Infoblatt Gebirgsbildung Foto: Hochgebirge (Photodisc) Definition und Einteilung Im geographischen Zusammenhang sind Gebirge räumliche Einheiten, die sich durch ihre Höhe von der Umgebung abgrenzen. Hingegen rein geologisch betrachtet, sind Gebirge Baueinheiten der Erdkruste, die man durch einen speziellen geologischen Bau von der Umgebung trennen kann. Dabei definiert das Wort "Gebirge" in diesem Zusammenhang nicht die äußere Gestalt und Höhe über NN, maßgebend hierfür ist vielmehr die Art der Entstehung, die "Orogenese". Die Orogenese (griechisch: oros - der Berg; génesis - Entstehung; Gebirgsbildung) beschreibt eine gebirgsbildende Entwicklung, die durch eine Vielzahl an Stadien gekennzeichnet ist. Gebirge sind der Ausdruck für die Dynamik der Erde, die kontinuierlich abläuft. Gebirge sind also Bereiche, die durch erdinnere Kräfte verformt wurden (Gebirge können sehr heterogen sein, z. B. die Alpen). Heute noch aktive Gebirgszonen sind relativ jung und treten als große Gebirgsketten auch morphologisch in Erscheinung (Alpen und Himalaya). Man kann sie nach ihrer Lage in zwei Gruppen unterscheiden: Zum einem liegen Gebirgsketten an den Rändern der Kontinente, so dass man auch von marginalen Gebirgen spricht. Sie entstehen infolge des Abtauchens einer ozeanischen Platte unter eine kontinentale Platte, wie es beispielsweise bei den Anden der Fall ist. Gebirgsketten der zweiten Gruppe liegen im Innern der Kontinente und bilden die Schweißnaht zwischen kontinentalen Platten. Die Kollisionszone zwischen der Indischen und der Eurasischen Kontinentalplatte ist beispielsweise ein aktives, intrakontinentales Gebirgsmassiv, da sich die Indische Platte stetig unter die Eurasische Platte schiebt und so den Himalaya aufgeschoben hat. Entstehung von Gebirgen Wie bereits angesprochen, ist die Erde nicht starr und unveränderlich. Im Erdmantel verlaufen sehr langsam Konvektionsströme, die durch die Temperaturunterschiede zwischen dem unterem (der vom noch heißeren Erdkern aufgeheizt wird) und dem oberen Erdmantel angetrieben werden. Diese Konvektionströme schleppen die in zahlreiche Platten unterteilte Erdkruste mit. Die Platten umfassen Regionen mit ozeanischer und kontinentaler Kruste. Stoßen Bereiche mit kontinentaler Kruste zusammen, so kommt es zu einer Kollision und in deren Gefolge zur Gebirgsbildung. Ohne Gebirgsbildung hätte die Verwitterung längst die gesamte Erdoberfläche eingeebnet. Die vorhandenen Gebirge zeigen daher an, dass die Erde noch aktiv ist. Die Bewegungen infolge der erdinneren Dynamik sind langsam und nicht direkt sichtbar, nur die Spuren, die hinterlassen wurden, sind in Form von Gebirgen wahrnehmbar. Die wichtigsten Prozesse, die für die Gebirgsbildung von entscheidender Bedeutung sind, sind die Epirogenese und die Tektogenese (dies sind nicht die Kräfte, sondern die Prozesse). Beide können unabhängig von einander, nacheinander oder auch gemeinsam auftreten. Unter der Epirogenese werden lang andauernde, regionale Hebungs- und Senkungsvorgänge verstanden, die ohne stärkere Deformation der Gesteinsschichten ablaufen. Das gehobene Land kann durch die Erosion zersägt werden, so dass eine Gebirgslandschaft entsteht. Beispiele für solche Vorgänge sind die nacheiszeitliche Hebung Skandinaviens, die mit wenigen Zentimetern im Jahr auch immer noch anhält. Die Tektogenese ist eine Sammelbezeichnung für Prozesse, die das Gefüge und die Lagerungsverhältnisse der Erdkruste verändern. Zur Tektogenese kommt es durch die Kollision kontinentaler Krustensegmente. Die kontinentale Kruste besteht aus verschiedenen Gesteinen, die in zwei Gruppen unterteilt werden können und die Gebirgsbildung signifikant beeinflussen. Zum ersten Gruppe zählen Sedimentgesteine, die durch Druck und Temperatur in tieferen Teilen der Erdkruste noch nicht nennenswert beansprucht, bzw. verformt wurden. Zur zweiten Gruppe zählen sedimentäre-, magmatische- und metamorphe Gesteine, die bereits intensiven Kräften ausgesetzt waren. Durch Deformation und Aufheizung werden diese Gesteine umgewandelt zu Metamorphiten. Diese Gesteine werden manchmal als Grundgebirge bezeichnet. Bei der Kollision von Platten kommt es entweder zur Faltung oder zum Bruch von Gesteinsschichten, wobei die geologische Beschaffenheit der Gesteine und die Druck- und Temperaturverhältnisse unter denen sie sich grade befinden entscheidend für die Art der Deformation ist. Dabei können Kräfte, die durch die Kollision hervorgrufen werden, Schichtenfolgen auffalten, wobei die Falten von wenigen Millimetern bis zu Hunderten Metern reichen können. Ebenfalls vermögen diese Kräfte Schichtenfolgen zu zerbrechen. Dabei können mächtige Gesteinspakete übereinander geschoben werden, So sind zum Beispiel die Kalksteine der Nördlichen Kalkalpen aus ihrem südlichen Ablagerungsraum weit nach Norden, über andere Gesteinsfolgen hinweg geschoben worden. Solche verschobenen Gesteinspakete werden "Decken" genannt. Bei weniger starker Deformation entstehen Verwerfungen, Horste und Gräben, die sich unter dem Oberbegriff Bruchdeformation zusammenfassen lässt. Werden einzelne Blöcke nach dem Zerbrechen herausgehoben, so kommt es zur Entstehung von Bruchschollengebirgen, wie beispielsweise der Harz. Gebirgsbildungen laufen in geologischen Zeiträumen (10 Mill. Jahre und mehr) kontinuierlich ab. Dabei lassen sich für einzelne Regionen Phasen herausstellen, in denen die gebirgsbildenden Aktivitäten intensiviert ablaufen. Sie können lokale, regionale und globale Ursachen haben. Wichtige gebirgsbildende Phasen sind in der nachfolgenden Tabelle zusammengefasst. Dabei ist zu beachten, dass die Zeitangaben von Autor zu Autor sehr variieren können. Tabelle 1: Phasen der Gebirgsbildung in Europa (nach Press & Siever, 1995) Orogenese Abschnitt Zeit (Mill. Jahre vor heute) Gebiete alpidisch Tertiär 100 - heute Alpen variszisch Karbon-Perm 400 - 280 Rheinisches Schiefergebirge kaledonisch Ordovizium-Silur 510 - 410 Norwegen, Schottland cadomisch Kambrium Bretagne 650 - 510 Literatur Bahlburg, H. & C. Breitkreuz (1998): Grundlagen der Geologie. Stuttgart Bögl, H. (1986): Geologie in Stichworten. Wien Brinkmann, R. (1990): Abriß der Geologie - Allgemeine Geologie. Stuttgart Jacobshagen, V., Arndt, J., Götze, H.-J., Mertmann, D. & C.M. Wallfass (2000): Einführung in die geologische Wissenschaft. Stuttgart Press, F. & R. Siever (1995): Allgemeine Geologie. Heidelberg, Berlin, Oxford. Infoblatt Bruchschollengebirge Grafik: Bruchschollengebirge (KLETT-PERTHES) Entstehung von Bruchschollengebirgen am Beispiel Mitteleuropa Die Mittelgebirge Deutschlands, wie der Harz oder das Rheinische Schiefergebirge sind weit älter als die Alpen und zählen zu den Bruchschollengebirgen. Die Entstehung des Gebirgssockels, aus welchem später die mitteleuropäischen Bruchschollengebirge hervorgingen, reicht weit in die Erdgeschichte, in das Karbon (ca. 350 bis 290 Mill. Jahre vor heute) zurück. Während gebirgsbildender Vorgänge im Karbon kollidierten die beiden riesigen Kontinente Laurussia (heutiges Nordamerika) und Gondwana (unter anderem Afrika) unter Bildung eines riesigen Gebirgsgürtels. Dieser Gebirgsgürtel zieht sich heute von Amerika über das nordwestliche Afrika, die Iberische Halbinsel bis nach Mitteleuropa. Durch die starke Deformation durch erdinnere Kräfte während der Bildung und durch weitere Aufschmelz- und Abkühlungsvorgänge wurde das Gesteinsmaterial stark verfestigt (konsolidiert), da es alle Phasen der Faltengebirgsbildung durchlaufen hat. Im Anschluss an diese Gebirgsbildung gewannen jedoch Abtragungskräfte die Oberhand, die schließlich durch Senkungsbewegungen ergänzt wurden. In der Folge der Abtragungs- und Senkungsprozesse wurde das ehemalige Gebirge eingeebnet und verfiel schließlich der Eindeckung, d.h. Sedimente, abgelagert durch Flüsse, lagerten sich über dem Gebirgsrumpf ab. Es blieben leicht gewellte Hochflächen zurück. Im Zuge der Entstehung der Alpen im Tertiär ca. vor ca. 100 Millionen Jahre (alpidische Gebirgsbildung) gerieten auch die alten verfalteten und eingeebnete Gebirgsrümpfe wieder unter starken Druck. Da dieser Gebirgsrumpf jedoch bereits metamorph überprägt wurde und somit stark verfestigt ist, war keine weitere Deformation in Sinne von Faltung möglich. Der Druck der Afrikanischen Platte, die sich Richtung Norden schob, wirkte sich auch auf den starren Gebirgsrumpf aus. Durch die starken inneren Kräfte und die geringe Verformbarkeit, zerbrach der Gebirgsrumpf in viele einzelne Schollen. Als Folge des Druckes und durch lokale Hebungs- und Senkungsvorgänge wurden die Schollen gegeneinander versetzt. Dadurch entstehen Schollengebirge, die von einer Vielzahl von Bruchlinien durchzogen werden. Dabei können die einzelnen Schollen vertikal gehoben oder gesenkt, sowie horizontal gegeneinander verschoben werden. Je nach Bewegung der Schollen zueinander resultieren unterschiedliche Oberflächenformen, die das Bruchschollengebirge charakterisieren. Formen der Bruchschollengebirge Durch die starke Beanspruchung der geschilderten Prozesse entstehen Verwerfungen, die die Bruchfläche zwischen zwei Schollen markieren. Als Verwerfungen werden alle durch erdinnere Kräfte bedingten Verschiebungen und Brüche von Gesteinsschollen innerhalb der Erdkruste bezeichnet. Dabei kann man in unterschiedliche Arten von Verwerfungen unterscheiden: Blattverschiebung - zwei Schollen schieben sich waagerecht an einander vorbei. Vertikalverschiebung - senkrechte Hebung (Relativbewegung) Aufschiebung - eine Scholle schiebt sich über eine andere Abschiebung - eine Scholle ist gegenüber einer anderen abgesunken Weitere kleinere Brüche im Gesteinsverband werden unter Klüften und Spalten zusammengefasst. Eine Kluft ist ein feiner, kaum geöffneter Riss im Gesteinsverband, wobei die Gesteinsschichten kaum gegeneinander versetzt sind. Bei einer Spalte hingegen sind die Wände auseinander gewichen, so dass ein Hohlraum entstanden ist. Durch diese verschiedenen Arten der Bruchbildung entstand eine Vielzahl an markanten Formen: Horste und Graben - Im Rahmen von Auf- und Abschiebungen nehmen Bruchschollen unterschiedliche Höhenlagen ein. Gräben nennt man eine lang gestreckte, zwischen zwei parallelen Störungen abgesenkte Scholle. Das Gegenstück ist ein Horst, der relativ zu seiner Umgebung herausgehoben wurde. Staffelbruch - Verwerfungen treten häufig nicht einzeln, sondern vergesellschaftet auf. Der Übergang von einer Scholle, die im Vergleich zu einer angrenzenden Scholle relativ gehoben wurde, vollzieht sich häufig treppenartig. Solch ein treppenartiger Übergang zwischen zwei Schollen wird auch als Staffelbruch bezeichnet. Eine durch Bruchschollenbildung geprägte Landschaft ist jedoch nicht so leicht zu erkennen. Je nach dem, wie lange die Bruchbildung zurückliegt, haben Abtragung und Ablagerung die Spuren der abgelaufenen Prozesse verwischt. So ist die im Tertiär eingebrochene Oberrheinische Tiefebene noch als Graben kenntlich, die Sohle wurde jedoch durch den Rhein bereits mit mehreren hundert Metern mächtigen Schottern aufgefüllt. Literatur Bahlburg, H. & C. Breitkreuz (1998): Grundlagen der Geologie. Stuttgart Bögl, H. (1986): Geologie in Stichworten. Wien Brinkmann, R. (1990): Abriß der Geologie - Allgemeine Geologie. Stuttgart Jacobshagen, V., Arndt, J., Götze, H.-J., Mertmann, D. & C.M. Wallfass (2000): Einführung in die geologische Wissenschaft. Stuttgart Press, F. & R. Siever (1995): Allgemeine Geologie. Heidelberg, Berlin, Oxford.