Krankenbericht Über einen Patienten der Pferdeabteilung der Medizinischen und Gerichtlichen Veterinärklinik I Die Untersuchung findet am xxx in der Zeit von 9.00 bist 10.30 Uhr in der Pferdeabteilung statt. Der Patient wurde am xxx in der Klinik eingestellt. Er steht jetzt auf Standplatz 1. Das Pferd gehört Herrn XY aus Z. Anamnese Das Tier wird am xxx in der Klinik vorgestellt wegen einer verdickten, schmerzhaften Stelle an der linken Halsseite, die von Brusteingang bis zum oberen Halsdrittel reicht. Der Besitzer hat das Pferd im Herbst gekauft und es wird als Holzrückpferd eingesetzt. Seit dem 12.05.2000 sind die Sprunggelenke verdickt, jedoch zeigt das Pferd keine Lahmheit. Daraufhin hat der Hausttierarzt das Pferd am 13.05.2000 behandelt, indem er Phenylbutazon (Butadyne*) intravenös appliziert hat und die betroffenen Gelenke mit Tensolwet eingerieben. Am 14.05.2000 hat das Pferd abends kein Appetit, die linke Halsseite ist dick und hart und es hat 40°C Fieber. Es erhält zwei Spritzen in Vorderbrust. Am darauf folgenden Tag erfolgt wieder Futteraufnahme und der Hals ist locker. Am 16.05 und 17.05. erfolgt keine Futteraufnahme. Am nächsten Tag ist der Hals sehr schmerzhaft. Signalement Bei dem zu untersuchendem Tier handelt es sich um eine 12-Jährige Kaltblut-Stute namens „Unknown“. Sie ist ein Fuchs mit durchgehender Blesse und einem Krötenmaul. An allen vier Gliedmaßen ist die Fessel regelmäßig weiß. Vor allem am Kopf und auf der Kruppe befinden sich Stichelhaare. Allgemeine klinische Untersuchung „Unknown“ belastet alle vier Gliedmaßen gleichmäßig. Sie ist ruhig, aber aufmerksam. Ernährungs- sowie Pflegezustand sind als gut zu bezeichnen. Die Pulsfrequenz beträgt 38, während die Atemfrequenz bei 26 liegt. Die Körpertemperatur beträgt 37,7 °C, die Körperoberflächentemperatur nimmt zu den Akren hin ab. Der Hautturgor ist physiologisch erhalten. Konjunktival- und Maulschleimhäute sind rosa-rot, feucht, glatt, glänzend und ohne Auflagerungen. Die kapilläre Rückfüllzeit liegt unter 2 Sekunden. Die Episkleralgefäße sind fein gezeichnet. Die Lnn. Mandibulares sind nicht vergrößert und von prall-elastischer Konsistenz. Sie sind gut abgrenzbar, verschieblich und weder vermehrt warm noch schmerzhaft. Haare, Haut, Schleimhäute, Lymphknoten Das Haarkleid ist dicht, glänzend und geschlossen bis auf eine Stelle im mittleren linken Halsdrittel. An dieser Stelle befindet sich eine etwa 3 x 3 cm große offene Wunde, die mit eitrigem blutigem Sekret verklebt ist. Zusätzlich ist die Umgebung um die Wunde angeschwollen. Ansonsten ist die ganze Halsseite mit mit Zugsalbe behandelt und geschoren. Die Haut an den Kron- und Fesselgelenken der Hintergliedmaße ist verschuppt und verschorft. Herz-Kreislauf-Apparat Die kapilläre Rückfüllzeit liegt unter 2 Sekunden. Die Episkleralgefäße sind fein gezeichnet. Die Herzfrequenz liegt bei 38 Schlägen pro Minute. Der Herzschlag ist kräftig, regelmäßig, gut abegesetzt und es sind keine Nebengeräusche auszukultieren. Die Pulsfrequenz stimmt mit der Herzfrequenz überein. Die Pulswelle ist kräftig, regelmäßig, gleichmäßig und symmetrisch. Die Arterien sind gut gefüllt, die Arterienwände gut gespannt. Die Jugularvenen sind nicht angestaut. Respirationstrakt Die Atemfrequenz liegt bei 26, der Atemtyp ist costoabdominal. Es liegt kein Nasenausfluß vor. Die Ausatemluft kommt symmetrisch aus beiden Nüstern. Bei der Auskultation der Lunge ist kein Atemgeräusch zu hören. Der Brustkorb ist symmetrisch. Verdauungsapparat Der Appetit der Pferdes ist ungestört. Futteraufnahme und Kotabsatz sind physiologisch. Wasseraufnahme konnte nicht beobachtet werden. Die Mundhöhle ist adspektorisch ohne besonderen Befund. Die Bauchdecke ist locker, der Bauchumfang nicht vermehrt. In allen vier Quadranten des Abdomens ist eine rege Peristaltik auszukultieren. Der Kot ist physiologisch. Harnapparat Der Harnabsatz ist physiologisch. Bewegungsapparat Der Bewgunsapparat ist sowohl im Stand wie auch in der Bewegung unauffällig. Nervensystem „Unknown“ zeigt ein normales Verhalten. Sie reagiert sowohl auf akustische als auch auf optische Reize. Die Oberflächen- sowie Tiefensensibilität sind physiolgisch. Die zerebralen Reflexe (Pupillar-, Droh- und Lidreflex) sind normoreflektorisch. Der Analreflex ist vorhande. Die Sinnesorgande Auge und Ohr sind ohne besonderen Befund. Diagnose Die Diagnose bei „Unknown“ lautet purulente Thrombophlebitis. Ebenfalls handelt es sich an den Hintergliedmaßen um Mauke im Anfangsstadium. Differntialdiagnosen Periphlebitis Epikrise Eine Thrombophlebitis der V. jugularis kann als Folge nach Injektionen von irritierenden Stoffen, wie auch Phenylbutazon enstehen. Irritierende Stoffe sind vor allem Substanzen, deren pH-Wert stark vom Blut pH-Wert abweichen. Der Grad der Intimaschädigung und der dadurch entstehenden Blutgerinnung mit Thrombose der Vene hängt auch von der Konzentration des Stoffes und der Injektionsgeschwindigkeit ab. Die Thrombophlebitis purulenta ensteht entweder durch unterlassene Desinfektion an der Einstichstelle, durch nichtsterile, infizierte Kanülen, Spritzen oder Infusionsubinstrumentarien oder durch nichtsterile und reizende Injektions- oder Infusionslösungen. Es können auch mehrere Ursachen in Frage kommen. Der eitrig infizierte Thrombus breitet sich innerhalb der Venen nach oben und unten aus. Wenn der Thrombus so groß ist, daß er bis in die Aufteilungsstelle in die V. maxillaris reicht, kann es auch zur Komprimierung und dem nach außen drücken der Parotis kommen. Wenn es zur Irritation einer Thrombophlebitis purulenta kommt, können lebensgefährliche Komplikationen auftreten in Form von eitrigen Lungenembolien, gangränösen Pneumonie und eitrigen Nephritiden. Es können auch purulente metastatischen Tendovaginitiden und Arthritiden entstehen. Anschließend kommt wird die Vene zu einem nekrotischen Strang und wird demarkiert. Bei der Mauke handelt es sich um eine exzematöse Dermatitis, die zunächst akut ist, aber schnell chronisch werden kann. Die Dermatitis beginnt meist in der Fesselbeuge, vor allem an den Hintergliedmaßen, und kann dann bis zum Mittelfuß bzw. Tarsal- und Karpalgelenk auf steigen. Ein Faktor der begünstigend für Mauke ist, ist langer Kötenbehang an den Gliedmaßen und somit sind vor allem die Kaltblüter von der Krankheit betroffen. Die Mauke läßt sich in verschiedene Stadien einteilen. Das Erste wäre die Dermatits erythematosa, die wie der Name sagt, sich in einer Rötung der Haut in der Fesselbeuge äußert. Ein weiteres Symptom ist der ständige Juckreiz, der zum Reiben und Stampfen der Gliedmaßen führt. Durch diese Irritationen kommt es zur Dermatits madidans, darauf folgt die Dermatitis crustosa, dann die Dermatits squamosa und dann die Dermatitis verrucosa. Es kommt zu Wucherungen des Papillarkörpers, die bis zum Mittelfußgelenk auf steigen können und bei Berührung leicht zu bluten beginnen. Infizieren sich die Wunde mit sporenlosen Anaerobiern, wie Bacteroides melaninogenicus und Fusiformes nodosus, kommt es zur sog. Brandmauke, bei der Hautbezirke nekrotisieren und abfallen. Als Ursache kommt bei Brauereipferden die Verfütterung von Schlempe in Frage. Bei Pferden mit langen Kötenbehängen kommen auch häufig Chorioptesmilben (Nagemilben) als (sekundär) Ursache vor. Als weitere Faktoren kommen Nässe, Verschmutzungen, chemischen Reize (im Winter Tausalz oder auch Urin an den Hintergliedmaße) und auch mechanischen Reize zum Beispiel durch kurze Haarstummel bei geschorenen Gliedmaßen in Frage. Therapie Bei der Thrombophlebitis purulenta wird zunächst die betroffene Stelle mit hyperämisierender Salbe behandelt, z.B. Zugsalbe (Phlegmolodor* 20%ig). Unterstützend kann noch Infrarotlicht als Wärmequelle genutzt werden. Diese Behandlung sollte solange durchgeführt werden bis der Abzeß vollständig ausgereift ist und von alleine aufbricht. Der Abzeß sollte nicht gespalten werden, da die Gefahr besteht, das dabei die V. jugularis verletzt wird und es zu einer nicht sofort stillbaren Blutung kommen kann, die zum Tode führt. Zu dieser Komplikation kann es jedoch auch bei der selbständigen Öffnung des Abzeßes kommen. Wenn der Abzeß aufgebrochen ist, sollte darauf geachtet werden, daß die Öffnung groß genug ist, daß der Eiter und das Wundsekret gut abfließen kann, gegebenfalls muß die Öffnung erweitert werden. Weiterhin sollte die Abzeßhöhle täglich mit desinfizierenden Flüssigkeiten gespült werden, z.B. mit 10%igem Braunol. Es muß dabei darauf geachtet werden, daß sich keine Taschen bilden und die Öffnung zu frühzeitig verschließt, so daß das Wundsekret nicht mehr abfließen kann. Die vollständige Ausheilung des Abzeßes kann oft mehrere Wochen (8-10 Wochen) betragen. Wenn die Gefahr einer eitrigen Lungenembolie, Nephritis und Pneumonie besteht, sollte das Tier nocht mit Antibiotika intensiv behandelt werden. Zu diesem Zeitpunkt ist aufgrund des guten Allgemeinbefindens keine Antibiotkatherapie bei Unknown notwendig. Bei der Dermatitis erythematosa bzw. madidans werden im Wechsel Salben mit Zinkoxid, Salicysäure und Prednisolon aufgetragen. Waschungen sind bei dieser Form der Mauke meist nicht nötig. Prognose Zu diesem Zeitpunkt ist die Gefahr des Reißens der V. jugularis externa nicht mehr gegeben und auch nicht das Risiko des Abschwemmen eines Thrombenbestandteils. Jedoch wird die Vena jugularis externa nicht mehr durchgängig sein. Die Ausbildung von Gefäßanastomosen ist jedoch möglich und die Funktion wird von der V. jugularis interna übernommen. Es kann auch evtl. zu einer Leistungsminderung des Pferdes kommen. Die Prognose im Anfangsstadium der Mauke ist gut.