Kurzmitschriftvom211003durchBENJAMINROSTALSKI: Liebe KOMMILITON(Inn)en ! Wieder eine dieser herrlichen Überraschungen durch Sie. Es gibt eine Mitschrrift der ersten blauen Vorlesung vom 21. 10. 2003. Sie ist zwar sehr kurz, vielleich auch ein wenig verkürzt. - Nun kann ich sie einfach im Augenblick nicht noch mal ergänzen wie die aktuellen Vorlesungen. Ich muß einfach private Dinge erledigen für meine Familie. Ein Enkel hat dem Oldi (Icke !) letzte Woche schon ein Manuskript geklaut. Das war Protest gegen meine zu lange Abwesenheit und gegen meine dann auch nicht genügende Würdigung von Halloween gegenüber Luther am Reformationstag. Das hat der kleine Philipp nicht eingesehen. Außerdem muß ich meine Vorlesungen für die nächste Woche vorbereiten,. Davon steht noch nichts, außer erste vage Gliederungen in meinem Kopf. --------Da es sich aber hier nicht um klausurrelevantes Wissen handelt, kann ich es verantworten , diese Mitschrift auch ohne viele Korrekturen und Ergänzungen in die Homepage zu stellen. Und herzlichen Dank an Benni !!! Es folgt also die Kurzmnitschrift vom 21.10.03 durch BENJAMIN ROSTALSKI: Modul „Politische Ideengeschichte“ Vorlesung „Politische Theologie“ Dozent: Dieter Löcherbach Ihnestr. 21, Hörsaal B, dienstags 14 – 16 Uhr 21.10.2003: 1. LV Was ist politische Theologie? diffuser Begriff für alle möglichenBeziehungen zw. Religion & Politik (wechselseitige Beeinflussung, wechselnde Vormacht der einen über die andere) etymologische Herleitung des Begriffs „Religion“: 2 Quellen: a) von lat. „relegere“ gewissenhaft lesen (Aneignung der rituellen Praktiken aus Büchern), b) „religare“ „anbinden“ (Bindung des Menschen an ein höheres Wesen, dessen Existenz angenommen wird; der Dialog mit diesem Wesen ist z.B. das Beten Verinnerlichung von Religion statt einfachem Abarbeiten fester Riten bzw. Einhalten von religiösen Regeln und Vorschriften äußerer Art. (Ohne daß man eine innere Bindung an rituell angerufene Wesen fühlt) tripartita theologia (drei Religionsbegriffe): 1) theologia mythica erdichtete Religionen, z.B. olympische Götter, 2) theologia naturalis Theologie der Philosophen (Platon),3) theologia civilis Religion, die von Bürgern und Priestern getragen wird, auch Staats- & Hoftheologie, orientiert sich an der Nützlichkeit für politische Zwecke. (No 3 Wird später in der Neuzeit als Zivilreligion, z.B. bei Rousseau eine starke Renaissance erleben) -2Die Geburtstunde der pol. Theologie: römische Republik bediente sich der theologia civilis. Kaiser Konstantin erhebt in den 330er Jahren das Christentum zur Staatsreligion, Augustinus vollzieht den Wechsel von der theologia civilis zur theologia naturalis, erhebt den Anspruch der Herleitung des Christentums aus der Wahrheit, unter Bezugnahme auf Platon & Aristoteles. Die unglaublich fruchtbare Synthese von Philosphie und Theologie beginnt. Augustinus erweitert die Religion durch eine Verbindung mit der Philosophie (anders als im Islam oder Judentum), erhebt dem Anspruch absoluter Wahrheit bestimmter Offenbarungen Suche nach Begründungen für geschehene Wunder & Offenbarungen (z.B. aus dem Alten Testament) christliche Theologie stellt sich selbst unter Rationalitätszwang und grenzt sich somit effektiv von heidnischen (Natur-) Religionen ab, denen dieser theoretische Unterbau fehlt Das Grundlegende Interpretations-Schema der ganzen Vorlesung: Grobschema der 3 denkgeschichtlichen Hautetappen und Hauptphasen : : Phase 1: Mythologisierung (Wie kommen die menschlichen Vorstellungen (als Projektate ???) in und an den Himmel ?) Insgesamt vollzieht sich etwa ab Moses (1250 v. u .Z. Altes Testament, Dekalog od. zehn Gebote etc.) eine Mythologisierung der (monotheistischen) Religion. Die Mythologisierung beginnt in einer Schwellenzeit der Weltgeschichte (z.B. der trojanische Krieg fällt in diese Epoche) und geht mit der Etablierung der monotheistischen Religion einher. Bisher waren Religionen bestenfalls Ansammlungen von historisch gewachsenen Riten etc. Nun erlässt der „Eine Gott“ (Mono theos) Gesetze in Form des Dekalogs, er verlangt also eine sublimierte (verfeinerte) Lebensführung von den Menschen und eine ethische Lebensführung in der Orientierung an den von Ihm gebotenen Gesetzen.. Es entsteht die mosaische Unterscheidung zw. wahr oder falsch (im Gegensatz zur bisherigen Koexistenz der heidnischen Religionen, die einander nicht grundlegend in Frage stellten bzw. keinen Anspruch auf Alleingültigkeit erhoben). Entstehung der Ethik bzw. Moral. Auch der Gerechtigkeitsbegriff wird angedacht und artikuliert, sowie später ab ca. 750 v.u.Z. von den jüdischen Propheten (Jesaia, Jeremias bis......Maleachi) gegen die Realität und das Realverhalten der Menschen eingeklagt. (Vergl. den Begriff der ‚ Jeremiade’) Die Idee der Befreiung der Menschen (bzw. einer Gruppe) zieht sich als Leitmotiv durch die monotheistischen Religionen und geht vermutlich auf das 2. Buch des Alten Testaments (Exodus) zurück, worin Moses die Stämme Israels aus der pharaonischen (ägyptischen) Knechtschaft führt. Die Philosophen / Theologen der Antike wie Platon und Augustinus differenzieren die Religion (zunächst die monotheistische, dann die christliche) weiter aus. Phase 2: Entmythologisierung (Wie kommen die als göttlich unterstellten Vorstellungen wieder zurück zum (‚Projektator’) Mensch ? Im späten Mittelalter bzw. der frühen Neuzeit vollzieht sich ein fundamentaler Paradigmenwechsel: Es beginnt eine Entmythologisierung der Religion und Weltanschauung der Menschen im Abendland. Entmythologisierung führt zu Rückaneigung der mythologischen Projektionen zurück in die geistige Verfügungsgewalt von historischer Subjektivität der Menschen, später dann auch in der nächsten Phase durch sie zu einer Re-implementierung dieser Geistigkeit in die Geschichte / Politik (Prädestinationslehre, Reformatoren Luther & Calvin). Der Begriff der Gnade Gottes spielt dabei eine wichtige Rolle ( Gottesgnadentum im französischen Absolutismus). Kapitalismus entwickelt sich, Demokratie wird nach und nach durchgesetzt. Phase 3: Säkularisierung Bei Anbruch der Neuzeit (etwa 16. Jahrhundert Reformation und Renaissance als sogenannteVorrevolutionen der Neuzeit/Moderne und deren Haupt-Revolutionen 1776ff.in Amerika, 1789 ff. in Frankreich und Europa)) ist die Entmythologisierung bereits weit fortgeschritten. Hier beginnt die Entwicklung eines „okzidentalen Rationalismus“ (Weber) Okzidentaler Rationalismus ist seit ca. 1500 ist jene Denk-Explosion auf allen Gebieten (Kant sprich von einer ‚Revolution der Denkungsart’), die ermöglicht wurde, weil die abstrakt in der Theologie und in der Philosophie angehäufte Rationalität aus dem Jenseits in das Diesseits tranponiert wird und hier zu einer ungeheuren Entfaltung führt.. Ab ca. 1700 tritt dies in der abendländischen Kultur als eine Phase der Säkularisierung (Verweltlichung) auf; Eine der auch für das politische und ökonomische Zusammenleben der Menschen wichtige Entwicklung wird hier z.B. durch den Puritanismus bewirkt. (wichtig für Demokratie und den Kapitalismus, die ja doch in hohem Grade von politischer, bzw. politökonomischer Relevanz sind, solo in unser Fach im weiteren und engeren Sinne gehören) Seit alttestamentarischen Zeiten vollzieht sich eine (teils kontinuierliche, teils etappenweise) Verfeinerung des Weltverständnisses der Menschen. Die Erfindung der Religion war nützlich, um dem archaischen Zustand permanenter Gewalt zu bannen, in dem die Menschen vor dem Neolithikum (Neusteinzeit) lebten. Der Keim der Gewalt findet sich jedoch wiederkehrend im Missionierungsgedanken, welcher dem Christentum und Islam innewohnt (Kreuzzüge etc.), Das Judentum kennt dies nicht, da man sich selbst als auserwähltes Volk betrachtet. Laut Sigmund Freud stellt die Entwicklung der Religion einen Fortschritt in der Geistigkeit der Menschen dar, v. A. das 2. Gebot („Du sollst dir kein Bildnis von mir machen!“) zwingt den Menschen zur Abstraktion, zur Transzendenz (Erfindung des Jenseits). Im Gegensatz zu den Olympischen Göttern, die ihren Sitz auf Erden (auf dem Olymp) hatten, erhebt man nun Propheten, Heilige etc. in höhere Sphären. Intellektualität erhebt sich über Sensualität. Das Bildverbot stellt einen regelrechten Triebverzicht des Menschen dar, den man ja allgemein als visuelles Wesen bezeichnet. Dies hat auch zur Folge, dass man nun einen „inneren Menschen“ erfindet, dass man fortan Körper und Seele als voneinander getrennte Erscheinungen betrachtet. Natürlich bei Dominanz des inneren Seelischen über das äußere Körperliche. - Wir werden später noch genauer sehen, wie Freud sich die Entstehung von Kultur durch Sublimation der Triebe, durch Aufhebung der Triebe in höhere Geistigkeit, in einem vertieften Seelentum der Menschen vorstellt, was aber (Freud ‚Das Unbehagen in der Kultur’ 1927) auch zu erheblichen Kulturproblemen geführt hat, z.B. zu im Tieferen der Seele lauernden und von antiaufklärerischen Regimen abrufbaren Triebstauungen der Massen im sogenannten ‚Zeitalter der Massen’ (Le Bon etc.).(Dies nur als Problem-Andeutung) _________________________________________________________________________