2 auf - Server der Fachgruppe Physik der RWTH Aachen

Werbung
Teilchenphysik Seminar SS 2001: „Astro- und Teilchenphysik“
Seminarvortrag zum Thema:
Die Higgs-Suche
Referent: Stefan Kasselmann
Datum: 22.06.2001
Aufbau des Vortrags:
1. Einleitung: Was soll der Higgs-Mechanismus?
2. Theoretische Grundlagen: Symmetrie, Eichinvarianz
3. Der Higgs-Mechanismus
4. Das Higgs im Standardmodell
5. Higgs-Physik bisher / LEP
6. Zukünftige Experimente am LHC
7. Jenseits des Standardmodells
8. Abschließende Bemerkungen
1. Einleitung: Was soll der Higgs-Mechanismus?
•
Teilchenphysik: Zerkleinerung der „massiven“ Materie in immer weitere Konstituenten. “
Problem der Masse wurde auf Konstituenten „abgewälzt“
•
Heute: Leptonen und Quarks werden als das Elementarste betrachtet, doch die Frage nach
Masse ist geblieben
•
Frage: Was ist Masse überhaupt? Versuch einer Definition: „Masse ist die Eigenschaft,
die dafür sorgt, dass sich ein Teilchen langsamer als mit der maximal möglichen
Geschwindigkeit c bewegt.“
•
Standardmodell: Teilchen „an sich“ masselos. Was verschafft den Elementarteilchen
Masse?
•
Idee: Postulat eines skalaren Hintergrundfeldes (Higgs-Feld): Abschirmung der „an sich“
masselosen Teilchen, wodurch diese massiv werden
•
Energetische Anregung des Feldes muss möglich sein! Man müsste also ein
entsprechendes Teilchen nachweisen können, ein „Higgs-Boson“
2. Theoretische Grundlagen
Higgs-Mechanismus eng mit dem Begriff Symmetrie in der Physik verbunden:
2.1 Symmetrien in der Physik:
•
Symmetrie: „Invarianz eines physikalischen Gesetzes oder Objektes bei Anwendung einer
bestimmten (mathematischen) Operation“
•
Symmetrien werden mathematisch durch eine Gruppe von Transformationen beschrieben
•
Man unterscheidet zwischen äußeren und inneren Symmetrien (Beispiele):
äußere: Translation, Spiegelung, C/P/T-Transformation
innere:
•
innere Freiheitsgrade von Teilchen, Eichtransformationen
(Eine innere Symmetrie wird auch Eichsymmetrie genannt)
Man kann Eichsymmetrien global, aber auch lokal fordern. Was bedeutet das?
2.2 Modellanschauung zur Eichtransformation:
•
Betrachten einen ideal kugelförmigen Luftballon, welcher Längen- und Breitengrade besitzt:
Globale Eichtransformation:
Lokale Eichtransformation:
~ eiαα , α = const.
~ ei α(x)
Drehung der Mittelpunktsachse
um Winkel α entspricht einer
globalen Symmetrieoperation.
Alle Kreuzungspunkte werden in
gleicher Weise transformiert
Jeder Punkt wird individuell transformiert
(lokale Symmetrieoperation). Orts- und
zeitabhängige Verschiebung der Punkte
verursacht Verzerrungen der Ballonhaut
Wie begründet sich die Forderung nach Eichinvarianz ?
•
2
Quantentheorie: nur Betragsquadrate ψ messbar. Schrödingergleichung ist „a priori“
invariant unter globalen Phasentransformationen
•
Gibt es einen physikalischen Grund zudem auch lokale Eichinvarianz zu fordern ?
•
Stichwort: Retardierung. „Phaseninformationen“ laufen maximal mit Lichtgeschwindigkeit
•
Gleichheit der Phasen an verschiedenen
Raum-Zeit-Punkten also momentan nicht
absprechbar !
⇒
⇒
•
c
c
Zeit
Wahl einer Phase sollte in jedem
Labor zu jeder Zeit beliebig sein
Lokale Phasen müssen geändert
werden dürfen: α= α(x)
Die Forderung nach lokaler
Eichinvarianz begründet sich aus der
uneingeschränkten Gültigkeit des
Einsteinschen Relativitätsprinzips !
Phase α1
Phase α2
Ort
Lokale Eichinvarianz in der Quantenmechanik:
•
Forderung nach lokaler Eichinvarianz führt auf Einführung eines Vektorfeldes A:
∂
1
( − i∇ ) 2ψ ( x ) = i ψ ( x )
∂t
2m
•
⇒
∂

 1
( −i∇ − eA) 2 ψ ( x ) = i ψ ( x )

∂t
 2m

Diese SG bleibt invariant, wenn man eine lokale Phasentransformation durchführt und
gleichzeitig die aus der Elektrodynamik bekannte Eichtransformation durchführt:
ψ → ψ = eiα (x) ⋅ψ
+
A → A′ = A +
1
∇α
e
φ → φ′= φ −
1
∂t α
e
•
Phase der Wellenfunktion eines geladenen Teilchens lokal nur dann unbemerkt änderbar,
wenn Kraftfeld (Eichfeld) eingeführt wird, das die lokale Phasenänderung kompensiert
(Aharanov-Bohm-Experiment !)
•
Dieses Eichfeld ist ein Vektorfeld, die zugehörigen Teilchen sind die Eichbosonen (ED:
Photonen), welche die Masse Null haben
2.2 Eichsymmetrien als dynamisches Prinzip
•
Idee: Verallgemeinerung auf den Fall höherdimensionaler
Symmetrien ( SU(2), SU(3), ... )
•
Dazu noch mal der Vergleich mit dem Ballon:
Die lokale Symmetrieoperation verspannt die
Ballonhaut, als Folge treten elastische Kräfte
zwischen den Punkten auf !
•
In ähnlicher Weise treten Kräfte in der Physik immer dann auf, wenn eine
physikalische Theorie eine lokale Eichsymmetrie besitzt
•
Invarianz gegenüber lokaler Transformation impliziert die Einführung neuer Felder.
Diese Eichfelder vermitteln die Wechselwirkung
•
Heutige Meinung: Alle bekannten Wechselwirkungen als Eichtheorien beschreibbar
•
Die Eichtheorien liefern die „Dynamik“ der Wechselwirkungen, sie sind also ein
dynamisches Prinzip.
3. Der Higgs-Mechanismus
3.1 Wofür braucht man nun den Higgs-Mechanismus?
•
Problem kam auf bei schwacher WW (kurze Reichweite). Vermittlung durch massive
Vektorbosonen (W± / Z0).
•
Expliziter Massenterm in Wellengleichung würde aber Eichinvarianz verletzen:
Für massive Teilchen gibt es keine Eichinvarianz
•
Erklärungsnot: Kann man die Masse irgendwie anders „erklären“ ?
(Problem trat in ED nicht auf, Photonen sind masselos)
•
Ausweg: Teilchen sind „an sich“ masselos. Doch durch „spontane Symmetriebrechung“
einer Eichtheorie erhalten sie ihre Masse. Was bedeutet das ?
3.2 Spontane Symmetriebrechung
•
Man glaubt, dass alle fundamentalen Wechselwirkungen „an sich“ symmetrisch und
die vermittelnden Austauschteilchen „an sich“ masselos sind.
•
Elementarteilchen erhalten eine „effektive Masse“ durch ein den ganzen Raum
durchdringendes Higgs-Feld
•
Dieses Feld besitzt einen Grundzustand (Vakuumerwartungswert), der die
kontinuierliche Symmetrie der zum Feld gehörigen Lagrange-Funktion nicht mehr
besitzt (spontane Symmetriebrechung)
•
Es gibt tatsächlich physikalisch realisierte Grundzustände, die eine geringere
Symmetrie besitzen, als die zugrundeliegende Wechselwirkung
•
Beispiel aus dem Alltag: Ein auf die Spitze gestellter Bleistift bricht spontan die
Rotationssymmetrie
•
Beispiel aus der Physik: Spontane Magnetisierung eines Ferromagneten
3.3 Spontane Symmetriebrechung beim Ferromagneten
Merkmale spontaner Symmetriebrechung:
•
Wechselwirkung ist an sich symmetrisch (hier: rotationssymm. Kopplung benachbarter Spins)
•
„Jenseits“ eines kritischen Punktes wird der symmetrische Grundzustand instabil
•
Der neue stabile Grundzustand besitzt eine geringere Symmetrie und ist entartet (hier: Es gibt
eine sich spontan einstellende Magnetisierung im Grundzustand)
•
Für einen innerhalb eines solchen Magneten lebenden Physikers ist die Rotationssymmetrie
der Wechselwirkung bei seinen „gewöhnlichen“ Temperaturen nicht erkennbar, sie bleibt ihm
„verborgen“
•
Erhöht er jedoch seine Umgebungstemperatur über TC, so erkennt er, dass die Wechselwirkung
„an sich“ symmetrisch ist und nur in seinen bekannten Temperaturbereich gebrochen wird
3.4 „Der Massenterm“:
•
An welcher Stelle kommt der Massenterm in einer Lagrangefunktion vor ?
•
Ausgehend von der relativistischen Energie-Impuls-Beziehung E 2 = p 2 + m 2 erhält man
durch die bekannten Ersetzungsvorschriften
∂
E →i
∂t
p → −i ∇
(h = c = 1)
die Wellenfunktion eines spinlosen Teilchens der Masse m (Klein-Gordon-Gleichung):
 2 ∂2
2
 ∇ − 2 − m  φ = 0
∂t


•
(∂ν ∂ν + m )φ = 0
2
Die zugehörige Lagrangefunktion lautet:
L
•
bzw.
1
=  (∂ν φ )(∂ φ ) − m 2φ 2 
ν

2
Dies ist die Beschreibung eines freien Teilchens der Masse m, welches durch ein skalares
Feld φ dargestellt wird. Wichtig: Die Masse tritt dabei vor dem Ausdruck φ 2 auf !
3.5 Das Potential des Higgs-Feldes:
•
In der Feldtheorie wird die Idee der spontanen Symmetriebrechung durch die Einführung
skalarer Felder in die Lagrange-Dichte realisiert (betrachten zunächst einfachsten Fall!):
L
•
= ( ∂ν φ )( ∂ φ ) − V (φ )
ν
Das verwendete „Higgs-Potential“ V (φ) hat die Form:
V (φ ) = − µ 2 φ
2
+ λ2 φ
4
Dabei ist φ das komplexe, skalare „Higgs-Feld“:
φ (x) =
•
1
2
( φ 1 ( x ) + i φ 2 ( x ))
Warum wählt man obiges Potential und was fordert man für die Parameter µ und λ ?
Für Selbstwechselwirkung benötigt man mind.
Für Grundzustand erforderlich:
φ
φ
3
.
φ
4
braucht man, damit V reell bleibt !
2
µ und λ sind die Parameter des Potentials, λ2 > 0 (Potential nach unten beschränkt)
Für uns interessant: Was wird durch µ2 bestimmt ?
Der „Massenparameter“ µ:
µ2 ≥ 0
µ2 ≤ 0
Das Minimum liegt bei φ = 0 (symmetrische Lösung):
beschreibt freies Teilchen der Masse m = µ
Kein eindeutiges Minimum mehr. Minima auf Kreis:
φ0
=
1
2
eiδ φ12 + φ 22 =
µ
2 λ
1
Unendlich viele gleichenergetische Grundzustände!
•
Die Grundzustände sind entartet, die globale Symmetrie wird spontan gebrochen.
•
Frage: Welche Konsequenzen hat die spontane Symmetriebrechung für das Teilchen,
das wir durch die Lagrangedichte beschreiben wollen ?
Higgs- und Goldstone-Bosonen:
φ0 =
•
Beliebigkeit der Phase, wählen δ = 0 :
•
Entwicklung um den Grundzustand
(Vakuumerwartungswert) des Quantenfeldes φ:
φ ( x) =
Einsetzen in V(φ) an der Stelle φ0 liefert unter
Vernachlässigung höherer Terme:
•
Die Lagrangefunktion nimmt dann folgende Gestalt an:
•
=
1
2
(a + η ( x) + iξ ( x))
1
V (φ ) = µ 2η 2 − µ 2 a 2 + O (η 3 , ξ 3 ,ηξ 2 )
4
•
L
1
µ
a
≡
2 λ
2
1
Kein Term
1 
ν η ) − 2 µ 2 η 2  + 1  ( ∂ ξ )( ∂ ν ξ )
∂
∂
(
)(
η



 2 ν
2 ν
Ergebnis:
Erhalten ein massives Teilchen mit
M η = 2µ
Zusätzlich ein Teilchen mit
Mς = 0
(Higgs)
(G-Boson)
 + ...

∝ξ2
!
3.6 Spontane Brechung einer Eichsymmetrie:
•
Die Brechung globaler Symmetrien führt also auf sogenannte Goldstone-Bosonen. Wurden in
der Physik jedoch nie beobachtet! (Was kann man anders machen?)
•
Bisher nur globale Phaseninvarianz „gefordert“. Lokale Phaseninvarianz fordern und
„Konzepte“ verbinden:
Eichtheorie
Einführung
masseloser
Eichfelder
Higgs-Mechanismus
durch
verallgemeinerte
Ableitung
∂ν → Dν = ∂ν + ...
Lokale
Eichinvarianz
Einführung eines
Higgs-Potentials
L = ... − µ φ
2
2
Spontane
Symmetriebrechung
Erhalten massives Feldboson + massives Higgs
(G-Boson wurde weggeeicht)
+λ φ
2
4
3.7 Higgs-Mechanismus und Elektrodynamik:
•
Die lokal eichinvariante Lagrangedichte für ein Higgs-Feld und das
elektromagnetische Feld lautet:
Higgs-Potential, um massive
Bosonen zu „erzeugen“
2
L
•
= (∂ i + iqAi )φ
2
1
2
... + q 2 a 2 Ai Ai + ...
−
1
Fµν F µν
4
Kinetische
Feldenergie
Wichtig: Durch den Higgs-Mechanismus konnten wir ein massives Vektorfeld
konstruieren! Die Eichbosonen (Photonen des elektromagnetischen Feldes) haben
folgende Masse erhalten (das ½ kommt von L):
MA =qa
•
µ
4
φ
a2
Das gleiche Vorgehen (Entwicklung von V, Einsetzen in L, Vernachlässigen höherer
Ordnungen...) liefert neben anderen folgenden wichtigen Term:
Lokale Eichinvarianz durch
Einführung eines Eichfeldes A
•
+ µ2 φ −
2
Vakuumerwartungswert des Higgs-Feldes
Also: Ein zunächst masselos eingeführtes Vektorfeld A ist durch spontane
Symmetriebrechung „massiv“ geworden (in Wirklichkeit jedoch nicht realisiert!)
4. Das Higgs im Standardmodell
Übersicht über die Teilchen des Standardmodells. Wie gliedert sich das Higgs-Teilchen in
dieses Bild ein ?
4.1 Eichinvarianz und Symmetriebrechung im SM:
Eichtheorie
Higgs-Mechanismus
Einführung
masseloser
Eichfelder
W1
W2
Einführung eines
Hintergrundfeldes
W3
B
Lokale
Eichinvarianz
Spontane
Symmetriebrechung
Massive Vektorbosonen + masseloses Photon
W+
W-
Z0
γ
4.2 Massive W±- und Z0- Bosonen im Standardmodell:
•
Wollen elektroschwache Theorie, brauchen also SU(2) x U(1)-Symmetrie
•
Von vier vorhandenen Vektorbosonen sollen 3 Masse erhalten, man benötigt:
φ + 
φ =  0 
φ 
L
φ+ =
φ0 =
1
2
1
2
(φ 1 ( x ) + i φ 2 ( x ))
(φ 3 ( x ) + i φ 4 ( x ))
= ( Di φ ) ( D φ ) − µ φ φ + λ (φ φ ) 2 −
†
i
2
†
2
†
Higgs-Potential
g
g′
Di = ∂ i + i τ ⋅ Wµ + i ⋅ Bµ
2
2
L
4 reelle Felder: φ1 φ2 φ3 φ4
1 i
( f µν f iµν + Fµν F µν ) + ...
4
Kinetische Feldenergie
Entwicklung um Vakuumerwartungswert v,
Vernachlässigen höherer Ordnungen etc. liefert
schließlich folgende wichtige Terme:
1
1 g 2a 2  + 2
1 g 2a 2
− 2
ν
2
2

Zµ
=  (∂ η )(∂ η ) − 2µ η  + ⋅
 Wµ + Wµ  + ⋅
ν


 2 4
2
2 4 cosθW
mHiggs = 2µ
mW =
ga
2
mW
mZ =
cos θW
2
4.3 Die Masse der Fermionen im Standardmodell:
•
Weiterer Term in L um Leptonenmassen zu „erklären“. Für erste Generation:
L
•
= g e ( L φ eR + φ eR L )
†
WW
ν e 
L =  − 
 e L
φ + 
φ =  0 
φ 
Analoges Vorgehen wie zuvor liefert folgende Lagrangedichte:
L
WW
•
Der erste Term beschreibt eine Elektronenmasse der Form:
me =
•
Der zweite Term beschreibt eine Kopplung zwischen Elektron und
Higgs:
e
me
a
•
Ein Higgs koppelt also um so stärker an ein Fermion, je größer
die Masse des Fermions ist!
•
Analoge Wege kann man für die beiden anderen Leptonenfamilien
bzw. etwas modifiziert auch für die Quarks durchführen
gea
ge
( eL eR + e R e L ) +
( eL eR + e R e L ) H
=
2
2
gea
2
e
H
4.4 Rekapitulation zur Theorie:
•
Die Forderung nach lokaler Eichinvarianz erzwingt masselose Austauschteilchen
•
Durch den Higgs - Mechanismus kann man den Vektorbosonen (und anderen
Elementarteilchen) Masse verleihen, ohne die Eichtheorie aufgeben zu müssen
•
Dazu wird ein Higgs - Feld postuliert, was die „an sich“ masselosen Teilchen abschirmt,
wodurch ihnen eine effektive Masse zukommt (Abschirmung des „nackten“ Teilchens)
•
Preis für diese „Lösung“ des Massenproblems ist ein neues reales Teilchen (Higgs-Boson)
und das man nun nachweisen muss !
•
Frage: Welche Möglichkeiten von Produktion und Nachweis gibt es für das Higgs ?
5. Higgs-Physik bisher:
5.1 Bisherige experimentelle Erkenntnisse:
•
Obwohl es Kandidatenereignisse gibt, wurde bisher noch kein Higgs-Boson zweifelsfrei
nachgewiesen
•
Grundsätzlich ist die Higgsmasse im Standardmodell ein frei wählbarer Parameter
•
erste physikalisch motivierte Schätzungen lagen bei:
•
Erkenntnisse bis August 2000 (LEP II): Kein Higgs für
mH < 113 GeV
•
Erster Higgs-Kandidat (14. Juni 2000) bei
+ −
ALEPH u. DELPHI: e e → bb qq
mH ≈ 114 GeV
•
Momentan: Verschiedene Kandidatenereignisse aller vier
Detektoren am LEP deuten auf:
mH ≈ 115 GeV
•
LEP II endete am 2. November 2000 ohne direkten Nachweis, jedoch mit
vielversprechenden Daten (LEP macht Platz für den Umbau zum LHC)
einige GeV < mH < 1 TeV
5.2 Large Electron Positron Collider (LEP):
1989-1995: LEP I
s ≈ 90 GeV
(Produktion von Z-Bosonen)
1995-2000: LEP II
s ≈ 200 GeV
(Produktion von W- und Z- Paaren, H0-Suche)
ALEPH
OPAL
L3
DELPHI
Der LEP- Speicherring am CERN in Genf (1989-2000)
5.3 Higgs-Physik bei LEP II:
e+ + e− → Z * → Z 0 + H
•
Der wichtigste Produktionsprozess bei
LEP II war die Higgs-Strahlung:
•
Für die Erzeugung des Higgs galt:
•
Maximale Schwerpunktsenergie
lag bei 209 GeV in 2000:
•
„Kandidatenereignisse“ bei DELPHI und L3 bei 114 GeV:
s ≥ mH + mZ
Suche war bis
mH ≈ 115 GeV möglich !
21.07.2000
14.10.2000
H → bb qq
H → bb νν
6. Zukünftige Experimente:
6.1 Der Large-Hadron-Collider (LHC):
• p-p-Speicherring ,
s ≈ 14 TeV
• 4 Detektoren: CMS, ATLAS, ALICE, LHC-b
• Umfang:
•
Tiefe:
27 km
100 m
6.2 Die LHC-Infrastruktur:
Compact
Muon
Solenoid
A
Large
Ion
Collider
Experiment
A
Toroidal
LHC
Apparatu
s
6.3 Was passiert am LHC ?
•
Die Teilchen werden auf ca.
450 GeV vorbeschleunigt in
Sektor 2 und 8 eingespeist
•
Protonen werden in bunches
zu je 1011 Teilchen in einem
„Abstand“ von 25 ns geführt
•
Insgesamt 40 Millionen
Kollisionen je zweier
bunches pro Sekunde in
jedem Kreuzungspunkt
•
Der räumliche Abstand
zwischen zwei bunches
beträgt ca. 7,5 m
6.4 Die „Nadel im Heuhaufen“:
•
18 überlagerte p-p Kollisionen
(Simulation des „inner tracker“)
•
Alle Spuren pt < 2 GeV
ausgeblendet
•
Zwischen ihnen 4 Myon-Spuren
eines Higgs-Zerfalls
•
Nun gut sichtbar die 4 MyonSpuren des Higgs-Zerfalls
Finde 4 gerade Spuren !
Lösung !
6.5 Der CMS-Detektor:
Gewicht:
ca. 14.500 t
Durchmesser: ca. 14,6 m
Länge:
ca. 21,6 m
Job:
Suche nach der Nadel im Heuhaufen
6.6 Subdetektoren beim CMS:
Die Subdetektoren sollen möglichst effizient die Reaktionsprodukte von p-p Kollisionen
identifizieren:
Myonkammern
(Proportionalkammern / Driftröhren)
Vorwärts-Kalorimeter
(Proportionalzählkammern)
EM-Kalorimeter
(Szintillator)
Spurerkennungssystem
(Silizium-Halbleiterzähler)
Vorwärts-Kalorimeter
(Proportionalzählkammern)
p 7 TeV
p 7 TeV
Hadronen-Kalorimeter
(Szintillator-Sandwich)
Supraleitende Spule
(max. 4 Tesla)
Eisenjoch
(zur Feldrückführung)
6.7 Mögliche Erzeugungsprozesse am LHC:
•
Standardmodell: detaillierte Aussagen über mögliche Erzeugungsprozesse und Zerfallskanäle
•
Wirkungsquerschnitte, Verzweigungsverhältnisse und Erzeugungsraten aller erwarteten
Teilchenreaktionen wurden simuliert
•
Verschiedene Möglichkeiten einer Higgs-Boson Erzeugung an einem p-p-Ring im StandardModell:
Quark-Schleife / Gluon Fusion:
WW,ZZ-Fusion:
g g→H
qq→qq H
Weitere Erzeugungsprozesse:
Higgs-Strahlung vom t-Quark I:
Higgs-Strahlung vom t-Quark II:
Bremsstrahlung vom W/Z :
g g →t t H
q q →t t H
q q →W H
qq →ZH
6.8 Wirkungsquerschnitte der Higgs-Produktion:
•
Größtes σ für Gluon-Gluon Fusion, da das Higgs am stärksten an das top-Quark koppelt
•
Zweitgrößter Querschnitt: WW/ ZZ Fusion (wegen hochenergetischer „Jets“ interessant)
•
Für mH > 150 GeV starker Abfall der anderen Produktionsmöglichkeiten
6.9 Verzweigungsverhältnisse des Higgs-Zerfalls:
Das Higgs zerfällt bereits nach etwa 10-43 bis 10-46 s. Die Wahrscheinlichkeit für eine
Zerfallsart („branching ratio“) hängt dabei von seiner Masse ab:
6.10 Simulierte Higgs-Zerfälle für LHC:
In jedem Massenbereich gibt es also „bevorzugte“ Zerfallsprozesse für das Higgs-Boson.
Man kann im Groben folgende Unterteilung treffen:
•
„Leichtes“ Higgs-Boson (100 bis 130 GeV):
γ
H →γ γ
•
γ
„Mittelschweres“ Higgs-Boson (130 bis 200 GeV):
H → W W
(*)
→ l+ l− ν ν
H → Z Z * → l+ l− l+ l−
•
„Schweres“ Higgs-Boson (200 bis 1000 GeV):
H → Z Z → l+ l− j j
H → Z Z → l± ν
j j
6.11 Higgs- Zerfallskanäle:
Je nach Masse des Higgs werden verschiedene Zerfallsarten bevorzugt. Man spricht dabei
von sogenannten „Zerfallskanälen“:
7. Jenseits des Standardmodells/Ausblick:
•
Im Standardmodell gibt es nur ein Higgs-Dublett und nur ein Higgs-Teilchen H0
•
Es gibt aber auch weitergehende Theorien wie die Supersymmetrie, welche
Bosonen und Fermionen verbindet
•
Im MSSM (Minimal Sypersymmetric Standard Model) gibt es bereits zwei
Higgs- Dubletts, dadurch erhält man fünf Higgs-Bosonen: H+, H , h0 , H0 , A0
•
Dadurch ergeben sich zusätzliche physikalische
Effekte und man hat sechs statt zwei freie Parameter
im Higgs-Modell
•
Das Standardmodell steht und fällt mit dem
Nachweis des Higgs-Teilchens
•
Sollte der Nachweis von Higgs-Teilchen ausbleiben,
so muss man annehmen, dass man noch nicht beim
Elementarsten angekommen ist. Dann stellt sich
erneut die Frage:
8. Abschließende Bemerkungen
Der Higgs-Mechanismus einmal anders...
Folgende Analogie stammt von David Miller, der sie anlässlich eines Wettbewerbs vorbrachte, um
dem britischen Wissenschaftsminister den Grund für die Higgs-Suche zu verdeutlichen:
Wie bekommen Teilchen Masse ?
Man denke sich einen
Raum voller Physiker, die
leise diskutieren. Dies soll
ein Bild für das HiggsFeld sein, der Raum
entspricht dem Universum
Der Higgs-Mechanismus einmal anders...
Ein Nobelpreisträger betritt den Raum. Er entspricht in unserer Analogie
dem „an sich“ masselosen Teilchen
Der Higgs-Mechanismus einmal anders...
Beim Durchschreiten des Raumes drängen sich neugierige Physiker um
ihn herum und behindern damit seine Bewegung, er erlangt Masse, wie
ein Teilchen beim Durchqueren des Higgs-Feldes
Der Higgs-Mechanismus einmal anders...
Wie entsteht ein Higgs-Teilchen ?
Ein Gerücht wird im Raum verbreitet. An einer Stelle findet es
bei ein paar Physikern Gehör. Der Gerüchteverbreiter entspricht
also der energetischen Selbstanregung des Feldes
Der Higgs-Mechanismus einmal anders...
Tuschelnd werden Köpfe zusammengesteckt, eine dichte Gruppe von
Physikern entsteht. Dies entspricht dem Auftreten eines Higgs-Teilchens
Anhang:
Dank:
Hiermit möchte ich ganz herzlich bei Herrn Prof. Flügge bedanken, der mir durch
umfangreiche Bereitstellung von Literatur und konstruktive Kritik sehr geholfen hat.
Insbesondere für die Mühe bei der Bereitstellung und Einrichtung des Beamers und des
Laptops für meine Präsentation ein herzliches Dankeschön.
Des weiteren danke ich meinem Freund und Studienkollegen Andreas Nowack für die
„Higgs-Diskussions-Abende“, die zum Verständnis der Materie maßgeblich beitrugen.
Quellenangabe:
•
Bethge, Klaus:
„Elementarteilchen und ihre Wechselwirkungen“, 2. überarb. Auflage,
1991, Wissenschaftliche Buchgesellschaft Darmstadt, ISBN 3-534-08750-X
•
Peter Schmüser:
„Feynman Graphen und Eichtheorien für Experimentalphysiker“, 2. Auflage,
1995, Springer-Verlag, ISBN 3-540-58486-2
•
CERN Collaboration: „The Compact Muon Solenoid Technical Proposal“, CERN/LHCC 94-38,
LHCC/P1, 1994
•
Andreas Nowack: „Die Suche nach dem Higgs-Boson“, Seminararbeit 1996
•
Peter Wienemann: „Higgs-Physik bei LEP und LHC“, Seminararbeit 2001
•
Jan Olzem:
„Die Suche nach dem Higgs-Boson“, Seminararbeit 1998
•
Gordon Fraser:
„Season of Higgs and melodrama“, CERN Courier Vol. 41, Nr. 2,
March 2001
•
Klaus Desch/Norbert Wermes: „Das Higgs-Boson: wie nahe dran ist LEP?“, Physikalische
Blätter, Heft 4, April 2000
Herunterladen