Vakuum-Plasmatechnik

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TECHNISCHE UNIVERSITÄT ILMENAU
Fachgebiet: Plasma- und Oberflächentechnik
Dr.-Ing. Birger Dzur
Kirchhoff-Bau K 3013
Postfach 100565
98684 Ilmenau
e-mail: [email protected]
Tel:
Fax:
03677 69 2835
03677 69 1533
http://www.tu-ilmenau.de/fakei/FG-Plasma-und-Oberf.891.0.html
Vakuum-Plasmatechnik
Handout für BA-WSW, 5.FS
Stand: September 2009
Inhalt:
Kap.
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
Thema
Vakuumtechnik – allgemein
Dünnschichttechnik - Übersicht
Vakuum-Dünnschichttechnologien
Plasmaunterstützte Verfahren der Oberflächentechnik
Nicht-thermische Gasentladungen
Gleichstrom-Glimmentladungen
Kapazitiv gekoppelte Entladungen (CCP)
Induktiv gekoppelte Entladungen (ICP)
Mikrowellenplasmen
Teilchenstrahlen
Dielektrisch behinderte Entladungen
Dünne Schichten
Seite
2
4
7
9
9
12
16
16
17
19
21
25
allgemeine Literaturempfehlungen:
H. Frey, G. Kienel
Dünnschichttechnologie; VDI Verlag, 1987
H. Frey (Hrsg)
Vakuum-Beschichtungen (Teil 1 und 2); VDI Verlag, 1995
S. Grainger
Funktionelle Beschichtungen in Konstruktion und Anwendung; Eugen G. Leuze
Verlag, 1994
Pritzlaff/Lautner
CVD-Beschichtungstechnik; Eugen G. Leuze Verlag, 1997
HINWEIS:
Dieses Handout enthält insbesondere bei Bildern und Zahlenangaben keine Quellangaben und
ist daher für eine Nutzung in eigenen Publikationen nur bedingt verwendbar!
ergänzende LV´s in Werkstofftechnik II:
o Technologie des thermischen Plasmas (2-0-1)
ergänzende LV´s im Ma-WSW-Studium:
o Pflichtmodul 2 „Oberflächentechnik“: Physikalischer Verfahren II
o Technisches Wahlmodul 1.3. „Oberflächentechnik“:
o Plasmatechnologien
o Niederdruck-Beschichtungsverfahren
o Plasmaoberflächentechnik
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 1 von 30
1. Vakuumtechnik - allgemein
Eigenschaften und Anwendungen des Vakuums
Licht, Teilchen, Festkörper, elektrische, magnetische und Gravitationsfelder breiten sich im
Vakuum aus; dagegen benötigen Schallwellen ein materielles Medium und können sich daher
im Vakuum nicht ausbreiten. Wärmestrahlung kann sich als elektromagnetische Welle auch
im Vakuum fortpflanzen. Dagegen führt die Absenkung des Drucks zur Verminderung der
materiegebundenen Wärmeübertragungsprozesse. Die Verringerung von Wärmeströmung
(Konvektion) und Wärmeleitung (Konduktion) (siehe Gitterschwingungen; Phononen) findet
Anwendung in der Thermoskanne (Dewar-Gefäß).
Die hohe elektrische Durchschlagsfestigkeit im Hochvakuum wird in Vakuumkondensatoren
der Hochleistungselektronik und dem Hochspannungsteil von evakuierten Röntgenröhren
genutzt. Allerdings sinkt zunächst bei Absenkung des Drucks ausgehend vom
Normalluftdruck die Durchschlagsfestigkeit. Das Minimum der Durchschlagsfestigkeit in
Luft wird bei einem Druck von 1 mbar erreicht, wo sie nur noch ca. 0,3 kVcm-1 beträgt. Wird
der Druck weiter in Richtung Hochvakuum abgesenkt, vergrößert sich die
Durchschlagsfestigkeit wieder exponentiell.
Wie bei Atmosphärendruck gelten im Vakuum die Gesetze der klassischen kinetischen
Gastheorie zur Beschreibung der Verhältnisse in verdünnten Gasen.
Angabe des Vakuums
Angabe als relativer Wert
Im Bereich des Grob- oder Arbeitsvakuums wird in der Praxis das Vakuum als Relativwert
angegeben: der Unterdruck wird in seinem Verhältnis zum Umgebungsdruck (relativ zum
Umgebungsdruck) angegeben. Der angegebene Vakuumwert hat ein negatives Vorzeichen,
weil der Umgebungsdruck (Atmosphärendruck) als Bezugspunkt mit 0 angenommen wird.
Angabe als absoluter Wert
Im Bereich der Wissenschaft und im Fein- und Hochvakuum wird das Vakuum als
Absolutwert angegeben: der Unterdruck wird in seinem Verhältnis zum absoluten Nullpunkt
(wie z.B. im Weltall) angegeben und hat somit ein positives Vorzeichen. In den
nachstehenden Umrechnungstabellen finden Sie die Vergleichswerte zwischen Absolut- und
Relativdruck. Dort finden Sie auch Hinweise zu anderen Maßeinheiten.
Maßeinheiten
Die zur Zeit gültige Maßeinheit für das Vakuum ist Pascal [Pa]. Technisch werden Kilopascal
[kPa = 1.000 Pa] und Megapascal [MPa = 1.000.000 Pa] verwendet. Aber auch Hektopascal
[hPa = 100 Pa] sind üblich, weil hier die Umrechnung zur ehemaligen Einheit Millibar [mbar]
einfach ist: 1 hPa = 1 mbar.
Es gilt: 1kPa = 10 hPa = 10 mbar = 7,5 Torr.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 2 von 30
Vakuumeinteilung
Man unterscheidet in der Technik unterschiedliche Qualitäten des erzielten Vakuums nach der
Menge der verbleibenden Materie (gemessen durch den Druck in Pa = Pascal oder mbar =
Millibar):
Bereich
Grobvakuum
Feinvakuum
Hochvakuum
Ultrahochvakuum
p [Pa]
102..105
10-1..102
10-5..10-1
< 10-5
n [m-3]
1022..1025
1019..1022
1015..1019
< 1015
λ [m]
10-6..10-8
10-1..10-6
103..10-1
> 103
Kn
< 0,1
0,01 .. 1
>1
>> 1
Strömung
viskos
Knudson
molekular
molekular
Erläuterungen:
• Grobvakuum: Druckbereich: 1 mbar bis Umgebungsdruck Anwendungsgebiete: Dies ist
der Arbeitsbereich, in dem die Anwendungen der Handhabungstechnik liegen. Hier spielt
für die Vakuum-Anwendung das Material der Werkstücke eine entscheidende Rolle. Bei
dichten Oberflächen (z.B. Metalle, Kunststoffe) wird in aller Regel mit 60 % bis 80 %
Vakuum gearbeitet. Bei porösen/luftdurchlässigen Materialien (z.B. Kartonagen, PressSpanplatten) muss das erreichbare Vakuum für eine Berechnungsgrundlage erst durch
Messungen ermittelt werden. In der Regel arbeitet man aber mit ca. 20 % bis 40 %
Vakuum.
• Feinvakuum: Druckbereich: 10(-3) bis 1 mbar Unterdruck Anwendungsgebiete:
Stahlentgasung, Produktion von Glühlampen, Gefriertrocknung von Lebensmitteln oder
Trocknung von Kunststoffen.
• Hochvakuum: Druckbereich: 10(-3) bis 10(-7) mbar Unterdruck Anwendungsgebiete:
Schmelzen oder Glühen von Metalleoder Herstellung von Elektronenröhren.
• Ultrahochvakuum: Druckbereich: < 10(-7) mbar Unterdruck Anwendungsgebiete:
Zerstäuben von Metallen, Aufdampfen von Metallen (Beschichten) oder ElektronenstrahlSchmelzen.
Vakuumerzeugung
Auf der Erde kann man ein Vakuum herstellen, indem man einen abgeschlossenen Hohlraum,
den Rezipienten, vom darin enthaltenem Gas mittels geeigneter Vakuumpumpen befreit. Das
einfachste Gerät zum Herstellen eines (minderwertigen) Grobvakuums ist die
Wasserstrahlpumpe. Spezialpumpen mit Kühlfallen reduzieren die Gasmenge weiter.
Vakuumpumpen
werden
je
nach
ihrem
physikalischen
Wirkprinzip
in
Gastransfervakuumpumpen
und
in
gasbindende
Vakuumpumpen
eingeteilt.
Gastransfervakuumpumpen transportieren Teilchen entweder in einem geschlossenen
Arbeitsraum (Verdrängervakuumpumpen) oder durch Impulsübertragung auf die Teilchen
(z.B. durch Stöße). Gasbindende Vakuumpumpen erzielen ihre Pumpwirkung indem sie
Teilchen an Festkörperoberflächen binden - dieser Vorgang wird allgemein als Sorption
bezeichnet - und folglich den Druck im Rezipienten vermindern. Zu den gasbindenden
Vakuumpumpen gehören unter anderem Getterpumpen, Kryopumpen oder auch
Adsorptionspumpen.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 3 von 30
Vakuum-Messung
Vakuummeter sind Messgeräte zur Bestimmung des Gasdrucks in einem Vakuum. Man kann
sie nach dem physikalischen Prinzip und nach dem Druck-Messbereich einteilen. Zum Teil
sind sie verfeinerte Ausführungen von Manometern:
• direkte Messung durch Messung der Kraft auf eine Fläche
• indirekte Messung durch Messung der Wärmeleitfähigkeit eines Drahtes
• indirekte Messung durch Messung von Entladungsströmen (siehe auch IonenDruckmessgerät).
Werkstoffe für die Vakuumtechnik
Auswahlkriterien:
- Gasdichtheit
- geringer Eigendampfdruck
- geringer Fremdgasgehalt
- saubere, glatte Oberflächen
- chemische Beständigkeit
- Temperaturbeständigkeit
- mechanische Festigkeit.
Werkstoffe:
- Metalle und Legierungen
o St und VA: Vakuumanlagen und -kessel
o Cu und Ms: Dichtungen und Durchführungen (Kryotechnik)
o Al und Al-Leg.: Kleinflanschbauteile
o Ag und Au: Dichtungen, Kontakte
o Ni-Leg.: Glas- Metallverschmelzungen bei Durchführungen
- Glas: Stromdurchführungen
- Keramiken: Stromdurchführungen
- Elasomere: Dichtungen.
2. Dünnschichttechnik – Übersicht
Die gesamte Oberflächentechnik umfasst bekanntlich vier Schwerpunkte, die einzeln oder
kombiniert für das Erreichen der gewünschten Eigenschaften eingesetzt werden können:
Oberflächenmodifikation (nur auf der Oberfläche), Randschichtmodifikation (in die Tiefe),
die Beschichtung (in die Höhe) und das Abtragen der Oberfläche.
Zu jedem dieser Schwerpunkte gehört eine Vielzahl unterschiedlichster Technologien und zu
jeder Technologie gehören Methoden der Vor- und eventuell Nachbehandlung. Jede für sich
ist wiederum ein eigenständiges Verfahren, aber in ausnahmslos allen Bereichen können
Gasentladungen eine Rolle spielen.
Dömänen der Dünnschichtechnologien sind insbesondere die Oberflächenmodifikation
und der Abtrag bzw. die Herstellung dünner Schichten. Die Wechselwirkungen von
Teilchen mit einer Oberfläche werden dabei hauptsächlich von der kinetischen Energie der
Teilchen bestimmt.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 4 von 30
5
Prozesswahrscheinlichkeit
2
1
3
1
4
0
10-1
1
Anlagerung
103
10 2
10 1
Kinetische Teilchenenergie [eV]
100
2
Einlagerung
3
Energetische
Spitzen
4
Sputtern
10 4
5
Implantation
Prozesswahrscheinlichkeit und Veranschaulichung der Wechselwirkungsprozesse
Oberflächenmodifikation
Etwas modifizieren bedeutet es verändern. Oberflächenmodifikation bedeutet hier die
Veränderung eines sehr eng begrenzten Bereiches der Oberfläche. Die Wirkung beschränkt
sich nur auf einige Atomlagen. Zu dieser Verfahrensgruppe gehören:
- Aktivierung: Aktiv bedeutet „tätig“ werden. Eine Oberfläche ist aktiv, wenn sie
energetisch günstige Stellen oder freie Bindungen aufweist, an die sich zum Beispiel
andere Teilchen einfacher anlagern können (Beschichtung).
- Mikroreinigung: Hier ist das Entfernen von angelagerten Gas- oder
Flüssigkeitsfilmen gemeint (Desorption), aber auch das Entfernen von dünnen
Oxidfilmen oder anderen Bereichen der Oberfläche, wobei der Abtrag auf einige
Atomlagen beschränkt ist.
- Funktionalisierung: Hierunter versteht man Techniken, die eine Oberfläche zum
Beispiel benetzbar machen oder genau das verhindern. Das kann man auf Kunststoffen
durch die Bildung oder Zerstörung von Bindungen oder so genannten funktionellen
Gruppen erreichen, allgemein auch mit sehr dünnen Schichten.
Beispiele für plasmagestützte Verfahren der Oberflächenmodifizierung sind:
- Die Reinigung und Aktivierung von Halbleiteroberflächen (Silizium-Wafer) mit
UV-Strahlung: Dafür werden UV-Strahlungsquellen verwendet, die auf DBD- und
Glimmentladungen beruhen. Sie haben den Vorteil, dass sie nicht heiß werden und
so auch die Substrate nicht besonders stark thermisch belastet werden. Auch vor der
Beschichtung mit Ionenstrahlen werden Oberflächen durch die Steuerung der
Ionenenergie aktiviert und gereinigt.
- Die Funktionalisierung von Kunststoffen: Zunehmend werden hier
umweltgefährdende, nasschemische Prozesse durch Plasmaverfahren ersetzt. Klassiker
sind DBD-Anordnungen. So werden die Folien für Verpackungen und Tüten
großtechnisch in Durchlaufverfahren zunächst plasmabehandelt, um ihre
Oberflächenenergie zu erhöhen. Nur so können sie anschließend bedruckt werden.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 5 von 30
Das Abtragen dünner Oberflächenbereiche
Dazu gehört der Begriff „Sputtern“. Er kommt vom englischen Wort für „zerstäuben“. Man
nennt dieses Verfahren deshalb auch oft „Katodenzerstäubung“. Dabei werden schwere,
positive Edelgasionen (Argon oder Xenon) „kalt“ auf die Katode beschleunigt. Dort geben sie
ihre kinetische Energie als Impulsstoß ab und können Atome aus der Katode herauslösen.
Diese bilden dann im Gegensatz zu thermischen Verdampferquellen einen „kalten Dampf“.
Die Anzahl der herausgelösten Atome pro auftreffendem Ion bezeichnet man als Sputterrate
(englisch: sputter yield).
auftreffende Kationen
herausgelöste Atome
+
+
erste Atomlagen der Katode
Prinzip der Katodenzerstäubung durch schwere Ionen
Als Ionenquellen kommen prinzipiell alle nicht-thermischen Gasentladungen in Frage.
Bekannteste Technologien sind:
- das Gleichstrom-Diden- oder Triodensputtern (Glimmentladung),
- das Magnetron-Sputtern (Mikrowellen-angeregt),
- das Sputtern mit Ionenstrahlen.
Herstellung dünner Schichten
Sie hat gerade in den letzten Jahren eine rasante Entwicklung erfahren. Sie basiert auf der
Mikroelektronik und der Mikrosystemtechnik, also dem Trend, zu immer kompakteren,
kleineren und dabei auch immer komplexeren Strukturen und Bauteilen zu kommen. Die
Vakuumverfahren sind insbesondere Verfahren der Dünnschichttechnik. Dünne Schichten
sind laut Definition nach DIN
Schichten von < 1 nm bis < 10 µm.
Dünne Schichten sind eine Domäne aller nicht-thermischen Plasmen. Ein Grund dafür ist
die Reinheit der Plasmen und damit auch der Schichten. Dünne Schichten unterscheiden sich
von dicken in zwei wesentlichen Gesichtspunkten:
• Das zunehmende Verhältnis von Oberfläche zu Volumen.
• Die (im Gegensatz zu thermisch gespritzten Schichten) von den Herstellungsbedingungen
abhängige Mikrostruktur.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 6 von 30
Trotzdem sind vier Zonen zu unterscheiden:
• Substratwerkstoff
• Übergangszone
• Schicht
• Oberfläche (d.h. Wechselwirkung mit der umgebenden Luft).
Dabei sind alle vier gleichwertig für den Schichtaufbau.
3. Vakuum-Dünnschichtechnologien
Anm: In diesem Abschnitt ist „Dünnschicht„ nicht auf eine dünne Schicht beschränkt,
sondern bezieht ausdrücklich auch den Abtrag dünner Oberflächenbereiche ein!
Man unterscheidet bei den Vakuum-Dünnschichttechnologien zwei Grundtypen:
- Die chemische Gasphasenabscheidung: CVD (chemical vapor deposition).
- Die physikalische Gasphasenabscheidung: PVD (physical vapor deposition).
Die Begriffe und Abkürzungen wurden im Jahr 1960 von John M. Blocher Jr. geprägt. Die
wesentlichen Unterschiede sind in der folgenden Tabelle zusammen gefasst.
Es ist für die Unterscheidung der beiden Technologiefamilien nicht ausschlaggebend, ob
eine chemische Reaktion stattfindet, sondern wo: Bei der CVD findet eine chemische
Oberflächenreaktion statt, die Schichtbildung bei der PVD ist dagegen rein
physikalisch.
Die Diffusion auf der Oberfläche ist bei beiden Gruppen Voraussetzung dafür, dass sich eine
geschlossene Schicht bildet. Die schichtbildenden Substanzen wandern so zu energetisch
günstigen Positionen, wo sie sich anlagern können und Keime bilden. Dafür ist eine
entsprechende Substrattemperatur Voraussetzung Da bei der CVD außerdem gasförmige
Reaktionsprodukte entstehen und abtransportiert werden müssen, wird klar, warum der Druck
hier höher sein muss: Eine Strömung kann es nur bei höherem Druck geben!
Ausgangssubstanzen
Schritte
Druck
Verfahren
PVD
fest
(Target)
Verdampfung
Transport zum Substrat
(Reaktion im Gasraum)
Adsorption (Kondensation)
Oberflächendffusion
↓
Schicht
Hoch- und Ultrahochvakuum
Zerstäuben (Sputtern)
Aufdampfen
CVD
gasförmig
(Precursor)
Injektion
Transport zum Substrat
(Reaktion im Gasraum)
Adsorption (Anlagerung)
Oberflächendffusion
Oberflächenreaktion
↓
Schicht
Desorption (Lösen v.d. Oberfläche)
Abtransport
Grobvakuum bis Atmosphärendruck
Plasmaunterstützt (PE-CVD)
Plasmaaktiviert (PA-CVD)
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 7 von 30
PVD-Verfahren
Es beginnt bei der PVD alles damit, dass man einen festen Ausgangsstoff in den gasförmigen
Zustand überführen muss. Der einfachste Weg ist dabei die thermische Verdampfung. Viele
plasmalose PVD-Verfahren arbeiten mit Lasern, Strom oder Induktionserwärmung. Aber auch
Gasentladungen kommen dafür in Frage, und zwar vor allem der Lichtbogen im Vakuum,
Elektronenstrahlen und Glimmentladungen. Zu den PVD-Verfahren gehört außerdem das
Sputtern und das Ionenplattieren. Bei letzterem sind die auf die Oberfläche beschleunigten
Ionen nicht mehr Edelgase, sondern Bestandteile der späteren Schicht, die auf der Oberfläche
nur noch entladen werden (rekombinieren).
Alle PVD-Verfahren können passiv oder reaktiv sein. Letzteres bedeutet, dass man in der
Dampf- bzw. Gasphase chemische Reaktionen ablaufen lässt. Die Schichtbildung selbst bleibt
aber auch dann -wie bei den passiven Verfahren mit Edelgasionen- rein physikalisch.
Verdampfen oder Sputtern kann man praktisch alle Werkstoffe. Die Vielfalt der Schichten ist
daher entsprechend enorm.
CVD-Verfahren
Neben plasmalos, thermisch angeregten CVD-Prozessen sind es hier zwei Grundvarianten:
- plasmaaktivierte CVD (PA- oder plasma activated CVD): Das Plasma stellt reaktive
Ionen und angeregte Zustände bereit und heizt gleichzeitig das Substrat, um das
Wachstum der Schichten (Oberflächendiffusion, Keimbildung) zu begünstigen.
- plasmaunterstützte CVD (PE- oder plasma enhanced CVD): Das Plasma stellt nur
reaktive Ionen und angeregte Zustände bereit, ist aber räumlich vom Substrat getrennt.
Die Temperaturbelastung wird so reduziert, aber auch die Wachstumsgeschwindigkeit
der Schichten.
Bei den Oberflächenreaktionen unterscheidet man vier Typen:
- Chemosynthese: Reaktionen mit Gasen
o Beispiel Titannitridabscheidung:
TiCl4(gas) + 1/2N2(gas) + 2H2(gas) → TiN(fest) + 4HCl(gas)
- Pyrolyse: thermische Zersetzung
o Beispiel Siliziumabscheidung:
SiH4(gas) → Si(fest) + 2H2(gas)
- Disproportionierung: eine Form der Redoxreaktion
o Beispiel Germaniumabscheidung:
2GeJ2(gas) → Ge(fest) + GeJ4(gas)
- Fotopolymerisation: Bildung von Kunststoffschichten (Polymeren) unter dem Einfluss
von Strahlung.
Für CVD-Prozesse kann man thermische und nicht-thermische Plasmaverfahren einsetzen.
Einschränkungen gibt es allerdings dadurch, dass nicht für alle gewünschten Schichten
Ausgangssubstanzen existieren, die mit der Oberfläche reagieren.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 8 von 30
4. Plasmaunterstützte Verfahren der Oberflächentechnik
Übersicht zu plasmagestützten Verfahren der Oberflächentechnik:
5. Nicht-thermische Gasentladungen
Eigenschaften des Niederdruckplasmas
Aufgrund der geringen Drücke und damit der geringen Teilchendichten bei Drücken kleiner
als 102 Pa überwiegt die Zahl der Wandstöße gegenüber den Zusammenstößen der Teilchen
untereinander. Die mittlere freie Weglänge ist so groß, dass die Teilchen vor allem mit der
Wand wechselwirken. Damit ist auch der Energieaustausch der Teilchen untereinander
eingeschränkt, so dass man nicht mehr von einer einheitlichen Temperatur der Teilchen
ausgehen darf. Die Elektronen haben eine viel höhere Temperatur (gemessen in eV) als die
schweren Teilchen, es liegt ein Nichtgleichgewichtsplasma vor .
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 9 von 30
10
5
Te
Temperatur [K]
104
103
Tg
102
10-4
10-3
10-2
10-1
1
101
102
103
Druck [kPa]
Teilchentemperaturen als Funktion des Druckes
Die Elektronen sind aufgrund ihrer geringeren Masse und ihrer höheren Beweglichkeit
gegenüber den Ionen die für den Stromtransport verantwortlichen Ladungsträger. Die
Energieaufnahme aus dem angelegten elektrischen Feld erfolgt in der Zeit, die zwischen zwei
Zusammenstößen erfolgt. Die großen freien Weglängen führen somit zu einer großen
Energieaufnahme:
Die Energieaufnahme ist größer als die Energieabgabe, deshalb folgt Te >> TG.
Zwischen der Driftgeschwindigkeit u und der elektrischen Feldstärke besteht bei thermischen
Plasmen der lineare Zusammenhang u = b E mit der Beweglichkeit b als Proportionalfaktor.
E
p
In Niederdruckplasmen gilt u ∝
, aber b = f ( E / p ), so dass die Proportionalität
von u nicht ganz exakt ist, zeigt aber die Abhängigkeit von Druck und Feldstärke.
Es gilt:
kleiner Druck:
sehr kleiner Druck:
großer Druck:
E
p
E
p
E
p
groß
sehr groß
klein
stationäre Driftbewegung
instationäre Driftbewegung,
⇒ Teilchenstrahlbildung
thermisches Gleichgewicht
Aufgrund der geringen Teilchendichte werden nur Ionisationsgrade von 10-4 erhalten, d.h. das
Niederdruckplasma besteht hauptsächlich aus neutralen, aber angeregten Partikeln.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 10 von 30
Überblick zu technisch genutzten Gasentladungen
Nicht-thermische Gasentladungen können stationär oder instationär (HF-Entladungen) sein. In
der Übersicht enthalten sind auch Informationen zu:
- technischen Bezeichnungen und gängigen (meist englischen) Abkürzungen,
- der Unterscheidung in nicht-thermische (NT) und thermische (T) Plasmen,
- der eventuellen Notwendigkeit eines Vakuums (V),
- wichtigen Anwendungen in Stichworten.
Entladungsform
Koronaentladung
Glimmentladung
normale Glimmentladung
anormale Glimmentladung
kapazitiv gekoppelte HFEntladung
induktiv gekoppelte HFEntladung
Mikrowellenplasma
Elektronenstrahlen
Ionenstrahlen
Abk.
DBD
HF
X
GD
V
Anwendungen
UV-Lampen, Plasma-TV,
Ozonerzeugung, Laserdrucker und
Kopierer, Umwelttechnik,
Elektrotechnik, Oberflächentechnik
X
CCP
X
X
Beleuchtungstechnik
Oberflächentechnik
Oberflächentechnik
ICP
X
X
Oberflächentechnik
µW
EB
X
X
X
Oberflächentechnik
Bildröhren, Schweißen, Schneiden,
Oberflächentechnik, Analytik
Oberflächentechnik, Analytik,
Triebwerke, Medizin,
IB
X
Nicht-stationäre Entladungen unterscheiden sich von den bisher behandelten stationären
Entladungsformen insbesondere dadurch, dass ihre Existenz nicht mehr an einen
Elektrodenmechanismus räumlich gekoppelt ist. Das Plasma existiert frei zwischen den
Elektroden und zwar dann, wenn die Amplitude der Schwingung kleiner als der halbe
Elektrodenabstand wird. Ionen und Elektronen können dann dem schnellen Wechsel des
äußeren Feldes nicht mehr folgen. Wenn das Plasma von den Elektroden entkoppelt ist,
können auch keine Verunreinigungen durch die Elektroden entstehen. Diese Plasmen sind
deshalb vor allem für Bereiche interessant, wo schon kleinste Verunreinigungen große
Wirkungen hervorrufen. Das ist zum Beispiel in der Analytik der Fall, aber besonders auch in
der Mikroelektronik und Mikrosystemtechnik
Die Energie für die jetzt folgenden Entladungen wird in Form elektromagnetischer Wellen
zugeführt. Wechselfelder unterteilt man in vier unterschiedliche Frequenzbereiche:
- Niederfrequenz: < 50 Hz
- Übergangsbereich: 50 kHz bis 5 MHz
- Hochfrequenz: 5 MHz bis 100 MHz
- Mikrowelle: > 1 GHz.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 11 von 30
Hier spielen die kollektiven Wechselwirkungen, speziell die Schwingungen eine
entscheidende Rolle. Im Plasma kommt es durch Ladungsverschiebungen im elektrischen
Feld zu charakteristischen Schwingungen. Diese Schwingungen haben eine bestimmte
Frequenz, die im Wesentlichen von der Elektronendichte abhängt. Um durch eine äußere
Schwingung Energie in das Plasma zu bringen, muss eine wichtige Randbedingung
eingehalten werden:
Die Frequenz der äußeren Schwingung muss immer größer sein,
als die Eigenfrequenz des Plasmas!
Dann bekommen die Teilchen Bewegungsenergie zugeführt und es kommt zunehmend zu
Ionisierungsprozessen. Ist die Frequenz kleiner, werden äußere Schwingungen einfach
reflektiert. Das bedeutet aber auch, dass es für solche Plasmen immer eine maximale
Elektronendichte gibt. Oder anders: Wird der Ionisierungsgrad zu hoch, verlischt die
Entladung. Auch das ist ein Grund, warum diese Entladungen meist nur im Vakuum
funktionieren, wo die Teilchendichte ohnehin niedrig ist.
6. Gleichstrom-Glimmentladungen
Grundlagen
Die Glimmentladung ist eine Form der selbständigen Gasentladung, die im Unterdruck
(Grobvakuum) durch Anlegen eines äußeren elektrischen Feldes generiert wird. Dazu müssen
zunächst durch eine äußere Quelle primäre Ladungsträger bereitgestellt werden. Praktisch
wird dies meist durch eine Überhöhung der Spannung über die Durchschlagspannung (sh.
auch U-I-Kennlinie der Gasentladung) oder durch zusätzliche Glühkatoden realisiert.
Die für Glimmentladungen typischen, katodischen und anodischen Glimmlichter treten erst
bei niedrigeren Drücken (< 0,5 bar) als Folge von unterschiedlichen Geschwindigkeiten der
Ladungsträger und angeregten Zustände (Laufzeitdifferenzen) auf.
Im folgenden Bild sind die Charakteristika einer Glimmentladung schematisch dargestellt.
Die raumladungsbedingten elektrischen Parameter zur Aufrechterhaltung der Gasentladung
ergeben räumlich bestimmte Leuchterscheinungen, die durch Dunkelräume voneinander
abgegrenzt sind. Die sich dort befindenden Elektronen besitzen nicht genug Energie, um beim
Stoß Atome und Ionen zum Leuchten anzuregen und müssen erst wieder im elektrischen Feld
beschleunigt werden.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 12 von 30
Glimmentladungs-Charakteristika
Räumliche Struktur der Entladungsstufen
Von der Kathode zur Anode schreitend, lässt sich die Glimmentladung je nach Druck in bis
zu acht aufeinander folgende Schichten unterteilen:
• Der Kathode am nächsten ist der Aston-Dunkelraum. Er ist ziemlich dünn, jedoch
gut sichtbar, wenn sich Edelgase oder Wasserstoff in der Entladungsröhre befinden.
• Es folgt eine dünne, rötliche Lichthaut, die als erste Kathodenschicht oder
Glimmhaut bezeichnet wird.
• Daran schließt sich eine lichtschwächere Zone, welche Hittorf- oder CrokesDunkelraum genannt wird.
• Der hellste Teil des Entladungsvorganges ist das negative Glimmlicht, welches vom
Hittorf-Dunkelraum klar abgegrenzt ist und zur anderen Seite hin schwächer wird.
• Die darauf folgende lichtlose Zone nennt man Faraday-Dunkelraum.
• Weiter schließt sich die Positive Säule an, die je nach Druck und Gasfüllung als
hängendes Lichtband oder in Form von getrennten Schichten in Erscheinung tritt.
• In der Nähe der Anode tritt das Anodische Glimmlicht auf.
• Direkt an der Anode befindet sich der Anoden-Dunkelraum.
Die für den Energieumsatz in der Glimmentladung wichtigsten Entladungsteile sind das
Katodenfall- und das sich anschließende Übergangsgebiet. Daher sind für wichtige
Anwendungen der Glimmentladung in der Oberflächentechnik die Werkstücke als Katode
geschaltet. An diese schließt sich im Wesentlichen der Faradaysche Dunkelraum, die positive
Säule und das Anodenglimmlicht bzw. der Anodenfallraum an.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 13 von 30
Bestimmend für die Aufrechterhaltung einer selbständigen Glimmentladung ist der
TOWNSEND-Mechanismus, also ein Zusammenspiel von Stoßionisation im Gasraum (Stoß
der im elektrischen Feld in Richtung Anode beschleunigten, schnellsten Elektronen gemäß
der Maxwell-Bolzmann-Verteilung und Bildung einer Elektronenlawine) und
Sekundärelektronenemission an der Katode (Rückkopplung der Entladung auf die Katode
durch den ankommenden Ionenstrom). Für letzteren Prozess ist charakteristisch, dass nur ein
Bruchteil der ankommenden Ionen genug Energie für die Ionisation mitbringt, da es im
Katodenfallgebiet verstärkt zu Stößen mit Neutralteilchen (Energieabgabe) kommt.
Normale und anormale Glimmentladung
Im Bereich der normalen Glimmentladung stellt sich der Katodenfall zunächst unabhängig
von der Stromstärke ein. Die Katode ist nicht vollständig vom Glimmsaum bedeckt. Die
Änderung der Stromstärke bewirkt daher eine Änderung des Entladungsquerschnittes, die
Stromdichte bleibt konstant. Bei höheren Stromstärken ist die Katode vollständig vom Plasma
bedeckt, die Eigenschaften des Katodenfalles sind stromstärkeabhängig, da ein Ausgleich
über den Entladungsquerschnitt nicht mehr möglich ist. Dieser Zustand wird als anormale
Glimmentladung bezeichnet.
Der anormale (steile) Bereich der U-I-Charakteristik wird wegen der vollständigen
Bedeckung der Katodenoberfläche und der höheren Effektivität durch höhere Plasmaenergie
in der Oberflächentechnik bevorzugt, birgt aber auch die Gefahr in sich, dass geringe
Änderungen in der Entladung zur Ausbildung von Funken- und Lichtbogenentladungen und
damit zur Beschädigung oder gar Zerstörung des Substrates führen. Deshalb hat sich die
gepulste Entladung durchgesetzt, die zwei Vorteile bietet:
-
Durch die Wahl von Pulszeiten, die mindestens eine Größenordnung unter der zur
Ausbildung einer Bogenentladung erforderlichen Zeit liegen, wird die
Lichtbogenbildung verhindert.
Über die Variation von Pulszeit (tON) und Pulspause (tOFF) ist eine definierte Steuerung
des Energieeintrages möglich.
Die Plasmaleistung der gepulsten Glimmentladung ergibt sich zu:
PPlasma = U ⋅ I ⋅
ton
ton + toff
ton
wird als Tastverhältnis bezeichnet. Das Prinzip des Pulsens ist in
ton + toff
folgender Abb. dargestellt.
Der Ausdruck
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 14 von 30
Schematische Darstellung des Pulsens
Die räumliche Ausdehnung von positiver Säule und negativem Glimmlicht in der
Glimmentladung wächst mit sinkendem Druck. Für technische Anwendungen (3dimensionale Elektroden) muss daher eine als Hohlkatodeneffekt bezeichnete Erscheinung
beachtet werden, wenn die Dicke des Glimmsaumes in Bereiche der räumlichen Ausdehnung
von Löchern oder Spalten, bzw. des Abstandes zwischen zwei Substratteilen in einer Charge
kommt. Das Bild unten zeigt die Glimmentladung in einer Plasmanitrieranlage. Aus dieser
Abbildung wird der Effekt anhand der unterschiedlich starken Leuchterscheinung erkennbar.
Die Hohlkatode in den Spalten führt zur örtlichen Überhitzung und kann das zu behandelnde
Bauteil zerstören. Andererseits kann dieser Effekt aber auch gezielt genutzt und angewendet
werden (Beispiel: Hohlkatodensputtern).
Glimmsaum an
einem Gestellteil
Glimmsaum im Spalt:
Hohlkatode!
Glimmentladung beim Plasmanitrieren
(Fa. ELTRO, Baesweiler)
Technische Anwendungen der Glimmentladung
Die Beleuchtungstechnik ist außerhalb der Oberflächentechnik die wichtigste und generell
auch die bekannteste Anwendung der Glimmentladung. Bei Leuchtstoffröhren handelt es
sich um Gasentladungslampen, die mit geringen Mengen Edelgas gefüllt und an der
Innenseite der Röhre mit einem fluoreszierenden Leuchtstoff beschichtet sind. Als
eigentliches Leuchtmittel ist zusätzlich eine geringe Menge Quecksilber in der Röhre, welche
durch das Plasma angeregt hauptsächlich ultraviolettes Licht abstrahlt. Dieses wird von der
Beschichtung in sichtbares Licht umgewandelt.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 15 von 30
In der Oberflächentechnik versucht man dagegen immer mit viel Energie zu arbeiten. Hier
kommt die anormale Glimmentladung zum Einsatz. Die Gastemperaturen können hier bis
1.000 °C betragen. Wichtigste Anwendungsgebiete sind:
- Verfahren zur Aktivierung und Reinigung von Oberflächen (Oberflächenmodifikation)
- PVD/CVD-Verfahren (Beschichtungen)
- Plasmadiffusionsverfahren (Randschichtmodifikation).
7. Kapazitiv gekoppelte Entladungen
Hierbei handelt es sich im Prinzip um eine einfache Kondensatoranordnung. Ein Kondensator
ist ein passives Bauelement, der Name kommt vom lateinischen Begriff für „dicht gedrängt“.
Das bezieht sich hier auf die Ladungsträger. Im einfachsten Fall besteht der Kondensator aus
zwei Platten, die durch einen Isolator (Dielektrikum) voneinander getrennt sind. Der
Kondensator speichert Energie, indem er die Ladungsträger trennt und auf einer Elektrode
zusammendrängt. Das Maß für die Speicherfähigkeit ist seine Kapazität. Um ein kapazitiv
gekoppeltes Plasma (abgekürzt: CCP, vom englischen capacitively coupled plasma) zu
erzeugen, benötigt man also nur eine Kondensatoranordnung und ein Vakuum-Gefäß.
Der Kondensator muss an eine Hochfrequenz-Quelle (HF, in englischen auch RF, von radio
frequency) angeschlossen werden. Radiofrequenzen, liegen typischerweise im Bereich von
Kilohertz. Die zugehörigen Elektronendichten betragen etwa 1011 bis 1013 pro cm³. Typische
Gastemperaturen liegen zwischen Raumtemperatur und 2.000 K. Der Druck beträgt um 0,1
mbar (10 Pa, Feinvakuum).
Anordnungen zur Erzeugung eines CC-Plasmas
Links: planparallele Anordnung
rechts: konzentrische Anordnung
8. Induktiv gekoppelte Entladungen
Auch der Begriff „Induktion“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „hineinführen“.
Jeder stromdurchflossene Leiter ist ja von einem Magnetfeld umgeben. Das breitet sich
wellenförmig aus und kann so Energie übertragen. Ändert sich der Strom, dann ändert sich
das Magnetfeld. Die Induktivität ist daher definiert als Änderung des magnetischen Flusses
durch die Änderung des Stromes.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 16 von 30
Ein sich änderndes Magnetfeld induziert in einem anderen Leiter eine Spannung
(„elektromagnetische Induktion“). Man nutzt die elektromagnetische Induktion auch zu
Erwärmungszwecken. So werden Metallteile z.B. vor dem Schmieden oder Walzen erwärmt
oder auch gehärtet. Die Induktion wirkt aber nur in einem begrenzten Bereich, den man als
„Eindringtiefe“ bezeichnet. In ihr wird der Großteil der Energie umgesetzt. Sie hängt von der
Frequenz und von der Leitfähigkeit des Leiters ab.
Zur Erzeugung eines induktiv gekoppelten HF-Plasmas (abgekürzt: ICP, vom englischen
inductively coupled RF-plasma) wird der Leiter zu einer einlagigen Spule aufgewickelt. Sie
ist meist zylinderförmig, weil hier die Energieeinkopplung am effektivsten funktioniert.
Konzentrische Anordnung zur Erzeugung eines IC-Plasmas
Das ICP ist eine der seltenen Gasentladungen, die als thermische Hochdruckentladung und
nicht-thermische Niederdruckentladung existieren. Das Niederdruck-ICP entspricht dabei
hinsichtlich der Parameter und Eigenschaften in etwa der CCP. Die Frequenzen liegen im
gleichen Bereich wie die beim CCP ebenso die Elektronendichten und Gastemperaturen.
Anwendungen:
Nicht-thermische CC- und IC-Plasmen werden vor allem in der Oberflächentechnik zur
Erzeugung dünner Schichten bzw. zum Abtragen von Oberflächen (Sputtern) verwendet.
9. Mikrowellenenplasmen
Mikrowellen findet man im elektromagnetischen Wellenspektrum irgendwo zwischen
Radiowellen und sichtbarem Licht. Die Frequenzen liegen zwischen 300 Megahertz und 300
Gigahertz (1 MHz = 106 Hz und 1 GHz = 109 Hz oder 109 Schwingungen pro Sekunde. Unser
240-V-Stromnetz hat ja bekanntlich 50 Hz). Die Länge einer solchen Welle liegt dabei
zwischen 1 Millimeter und 1 Meter. In diesen Dimensionen arbeiten auch Radaranlagen,
WLAN-Netze und das Satellitenfernsehen. Und damit man noch telefonieren oder fernsehen
kann, während die Tiefkühl-Pizza auftaut, ist die Frequenz der Küchenmikrowelle bei allen
Geräten gleich und nur dafür offiziell freigegeben. Sie ist nicht 100% identisch mit der
Resonanzfrequenz des Wassermoleküls (22,23508 GHz).
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 17 von 30
Mikrowellen erzeugt man mit einem Magnetron. Das ist z.B. auch in der Küche eine auf
Hochvakuum evakuierte Röhre, in deren Mitte sich eine beheizbare Katode befindet. Außen
herum ist ein Magnet angeordnet, der Hohlräume (Resonatoren) enthält.
umlaufendes
Elektron
-
+
+-
Resonator
+
+
+
-+
Auskoppelschleife
+-
Magnet
+
Katode
Prinzip der Magnetronröhre
Die Katode sendet Elektronen aus, die vom Magnetfeld auf eine Kreisbahn gezwungen
werden. Die beiden Seiten einer Resonatoröffnung bilden dabei immer zwei magnetische
Pole, so dass es zu eine Geschwindigkeitssteuerung der Elektronen durch Abstoßung und
Anziehung kommt. Das führt dazu, dass nicht nur einzelne Elektronen, sondern ganze
Elektronenwolken an den Resonatoren vorbeifliegen. Man kann sich das wie die rotierenden
Klingen eines Pürierstabes vorstellen.
Durch diese vorbeifliegenden Elektronenwolken entstehen in den Resonatoren
Schwingungen. Diese Schwingungen können mit einer Antenne ausgekoppelt und zum Ort
der Anwendung weiter geleitet werden.
Die Temperaturen in einem Mikrowellenplasma können sehr hohe Werte annehmen.
Abhängig von Konfiguration und Leistung sind von der Raumtemperatur ausgehend bis zu
8.000 K drin. Das bedeutet, dass die Mikrowelle ein weiteres Beispiel für eine Gasentladung
ist, die sowohl thermisch als auch nicht thermisch generiert werden kann. Die maximale
Elektronendichte liegt bei einer Frequenz von 2,45 GHz bei rechnerisch 7,2 · 1010 cm-3. Je
höher die Frequenz wird, desto niedriger muss die Elektronendichte und damit auch der
Druck sein. Die Mikrowellen kann man daher sogar bei Atmosphärendruck anwenden. Dazu
sind spezielle Frequenzen und Anpassungen erforderlich.
Mikrowellenplasmen werden vor allem in der Oberflächentechnik zur Herstellung dünner
Schichten, zum Abtragen dünner Schichten (Sputtern) oder zur Aktivierung bzw. Reinigung
von Oberflächen vor anderen Bearbeitungsschritten eingesetzt. Dabei setzt man aber meist
ebene Anordnungen (Planar-Magnetrons) ein. Die können Abmessungen von einigen
Metern Länge erreichen und damit auch große Flächen effektiv bearbeiten.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 18 von 30
10. Teilchenstrahlen
Die folgenden Gasentladungen basieren auf TeilchenKorpuskularstrahlung. Unter diesen Begriff fallen:
- Alphastrahlung (radioaktive Strahlung)
- Betastrahlung (Elektronenstrahlen)
- Ionenstrahlung
- Neutronenstrahlung
- Molekuarstrahlung (Neutralteilchenstrahlung).
oder
wissenschaftlicher
Ihnen ist gemeinsam, dass sie aus Teilchen bestehen, denen eine Masse zugeordnet werden
kann. Deshalb zählen Gammastrahlen (Röntgenstrahlung) oder Photonenstrahlung (Licht)
nicht dazu.
Der Großteil der kosmischen Strahlung, die tagtäglich auf uns hernieder prasselt, besteht aus
solchen Teilchen. Für die Plasmatechnik sind insbesondere die Ionen- und
Elektronenstrahlen von Bedeutung. Beide weisen im Gegensatz zu allen bisher behandelten
Entladungsformen eine weitere Besonderheit auf: Sie bestehen überwiegend aus nur einer
bestimmten Teilchenart und weichen deshalb vom Prinzip der Quasineutralität eines Plasmas
ab. Im Gegensatz zur Strahlung sind Strahlen konzentriert.
Dazu muss die stationäre Drift der Ladungsträger in eine instationäre Drift übergehen. Damit
ergibt sich eine Grundvoraussetzung für diese speziellen Plasmastrahlen: Sie können nur im
Hoch- und Ultrahochvakuum erzeugt werden!
Elektronenstrahlen
Die Erzeugung von Elektronenstrahlen ist auf den ersten Blick recht einfach. Man braucht
eine beheizbare Katode (Glühkatode) in einer Röhre, die entsprechend evakuiert ist
(Braun´sche Röhre).
Die Elektronen werden durch Thermoemission freigesetzt. Zum Strahl werden sie dadurch,
dass man sie durch elektromagnetische Felder bündelt, beschleunigt und in eine bestimmte
Richtung lenkt. Elektronenstrahlen nennt man auch einfach Katodenstrahlen. Bis zur
Entwicklung der LCD- und Plasmabildschirme waren sie eine wesentliche Grundlage von
allen Fernsehgeräten.
Elektronenstrahlen haben eine hohe Energiedichte (104 bis 105 W/cm², das ist mehr als das
Tausendfache einer heißen Flamme!). Die beruht nicht nur darauf, dass man solche Stahlen
bis auf Durchmesser unter einem Millimeter fokussieren kann, sondern vor allem darauf, dass
die Elektronen extrem schnell sind. Ihre Geschwindigkeit kann bis zu 2/3 der
Lichtgeschwindigkeit betragen, so dass sie trotz ihrer kleinen Masse eine hohe kinetische
Energie haben.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 19 von 30
Das nutzt man vor allem für die Bearbeitung von Oberflächen durch:
- Erwärmung der Randschicht (Härten, Anlassen, Glühen)
- Aufschmelzen der Randschicht (Schweißen, Schneiden, Beschichten).
Daneben bilden Elektronenstrahlröhren das Herzstück des Raster-Elektronenmikroskops
(REM), mit dem man sehr kleine Objekte im Gegensatz zu Lichtmikroskopen sehr scharf
(aber das leider nur in Graustufen) darstellen kann. Die maximale Vergrößerung liegt bei
100.000-fach. Gute Lichtmikroskope kommen auf maximal 1.500-fache Vergrößerung.
Ionenstrahlquellen
Ionenstrahlung besteht aus schnell bewegten Ionen, also Atomen oder Molekülen, die nicht
ihre gewöhnliche Zahl an Elektronen besitzen und daher positiv oder negativ elektrisch
geladen sind. Natürlich vorkommende Ionenstrahlungen sind die kosmische Strahlung (die
daneben noch andere Strahlenarten enthält) und die Alphastrahlung. Technisch kann
Ionenstrahlung durch Erzeugung von Ionen in einer Ionenquelle (z.B. durch elektrische
Gasentladung) und nachfolgende elektrische Beschleunigung erzeugt werden.
Die Kaufman-Quelle
Die Kaufman-Quelle arbeitet bei Drücken von 10-3 mbar bis 10-4 mbar und relativ geringen
Spannungswerten um 50 V. Dadurch entsteht auch nur ein geringer Prozentsatz mehrfach
ionisierter Ionen.
Die Freeman-Ionenquelle
Diese Quelle basiert ebenso wie die Kaufman-Quelle auf einer Gleichstrom-Glimmentladung.
Auch das äußere Magnetfeld zur Erhöhung der Ionisierungswahrscheinlichkeit ist vorhanden.
Allerdings fungiert hier nicht ein Draht, sondern ein exzentrisch positionierter und parallel zur
Achse durch den Entladungsraum gehender Wolframstab als Katode. Die Ionen werden nicht
am Ende des Entladungsraumes, sondern durch einen seitlichen Schlitz (z. B. 40 mm x 2 mm)
extrahiert. Die Extraktionselektrode befindet sich im allgemeinen in einem relativ großen
Abstand zu diesem Schlitz (bis 3 cm). Der Abstand ist verstellbar. Die aus dieser Quelle
extrahierten Ionen haben gegenüber der Kaufmann-Quelle wesentlich höhere Energien und
sind daher vorzugsweise in der Ionenimplantation anzutreffen.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 20 von 30
wichtige Systemkomponenten
Ein vollständiges System zur Erzeugung von Ionenstrahlen besteht aus:
- der Quelle
- Filtern
- Linsen
- eventuell einem Beschleuniger
- dem Scanner.
Wechselwirkung von Ionen und Festkörpern
Grundphänomene:
- das Einbringen von Material in den Festkörper
- Erzeugung von Schäden in Kristallen
- Ionisation, Photoemission, Kernanregung.
Insgesamt ergeben sich folgende Mechanismen der Wechselwirkung und die daraus
abgeleiteten Verfahren der Oberflächentechnik und Analytik:
Die WW mit dem Festkörper hängen von der Masse des eingeschossenen Ions und der Masse
sowie Ordnungszahl der Festkörperatome ab. Daraus resultieren charakteristische Energien
für:
o Aktivierung (0,1 eV)
o Desorption/Reinigen (10 eV)
o Beschichten (100 eV)
o Sputtern/Ätzen (> 100 eV)
o Implantieren (bis MeV)
11. Dielektrisch behinderte Entladungen (DBD)
Die DBD (Dielectric Barrier Discharge) ist eines der wenigen Beispiele für ein
Nichtgleichgewichtsplasma bei Atmosphärendruck. In der Technik wird sie im
deutschsprachigen Raum auch einfach als Barriereentladung bezeichnet, abgeleitet vom
relativ simplen Aufbau einer solchen Entladungsanordnung:
Sie wird durch eine hochfrequente Hochspannung zwischen zwei Elektroden
(Hochspannungs- und Erdelektrode) generiert, von denen mindestens eine durch ein
Dielektrikum abgeschirmt ist. Eine solche Anordnung kann planparallel oder konzentrisch
ausgeführt werden. Im dazwischen liegenden Spalt wird die Entladung generiert.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 21 von 30
Hochspannungselektrode
Dielektrikum
Entladungsspalt
Erdelektrode
DBD-Anordnungen
Speziell die Entladung in der konzentrischen Anordnung ist als eher unerwünschte
Erscheinung bei stark asymmetrischen Elektrodengeometrien (z. B. ein Draht in einem Rohr)
auch in der Elektrotechnik bekannt und wird hier wie die natürliche Form als
Koronaentladung bezeichnet. Unerwünscht ist sie deshalb, weil sie hier Energieverluste
bedeutet. Sie ist hier leicht am Knistergeräusch und am typischen scharfen Ozongeruch
erkennbar.
Im normalerweise nur einige Millimeter breiten Entladungsspalt der dargestellten
Anordnungen werden im Gegensatz zu stationären Nichtgleichgewichtsplasmen (z. B.
Glimmentladung), so genannte Volumenentladungen in Form transient auftretender
Plasmafilamente (Mikroentladungen) generiert. Zur Zündung bei Atmosphärendruck sind
Hochspannungen (HS) in der Größenordnung zwischen 5 kV und 100 kV bei Frequenzen
zwischen 50 Hz und 1 MHz erforderlich.
Entladungsmechanismus:
An Inhomogenitäten (mikroskopischen Spitzen) der HS-Elektrode kommt es durch Feld- und
Fotoemission zur Freisetzung von Elektronen, die im E-Feld beschleunigt werden und durch
Stöße weitere Ladungsträger erzeugen. Liegt eine Hochspannung an, werden die Elektroden
aufgeladen. Das Dielektrikum läd sich entsprechend entgegengesetzt auf. Es kommt bei
Erreichen der Durchschlagspannung zur Bildung eines leitfähigen Kanals (Streamer) und
damit zum Ladungsausgleich. Das Dielektrikum verhindert aber, dass ein Strom dauerhaft
fließt. Deshalb existieren die Filamente nur etwa 1 ns bis 100 ns.
Da innerhalb der kurzen Entladungsdauer nur wenige Teilchen ihre Energie durch Stöße an
andere, schwere Teilchen abgeben können, ist ein Temperaturausgleich nicht möglich. Die
Gastemperatur bleibt mit einigen 100 °C deutlich niedriger als die den Ladungsträgern
zuzuordnenden Temperaturen und damit liegen eindeutig Nichtgleichgewichtsbedingungen
bei Atmosphärendruck vor.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 22 von 30
Bei den Filamenten handelt es sich normalerweise um eine Volumenentladung. Spezielle
Bauformen, bei denen das Dielektrikum an der der HS-Elektrode zugewandten Seite
metallisiert ist, führen auch zu Oberflächenentladungen, die auf der Elektrodenoberfläche als
homogen betrachtet werden können.
Charakteristika der Mikroentladungen
In der Tabelle 1 sind einige Kennwerte der Mikroentladungen zusammengefasst:
Tabelle 1: Typische Kennwerte von Mikroentladungen
Dauer
Radius
transportierte Ladung
Stromdichte (Filament)
Elektronendichte
Elektronenenergien
Gastemperatur
1 ... 100 ns
0,1 mm
100 … 1000 pC
100 ... 1000 A / cm2
1020 ... 1021 m-3
1 ... 10 eV
einige 100°C
(U. Kogelschatz: XX Int. Conf. on Phenomenon in Ionized Gases, ICPIG XX), Pisa 1991)
PROZESS
Diese Kennwerte müssen in Zusammenhang mit der Existenz einer Vielzahl von
Einzelentladungen gleichzeitig und innerhalb der Zeitskala wichtiger Elementarprozesse
gesehen werden, um die wichtigsten Anwendungen der DBD zu verstehen:
Einstellung
der
Elektronenenergie
nach
Boltzmann
Zündung
Anregung
Dissoziation
Ionisation
Radikalchemie
Chemische
Reaktionen
im
Grundzustand
ps
ns
µs
ms
s
ks
ZEIT
Zeitskala der Prozesse innerhalb einer Barriereentladung
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 23 von 30
Die Vielfalt der Anwendungsmöglichkeiten dieser Entladungsform beruht dabei auf drei
Grundeffekten:
- Die Bildung von Radikalen durch Anregung. Diese angeregten Zustände sind
chemisch wesentlich aktiver als ihre Grundzustände. Das nutzen die Plasmachemie
und die Oberflächentechnik.
- Die gleichzeitige Desaktivierung angeregter Zustände unter Aussendung von
Strahlung. Dabei handelt es sich überwiegend um UV-Strahlung. Sie wird in
speziellen Beleuchtungsquellen ausgenutzt, spielt aber auch bei der Reinigung und
Modifikation von Oberflächen eine Rolle. UV-Strahlung bildet auch die Basis für das
Plasma-TV.
- Die statische Aufladung der Elektrodenflächen. Ohne sie funktionieren
Kopiergeräte und Laserdrucker nicht.
DBD-Anordnungen bilden auch die Basis für Plasma-TV-Geräte:
Erdelektrode (ITO)
Dielektrikum (Glas)
Mikroentladung
Leuchstoff
Adresselektrode (Leiterbahn)
Grundplatte (Glas)
Prinzipieller Aufbau eines Pixels im Plasma-TV-Bildschirm
Oberflächenmodifikation mit DBD: Kunststoff-Folien lassen sich nur bekleben oder
bedrucken, wenn sie sich gut benetzen lassen. Das tun die meisten Kunststoffe nicht.
Kriterium dafür ist ihre Oberflächenenergie. Gut benetzende Oberflächen haben eine hohe
Oberflächenenergie. Sie sind hochenergetisch. Für eine gute Benetzung sollte die Flüssigkeit
darauf niederenergetisch sein.
Durch eine Modifikation oder Beschichtung von Oberflächen kann man die Benetzbarkeit
beeinflussen: Selbstreinigende Oberflächen sollten schlecht benetzend sein („wasserfeindlich“
oder hydrophob). Gut benetzend sind „wasserfreundliche“ oder hydrophile Oberflächen. Mit
DBD´s lässt sich beides alternativ zu umweltschädigenden nasschemischen Verfahren
„trocken“ realisieren. Überprüft wird das Ergebnis z.B. mit Wasser oder speziellen
Testflüssigkeiten, indem die Ausbreitung von Tropfen auf der Oberfläche durch die Messung
des Kontaktwinkels bewertet wird).
kaum breit gelaufen,
großer Kontaktwinkel,
schlechte Benetzung,
“hydrophob”
stark breit gelaufen,
kleiner Kontaktwinkel,
gute Benetzung,
“hydrophil”
Benetzung von Oberflächen durch Flüssigkeiten
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 24 von 30
Wird eine Kunststoffoberfläche einem DBD-Plasma ausgesetzt, das aus Edelgasen oder aus
Molekülen wie Stickstoff, Sauerstoff, Luft oder Ammoniak besteht, so werden durch UVStrahlung in der Oberfläche Bindungen aufgebrochen und reaktive Stellen erzeugt. Diese
reaktiven Stellen können einerseits miteinander reagieren und eine zusätzliche Vernetzung
des Kunststoffs bewirken. Andererseits wird die so aktivierte Oberfläche zu spontan zu
Folgereaktionen, z.B. mit den Radikalen befähigt.
Mit spezielle Gasen, deren Bestandteile (Radikale) mit der Oberfläche chemisch reagieren
können, sind auch Beschichtungen herstellbar. Das ist eine Variante der
„Plasmapolymerisation“, da hier meist kohlenwasserstoffhaltige Polymerschichten erzeugt
werden. Die schlagen sich bei den üblichen Anordnungen auf der Barriere nieder, die also
gleichzeitig als Substrat oder Substratträger wirkt. Die erreichbaren Schichtdicken liegen
deutlich unter 1 µm.
12. Dünne Schichten
Schichtentstehung
Energetische Prozesse
Das Wachstum einer Schicht aus freien Atomen oder Teilchen wird wesentlich bestimmt
durch die
• Eigenschaften der Teilchen
- Masse
- Chemische Konstitution
- Energetische Anwendung
- Geschwindigkeit
- Stoßrate
- Einfallswinkel
• Eigenschaften der Substratoberfläche.
Die Wechselwirkung des Teilchenstromes mit der Substratoberfläche bestimmt die
Schichteigenschaften. Die Teilchenströme im Vakuum können analog den Lichtstrahlen als
geradlinig angenommen werden. Teilchenströme sind gleichzeitig Träger von Masse-,
Energie- und Impulsstromdichten. Die Energie ist aufgespalten in einen kinetischen Anteil,
der an die Geschwindigkeit der Teilchen gekoppelt ist. Der potentielle Anteil entspricht der
Verdampfungswärme, der Schmelzwärme, chemischer Energie und der Energie angeregter
Zustände. Letztere wirken insbesondere auf die Reaktivität der Stoßprozesse.
Die kinetische Energie ist bestimmend für die Elementarprozesse der Wechselwirkung (sh.
Abb. 1). Die prinzipielle Abhängigkeit ist im Bild dargestellt. Es wird davon ausgegangen,
dass der Prozess mit der höchsten Prozesswahrscheinlichkeit am meisten
schichtmodifizierend wirkt.
Bezüglich des chemischen Bindungszustandes bzw. der für diese Bindungen typischen
Eigenschaften, können die vorwiegend verwendeten Hartstoffe in drei Gruppen unterteilt
werden:
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 25 von 30
•
•
•
metallische Hartstoffe: Nitride, Carbide und Boride der Metalle der 4ten bis 6ten
Nebengruppe des Periodensystems der Elemente (hierbei basiert die Namengebung auf
den dominierenden metallischen Eigenschaften der Verbindungen, beispielsweise TiN,
WC, ZrB
kovalente Hartstoffe: Boride, Carbide und Nitride der Elemente B, Si und Al
einschließlich des Diamants z.B. kubisches BN, SiC, AlB
ionische Hartstoffe: Oxide der Elemente Al, Ti, Zr, Be, wie Al2O3, TiO2, ZrO2.
Die Grenzflächen zwischen Schicht und Substrat und Schichten untereinander bestimmen die
Festigkeit der Verbindung. Es lassen sich 5 verschiedene Arten unterscheiden:
• Nahezu wechselwirkungsfreie Grenzfläche mit vorrangig mechanischem Zusammenhalt,
bei kovalent gebundenen Hartstoffen
• (teil-)kohärente Grenzflächen
bei metallischen Hartstoffen auf metallischen Substraten
• Grenzflächen mit Mischphasen
Zwischen ionisch gebundenen Hartstoffen und metallischen Substraten
• Übergangszone infolge thermischer Diffusion zwischen Komponenten der sich bildenden
Schicht
• Übergangszone infolge der durch das Auftreffen hochenergetischer Teilchenströme
einsetzenden Pseudodiffusion.
Wachstumsstadien
Die Schichtbildung erfolgt im Allgemeinen auf Substraten durch heterogene Keimbildung.
Die Eigenschaften des Substrates unterscheiden sich in physikalischer und chemischer
Hinsicht in der Regel stark von denen der Schicht. Die ersten Atomlagen der aufwachsenden
Schicht bestimmen nicht nur die Festigkeit der sich ausbildenden Verbindung zwischen
Substrat und Schicht – ähnlich wie beim thermischen Spritzen die erste Lage - , sondern auch
maßgeblich die Morphologie. Die Morphologie ist das Ergebnis dreier Wachstumsstadien, des
Keimbildungsprozesses, des Auswahlwachstums und des Normalwachstums (Tabelle 2).
Tabelle 2: Elementarprozesse beim Wachstum dünner Schichten
Betrachteter Aspekt
Elementarprozeß bzw. Merkmal des Schichtwachstums
Beteiligung chemischer Reaktionen:
• Zwischen schichtbildenden Teilchenströmen und
Substratmaterial
• Zwischen schichtbildenden Teilchenströmen
Kondensationsverhalten - Vollständige/ unvollständige Kondensation
Wachstumsmaterialen Keimbildungsprozesse, Auswahlwachstum, Normalwachstum,
Rekristallisation
Schichtenwachstum (zweidimensional), Inselwachstum
Wachstumsmoden
(dreidimensional), Übergangsformen zwischen zwei- und
dreidimensionalem Wachstum
Amorph, kristallin (poly- und monokristallin), mehrphasig, amorphe
Ordnungsgrad
und kristalline Bereiche
Realstruktur der Schicht: Orientierung, Texturen, Defekte
Chemische Reaktivität
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 26 von 30
Morphologie / Zonenmodelle
...für Aufdampfschichten
Das Modell stammt von Movchan und Demchishin. Sie untersuchten Aufdampfschichten in
Abhängigkeit der homologen Temperatur, dem Verhältnis von Substrattemperatur TSu zu der
Schmelztemperatur TS des Schichtmaterials und konnten 3 Zonen definieren:
Zonenmodell für Aufdampfschichten
Zone 1 (TSu < 0,3 TS)
Niedrige Substrattemperatur bedeutet niedrige Oberflächenbeweglichkeit ⇒ inselförmig wachsende Körner, die
bevorzugt in Richtung des auftreffenden Dampfstrahles wachsen. Das Wachstum wird durch die energetisch
günstigsten Kristallflächen bestimmt. Es treten Abschattungseffekte auf (Geradlinigkeit der Teilchenstrahlen).
Die Schichten besitzen eine hohe Porosität, geringe Dichte, große Rauhigkeit.
Zone 2 (0,3 TSu < 0,45 TS)
Erhöhung der Oberflächenbeweglichkeit, der Keimbildungshäufigkeit. Dadurch bilden sich Schichten mit
geringerer Porosität und höherer Dichte. Das Wachstum erfolgt von den Spitzen der Keime entgegengesetzt zum
Teilchenstrom (Stengelwachstum). Die Schichten weisen eine geringere Rauheit auf.
Zone 3 (TSu > 0,45 TS)
Weitere Erhöhung der Oberflächenbeweglichkeit, Auftreten von Volumendiffusion. Die Morphologie ähnelt der
eines rekristallisierten Materials.
...für aufgestäubte Schichten
Die Modellvorstellung geht auf Thronton zurück. Durch die auftreffenden hochenergetischen
Teilchen mit Energien zwischen 4 bis 40 eV (thermische Energien 0,1 ... 0,2 eV!) ergeben
sich nicht nur Abhängigkeiten von der homologen Temperatur, der Energie, sondern auch
vom Druck in der Beschichtungskammer. Letzterer wirkt sich vor allem in der so genannten
Übergangszone T zwischen den Zonen 1 und 2 aus. Die Gründe dafür sind die zunehmenden
Stöße mit Gasteilchen auf dem Weg zum Substrat und der steigende Energieverlust mit
steigendem Gasdruck. Dadurch sinkt aber die Oberflächenbeweglichkeit. Hartstoffschichten
haben überwiegend eine Morphologie der Zone T:
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 27 von 30
Zonenmodell für aufgestäubte Schichten
Durch eine negative Vorspannung des Substrates (BIAS) und damit einer energetischen
Aktivierung kann die Morphologie der Zone T schon bei niedrigeren homologen
Temperaturen erreicht werden, wie schematisch im Bild dargestellt, vom Messier aufgestellt:
Zonenmodell für aufgestäubte Schichten bei konstantem Druck, aber veränderter Teilchenenergie durch
Substratvorspannung nach Messier
Beispiele für Anwendungen dünner Schichten:
Dekorativ-abriebfeste Schichten
Außer metallisch glänzenden Spiegelschichten bietet die Plasma-Dünnschichttechnologie
einen fast vollständigen Farbkasten an. Weil solche Schichten nicht nur dekorative, sondern
meist auch schützende Funktionen haben, handelt es sich oft um Hartstoff-Schichten. Gute
Beispiele sind Gemische aus Titannitrid und Titankarbid (Titan-Karbonitride). Je nach
Zusammensetzung kann man einen bestimmten Farbton erhalten.
Dünnschicht-Widerstände
Von solchen Schichten wird vor allem ein niedriger Temperaturkoeffizient erwartet Dünne
Schichten können das im Gegensatz zu dicken Schichten oder Drähten aus dem gleichen
Material. Beispiele sind spezielle Ni-Cr-Legierungen; aber auch Cermets, wie GoldTantaloxid-, Aluminium-Aluminiumoxid- bzw. Aluminium-Siliziumoxidschichten. Sie
werden meist mit Aufdampf-/Sputterverfahren hergestellt.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 28 von 30
Halbleiterschichten für die Elektronik/Optoelektronik
Klassische Beispiele sind (dotierte) Schichten aus Silizium und Germanium. Erwartet werden
einstellbare Eigenschaften, eine hohe Beweglichkeit der Ladungsträger (geringer
Eigenwiderstand) und hohe Langzeitstabilität. Man erzeugt sie je nach Zusammensetzung und
Anforderungen mit PVD- und CVD-Verfahren.
Schichten für die Solartechnik
Neben ein- und polykristallinen Solarzellen gibt es auch Dünnschicht-Solarzellen aus
amorphem Silizium. Die werden auf Glas oder Kunststoff aufgesputtert und sparen nicht nur
teures Ausgangsmaterial, sondern haben auch noch einen anderen Vorteil: der schon erwähnte
Temperaturkoeffizient des Widerstandes. Außerdem spielen Dünnschichtverfahren für die
Herstellung solarselektiver Schichten auf Absorbern für die Solarthermie eine wichtige Rolle.
Es handelt sich dabei meist um (blau aussehende) Titan-Nitrid-Oxid-Verbindungen, die mit
kombinierten Plasma-PVD/CVD-Verfahren hergestellt werden. Man benutzt dazu
Hohlkatodensputtern oder Planar-Magnetronanlagen (Mikrowellen).
Optische Schichten
Hier geht es um die gezielte Beeinflussung der optischen Eigenschaften Transmission,
Reflexion, Absorption und Streuung. Deshalb unterteilt man sie in
- reflexionsmindernde Schichten: Das sind Farbgläser mit Beimischungen aus
Metallen, Metall-Oxiden und Metall-Fluoriden.
- Spiegelschichten: Hier verwendet man dünne Metallschichten, die zum Schutz meist
noch mit Siliziumdioxid (Quarz) überzogen sind. Es gibt auch spezielle selektive
Spiegelschichten, die z.B. nur UV-Strahlung reflektieren.
- Wärmedämmschichten. Dabei handelt es sich um Einfachschichten aus In2O3oder
SnO2 bzw. um Mehrfach-Schichtsysteme aus Silber oder Gold im Wechsel mit
Oxiden, wie TiO2 oder Bi2O3.
- Sonnenschutzschichten: Sie sind eine teilweise sehr komplexe Kombination aus
Spiegel- und Wärmedämmschichten.
Optische Schichten werden meist in Magnetron-Sputteranlagen hergestellt. Hier hat man
neben der großen Fläche auch den Vorteil, dass man mehrere Linear- oder Planar-Magnetrons
in Reihe anordnet und so Mehrschichtsysteme in einem Durchlaufprozess herstellen kann.
Triboschutzschichten
Tribologie (gr.: tribo = reiben): ist die Lehre von Reibung, Verschleiß und Schmierstoffen.
Triboschutzschichten sollen gegen Abrasion, Adhäsion, Ermüdung und Tribooxidation
(Korrosion) schützen. Werkstoffe dafür sind Oxide, Karbide, Nitride, Boride, Silizide,
Diamant- und DLC-Schichten (DCL = diamond like carbon, diamantähnlicher Kohlenstoff),
sowie das vielleicht aus dem Kriechölspray bekannte MoS.
Schichten für die Medizintechnik
Für medizinische Implantate gelten besonders strenge Anforderungen. Sie sollen je nach
Anwendungsfall:
- antibakteriell
- bioinert
- bioaktiv
- verschleißfest
sein. Werkstoffe, die für solche Schichten in Frage kommen, sind Nano-Silberpartikel in einer
SiO2-Matrix, Titan, spezielle Keramiken und Gläser, knochenähnliche Phospatverbindungen,
spezielle Glaskeramiken (Ceran) und DLC.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 29 von 30
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sonstige Schichten
Beschichtung (Metallisierung) von Kunststoff-Formteilen durch PVD
Folienbeschichtungen:
o für Kondensatoren
o Verpackung
o Architekturglasfolien
o fotoleitende Schichten (Filme)
o magnetische Speicherschichten
optisch transparente, elektrisch leitende Schichten (ITO, Cr)
Draht- und Blechbeschichtungen in Durchlaufverfahren.
LV „Vakuum-Plasmatechnik“(Dzur), Ba-WSW, 5. FS, Seite 30 von 30
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