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Was tun, wenn’s juckt?
Jeder Dritte hat Fußpilz. Das ist die schlechte Nachricht. Die gute ist: Jeder kann ihn
loswerden
Von Anke Nolte
30 Jahre lang schämte sich Wolfgang S., seine Füße zu zeigen. Denn dort hatten
sich ungebetene Gäste eingenistet. Zwischen den Zehen juckte es, und ein Nagel
nach dem anderen verfärbte sich, wurde braun und dick – so dick, dass der Berliner
kaum noch mit der Nagelschere durchkam. Gegen die lästige Pilzinfektion rieb
Wolfgang S. sich hin und wieder eine Anti-Pilz-Creme zwischen die Zehen, und
gelegentlich bepinselte er die Fußnägel mit einem medizinischen Nagellack. Doch
die robusten Mikroorganismen verschwanden nicht. „Ernsthaft etwas unternommen
habe ich lange nicht“, sagt der 47-Jährige. „Ich empfand das Aussehen meiner Füße
zwar als Makel, aber nicht als bedrohlich.“
Ungeheuer ansteckend
So geht es vielen: „Zwei von drei Menschen mit Fußpilz behandeln die Infektion nur
halbherzig oder gar nicht“, berichtet Professor Hans-Jürgen Tietz, Leiter des Instituts
für Pilzkrankheiten und Mikrobiologie in Berlin. Manche schämen sich, andere sind
nicht diszipliniert genug, um sich richtig darum zu kümmern.
„Dabei ist Fußpilz eine Infektionskrankheit, die sich ausbreitet“, warnt Professor Tietz.
Die Pilzsporen können sich auch an den Fußsohlen oder in den Nägeln einnisten, wo
ihnen dann besonders schwer beizukommen ist. „Fuß- und Nagelpilz – das sind zwei
Stadien ein und derselben Krankheit“, betont der Experte. „Fast jeder Nagelpilz geht
auf einen Fußpilz zurück.“ Und: Die Pilze können nicht nur die Fuß-, sondern auch
die Fingernägel befallen.
Zudem besteht die Gefahr, die Erreger auf andere Menschen zu übertragen. „Die
wichtigste Infektionsquelle ist das eigene Haus“, erklärt Professor Tietz. Hat jemand
in der Familie Fußpilz, in der Fachsprache Tinea pedis genannt, verteilt er auf dem
Boden und in den Handtüchern feinste Hautschüppchen, die Pilzpartikel enthalten.
Was nicht heißt, dass jeder in der Familie sich infiziert: „Dabei spielen eine schlechte
Durchblutung, Feuchtigkeit und Kälte sowie Veranlagung eine Rolle“, sagt Tietz. Die
Partnerin von Wolfgang S. hatte Glück: In all den Jahren des Zusammenlebens hat
sie sich nicht einmal angesteckt.
Feuchtigkeit und kühle Haut – das ist das Milieu, das Pilze lieben. Deshalb ist die
Ansteckungsgefahr in Schwimmbädern, Duschkabinen und Umkleideräumen
besonders groß. Auch das stundenlange Schwitzen in Sportschuhen bietet den
Kleinstlebewesen einen idealen Nährboden, weshalb viele Sportlerinnen und Sportler
sich Pilze einfangen. Beim Training oder Bäderbesuch quillt die Haut durch die
Feuchtigkeit auf, sodass sich „undichte“ Stellen bilden und die Pilzerreger leicht
eindringen können.
Experten gehen davon aus, dass in der Gesamtbevölkerung etwa jeder Dritte infiziert
ist – damit ist der Fußpilz die häufigste Infektionskrankheit nach Erkältungen.
Den Fußpilz wegcremen
Wenn es zwischen den Zehen juckt, die Haut sich rötlich oder weißlich verfärbt und
anfängt zu schuppen, sollten Sie nicht zögern, sich in der Apotheke ein Anti-PilzMittel zu kaufen. „Pilzinfektionen lassen sich im Anfangsstadium gut in Eigenregie
behandeln“, sagt Professor Beate Tebbe, Hautärztin in Berlin. Vorausgesetzt, Sie
cremen und salben noch mindestens zwei Wochen täglich weiter, nachdem die
Beschwerden abgeklungen sind. „Sonst flackert die Infektion immer wieder von
Neuem auf“, warnt die Hautärztin.
„Schluss mit dem wochenlangen täglichen Schmieren!“ So frohlockt eine
Pharmafirma, die eine neuartige Eintagestherapie entwickelt hat. Der Wirkstoff
Terbinafin muss demnach nur einmal aufgetragen werden und bildet nach Angaben
des Herstellers ein Langzeitdepot in der Haut, von wo aus er den Pilz etwa zwei
Wochen lang bekämpfen kann. Die Meinungen über diese Kurzzeittherapie gehen
jedoch auseinander: Laut einer aktuellen Umfrage des Berufsverbands der
Deutschen Dermatologen empfehlen knapp 10 Prozent der befragten Hautärztinnen
und Hautärzte diese Therapie ausdrücklich. Zwei Drittel haben keine guten
Erfahrungen damit gemacht. „Die Haut erneuert sich zu schnell und stößt dabei das
Depot ab“, sagt Professor Tietz. Pilze müssen seiner Meinung nach immer langfristig
behandelt werden.
Weil bei der Selbstmedikation kein Arzt den genauen Erreger bestimmt, sollten Sie
unbedingt darauf achten, ein Mittel zu kaufen, das gleichermaßen gut gegen
Fadenpilze – die meistens hinter einem Fußpilz stecken –, Hefen und Schimmelpilze
wirkt. Zu solchen sogenannten Breitband-Antimykotika gehören Wirkstoffe aus der
Gruppe der Azole (Bifonazol, Clotrimazol, Econazol, Ketoconazol, Miconazol,
Sertaconzol) und der Gruppe der Allylamine (Terbinafin, Naftifin).
Lack gegen Nagelpilze
Auch ein Nagelpilz lässt sich in Eigenregie behandeln, wenn nur einzelne Nägel
betroffen und diese nicht schon ganz befallen sind. Typisches Zeichen für den
Beginn einer Infektion: Der Nagel verliert seinen perlmuttartigen Glanz und wird
trübe, am vorderen Nagelrand zeigt sich eine gelb-bräunliche Verfärbung.
In diesem Frühstadium helfen frei verkäufliche medizinische Nagellacke, die die
Wirkstoffe Ciclopirox oder Amorolfin enthalten. Der Lack muss über Monate
regelmäßig aufgetragen werden, bis der Nagel pilzfrei nachgewachsen ist. Doch das
ist nur dann effektiv, wenn der Nagel vorher mit einer Feile aufgeraut wurde, damit
der Wirkstoff tief ins Nagelbett vordringen kann. Empfehlenswert ist dafür ein Besuch
beim Podologen, der den Nagel fachgerecht fräst.
Auch chemisch kann der infizierte Nagel aufgeweicht werden: durch eine Creme, die
das Anti-Pilz-Mittel Bifonazol mit Harnstoff kombiniert. Der Harnstoff zersetzt nur die
vom Pilz angegriffenen Nagelteile – die gesunden Bereiche bleiben erhalten –,
sodass das pilzabtötende Bifonazol an das tiefer gelegene Pilzgeflecht herankommt.
Ein Fall für den Arzt
Wenn sich mit diesen Mitteln gegen Fuß- oder Nagelpilz keine Heilerfolge zeigen,
sollte man eine Hautärztin oder einen Hautarzt zu Rate ziehen. Auch wenn die
Fußsohle infiziert ist oder einer beziehungsweise mehrere Nägel schon verfärbt,
verdickt oder zerfallen sind, ist ein Arztbesuch angesagt.
Der Arzt kann den Erreger genau identifizieren und Tabletten verschreiben, die
speziell gegen die festgestellte Pilzart wirken. Viele Patienten schrecken davor
zurück, diese Tabletten einzunehmen, weil sie Angst haben, dass ihre Leber
Schaden nimmt, und sie außerdem unangenehme Nebenwirkungen wie
Kopfschmerzen oder Übelkeit befürchten. „Der schlechte Ruf dieser Medikamente
geht auf frühere Mittel zurück“, sagt Hautärztin Professor Tebbe. „Die heutigen
Präparate sind im Allgemeinen gut verträglich.“ Dennoch können die Tabletten in
sehr seltenen Fällen die Leber angreifen, weshalb zur Sicherheit die Leberwerte vor
und während der Therapie kontrolliert werden sollten.
Informieren Sie wegen eventueller Wechselwirkungen Ihren Arzt auch darüber,
welche Medikamente Sie sonst noch einnehmen, sodass er Risiko und Nutzen
abwägen kann. Zusätzlich zu den Tabletten sollten die Nägel weiter äußerlich mit
Lack behandelt werden – „den Pilz in die Zange nehmen“ nennt das Experte Tietz
aus Berlin.
Gerade beim Nagelpilz braucht man Geduld: Es kann ein Jahr oder länger dauern,
bis gesunde Nägel nachgewachsen sind. „Doch jede Pilzinfektion ist heilbar“, betont
Tietz. „Egal, wie lange sie schon besteht.“
Auch Wolfgang S. ist die lästigen Hautbewohner losgeworden, nachdem er
konsequent über viele Monate Tabletten geschluckt hat. Frei von Fuß- und Nagelpilz
zu sein, „das war unheimlich befreiend“, sagt er. Heute traut er sich wieder, Sandalen
zu tragen. Und bei den Strandwanderungen im Urlaub genießt er es, den Sand unter
seinen bloßen Füßen zu spüren.
Box
Vorbeugen:
10 Tipps
1 Füsse warm halten. Insbesondere Raucherinnen und Raucher sollten ab und zu
ein warmes Fußbad nehmen.
2 Badeschuhe tragen. Sie schützen in Duschräumen und Saunas, aber auch in
Hotelzimmern.
3 Fussduschen in Schwimmbädern meiden – ringsum sammelt sich besonders viel
abgelöstes pilzinfiziertes Hautmaterial.
4 Zehenzwischenräume nach dem Schwimmen und Duschen immer gut abtrocknen.
5 Schuhe und Strümpfe sollten nicht aus synthetischen Materialien bestehen, weil
die Füße darin schwitzen.
6 Gummistiefel und Turnschuhe so wenig wie möglich tragen. Diese können
regelrechte Pilzcontainer sein.
7 Strümpfe jeden Tag wechseln. Am besten bei 60 Grad waschbare Strümpfe
wählen.
8 Schuhe so oft wie möglich wechseln, damit sie komplett austrocknen können.
Insbesondere Sportler, die schon einmal Fuß- oder Nagelpilz hatten, sollten sich ein
zweites Paar Sportschuhe zum Wechseln anschaffen.
9 Ein Extra Handtuch für die Füße benutzen. Handtücher nicht mit anderen
Familienmitgliedern teilen.
10 Pediküre tut gut. Denn rissige Haut zwischen den Zehen und brüchige Nägel
können Eintrittspforten für die Erreger sein. Die Fußpflegerin schneidet und feilt Ihre
Nägel fachgerecht und cremt und pflegt Ihre Füße – das regt die Durchblutung an.
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