Probeklausuren und Lösungen zum Prüfungsthema im Fach Deutsche Sprache/DaF: Traditionelle Grammatik versus Valenz-Dependenz Grammatik Wichtige Literaturhinweise: Brons-Albert, Ruth, 1990: Valenzmodell vs. traditionelle Grammatik für den DaFUnterricht. In: Gross, Harro und K. Fischer (Hrsg.) Grammatikarbeit im DaF-Unterricht, München: iudicium, S. 43-57. Gross, Harro1, ³1998: Einführung in die germanistische Linguistik. München: iudicium. Darin das Kapitel 5: "Syntax": L13: "Einführung: Wort - Satzglied - Satz, Exkurs zur Geschichte der Linguistik, Traditionelle Grammatik", S. 73ff. sowie L 16: "Die Dependenzgrammatik (Valenzgrammatik) I, Valenzwörterbuch", S. 91ff. und L 17: "Die Dependenzgrammatik II", S. 98ff. Altmann, Hans und Suzan Hahnemann, 2007: Syntax fürs Examen. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Dürscheid, Christa, 52010: Syntax. Grundlagen und Theorien. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht. Einen generellen Überblick zu grammatischen Problemen des Deutschen bieten: Eisenberg, P., 32006. Grundriss der deutschen Grammatik. Bd. 2, Der Satz. Stuttgart, Weimar: J.B. Metzler. Albert, Ruth: Vorlesungsskript “Probleme der Grammatikbeschreibung des Deutschen”, Philipps-Universität Marburg (in der Germ. Bibliothek bei den Seminarordnern, als Reader in WR 06 A 07 erhältlich). Hier können Sie auch zu einzelnen Problemfällen und Aspekten der Analyse gezielt nachlesen. VORSICHT bei der Dependenzgrammatik: Gross benutzt eine unübliche Analyse der Adjektivdependenz, die für das Deutsche sicher aus morphologischen Gründen abgelehnt werden muss (für das Französische, anhand dessen das Grammatikmodell entwickelt wurde, ist sie korrekt). Im Deutschen nehmen die Adjektive ihre Endungen u.a. abhängig vom Artikel (hat der Artikel die eindeutige (“starke”) Endung, dann nimmt das Adjektiv die “schwache” Endung). Das bedeutet, dass sie auch vom Artikel regiert werden. 1 1 Aufgabentext: 1. Analysieren Sie die einzelnen Konstituenten im folgenden Text (siehe Anlage) nach der traditionellen und der Valenz-/Dependenzgrammatik. Sie können die Rollen im Satz nach der traditionellen Grammatik jeweils unter die Konstituente schreiben, dazu dient der große Zeilenabstand. Bitte markieren Sie dabei aber die Länge der Konstituente wie im folgenden Muster: Eva hat den Mann mit der Pfeife gesehen. präp. Attribut Subj. fin. Verb Akkusativobjekt infiniter Verbteil (Part. II) Geben Sie bei den Nebensätzen auf jeden Fall auch ihre Funktion im Hauptsatz an. Bitte beachten Sie, dass eventuell doppeldeutige Konstruktionen vorkommen können. Markieren Sie in diesen Fällen beide möglichen Varianten. (35 % der Bewertung) 2. Danach zeichnen Sie bitte für alle Sätze des Textes Baumdiagramme im Modell der Valenz/Dependenzgrammatik, und zwar jeweils einmal mit den Bezeichnungen der Kategorien und einmal mit den einzelnen Wörtern. Falls doppeldeutige Konstruktionen dabei sind, zeichnen Sie bitte jeweils zwei Bäume, so dass jede Variante dargestellt ist. Damit die Übersichtlichkeit gewahrt bleibt, zeichnen Sie bei Bedarf Extra-Bäume für längere Teilsätze und Infinitivkonstruktionen, markieren Sie aber im Matrixsatz, wo sie einzufügen sind! Muster: und arbeitet sagt Egon heute in Garten dem Konj. fin. Vollverb fin. Vollverb ENom dass kalt ist ihm Atemp Alok E-Satz N Konj. S Adj. mit Kop hinter Haus dem alten EDat (35% der Bewertung) Sollten bei der Analyse Schwierigkeiten auftreten, erläutern Sie bitte, was Ihnen Schwierigkeiten macht. Bei Problemfällen begründen Sie bitte Ihre Analyse. Bei nicht verbabhängigen Elementen markieren Sie 2 bitte durch die Darstellung der Abhängigkeitsbeziehung, was Kern (Nukleus) und was Satellit ist. Sie können in allen Aufgaben die auf der folgenden Seite angegebenen Abkürzungen verwenden. 3. Wenn Sie mit dieser Aufgabe fertig sind, stellen Sie kurz zusammen, welche Probleme aufgetreten sind und in welchem Grammatikmodell sie sich besser lösen ließen, bzw. welche in keinem der beiden Modelle befriedigend gelöst werden konnten. Sie können dies zum Anlass für Wertungen nehmen. (30% der Bewertung) 3 Abkürzungsverzeichnis Wenn Sie Abkürzungen verwenden wollen, benutzen Sie bitte die folgenden: Subj. Subjekt Obj. Objekt Nom. Nominativ Gen. Genitiv Dat. Dativ Akk. Akkusativ Attr. Attribut Adverbial Adverbial (nicht abkürzen, damit die Abkürzung der Wortart vorbehalten bleibt) präp. präpositional Präd.n. Prädikatsnomen E Ergänzung A Angabe S Satellit N Nukleus V Verb, zu unterscheiden in HV (Hilfsverb) und VV (Vollverb) MV Modalverb fin. finit inf. infinit Kop. Kopulaverb Adj. Adjektiv Adv. Adverb trennb. Vp. trennbare Verbpartikel FVG Funktionsverbgefüge temp. temporal lok. lokal mod. modal kaus. kausal dir. direktional Konj. Konjunktion 4 Es folgen konkrete Textbeispiele, die in den letzten Jahren als Klausurtexte für 4stündige Klausuren bearbeitet, analysiert und diskutiert werden mussten. Der Umfang in der Klausur entspricht dabei jeweils einem Text. Im anschließenden Lösungsteil verweisen Textteile, die mit unterbrochenen Linien markiert sind, auf einen notwendigen Kommentar. Beispiele dafür finden Sie in der Zusammenfassung im Anschluss an die Analysen der jeweiligen Texte bzw. in der Auflistung genereller Probleme und zu diskutierender Schwierigkeiten am Ende des Dokumentes. Die mangelnde literarische Qualität der Texte bitten wir zu entschuldigen. Versuchen Sie zuerst selbst die Texte zu analysieren, anschließend können Sie Ihre Lösungen mit unseren vergleichen. 5 Klausurbeispiel A Die Zoologin über Dr. die beiden sehr gefreut. den beiden Bewegungen mit der „Mir sind schwimmt entlang, ihr Brille die der Steinhuber Goldfische Ihr Tiere andere nicht glotzt ihrem sich Aquarium sehr Doch dem lauter hatte viel Tieren, gefielen. vor in lag hübschen aus und Emilie an deren als ruhige sie Hugo Aquarium sah, sagte der: schnell genug. Der eine Langeweile immer die Zeit ganze in am Rand die Gegend.“ 6 Klausurbeispiel B Egon und Erna wartete Hugo, bei diese und nach Frankfurt in viel Popcorn, wieder über Idioten. Hugo nicht Er der vor“ seinen Er auf Erna wartete und wartete. mit dem Zug der hielt wollten kommen, Marburg. schwor Kirche aber Egon und sich aß ihm „Das und Entschluss vor Langeweile wurde schlecht. kommt tanzte auf mir vor der nie Freude Straße. 7 Klausurbeispiel C Erna Meier der beiden der wartete seit Goldfische Fischhändler Stunden für auf ihr mit kam nicht. Endlich „Darf ich vorstellen?“ sagte „Dies ist Egon, „Aber mir fehlt Ein einsames erklärte und So Erna. das wurde gleicht eine der Männchen „Ja, da Egon Goldfisch-Ehe aus kam klingelte es. Fischhändler. der ein Weibchen ist mir habe ich lauter durch puren Doch 20-Tonner der König noch Lieferung Aquarium. dem und die Goldfische.“ für ihn. zu aber traurig“, nur Boshaftigkeit Zufall eins, nicht.“ verhindert. 8 Klausurbeispiel D Caprice, die ihrem Kumpel auf den hatte jüngste Chamois gemeinsamen warten gemeinsam und Gemüse Chef im Gemüsegarten schon seit langem und es zu zu noch in er sie sie sich durchgearbeitet fiel hatte, Ihm war endlich ein, das Der Chef seinem Gemüse paar war Gemüsegarten hergemacht. fressen. ein weil hatten ihr mit A., Zaun verboten geizig Familie den endlich das dass sie, Aber dem schlecht der böse, unter anschließend der Ausflug lassen. über beschloss Zwergziege Tomaten Grünzeug war und zu ihr deshalb essen. 9 Text A: Analyse nach Traditioneller Grammatik 1) Die Zoologin Prof. Dr. Emilie Steinhuber hatte sich Kern fin. HV Akk. Obj. (Reflexivpron. zu freuen) Attribut Subjekt über die beiden Goldfische in ihrem Aquarium sehr Attribut (zu Goldfische)2 gefreut. Adverbial mod. inf. V. (Part. II) präp. Obj. 2) Ihr lag sehr viel an den beiden hübschen Tieren, Dat. Obj. fin. VV Adverbial mod. präp. Obj. deren ruhige Bewegungen ihr gefielen. Subj. Dat. Obj. fin. VV Attributsatz (zu Tieren) präp. Obj. 3) Doch Konj. als sie Hugo Konj. Subj. Akk. Obj. mit der Brille3 vor dem Aquarium sah, Attribut (zu Hugo) Adverbial lok. fin. VV temporaler Nebensatz (Adverbialsatz) sagte der: fin. V "Mir Subj. sind Dat. Obj. die Tiere fin. V. Kop. Subj. nicht schnell genug. Adverbial oder: zum Präd.n. gehörig adj. Präd.n. Objektsatz 4) Der eine schwimmt Subj. und Konj. aus lauter Langeweile fin. VV der andere Subj. Adverbial kaus. glotzt die ganze Zeit fin. VV Adverbial temp. immer am Rand entlang, Adverbial temp. Adverbial dir./lok. in die Gegend." Adverbial dir. Adverbial ist hier unwahrscheinlich, denn dann würde sie sich im Aquarium aufhalten, während sie sich freut, syntaktisch ist es aber nicht ausgeschlossen. Derartig unwahrscheinliche Lösungen müssen Sie nicht darstellen. 3 Variante: mit der Brille ist modales Adverbial, modal zu sie, also: sie hat die Brille 2 10 Text A: Analyse nach Valenz-Dependenz Grammatik 1) (2) hatte lag sich gefreut ihr Zoologin über Steinhuber die viel an sehr Tieren sehr Goldfische den Dr. Emilie die in ** gefielen beiden beiden Aquarium ihr Bewegungen hübschen ihrem deren* ruhige fin HV fin. V inf. V (echt reflexiv) EDat ENom Epräp Amod Amod oder: E mod S Epräp N N S S S S S S-Satz fin. V EDat ENom 11 Doch (3) sagte als der sind schnell genug sah sie Tiere Hugo mir vor nicht die mit Aquarium Brille dem der Konj. fin. V A-Satz( Atemp) ENom E-Satz Konj. fin. V (Kop. + Adjektiv + „genug“) fin. V ENom ADat EAkk ENom Amod Alok S Variante: sie Hugo als Konj. sah fin. V mit vor Brille Aquarium der dem ENom EAkk Amod Alok sie kann ohne Brille nicht sehen 12 (4) und schwimmt glotzt eine aus immer an der Langeweile Rand lauter dem entlang andere Zeit in der die Gegend ganze die Konj. fin. V ENom Akaus Atemp fin. V Elok/dir. ENom Atemp Edir oder: A 13 Erforderliche – oder wenigstens nützliche – Kommentare in der Reihenfolge der Markierung: Die Zoologin Prof. Dr. Emilie Steinhuber: Wenn die Attribute nicht im Genitiv stehen, ist es schwierig, Kern und Attribut zu unterscheiden (siehe ausführlicher zu Apposition S. 32). hatte gefreut: In der traditionellen Grammatik gibt es sehr verschiedene Definitionen von Prädikat. Eine davon fasst die finiten und infiniten Verbbestandteile zu einer Konstituente „Prädikat“ zusammen (für eine andere gehört alles außer dem Subjekt zum Prädikat). Das Ungewöhnliche an einer solchen Konstituente ist, dass die Bestandteile nicht immer beieinander stehen müssen. sich gefreut: Bei unechten Reflexiva ist sich immer Ergänzung, z. B. er bereitete sich vor. In unserem Fall (sich freuen) handelt es sich um ein echtes reflexives Verb (man kann sonst niemanden freuen). Bei den echten Reflexiva mit den nicht austauschbaren Reflexivpronomina ist die ValenzDarstellung schwierig. Semantisch gesehen sind sie keine Ergänzung, denn sie bezeichnen ja nichts, syntaktisch sind sie aber nötig (siehe dazu auch S. 33). sehr viel – A oder E?: Ihr liegt an den Tieren/Mir liegt an dir. usw. ist so ungewöhnlich, dass man wohl gute Gründe hat, ein modifizierendes Element (viel/ etwas) als notwendig (und damit als Ergänzung) zu klassifizieren. Ein weiteres Problem ist, dass viel ein Indefinitpronomen (oder „unbestimmtes Zahlwort“) ist, aber oft wie ein Adjektiv gebraucht wird. Ihr: Der Satz hat kein Subjekt, ihr steht im Dativ. In ihrem Aquarium: Wenn man sehr spitzfindig ist, kann man eine Doppeldeutigkeit in den ersten Satz interpretieren, der aber von der Bedeutung her sehr abstrus wäre. Danach wäre Emilie Steinhuber in ihrem Aquarium, während sie sich freut. deren: als Relativpronomen hat deren die Funktion, den Relativsatz an den Hauptsatz anzuschließen. Zu allem Übel regiert deren einerseits den Satz, denn es sorgt für die Verbendstellung, andererseits steht es aber in der Position des Artikels zu Bewegungen. Die Genus- und die Numerusmarkierung bekommt deren vom Bezugswort (also von Tieren) und die Kasusmarkierung (Genitiv) als Attribut (deren ist Genitivattribut zu Bewegungen). Dies alles in dem V/D-Modell zu zeichnen ist schwierig, nutzen Sie die Möglichkeit, Kommentare zu machen. beiden hübschen: ein Problem hier ist auch wieder die Darstellung der komplizierten Verhältnisse. Für eine Gleichordnung von beiden hübschen (auf einer Ebene) würde sprechen, dass sie auch in der umgekehrten Reihenfolge stehen können, ohne dass es einen Bedeutungsunterschied gibt (den hübschen beiden). Dagegen spricht, dass sie nicht koordinierbar sind (*den beiden und hübschen), was wohl damit zu erklären ist, dass sie nicht derselben Wortart angehören (Quantor und Adjektiv). Aber dass der Quantor das Adjektiv regiert, ist nicht beweisbar, denn die schwache Endung könnte ja schon durch den zugewiesen sein. Die Annahme, dass der Quantor regiert, könnte man nur mit zweifelhaften Beispielen wie (?) Beide hübschen Goldfische waren verfressen belegen. sind genug: Es ist generell die Frage bei einer Kopula und einem Adjektiv, ob nicht die beiden zusammen den Satz regieren. Im Falle von Ausdrücken wie zu + Adj.(schnell) bzw. Adj. (schnell) + genug sorgt aber zu bzw. genug dafür, dass der „Dativus iudicantis“ (siehe auch S. 32) möglich ist 14 (dessen Status als Ergänzung bzw. Angabe umstritten ist, allerdings bedeutet eine Erklärung als Ergänzung, dass 2 verschiedene Valenzen angenommen werden müssen für er ist schnell genug und er ist mir schnell genug), d. h. offensichtlich regieren zu + Adj. bzw. Adj. + genug diesen Dativ (vgl. Eisenberg 2006, 293). Das Modell hat keine andere Möglichkeit, als Rektionsverhältnisse zur Beschreibung für diese Art von Abhängigkeit zu nehmen, insofern sollte das Adjektiv + genug bei dem regierenden Kopulaverb stehen, wenn man dies darstellen will. entlang: Die Zweiwertigkeit von schwimmen und glotzen ist diskutierbar. Gehört eine weitere Ergänzung (meist ein Ziel, aber auch er glotzt dumm) dazu oder nicht? Für glotzen scheint das noch wahrscheinlicher als für schwimmen, wir nehmen sie als zweiwertig an. am Rand entlang: Was hier besonders ist, ist die Tatsache, dass zwar eine Ähnlichkeit zu einer Ziel/Richtungsangabe besteht (er schwimmt am Ufer entlang), dass aber andererseits wegen der Begrenztheit des Ortes man durchaus auf „schwimmen an einem Ort“ kommen könnte und damit wäre es dann nur eine Angabe, wie „schwimmen zu einer Tageszeit“ u.ä. auch. 15 Text B: Analyse nach Traditioneller Grammatik 1) Egon Subj. wartete bei der Kirche fin. VV Adverbial lok. auf Erna und Hugo, diese Idioten. Apposition präp. Objekt 2) Er wartete Subj. und wartete. Konj. fin. VV fin. VV 3) Erna und Hugo Subj. wollten mit dem Zug nach Frankfurt kommen, fin. V (MV) Adverbial mod. Adverbial dir. oder: inf. VV (Infinitiv) Attribut (zu Zug) aber der hielt Konj. Subj. fin. VV Adverbial mod. aß vor Langeweile 4) Egon Subj. in Marburg. fin. VV Dat. Obj. Adverbial lok. viel Popcorn, und fin. VV Adverbial kaus. 5) Er schwor sich Subj. nicht Akk. Obj. „Das kommt Subj. fin. VV mir Dat. Obj. Konj. ihm wurde schlecht. Dat. Obj. fin. V (Kop.) adj. Präd.n. nie wieder vor“ Adverbial temp. trennb. Vp. Objektsatz und tanzte vor Freude über seinen Entschluss auf der Straße. Konj. fin. VV Adverbial lok. Attribut (zu Freude) Adverbial kaus. 16 Text B: Analyse nach Valenz-Dependenz Grammatik 1) 2) wartete Egon und bei auf Kirche und der Erna wartete wartete er Hugo Idioten diese fin. V ENom Konj. Alok Epräp fin. V S fin. V ENom 3) aber wollten hielt kommen der und Erna nicht mit Hugo in Marburg Zug oder: (jedoch nicht wahrscheinlich) wollten dem nach kommen Frankfurt Erna und mit nach Hugo Zug Frankfurt dem Die Darstellung zeigt, dass Koordinationen Schwierigkeiten machen und ungewöhnliche Baumdiagramme erzeugen. Der letzte Alternativbaum liegt von der Bedeutung her nicht nahe, wenn man den Textzusammenhang betrachtet. 17 Konj. fin. MV fin. V inf. V ENom ENom Amod oder: Amod Elok fin MV inf. V S ENom Amod E/Adir 4) und aß Egon wurde schlecht vor Popcorn Langeweile viel ihm Konj. fin. V ENom Akaus fin. V (Kop) + adj. Präd.n. EAkk EDat 5) und schwor tanzte er sich kommt vor das mir wieder nie vor Freude über auf Straße der Entschluss seinen 18 Die Darstellung, dass die beiden koordinierten Verben sich das Subjekt teilen, macht es unmöglich, die Reihenfolge der Konstituenten darzustellen. Konj. fin. V fin. V E Nom EDat (unecht reflexiv!) E-Satz fin. V Akaus E/Alok. S ENom ADat Atemp Abhängig davon, wie ‚normal‘ man den Satz er tanzte findet; ungewöhnlich ist es schon ohne irgendetwas dabei; aber was dort stehen kann, ist verschieden: - Akkusative des Inhalts: er tanzte einen Walzer - Angaben von Begleitern: er tanzte mit Erna - Ortsangaben/Richtungsangaben und ganz klare Angaben: die ganze Nacht; aus Frust; usw. 19 Text C: Analyse nach Traditioneller Grammatik 1) Erna Meier Subj. wartete seit Stunden fin. VV Adverbial temp. auf die Lieferung Präp. Obj. der beiden Goldfische für ihr Aquarium. Gen. Attr. (zu Lieferung) 2) Doch Attr. (zu Goldfische) oder evtl Attr. zu Lieferung der Fischhändler Konj. mit dem 20-Tonner Subj. 3) Endlich Attribut (zu Fischhändler) oder evt.: Adverbial (bei dieser Wortstellung nicht anzunehmen) klingelte Adverbial temp. ich fin. V (MV) fin. VV Konj. nicht. fin. VV Adverbial mod. Subj. vorstellen?” sagte Subj. und kam es. fin. VV 4) “Darf kam inf. VV der Fischhändler. fin. VV Subj. Objektsatz 5) „Dies ist Präd.n. oder: Subj. Egon, fin. V (Kop.) der König Subj. oder: Präd.n. der Goldfische.” Attribut (zu König) Attribut (zu Egon) Objektsatz (Gegenteil zu „schon“) 6) “Aber Konj mir fehlt Dat. Obj. fin. VV noch ein Weibchen Adverbial temp. für ihn. Subj. Attribut (zu Weibchen) Objektsatz (das übliche Problem mit dem iudicantis) 7) Ein einsames Männchen ist Subj. mir fin.V (Kop.) Dat. Obj. zu traurig”, erklärte Erna. adj. Präd.n. fin. VV Subj. Objektsatz (Gradpartikel zu eins) 8) “Ja, da Satz habe Adverbial fin. VV lok. ich Subj. aber nur eins, Konj. Akk. Obj. und das gleicht Egon aus lauter Boshaftigkeit nicht.” Konj. Subj. fin. VV Dat. Obj. Adverbial kaus. (ist semantisch kaum möglich!) Adverbial mod. 9) So wurde Adverbial mod. fin V (HV) eine Goldfischehe Subj. durch puren Zufall Adverbial kaus. verhindert. inf. VV (Part. II) 20 Text C: Analyse nach Valenz-Dependenz Grammatik 1) wartete Meier seit auf Erna Stunden oder besser: Lieferung Lieferung die Goldfische die für der beiden Aquarium der ihr beiden Goldfische für Aquarium ihr (sind die Goldfische oder die Lieferung für das Aquarium? Die Goldfische sind wahrscheinlicher!) fin. V ENom Atemp Epräp oder: N (Lieferung) N/S N (Lieferung) S N/S (Goldfische) S 2) S Doch 3) und kam kam Fischhändler nicht der S endlich klingelte es mit 20-Tonner dem Dieses Baumdiagramm zeigt die üblichen Schwierigkeiten mit der Darstellung von Koordination. Wie regieren eigentlich die Verben die üblichen Konstituenten? 21 Konj. Konj. fin. V fin. V fin. V Atemp ENom ENom Amod S 4) 5) sagte ist darf Fischhändler vorstellen der dies Egon König ich der Goldfische der fin. V E-Satz fin. V (Kop.) ENom ENom fin. V (MV) ENom N/S inf. V S ENom 6) aber 7) fehlt mir noch Weibchen ein für ihn erklärte ist zu traurig Männchen Erna mir ein einsames 22 Konj. fin. V fin. V EDat E-Satz Atemp ENom ENom fin. V (Kop.) + adj. Präd.n. S ENom ADat 8) Ja und aber habe da ich gleicht eins das Egon nur aus nicht Boshaftigkeit lauter Satz Konj. Konj. fin. V Alok ENom fin. V EAkk ENom EDat Akaus Amod 9) so wurde fin. V (HV) verhindert inf. V (Part. II) Goldfischehe durch eine Zufall Amod ENom Akaus puren 23 Text D: Analyse nach Traditioneller Grammatik Caprice, die jüngste Zwergziege Subj. der Familie A., Attribut zu Zwergziege Apposition zu Subj. ihrem Kumpel Chamois Kern böse, Attribut fin. V (Kop.) weil adj. Präd.n. war er Konj. sie Subj. Akk.obj. Dat. Obj. auf den gemeinsamen Ausflug in präp. Objekt den präp. Gemüsegarten Attribut zu Ausflug Adverbialsatz/Kausalsatz hatte warten fin. HV inf. VV. (Infinitiv) lassen. Aber Infinitiv gemeinsam endlich Konj. unter Adverbial temporal dem hatten sie fin. HV Subj. Zaun sich Refl.pron. Akk.obj. durchgearbeitet Adverbial modal inf. VV (Part.II) präp. Obj. oder: Adverbial lokal und über das Gemüse hergemacht. Konj. inf. VV (Part.II) Ihm war Dat.obj. fin. V (Kop.) präp. Obj. anschließend schlecht und ihr Adverbial temporal adj. Präd.n. Konj. Dat.obj. dass der Konj. Chef Subj. fiel endlich fin. VV Adverbial temporal es verboten Akk.obj. inf.VV (Part.II) hatte, ein, trennb. Vp. das fin. HV Grünzeug Akk. obj. Subjektsatz im Gemüsegarten Attribut 4 zu fressen. Der Inf. VV (Inf.) Chef Subj. war ihr fin.V (Kop.) Dat.obj. Objektsatz Subjektsatz schon seit langem Adverbial temporal beschloss sie, fin.VV Subj. zu geizig adj. Präd.n. noch ein mit seinem Gemüse Präp.obj. paar und Konj. Tomaten Akk.obj. zu deshalb Adverbial (mod) (Demonstrativadverb) essen. Inf. VV (Inf.) Objektsatz 4 Eine nicht bedeutungsgleiche und weniger wahrscheinliche Variante wäre lokales Adverbial. 24 Text D: Analyse nach Valenz-Dependenz Grammatik (1) war * Caprice Kumpel Zwergziege die ihrem böse weil Camois hatte Familie jüngste der lassen A. er warten sie * oder besser: Ausflug war böse Caprice auf Kumpel den weil gemeinsamen in Gemüsegarten … … … den In diesem Satz liegt die Schwierigkeit darin, wie man das Kopulaverb und das adjektivische Prädikatsnomen im Valenzbaum zeichnen soll. Sein erfordert zwei Ergänzungen im Nominativ (oder eine und ein adj. Präd.n.), aber das Dativobjekt wird als solches erst durch die Verbindung von Kopulaverb und Adjektiv ermöglicht. Daher ist die zweite Variante besser, in der das Dativobjekt von Kopula und Adjektiv regiert wird. In den Gemüsegarten kann aufgrund seines Kasus nicht vom Verb regiert werden, dann müsste es im Dativ (lokal) statt Akk. (direktiv) stehen (und hätte natürlich eine andere Bedeutung bei im Gemüsegarten warten). fin. V. * ENOM EDAT Emod N/S A-Satz Konj. (kausal) S fin. V. (HV) ENOM EAKK inf. V. inf. V. Epräp S 25 * oder besser: fin. V. (Kop. + adj. Präd.n.) ENOM EDAT A-Satz aber (2) und hatten [hatten] sich durchgearbeitet unter [sich] hergemacht sie über Zaun dem Gemüse endlich gemeinsam das Bei diesem Satz liegt die erste Schwierigkeit in der elliptischen Konstruktion: Sowohl das Hilfsverb als auch das Reflexivpronomen und das Subjekt werden im zweiten Satz ausgelassen. Semantisch stellt das kein Problem dar, weil die zwei Sätze durch eine koordinierende Konjunktion verbunden sind. Aber die Koordination lässt sich in der VD-Grammatik schwer zeichnen, da diese drei Elemente faktisch nicht im Satz stehen, syntaktisch aber notwendig sind. Konj. Konj. fin. V. (HV) [fin. V. (HV)] inf. V. (Part. II, echt reflexiv) inf. V. (Part. II, [echt reflexiv]) Epräp/Elok ENOM Atemp Epräp Amod 26 (3) und war * ihm fiel ein anschließend schlecht ihr endlich dass hatte * oder besser: war schlecht ihm anschließend verboten Chef es der zu fressen Grünzeug das in Gemüsegarten dem Hier liegt die Schwierigkeit wieder bei der Zeichnung der Kopulaverb-PrädikatsnomenKonstruktion. Wie bereits angeführt, ist die zweite Variante die wahrscheinlich bessere. Der angesprochene Aspekt des von dem Kopulaverb und dem adjektivischen Präd.nomen zugewiesenen Dativ wird hier noch deutlicher, vor allem, wenn man „ihm war schlecht“ mit „er war schlecht“ kontrastiert. Um also den Zustand von der Eigenschaft abzuheben, sollten Kop. und Präd.n. zusammen stehen. Verbieten ist ein dreiwertiges Verb, es fordert also ein ENOM (jemand, der etwas verbietet), ein EAKK (das, was verboten wird) und ein EDAT (wem es verboten wird). Letzteres kann in der Verallgemeinerung wegfallen (es wird keiner spezifischen Person verboten, sondern das Verbot gilt für alle). Dadurch wird der EDAT zur fakultativen Ergänzung. Die anderen beiden Ergänzungen müssen aber stehen, sonst wird der Satz ungrammatikalisch. Eine weitere Schwierigkeit besteht in dem semantisch leeren es, das in diesem Fall syntaktisch sogar redundant ist. Es regiert als solches nicht die Infinitivkonstruktion, aber steht als ‚Platzhalter‘ für den Objektsatz. Dies im Baum darzustellen ist schwierig. Vor allem ist strittig, ob man es als Angabe oder Ergänzung bezeichnen soll, da es auch eigentlich weggelassen werden kann, ohne dass der Satz ungrammatikalisch werden würde, jedoch eine obligatorische Ergänzung ‚vorwegnimmt‘. 27 Konj. fin. V. (Kop.) * EDAT Atemp fin. V. + trennb. Vp. Emod EDAT Atemp * oder besser: Konj. fin. V. (Kop. + adj. Präd.n.) EDAT E-Satz fin. V. (HV) Atemp inf. V. (Part. II) ENOM EAKK oder: A? E-Satz Infinitiv mit “zu” EAKK/N S Die Konstruktion ist im Übrigen syntaktisch eventuell doppeldeutig, man könnte annehmen, es gehe nicht um das Grünzeug im Gemüsegarten (also Attribut/Satellit), sondern es sei generell verboten, im Gemüsegarten zu fressen, also auch Grünzeug, somit wäre im Gemüsegarten nicht Satellit zu Grünzeug, sondern Angabe. Dies ist semantisch aber nicht naheliegend, wieso sollte dasselbe Grünzeug woanders gefressen werden dürfen? (4) und war zu geizig Chef der ihr seit mit langem Gemüse schon seinem beschloss deshalb sie zu essen Tomaten noch ein paar Bei der Kopulaverb-Prädikatsnomen-Konstruktion handelt es sich hier um einen besonderen Fall, den dativus iudicantis. Es handelt sich dabei um den Dativ des 28 Beurteilers, der eine Norm setzt, die das Subjekt (oder der Beschriebene) überschreitet (zu). Der Dativ wird hier also eigentlich erst durch die gesamte Konstruktion war zu geizig ausgelöst und sollte daher auch als von ihr regiert dargestellt werden, was für die VDGrammatik etwas ungewöhnlich ist, denn es gäbe ein sehr umfangreiches regierendes Element. Konj. fin. V. (Kop. + „zu“ +adj. Präd.n) ENOM EDAT Atemp EDAT fin. V. Konj. ENOM E-Satz Infinitiv mit zu EAKK (mit Gradpartikel noch) 3. Ein Hauptproblem in dem Text bestand aus dem subjektlosen Satz (Nr. 3). Dies ist ein Problem für das traditionelle Modell, da dieses den Satz aus Subjekt und Prädikat aufbaut und somit erklären müsste, wie dieser Satz ohne Subjekt trotzdem grammatikalisch korrekt sein kann. In der V/D-Grammatik ist dies einfacher, weil es zur Beschreibung der Valenz der Verben gehört, ob eine Ergänzung im Nominativ nötig ist. Der Subjektbegriff fällt dort also weg. Da aber das Subjekt Einfluss auf die Personalendung des Verbs hat, müsste im V/D-Modell erklärt werden, dass, wenn keine NP im Nominativ vorhanden ist, das Verb den ‚default-Fall‘ 3. Pers. Singular nimmt. Im traditionellen Modell fällt wieder auf, dass Komponenten fehlen, die syntaktisch notwendig sind (hier: Subj. und finite Verbform). Im V/D-Modell ist die Darstellung auch schwierig, aber v.a. weil die Beziehungen genauer dargestellt werden. Hier ist es also schwer die Koordination der Elemente darzustellen, die sich auf beide Sätze gleichermaßen beziehen. Außerdem müssen die ausgelassenen Elemente irgendwie dargestellt werden, weil sie ja syntaktisch notwendig sind, aber wie dies geschehen soll, damit Elemente nicht doppelt gezeichnet werden, die so im Text gar nicht vorkommen, ist nicht einfach. Das bereits in Aufg. 2 angesprochene Problem des Dativobjektes in Satz 1 und 3 spiegelt sich auch im traditionellen Modell wider. Dort dürften diese eigentlich nicht als Dativobj. bezeichnet werden, um sie von ‚echten‘ Dativobjekten zu unterscheiden. Es gibt für die traditionelle Grammatik gelegentlich ein Problem bei der Unterscheidung von Adverbialen und präpositionalen Objekten. Im Folgenden werden die wichtigsten Unterscheidungskriterien aufgelistet. 29 Generelle Probleme und zu diskutierende Schwierigkeiten zum Thema (nicht mehr nach Aufgaben sortiert): Traditionelle Grammatik und Valenz-Dependenz-Grammatik Subjektlose Sätze als Problem für die trad. Grammatik Bei der V-D erlaubt das Modell eine Darstellung, nach der die Verbrektion die Wahl einer Nominalphrase fordern, freistellen oder ausschließen kann. So kann die V-D-Grammatik auch Fälle von obligatorisch subjektlosen Aktivsätzen beschreiben, wie z. B.: „Mir liegt an deiner Meinung.“ (vgl. dazu auch Textbsp. A, Satz (2)). Das ‚Subjekt‘ wird in der V-D-Grammatik als ‚Ergänzung im Nominativ‘ genauso behandelt wie andere Verbergänzungen. Der Verzicht auf das obligatorische Subjekt (der trad. Grammatik) in der V-D-Grammatik löst auch die Schwierigkeit der Beschreibung subjektloser Sätze im Deutschen, die z. B. dadurch entstehen, dass einwertige Verben im Deutschen subjektlose Passive haben können, z. B.: Hier wird getanzt. Im Deutschen gibt es Fälle, in denen das Verb ein lexikalisches Subjekt nicht zulässt, nullwertige Witterungsverben (es regnet, es schneit etc.) verlangen im Deutschen ein Subjekt ohne lexikalische Bedeutung (es). In der traditionellen Grammatik behandeln wir diese ‚Subjekte‘ wie alle anderen auch. In der V-D-Grammatik gibt es unterschiedliche Ansätze, wenn semantisch vorgegangen wird, gelten diese nicht als Ergänzungen. Sie können aber syntaktisch vorgehen, dann sind es auch Ergänzungen, sie sind ja obligatorisch. Bei Kopulaverben ist keineswegs eindeutig, welche Nominalphrase im Nominativ Subjekt ist, wenn beide denselben Numerus haben; dies ist syntaktisch nicht entscheidbar, sondern – wenn überhaupt – nur nach Topic-Comment-Verhältnissen. Auch hier ist die V-D-Grammatik konsequenter: eine solche Entscheidung wird nicht verlangt. es war Hans: es muss stehen, weil sein 2 Nominativ-Ergänzungen fordert, das bedeutet dann für die trad. Grammatik: ein Subjekt + ein substantivisches oder ein adjektivisches Prädikatsnomen. Daher ergibt sich das Problem, ob nun es oder Hans Prädikatsnomen oder Subjekt ist (siehe auch Textbeisp. C, Satz (5)). Würde man nun es als Subjekt bezeichnen, dann hätte der Satz im Plural: es waren Hans und Inge keine Subjekt-Prädikats-Kongruenz mehr, daher scheint es angebrachter, es als substantivisches Prädikatsnomen aufzufassen und Hans als Subjekt. Kopulaverben sind: sein (allgemein; kann Bezug auf Zustand, Eigenschaft etc. haben), werden (in Zustand gelangen), bleiben (in Zustand verharren); des Weiteren nehmen auch: aussehen, schmecken, sich dünken, klingen adjektivische Prädikatsnomen. Substantivische Prädikatsnomen gibt es auch noch bei: heißen und sich dünken. Diese letzten Verben werden aber nicht von jedem Grammatikschreiber als Kopulaverben bezeichnet. ihm wurde schlecht (und ihm ist schlecht): Schwierigkeit ist, dass sein bzw. werden als Kopula hier nicht – wie üblich – zwei Nominativ-Ergänzungen fordert. Durch das adjektivische Prädikatsnomen (hier: schlecht) wird der Ergänzung an erster Stelle erst der Kasus zugewiesen, nämlich der Dativ. Bei der Darstellung ergibt sich nun das Problem, ob man nun fin. Kopula + adj. Prädikatsnomen (E mod.) als Satzzentrum schreibt. Um solche Sätze abzugrenzen von Sätzen wie: Egon ist schlecht (hier: schlecht im Sinne einer Charaktereigenschaft!), sollte hier das Verb+Adjektiv als Regens eingetragen werden, nicht nur das Verb. Also: 30 ist EgonNom. schlecht wäre der Fall mit der Charaktereigenschaft. ist schlecht wäre der Fall mit der Übelkeit. EgonDat. Allerdings ist dadurch nicht dargestellt, dass auch im ersten Fall das Prädikatsnomen festlegt, welche Ausdrücke überhaupt als Subjekt in Frage kommen, somit regiert auch im ersten Fall das Prädikatsnomen in gewisser Weise. Schwierigkeit der Abgrenzung Adverbiale/ Objekte (trad. Grammatik), z. B. präp. Objekte mit nicht ganz festen Präpositionen – es gibt keine eindeutigen Kriterien zur Unterscheidung, jeder Grammatikschreiber gewichtet verschiedene Kriterien in anderer Weise. Präp. Objekte (nicht alle Kriterien sind besonders gut anwendbar, vor allem gibt es kaum syntaktische Argumente): Präposition hat keine fest umrissene Bedeutung (nicht bedeutungslos, aber Bedeutung ist eher vergleichbar mit funktionalen und nicht mit lexikalischen Einheiten); Nicht-Austauschbarkeit der Präposition. Warten auf, nicht warten an; die Wortgruppe ist austauschbar mit nominalen Objekten (also der durch PrGr bezeichnete Aktant kann auch als nominales Objekt auftreten, z. B. an jemanden schreiben - jemandem schreiben); Obligatorik (Satz wird ohne PrGr ungrammatisch ...). Die zuletzt genannten Argumente sind allerdings Bedingungen, die z. T. auch Adverbiale erfüllen können. In ‚Problemfällen‘ sind einige, aber nicht alle der Bedingungen erfüllt. Adverbiale sollen laut den Beschreibungen der traditionellen Grammatik die folgenden Kriterien erfüllen: die Präposition hat noch ihre ursprüngliche Bedeutung, sie sind nicht fest an bestimmte Verben gebunden, sie können zum Satz hinzutreten, aber genausogut wegfallen, es gibt keine feste Verbindung zwischen Verb und einer bestimmten Präposition, sondern es können ganz verschiedene Präpositionen auftreten. In Egon wartet vor der Kirche auf Erna hätten wir zwei klare Fälle, in Das Fahrrad lehnt am Gartentor einen Fall, in dem nicht alle Kriterien zu derselben Klassifizierung führen. präp. Objekte: bei Verben wie bestehen aus, bestehen auf, hängen an, vorkommen, warten auf etc.; z. B. ist bestehen aus eine feste Verbindung, in der aus seine ursprüngliche Verbindung nicht mehr hat, daher: präp. Objekt „ethischer Dativ“: Ich lobe mir das Landleben, Du ziehst mir nicht das Grüne an, Du bist mir ein Schwätzer: Das mir kann im Hauptsatz nur nach dem finiten Verb stehen, alle anderen Positionen sind ausgeschlossen. Es ist nicht an bestimmte Verben gebunden, der Dativ ist in diesem Fall frei, ist also Angabe und stets einem Satz untergeordnet! (Mit dem Ethicus bringt der Sprecher sich selbst oder den Adressaten auf einer kommunikativ-pragmatischen Ebene ins Spiel, ähnlich wie bei Abtönungspartikeln). In der traditionellen Grammatik sollten die ethischen Dative nicht als Objekte 31 bezeichnet werden, um sie von ‚echten‘ Objekten zu unterscheiden (etwa wenn die fromme Helene die Absicht gehabt hätte, dem Sprecher (ihrem Vater) das grüne Kleid anzuziehen), andererseits müssten sie dann als Adverbiale bezeichnet werden, was auch ungünstig ist, weil sie nicht in der ersten Position im Satz stehen können. „dativus iudicantis“: das Dativnominal wird in diesen Fällen von zu + Adjektiv bzw. Adjektiv + genug regiert. „Dativus iudicantis“ kann dort stehen, wo ein unflektiertes Adjektiv durch zu oder genug modifiziert wird, also beim adjektivischen Prädikatsnomen: Er ist mir zu freundlich oder beim adjektivischen Adverbial: Er lacht mir zu laut. (vgl. Eisenberg 2006: 293). Übersetzt heißt das: Dativ des Beurteilers. Dieser Dativ kann (prinzipiell) dieselbe Position einnehmen wie ein dativisches Objekt, ist aber keine Ergänzung, denn es ist nicht im Stellenplan von Verb oder Adjektiv verankert. Das Dativnominal bezeichnet eine Person, die für eine skalierbare Größe (Adjektiv) einen Normwert setzt, das vom Subjekt Bezeichnete entspricht diesem Normwert nicht, sondern überschreitet ihn (bei zu) oder entspricht ihm, erreicht also die Norm (bei genug). Beispiel: Er schwimmt mir zu schnell. – die Darstellung ist ein Problem für die beiden Grammatikmodelle: Für die traditionelle Grammatik, weil nicht gut zu entscheiden ist, ob es ein Objekt ist, und für die V-D-Grammatik, weil das Verb + das Adjektiv + zu/genug erst diesen Dativ ermöglichen, sodass er von allen regiert werden müsste. Sonstiges Probleme der Darstellung von Koordination, z.B.: ein Subjekt bzw. eine Nominativergänzung, aber zwei Verben. Da es sich ja normalerweise um eine Konstituente handelt, sollte das dargestellt werden, z.B. mit der Konjunktion als regierendes Element. Partikeln (noch, gerade etc.): Wenn Partikeln alleine stehen und nicht deutlich irgendwo zugehören, sind sie trotzdem keine echten Satzglieder. Sie können nicht in Verbzweitstellung vor dem finiten Verb stehen. Manchmal ist es schwierig zu bestimmen, ob Partikeln näher zum Subjekt oder einer Nominalphrase gehörig sind oder ob sie zum Satz gehören, also als unmittelbar verbabhängig dargestellt werden müssen. In beiden Grammatikmodellen macht die Analyse Schwierigkeiten. In der traditionellen Grammatik sind keine Elemente vorgesehen, die weder zum Subjekt noch zum Prädikat gehören und auch keine, die keinen Satzgliedstatus haben, aber auch nicht Teil eines Satzgliedes sind. In der V-D-Grammatik ist zwar der Status als ‚Angabe‘ offensichtlich, aber es sind keine Elemente vorgesehen, die nicht verbabhängig sind. Appositionen sind Attribute (im selben Kasus), es gibt allerdings viele Beispiele, in denen nicht so eindeutig ist, was Kern und was Attribut bzw. Satellit ist. Besonders Titel sind nicht einfach unterzubringen, beim Namen ist der Nachname Kern, der Vorname kann wegfallen, wenn ein Titel oder Herr/Frau steht. Schwierigkeiten ergeben sich bei der Darstellung der Abhängigkeitsverhältnisse: Man kommt semantisch gesehen zu einem anderen Ergebnis als syntaktisch. Semantisch wäre (Emilie) Steinhuber Kern, syntaktisch müsste aber die Zoologin Kern werden, denn das ist der Teil der Nominalphrase, der flektiert werden kann bzw. wird wegen des Artikels: es hieße ja: das Haus der Zoologin Dr. Emilie Steinhuber, ich gebe das Buch der Zoologin Dr. E. S. sowie ich kenne die Zoologin Dr. E. S. steht ein Teil der Nominalphrase im Genitiv, ist dieser Teil auf jeden Fall Attribut Eigennamen und Titel: Onkel Karl, Präsident Maier, Fräulein Dorothea; der Titel behält hier die Form des Nominativs bei, auch wenn der Kern flektiert wird, z. B.: Präsident Maiers Wiederwahl, also muss hier der Name und nicht der Titel Kern sein. Aber bei Nominalphrasen wie: der Schlosser Hans-Dietrich, die Linguistin Senta, das Land Hessen, der Monat Dezember passiert Folgendes: der Antrag des Landes Hessen, das Projekt der Linguistin Senta, hier bleibt also der Eigenname im Nominativ, das heißt der Eigenname wird vom Kern hinsichtlich des Kasus regiert, ist hier also Attribut (der Linguist Hugo – des Linguisten Hugo) 32 es gibt Nominalphrasen wie Nathan der Weise, Was Hänschen der Assistent nicht lernt, lernt Hans der Professor nimmermehr – beide Ausdrücke sind hier semantisch gleichwertig, es handelt sich quasi um eine ‚Prädikation‘ oder einen ‚reduzierten Kopulasatz‘. Man kann einen der Ausdrücke weglassen, ohne dass sich funktional etwas ändert (oder der Satz gar ungrammatisch würde). Also: Was der Assistent nicht lernt ... / Was Hänschen nicht lernt ... Auch hier ist also kaum eine Entscheidung möglich, was Kern ist, zumal beides flektiert wird: Die Entscheidung Nathans des Weisen … Reflexiva: Bei unechten Reflexiva ist „sich“ immer Ergänzung, z. B. „er schwor sich”. „Sich” kann in der trad. Grammatik (da wird zwischen bedeutungstragenden und bedeutungslosen Reflexivpronomina nicht unterschieden) Dat. Objekt sein. – Reflexiva gibt es generell im Dativ und im Akk.: Ich wasche mich (Akk.); Ich putze mir die Zähne (Dat.). Es gibt Verben, die nicht durch andere NPs austauschbare Reflexivpronomina fordern: sich verlieben, sich erholen, sich freuen - andere Verben können Reflexivpronomina nehmen, aber auch andere Ergänzungen (sich waschen – jemanden waschen). Bei den echten Reflexiva mit den nicht austauschbaren Reflexivpronomina ist die ValenzDarstellung schwierig. Semantisch gesehen sind sie keine Ergänzung, denn sie bezeichnen ja nichts, syntaktisch sind sie aber nötig. (Man kann sie auf dieselbe Ebene schreiben wie das Verb.) Negation: nicht kann immer nur Angabe sein (es kann nie Ergänzung sein!) Doppeldeutigkeit von Satzelementen wie: sie kommen mit dem Zug nach Frankfurt. Sowohl in der trad. Grammatik als auch in der V-D ist es kein Problem, die beiden Varianten syntaktisch doppeldeutiger Ausdrücke darzustellen. Handelt es sich hier also um zwei Adverbiale: mit dem Zug und nach Frankfurt – in dem Sinne, sie kommen nach Frankfurt und nehmen dazu den Zug – oder handelt es sich um ein Adverbial (mit dem Zug nach Frankfurt), wobei hier nach Frankfurt Attribut zu Zug wäre, also sie kommen irgendwohin und nehmen dazu den Zug nach Frankfurt? In der V-D müsste man zusätzlich diskutieren, ob es sich nach der ersten Variante um zwei Ergänzungen oder eine Ergänzung und eine Angabe handelt. Die Verbsemantik von kommen legt zwei Ergänzungen nahe: wer kommt? und wohin kommt er/ sie?, so dass also nach Frankfurt ohne Zweifel Ergänzung sein dürfte, auch wenn in elliptischen Sätzen schon einmal weggelassen werden kann, wohin jemand kommt, weil sich das aus dem Kontext eindeutig ergibt. Ergänzungen: sind ‚vom Verb angelegt‘. Sie gehören dazu, auch wenn der Satz nicht ungrammatisch wird, wenn sie fehlen. Von der Bedeutung des Verbs her ist ihr Vorkommen aber erwartbar. (freie) Angaben: Sie stehen zusätzlich im Satz, können wegfallen, ohne dass der Satz ungrammatisch wird oder als Ellipse aufgefasst wird. Es sind Satzbestandteile, die nicht in der Verbsemantik oder Verbsyntax angelegt sind, sie zählen also nicht zur Valenz des Verbs. Das Verb macht sie nicht erwartbar. Trotzdem sind freie Angaben nicht gänzlich ohne jede Rücksicht auf die Verbsemantik jedem Satz zufügbar: *Norwegen grenzt aus Langeweile an Schweden. oder *Fritz ähnelt aus purer Boshaftigkeit seinem Bruder. Insofern ist ‚freie Hinzufügbarkeit‘ kein ganz deutliches Zeichen zur Abgrenzung der Angaben von den Ergänzungen. Koordination: Das Problem der Darstellung zeigt sich bei den V-D-Analysen deutlicher, aber das liegt daran, dass sie genauer sind. Die Beziehung der koordinierten Teile zu den anderen Elementen im Satz ist oft nicht eindeutig. 33