Abschlussbericht Austauschjahr Arizona State University WS 2007-SS2008 Einleitung Ich studiere seit dem Wintersemester 2005 Wirtschaftswissenschaften an der Johannes Kepler Universität Linz. Bereits seit meiner Gymnasialzeit hegte ich den Wunsch, eine längere Zeit im Ausland zu verbringen. Im Wintersemester 2007 sollte es endlich soweit sein. Dank der Unterstützung der Johannes Kepler Universität und des Landes Oberösterreich konnte ich im Rahmen des Joint Study Programms für zwei Semester an der Arizona State University in Tempe, Arizona studieren. Allgemeines Tempe ist ein Teil des Städteverbundes rund um Phoenix, der Hauptstadt Arizonas. Arizona liegt im Südwesten der Vereinigten Staaten von Amerika und ist von den Staaten Kalifornien, Utah, Colorado, New Mexiko und Mexiko eingegrenzt. Die wohl auffälligste Eigenheit Tempe’s sowie ihrer Nachbarstädte ist, dass sie inmitten eines ausgedehnten Wüstengebiets liegen. Eine Unzahl von Kanälen, teils oberirdisch, teils unter Tage hält diese gewaltigen Siedlungsgebiete am Leben. Verstärkt wird diese Problematik durch das explosionsartige Bevölkerungswachstum im so genannten „Sun Belt“ seit den 1960iger Jahren. Mittlerweile sind die Stadtgrenzen zwischen Phoenix, Tempe, Scottsdale und vieler anderer Gemeinden kaum noch sichtbar. Die Universität Die Arizona State University (ASU) ist mit rund 63.000 Studenten die größte Universität des Bundesstaates und auch eine der größten der gesamten USA. An ihr können beinahe alle gängigen Studiengänge belegt werden. Wie im amerikanischen tertiären Bildungssystem üblich teilen sich die Studienpläne in Bachelor, Master und Ph.D. auf. Ich konnte meist die Abschlusskurse der BachelorAusbildung besuchen. In den inneramerikanischen Vergleichen schneidet die ASU vor allem in den Bereichen „Supply Chain Management“ (Logistik) und „Finance“ (Finanzwesen) sehr gut ab. Da beide Fachrichtungen Schwerpunkte meines Studienplans darstellten, konnte ich direkt von diesen Stärken der Universität profitieren. Studienverlauf Ich belegte während meines einjährigen Aufenthaltes zehn verschiedene Fächer und erfüllte damit das durchschnittliche Arbeitspensum amerikanischer Studierender. Die von mir belegten Fächer teilen sich in drei Themengebiete: Marketing, Finance und Supply Chain Management. Die Anrechnung dieser Fächer wird an der Johannes Kepler Universität mit rund 45 ECTS bewertet werden. Folgende Fächer wurden von mir belegt und erfolgreich abgeschlossen: Finance 331 - Financial Institutions, Markets and Money Finance 361 – Managerial Finance Finance 421 - Securities Analysis Marketing 352 - Marketing Research Marketing 425 - Global Marketing Marketing 452 - Business2Business Marketing Marketing 462 - Competitive Marketing Strategy Supply Chain Management 345 - Logistics Management Supply Chain Management 355 – Purchasing Supply Chain Management 432 - Planning and Control Systems for Supply Chain Management Vorbereitungen Ich persönlich investierte über ein halbes Jahr für die Planung dieses Austauschjahres. Der Bewerbungsprozess begann offiziell Ende Jänner 2007 mit der Abgabe meiner schriftlichen Bewerbung. Kurze Zeit später folgte ein Bewerbungsgespräch mit den Verantwortlichen der Johannes Kepler Universität (JKU). Im März 2007 erhielt ich die Benachrichtigung, dass ich für einen Studienplatz an der Arizona State University vorgeschlagen wurde. Danach begann ich einerseits meine Studiumsschwerpunkte in den USA mit den korrespondierenden Universitätsinstituten der JKU abzustimmen, andererseits die umfangreichen Bewerbungsunterlagen der Arizona State University abzuarbeiten. Darunter fielen diverse Impfungen, die ich nachweisen musste, einen Bescheid meiner Bank, der bezeugen musste, dass ich über ausreichend Geld auf meinem Girokonto verfüge um ein Jahr lang nicht gezwungen zu sein arbeiten zu müssen und nicht zuletzt die etwas aufwendige Visa-Beschaffung am amerikanischen Konsulat in Wien. Schlussendlich musste ich auch mein Privat- und Berufsleben in Österreich auf meine knapp einjährige Abwesenheit vorbereiten. Dies beinhaltete vor allem das Suchen einer Vertretung für meine Position als EDV-Spezialist bei der Firma M-Trade GmbH, das Verkaufen meines Autos, Karenzierung meiner Tätigkeit beim Roten Kreuz Bad Hall und natürlich der Planung von Besuchen meiner Freundin an meinem neuen Wohnort. Leben und Studieren in den USA Bereits rund zwei Monate vor meinem Abflug fand ich eine geeignete Unterkunft in Tempe, nahe der Universität. Die Mieten sind mit rund 700 Dollar für eine Zweizimmer- rund 900 Dollar monatlich für eine Dreizimmerwohnung deutlich höher als in Österreich weshalb ich meine Wohnung mit einer anderen Linzer Austauschstudierenden teilte. Der Flug gestaltete sich wegen der umständlichen Immigrierungsprozeduren der USA schwierig; letztendlich verpasste ich meinen Anschlussflug von Philadelphia nach Phoenix nach zwei Stunden in der Schlange vor der Passkontrolle. Mit der nächsten Maschine erreichte ich nach über einem Tag Reisedauer mein Ziel. Ich kam rund zwei Wochen vor Start der Vorlesungen in Arizona an – ein gut gewählter Zeitrahmen, da die Kursbelegung und Einschreibeformalitaeten (Krankenversicherung!) noch einige Hindernisse darstellten. Nachdem sämtliche Formulare, Anträge und Bescheide ausgefüllt waren, konnten die Vorlesungen beginnen: Beinahe alle Kurse schreiben bereits in der ersten Vorlesung ein bestimmtes Lehrbuch vor, das in der Regel zwischen 100 und 200 Dollar kostet. Je nach Kurs wird es mehr oder weniger intensiv genützt – es gibt allerdings kaum eine Möglichkeit dies im Vorhinein abzusehen. Die Lehrbücher stellen somit eine deutlich größeren Kostenstelle dar, als in Österreich. Die Kurse selbst erfordern grundsätzlich Anwesenheitspflicht – ein erstes Indiz für die grundlegend andere Art des Studierens im Vergleich mit Österreich: Amerikanische Professoren betreuen ihre Studierenden sehr intensiv: Sie sind fast immer per Email über ihre Blackberries erreichbar und antworten oft innerhalb von 10 Minuten, nehmen sich auf Anfrage gerne zwei und mehr Stunden Zeit, einem Studierenden ein Problem aus dem Unterricht nochmals zu erklären und geben laufend umfangreiches Feedback. Es scheint, als hätten sie ein persönliches Interesse daran, dass Studierende mit einer möglichst guten Note bestehen – ohne allerdings die Leistungsanforderungen zu senken. Diese Anforderungen sind ähnlich hoch wie in Österreich, allerdings gibt es im Durchschnitt an der ASU wesentlich mehr Leistungsfeststellungen. Jeder Kurs erfordert mindestens ein meist aufwändiges Teamprojekt mit Präsentation, mehrere Hausübungen, meistens zwei Hauptüberprüfungen (Midterm und Final) sowie eine Anzahl von Zwischenprüfungen. Durch diesen Unterrichtsstil lernt man automatisch das gesamte Semester hindurch mit und das Arbeitsvolumen am Semesterende ist geringer als in Österreich. Die Benotung ist ebenfalls anders: Für amerikanische Studenten ist der Gesamtnotendurchschnitt während ihres Studiums (GPA) essentiell. Falls dieser Durchschnitt unter B fällt, ist es sehr schwer anschließend einen vorteilhaften Arbeitsplatz zu bekommen. Daher ist der Ehrgeiz, einen Kurs mit „A“ abzuschließen sehr hoch. Andererseits ist es verhaeltnissmäßig einfacher als an der JKU, einen Kurs mit „D“ und damit dem letzten „pass grade“ zu beenden. Um in einem Programm (beispielsweise „Supply Chain Management“) aufbauende Kurse besuchen zu können wird allerdings ein „C“ verlangt. Das soziale Leben an der ASU dreht sich um die rund 600 von Studierenden geleiteten Clubs. Die Spanne reicht hier von Studiumsorientierten Veranstaltungen (z.B. die „Supply Chain Devils“ die Unternehmen aus dem Logistikbereich für Gastvorträge einladen) über Sportclubs („Scuba Devils“) bis hin zu eher freizeitorientierten Fraternaties und Sonorities („The Greek Community“). Ein für Austauschstudierende sehr hilfreicher Club sind die „Global Devils“, die regelmäßig Treffen zwischen internationalen und einheimischen Studierenden organisieren (ähnlich des OEH Referats für Internationales an der JKU). Ein zumindest für mich wichtiger Faktor für ein angenehmeres und aufregendes Jahr im Südwesten der USA ist das Vorhandensein eines Autos vor Ort: Bei Temperaturen um 45 Grad Celsius von Juni bis Oktober ist der Aktionsradius von Fahrrädern deutlich eingeschränkt. Zusätzlich existieren kaum Lebensmittel-Nahversorger, womit die meist am Stadtrand gelegenen Einkaufszentren regelmäßig aufgesucht werden müssen. Es existiert zwar ein städtischer Nahverkehr in Form eines Busnetzwerkes, allerdings dienen die Fahrpläne eher als Richtwert denn als verbindliche Vorgabe, was ab und dann zu halbstündigem Warten in der prallen Sonne führt. In meinem Fall entschied ich mich für ein japanisches Fabrikat aus dem Jahr 1991, das trotz regelmäßiger Reparaturbedürftigkeit einen hohen Lebensqualitätsgewinn mit sich brachte. Kosten im Rahmen des Auslandsaufenthaltes (in $): Monatliche Gesamtausgabe (inkl. Quartier): 1100 $ davon Unterbringung: 500 $ pro Monat davon Verpflegung: 300 $ pro Monat davon Fahrtkosten am Studienort (exklusive Auto): 30 $ pro Monat davon Kosten für Bücher, Kopien, etc.: 100 $ pro Monat davon erforderliche Auslandskranken-/Unfallversicherung: 70 $ pro Monat davon Sonstiges: Betriebskosten,... (exkl. Reisen) 100 $ pro Monat Nicht monatlich anfallende Kosten: Impfungen, med. Vorsorge: 50 $ Visum: 200 $ Reisekosten für einmalige An- u. Abreise: 1500 $ Einschreibegebühr(en): 300 $ Sprachkurs (Landessprache) Kursgebühr: 0$ Orientierungsprogramm: 0$ Sonstiges Erwähnenswertes: - Auto ist grundsätzlich billiger (Sprit, Versicherung) als in AT, allerdings habe ich es deutlich intensiver genützt (weite Entfernungen, hohe Reiselust) – daher wurde es zu einem sehr großen Kostenfaktor - in den USA gibt es wenig gratis: Genügend finanzieller Spielraum erleichtert das Leben dort dramatisch. Abschließendes Mein Auslandsstudium stellt für mich einen sehr wichtigen und einen der bisher aufregendsten Teile meines Lebens dar. Neben der beinahe selbstverständlichen Verbesserung meiner englischen Sprachkenntnisse erweiterte sich mein Horizont beträchtlich, da ich viele vorher unverständliche Aspekte der amerikanischen Gesellschaft heute nachvollziehen zu können. Zusätzlich erwarb ich durch Treffen mit anderen internationalen Studierenden viel Wissen um Kulturen abseits der amerikanischen. Auch beruflich machte sich dieses Austauschjahr bereits bezahlt: Unmittelbar nach meiner Heimkehr nach Österreich, bekam ich die Möglichkeit als Werksstudent im Auftrag der voestalpine Schienen GmbH nach Brüssel zu reisen und ein Projekt im Bereich „urban transport“ durchzuführen. Diese Chance hätte ich ohne die Qualifikation durch meinen Auslandsaufenthalt kaum erhalten. Ich möchte nochmals allen unterstützenden Kräften an der Johannes Kepler Universität und beim Land Oberösterreich danken.