« Evolution vor unseren Augen » Dokumentarfilm / Produktion : LMU München (2009) http://www.evolution-of-life.com/de/beobachten/video/fiche/evolution-before-our-eyes.html Santiago Elena: Schon während meiner Zeit an der Universität, wo ich mein Diplom in Biochemie machte, interessierte ich mich sehr für Viren. Viren sind überall, sie können alles infizieren. Dann merkte ich, dass Viren ständig evolvieren und sobald man anfängt mit Viren zu arbeiten, kann man beobachten wie sich die Dinge mit der Zeit verändern - und sie verändern sich wirklich schnell! Mein Name ist Santiago Elena. Ich untersuche die Evolution von Pflanzenviren - Viren, die Pflanzen infizieren können. Kommentar: Viren können ganz schön unangenehm sein. Es sind winzige Parasiten, die die Zellen von Tieren und Pflanzen befallen können. Diese Pflanze wurde mit einem Tabak-Virus infiziert. Santiago Elena: Diese zwei Pflanzen sind ungefähr gleich alt, sie wurden zur selben Zeit eingepflanzt, sind also so etwas wie Geschwister. Diese Pflanze hier ist nicht infiziert - man kann sehen, dass ihre Blätter groß und grün sind und sehr gesund aussehen. Und das hier ist eine infizierte Pflanze - wie man sieht sind ihre Blätter klein und haben all diese gelblichen Flecken. Das sind Symptome, die das Virus hervorruft. Kommentar: Ziemlich beängstigend - wenn man eine Tabakpflanze ist. Es gibt an Viren jedoch etwas, das noch erschreckender ist - man muss nur etwas genauer hinsehen. Einmal im Inneren der Zellen einer Tabakpflanze, übernimmt das Virus die Kontrolle…und zwingt die Pflanze ihre eigene Energie zu verwenden, um weitere Virenpartikel zu bilden.Das Virus ist sehr einfach aufgebaut.....und kann sich sehr schnell verändern. Im Kern enthält es einen einzelnen RNA-Strang, den Baustein des Lebens. Wenn neue Viren produziert werden, kann es zu (kleinen Fehlern oder) Mutationen kommen, wodurch sich die neuen Viren von den vorherigen Generationen unterscheiden. Bei buchstäblich Billionen von Replikationen pro Monat können sehr viele Mutationen auftreten und somit viele unterschiedliche Varianten des Virus entstehen. Man vergleiche das mit Tieren! In einem Monat haben Mäuse höchstens einen Wurf an Nachkommen. Um auch nur annähernd so viele Nachkommen zu bekommen, wie das Virus in einem Monat produziert, bräuchten sie über 400000 Jahre. In Viren geht die Evolution Trillionen mal schneller vonstatten! Text zum Dokumentarfilm « Evolution vor unseren Augen » / Produktion LMU München -1 - Da ist es kein Wunder, dass wir kaum bemerken, dass Evolution jederzeit um uns herum passiert. Dr. Santiago Elena hat dazu eine tolle Idee… Er glaubt, dass es uns möglich ist, Evolution mit unseren eigenen Augen zu beobachten. Dies will er mit Hilfe der Evolution des Tabak Virus zeigen. Für diesen Versuch verwendet er aber eine andere Pflanze - Arabidopsis Santiago Elena: Das hier sind die Pflanzen, die wir mit dem Virus infizieren werden. Sie werden schon bald krank werden. Kommentar: Zuerst ist es dem Tabakvirus nicht möglich Arabidopsis zu infizieren, da es speziell darauf programmiert ist nur Tabakpflanzen zu befallen. Dr. Santiago Elena glaubt jedoch dies ändern zu können. Wenn man dem ursprünglichen Virus nur genug Zeit lässt, ist es möglicherweise dazu in der Lage, sich dem neuen Wirt anzupassen. Zu Beginn des Versuchs infiziert Dr. Santiago Elena eine Arabidopsispflanze mit dem Tabakvirus. Zu diesem Zeitpunkt passiert noch nichts - der Großteil der Viren stirbt ab, da sie noch nicht an den neuen Wirt angepasst sind. Durch reinen Zufall könnten jedoch bei einigen der Viren Mutationen auftreten, die es ihnen ermöglichen zu überleben. Dr. Elena isoliert die verbleibenden Viren und nutzt sie um weitere Arabidopsispflanzen zu infizieren. Diesen Schritt wiederholt er 30mal - Er infiziert die Pflanzen, dann extrahiert er die in ihnen verbleibenden Viren. Wird sich das neue Virus nach 30 Runden Evolution vom ursprünglichen unterscheiden? Hat überhaupt Evolution stattgefunden? Die Antwort auf diese Fragen wird der letzte Schritt des Experiments geben. Nun benutzt Dr. Santiago Elena das ursprünglichen Virus um eine Arabidopsispflanze zu infizieren. Er vergleicht diese Pflanze mit derjenigen, die mit dem neuen Virus, der Zeit hatte zu evolvieren, infiziert wurde. Wir werden schon bald sehen können, ob sich das Tabakvirus verändert hat und ob es in der Lage war, sich an den neuen Wirt anzupassen…oder ob die entscheidenden Mutationen nicht stattgefunden haben und das Virus einfach ausstirbt. Nach drei Wochen ist es offensichtlich…Die Pflanze, die mit dem neuen Virus infiziert wurde, ist krank. …. Santiago Elena: Diese Pflanzen wurden vor drei Wochen infiziert und zeigen nun sehr deutliche Symptome. Sie haben sehr kurze Stängel, sehr wenige Blätter und kleine Samen - sie sehen wirklich sehr krank aus… Text zum Dokumentarfilm « Evolution vor unseren Augen » / Produktion LMU München -2 - Kommentar: Es scheint als ob tatsächlich Evolution stattgefunden hat und das Tabakvirus sich an den neuen Wirt anpassen konnte… Aber was ist mit der Pflanze, die mit dem Original Virus infiziert wurde? Santiago Elena: Vergleicht man diese Pflanzen mit denen, die mit dem ursprünglichen Virus infiziert wurden sieht man deutliche Unterschiede. Hier sind keine Symptome, sie sehen sehr gesund aus. Sie haben lange Stängel, viele Blüten und viele Samen. Kommentar: Es scheint also tatsächlich Evolution stattgefunden zu haben, aber um sich Gewissheit zu verschaffen, müssen wir uns das Virengenom anschauen. Das neue Virus muss sich genetisch vom ursprünglichen Virus unterscheiden. Santiago Elena: Als wir das Virengenom sequenzierten, fanden wir lediglich drei Veränderungen in der Aminosäurensequenz. Das ist ein eindeutiger Fall von adaptiver Evolution. Erst haben wir Unterschiede im Phänotyp festgestellt, dann haben wir die molekularen Veränderungen gefunden die für die unterschiedlichen Phänotypen verantwortlich sind. Und das ist Evolution! Kommentar: Nur drei kleine Mutationen machen es zu einem komplett neuen Virus… zu einem Virus, das in der Lage ist, eine Arabidopsispflanze zu infizieren. Damit haben wir den Beweis: In Viren passiert Evolution direkt vor unseren Augen! Text zum Dokumentarfilm « Evolution vor unseren Augen » / Produktion LMU München -3 -