COPYRIGHT: COPYRIGHT Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. EsEs darf ohne Genehmigung nicht Dieses Manuskript ist urheberrechtlich geschützt. darf ohne Genehmigung nicht verwertet verwertet werden. werden. Insbesondere Insbesondere darf darf es es nicht nicht ganz ganz oder oder teilweise teilweiseoder oderininAuszügen Auszügen abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke abgeschrieben oder in sonstiger Weise vervielfältigt werden. Für Rundfunkzwecke darf das darf dasnur Manuskript nur mit von Genehmigung von Deutschlandradio Kultur benutzt Manuskript mit Genehmigung DeutschlandRadio / Funkhaus Berlin benutzt werden. werden. Länderreport / 29.4.2010 Nordrhein-Westfalen vor der Wahl Autorin: Barbara Schmidt-Mattern Redaktion: Claus Stephan Rehfeld Atmo Rüttgers Karnevalslied 15 Sekunden gibt ihm das Publikum. Wenn der erste Lacher dann nicht sitzt, hat Jürgen Rüttgers verloren. Auf der Festsitzung des Aachener Karnevalsvereins Ende Januar macht er seine Sache allerdings gut. Als Dank für die Verleihung des Ordens wider den tierischen Ernst wippt der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen auf der Bühne zur Melodie des Gassenhauers "YMCA". Atmo Lied hoch Seinen politischen Gegnern stinkt der Auftritt gewaltig, die Ordensverleihung sei nichts als billige Wahlkampf-Hilfe. Aber Jürgen Rüttgers, Katholik und Sohn eines rheinischen Elektrikermeisters, hat ein bisschen Volksnähe dringend nötig. Denn aus den Umfragen erfährt der promovierte Jurist schon lange nichts Gutes mehr. Die Demoskopen sprechen von einem Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen der schwarz-gelben Landesregierung und der Opposition aus SPD und Grünen. Erst schwappte der Berliner Koalitionskrach zu den Wahlkämpfern nach NordrheinWestfalen rüber, dann stolperte Rüttgers über die bisher schlimmste Affäre in seiner politischen Laufbahn: Im Februar wurde bekannt, dass die CDU Unternehmen gegen Geld Gespräche mit dem Ministerpräsidenten angeboten hatte. Ob Rüttgers davon gewusst hat, bleibt sein Geheimnis. Als Konsequenz wurde der Generalsekretär in die Wüste geschickt, doch „Rent a Rüttgers“, diesen Slogan wird der Regierungs- und Parteichef nicht mehr los. Entsprechend wehleidig klingt er in diesen Tagen: Das bleibt auch nicht einfach im Anzug stecken, viele Leute kommen und sagen, was siehst Du schmal aus. Das macht einem schon zu schaffen. Schlimmer noch: Aus dem Leck in der Landes-CDU tropft es weiter: Wenige Tage vor der Wahl gelangen ständig neue interne Parteidokumente an die Öffentlichkeit. Der anonyme Informant in den eigenen Reihen treibt der CDU den Angstschweiß auf die Stirn. Nach fünf stabilen Jahren und einer gar nicht so schlechten Regierungsbilanz steht der Ministerpräsident jetzt mit dem Rücken zur Wand. Der Bonner Politikwissenschaftler Gerd Langguth: Die Sponsoring Affäre hat Rüttgers und der CDU enorm geschadet. Sie führte dazu, dass die CDU ab diesem Zeitpunkt einen eher defensiven Wahlkampf geführt hat. Bis dahin konnte sie davon ausgehen, dass Jürgen Rüttgers mit seinen Leistungen, auch mit seiner Kompetenz klar im Vordergrund steht, und ich glaube, man wollte einen ähnlichen Wahlkampf machen wie auf Bundesebene Angela Merkel, eben keinen polarisierten Wahlkampf. Gewinnen macht Spaß… Ein voller Saal in der Kleinstadt Iserlohn, im Ruhrgebiet. Auf der Bühne eine selbstbewusste Hannelore Kraft. Sie ist die Spitzenkandidatin der SPD, und war in ihrer Freizeit früher passionierte Handball-Spielerin. Lassen Sie uns ganz kurz bei dem Gewinnen bleiben, das gelingt ja auch beim Handball nicht immer, waren Sie auch eine gute Verliererin? Also beim Handball ging das, wenn die anderen besser waren, war’s ok. Aber das kam Gottseindank nicht so oft vor. Lachen Atmo runter „Von Mensch zu Mensch“ heißt die Wahlkampf-Tour der SPD, bei der Hannelore Kraft im Zwiegespräch mit dem Fernsehmoderator Reinhard Münchenhagen gelöst und schlagfertig wirkt. Die SPD-Spitzenfrau will erzählen, wie sie sich als Arbeiterkind hochgearbeitet hat, ihr ÖkonomieStudium selbst finanzierte und schließlich Unternehmensberaterin wurde. Politisch ist die 48-Jährige eine Spätzünderin, die aber in der SPD schnell Karriere macht. Kaum in den Landtag gewählt, beruft der damalige Ministerpräsident Wolfgang Clement sie im Jahre 2001 zur EuropaMinisterin. Als die SPD im Jahre 2005 die Macht an Rhein und Ruhr an die CDU abgeben muss, wird Hannelore Kraft Oppositionsführerin und bald auch SPD-Landesvorsitzende. In der Partei gehört sie weder dem rechten noch dem linken Flügel an, und schart bis heute nur einen kleinen Kreis enger Vertrauter um sich. Ich hab immer versucht mir Ziele zu setzen, die auch halbwegs realistisch sind. So wie jetzt? So wie jetzt! Lachen Applaus So wie Jürgen Rüttgers mit seiner Wiederwahl eigentlich die Arbeit der schwarz-gelben Bundesregierung bestätigen sollte, so will Hannelore Kraft beweisen, dass die SPD aus ihrer Schockstarre erwacht ist, nach dem historischen Desaster bei der letzten Bundestagswahl. Der Niedergang der Partei begann 2005, wiederum in NRW: Als Folge der Agenda-Politik von Gerhard Schröder wurden die Sozialdemokraten in ihrem einstigen Stammland nach 39 Jahren abgewählt. Die Schwäche von Rot-Grün in Berlin bescherte der CDU damals einen haushohen Wahlsieg. Auch dieses Mal steht die Landtagswahl ganz im Zeichen der Bundespolitik, nur muss jetzt Jürgen Rüttgers befürchten, abgewählt zu werden. So gibt es für den einen alles zu verlieren, und für die andere alles zu gewinnen – das ist der Grund, warum beide Spitzenkandidaten sich in diesem Wahlkampf so aufreiben. Die Abstimmung am 9. Mai ist bundesweit der erste und in diesem Jahr auch der einzige Urnengang in Deutschland, eine Testwahl für Berlin. Dass Schwarz-Gelb für den selbsternannten Arbeiterführer zur Gefahr werden könnte, das ahnt Rüttgers schon am Abend der Bundestagswahl. Als einer der ersten tritt er am 27. September 2009 vor die Kameras und spricht eine Warnung aus: Und natürlich werden wir in Nordrhein-Westfalen dafür sorgen, dass es auch im Bund auf derselben Ebene wirtschaftliche Vernunft und soziale Gerechtigkeit jetzt losgeht in den Koalitionsverhandlungen und dafür garantieren, dass da auch nicht Zumutungen auf die Menschen zukommen, von denen vorher nicht geredet worden ist. Doch es kommt viel schlimmer: Vom ersten Tag an herrscht in der neuen Bundesregierung zwischen CDU und FDP Streit und Misstrauen. Trotz Wirtschaftskrise und einem Rekord-Schuldenhaushalt fordern die Liberalen zum Ärger der CDU Steuersenkungen und setzen sie, zumindest für die Hotelbranche, auch durch. Wenig später sorgt FDP-Chef Guido Westerwelle mit seinen Äußerungen zu Hartz IV für Aufruhr. Und aktuell tobt der Streit um die Finanzhilfe für Griechenland. Bei der Landesregierung in Düsseldorf, die ohnehin schon unter der Sponsoren-Affäre ächzt, bricht Nervosität aus, Woche für Woche sind die Umfragen alarmierend, und nun macht ein Wort die Runde: Das ist eine Schicksalswahl. Das steht auf Messers Schneide. Jürgen Rüttgers hat die Kanzlerin in der Vergangenheit oft mit Eigenmächtigkeiten gereizt, doch jetzt sitzt Rüttgers mit Angela Merkel in einem Boot. Ab sofort gelte: Bund und Land, Hand in Hand. Mit dem neuen Schmusekurs wollen das Kanzleramt und die Düsseldorfer Staatskanzlei verzweifelt verhindern, dass die Landtags- zu einer kleinen Bundestagswahl wird. Doch genau daran arbeitet die Opposition: Ich glaube, wir müssen diesen, ich nenne das mal Wahnsinn, der da geplant ist, mit milliardenschweren Steuersenkungen, 24 Milliarden, den müssen wir dringend stoppen. Wir können uns keine Steuersenkungen leisten. Hannelore Kraft kündigt Ende März eine Blockadepolitik im Bundesrat an, wenn die SPD die Landtagswahl gewinnt. In dem Moment, wenn es in Nordrhein-Westfalen zu einer anderen Konstellation als der bisherigen kommt, dann ist die Mehrheit für die christlich-liberale Mehrheit im Bundesrat dahin. erklärt der Politikwissenschaftler Gerd Langguth. Als Konsequenz sieht er, dass es dann quasi zu einer Art Allparteien-Konstellation und Koalition kommt, weil ja dann auch mit den Oppositionsparteien auf Bundesebene gesprochen werden muss. Für Merkel selber, das wäre natürlich schon eine Niederlage für sie, ganz zweifelsohne, es würde natürlich auch innerparteilich die Frage gestellt werden, warum es zu so einer Kakophonie auf Bundesebene kommen konnte. Es wird die Frage gestellt werden, ob sie da nicht mehr führen müsste, um endlich auch mal ein berühmtes Basta-Wort zu sagen. Doch wie bedeutsam die Mehrheit im Bundesrat und damit die Wahl in Nordrhein-Westfalen für die Kanzlerin tatsächlich ist, diese Frage wird von Wissenschaftlern durchaus unterschiedlich beantwortet. Die Wechselseitigkeit von Bundes- und Landesinteressen sieht der Düsseldorfer Politologe Ulrich von Alemann weder als Gefahr für den Föderalismus noch für Angela Merkel: In Deutschland ist man es gewohnt, häufig mit abweichenden Bundesratsmehrheiten zu regieren, und auch eine gleichfarbige Bundesratsmehrheit, das hat sich ja im Winter gezeigt, ist nicht gerade bequem, und ringt oft der Kanzlerin Zugeständnisse ab, weil die Landesherren und Landesfürsten durchaus von ihrem eigenen Recht, sie haben ein eigenes Mandat, sie sind demokratisch gewählt, leben und sich nicht von Berlin alles vorgeben lassen. Also diese Unbequemheit des Regierens in einer Koalition, die wir in Deutschland gewöhnt sind, wird dann fortgesetzt, auch wenn es eine andere Koalition gibt, und die Probleme für Frau Merkel halten sich durchaus in Grenzen. Atmo Ahaus Die Macht in den politischen Institutionen ist das eine, doch SPD, Grüne und auch die Linkspartei setzen in ihrer Wahlkampfstrategie noch auf ein zweites, nämlich auf die bundespolitischen Themen. Völlig richtig findet das dieser Familienvater, der am letzten Wochenende bei den großen AntiAKW-Demonstrationen im Münsterland dabei war: Für mich ist es wichtig, dass wir eine Umwelt unseren Jugendlichen übergeben, die dann auch noch in Ordnung ist. Und die jetzige Regierung ist ja daran interessiert, dass dann auch die Atomenergie weiter genutzt wird, und dagegen bin ich. Neben Atomkraft und Steuersenkungen wollen SPD und Grüne bei der Arbeits-, und Gesundheitspolitik Boden gewinnen – und die Wahl in Nordrhein-Westfalen damit zu einer Abstimmung über bundespolitische Themen machen. Die hätten schließlich landespolitische Relevanz, gibt Sylvia Löhrmann zu bedenken, die Spitzenkandidatin der Grünen. Besonders die Ökopartei sieht darin die Chance, sich zu profilieren, obwohl in NRW gar kein Atomreaktor am Netz ist. Die Themen hängen doch zusammen. Wenn wir die Energiewende einleiten wollen, dann ist die Verlängerung der Laufzeiten ein Bremsklotz für die Entwicklung der Erneuerbaren und für neue Arbeitsplätze. Die Frage der Steuerpolitik ist existenziell, ob unsere Städte und Gemeinden handlungsfähig bleiben, als Lebensadern der Demokratie, wird im Bundesrat entschieden. Und die Frage der Gesundheitspolitik natürlich auch. Wenn die Gesundheit privatisiert wird, dann ist das ein Lebensrisiko, und dann spielt sich auch so etwas, in den Kommunen, im Lande ab, hier in Nordrhein-Westfalen. Doch selbst wenn manche bundespolitische Themen bis in den letzten Winkel der Republik wirken: Der Länderpolitik tut diese Entwicklung nicht gut. Die einseitige Fokussierung auf den Bund befördert beim Wähler das Desinteresse an landes-spezifischen Fragen. Die Mobilisierung der Wähler vor einer Landtagswahl werde immer schwieriger, sagt der Politologe Gerd Langguth: Ich denke, dass es keine so richtige Wahlkampf-Stimmung gibt. Deswegen ist ja gerade die Sponsoring-Affäre so ein großes Problem für Rüttgers geworden, denn darüber kann jeder mitdiskutieren. Wenn es aber um bestimmte spezifische Inhalte der Sozialpolitik, der Umwelt- oder Bildungspolitik geht, das ist ja die Wissens- und Erfahrungsbasis in der Bevölkerung ziemlich gering. Das ist ja das wirklich Erstaunliche, die Landespolitik findet im Gegensatz zur Bundespolitik eigentlich kaum im Bewusstsein der Normalbürger statt. Anfang der Woche diskutierten Hannelore Kraft und Jürgen Rüttgers beim TV-Duell einmal ausführlich über die Landespolitik. Ergebnis: Eine eher trockene Veranstaltung, bei der dem Zuschauer Zahlen und Details nur so um die Ohren flogen. Dabei bieten die Landesthemen eigentlich genügend Zündstoff. Seien es Schule und Kinderbetreuung, die von Finanznot geplagten Kommunen, oder die Energiepolitik. All diese Themen finden beim Wähler durchaus Interesse, und doch gelingt es kaum einer Partei, mit ihren Inhalten zu punkten. Am auffälligsten ist das bei CDU und FDP. In fünf Jahren Regierungsarbeit hat Schwarz-Gelb manches erreicht: Die Landesregierung hat den Ausstieg aus der Kohleförderung beschlossen und den Unterrichtsausfall halbiert. Doch bei vielen Bürgern will der Funke einfach nicht überspringen. Steffen Arns arbeitet als Rechts-Referendar in Düsseldorf. Auf CDU und FDP, aber auch auf die SPD, ist er nicht gut zu sprechen: Also ehrlich gesagt finde ich alle drei recht inhaltslos. Herr Rüttgers mit „Kompetenz garantiert“, würde ich mal sagen, ist da absolut mustergültig, bei der NRW-SPD: „Aufrichtig“ – da kriege ich ein bisschen das Kotzen. Aufstieg durch Bildung, ja sicherlich Bildung als Aufstiegsvariante, allerdings kann ich das nicht mit der Politik verbinden, die Herr Pinkwart macht. Von daher sprechen sie mich alle drei nicht an. So wird die inhaltliche Auseinandersetzung in diesem Wahlkampf überlagert von strategischen Machtspielen. Das liegt freilich auch an der Linkspartei, denn erstmals könnte mit ihrem Einzug in den Landtag nach dem 9. Mai ein Fünf-Parteien-Parlament in Nordrhein-Westfalen entstehen. Eine Option, die die traditionellen Parteienbündnisse ordentlich durcheinanderwirbelt: Atmo Farbenspiele Voxpops Ein Grund für die Kakophonie ist die Angst von Schwarz-Gelb vor einer Denkzettelwahl, als Quittung für die Querelen in Berlin. Um davon abzulenken, wettern die bürgerlichen Parteien in Düsseldorf dieser Tage leidenschaftlich gegen die vermeintlich rot-rote Front. Jürgen Rüttgers: Frau Kraft sagt immer, die Linke sei derzeit nicht regierungsfähig. Dabei ist völlig klar, keiner glaubt, dass die SPD nicht mit der Linken koaliert, wenn es denn am Schluss nach dem 9. Mai dran ankommt. Also es ist nicht anderes als ein großer Wählerbetrug, der da versucht wird zu organisieren. Applaus wegblenden Aufrichtig ist das nicht, denn so sehr Rüttgers auch auf die LafontainePartei schimpft, so sehr käme ihm ein starkes Wahlergebnis für die Linke gelegen. Denn damit schrumpft für den 9. Mai die Aussicht auf eine alleinige Mehrheit für Rot-Grün. Doch ob sie auch tatsächlich Regierungsverantwortung übernehmen wollte, ist bei der Linkspartei in NRW mehr als umstritten. Bundesweit eilt dem Landesverband der Ruf voraus, extrem links und ausgesprochen intrigant zu sein. Deshalb auch spricht Parteichef Wolfgang Zimmermann lieber über die Wortakrobatik der SPD: Also ich habe die SPD vor einer Woche mal als wild hin und her laufenden Hühnerhaufen bezeichnet. Der Parteivorsitzende Gabriel erzählt, mit den Chaoten in NRW ist nichts zu machen. Frau Kraft springt hin und her und sagt, die Linke muss aus dem Landtag herausgehalten werden, aber wenn man sie konkret fragt, sagt sie, es gibt keine „Ausschließeritis“. Also ich würde mal die SPD in erster Linie als politik- und regierungsunfähig bezeichnen. Während sich die SPD mit der Linkspartei herumquält, knirscht es auch im Gebälk der schwarz-gelben Regierungskoalition. Je näher die Wahl rückt, desto mehr offenbaren beide Seiten ihre Differenzen. Wie in Berlin, so liegen CDU und FDP auch in Düsseldorf in der Steuerpolitik über Kreuz. Zudem hat Jürgen Rüttgers dem Mantra der Liberalen – „Privat vor Staat“ – eine Absage erteilt. Für die FDP geht es am 9. Mai um die nackte Existenz, sind doch ihre Umfragewerte in den Keller gerutscht. Ein herber Schlag nach dem zweistelligen Ergebnis bei der letzten Bundestagswahl. Doch Berlin ist nicht das einzige Problem: Einseitig hat sich die FDP auf Gedeih und Verderb an die CDU gebunden und will jetzt mit ihrer ZweitstimmenKampagne punkten. Ampel- und Jamaikabündnisse lehnt die Partei ab. Umso frustrierter sind die Liberalen, dass die CDU eine mögliche Zusammenarbeit mit den Grünen oder sogar eine Große Koalition mit der SPD nach der Wahl nicht ausschließt. Der Düsseldorfer Fraktions-Chef Gerhard Papke warnt deshalb die CDU. Und wie so oft in diesem Wahlkampf zieht auch der FDP-Mann die Rote Karte hervor: Ich hab in den letzten Wochen manchmal über die Naivität von Teilen der CDU gestaunt, man könne sich die Grünen gewissermaßen als eigene Machtreserve vorhalten. Hat Schwarz-Gelb im nächsten Landtag keine Mehrheit, dann wird es eine Mehrheit für ein Bündnis mit den Linksextremisten geben. Doch viel leidenschaftlicher noch wuchern seit Monaten die Spekulationen um Schwarz-Grün. Nordrhein-Westfalen ist die Geburtsstätte der so genannten „Pizza Connection“: Im Weinkeller eines Bonner Restaurants trafen sich Schwarze und Grüne Anfang der neunziger Jahre, um ihre Gemeinsamkeiten herauszufinden, mit dabei der heutige Grünen-Chef Cem Özdemir, und der heutige Bundesumweltminister Norbert Röttgen. Die Basis in beiden Parteien ist zwar skeptisch, und in der Schul- und Energiepolitik herrschen scheinbar unüberwindbare Hindernisse, doch die Zeichen trügen nicht: In diesem ansonsten rauen Wahlkampf gehen die Spitzenvertreter beider Parteien vergleichsweise moderat miteinander um. Die CDU kündigt eine umweltfreundliche Industriepolitik an, und die Grünen giften laut über die FDP, aber vergleichsweise leise über die CDU. Nicht nur vor, auch nach dem 9. Mai stehen spannende politische Zeiten bevor, sagt der Politikwissenschaftler Gerd Langguth: Die alten politischen Gewissheiten, was Koalitionsbildungen angeht, sind ja sowieso dahin. Das Bild ist ja insgesamt bunter geworden, und das würde mich auch wundern müssen, wenn das nicht auch auf Bundesebene eines Tages der Fall sein könnte. Die Bündnisoptionen für Merkel werden eben größer, wenn in Nordrhein-Westfalen einmal ein solches Bündnis wäre. Das führt natürlich ganz zwangsläufig dazu, dass beispielsweise die politischen Inhalte der CDU unschärfer werden, wie das natürlich auch bei den Grünen, auch bei den anderen Parteien wird. So ist die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen in vielerlei Hinsicht ein Barometer für die Bundespolitik. Wenn die 13,5 Millionen Wahlberechtigten am 9. Mai ihre zwei Kreuze machen, dann geht es nicht allein um ein Zeugnis für Berlin, sondern möglicherweise auch um ein Signal für die Zukunft – um künftige Optionen in einem Fünf-Parteiensystem. Schon zwei Mal hat das größte Bundesland in dieser Hinsicht Pflöcke eingerammt: 1966 entstand in Düsseldorf erstmals eine sozialliberale Koalition, und wenige Jahre später dann in der Bundeshauptstadt Bonn. 1995 leitete der Sieg von Rot-Grün in Düsseldorf dann das Ende der Ära Kohl ein. Eine politische Liebesheirat war Rot-Grün in NRW damals nicht: SPDMinisterpräsident Johannes Rau maulte, er trinke lieber ein Pils, als dass er in einen grünen Apfel beiße. Heute, 15 Jahre später, lässt Jürgen Rüttgers wissen, dass er keinen Käse mag – und der kann bekanntlich gelb sein. Atmo Wahlkampf-Song „NRW in guten Händen, NRW – bleib stabil….“ Hinweis für die Regie: Bitte erst danach rausblenden!