Rechtssicherheit im Netz Vier Vorlesungen zum Thema

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Rechtssicherheit im Netz
Vier Vorlesungen zum Thema:
Ethik, Recht, Gesellschaft und Geld
(und „Wirtschaften“)
Prof. Dr. Hans-Ulrich Niemitz
(HTWK Leipzig)
1. Warum gibt es Zivilisation – und andere grundlegende Fragen
(Rätselakkumulation)? (29.03.06)
2. Die operativ-logische Rekonstruktion der Gesellschaft (Ethik,
Recht, Gesellschaft) (05.04.06)
3. Zahlungssysteme und das Wunder Menschenrecht (12.04.06)
4. Technik, Informatik, Wissenschaftlichkeit (19.04.06)
Wir haben uns in der dritten Vorlesung (12.04.06) beschäftigt
mit:
• Fortsetzung und Abschluss der operativ-logischen Kette
• Die Bedeutung des „nichtGeldes“
• Geldkredit ohne Geldemission
• Mieten und Geld
• Definition von Besitz, Eigentum und Proprietas
• Das allgemeine Lizenzgeschäft (im Folgenden: Rechtstitelgeschäft)
• Geldemission heute: das (moderne) zweistufige Bankensystem
• Was machen Banken?
• Buchen und das (Giro)Konto (Es gibt kein Giral- oder Buchgeld)
• Das Menschenrecht – und woher kam die Sklaverei?
• Arbeiter vermieten sich (ihre Besitzseite) und verkaufen nicht
ihre Arbeitskraft
• Heutige Ethik bzw. heutiges ethisches Recht verbieten Sklaverei
– auch freiwillige!
Alle rot gekennzeichnete Begriffe bzw. Probleme/Rätsel sind gelöst – wie in den folgenden Folien gezeigt.
Der Weg – paradigmatisch neu von:
Ethik
Chronologie Zivilisation
Geschichte Wissenschaft
Philosophie
Wirtschaften:
Kredit
Gesellschaft
Proprietas
=
Eigentum
+
Besitz
Sklaverei
Menschenrecht
Lohnarbeit
Recht
Zins
Geld
Technischer Fortschritt – modern: nicht endend
-------------------- ANTIKE --------------------................................................
......................................................................----------- MODERNE --------Fo-04-C-RechtssichNetz-ParadigmaWeg / 03.04.06
Chronologieprobleme
Der schnelle Start der Antike – also der
antiken Gesellschaft – kann nicht verstanden
werden, wenn man zwischen dem Ende der
Herrschaft (in Griechenland die Mykener,
Stichwort: Trojanischer Krieg, beschrieben
vom Dichter Homer in der Ilias) und dem
Start der Gesellschaft sieben leere Dunkle
Jahrhundert („dark ages“) annimmt. Eine
Revolution der Beherrschten gegen ihre
Herrscher ist plausibler und entspricht auch
den Aussagen der Quellen.
Diese Revolution konnte gelingen, weil die
Macht der Herrscher durch eine globale
Naturkatastrophe so geschwächt war, dass
die Revolutionäre siegen konnten. Sie
konstruierten das, was wir Gesellschaft (als
normatives Konstrukt) und Zivilisation (als
das real Beobachtete) nennen.
Fo-B-ChronologieDarkAges / 18.04.06
Die moderne Ethik
Vier Verbote als Konstruktionsprinzipien
der neuen Form des Zusammenlebens
(Gesellschaft), die nicht Gemeinschaft und
nicht Herrschaft sein darf.
Verbot 1: Niemand darf dem anderen
befehlen oder sogar versuchen, diesen
Befehl gewaltsam durchzusetzen. Nur
wenn jemand gegen die Ethik verstößt,
darf per Gewaltanwendung durch alle
(bzw. Institutionen) das ethische Verhalten
erzwungen werden (Verbot der
Unfreiheit, d.h. Zwang zur Freiheit).
In der Herrschaft konnte der Herrscher
befehlen und gewaltsam Gehorsam
durchsetzen. Aber auch die Gemeinschaft
konnte Gemeinschaftsmitgliedern
befehlen.
Fo-B1-EthikmodernNeufassung / 18.04.06
Die moderne Ethik
Verbot 2: Niemand darf fordern,
er dürfe oder müsse ungleich im
Vergleich mit den anderen handeln
oder behandelt werden ( ein
Mann, eine Stimme bzw. Gleichbehandlung durch die [zu
erstellenden ethischen!] Gesetze
(Verbot der Ungleichheit, d.h.
Zwang zur Gleichheit).
In der Herrschaft war der
Herrscher per se privilegiert.
Fo-B2-EthikmodernNeufassung / 18.04.06
Die moderne Ethik
Verbot 3: Niemand darf dem anderen etwas
wegnehmen, aber auch: niemand darf dem
anderen etwas geben (Verbot des Nehmens
und Gebens, d.h. Zwang zum
„Enteignungsverbot“ – zuerst bezogen auf
das Heredium, dann nach Erfindung des
Rechts [Verbot des Nehmens und Gebens
und „auf höherer Stufe“] auf die Proprietas).
In der Herrschaft konnte der Herrscher jedem
alles nehmen (Herrscherwillkür, auch:
Willkür der Minderheit bzw. des
Herrschers).
In der Gemeinschaft mußte jeder jedem
soviel geben, wie er in der Not brauchte
(Solidarpflicht). Die Gemeinschaft
bestimmte in unvorhersehbarer Weise, was
das ist (Gemeinschaftswillkür: auch Willkür
der Mehrheit).
Fo-B3-EthikmodernNeufassung / 18.04.06
Die moderne Ethik
Verbot 4: Niemand darf Eigentum an
einem anderen haben (Verbot der
Sklaverei [der Sklave ist Eigentum bzw.
Proprietas], Verbot der Leibeigenschaft
[diese ist ein Gewaltverhältnis]). Das ist
das Menschenrecht
Das Prinzip, dass ausgeschlossen sein
muss, nach der Eigentums-BesitzProprietasaktion entscheiden zu können,
ob diese abgewickelt worden war oder
nicht, lässt erkennen:
Auch Organtransplantation ist verboten,
da unethisch (Stichwort: irreversible
Organsklaverei). Der Organspender
müßte immer und sofort sein Eigentum
(Beispiel Niere), das nun Besitz des
Organempfängers ist, wieder zu seiner
Proprietas machen können, d.h. auch in
seinen Besitz bringen können.
Fo-A-EthikmodernNeufassung / 18.04.06
Das Recht bzw. das Rechtssystem entsteht aus der
(lebensweltlichen) Notwendigkeit, dass man einander
geben und voneinander nehmen dürfen muss. Das
Recht verpflichtet Gebende und Nehmende – und
ermöglicht dies auch erst! –, mit Hilfe von
Rechtstiteln die gegenseitigen Forderungen „wahr
und wirklich“ zu garantieren. Die Gesellschaft bzw.
alle anderen Gesellschafter sind formal-prozedural
die Garanten, dass gefordert werden kann (Aspekt
der Logik, das System ist konsistent und lässt
vorhersagen, was geschehen wird [„wahr“]). Und
sie sind die Garanten, dass die Vollstreckung
(durchgeführt von der Gesellschaft für den
Fordernden) gegebenenfalls durchgeführt werden
kann, so dass natural-inhaltlich gegeben werden
muss (Aspekt der Wirklichkeit, der Fordernde
bekommt wirklich etwas [„wirklich“]).
Fo-B1-RechtNeufassung / 18.04.06
Dieser Beschluß, Ethik und Recht zu
setzen, ist kein Mehrheitsbeschluß!
(Dies gilt für Ethik und Recht und damit
auch für Gesellschaft.) Dieser Beschluß
muss einstimmig gefällt werden. Wer
nicht mitmachen will, muss gehen. Er
gehört nicht zur Gesellschaft. Und
jeder, der bewußt (und manipulativ
bzw. dann kriminell) oder auch
unbewußt gegen Recht und Ethik
verstößt, muss ermahnt und letztlich
bestraft (oder, wenn möglich,
ausgeschlossen) werden.
Wenn die Mehrheit gegen Recht und
Ethik verstößt und sich nicht bremsen
lässt, gehen Ethik, Recht und
Gesellschaft verloren. Alle historische
Erfahrung sagt, dass dann Herrschaft
kommt (Hitler, Stalin, Honecker).
Fo-B2-RechtNeufassung / 18.04.06
Besitz ist an einer Entität der Rechtsanspruch, der einen Rechtstitel erzeugen
lässt, der nicht eine Belastung bedeutet.
Eigentum ist an einer Entität der Rechtsanspruch, der einen Rechtstitel erzeugen
lässt, der nur eine Belastung bedeutet.
Kommentar: Jede Entität dieser Art ist
immer Besitz und Eigentum zugleich. Jede
Entität hat einen Besitzer (bzw. dieser besitzt
sie) und hat einen Eigentümer (bzw. dieser
hat sie zum Eigentum). Besitzer und
Eigentümer können eine Person sein.
Dann ist diese Person der Proprieteur.
Der Proprieteur kann alle anderen von seiner
Proprietas ausschließen. Er kann seine
Proprietas aufspalten in Besitz und
Eigentum, so dass Besitzer und Eigentümer
verschiedene Personen sind (Beispiel:
Vermieter/Eigentümer vermietet an
Mieter/Besitzer).
Fo-B1-BesitzEigentumNeufassung.doc / 18.04.06
Zwischen Besitz und Eigentum lassen sich
infolge der Vertragsfreiheit „Zwischendinger“
erzeugen.
So den Mietvertrag mit Kündigungsfrist oder
abgesicherter Laufzeit: der Eigentümer ist für
diese Zeit gehindert, sein Eigentum zu
Proprietas zu machen [„Verschiebung“
hin zur Eigentumseigenschaft].
So den Geldkreditschuldvertrag, bei dem
während der Laufzeit (und nicht erst am
Ende) Zinsen gezahlt werden müssen: der
Gläubiger/Krediteur kann, wenn (auch nur)
eine Zinsrate nicht gezahlt wird, vorzeitig den
Kreditschuldvertrag kündigen und vorzeitige
Erfüllung fordern [„Verschiebung“ hin
zur Besitzeigenschaft].
Fo-B2-BesitzEigentumNeufassung.doc / 18.04.06
rechtsunsichere Gesetzbücher
In den folgenden drei Folien wird
gezeigt, wie die ethisch falsche
Definition von Besitz und die
Nichtdefinition von Eigentum im
Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB)
und Strafgesetzbuch (StGB)
Rechtsunsicherheit schaffen!
Gewalt schafft Rechtsansprüche?
BGB § 854
Erwerb des Besitzes. (1) Der
Besitz einer Sache wird durch die
Erlangung der tatsächlichen
Gewalt über die Sache erworben.
„Wir wissen nicht, was Eigentum ist.“
Der Jurist und Rechtsphilosoph Norbert Körsgen schreibt 2005 in
seinem Aufsatz „Eigentum als Grundrecht im Grundgesetz“ (in
Andreas Eckl; Bernd Ludwig (2005): Was ist Eigentum? Beck) nach
längerer Analyse:
„Darin wird das Dilemma des BVerfG deutlich. Es muß ... Rechtsprechung sichern und braucht dazu einen Grundrechtbegriff von Eigentum ... . Alle Rechtsprechung ist Anwendung bestimmter
Rechtsbegriffe. Kein Gericht soll zugleich den Inhalt von ihm anzuwendender Rechtsbegriffe (allein) bestimmen und anwenden. Das
läßt die Gewaltenteilung ... nicht zu. / Der Grundgesetzgeber hat ...
das Eigentum als Institutsgarantie gewährleistet (Gewährleistungsformel), und damit deren Anwendungsbereich bestimmt: das Eigentum. Den Verfassungsinhalt dieses reinen Rechtsbegriffs läßt er
unbestimmt. Damit hat dieser von Verfassung wegen keine Inhalts- und keine Umfangsbestimmung, ist unanwendbar“ (258f).
„Der (grundgesetzliche) reine Rechtsbegriff `Eigentum´ ist unbestimmt (geblieben)“ (259). „Wir wissen nicht, was Eigentum ist“
(260). ... „So sucht die Verfassungsgemeinschaft noch heute nach ihrem Begriff vom Eigentum“ (260).
Stromdiebstahl – Datensatzdiebstahl?
Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen, hg. Von den
Mitgliedern des Gerichtshofes und der Reichsanwaltschaft, Bd. 32.
(1900), S. 181, 183, 185 [Brand/Hattenhauser (1994): Der Europäische
Rechtsstaat. 200 Zeugnisse seiner Geschichte. Heidelberg, Seite 122f]
Kann Strom gestohlen werden?
Der Begriff der Sache (die gestohlen werden kann
gemäß § 242 St.G.B) ist hier nicht anwendbar. Die
„Garantiefunktion des gesetzlichen Tatbestandes“
führte zum Freispruch.
Extra-Paragraph!
§ 248c StGB: „Entziehung elektrischer Energie“
Zins und Sicherheit entstehen: Für die
Gläubiger – oder wie später zu
erkennen die Rechtstitelakzeptanten –
muss ausgeschlossen sein, entscheiden
zu können, ob nach Ablauf des
Geschehens dieses Rechtsgeschäft
(Rechtstitelakzeptanz) abgeschlossen
worden war oder nicht. Das, was der
Rechtstitelakzeptant weggegeben hat,
muss deshalb versichert werden
hinsichtlich des Eintretens des
Risikofalls: der Rechtstitelemittent
muss Sicherheit, in die vollstreckt
werden kann, stellen oder vorgewiesen
haben. Außerdem müssen dem
Rechtstitelakzeptanten die entgangenen
Möglichkeiten dessen, was er
weggegeben hat, ausgeglichen werden.
Fo-B1-KreditZinsSicherheitWirtschaft / 18.04.06
Diese entgangenen Möglichkeiten sind
erstens die Vermehrung oder naturale
Nutzung des Weggegebenen
(„Besitzseite“). Und diese sind zweitens
der Wegfall der Sicherheit, die dadurch
gegeben wäre, das Weggegebene
(natural) zu verbrauchen oder (rechtlich)
zu belasten („Eigentumsseite“). Diese
entgangenen Möglichkeiten erzwingen
den Zins.
Ohne Sicherheit und Zins würde ein
irreversibler Vermögensschaden
entstehen.
Fo-B2-KreditZinsSicherheitWirtschaft / 18.04.06
Wirtschaften ist nicht „Tauschwirtschaft“
oder „Mangelwirtschaft“ oder „Geldwirtschaft“, sondern bedeutet, Rechtsgeschäfte zu tätigen, d.h. Proprietas zu
„riskieren“. Dies führen im allgemeinen
auch dazu, zu produzieren, um Besitz und
Eigentum zu vermehren - dies, um Schulden
begleichen und Zins geben zu können.
Gewirtschaftet kann werden, sobald
belastbares Eigentum bzw. Proprietas vorliegt.
Es muss nicht gespart werden. Es muss nur
ein Rechtssystem vorhanden sein. (Der
Wechsel kommt ohne Sparen in die Welt!)
Fo-B3-KreditZinsSicherheitWirtschaft / 18.04.06
Geld entsteht entweder privat von
geldemittierenden Gläubigern (diese emittieren
Banknoten [Zettel] für ihre Schuldner gegen die
von den Schuldnern für sie emittierten
Schuldscheine) oder Geld entsteht staatlich
lizenziert von geldemittierenden Zentralbanken
(diese emittieren das gesetzliche
Schuldenzahlungsmittel) gegen sichere
Wertpapiere. Wertpapiere sind dann sicher,
wenn sie – wie privat emittiertes Geld – doppelt
gesichert sind, und zwar unmittelbar
gläubigergesichert und mittelbar (d.h. indirekt)
schuldnergesichert (klassisches Wertpapier
dieser Art ist der Wechsel).
Geld ist kein Tauschmittel.
Geld ist (nur) Schuldenzahlungsmittel.
„Das Geld wurde dazu erfunden, dass wir immer
wissen, wie hoch wir verschuldet sind.“ – so ein
Witz, der wirklich die Wahrheit sagt ...
Fo-A-GeldNeufassungVorlesung4 / 18.04.06
Lohnarbeit
Besitz- und Eigentumslose haben in
Gesellschaften mit Menschenrecht immer
Eigentum an sich selbst in dem Sinne:
Verbot 4: Niemand darf Eigentum an einem
anderen haben (Verbot der Sklaverei [der
Sklave ist Eigentum bzw. Proprietas], Verbot
der Leibeigenschaft [diese ist ein
Gewaltverhältnis]).
Deshalb sind Besitz- und Eigentumslose
immer vertragsfähig hinsichtlich eines
Mietvertrages, d.h. Arbeitsvertrages. Sie
vermieten „ihren Besitz“ an den
Unternehmer. Sie können sicher sein, nicht
versklavt zu werden. Dieser Mietkontrakt
stellt für sie keine Gefahr dar.
Auch überschuldete Unternehmer können
nicht in die Sklaverei gebracht werden. Sie
haben ein zweite Chance. Die Anzahl der
Unternehmer nimmt nicht ab (eher zu!).
Fo-A-Lohnarbeit / 18.04.06
Bemerkung zur nächsten Folie
Wenn mit Geld Geschäfte gemacht werden, dann
werden im Prinzip Rechtstitel, d.h. eben
Forderungen auf „nichtGeld“ emittiert. Dies ist
dann eben ein „allgemeines Rechtstitelgeschäft
mit Geld und nichtGeld“. In der letzten Vorlesung
hieß das noch das „allgemeine Lizenzgeschäft“.
Die Struktur dieses Geschäftes finden Sie im
„Schuldvertragsmodell“ (auch „Wabnermodell“)
kommender Vorlesungen wieder.
Das allgemeine Rechtstitelgeschäft
mit Geld und nichtGeld
Zahlung/Geld
Geld-Schuldner
Geld-Gläubiger
allg. „RtE“ / Geld
Lizenznehmer, Käufer, Mieter
spez. RtA / nichtGeld
allg. RtA / Geld
Verkäufer, Vermieter, Lizenzgeber
spez. RtE / nichtGeld
nichtGeld-Gläubiger
nichtGeld-Schuldner
Rechtstitel (nichtGeld)
Das Recht neu denken!
Es geht hier nicht darum, das Recht neu zu
interpretieren. Da die Gelehrten und Juristen nicht
wissen, was Recht ist (wie gleich zu lesen), ist
jedes Gesetz höchstens zufällig ethisch korrekt
und jedes Urteil Ergebnis einer Interpretation, die
zwangsläufig rechtsunsicher sein muss.
BGB: Besitz ist falsch definiert.
BGB: Eigentum ist nicht definiert.
Entweder wir denken das Recht neu und
setzen dieses neue Denken durch, oder die
Gesellschaft droht verloren zu gehen.
„Das Recht auf einen einfachen Begriff
zu bringen, wird wohl nie gelingen.“
„Das Recht auf einen einfachen Begriff zu
bringen, wird wohl nie gelingen“, so Reinhold
Zippelius, Professor für Rechtsphilosophie und
öffentliches Recht in seinem Buch „Das Wesen
des Rechts. Eine Einführung in die Rechtsphilosophie“. München, Beck 1997, Seite 2.
RechtaufeinenBegriffbringenscheitertZippe / 30.03.2006
„Jeder Versuch einer Letztbegründung ...
ist ... zum Scheitern verurteilt.“
„Jeder Versuch einer Letztbegründung rechtlicher
oder moralischer Normen ist nach ALBERT zum
Scheitern verurteilt. Eine ´letzte Begründung´
kann es nicht geben, weil für jede Begründung
wieder nach einem Grund gefragt werden kann.
Wer nach einer letzten Begründung sucht, muss
entweder immer weitere Begründungen angeben
(unendlicher Regress), sich auf einen Satz stützen, der in der Begründungskette bereits aufgetaucht war (Argumentationszirkel) oder das Begründungsverfahren abbrechen (dogmatischer
Abbruch). Der Letztbegründer steht damit vor einer ähnlichen Situation wie der berühmte Lügenbaron, weshalb ALBERT auch von dem „Münchhausen-Trilemma´ spricht“ (dtv-Atlas Recht,
Band 1, 2003, Seite 49).
RechtaufeinenBegriffbringenscheitertAlbrechtdtv / 30.03.2006
universell oder generell gesellschaftlich?
So hilflos, wie eben gezeigt, müssen
Philosophen und Juristen argumentieren, die
meinen, immer universalistisch denken bzw.
analysieren zu müssen. Dass es manches nur
in der Gesellschaft geben kann – und dann
eindeutig und gesellschaftlich wie
letztbegründet ist –, ist ihnen undenkbar.
(Analog die Wirtschaftswissenschaftler:
„homo oeconomicus“.)
„In der Masse gerecht“?
Ein Grundproblem der universalistischen
„Mehrheits-“ und „Masse-Denker“:
Sie erkennen nicht: Rechtssicherheit muss
für jeden einzelnen immer gelten (auch
„Minderheitenschutz“ genannt). Es geht
nicht um Gerechtigkeit sondern um Recht
bzw. Rechtssicherheit
Aus der Lehrveranstaltung des Studium generale
der HTWK Leipzig / Stand WS 05/06:
Seminar: Was ist Recht? Juristische und ethische Argumente
Leitung: Rechtsanwalt Ralf Vogt, Prof. Dr. Hans-Ulrich Niemitz
Der Rechtsanwalt sagt:
Recht stellt die Normen/Regeln dar, die das Zusammenleben der Menschen einer Gesellschaft regeln und zwar
nach den Vorstellungen der jeweiligen aktuellen Gesellschaft. Dabei soll und kann nicht jeder alles immer
als gerecht empfinden. Das Recht soll in der Masse der
Fälle gerecht sein.
FunterschiedVN060330Vogt / 30.03.06
Der Ethiker sagt – erster Teil „Recht ist ...“:
Recht konstituiert und sichert die Gesellschaft und regelt das Zusammenleben der Gesellschafter als (potentielle) Rechtstitelakzeptanten ( Rechtstitel) und
Rechtstitelemittenten ( Rechtsverpflichtung). Recht
stellt die und nur die Normen/Regeln dar, die (trotz aller
Anpassungen) niemals die die „Gesellschaft“ bestimmenden Konstruktionsprinzipien verletzen (dürfen).
Diese sind „Garantie der Rechtstitel“ (für jeden Einzelfall!) d.h. ETHIK: Ausschluss von Ungleichheit, von Unfreiheit und vom Risiko des Rechtstitelakzeptanten (d.h.
Ausschluss von Enteignung; naiv:„Gläubigerschutz“).
Ethik lässt Gesellschaft und Recht zu bzw. erzwingt sogar beides. Alles drei bedingt sich gegenseitig. Deshalb kann es nur
in Gesellschaften Recht geben.
fUnterschiedVN060330Niem01 / 30.03.06
Der Ethiker sagt – zweiter Teil „Recht ist ...“:
Im Konfliktfall wird nach einer normierten d.h. von Willkür
freien Prozedur entschieden (Gerichtsverfahren, Prozess). Ergebnis ist Vergabe oder Nichtvergabe eines Rechtsanspruchs in
Form eines Titels für den Kläger oder die Bestätigung oder der
Entzug eines Rechtsanspruchs für den Angeklagten (Urteil).
Es können „Rechtslücken“ entdeckt werden – z.B. infolge
technischen Fortschritts (Drucken, Kopieren, geistiges Eigentum). Aufgabe der Gesellschaft bzw. der Gesellschafter ist es,
„Rechtslücken“ zu schließen. Das geschieht durch ständiges –
aber ethisches! – Anpassen der Gesetze (Parlament). Nur so
können das Recht und damit die Gesellschaft erhalten werden.
fUnterschiedVN060330Niem02 / 30.03.06
Die Rolle der Juristen (1)
Juristen verstehen sich als Manager der
Herrscher bzw. der Herrschaft.
Unberührt von ethischen Prinzipien
dienen die meisten Juristen jedem, der
nur Gesetze erlässt, und nennen solch
ein Gesetzeswerk „Recht“.
Wenn zufälligerweise Gesellschaft „herrscht“,
dann dienen sie eben auch der Gesellschaft –
und dies ohne ethischen Sinn und Verstand.
Die Rolle der Juristen (2)
Es entgeht ihnen – Richtern, Staatsanwälten und
Rechtsanwälten – regelmäßig, dass sie nur in einer
Gesellschaft wirklich Juristen sein können, und dass
es deshalb Gesellschaft und so dann auch den
eigenen Berufsstand zu verteidigen gilt. Denn ohne
Rechtssicherheit und damit dann Recht kann es doch
gar keine Juristen geben, oder? Es entgeht ihnen,
dass insbesondere gerade sie als Juristen aus der
Ethik heraus, weil eben in besonderer Weise
gesellschaftlich verpflichtet, politisch zu agieren
haben, wenn ethische Prinzipien verletzt werden.
Ethik ist keine Theorie
Ethik ist keine Theorie! Sie ist also nicht unsicher, wie es jede
wissenschaftliche Theorie ist. Warum ist dem so?
Ethik wird (von der sich begründenden Gesellschaft bzw. den
Gesellschaftern) willkürlich gesetzt. Sie ist Setzung eines
Konstruktionsprinzips: „Gleichheit, Freiheit, Proprietas“.
Das Rechtssystem bzw. das „Recht“ leitet sich aus der Ethik ab
(vom Abstrakten zum Konkrete[re]n). Es gibt nun Rechtsansprüche
(Ausschlüsse) und es entstehen Rechtstitel (Forderungen). Das
Prozessieren wird möglich. „Gutes“ Recht funktioniert seinerseits
nach dem Ableitungsprinzip. Aus allgemein formulierten
Gesetzestexten kann abgelesen werden, wie im Einzelfall zu
entscheiden ist. Gesetzestexte, die Recht sein sollen, müssen sich
auf ethische Prinzipien zurückführen lassen.
Fo-18-A-EthikistkeineTheorie / 28.03.06
Ethik bedarf keiner Interpretation
Das „ethische Wissen“ ist sicher.
Ethik, Gesellschaft, Recht: All das ist eine von Menschen geschaffene,
geistige – sozusagen „begriffliche“ – Kunstwelt. Jeder Begriff ist
eindeutig und bedarf keiner Interpretation bzw. darf nicht interpretierbar
sein. (Das ist entsprechend in der Informatik jedem Teilnehmer
selbstverständlich!)
Es ist eindeutig klar, was Ethik, Recht, Gesellschaft, Kreditschuldvertrag
bzw. Kreditschuldvertragsschuldschein und Valuta, Vollstreckungstitel,
Geld, Kaufgeschäft und Mietgeschäft bzw. Geldschuldvertrag und
„nichtGeldschuldvertrag“ sind.
Ähnliches kennt man hinsichtlich der Kunstwelt Technik: „Zweite Natur“.
Sie ist eine von Menschen geschaffene, natural-geistige – und damit auch
„begriffliche“ – Kunstwelt.
Es ist eindeutig klar, was eine Ebene („Dreiplattenverfahren“), eine
Schraube, ein Elektromotor ist. Ohne eindeutige Begriffe (mit zugehöriger
Kunstwelt Technik) kann Technik bzw. der Techniker nicht sein.
Warum ist der Vortragende sicher, dass stimmt, was er sagt? (I)
Wie kann man behaupten, dass „nur so“ – durch diese Setzung – Gesellschaft entstehen
kann und sein kann? Kann es nicht andere Setzungen geben? Nein!
Dies ist einerseits logisch erschließbar, denn die Gesellschaft kann logisch widerspruchsfrei entwickelt und dargestellt werden; Die Folgen gesellschaftlichen Handelns
sind – da Gesellschaft ein Zwangssystem ist – vorhersagbar. Das Problem eins
[„Wahrheit“] ist gelöst. [So wie es nur (eine) Wissenschaft geben kann, so auch nur (eine)
Gesellschaft.]
Dies („es kann keine andere Setzung geben“) ist andererseits so, weil die Gesellschaft so
gewollt ist. Wer aber will die – und zwar so? Hier liegt die Verständnisschwierigkeit.
Selbstverständlich wollen nicht alle heute in Gesellschaft Lebenden „Gesellschaft“. Und:
Woher weiß ich, das „die Gesellschafter“ das wollen – oder zumindest wollen müss[t]en?
Der Witz aller erkennbaren Kreditschuldverträge ist, dass der Gläubiger die Garantie hat,
prozedural abgesichert, keinen Schaden erleiden zu müssen (Verbot des Rechtitelakzeptantenrisikos). Selbstverständlich können Dummheit oder Naturkatastrophen auch
letztendlich den Gläubiger schädigen. Denn nichts in der Welt ist ohne Naturalrisiko.
Natural kann nichts garantiert werden, nur das Formale kann garantiert werden – die
Prozedur.
Warum ist der Vortragende sicher, dass stimmt, was er sagt? (II)
Der Kreditvertrag ist die Uraktion des Rechts (er erzwingt das Rechtssystem) und damit
der prozessierenden Gesellschaft. Das ist strukturell, operativ-logisch und soziologischhistorisch zu erkennen. Wer das nicht sieht bzw. aberkennt, wird mir nicht folgen
können. Muss man das so sehen? Ist es so? Hier bin ich im Zirkelschluss,
aber in diesem Zirkelschluss sind einstimmig alle Gesellschafter,
zumindest die, die wirklich Gesellschafter sein wollen.
Denke Dir den Kreditschuldvertrag weg: Er sei verboten, so wie er unmöglich und damit
verboten ist in Gemeinschaft und Herrschaft. Schon hast Du die Erklärung. Dazu muss
man nicht historisch quellenbelegt forschen, weil aus der Gegenwart gesellschaftlichzeitgeschichtlich dies abzuleiten ist. Das Problem zwei [„Wirklichkeit“] ist gelöst. [So
wie es ohne Wirklichkeitsbezug keine Wissenschaft geben kann.]
In den „Gesellschaften“, die den Ausschluss des Rechtstitelakzeptantenrisikos nicht
vollständig garantiert hatten, haben sich die Rechtstitelakzeptanten bzw. Gläubiger
immer beschwert, nicht wirklich geschützt zu sein. „Gesellschaften“, die diesen
Beschwerden nicht nachkamen, wurden zu Herrschaften.
Fo-21-A-derVortragendeistsicher / 28.03.06
Gesellschaft, Wissenschaft – einstimmig geschützt
Die Menschen, die in eine Gesellschaft
hineingeboren werden, sie also nicht mitbegründet
haben, erscheint dieser der Einstimmigkeit
entspringende Zwang als ungerecht. Praktisch und
theoretisch opponieren sie gegen diese
Ungerechtigkeit ( Kriminalität und
Gerechtigkeitsphilosophie). Sie wollen die
ethische Begründung nicht akzeptieren.
Die Wissenschaft stellt entsprechende Forderungen:
einstimmige Akzeptanz von Wissenschaftlichkeit mit
Wirklichkeits- und Wahrhaftigkeitsanspruch. Dagegen
gibt es solch ein Opponieren nicht – darf es nicht geben!
Warum ist der Vortragende sicher, dass stimmt, was er sagt? (II)
(Analogie zum „Dreiplattenverfahren“)
Das Dreiplattenverfahren ist die Urtat bzw. das Rezept des Prozesses zur
prototypenfreien Herstellung von Ebenen und damit einer wirklichen Geometrie: D.h.
das wirkliche Herstellen von ebenen Flächen (Ebene am Körper), von Kanten (Gerade
am Körper) und von Ecken (Punkt am Körper). Das ist strukturell und operativ-logisch
zu erkennen. Wer das nicht sieht bzw. aberkennt, wird mir nicht folgen können. Muss
man das so sehen? Ist es so? Hier bin ich im Zirkelschluss,
aber in diesem Zirkel sind einstimmig (oder müssen sein) alle Ebenenhersteller,
die prototypenfrei Ebenen denken und wirklich herstellen wollen.
Denke Dir das Dreiplattenverfahren weg. Es sei verboten, Ebenen herzustellen bzw.
sogar, es so zu denken. Der Wirklichkeitsbezug wäre verloren. Da es aber nicht verboten
ist, so zu denken und zu handeln, gilt: Das Problem zwei [„Wirklichkeit“] ist gelöst.
Bei den Geometern bzw. Ebenenherstellern, die das Dreiplattenverfahren nicht kennen
oder seine Bedeutung abstreiten, haben sich die Ebenenbenutzer bzw. Praktiker immer
beschwert, keine wirkliche Bezugsebene zu haben: Was ist ein „gekrümmter Raum“,
wenn ich ihn nicht auf das Ungekrümmte, also eine wirkliche Ebene bzw. „euklidische
Geometrie“ beziehen kann? Geometer und Physiker, die diesen Beschwerden nicht
nachkamen, lassen ihre Mitwissenschaftler und im Prinzip alle Menschen lebensweltlich
und physikalisch gesehen (im Sinne der angebotenen Wirklichkeit) in einer absurden
Welt leben.
Wir haben uns in der vierten Vorlesung (19.04.06) beschäftigt
mit:
• Wiederholung der Rätselakkumulation – Benennen der Rätsel
und Lösungen
• Die Bedeutung der Einstimmigkeit im Gegensatz zur „Mehrheit“
in der Gesellschaft
• Rechtsanspruch als Ausschluss und Rechtstitel als Forderung
• Was es bedeutet, das Recht neu zu denken
• Das Scheitern der Rechtsphilosophen und Juristen
• Das ethische Wissen ist sicher – und damit ist klar, was Recht ist
• Die Strukturähnlichkeit von Gesellschaft und Wissenschaft
• Das Dreiplattenverfahren begründet Naturwissenschaft wie
Ethik Gesellschaft und Geisteswissenschaft begründet: Man ist
sich gegenseitig Werkzeug und Werkstück, Überprüfender und
Überprüfter – dies gemäß Konstruktionsprinzipien von
Wissenschaft bzw. Ethik. Ebenen und Gesellschaften sind immer
und überall prototypenfrei herstellbar ☺
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