Sind wir für oder gegen Regierungsbeteiligungen der Partei DIE LINKE (z.B. R2G im Bund 2017)? Ein Impuls von Kris Kunst 14.12.2016 Institut Solidarische Moderne (ISM): „Dafür!“ 1. D besondere Rolle in der EU 2. RRG = neues Ziel der politischen Linken in D für 2017 = Hoffnungsprojekt 3. „Vierte“ Kraft aufbauen SPD, Grüne + DIE LINKE zu RRG zwingen durch die außerparlamentarische Bewegung 4. RRG zu linker Politik zwingen/ bewegen. Appell an Parteien/ Politiker sich zu ändern. Analogie: Erfurter Erklärung 1997 Weitere Argumente „dafür“ 1. RRG kann unmittelbar Verbesserungen durchsetzen = Ziel an sich + förderlich für soziale Bewegungen 2. Wenn D kippt, kann die ganze EU reformiert werden 3. DIE LINKE ist als „politik-/ regierungsfähig“ anerkannt, was ihr bei weiteren Wahlen helfen kann 4. Zuwachs an Fachexpertise durch Regierungsbeteiligung Ekkehard Lieberam: „Auf keinen Fall – größte Katastrophe!“ 1. Rahmen 1: SPD und Grüne nicht bereit zu linker Politik. Keine gesellschaftliche Wechselstimmung, keine relevanten Bewegungen. 2. Rahmen 2: Kein ökonomischer/ politischer Spielraum: Austeritätspolitik + Crash + Kriege zu erwarten. 3. Kein Konzept und polit. Wille für radikalen Bruch vorhanden. RRG würde rechte Politik betreiben. = gesellsch. Rechtsverschiebung. Keine linke Opposition im Bundestag + Schwächung APO Durchmarsch der AfD 4. Selbst-Vernichtung der Linkspartei. Verlust Glaubwürdigkeit, am Ende auch Wählerstimmen. Zahlreiche Beispiele der jüngeren und älteren Geschichte. 5. Regierungsbeteiligung wäre nur sinnvoll a) in vorrevolutionärer Situation sowie b) kurz vor der Machtergreifung von Faschisten. Und nun? Wer ist das „WIR“? Nützt es uns beim Aufbau von dauerhafter, autonomer Gegenmacht in der Bevölkerung? Partei: Wie können wir möglichst viele Mandate/ Posten/ Geld bekommen? Linkes Spektrum Rev. Linke (TTIP-Protestierer) DIE LINKE SPD+ Grüne Bringt es hier und jetzt eine Verbesserung der sozialen Verhältnisse? Was ist der Zweck unseres Wirkens? A. Rev. Linke: „Gegenmacht aufbauen zur Überwindung des Kapitalismus.“ B. Anti-neoliberale Linke: „Wir wollen sozialen Fortschritt hier und jetzt und eine Abkehr vom Neoliberalismus.“ C. RRG-orientierte Parteilinke: „Unmittelbarer Nutzen für die Partei. Regierungsbeteiligung! Und erst RRG schafft die Möglichkeiten für sozialen Fortschritt.“ Alles rund? Ziel A: Aufbau gesellsch. Gegenmacht • Ausgangslage für Lohnabhängige verbessert sich – Reformen drängen das Kapital zurück Ziel B: Veränderungen im Hier und Jetzt • Partei und Fraktion unterstützen soziale Bewegungen finanziell und durch Expertise • Wahlerfolge ermutigen soziale Bewegungen Ziel C: DIE LINKE in einer Koalitionsregierung • Linke Koalitionen setzen progressive Politik um Zielkonflikte? • Taktik ohne Strategie „Vergessen“ der eigentlichen Ziele • Fördern von Illusionen • Integration von Protest ins System Ziel B: Veränderungen im Hier und Jetzt Ziel A: Aufbau gesellsch. Gegenmacht • Absorption von Aktivisten durch Partei/ Institutionen • Stellvertreterpolitik kann lähmend wirken • Bewegung durch Rücksichtnahme auf „linke“ Regierung demobilisiert Ziel C: DIE LINKE in einer Koalitionsregierung • Kaum Spielraum für linke Reform-Politik. • Koalitionspartner dazu nicht bereit, kein gesellschaftlicher Druck dafür. • Crash, Kriege usw. führen zu rechter Politik – mitgetragen von Linkspartei • Glaubwürdigkeitsverlust, Verlust der Seele Historische Beispiele linker Regierungen • • • • • • • • • • • • 1899 Millerand (F) 1918 Finnland Zypern Schweden Norwegen Dänemark Frankreich Mitterand 1981-83 Italien (KPI und 1996 Rifondazione) D Rot-Grün 1998-2005 Griechenland Syriza 2015 Portugal 2016 • • • • • Länder-Ebene: Berlin Brandenburg Mecklenburg-VP Thüringen Konsequenzen? Bewusste Reflexion? Die Falle des Institutionalismus 1. Orga-Fragen erschlagen gesellschaftspolitisches Engagement (Ämter! Wahlkämpfe! Anträge!) 2. Hierarchien fördern Eitelkeiten, Ich-Bezogenheit und untergraben Teamgeist 3. Verschärfung durch Entlohnung von Posten und Mandaten, Budgethoheit, Fachexpertise 4. Verschärfung durch permanente „Erziehung“ durch politische Klasse und Medien (Spaltung in „Realos“ und „Fundis“) 5. Berufspolitiker übernehmen Macht in der Partei Verschärfung der Etablierung 6. Lock-in-Effekt: Etablierung unumkehrbar. Wahlteilnahme Fraktion Regierungsbeteiligung Resultat: Das Sichern der Organisation wird zum eigentlichen (unausgesprochenen) Zweck der Partei, gesellschaftliche Aktivierungen und Mobilisierungen werden zum Mittel degradiert. „Das eherne Gesetz der Oligarchie“ (Robert Michels 1907-1911) Genug reflektiert und berücksichtigt in der Partei DIE LINKE? Marsch durch die Institutionen? Internationale Verträge (Euro! EU!), Ökonomische Erpressungen, Regime-Change-Interventionen Medien Justiz & Verfassungsgericht, Polizei, Armee & Geheimdienste Ministerialbürokratie Bundesrat Koalitionspartner Linke Partei Was dann? 4. „Bewegungsorientierung“– Verbindung mit (Teilen) der Bevölkerung? Vermögenselite Funktionselite (Manager, Spitzenpolitiker) „Mittelstand“, höhere Angestellte Klein-/ Mittel-Unternehmer Erreichbare Erreichbare Lohnabhängige mit Arbeit, Selbständige Ausgeschlossene/ Prekarisierte Mehrheiten?? Wie soll eine Umwälzung ohne/ jenseits von Parteien/ der gesetzgebenden Macht aussehen/ ablaufen? Harte Zeiten! Prognose Kris Kunst (3 mögliche Szenarien) 1. Es reicht nicht für RRG DIE LINKE macht in der Opposition weiter wie bisher. Im Schattenreich zwischen Reformismus und radikaler Opposition sind am ehesten Wahlerfolge möglich (aber auch nur bis ca. 15-17% bundesweit). Es sei denn, es gelingt eine neue Verbindung zur APO. 2. Es reicht für RRG, aber der linke Flügel blockiert erfolgreich RRG. Die rechteren Parteimitglieder und viele Karrieristen verlassen die Partei + Partei wandert nach links. Dabei stark von sozialistischer Symbolik geprägt + wieder massive Ausgrenzung durch Medien Niederlagen bei weiteren Wahlen (wenn gesellschaftlich nicht Außergewöhnliches passiert), aber Partei überlebt als in sich gefestigte Kraft. 3. Es reicht für RRG, und RRG kommt wirklich zustande. Der linke Flügel verlässt die Partei (spätestens bei den ersten antilinken Beschlüssen der neuen Regierung) – große Depression in der gesellschaftlichen Linken (analog nach Syriza in GR). Niederlagen bei weiteren Wahlen, DIE LINKE macht sich überflüssig und geht tendenziell als eigenständige Partei unter (Restbestand im Osten). Diskussion: Sind wir nun für oder gegen RRG? Mögliche Kriterien: 1. Klären: Eigener Standpunkt/ eigenes Ziel 1. Gegenmacht? 2. Konkrete linke Politik möglich? 3. Wird linke Gesamtbewegung gestärkt oder geschwächt? 4. Wird Partei gestärkt oder geschwächt? Zukünftige Wahlerfolge? 2. Glaubwürdigkeit/ Markenkern der Partei bedroht? 3. Oligarchisierung der Partei befördert oder zurückgedrängt?