Dienstag 24.5.2016

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Mathematische Probleme, SS 2016
Dienstag 24.5
$Id: convex.tex,v 1.29 2016/05/24 15:01:13 hk Exp $
§3
Konvexgeometrie
3.2
Die platonischen Körper
Am Ende der letzten Sitzung hatten wir die sogenannten platonische Körper eingeführt,
ein platonischer Körper vom Typ (n, m) ist ein konvexer Polyeder dessen Flächen allesamt reguläre n-Ecke sind und in dem zusätzlich an jeder Ecke genau m viele Flächen
anliegen. Alle platonischen Körper sind schon seit mindestens 2300 Jahren bekannt
da sich ihre Klassifikation bei Euklid findet. Von wem dieses Ergebnis ursprünglich
stammt ist dabei nicht bekannt, eine gängige Vermutung ist das dies alles letztlich auf
die Pythagoräer zurückgeht. Alle möglichen Typen platonischer Körper können entweder durch Winkelüberlegungen oder kombinatorisch über den Eulerschen Polyedersatz
bestimmt werden, wir wollen hier den letzteren Zugang verwenden.
Satz 3.3 (Bestimmung der platonischen Körper)
Sei P ein platonischer Körper von Typ (n, m) und bezeichne f die Zahl der Flächen,
k die Zahl der Kanten und e die Zahl der Ecken von P . Dann liegt eine der folgenden
fünf Möglichkeiten vor:
Name
Tetraeder
Würfel
Oktaeder
Dodekaeder
Ikosaeder
n
3
4
3
5
3
m
3
3
4
3
5
f
4
6
8
12
20
k
6
12
12
30
30
e
4
8
6
20
12
Beweis: Nach dem Eulerschen Polyedersatz Satz 2 gilt f − k + e = 2. Wir leiten
zunächst durch doppelte Abzählung diverser Mengen von Paaren einige sogenannte
Bilanzgleichungen her. Seien V die Menge der Ecken von P , K die Menge der Kanten
von P und F die Menge der Flächen von P . Ist dann
M := {(v, A) ∈ V × F |v ∈ A}
so ergibt sich durch Abzählen nach der ersten Komponente
|M | =
X
|{A ∈ F |v ∈ A}| = |V | · m = em
v∈V
11-1
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und durch Abzählen nach der zweiten Komponente ist auch
X
|M | =
|{v ∈ V |v ∈ A}| = |F | · n = f n.
A∈F
Damit haben wir em = f n. Zählen wir entsprechend die inzidenten Kanten–Flächen
Paare, so ergibt sich als Bilanzgleichung 2k = f n da jede Kante als Kante von genau
zwei Flächen auftritt. Es gelten also
k=
fn
fn
(2n − mn + 2m)f
und e =
also 2 = e − k + f =
2
m
2m
und somit haben wir
4m = (2(n + m) − mn)f.
Insbesondere ist 2(n + m) − nm > 0, d.h. 2(n + m) > nm. Ist etwa n ≤ m so folgt
nm < 2(n+m) ≤ 4m, also n < 4 und somit n = 3. Weiter folgt 6+2m > 3m also m < 6
und wir haben drei Möglichkeiten (n, m) = (3, 3), (3, 4), (3, 5). Mit vertauschten Rollen
von n und m kommen noch die beiden Fälle (n, m) = (4, 3) und (n, m) = (5, 3) dazu.
Für jeden dieser fünf möglichen Typen werden die Werte von e, k, f dann durch die Bilanzgleichungen festgelegt und es ergeben sich genau die aufgelisteten Konfigurationen.
Beachte das wir in diesem Beweis nicht verwendet haben, dass die Seitenflächen regulär
sind, wird diese Bedingung weggelassen so gibt es also weiterhin nur die aufgelisteten
fünf möglichen Typen. Weiter sind die im Satz aufgelisteten Werte zunächst einmal
nur mögliche Konfigurationen für platonische Körper, man muss dann noch durch
eine Konstruktion dieser Körper einsehen das alle diese fünf Konfigurationen wirklich
realisiert werden.
Klar ist dies für den Würfel und die Existenz des Tetraeders ergibt sich aus Aufgabe
(19). Den Oktaeder hatten wir ebenfalls schon als die konvexe Hülle der sechs Seitenmittelpunkte eines Würfels konstruiert, alternativ können wir auch zwei der in der letzten Sitzung als Johnson-Polyeder konstruierten Pyramiden mit gleicher quadratischer
Grundfläche zusammensetzen. Die Konstruktionen von Dodekaeder und Ikosaeder sind
komplizierter, in den Elementen des Euklid finden sich diese erst im allerletzten Buch.
Wir wollen hier eine Konstruktion des Ikosaeders verwenden die im Jahre 1509 von
Luca Pacioli vorgestellt wurde.
Unter einem goldenen Rechteck“ versteht man ein Rechteck dessen Seiten 0 <
”
a < b im Verhältnis
des goldenen Schnitts stehen. Verwenden wir etwa a = 2, so wird
√
b = 2φ = 1 + 5 nach §2.4. Wir nehmen uns jetzt drei solche goldene Rechtecke die
senkrecht ineinander gesteckt werden. Jedes dies drei Rechtecke hat vier Ecken und
zusammen liefern diese uns 12 Punkte im Raum. Richten wir die Rechtecke längs der
xy-, xz- und yz-Ebenen jeweils symmetrisch zum Koordinatenursprung aus, so sind
diese zwölf Punkte in Koordinaten als (±1, ±φ, 0) in der xy-Ebene, (±φ, 0, ±1) in der
xz-Ebene und schließlich (0, ±1, ±φ) in der yz-Ebene gegeben, wobei die Vorzeichen
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jeweils unabhängig voneinander gewählt werden können. Die konvexe Hülle dieser zwölf
Punkte ist ein Ikosaeder.
z
y
C
x
A
B
Die zwanzig gleichseitigen Dreiecke ergeben sich wie folgt. Für jede kurze Seite eines
der drei goldenen Rechtecke haben wir zwei Dreiecke zu dieser Kante, im obigen Bild ist
dies beispielsweise das Dreieck mit den Ecken in A = (−1, −φ, 0), B = (1, −φ, 0) und
C = (0, −1, φ). Dies gibt zwölf Dreiecke und pro Oktant kommt ein weiteres Dreieck
hinzu das seine Ecken auf jedem der drei goldenen Rechtecke hat. Damit haben wir die
zwanzig Dreiecke gefunden aus denen sich der Rand des Ikosaeders zusammensetzt. An
jeder Ecke liegen dabei genau 5 dieser Dreiecke an, nehmen wir etwa die oben abgebildete Ecke C, haben wir einmal das Dreieck ABC dann die beiden Dreiecke die zu den
Oktanten gehören auf deren Rand C liegt und schließlich die beiden Dreiecke die von
der C enthaltenden kurzen Kante“ ausgehen. Der Nachweis das all dies wirklich funk”
tioniert, dass also all unsere zwanzig Dreiecke gleichseitig sind, wird dann in Aufgabe
(21) behandelt.
Tetraeder
Würfel (Hexaeder)
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Oktaeder
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Dodekaeder
Ikosaeder
Damit haben wir vier der fünf platonischen Körper konstruiert, es fehlt nur noch das
Dodekaeder. Dies könnte man durchaus auch ganz direkt hinschreiben, was wir auch
noch tun werden, aber wir wollen etwas später in diesem Abschnitt eine indirekte
Konstruktion des Dodekaeders herleiten. Als direkte Methode könnte man etwa die bei
Euklid angegebene Konstruktion verwenden, bei dieser startet man mit einem Würfel
und setzt auf jede der Seitenflächen des Würfels ein sogenanntes Walmdach auf, dies ist
eine Dachkonstruktion bei der beide Giebel geneigt sind. Wenn dann der Dodekaeder
erst einmal konstruiert ist, haben wir dann alle fünf platonischen Körper.
Eine letzte Bemerkung ist noch wichtig, wir reden bisher beispielsweise von dem
”
Ikosaeder“, unterstellen also seine Eindeutigkeit, zumindest bis auf Kongruenz und die
Wahl der Kantenlänge. Diese ist durch Satz 3 aber keinesfalls sichergestellt, es wäre
zunächst denkbar das sich zwanzig gleichseitige Dreiecke auf zwei völlig unterschiedliche
Weisen zu einem konvexen Polyeder zusammensetzen“ lassen, so wie man beispiels”
weise vier gleichlange Kanten in der Ebene auf wesentliche verschiedene Weisen zu
einem Viereck zusammensetzen kann, einmal als Quadrat und einmal als eine echte
”
Raute“. Dass dies bei den platonischen Körpern nicht möglich ist kann auf verschiedene Weisen begründet werden. Für einen direkten Beweis zeigt man erst einmal das
die drei platonischen Körper von Typ (n, 3) eindeutig bestimmt sind, die liegt daran
das sich drei Drei-, Vier- beziehungsweise Fünfecke nur auf eine Weise an einer Ecke
zusammensetzen lassen. Die beiden verbleibenden Typen kann man dann durch die
später in diesem Abschnitt behandelte Dualisierungskonstruktion“ behandeln.
”
Für einen systematischeren Zugang kann auch der sogenannte Cauchysche Starrheitssatz verwendet werden. Dieser besagt das zwei konvexe Polyeder im R3 die kom”
binatorisch äquivalent“ sind und bei denen entsprechende Flächen kongruent sind bereits selbst kongruent sind. Um dies etwas genauer zu formulieren, seien zwei konvexe Polyeder P, P 0 mit Eckenmengen E beziehungsweise E 0 gegeben. Dass P und P 0
kombinatorisch äquivalent“ sind soll dann bedeuten das es eine bijektive Abbildung
”
ϕ : E → E 0 gibt die die Flächen von P genau auf diejenigen von P 0 abbildet, d.h. sind
A1 , . . . , An ∈ E, so ist A1 . . . An genau dann eine Fläche von P wenn ϕ(A1 ) . . . ϕ(An )
eine Fläche von P 0 . Weiter fordern wir das ϕ die Flächen von P sogar kongruent auf
die von P 0 abbildet, d.h. in der obigen Situation A1 . . . Ak und ϕ(A1 ) . . . ϕ(Ak ) stets
kongruent. Unter diesen Voraussetzungen setzt sich ϕ eindeutig zu einer Kongruenz
von P auf P 0 fort, d.h. es existiert eine eindeutige Bewegung ϕ des R3 mit ϕ(P ) = P 0
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und ϕ|E = ϕ. Dies ist wirklich ein räumlicher Satz, die entsprechende ebene Aussage
ist falsch wie das Beispiel von Raute und Quadrat zeigt.
Um die Eindeutigkeit der platonischen Körper bis auf Kongruenz und Wahl der
Kantenlänge einzusehen, reicht es also zu zeigen das ihre kombinatorische Struktur
eindeutig bestimmt ist, der Cauchysche Starrheitssatz liefert dann die die gewünschte
Eindeutigkeit. Da der Cauchysche Starrheitssatz aber schon ein recht komplizierter
Satz ist und die Eindeutigkeit der platonischen Körper für uns keine grosse Rolle spielt,
wollen wir hier darauf verzichten dies im Detail auszuführen.
Bevor wir zu weiteren theoretischen Überlegungen kommen, wollen wir uns erst
einmal anschauen wie man sich Modelle der platonischen Körper bauen kann.
Tetratedergerüst
Würfelgerüst
Ikosaedergerüst
Wenn wir etwa ein Tetraeder konstruieren wollen, so nehmen wir eine ausreichend starke aber noch gut biegbare Pappe, und zeichnen auf diese, wie oben links gezeigt, ein
gleichseitiges Dreieck und setzen an jede seiner Seiten ein weiteres kongruentes gleichseitiges Dreieck. Dann wird dieses Gerüst ausgeschnitten, entsprechend hochgebogen
und an den freien Kanten zusammengeklebt. Anschließend kann man es dann auch
noch bemalen, in Fall des Tetrateders sollte jede Seite eine eigene Farbe kriegen. Entsprechend kann man bei den anderen vier Typen platonischer Körper vorgehen, die
Gerüste für den Würfel und das Ikosaeder sind oben gezeigt. Für alle bei uns vorkommenden konvexen Polyeder gibt es solche Gerüste, es ist allerdings nicht bekannt ob es
für jeden konvexen Polyeder im R3 immer ein passendes Gerüst gibt.
Damit kehren wir wieder zur Theorie zurück. Wie schon gesagt hatten wir in Satz 3
die fünf möglichen Typen platonischer Körper gefunden, haben aber noch nicht eingesehen das all diese Typen wirklich existieren. Wirklich klar ist eigentlich nur die Existenz
des Würfels, die anderen Typen erfordern einige Arbeit. Die Konstruktion des Tetraeders ergibt sich mit Aufgabe (18). Die Existenz des Oktaeders läßt sich ebenfalls mit
Aufgabe (18) begründen indem der Oktaeder aus zwei Pyramiden zusammengesetzt
wird. Für das Ikosaeder kann schließlich die Konstruktion von Pacioli verwendet werden, dies wird in Aufgabe (21) durchgeführt. Es verbleibt also nur die Frage nach der
Existenz des Dodekaeders und dieses Problem werden wir indirekt angehen, wir werden
zeigen das die Mittelpunkte der zwanzig Seiten des Ikosaeders die Ecken eines Dodekaeders D bilden. Ein wichtiger Schritt im Beweis dieser Tatsache ist der Nachweis
das die Flächen von D tatsächlich reguläre Fünfecke sind. Tatsächlich werden wir die
Kantenlänge in den zwölf Fünfecken explizit berechnen.
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An dieser Stelle trifft der Nachweis der Existenz des Dodekaeders dann auf das
Problem der Berechnung der metrischen Daten der platonischen Körper, dies meint
die Berechnung von Dingen wie dem Volumen, der Oberfläche, dem Umkugelradius,
und so weiter. Aus der Kenntnis dieser geometrischen Daten im Ikosaeder läßt sich dann
leicht die Kantenlänge der obigen Fünfecke berechnen. Zur Berechnung der metrischen
Daten gibt es zwei verschiedene Strategien, entweder können wir die fünf möglichen
Typen einzeln durchgehen und jeweils an den speziellen Fall angepasste Berechnungen
verwenden, oder wir können versuchen mit einem platonischen Körper von einem allgemeinen Typ (n, m) zu arbeiten. Die erste Methode hat natürlich den Vorteil konkret
zu sein, dafür ist sie aber mit einigen, eigentlich überflüssigen, Wiederholungen von
Argumenten verbunden. Wir werden hier den abstrakten Weg nehmen.
Unser Vorgehen beruht auf einer einfachen Beobachtung. Gegeben sei ein platonischer Körper K
von Typ (n, m). Betrachte eine Ecke P von K.
Dann treffen in P genau m Flächen von K zusammen, und damit gehen von P auch genau m Kanten
aus. Betrachten wir die von P verschiedenen Endpunkte dieser m Kanten so erhalten wir ein m-Eck
C, wie etwa nebenstehend für den Würfel gezeigt.
In diesem Beispiel sind die drei Kanten des durch
P bestimmten Dreiecks die Diagonalen in den drei
an P anstossenden Quadraten des Würfels. Wir behaupten das das m-Eck C in allen Fällen in einer
Ebene liegt und gleichseitig ist. Letzteres ist dabei
leicht zu sehen. Seien nämlich A, B zwei aufeinanderfolgende Ecken in diesem m-Eck. Dann sind A, P, B aufeinanderfolgende Ecken einer
Fläche von K, und da diese Flächen alle reguläre n-Ecke sind ist AB eine Diagonale in einem regulären n-Eck. Die Länge dieser Diagonalen ist aber durch die Zahl n
und die Kantenlänge von K festgelegt, also kommt immer dieselbe Kantenlänge |AB|
heraus und unser m-Eck ist gleichseitig. Etwas schwerer ist es zu begründen das die
m Endpunkte auch in einer Ebene liegen, hier müssen wir einmal die möglichen Typen platonischer Körper durchgehen. Da je drei Punkte in einer Ebene liegen ist die
Aussage im Fall m = 3 klar, wir müssen also nur die Fälle m = 4 und m = 5 untersuchen, dies sind der Oktaeder und der Ikosaeder. Ist K ein Oktaeder so entsteht
K durch Zusammensetzen zweier Pyramiden von den eine P als Spitze hat, die vier
von P ausgehenden Kanten enden also in der Basis dieser Pyramide und sind damit
in einer Ebene. Im Fall des Ikosaeders können wir Aufgabe (21) verwenden, ist K wie
in der Konstruktion von Pacioli gegeben, so können wir annehmen das unsere Ecke
P = (1, φ, 0) ist, wobei φ der goldene Schnitt ist, und aus dem Ergebnis der Aufgabe
(21) lesen wir ab das unsere fünf Endpunkte die Punkte
(−1, φ, 0), (0, 1, −φ), (φ, 0, −1), (φ, 0, 1), (0, 1, φ)
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sind und diese liegen wegen φ2 − 1 = φ alle auf der durch x + φy = φ gegebenen Ebene.
In einer späteren Aufgabe werden wir auch eine weitere Konstruktion des Ikosaeders
kennenlernen aus der sich diese Eigenschaft des Ikosaeders ohne Rechnung ergibt. Das
so konstruierte gleichseitige m-Eck C wird sich als regulär herausstellen und bildet mit
dem Punkt P als Spitze eine Pyramide, und aus der Untersuchung dieser Pyramiden
werden wir die geometrischen Daten von K ablesen können.
Wir teilen das ganze in mehrere Lemmata auf, es wird ein Pyramidenlemma über die
eben besprochenen Pyramiden geben und als Vorbereitung auf dieses Lemma brauchen
wir wiederum ein Lemma über reguläre n-Ecke und ein Lemma über Schnittwinkel von
Ebenen. Damit ist das weitere Vorgehen geplant, und wir gehen an die Durchführung
des Programs. Im folgenden Lemma verstehen wir unter den Diagonalen eines allgemeinen n-Ecks A1 . . . An die Verbindungsstrecken im Abstand 2 aufeinanderfolgender
Ecken, also A1 A3 , A2 A4 , bis zu An A2 .
Lemma 3.4 (Reguläre n-Ecke)
Seien n ∈ N mit n ≥ 3 und C = A1 . . . An ein reguläres n-Eck der Kantenlänge a > 0.
Dann gelten:
(a) Alle Innenwinkel in C sind (n − 2)π/n und die Diagonalen in C haben die Länge
s
dn (a) :=
(n − 2)π
2 · 1 − cos
n
π
· a = 2a cos .
n
(b) Die Mittelsenkrechten der Seiten und der Diagonalen von C schneiden sich in
einem Punkt M . Der Punkt M ist der Umkreismittelpunkt von C, d.h. der eindeutige Punkt der von allen Ecken denselben Abstand hat.
(c) Der Umkreisradius von C ist
Rn (a) :=
a
.
2 sin πn
(d) Der Punkt M ist auch der Mittelpunkt des Inkreises von C und der Inkreis von C
berührt jede Seite von C in ihrem Mittelpunkt. Weiter ist der Inkreisradius von
C gegeben als
a
π
rn (a) := cot .
2
n
(e) Die Fläche von C ist
Fn (a) :=
n 2
π
a cot .
4
n
Beweis: Setze An+1 := A1 , An+2 := A2 und An+3 := A3 .
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(a) Das alle Innenwinkel von C gleich α := (n − 2)π/n sind gilt nach Aufgabe (2).
Ist 1 ≤ i ≤ n, so wenden wir den Cosinussatz §1.Satz 4 auf das rechts unten gezeigte
Dreieck Ai Ai+1 Ai+2 an und erhalten
|Ai Ai+2 |2 = |Ai Ai+1 |2 + |Ai+1 Ai+2 |2 − 2|Ai Ai+1 | · |Ai+1 Ai+2 | · cos α = 2a2 (1 − cos α),
also die erste Form unserer Behauptung. Beachten wir noch
2π
π
2π
= − cos
= 1 − 2 cos2 ,
cos α = cos π −
n
n
n
so wird
π
1 − cos α = 2 cos2 ,
n
und es ergibt sich auch die zweite Form der Behauptung.
(b,c,d) Nach Aufgabe (15) liegen die Punkte
A1 , . . . , An auf einem Kreis vom Radius Rn (a) = Ai
B
Ai+1
a
β
a/(2 sin(π/n)). Ist M der Mittelpunkt dieses Kreiα
ses also der Umkreismittelpunkt von C, so ist M
a
d
für jedes 1 ≤ i ≤ n auch der Umkreismittelr
R
r
punkt des Dreiecks Ai Ai+1 Ai+2 also nach §1.Satz
β
Ai+2
17 der Schnittpunkt der Mittelsenkrechten dieses
Dreiecks. Damit ist M der Schnittpunkt der MitM
telsenkrechten aller Kanten und aller Diagonalen
von C. Sei wieder 1 ≤ i ≤ n. Ist B der Mittelpunkt
der Seite Ai Ai+1 , so ist Ai BM ein rechtwinkliges Dreieck und der Satz des Pythagoras
§1.Satz 1 liefert
1 − sin2 πn 2 a2
a2
a2
π
a2
2
2
Rn (a) = +|BM | , also |BM | =
=
cot2 = rn (a)2 .
2 π−
2 π a =
4
4
n
4 sin n 4
4 sin n
2
Damit ist |BM | = rn (a) und der Kreis mit Radius rn (a) und Mittelpunkt M berührt
die Seite Ai Ai+1 in ihrem Mittelpunkt B.
(e) Sei 1 ≤ i ≤ n. Dann wissen wir schon nach
Ai
Ai+1
(b) das die Mittelsenkrechte auf Ai Ai+1 durch M
a
geht, also ist diese Mittelsenkrechte auch gleich der
r
Höhe des Dreiecks Ai Ai+1 M durch M . Nach Teil
(d) ist die Länge dieser Höhe gleich rn (a) und für
die Fläche Fi des Dreiecks Ai Ai+1 M ergibt sich der
M
Wert Fi = arn (a)/2. Die Fläche F von C ist damit
insgesamt gleich
F =
n
X
i=1
Fi =
n
n
π
arn (a) = cos · a2 .
2
4
n
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Damit ist das Lemma vollständig bewiesen.
Kommen wir nun zum zweiten vorbereitenden Lemma. Wir wollen die verschiedenen
geometrischen Daten in den platonischen Körpern P berechnen, und einer dieser Werte
ist der Schnittwinkel benachtbarter Flächen von P . Interpretieren wir dies in Termen
der oben beschriebenen Pyramiden, so werden die benachtbarten Flächen von P zu
benachtbarten Mantelflächen in diesen Pyramiden, wie unten links gezeigt.
f2
l
f2
l
θ
θ
g2
f1
γ2
γ1
α
g1
f1
e
α
Mantelflächen
Schnittwinkel
Drei Ebenen
Wie man den Schnittwinkel zwischen Ebenen berechnet haben wir schon gesehen. Angenommen wir haben zwei Ebenen f1 und f2 die sich im Winkel θ in einer Geraden
l schneiden, wie oben gezeigt. Nehmen wir dann eine zu l senkrechte Ebene s und
schneiden diese mit f1 und f2 , so erhalten wir zwei Geraden in s, und der Winkel θ
ist dann auch der Winkel unter dem sich diese beiden Geraden schneiden. Damit ist
die Berechnung des Winkels θ auf die Berechnung eines normalen Winkels“ zwischen
”
Geraden zurückgeführt. Leider hilft uns das bei unserer Pyramide nicht direkt weiter,
die beiden Mantelflächen schneiden sich in einer Kante der Pyramide aber diese Kante
ist nicht senkrecht auf der Basis der Pyramide. Wir müssen uns also überlegen wie
wir den Winkel θ aus dem Durchschnitt von f1 und f2 mit einer beliebigen Ebene e
berechnen können. Genauer haben wir die oben rechts gezeigte Situation, es ist eine
Ebene e gegeben, die die Gerade l in einem Punkt schneidet und wir betrachten die
Schnittgeraden gi = fi ∩ e für i = 1, 2 und den von ihnen gebildeten Winkel α. Alleine
aus der Kenntnis von α kann man θ nicht berechnen, man braucht zusätzlich die Winkel γ1 , γ2 die g1 und g2 mit der Geraden l bilden. Sind all diese Werte bekannt, so kann
θ mittels der Formel
cos α − cos γ1 cos γ2
cos θ =
.
sin γ1 sin γ2
berechnet werden. Dies werden wir dann in der nächsten Sitzung beweisen.
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