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Phobien Seiten 103-193
Teresa Miszak; [email protected]
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Phobien S. 103-193
Reinecker, H. (1993). Phobien, S 103-193. Göttingen: Hogrefe
Teresa Miszak
Bodenmattstrasse 34
3185 Schmitten
Schweiz
026/4964714
[email protected]
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Teresa Miszak; [email protected]
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5. DIE BEHANDLUNG VON PHOBIEN (S. 103)
5.1 Vorbemerkungen zur Therapie von Phobien (S. 103)
Faktoren wie Compliance, konsistente Vermeidung der phobischen Situation, eine normale
Stimmung und eine aktive Mitarbeit lassen sich, seitens der Literatur, als günstige Variablen
für die Behandlung von Phobien anführen. Zu den prognostisch ungünstigen Faktoren
gehören: Depressive Verstimmung, ungünstige soziale, berufliche und partnerschaftliche
Anpassung und der Alkohol- und Medikamenten-Missbrauch. Reinecker (1993) zählt die
Chronizität der Störung, die Erwartungen seitens des Patienten, die Qualität der
Partnerschaft und die Therapeuten-Variable zu den indifferenten Aspekten aufgrund
vorliegenden klinischen Befunden und Therapiestudien. Der Einbezug folgender Variablen ist
aber ebenfalls von Bedeutung: die Makro-Variable (verschiedene Strategien und
Möglichkeiten der Zuweisung usw.), die individuellen Merkmale des Patienten
(Berücksichtigung des individuellen Aspektes des Patienten und des differentiellen Aspektes,
der Reaktionsebene des Patienten) und die Umsetzung konkreter Therapiestrategien
(Anwendung spezieller Verfahren, S. 108).
5.2 Konfrontationsverfahren (S. 108)
Das Prinzip der systematischen Desensibilisierung (SD) wurde von Wolpe (1958, 1969),
entwickelt. Bei der SD wurde basierend auf der individuellen Analyse der Phobie des
Patienten eine Angsthierarchie erstellt; zusätzlich zur SD wurde ein zweites Element
integriert, ein angst-antagonistisches Verfahren wie die progressive Muskelentspannung. In
der konkreten Durchführung der SD werden dann in einem dritten Schritt die Items der
Angsthierarchie in der Vorstellung oder real präsentiert, wobei die vermittelte Entspannung
zu einer Hemmung und zu einem Abbau der Angst führt. Die SD bildet nur eine spezielle
Variante im Bereich der Konfrontationsverfahren, denn der Begriff „Konfrontationsverfahren“
stellt ein Oberbegriff dar für alle verhaltentherapeutischen Verfahren, bei denen sich der
Patient mit angstauslösenden Objekten oder Situationen auseinandersetzt (neben der SD,
insbesondere die Exposition und Reaktionsverhinderung, graduierte Löschung, Anxiety
Management usw.) (S. 109).
Exposition:= wird die Konfrontation eines Patienten mit einer von ihm gefürchteten Situation
bezeichnet. Kennzeichnend seitens des Patienten ist, dass die entsprechenden
Angstsituationen die emotionalen Angstreaktionen auf verhaltensmäßiger, subjektiver und
somatischer Ebene auslösen (Marks, 1978).
Reaktionsverhinderung:= der Patient wird daran gehindert, die ihm unangenehme Situation
zu verlassen, damit der Prozess des Abbaus der emotionalen Angstreaktion ausgeführt
werden kann.
5.2.1. Exposition und Reaktionsverhinderung: Prinzip und Erklärung an den Patienten (S.
110)
Zur Vermittlung eines plausiblen Modells für den therapeutischen Prozess und als Erklärung
an den Patienten ist das Modell der Erwartung bzw. der Löschung (=“Prozess der Abnahme
von Angst, auf verschiedenen Ebenen, als Folge der Konfrontation einem vorher
gefürchteten, phobischen Situation“) von Angst sinnvoll (siehe Abbildung 5.1).
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Reinecker (1993) weist darauf hin, dass es wichtig für den Patienten ist, die Logik des
Konfrontationsverfahrens zu verstehen (siehe Abb. 5.2).
Der Therapeut sollte den Patienten auf die klinische und empirische Validität des Verfahrens
hinweisen, aber ihm auch die Versicherung geben, dass die Exposition und
Reaktionsverhinderung keine Überraschung enthält, sondern dass er selbst die
Geschwindigkeit des Fortschrittes bestimmen kann.
Das Prinzip des Selbst-Managements trägt einen wesentlichen Teil zur Besserung der
Behandlung bei d.h., dass der Patient sich schon zu Beginn der Behandlung bewusst sein
sollte, dass er selbst zur Besserung beiträgt, wenn er die mit dem Therapeuten vereinbarten
Übungen zwischen den Sitzungen selbständig durchführt. Ein ebenso wichtiger Aspekt für
den Patienten stellt die Vermittlung der Logik von Angstverläufen und Angstbehandlungen
dar (siehe Abbildung 5.5).
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Wichtig ist also, dass Transparenz und Erklärung den gesamten Therapieverlauf begleiten,
so dass das Erleben des Patienten im Therapieprozess dem vermittelten Modell weitgehend
entspricht.
5.2.2 Variablen der Expositionsdurchführung (S. 115)
Die folgenden Variablen müssen bei der konkreten Therapieplanung einbezogen werden:
(1) Exposition in der Vorstellung versus in der Realität: die Konfrontation in der Realität ist
den Vorstellungsbedingungen praktisch immer überlegen.
(2 Exposition im Selbstmanagement: die Problemstrukturierung und die Motivierung des
Patienten besitzt im Anfangsstadium der Therapie, durch die Anleitung des Therapeuten
einen großen Wert; die Chance der Selbsthilfe aber, durch Aufgaben und Hausaufgaben
zwischen den Sitzungen, sollte unbedingt auch genutzt werden.
(3) Dauer der Exposition: 2 Kriterien sind entscheidend: die Angst des Patienten sollte ihren
Höhepunkt deutlich überschritten haben, und der Patient sollte nach der Exposition eine
Reduktion von Angst erlebt haben.
(4) Graduierte versus Massierte Exposition: Massiertes Vorgehen (Flooding):= der Patient
wird schon zu Beginn der Konfrontation mit den Top-Items seiner Angsthierarchie
konfrontiert; bei der Implosionstherapie hingegen soll der Patient die Sinnlosigkeit seiner
Angst erleben (S. 118/119).
(5) Exposition oder Problemlösen: die Exposition selbst lässt sich als eine Problemlösestrategie auf einer Meta-Ebene sehen: Im Erlernen des Konfrontationsverfahrens
bekommt der Patient vermittelt, dass und wie er sich mit seinen Ängsten
auseinandersetzen kann. Gerade für die Rückfallprophylaxe ist dies von unschätzbarem
Wert.
(6) Unterstützung des Expositions-Verfahrens: darunter versteht man: Modellernen,
Beruhigung, Unterstützung, durch Ermutigung, Biofeedback und Medikamente.
(7) Zur Rolle kognitiver Ansätze bei Exposition: siehe Abbildung 5.6.
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Reinecker (1993) stellt fest: „ Eine Trennung in rein kognitive und in rein verhaltensorientierte
Behandlungsansätze ist damit vor allem aus Praxisüberlegungen heraus gar nicht sinnvoll
(dies drückt sich unter anderem darin aus, dass häufig von kognitivverhaltenstherapeutischen“ Vorgehen gesprochen werden kann )“ (S. 122).
5.3 Zur Differenzierung von Behandlungs-Strategien (S. 123)
Aufgrund einiger Studienergebnisse kann festgehalten werden, dass man bei der
Differenzierung von Behandlungsstrategien sowohl auf ätiologisch-nosologische Aspekte, als
auch auf bewährte Behandlungsverfahren zurückzugreifen sollte.
5.3.1 Agoraphobie: Der Kampf mit dem Drachen (S. 125)
Die zentrale Charakteristika der Symptomatologie von Agoraphobikern sind die
unerklärlichen Schwankungen („...gute und schlechte Tage...“), aber häufig auch die diffusen
psychophysiologischen Beschwerden; in den seltensten Fällen lassen sich bei diesen
Patienten eindeutige Traumata identifizieren. Kognitive Strategien wie Erklärungen,
Informationen etc. haben zu Therapiebeginn eine wichtige motivationale Funktion; auch die
Anleitung des Patienten zu differenzierter Selbst- und Situationswahrnehmung gehört mit
dazu, denn sie führt zur Auseinandersetzung mit der eigenen Angst.
Diese Erklärung – z.T. unterbrochen von Fragen der Patientin – liefert eine hohe
Transparenz, einen ersten Erklärungsversuch, eine erste Erleichterung. Die Strukturierung
spielt auch für die Gestaltung einer entsprechend tragfähigen Therapeut-Patient-Interaktion
eine wohl ausschlaggebende Rolle: Die Patientin/ der Patient erlebt den Therapeuten als
eine Person, die ihre Ängste ernst nimmt, was häufig in einem klaren Kontrast zu Personen
der engsten Umgebung steht (siehe Abbildung 5.7).
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Einige Punkte verdeutlichen die konkreten Strategien und das therapeutische Vorgehen bei
Agoraphobien:
-
Die Rolle der ersten Therapiesitzungen (Strukturierung von Schwierigkeiten des
Patienten) (Schindler, 1991).
Durch das Prinzip der Exposition wird eine Problemlösestrategie vermittelt, um mit
der Angst besser umgehen zu können.
Die Rolle der Partnerschaft besitzt jedoch keine empirische Fundierung.
Von begleitender Medikation ist aufgrund bisherigen empirischen Befunden und
klinischen Erfahrungen keine Optimierung therapeutischer Effekte zu erwarten.
Die Therapiedauer durch Expositionsverfahren bewegt sich zwischen fünf bis 25
Sitzungen (=Kurztherapie).
5.3.2 Soziale Phobien: „Wasch mich, aber mach mich nicht nass!“ (S. 132)
Bei der Behandlung von sozialen Phobien ist die Differenzierung in die drei Ebenen von
Angst von grosser Bedeutung, da der therapeutische Zugang davon abhängt:
(1) Soziale Phobien im Zusammenhang mit sozialen Defiziten: Therapieansätze mit Training
sozialer Fertigkeiten stehen im Vordergrund.
(2) Soziale Phobien im Zusammenhang mit verzerrter Selbstwahrnehmung.
(3) Soziale Phobien als Angst und Hemmung: Die Soziale Phobie wird hier als das Erleben
oder auch als die Antizipation unangenehmer Gefühle in sozialen Situationen
angesehen. Die Erwartung von Misserfolg und entsprechende Vermeidungstendenzen
spielen dabei eine zentrale Rolle.
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Die Behandlungsstrategie stellt die Vermittlung funktionaler, produktiver Gedanken dar;
anhand des plausiblen Modells wird der Patientin auch erklärt, dass es eine enge Interaktion,
einen Rückkoppelungsprozess zwischen ihren Gedanken (Selbst-Regulations-System) und
dem Erleben der unangenehmen Situation gibt.
Im Allgemeinen gilt bei der Therapie von sozialen Phobien, dass meistens eine Kombination
von Therapieverfahren angewendet wird, da die Therapie selten auf einer einzigen Modalität
erfolgt.
5.3.3 Spezifische Phobie: Nicht so einfach wie man denkt! (S. 140)
Auch diese Phobie benötigt eine individuelle und differentielle Analyse. Vor allem, aber gilt,
dass eine Veränderung von gedanklichen Prozessen des Patienten (Erwartungen...) am
zielführendsten durch die Konfrontation mit der Situation erfolgen kann. Durch die
Konfrontation zeigt sich dann meist eine Veränderung des Selbstregulationssystem des
Patienten.
Eine spezielle Subgruppe phobischer Patienten stellen die Blut- und Verletzungsphobien dar.
Diese Patienten zeigen auf autonomer Ebene zunächst einen leichten Blutdruck-Anstieg und
dann einen drastischen Blutdruckabfall. Empfohlen wird dabei die Strategie der Anspannung,
um den psychophysiologischen Reaktionen entgegenzusteuern.
Reinecker (1993) weist darauf hin, dass auch Patienten mit spezifischen Phobien einzelne
Panikattacken erleben können, ohne die Kriterien einer Panikstörung zu erfüllen.
Ebenso stellen Krankheitsphobien (z.B. Krebs-Ängste und Aids-Phobien) ein nicht zu
vernachlässigendes Störungsbild dar. Die anderen Phobiker erfahren durch die
Expositionsübung, dass die gefürchtete Katastrophe (Erwartung) nicht eintritt, was hingegen
bei den Krankheitsphobikern nicht passieren wird und so eine besondere Herausforderung
für eine Therapeuten darstellt (siehe Abbildung 5.12).
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Bei Krankheitsphobien können zwei Hilfestellungen als therapeutische Anregungen dienen:
(1) Durch die „kognitive Therapie“ soll die Angstreduktion zeitlich näher an die Konfrontation
mit einer gefürchteten Situation „herangeholt“ werden.
(2) Die Reaktionsverhinderung: durch Anleitung wird der Patient dazu gebracht auf übliche
Vermeidungsstrategien (Arztbesuche, Beruhigung...) zu verzichten, um so lernen zu
können, mit seiner Unsicherheit umzugehen.
Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass die Exposition und die Reaktionsverhinderung sich als äusserst effektive Verfahren für die Behandlung von Phobien
erweisen. Ebenso stellt die Vermittlung von Informationen ein zielführender Faktor dar, wobei
auch die Bearbeitung der verzerrten Wahrnehmung und Informationsverarbeitung der
Patienten ein zentraler Bestandteil der Therapie darstellen sollte.
6. FORSCHUNG UND VERSORGUNG (S. 149)
6.1 Thesen zur Forschung und Praxis (S. 149)
-
„Forschung und Praxis sind als Endpunkte eines Kontinuums anzusehen“.
Forschung soll die Qualität des praktischen Handelns optimieren und ist nicht als ein
Selbstzweck anzusehen.
Die Forschung ermöglicht dem Praktiker eine Orientierung an einschlägigen
„robusten“ Befunden.
Die Patienten haben ein Recht darauf, von den durch Erfahrungen
erfolgsversprechenden Therapiestrategien profitieren zu können.
Die Einstellungen und Werthaltungen, aber auch die Biographie des Therapeuten sind
Aspekte die ebenfalls wissenschaftlich überprüft werden sollten, denn sie beeinflussen
das therapeutische Vorgehen mit.
6.1.1 Versorgung und Makro-Aspekte (S. 150)
Makro-Variablen sind als diejenigen Schritte zu bezeichnen, welche im Vorfeld einer
Therapie stehen, wie die Selbstwahrnehmung des Problems, der Arzt als erster
Ansprechpartner, Fragen des Wissens um die Behandelbarkeit, die Wahrnehmung einer
Chance für eine Besserung seitens der Person, die Erreichbarkeit des Psychotherapeuten
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und die Finanzierbarkeit der Psychotherapie. Durch die Tatsache, dass Fehldiagnosen und
Fehlbehandlungen keine Seltenheit bei den Patienten mit Angststörungen darstellen, erfolgt
somit eine Chronifizierung der Phobie. Ebenso erschweren lange Krankheitsdauer eine
therapeutische Intervention, und somit bedarf es meist aus therapeutischer Sicht erst der
Schaffung einer positiven Zukunftsperspektive und entsprechender Änderungsmotivation,
um eine Psychotherapie überhaupt in die Wege zu leiten.
6.1.2 Mikro-Aspekte (S. 152)
Der Gegenstand der Prozessforschung setzt sich mit der Frage auseinander, welche MikroMerkmale im therapeutischen Prozess für eine gelungene therapeutische Veränderung
verantwortlich sind. Zwei Gesichtspunkt stehen dabei im Vordergrund:
1.) Die Rolle plausibler Modellvorstellungen, die dem Patienten als eine ganz besondere
Hilfestellung während des Therapieprozesses dient.
2.) Die therapeutische Interaktion: Die Merkmale Unterstützung und Erklärung erwiesen
sich seitens des Therapeuten für eine therapeutische Veränderung als besonders wichtig;
auf der Seite des Patienten waren es die aktive Mitarbeit und die Schilderung erster
Änderungsversuche.
6.2 Medikamentöse Behandlung von Phobien (S. 153)
Patienten mit Phobien bekommen vom Hausarzt oder Psychiater meist unterschiedliche
Typen von Medikamenten verschrieben, wie Antidepressiva, Benzodiazepine und teilweise
sogar Neuroleptika.
6.2.1 Antidepressiva und Benzodiazepine bei Agoraphobien (S. 154)
Imipramin (sog. trizyklisches Antidepressivum) zeigte sich bei den Ergebnissen
verschiedener Studien den Placebo-Bedingungen fast durchwegs überlegen. Unumstritten
ist die Tatsache, dass Benzodiazepine wie z.B. Alprazolam, als kurzfristige Hilfestellung den
Patienten eine Erleichterung bringen können, die Rückfallquote beim Absetzen der
Medikamente jedoch sehr hoch und deshalb als kritisch zu betrachten ist. Die Effektivität von
Psychopharmaka bei Angststörungen ist deshalb nur schwierig zu beurteilen, weil in den
meisten Studien neben der spezifischen Medikation (Imipramin, Alprazolam etc.) fast in jeder
Treatment-Bedingung auch verhaltenstherapeutische Verfahren zur Anwendung kamen.
6.2.2 Interaktionen, Kombinationen, Wirkfaktoren (S. 155)
Hand (1989) stellt fest, dass man Marks (1987) zustimmen muss, dass zu wenig über die
Wirkfaktoren und Langzeiteffekte von Antidepressiva bekannt ist, um kausale
Schlussfolgerungen ziehen zu können.
6.2.3 Probleme (S. 157)
-Kosten-Aspekte: Im zeitlichen Verlauf erweisen sich Medikamente immer teurer, da sie
immer wieder eingenommen werden müssen, während effektive Verfahren der Konfrontation
schrittweise in das Selbstmanagement des Patienten übergeben werden.
-Zeit-Faktoren: Antidepressiva wirken erst nach einigen Wochen, Benzodiazepine schon
nach einigen Stunden oder Tagen; psychologische Verfahren der Konfrontation und
Reaktionsverhinderung zeigen recht schnell eine zielgerichtete Wirkung, benötigen aber in
jedem Fall ein korrekt und konsequent durchgeführtes Behandlungsprogramm.
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-Nebeneffekte: bei den Medikamenten sind es vegetative Beschwerden wie Schwitzen,
Zittern etc. und bei den Konfrontationsverfahren müssen der Aufwand und die Mühe benannt
werden.
-Therapeutische Ausfälle: Bewegt sich bei der Behandlung durch Medikamente und der
psychotherapeutischen Behandlung bei ca. 25%.
-Rückfälle: Vor allem bei der Benzodiazepinbehandlung wird das Problem der Rückfälle als
besonders schlimm angesehen.
Medikamente verlieren trotz ihrer aktuellen Versorgungspraxis an Bedeutung aufgrund der
Entwicklung und Evaluation von Alternativen, da Antidepressiva „nur“ zu einer
Stimmungsverbesserung führen und die Benzodiazepine aufgrund ihres Suchtpotentials als
problematisch anzusehen sind.
6.3 Effektivität (S. 159)
Unter „Besserung“ können ganz unterschiedliche Dinge verstanden werden. Aus der
Perspektive des Patienten sind folgende Kriterien bedeutsam:
(1)
Bedeutsame Veränderung der Problematik:
bezüglich Phobien sind dies Veränderungen derjenigen Ebenen der Ängste, die für
den Patienten problematisch sind.
(2)
Wahrscheinlichkeit einer Veränderung
(3)
Breite der Veränderung
(4)
Dauer und Stabilität der Veränderung
(5)
Kosten und Nutzen eines Verfahrens
6.3.1 Zur Effektivität verhaltenstherapeutischer Behandlung von Phobien (S. 161)
In der Praxis zeigte sich, dass die SD kaum in „reiner“ Form durchgeführt wurde, sondern in
Konfundierung mit Aspekten externer Verstärkung, des Modelllernens und kognitiven
Verfahren, so dass sich eine einheitliche Beurteilung der Effektivität von SD bei Phobien
nicht eindeutig feststellen lässt.
Konfrontation und Reaktionsverhinderung sind als höchst bedeutsame und effiziente
Therapieelemente anzusehen. Aber auch die Bedeutung des Therapieelementes der
Erklärung, der Vermittlung und Schaffung positiver Perspektiven im therapeutischen Prozess
ist bei sog. klassisch verhaltenstherapeutischen Vorgehen als unumstritten anzusehen.
6.3.2. Langzeiteffekte (S. 163)
Es gibt zwei Hauptfaktoren, die nach einer erfolgreichen Behandlung zu Rückfällen führen
können: Unspezifische emotionale Belastungen und Situationen, die grosse Ähnlichkeit mit
den ursprünglichen Angstauslösern besitzen.
Somit wird folgendes Ziel relevant: die Effekte einer Intervention sollten durch Vorbereitung
auf die Möglichkeit solcher Situationen (z.B. Vermittlung von Problemlösestrategien
stabilisiert werden. Die Booster-Sessions (=Auffrischungs-Sitzungen) bilden eine weitere
Alternative dazu. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Patienten neben der
sicher notwendigen Konfrontation auch eine Art Problemlösestrategie im Umgang mit
verschiedenen Angstsituationen und verschiedenen anderen emotionalen und inter-
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personalen Schwierigkeiten vermittelt bekommen sollten und nicht einfach nur behandelt
werden.
7. OFFENE FRAGEN UND PROBLEME (S. 167)
7.1 Theoretische Probleme (S. 167)
7.1.1 Die Rückkehr von Angst (S. 168)
Rückfallprozesse:= umfassen einen breiten Bereich (z.B. affektive Zustände,
Abhängigkeiten...).
Rückkehr von Angst:= beinhaltet nur diejenigen Aspekte des Rückfalls, in denen Angst eine
entscheidende Rolle spielt und betrifft nicht das erstmalige Auftreten spezifischer Ängste.
1)
Bedingungen der Rückkehr von Angst:
-Unvollständige Lern-Bedingungen.
-Hohe Belastung durch die therapeutische Behandlung.
-Bei Beginn der Behandlung eine De-Synchronizität der einzelnen Ebenen der Angst.
2)
Erklärungsansätze:
-Lerntheorie: Eine Reaktion, die nicht vollständig gelöscht wurde, hat zumindest
partielles Wieder-Auftreten zu erwarten.
-In Bezug auf die Belastungsbedingungen wird auf neuere Ergebnisse der Lerntheorie
zurückgegriffen: Mineka (1985) konnte zeigen, „dass die Intensität der erwarteten
Stimulation als Belastungsfaktor anzusehen ist, der einen Rückgriff auf alte,
eingeschliffene (wenn auch pathologische) Reaktionsmuster
wahrscheinlich macht“ (S. 169).
-Der Patient setzt sich auf der Verhaltensebene zwar den belastenden Bedingungen
aus, je belastender diese Bedingungen jedoch sind, umso eher neigt die Person zu
Strategien der Ablenkung und (kognitiven) Vermeidung.
3)
Wie lässt sich die Rückkehr von Angst verhindern?
-Nach dem Erlernen neuer Verhaltensweisen sollten diese unter natürlichen
Bedingungen stabilisiert werden.
-Es stellt sich in der therapeutischen Praxis die Frage, wann eine Bewältigung und
wann eine Vermeidung vorliegt; auch die Compliance des Patienten spielt eine grosse
Rolle.
-Die einzelnen Ebenen sollten möglichst synchron verlaufen, so beispielsweise was
den Aspekt der hohen psychophysiologischen Erregung zu Beginn einer Konfrontation
betrifft.
Bei der Rückkehr von Angst handelt es sich um ein echtes theoretisches Problem mit
unterschiedlichen Implikationen aus der Praxis.
7.1.2 Probleme der De-Synchronizität (S. 172)
Lang (1968, 1971) fasst die Emotionen als multiple Systeme auf, die unter der Kontrolle
unterschiedlicher Regulationsmechanismen stehen: Die unterschiedlichen Ebenen des (1)
motorisch beobachtbaren Verhaltens, (2) der subjektiv-verbalen Berichte und (3) der
somatisch-physiologischen Komponente.
De-Synchronizität meint, dass selbst bei einem Patienten die einzelnen Komponenten schon
zu einem gegebenen Zeitpunkt nicht gleich stark (was immer dies heissen mag) ausgeprägt
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sind. Die Schwierigkeit im ganzen besteht also darin, dass es unterschiedliche
Ausprägungen und unterschiedliche Verläufe einzelner Ebenen von Angst gibt.
Durch eine Studie konnte belegt werden, dass eine Konkordanz der drei Reaktionsebenen
ein wichtiger Prädiktor für ein positives Therapieergebnis darstellt.
Zusammenfassend kann festgestellt werden, dass die einzelnen Reaktions-Muster sowohl
einzeln, als auch in ihrer Kombination einer sinnvollen Erläuterung und Interpretation
bedürfen. Diese Feststellung verdeutlicht somit, mit welcher Komplexität man im Umgang mit
Phobien zu tun hat.
7.1.3 Konfrontation, Vermeidung und Angstreaktion (S. 176)
Es können einige Argumente gebracht werden, welche die Notwendigkeit von
Expositionsverfahren schmälern:
Hinweise auf die Effektivität von kognitiven Behandlungsstrategien.
Spontanremissionen.
Verbesserung der Phobie innerhalb von Kontrollgruppen aufgrund unspezifischer
Wirkfaktoren.
Indirekte Behandlung, wie zum Beispiel Strategien des Problemlösens oder des
Selbstsicherheitstrainings.
Zeitpunkt des Verlassens der phobischen Situation.
Die theoretische Ebene ist im Vergleich zur technischen Ebene nicht geklärt, nämlich die
Frage einer Erklärung der Angstreduktion als Folge eines Konfrontationsverfahrens; zur
Erklärung wird zumeist auf das Prinzip der Löschung von Angst verwiesen. Dennoch lässt
sich mit Sicherheit sagen, dass die Konfrontation praktisch in allen Fällen eine hinreichende
technische Bedingung für die Reduktion von Angst darstellt.
7.2 Praktische Aspekte (S. 179)
Kanfer et al. erachten es als besonders relevant, von einem gegenseitigen
Rückkoppelungsprozess der Theorie und Praxis auszugehen.
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7.2.1 Misserfolge in der Behandlung von Phobien (S. 180)
Einen wichtigen Faktor bei Misserfolgen stellen problematische Erwartungen dar. Eine hohe
Rate nehmen diejenigen Patienten ein, die von vornherein eine Behandlung ablehnen, oder
nach dem Beginn der Behandlung abbrechen (=Dropouts).
Bei einzelnen Studien sind rund 30% der Behandlungen als Misserfolge zu bezeichnen. Dies
betrifft Patienten, welche eine Behandlung beginnen und dran bleiben, aber keine Besserung
erreichen. Hingegen sind nach erfolgreich durchgeführter Behandlung relativ selten Rückfälle
zu erwarten.
Folgende Faktoren hängen mit Misserfolgen in der Behandlung von Phobien zusammen:
(wobei Patienten die eine Behandlung abbrechen nicht immer als Misserfolge angesehen
werden dürfen):
Zwischenzeitliche Verbesserungen, welche Behandlungen nicht mehr notwendig machen,
Entfernung vom Therapieort, therapeutische Beziehung und Vermeidung der phobischen
Situation (wegen der A-Synchronizität der verschiedenen Ebenen von Angst sind subtile
Vermeidungsstrategien realisierbar).
Implikationen für die therapeutische Praxis
Die Bedeutung der Individualisierung der Behandlung kann nicht oft genug betont werden.
Zentrale Bedingungen der Individualisierung sind zumeist die funktionale Analyse und, als
deren Ergebnis, ein hypothetisches Bedingungsmodell, das die Variationen und
Schwankungen der Problematik in den situationalen Kontext stellt. Auch die therapeutische
Interaktion spielt eine Rolle im Zusammenhang von Misserfolgen. Der dritte Punkt betrifft die
Einbettung der Therapie in das natürliche Setting des Patienten (Beispiel: Einbezug des
Partners in die Therapie).
7.2.2 Rolle der Partnerschaft bei der Behandlung von Phobien (S. 186)
1)
2)
3)
4)
5)
Hypothese: „Die Partner von agoraphobischen Patienten weisen ebenfalls
psychopathologische Störungen auf und die Partnerschaften von agoraphobischen
Patienten sind qualitativ beeinträchtigt“  diese Hypothese wurde nicht bestätigt (S.
186).
Hypothese: „Die therapeutische Verbesserung der agoraphobischen Problematik des
Patienten führt zu einer Destabilisierung der Partnerschaft“  diese Hypothese
wurde ebenfalls nicht bestätigt (S. 186).
Hypothese: „Eine schlechte Partnerschaft stellt ein Hindernis für eine erfolgreiche
Behandlung der Phobie dar“  diese Hypothese wurde bestätigt und nicht bestätigt,
also differentielle Befunde (S. 187).
Hypothese: „Die aktive Mitarbeit eines Partners als Co-Therapeut verbessert Verlauf
und Ergebnis der Therapie“  diese Hypothese wurde bestätigt und nicht bestätigt (S.
187).
Hypothese: „Bei Agoraphobien sollte nicht die Angst-Problematik, sondern die
Störung der Partnerschaft zum Gegenstand der Therapie erhoben werden“  diese
Hypothese wurde bestätigt und nicht bestätigt (S. 188).
Es gibt bezüglich der Rolle der Partnerschaft kaum empirische Belege, aber insgesamt
gesehen ist die Partnerschaft – gerade wegen ihrer funktionellen Relevanz - wohl immer
Thema der Therapie bei agoraphobischen Patienten.
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7.2.3 Prävention von Phobien (S. 189)
Primäre Prävention:= Senkung der Inzidenzrate psychischer Störungen, d.h. das
Neuauftreten einer Störung sollte im Vorfeld verhindert werden (Perrez, 1991). Die
Lebenszeitprävalenzrate bezüglich epidemiologischen Befunden von Angststörungen beträgt
ca. 5% in der Bevölkerung. Das Ziel der primären Prävention sollte darin bestehen,
Menschen in der Bewältigung belastender Situationen zu befähigen. Zwei spezifische
Maßnahmen können dabei unterschieden werden:
1)
Intervention auf Umgebungs-Ebene:
-die realen Gefahren verringern (z.B. Kindesmisshandlungen, Gewalt im Umgang mit
anderen Menschen).
2)
Interventionen auf individueller Ebene:
-Verbesserung von Bewältigungsfertigkeiten (Coping).
-Stress-Impfungs-Training: Meichenbaum (1977) unterscheidet die Phasen der
Vorbereitung auf einen Stressor, der Konfrontation, der Überwältigung durch den
Stressor und der Selbstverstärkung nach gelungener Bewältigung.
-Soziale Unterstützung: die Puffer-Hypothese besagt, dass die soziale Unterstützung
die schädigende Wirkung externer Belastungen, Krisen und chronischer Konflikte
schmälert.
-Veränderung der Bewertung: Rachman (1990) spricht von der Immunisierung,
welche einen Art Schutzfaktor gegenüber dem Erleben extremer Angst darstellt.
Als Schlusspunkt, einige große Probleme präventiver Ansätze:
-Voraussetzung für Präventionsarbeit sind bewährte theoretische Modellvorstellungen.
-Ein großes Problem der Präventionsforschung ist die Frage, wie sich nachweisen lässt,
dass durch eine Intervention eine Störung nicht aufgetreten ist.
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