleichen Volumen wie dem des Nanopartikels ergibt. Für ein FePt-Nanopartikel
65
5. Ionenstrahlexperimente zur Beinflussung von Morphologie und Struktur
mit einem Durchmesser von 4 nm ergibt sich so eine Schichtdicke von 3,2 nm.
Tabelle 5.1.: Verwendete Ausgangsparameter für die MC-Simulation von FePt und CuAu in der
SRIM-Software nach Kudriavtsev u. a. (2005). Hierbei bedeuten Eth die Platzwechselenergie, US
die Oberflächenbindungsenergie und Ec die Gitterbindungsenergie.
Eth [eV]
US [eV]
Ec [eV]
Fe
23,7
4,2
4,28
Pt
69,8
5,02
5,77
Cu
20,0
3,48
3,54
Au
57,4
4,13
3,93
5.1.1. Energieeintrag und Leerstellenerzeugung bei He+ -Bestrahlung
In den Abbildungen 5.1 a und 5.1 b sind die bei der Bestrahlung der Probe von den Ionen
verlorenen Energien sowie die erzeugten Leerstellen pro He+ -Ion jeweils für eine FePtund eine CuAu-Schicht nach dem He+ -Beschuss dargestellt. Die gesamte im Nanopartikel
deponierte Energie steigt sowohl für FePt als auch CuAu von etwa 250 eV bei einer Ionenenergie von 0,5 keV auf 700 eV bei 40 keV an. Im Energiebereich bis zu 5 keV ist die in
CuAu deponierte Energie höher als der Verlust in FePt. Der in Abbildung 5.1 dargestellte Gesamtenergieverlust enthält je nach Ionenenergie unterschiedliche Beiträge durch die
Ionisierung von Gitteratomen, die Anregung von Phononen sowie die Erzeugung von athermischen Leerstellen im Gitter. Den größten Anteil hat hierbei die Ionisation von Atomen.
Er beträgt bei Energien unter 10 keV etwa 50% und steigt auf 95% bei 40 keV. Der mit zunehmender Ionenenergie abnehmende Energieverlust durch Anregung von Phononen (hier
nicht gezeigt) kann bei geringen Ionenenergien bis zu etwa 100 eV/Ion betragen. Abschätzungen zeigen, dass bei den im Experiment realisierten Ionenströmen - im Mittel trifft alle
3 s ein Ion ein Nanopartikel - dieser relativ hohe phononische Energieeintrag aufgrund der
sehr schnellen Thermalisierung der Nanopartikel mit dem Substrat (innerhalb von deutlich
weniger als 1 ns) nicht zu einer Aufheizung der Partikel führt. Wie aus einem Vergleich mit
der Abhängigkeit der Leerstellenerzeugungsrate von der Ionenenergie in Abbildung 5.1 b
ersichtlich wird, ist der in CuAu zu beobachtende stark nichtlineare Anstieg des Energieverlustes bei kleinen Energien mit der in CuAu bei 1 keV mit 2 Leerstellen pro Ion maximalen
Leerstellenerzeugungsrate zurückzuführen. Bei FePt ist dieses Maximum mit 1 Leerstelle
pro Ion deutlich geringer ausgeprägt und liegt zwischen Ionenenergien von 1 keV und 3 keV.
Nach Überschreiten des Maximums sinkt die Leerstellenproduktion ab und erreicht bei
10 keV für FePt einen Wert von 0,5 Leerstellen pro Ion und für CuAu einen Wert von
66
5.1. Monte-Carlo-Rechnungen zur Wechselwirkung zwischen Ionen und Festkörper
0,6 Leerstellen pro Ion. Dieser Verlauf ist maßgeblich durch die Energieabhängigkeit des
nuklearen Wirkungsquerschnittes bedingt (vgl. Kapitel 2.4.1). Aus diesen Simulationsrechnungen ergibt sich somit, dass bei einer Bestrahlung mit He+ -Ionen eine Energie von 1 keV
für die Erzeugung einer möglichst hohen Leerstellenkonzentration innerhalb der Nanopartikel optimal ist. Letzteres führt zu einer Umordnung der Atome innerhalb des Partikels,
was für die Einstellung der Ordnung hilfreich sein könnte.
67
5. Ionenstrahlexperimente zur Beinflussung von Morphologie und Struktur
Abbildung 5.1.: Ergebnisse der MC-Rechnungen mittels SRIM.
(a) He+ -Ionenenergieverlust in CuAu und FePt für verschiedene Energien.
(b) Leerstellenerzeugung pro He+ -Ion in CuAu und FePt.
68
5.1. Monte-Carlo-Rechnungen zur Wechselwirkung zwischen Ionen und Festkörper
5.1.2. Bestimmung der Sputterraten bei He+ -Bestrahlung
Neben der Leerstellenerzeugung ist auch der Sputterabtrag eine Funktion des nuklearen
Wirkungsquerschnittes. Die Abhängigkeit des Sputterabtrages von der Ionenenergie ist
in Abbildung 5.1.2 gezeigt. Für CuAu ergibt sich ein höherer Sputterabtrag als für die
FePt-Legierung, was durch den Unterschied der Oberflächenbindungsenergien bedingt ist.
Für Ionenenergien von 1 keV erreichen die Sputterraten für beide Materialien jeweils ein
Maximum, das im Fall von CuAu bei 0,128 Atomen pro Ion und im Fall von FePt bei 0,077
Atomen pro Ion liegt. Diese Werte ergeben sich jeweils aus den Summen der gesputterten
Fe- bzw. Cu- und Pt- bzw. Au- Atome. Der Anteil an gesputterten Fe- bzw. Cu- Atomen
ist dabei wegen der geringeren Oberflächenbindungsenergie höher als der von Pt bzw. Au.
Bis 40 keV sinkt die Sputterrate auf 0,045 Atome pro Ion für CuAu und 0,036 Atome pro
Ion für FePt. Der beobachtete Verlauf zeigt somit die gleiche Abhängigkeit vom nuklearen
Wirkungsquerschnitt wie die Leerstellenerzeugung, was das Sinken des Sputterabtrages für
hohe Ionenenergien erklärt (vgl. Kapitel 2.4.1).
Abbildung 5.2.: Sputterabtrag pro He+ -Ion für CuAu und FePt aus MC-Rechnungen mittels
SRIM.
69
5. Ionenstrahlexperimente zur Beinflussung von Morphologie und Struktur
5.2. Ergebnisse der Ionenbestrahlung von FePt Partikeln
Die Experimente zur Ionenbestrahlung von FePt-Partikeln wurden insbesondere im Hinblick auf die Fragestellung durchgeführt, inwieweit die L10 -Ordnungseinstellung in diesen
Partikeln durch die Bestrahlung gefördert oder verhindert wird.
5.2.1. Einfluss der Ionendosis
Neben den Bestrahlungsversuchen mit He+ wurden Experimente mit Ar+ durchgeführt.
Da Argon die 10-fache Masse von Helium besitzt, wird mit Ar+ -Ionen ein deutlich höherer Sputterabtrag bewirkt als durch He+ . Dies machte es selbst bei geringen Dosen von
1016
Ionen
cm2
unmöglich, nach der Ar+ -Bestrahlung noch Partikel auf dem Substrat zu finden,
sodass eine HRTEM-Auswertung bestrahlter Proben nicht möglich war.
Aus der Arbeit von Dmitrieva u. a. (2005) ist bekannt, dass bei He+ -Bestrahlung signifikante strukturelle Umwandlungen in den Nanopartikeln erst ab Dosen von 3 · 1017 Ionen
cm2
auftreten. Diese Ergebnisse werden durch die im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten
und einer Ionenenergie von 5 keV wird
Experimente bestätigt. Bei Dosen von 1 · 1017 Ionen
cm2
das Einsetzen der Versinterung benachbarter Partikel beobachtet, wie dies exemplarisch in
wird eine verstärkte UmAbbildung 5.3 gezeigt ist. Erst ab einer Dosis von 3 · 1017 Ionen
cm2
wandlung von ikosaedrischen zu einkristallinen Partikeln gefunden. In allen Fällen ergibt
sich eine Zerstörung der L10 -Ordnung. Wie in Kapitel 4.1.2 gezeigt, sind hinreichend große
Partikel (dP ≥ 15 nm) stets L10 -geordnet. Dies erlaubt es, den Einfluss der Ionenbestrahlung auf geordnete Partikel explizit zu charakterisieren. Eine vergleichende Untersuchung
der Struktur entsprechend großer Partikel vor und nach der Bestrahlung zeigt, dass 1 keV
He+ -Ionen die L10 -Ordnung zerstören. Dies ist exemplarisch in Abbildung 5.4 gezeigt. Wie
aus den als Insets gezeigten Diffraktogrammen ersichtlich ist, weist das unbestrahlte Partikel eindeutig eine L10 -Überstruktur auf, während ein identisch orientiertes Partikel nach
der Bestrahlung keine Überstruktur erkennen lässt.
70
5.2. Ergebnisse der Ionenbestrahlung von FePt Partikeln
Abbildung 5.3.: HRTEM-Bilder zur Versinterung von je zwei <110>-orientierten FePt-Partikeln.
(a) Verzwillingtes Primärpartikel. (b) Durch (Zwillings-) Sinterhals verbundene Primärpartikel.
Insets: Diffraktogramme.
Abbildung 5.4.: Zerstörung der geordneten L10 -Phase in großen FePt-Nanopartikeln durch 1 keV
+
He+ (Dosis = 3 · 1017 He
cm2 ). (a) HRTEM-Bild eines unbestrahlten Partikel. (b) HRTEM-Bild eines
Partikels nach der Bestrahlung. Insets: Diffraktogramme.
71
5. Ionenstrahlexperimente zur Beinflussung von Morphologie und Struktur
5.2.2. Einfluss der Ionenenergie
Da es bisher keinen Hinweis auf die Einstellung der L10 -Ordnung durch He+ -Bestrahlung in
FePt-Nanopartikeln gibt, wurde eine systematische Untersuchung des Einflusses der Ionenenergie durchgeführt. Für die Bestrahlungen wurden die in Kapitel 4.1.3 charakterisierten
Standardproben verwendet. Um möglichst hohe Umwandlungsgrade zu erreichen, wurde
+
jeweils mit einer Dosis von 3 · 1017 He
bestrahlt. Die Proben wurden jeweils vor und nach
cm2
der Bestrahlung bezüglich der Verteilung der verschiedenen Morphologien analysiert. Dabei
zeigt sich, dass diese Verteilungen bis jeweils auf etwa 5% der für die Standardproben erwarteten Verteilung entspricht. Die für die Ionenenergien 0,5 keV, 1 keV, 10 keV und 40 keV
erhaltenen Morphologie-Verteilungen sind in Tabelle 5.2 zusammengefasst. Aufgrund der
Vielfalt der auftretenden Morphologien ist eine exemplarische (und repräsentative) Darstellung von HRTEM-Bildern an dieser Stelle wenig sinnvoll, und es wird daher darauf
verzichtet.
Tabelle 5.2.: Prozentuale Verteilung der Morphologien in FePt-Nanopartikeln in Standardproben
+
vor und nach der Bestrahlung mit He+ -Ionen (Dosis = 3 · 1017 He
cm2 ). Angaben in %.
0.5 keV
1 keV
Struktur
vor
nach
vor
nach
Einkristallin
55 ± 6
55 ± 7
53 ± 4
68 ± 6
Einfach verzwillingt
20 ± 4
14 ± 3
14 ± 2
20 ± 3
Ikosaeder
7±2
2±1
12 ± 2
2±1
Dekaeder
0
12 ± 3
1±1
0
Polykristallin
18 ± 4
19 ± 4
20 ± 2
10 ± 2
L10 geordnet
3±1
0
3±1
0
10 keV
40 keV
Struktur
vor
nach
vor
nach
Einkristallin
61 ± 8
55 ± 6
45 ± 7
56 ± 8
Einfach verzwillingt
5±2
7±2
12 ± 4
12 ± 4
Ikosaeder
13 ± 4
8±3
20 ± 5
10 ± 3
Dekaeder
0
10 ± 3
3±2
10 ± 3
Polykristallin
21 ± 5
20 ± 4
20 ± 5
11 ± 3
L10 geordnet
1±1
0
6±1
0
Bei den beiden niedrigen Energien von 0,5 keV und 1 keV sind nach der Bestrahlung
nur noch wenige ikosaedrische Partikel vorhanden. Bei 0,5 keV wird im Gegensatz zu der
72
5.2. Ergebnisse der Ionenbestrahlung von FePt Partikeln
1 keV Probe ein Anteil von 12% an Dekaedern gefunden. Für höhere Energien (10 keV und
40 keV) findet man eine vergleichsweise geringe Abnahme an ikosaedrischen Partikeln im
Vergleich zu den unbestrahlten Proben. Der größte Anteil an einkristallinen Partikeln mit
68% wird bei einer Bestrahlung mit 1 keV He+ -Ionen erreicht.
Tabelle 5.3.: Mittlerer Durchmesser der FePt-Nanopartikel vor und nach der Bestrahlung mit
+
He+ -Ionen verschiedener Energien (Dosis = 3 · 1017 He
cm2 ), sowie dem daraus berechneten Gesamtsputterabtrag und dem Sputterabtrag pro Ion.
Ionenenergie
Durchmesser
Sputterabtrag
[keV ]
Vor [nm]
Nach [nm]
[Atome]
[Atome/Ion]
0.5
4,6 ± 0,5
3,4 ± 0,5
1828
0,0242
1
3,4 ± 0,6
3,4 ± 0,6
-
-
10
4,1 ± 0,7
4,2 ± 0,9
-
-
40
4,1 ± 0,6
4,4 ± 0,9
-
-
In Abbildung 5.5 sind die Größenverteilungen der bestrahlten Partikel für die jeweiligen
Ionenenergien dargestellt. Die daraus erhaltenen Erwartungswerte für den Partikeldurchmesser vor und nach der He+ -Bestrahlung sind in Tabelle 5.3 zusammengefasst. Aus der
Änderung des Partikeldurchmessers durch die Bestrahlung lässt sich unter Kenntniss der
Dichte des Materials der Sputterabtrag berechnen. Für die Bestrahlung mit 0,5 keV He+ Ionen ist der entsprechende Wert mit in Tabelle 5.3 aufgenommen. Da die Partikel der
Standardproben noch so dicht lagen, dass immer einzelne Partikel miteinander benachbart
waren, kommt es ab Energien von 1 keV zur Versinterung der Partikel und damit zu einer Vergrößerung des Primärpartikeldurchmessers. Somit ist eine korrekte Berechnung des
Sputterabtrages aus dem Partikeldurchmesser für Energien oberhalb 0,5 keV nicht möglich.
73
5. Ionenstrahlexperimente zur Beinflussung von Morphologie und Struktur
Abbildung 5.5.: FePt-Primärpartikelgrößenverteilungen nach der He+ -Ionenbsetrahlung mit den
+
verschiedenen Ionenenergien (a) 0,5 keV (b) 1 keV (c) 10 keV und (d) 40 keV (Dosis = 3 · 1017 He
cm2 ).
Die als blaugestrichelt dargestellte Partikelgrößenverteilung entspricht der Verteilung vor der Bestrahlung.
Aus den Größenverteilungen und den prozentualen Verteilungen zeigt sich in guter Übereinstimmung mit den SRIM-Simulationen zur Leerstellenerzeugungsrate das erwartete Maximum in der Häufigkeit der strukturellen Umwandlungen bei 1 keV. Die Umwandlungen
nehmen mit steigender Ionenenergie deutlich ab, sodass bei 40 keV He+ -Bestrahlung noch
ein relativer Anteil von 10% ikosaedrischer Teilchen erhalten bleibt. Zudem kommt es bei
diesen hohen Ionenenergien zu einer Ausbildung von sogenannten Übergangspartikeln, bei
denen das Einsetzen der Umwandlung von ikosaedrisch zu einkristallin erkennbar ist. Für
die Ionenenergien 0,5 keV, 10 keV und 40 keV wurde zudem ein Anteil von 10% an dekaedrischen Partikeln gefunden. Beobachtungen von FePt-Partikeln aus der Gasphase zeigen in
seltensten Fällen eine dekaedrische Morphologie. Dies lässt den Schluß zu, dass die Kinetik
74
5.2. Ergebnisse der Ionenbestrahlung von FePt Partikeln
der ionenstrahlinduzierten Strukturumwandlung eines FePt-Partikels eine andere ist als
während der Partikelsynthese in der Gasphase. Ein mögliches Modell hierzu wird im Rahmen der Diskussion zu den ionenstrahlinduzierten Umwandlungen bei CuAu-Nanopartikeln
in Abschnitt 5.4 diskutiert.
Mittels EDX wurde die Zusammensetzung der FePt-Nanopartikel vor und nach der HeBestrahlung analysiert. Ein präferentielles Sputtern wurde nicht beobachtet. Es zeigte sich
ein Fe-Anteil von 55% nach der Bestrahlung und somit keine Abweichung der Zusammensetzung von der für die Standardprobe gefundenen Elementverteilung (vgl. Abschnitt 4.1.3).
Damit liegt die Zusammensetzung der FePt-Nanopartikel nach der Bestrahlung weiterhin
im Stabilitätsgebiet der L10 -Phase (vgl. Phasendiagramm; Abbildung 2.2).
Insgesamt zeigt sich, dass bei den FePt-Nanopartikeln die in den Standardproben vorliegenden Morphologie-Verteilungen durch die He+ -Ionenbestrahlung eine nur geringe Veränderung erfährt. Bei hohen Ionenenergien, bei denen der nukleare Wirkungsquerschnitt
geringer ist, kommt es zudem zur Ausbildung von Übergangspartikeln aus vorher als Ikosaeder vorliegenden FePt-Partikeln. Für alle Ionenenergien und Dosen wurde die Zerstörung
der L10 -Phase beobachtet. Aus den SRIM-Simulationen ergibt sich für CuAu eine höhere
Leerstellenerzeugungsrate als für FePt. Es ist somit zu erwarten, dass bei CuAu-Partikeln
deutlich ausgeprägtere Effekte auftreten sollten.
75
5. Ionenstrahlexperimente zur Beinflussung von Morphologie und Struktur
5.3. Experimentelle Ergebnisse zur Ionenbestrahlung von
CuAu-Partikeln
Um einen Vergleich zum Einfluss einer Bestrahlung mit He+ -Ionen auf Nanopartikel einer
unmagnetischen L10 -ordnenden Legierung zu erhalten, wurden entsprechende Experimente
zur Abhängigkeit von der Ionendosis und der Ionenenergie mit CuAu-Nanopartikeln durchgeführt. Um möglichst identische Versuchsbedingungen zu realisieren werden die CuAuPartikelproben und die FePt-Proben zur gleichen Zeit mit dem gleichen Ionenstrahl behandelt.
5.3.1. Einfluss der Ionendosis
Wie die FePt-Nanopartikel, wurden auch die CuAu-Nanopartikel mit He+ und Ar+ verschiedener Energien und Dosen bestrahlt. Auch hier zeigte sich, dass bereits bei geringen
Ar+ -Ionendosen von 1 · 1016 Ionen
ein vollständiges Absputtern der Partikel bewirkt wird.
cm2
Der Effekt ist durch die geringere Oberflächenbindungsenergie von Cu und Au sogar noch
stärker als bei den FePt-Partikeln. Die weiteren Experimente beschränken sich daher auch
bei den CuAu-Nanopartikeln auf Bestrahlung mit He+ -Ionen.
Durch den deutlich niedrigeren Schmelzpunkt von 910 ◦ C im Vergleich zu FePt sintern
CuAu-Partikel schon bei deutlich niedrigeren Temperaturen. In diese Arbeit begleitenden Untersuchungen zum thermischen Sintern deponierter CuAu-Nanopartikel, die von S.
Schneider im Rahmen einer „besonders erbrachten Lernleistung“ (BELL) durchgeführt wurden, wurde die Aktivierungsenergie für das Versintern von CuAu-Nanopartikeln zu Ea =
0, 25 eV bestimmt. Die Aktivierungsenergie für das Versintern von FePt-Nanopartikeln
hingegen beträgt Ea (F eP t = 0, 7 eV ) [Stappert, 2000]. Bereits bei geringen Dosen von
kommt es daher zum Sintern zwischen benachbarten CuAu-Partikeln. Dies ist
1 · 1017 Ionen
cm2
exemplarisch in den TEM-Bildern in Abbildung 5.6 dargestellt. Dementsprechend wurde
für die folgenden Studien zum Einfluss der Ionenenergie darauf geachtet, dass die charakterisierten Partikel möglichst weit voneinander und einzeln auf dem Substrat vorliegen.
76
5.3. Experimentelle Ergebnisse zur Ionenbestrahlung von CuAu-Partikeln
(a)
(b)
Abbildung 5.6.: TEM-Bilder zur ionenstrahlinduzierten Versinterung von CuAu-Partikeln durch
+
1 keVHe+ -Ionen bei einer Dosis von 1 · 1017 He
cm2 .
5.3.2. Einfluss der Ionenenergie
Für die Untersuchung des Einflusses der Ionenenergie auf die strukturellen Umwandlungen
in CuAu-Partikeln wurde die in Kapitel 4.2.3 charakterisierte Standardprobe mit He+ Ionen der Energien 0,5 keV, 1 keV, 10 keV und 40 keV bestrahlt. Die prozentuale Verteilung
der auftretenden Morphologien wurde jeweils vor und nach der Bestrahlung durch Auswertung von HRTEM-Bildern bestimmt. Die resultierenden Verteilungen sind in Tabelle
5.4 zusammengefasst. Die gewählten Partikelsynthese-Bedingungen erwiesen sich als stabil
und gut reproduzierbar, wie aus dem Vergleich der Daten zu den nicht bestrahlten Partikeln mit denen der Standardprobe hervorgeht (vgl. Kapitel 4.2.3). L10 -geordnete Partikel
wurden weder vor noch nach der Bestrahlung gefunden. Der größte Anteil an einkristallinen Partikeln ergibt sich mit 64% für 0,5 keV. Für die niedrigen Energien (0,5 keV und
1 keV) sinkt der Anteil an Ikosaedern in beiden Fällen auf nahezu Null ab. Für die höheren Energien (10 keV und 40 keV) bleibt nach der Bestrahlung ein Restwert von 20% an
ikosaedrischen Partikeln erhalten. Bei allen Energien tritt der Dekaeder als neue Partikelmorphologie nach der Bestrahlung auf. Der größte Anteil an Dekaedern mit 31% ist für
1 keV zu finden. Der Anteil an polykristallinen Partikeln nimmt für alle Energien ab, was
die Aussage zulässt, dass der Ionestrahl bei unvollständig ausgebildeten (polykristallinen)
Partikeln eine Rekristallisierung bewirkt.
77
5. Ionenstrahlexperimente zur Beinflussung von Morphologie und Struktur
Tabelle 5.4.: Prozentuale Verteilung der Morphologien in CuAu-Nanopartikeln in Standardproben
+
vor und nach der Bestrahlung mit He+ -Ionen (Dosis = 3 · 1017 He
cm2 ). Angaben in %.
0.5 keV
1 keV
Struktur
vor
nach
vor
nach
Einkristallin
2±1
64 ± 10
3±2
31 ± 6
Einfach verzwillingt
0
14 ± 5
1±
26 ± 6
Ikosaeder
58 ± 6
3±2
56 ± 7
0
Dekaeder
0
13 ± 5
0
31 ± 6
Polykristallin
40 ± 5
6±3
40 ± 6
11 ± 4
L10 geordnet
0
0
0
0
10 keV
40 keV
Struktur
vor
nach
vor
nach
Einkristallin
1±1
40 ± 7
3±2
25 ± 5
Einfach verzwillingt
0
8±3
0
15 ± 4
Ikosaeder
61 ± 8
20 ± 5
50 ± 7
20 ± 5
Dekaeder
0
18 ± 4
0
15 ± 4
Polykristallin
38 ± 6
14 ± 4
45 ± 7
25 ± 5
L10 geordnet
0
0
0
0
In Abbildung 5.7 sind beispielhaft HRTEM-Bilder von CuAu-Partikeln nach der Bestrahlung mit verschiedenen Energien sowie die resultierenden Größenverteilungen gezeigt. Für
die beiden niedrigen Ionenenergien 0,5 keV und 1 keV sind ein einkristallines Nanopartikel
und ein Dekaeder in den HRTEM-Aufnahmen dargestellt. Auffällig sind die für die hohen
Ionenenergien 10 keV und 40 keV typischen in Abbildung 5.7 gezeigten CuAu-Nanopartikel,
die eine Art Übergangspartikel zwischen einem Ikosaeder und einem einkristallinen Partikel
erkennen lassen. Sichtbar sind meist zwei ausgeprägte kristalline Bereiche, die auf Kosten
der jeweils anderen gewachsen sind.
78
5.3. Experimentelle Ergebnisse zur Ionenbestrahlung von CuAu-Partikeln
Abbildung 5.7.: Exemplarische HRTEM-Bilder von CuAu-Partikeln nach der He+ -Bestrahlung
+
mit verschiedenen Ionenenergien (Dosis = 3 · 1017 He
cm2 ): (a) Einkristallines Partikel, (b) Dekaeder,
(c) Übergangspartikel, (d) Übergangspartikel. Inserts: Diffraktogramme (e)-(h) zeigen die zugehörigen Größenverteilungen mit den jeweiligen Ausgangsverteilungen (blau gestrichelt).
79
5. Ionenstrahlexperimente zur Beinflussung von Morphologie und Struktur
Um eine Aussage über den Sputterabtrag machen zu können, sind in Tabelle 5.5 die Primärpartikeldurchmesser vor und nach der Bestrahlung mit He+ -Ionen für die verschiedenen
Energien aufgelistet. Aus den sich ergebenden Differenzen der Volumina vor und nach der
Bestrahlung wurden wieder die Sputterabträge an Atomen ausgerechnet. Eine grafische
Darstellung der so experimentell ermittelten und der durch MC-Rechnungen mittels SRIM
simulierten Sputterabträge ist in Abbildung 5.8 gezeigt. Der maximale Abtrag ergibt sich
sowohl im Experiment als auch aus den Simulationsrechnungen bei einer Ionenenergie von
1 keV. Bis auf die Ionenenergie von 1 keV und 10 keV liegt der simulierte Sputterabtrag
jeweils über dem experimentell bestimmten Wert. Der expermintelle Verlauf stimmt somit
tendenziell mit der erwarteten Energieabhängigkeit des nuklearen Wirkungsquerschnitts
überein. Es ist zu beachten die simulierten Sputterabträge durch den als Würfel angenommenen Partikel und durch die Vernachlässigung der Größenabnahme unter Ionen-Beschuss
eine Überschätzung des Abtrages darstellen.
Vor und nach der Bestrahlung wurde die chemische Zusammensetzung der Partikel mittels EDX analysiert. Dabei stellte sich heraus, dass die Ist-Konzentration der Partikel
innerhalb von 3% der stöchiometrischen Zusammensetzung entspricht. Ein präferentielles
Sputtern wurde nicht beobachtet.
Zusammenfassend zeigt sich, dass bei den CuAu-Nanopartikeln die Ionenstrahl-induzierte Strukturumwandlung deutlich ausgeprägter als im Fall von FePt-Partikeln ist. Dies ist
in guter Übereinstimmung mit den mittels SRIM simulierten Leerstellenerzeugungsraten.
Zudem konnte durch die häufiger vereinzelt liegenden CuAu-Partikel im Vergleich zu den
FePt-Proben ein experimenteller Sputterabtrag bestimmt werden. Eine Ausbildung der geordneten L10 -Phase wurde auch bei CuAu-Partikeln für alle Ionenenergien nicht gefunden.
Tabelle 5.5.: Mittlerer Durchmesser der CuAu-Nanopartikel vor und nach der Bestrahlung mit
+
He+ -Ionen verschiedener Energien (Dosis = 3 · 1017 He
cm2 ), sowie dem daraus berechneten Gesamtsputterabtrag und dem Sputterabtrag pro Ion.
Ionenenergie
80
Durchmesser
Sputterabtrag
[keV ]
Vor [nm]
Nach [nm]
[Atome]
[Atome/Ion]
0.5
5,7 ± 0,8
2,7 ± 0,5
5866
0,0996
1
6,0 ± 0,7
3,5 ± 0,8
6136
0,1042
10
5,9 ± 1,1
3,7 ± 0,8
5483
0,0931
40
5,9 ± 0,9
5,2 ± 1,3
2295
0,0390
5.3. Experimentelle Ergebnisse zur Ionenbestrahlung von CuAu-Partikeln
Abbildung 5.8.: Abhängigkeit des Sputterabtrages von der He+ -Ionenenergie, aus den Durchmessern ermittelt und mit der SRIM-Software simuliert.
81
5. Ionenstrahlexperimente zur Beinflussung von Morphologie und Struktur
5.4. Diskussion der ionenstrahlinduzierten
Strukturumwandlungen
Aus den beiden vorangegangenen Abschnitten ist ersichtlich, dass sowohl bei FePt-Nanopartikeln als auch insbesondere bei CuAu-Nanopartikeln der Ionenstrahl strukturelle Umwandlungen von ikosaedrischen zu einkristallinen Nanopartikeln induziert. Die HRTEMBilder in Abbildung 5.9 verdeutlichen diese Umwandlung noch einmal zusammenfassend
und zeigen die am häufigsten auftretenden Morphologien.
(a) 3-zählige Symmetrie
(b) 2-zählige Symmetrie
(c) 5-zählige Symmetrie
(d) Einkristallines Partikel
(e) Dekaeder
(f) Übergangspartikel
Abbildung 5.9.: HRTEM-Bilder zur Verdeutlichung der ionenstrahlinduzierten Strukturumwandlungen. (a)-(c) CuAu-Ikosaeder vor der Bestrahlung mit unterschiedlichen Symmetrieachsen parallel zum Elektronenstrahl. (d)-(f) CuAu-Morphologien, die häufig nach der He-Bestrahlung gefunden
werden.
82
5.4. Diskussion der ionenstrahlinduzierten Strukturumwandlungen
(a) 10 Ionen
(b) 50 Ionen
(c) 500 Ionen
(d) 600 Ionen
(e) 850 Ionen
(f) 950 Ionen
Abbildung 5.10.: MD-Simulationen zur strukturellen Modifikation eines 3 nm großen CuAuIkosaeders (3871 Atome, Rot=Cu, Gelb=Au) bei Bestrahlung mit 3 keV He+ -Ionen. Oben:
Atomanordnung. Unten: Analyse der lokalen Bindungsverhältnisse (Rot=kristalline Umgebung,
Blau=amorphe Umgebung).
Sowohl bei den FePt- als auch bei CuAu-Partikeln wird neben den vermehrt einkristallinen Partikeln zusätzlich das Auftreten von Dekaedern beobachtet. Bei CuAu wird
zudem bei hohen Ionenenergien das Auftreten von Übergangspartikeln beobachtet, bei denen zwar einzelne Kristallite durch Rekristallisation stark anwachsen, die ursprüngliche
Symmetrie des Ausgangspartikels aber noch erkennbar bleibt (vgl. den anisotrop rekristallisierten Ikosaeder in Abbildung 5.9 f). Obwohl die L10 -geordnete einkristalline Struktur
nach den in Kapitel 4.3 vorgestellten Simulationen zur Phasenstabilität verschiedener Partikelstrukturen den thermodynamischen Gleichgewichtszustand darstellt, werden auch nach
der Bestrahlung keine L10 -geordneten Partikel gefunden. Demnach verläuft die ionenstrahlinduzierte Umwandlung entweder so schnell, dass eine chemische Ordnung die auf Volumendiffusion basiert nicht möglich ist, oder - bedingt durch die Kinetik der Umwandlung - wird
eine metastabile Struktur ausgebildet.
Detaillierte Erkenntnisse zur Kinetik der strahlungsinduzierten Umwandlung können
wiederum aus MD-Simulationen gewonnen werden. Abbildung 5.10 zeigt das Ergebnis einer
solchen Rechnung für den Fall der Bestrahlung eines 3 nm großen CuAu-Ikosaeders mit
3 keV He+ -Ionen. Die Simulationsrechnungen wurden für CuAu durchgeführt, weil hierfür
die Potentiale wesentlich besser bekannt und getestet sind als für FePt. Es wurde ein
Foiles-Potential verwendet (vgl. Kapitel 2.5.2), dessen repulsiver Anteil im Hinblick auf
den Ionenbeschuss optimiert war [Jarvi, 2008].
Abbildung 5.10 zeigt die Ergebnisse der MD-Simulation in Form von Momentaufnahmen
des CuAu-Ikosaeders, nach dem Auftreffen einer jeweils wachsenden Anzahl von Ionen. Die
83
5. Ionenstrahlexperimente zur Beinflussung von Morphologie und Struktur
Zeit zwischen dem Auftreffen zweier Ionen betrug bei diesen Simulationen 5 ps. Nach jedem
Beschuss wurde das Partikel innerhalb von 2,5 ps auf T = 0 K relaxiert, um die thermisch
deponierte Energie abzuführen. Wie sich aus einer Ananlyse der lokalen Bindungsverhältnisse nach Mendez-Villuendas und Bowles (2007) ergibt, führt der Ionenbeschuss zu einer
Amorphisierung des Partikels. Abbildung 5.11 zeigt den resultierenden Anteil von Atomen
in amorpher Umgebung, sowie die Gesamtzahl der Atome des Partikels als Funktion der
Ionenanzahl.
Abbildung 5.11.: Auswertung der MD-Simulation zur 3 keV He+ -Bestrahlung eines 3 nm großen
CuAu-Ikosaeders. (a) Relativer Anteil der Atome mit nicht kristalliner (amorpher) Umgebung. (b)
Reduzierung der Anzahl der Atome im Partikel durch Sputterabtrag.
Bereits nach 1000 Ionen sind 95% des Nanopartikels amorph. Ähnliche Resultate erhält
man für die MD-Simulation der Ionenbestrahlung eines einkristallinen ungeordneten kfz
Partikels (A1-Phase) [Jarvi, 2008]. Der aus Abbildung 5.11 b bestimmbare Sputterabtrag
von 0,4 Atomen pro Ion liegt deutlich über den experimentell bestimmten Daten (vgl. Tabelle 5.5 und Abbildung 5.8). Dieser Effekt wird zum einen darauf zurückgeführt, dass im
Foiles-Potential die Oberflächenbindungsenergie als zu gering angenommen wird, zum anderen ist im Experiment das Vorwärts-Sputtern durch das in Strahlrichtung eines Partikels
liegende Substrat reduziert.
In den im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten Bestrahlungsexperimenten wurden die
bestrahlt. Dies bedeutet, dass ein ParCuAu-Nanopartikel mit einer Dosis von 3 · 1017 Ionen
cm2
tikel mit dP = 3 nm insgesamt von ca. 2, 1·104 Ionen getroffen wird. Bei den so behandelten
CuAu-Partikeln ist jedoch keine Amorphisierung zu beobachten. Diese Diskrepanz zwischen
dem Experiment und dem Ergebnis der MD-Simulation ist offensichtlich darauf zurückzuführen, dass in der bei 0 K durchgeführten Rechnung den durch Ionenbeschuss deplazierten
Atomen die thermische Energie zur Diffusion auf einen regulären Gitterplatz fehlt. Den-
84
5.4. Diskussion der ionenstrahlinduzierten Strukturumwandlungen
noch gibt es deutliche Hinweise darauf, dass das Ergebnis der MD-Simulation durchaus als
Beleg für die Tendenz zur (partiellen) Amorphisierung von CuAu-Nanopartikeln unter He+ Beschuss gelten darf. Zum einen zeigen nämlich vergleichbare Simulationsrechnungen zum
He+ -Beschuss von elementaren Pt-Nanopartikeln, dass dort keine Amorphisierung auftritt
[Jarvi u. a., 2008]. Zum anderen belegen die bereits in Kapitel 4.3 vorgestellten Ergebnisse
der Rechnungen zur Größenabhängigkeit der Phasenstabilität, dass bei hinreichend kleinen
CuAu-Nanopartikeln die Stabilität der amorphen Phase zwischen der eines einkristallinen
kfz Partikels (A1) und der eines L10 -geordneten Partikels liegt. Ein Vergleich der Resultate
zur Phasenstabilität unter Verwendung des Cleri-Rosato-Potentials (Abbildung 4.13) und
des Foiles-Potentials (Abbildung 4.14) deutet allerdings darauf hin, dass der Effekt der
Amorphisierung bei letzterem offensichtlich überschätzt wird.
Die Atome, die aus einem solchen in Folge des Ionenbeschusses amorphisierten Bereich
des Partikels stammen, können den ungestörten Kristalliten als Wachstumskeime dienen.
Die amorphisierten Bereiche, stellen somit einen Vorrat an Atomen für das Kristallitwachstum dar. Je nach Grad der Amorphisierung kann dies zur Ausbildung von Einkristallpartikeln oder nur partiell rekristallisierten Partikeln führen. Der experimentelle Befund, dass
die Tendenz zur Ausheilung von einkristallinen Partikeln bei „kleinen“ Ionenenergien erhöht ist, während bei hohen Ionenenergien „lediglich“ Übergangspartikel entstehen können,
lässt sich so auf der Basis der Energieabhängigkeit der Leerstellenerzeugungsrate verstehen (vgl. Abbildung 5.1 b): Bei geringen Ionenenergien wird durch die hohe Leerstellenzahl
ein hoher Amorphisierungsgrad erreicht, während er bei hohen Energien aufgrund einer
kleineren Anzahl an Leerstellen geringer ausfällt.
Dekaeder sind durch Verdrehung der Bauchbinde aus Ikosaedern zu erhalten [Koga u. a.,
2004]. Somit stellt die relativ hohe Anzahl an beobachteten Dekaedern eine Zwischenstufe
der Umwandlung von einem Ikosaeder zu einem einkristallinen Nanopartikel dar. Diese
kinetische Folge der Strukturumwandlung vom Ikosaeder über ein Übergangspartikel hin
zu einem Dekaeder und schließlich zu einem einkristallinen Partikel wurde für FePt-Partikel
als Folge thermischen Anlassens bereits beobachtet [Rellinghaus u. a., 2004]. Hierbei zeigte
sich die Ausbildung von Dekaedern jedoch erst ab Temperaturen oberhalb 1073 K.
In Abbildung 5.12 ist zusammenfassend eine schematische Darstellung der energetischen
Lagen der in CuAu konkurrierenden Phasen gezeigt. Hierzu ist die freie Energie F als Funktion einer willkürlich gewählten „Reaktionskoordinate“ aufgetragen, die die lokalen mit den
jeweiligen Strukturen verbundenen Energieminima durchläuft. Die vom Amorphen über
den Ikosaeder und die A1-Phase zur L10 -Phase zunehmende Stabilität ist den Resultaten der MD-Simulationen mit dem Cleri-Rosato-Potential für ein CuAu-Nanopartikel mit
dP = 3 nm (3000 Atome) entnommen (vgl. Abbildung 4.13). Die ionenstrahlinduzierten
85
5. Ionenstrahlexperimente zur Beinflussung von Morphologie und Struktur
athermischen Strukturumwandlungen sind in dem Diagramm mit blauen, thermisch angeregte Rekristallisationsprozesse mit roten Pfeilen gekennzeichnet. Unabhängig von der Ausgangsstruktur bewirkt die Ionenstrahlung die athermische Bildung metastabiler amorpher
Bereiche. Obwohl dies kinetisch nur für einen Ikosaeder (und ein einkristallines Partikel
in der A1-Phase) in den MD-Simulationen gezeigt wird, ist davon auszugehen, dass auch
die experimentell an FePt-Partikeln gefundene Entordnung ursprünglich L10 -geordneter
Partikel über die zwischenzeitliche Bildung solcher amorpher Bereiche verläuft. Dies ist insofern naheliegend, als dass der Impulsübertrag der stoßenden Ionen stochastisch geschieht
und nicht mit der L10 -Atomanordnung korreliert ist. In Abbildung 5.12 ist die athermische Umwandlung von L10 -Phase in die amorphe Phase gestrichelt gekennzeichnet, da die
Achse der willkürlichen „Reaktionskoordinate“ einen Schnitt durch einen mehrdimensionalen Phasenraum darstellt. Daher kann das lokale Minimum der L10 -Phase sowohl mit
dem Minimum der A1-Phase als auch mit dem der amorphen Phase jeweils direkt über
verschiedene Sattelpunkte verbunden sein.
Da im Experiment weder in den CuAu-Partikeln noch in den FePt-Partikeln amorphe
Bereiche gefunden werden, ist davon auszugehen, dass diese amorphen Phasenanteile bei
Zimmertemperatur thermisch an den ungestörten Bereichen des Partikels rekristallisieren.
Offensichtlich ist dabei die kinetische Barriere zwischen dem Ikosaeder und dem Amorphen
größer als zwischen dem Amorphen und der A1-Phase, so dass die thermische Energie bei
Zimmertemperatur (Etherm. = kB · 300 K) lediglich die Rekristallisation in die ungeordnete
kfz A1-Struktur erlaubt. Auch wenn die Systematik der ionenstrahlinduzierten Strukturumwandlungen in FePt-Partikeln weniger deutlich ausgeprägt ist als bei CuAu-Partikeln, so
sind die Resultate doch im Wesentlichen vergleichbar. Aufgrund der Ähnlichkeit der beiden
Legierungen, u.a. hinsichtlich der auftretenden Strukturen, kann daher angenommen werden, dass das in Abbildung 5.12 aufgezeigte und oben diskutierte Modell zur Erklärung der
strahlinduzierten Effekte gleichermaßen für die CuAu- und die FePt-Nanopartikel gültig
ist. Auf dieser Basis lassen sich die Ergebnisse sämtlicher im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten experimentellen Untersuchungen sowie Simulationsrechnungen zur Struktur der
Partikel konsistent verstehen.
86
5.4. Diskussion der ionenstrahlinduzierten Strukturumwandlungen
Abbildung 5.12.: Schematische Darstellung der relativen energetischen Lagen der in einem CuAuNanopartikel miteinander konkurrierenden Strukturen entlang einer willkürlichen „Reaktionskoordinate“ sowie der thermischen (roter Pfeil) und athermischen (blaue Pfeile) Phasenumwandlungen.
Die relativen Lagen der Energieminima entsprechen den Resultaten der MD-Simulation (CleriRosato-Potential, vgl. Abbildung 4.13) für ein Partikel mit dP = 3 nm (3000 Atome).
87
5. Ionenstrahlexperimente zur Beinflussung von Morphologie und Struktur
88
6. Abschließende Betrachtung und
Ausblick
Die Ergebnisse der im Rahmen der vorliegenden Diplomarbeit durchgeführten Untersuchungen erlauben eine weitgehende Beschreibung des Einflusses von He+ -Ionenbestrahlung auf
die Struktur binärer FePt- und CuAu-Nanopartikel.
Sowohl für CuAu als auch für FePt wurden die Bedingungen für die Herstellung von
Nanopartikeln aus der Gasphase analysiert und geeignete Prozessparameter für die Präparation von Standardproben für die Bestrahlung gefunden. Letztere wurden so gewählt, dass
die FePt-Partikel nahezu isoliert auf dem Substrat vorliegen und eine schmale Größenverteilung mit einem Median von 4 nm besitzen. Ebenso wurden Parameter für die Herstellung
isolierter CuAu-Partikel mit einem Durchmesser von 5 nm bestimmt. Die Häufigkeitsverteilungen der elektronenmikroskopisch charakterisierten Partikelmorphologien und Strukturen zwischen den FePt- und CuAu-Nanopartikeln weisen deutliche Unterschiede auf. Während bei den FePt-Partikeln der Einkristall die am häufigsten beobachtete Strukturform
ist, dominiert bei CuAu-Partikeln der Ikosaeder.
Neben den experimentellen Arbeiten zur Partikelsynthese und Charakterisierung wurden die durch eine anschließende Ionenbestrahlung zu erwartenden Defekte durch MonteCarlo-Simulationen mittels des SRIM-Softwarepakets abgeschätzt. Hierbei zeigte sich, dass
sowohl bei den CuAu-, als auch bei den FePt-Partikeln eine maximale Defekterzeugung
durch die Bestrahlung mit 1 keV He+ -Ionen erzielt wird.
Es wurden systematische experimentelle Untersuchungen zur Charakterisierung des Einflusses der Bestrahlung von FePt- und CuAu-Nanopartikeln mit He+ -Ionen auf deren Morphologie und Kristallstruktur durchgeführt. Hierbei lag der Schwerpunkt auf der Bestimmung des Einflusses der Energie der Ionen. Aus Molekulardynamik-Simulationen wurde
die Abhängigkeit der Kohäsionsenergie pro Atom von der Partikelgröße für verschiedene
Partikelstrukturen berechnet. Daraus lassen sich größenabhängige Stabilitätskriterien für
das Auftreten der jeweiligen Phasen ableiten. Für mittlere Partikelgrößen (dP = 5 nm)
ergibt sich dabei, dass einkristalline Partikel stabiler sind als vielfach verzwillingte Partikel (Ikosaeder, Dekaeder). Mit abnehmender Partikelgröße kehren sich diese Verhältnisse
89
6. Abschließende Betrachtung und Ausblick
jedoch um. Unabhängig von der Struktur erweist sich die L10 -geordnete Phase als stabiler
gegenüber der ungeordneten A1-Phase. Die Molekulardynamik-Simulationen zeigen, dass
die amorphe Phase zu kleinen Partikelgrößen hin ähnlich stabil ist, wie viele andere (ungeordnete) Strukturen. Die Tatsache, dass die experimentell aus der Gasphase erzeugten
Partikel viele verschiedene Strukturen und Morphologien besitzen, deutet darauf hin, dass
viele dieser Partikel sich nicht in ihrem thermodynamischen Grundzustand befinden und
ihre Struktur maßgeblich durch die Wachstumskinetik bestimmt ist. Sowohl bei den FePtals auch bei den CuAu-Nanopartikeln wird für alle Energien eine Erhöhung des Anteils
einkristalliner Partikel und eine Reduktion der Anzahl der Ikosaeder gefunden. Bei hohen Ionenenergien bewirkt die Bestrahlung die Bildung von Übergangspartikeln, bei denen
zwar einzelne Kristallite, wie z.B. einzelne Tetraeder-Elemente eines Ikosaeders, auf Kosten
der anderen Bereiche stark anwachsen, die ursprüngliche Symmetrie des Ausgangspartikels
(z.B. Ikosaeder) aber noch erkennbar ist. Weder für FePt noch für CuAu wurden nach
den Bestrahlungen L10 -geordnete Partikel gefunden. Vielmehr zeigen Untersuchungen zur
Bestrahlung von mindestens 15 nm großen L10 -geordneten Partikeln, dass die Ionenbestrahlung eine Zerstörung der L10 -Phase bewirkt.
Eine Erklärung zur Kinetik der ionenstrahlinduzierten Umwandlung von mehrfach verzwillingten Ikosaedern zu einkristallinen Partikeln wurde durch eine Zusammenarbeit mit
der Forschungsgruppe der Materialmodellierung an der TU Darmstadt sowie der Universität Helsinki gefunden. Für CuAu-Partikel zeigte sich, dass He+ -Ionenbestrahlung nicht nur,
wie für massive Metalle bekannt, die Erzeugung von Leerstellen und Frenkelpaaren bewirkt,
sondern auch zu einer (partiellen) Amorphisierung des Nanopartikels führt. Diese Amorphisierung, die sich in den Molekulardynamik-Simulationen für kleine Partikel als energetisch
günstiger als die Bildung der ungeordneten einkristallinen A1-Phase erweist, erklärt auch
die Entordnung der ursprünglich L10 -geordneten Partikel durch die Bestrahlung.
Wie diese ionenstrahlinduzierte Entordnung lassen sich auch die anderen Strukturumwandlungen durch die athermische Ausbildung amorpher Bereiche und eine anschließende
Rekristallisierung bei Zimmertemperatur verstehen.
Um die Gültigkeit dieser Modellvorstellung zu überprüfen, wären weiterführende und vergleichende Untersuchungen zur Bestrahlung von elementaren (Nicht-Legierungs-) Metallpartikeln wünschenswert. Jüngste Molekulardynamik-Simulationen zur He+ -Bestrahlung
von Pt-Nanopartikeln zeigen nämlich - anders als für die CuAu-Partikel - keine Amorphisierung. Inwieweit sich dieses Ergebnis verifizieren lässt, ist zur Zeit unklar, da hierzu noch
keine Experimente bekannt sind.
90
A. Anhang
A.1. Berechnung der Reflexe für CuAu und FePt
91
92
h
1
2
0
0
2
2
0
dhkl (nm)
0,219
0,190
0,190
0,190
0,134
0,134
0,134
2
0
2
0
2
0
1
k
2
2
0
2
0
0
1
l
7,44
7,44
7,44
5,26
5,26
5,26
4,56
d−1
hkl
A1-Struktur
(nm−1 )
1
0,272
0,134
0,134
0
2
2
2
0,171
0,136
0
0
2
0,186
0,193
0,193
1
0
0,371
0,219
h
dhkl (nm)
2
0
2
0
0
2
0
1
1
0
k
2
2
0
1
2
0
0
1
0
1
l
7,49
7,49
7,35
5,85
5,39
5,19
5,19
4,56
3,67
2,70
−1
d−1
hkl (nm )
L10 -Struktur
Tabelle A.1.: Netzebenenabstände dhkl und reziproke Netzebenenabstände d−1
hkl der Beugungsreflexe in den A1- und L10 -Strukturen für
FePt.
A. Anhang
h
1
2
0
0
2
2
0
dhkl (nm)
0,224
0,194
0,194
0,194
0,137
0,137
0,137
2
0
2
0
2
0
1
k
2
2
0
2
0
0
1
l
7,30
7,30
7,30
5,16
5,16
5,16
4,47
d−1
hkl
A1-Struktur
(nm−1 )
1
0,194
0,134
0,135
0
2
2
2
0,175
0,140
0
0
2
0,184
0,198
0,198
1
0
0,367
0,222
h
dhkl (nm)
2
0
2
0
0
2
0
1
1
0
k
2
2
0
1
2
0
0
1
0
1
l
7,42
7,42
7,13
5,73
5,45
5,04
5,04
4,49
3,57
2,72
−1
d−1
hkl (nm )
L10 -Struktur
Tabelle A.2.: Netzebenenabstände dhkl und reziproke Netzebenenabstände d−1
hkl der Beugungsreflexe in den A1- und L10 -Strukturen für
CuAu.
A.1. Berechnung der Reflexe für CuAu und FePt
93
A. Anhang
A.2. Halter für die Bestrahlung von TEM-Netzchen
Abbildung A.1.: Konstruierter TEM-Netzchen Halter, der zur Bestrahlung eingesetzt wurde. Das
Material des Halters hinter den Netzchen wurde ausgebohrt um eventuelle Deposition von gesputtertem Haltermaterial auf der Probe zu vermeiden. Alle Angaben sind in mm.
94
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2521
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102
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Danksagung
Mein Dank gilt vorallem Prof. L. Schultz, der mir die die Möglichkeit gegeben hat meine
Diplomarbeit am IFW durchzuführen. Vielen Dank an Prof. W. Möller für die Übernahme der zweiten Begutachtung.
Ich bedanke mich für die Betreuung der Arbeit durch B. Rellinghaus, der mir neben der
Betreuung während der Arbeit auch überaus hilfreich bei der Wortfindung zur Seite stand.
Ein großer Dank geht an E. Mohn, der mir immer mit Rat und Tat zur Seite stand.
Bei J. Fassbender bedanke ich mich für die gut funktionierende Kooperation und für
die wertvollen Diskussionen zu Beginn der Arbeit sowie die schnelle Weiterleitung der zu
bestrahlenden Proben an den Techniker I. Winkler, dem ich für die Bearbeitung meiner
Aufträge dankbar bin.
Über die Zusammenarbeit mit der TU-Darmstadt wurde meine Arbiet maßgeblich gefördert. Deshalb geht ein großer Dank an Prof. K. Albe, für die freundliche Betreuung
während meines Aufenthaltes in Darmstadt.
T. Järvi danke ich für die gute Zusammenarbeit und die wertvollen Diskussionen, sowie
für die Zusendung der erhaltenen Ergebnisse der MD-Simulationen.
C. Mickel danke ich für die Einführung in die Transmissionselektronenmikroskopie und für
Ihre ständige Hilfsbereitschaft bei Problemen und Fragen. Zudem danke ich T. Gemming
und J. Thomas für die Einführung in die hochauflösende Elektronenmikroskopie und die
unkomplizierte Hilfe bei Fragen und Problemen.
Bei M. Pötschke, U. Gaitzsch und F. Schäffel bedanke ich mich für das Korrekturlesen
dieser Arbeit und hilfreichen Tipps zur Formatierung.
Abschließend bedanke ich mich bei D. Iselt für die Motivation und die Entbehrung der
gemeinsamen Zeit in den letzten Monaten.
Danke Danke Danke......
103
Literaturverzeichnis
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Selbstständigkeitserklärung
Ich, Darius Pohl, erkläre hiermit, dass ich diese Arbeit, gemäß der Diplomprüfungsordnung der Physik, selbstständig verfaßt, keine anderen als die angegebenen Quellen und
Hilfsmittel verwendet und diese Diplomarbeit nicht bereits in der selben oder einer ähnlichen Fassung an einer anderen Fakultät oder einem anderen Fachbereich zur Erlangung
eines akademischen Grades eingereicht habe.
Dresden, den 8. Februar 2008
Unterschrift
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