1 Einleitung

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And the sun shone,
having no alternative,
on the nothing new.
Samuel Beckett: Murphy
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Einleitung
Mit der Erfindung des Lasers im Jahre 1960 eröffnete sich für das Gebiet der
Materialbearbeitung eine völlig neue Perspektive; die berührungslose Materialabtragung
durch Laser-Ablation. Da der damals verwendete Rubinlaser sehr instabil in der Energie,
und die Technik noch nicht ausgereift war, konnte die Laserenergie jedoch nicht
hinreichend fein dosiert werden. Dadurch war sein Einsatzgebiet auf eine relativ
unkontrollierte Materialabtragung beschränkt. Erst mit Aufkommen neuerer, besserer
Laser (CO2, Ar+-Ionen) wurde es möglich, diese in Bereichen wie Laser-Schweißen, Schneiden, -Bohren etc. einzusetzen. Im Gegensatz zu diesen kontinuierlichen (cw)
Lasern haben Pulslaser wie der Nd-YAG (im infraroten Bereich) oder der in dieser Arbeit
eingesetzte Excimerlaser (im ultravioletten Bereich) noch den Vorteil, auch zeitlich
gesehen eine definierte Energiemenge im Material deponieren zu können.
Der Begriff der Ablation ist nicht präzise definiert. Seine Bedeutung reicht von
leichter Oberflächenabdampfung bis hin zum explosionsartigen Wegschleudern von
Material und Plasmyzildung. In dieser Arbeit soll generell unter Ablationsschwelle der
Beginn des Materialabtrags verstanden werden.
Auf dem Gebiet der Laserablation sind zahlreiche Arbeiten zu verzeichnen,
hingewiesen sei vor allem auf die Bücher von v.Allmen [All 87] und, speziell für dünne
Schichten, Boyd [Boy 87]. Sie geben einen guten Überblick über die Vielzahl von
Laseranwendungen. Die Hauptvorteile eines Lasers bei der Materialbearbeitung sind:
• Die eingestrahlte Wärmemenge ist genau definiert.
• Die Lokalisation der Energie in Ort und Zeit:
Eine kurze Bestrahlung führt zur ausschließlichen Erwärmung der Probenoberfläche,
eine lange Bestrahlung führt zu einer durchgehenden Erwärmung des Materials. Durch
einen kurzen Puls oder einen sich schnell fortbewegenden Laserstrahl ist eine schnelle
Abkühlung des erhitzten Materials möglich.
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KAPITEL 1: EINLEITUNG
• Neben thermischen Effekten erlaubt ein UV-Laser die Brechung chemischer
Bindungen bei Polymeren.
• Mobilität, Sterilität und kontaktfreies Arbeiten ermöglichen den Einsatz in
unterschiedlichen Bereichen der modernen Chirurgie.
In der Vergangenheit konzentrierte sich das Interesse vor allem auf die Laserablation
von Polymeren. Der dabei vorherrschende Effekt ist das sogenannte Ätzen (etching), bei
dem die Probe mit der umgebenden Gasatmosphäre, bzw. Flüssigkeit chemisch reagiert
und zersetzt wird. Trotz dieser ursprünglichen Bedeutung hat sich inzwischen der Begriff
im Sprachgebrauch auf nicht thermische Ablationsprozesse ausgedehnt [Sri 86]. Die
meisten Veröffentlichungen (siehe die Literaturliste in [Bab 92]) erklären die
beobachteten Phänomene mit einer Überlagerung aus photothermischen und
photochemischen Effekten: Die im Polymer lokalisierten Elektronen werden in hohe
elektronische Zustände angeregt, so daß Bindungen zu Nachbarmolekülen gebrochen
werden [Sau 89]. Eine Temperaturabhängigkeit wurde von Brannon et al. gefunden, die
auch ein Modell zur Beschreibung der Ätztiefe pro Puls durch eine Art Arrhenius-Gesetz
entwickelten, wobei die Temperatur der Probe als proportional zur Fluenz
(=Energie/Fläche) angenommen wurde [Bra 91].
Das Verhalten der Ablationsschwelle von Polymeren bei unterschiedlichen
Wellenlängen des Lasers untersuchten Küper et al. [Küp 93]. Sie fanden eine
Erniedrigung der Ablationsschwelle sowie eine Zunahme von Ablationstiefe und -rate bei
abnehmender Laserwellenlänge. Darüber hinaus führten sie Modellrechnungen zum
zeitlichen Temperaturverlauf an der Probenoberfläche durch. Streng unterschieden
werden muß zwischen Einzel- (1-on-1) und Mehrfachbestrahlung (N-on-1) einer Stelle
der Probe. Sutcliff et al. beobachteten eine Herabsetzung der Zerstörschwelle nach den
ersten Pulsen [Sut 86], die sogenannte Inkubation. Küper und Stuke beschreiben
Inkubation phänomenologisch durch eine Abhängigkeit des Absorptionskoeffizienten von
der Schußzahl bei Polymeren [Küp 89c]. Petzoldt et al. stellten auch an Ionenkristallen
eine Änderung des Absorptionskoeffizienten nach einigen Inkubationspulsen fest [Pet 89].
Das Ablationsverhalten von Metallen spielt unter anderem bei der industriellen
Herstellung von sogenannten Metallmasken eine große Rolle. Diese werden dazu
verwendet, mittels Laserlithographie elektronische Schaltkreise im Mikrometer-Maßstab
auf ein Trägermaterial aufzubringen, und sind hierbei starker UV-Laserstrahlung
ausgesetzt. Metalle absorbieren UV-Strahlung sehr stark, wobei die Valenzelektronen
diese Energie durch Stöße in Wärme umwandeln. Daß der Ablationsvorgang auf
thermischen Prozessen wie Schmelzen und Verdampfen beruht, liegt daher nahe. Die
grundlegende Frage ist, ob es möglich ist, die Ablationsschwelle für unterschiedliche
Metallschichten aufgrund ihrer thermischen Eigenschaften vorherzusagen.
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KAPITEL 1: EINLEITUNG
Untersuchungen von Jee et al. an Metall-Einkristallen wie z.B. Kupfer, Aluminium und
Nickel ergaben eine Abhängigkeit der Abtragsschwelle von der Orientierung der
Kristallstruktur [Jee 88]. So war beispielsweise für den Abtrag von Al <110> eine doppelt
so große Energiedichte nötig wie für Al <111>. Darüber hinaus beobachteten sie eine
Reflexionsänderung durch Änderung der Oberflächenmorphologie nach mehreren Pulsen
auf eine Stelle (N-on-1) und dadurch bedingt eine Herabsetzung der Ablationsschwelle
(Inkubation). Ebenfalls Messungen an Metall-Einkristallen (Cu, Ag und Au) führten
Porteus et al. bei verschiedenen Wellenlängen im Infraroten durch [Por 81]. Darüber
hinaus beobachteten sie einen Einfluß der Orientierungsrichtung des Kristalls auf die
Veränderungen an der Probenoberfläche bei Bestrahlung und führten dies auf die
Anisotropie thermischer Spannungen (thermal stress) zurück [Por 76]. Der Einfluß der
Probentemperatur auf die Ablationsschwelle wurde u.a. von Sparks et al. [Spa 79]
untersucht. Sie fanden eine Senkung der Schwelle bei Erhitzung der Probe und schrieben
dies der Abhängigkeit der Absorption von der Temperatur zu, da der
Absorptionskoeffizient exponentiell mit der Temperatur ansteigt [Boy 87].
Bei Dielektrika führen andere Prozesse als bei Metallen zur Zerstörung, da sie keine
freien Elektronen haben, die die Energie aufnehmen können. Hier wird je nach Lage der
Absorptionskante mit der Wellenlänge λ0 eines Materials bezüglich der Laserwellenlänge
λ entweder stark (λ < λ0) oder fast nicht (λ > λ0) absorbiert. Dies gilt jedoch nur für den
idealen Kristall. Reale Kristalle und besonders Schichten besitzen stets Defekte und
Verunreinigungen, an denen Licht auch bei λ > λ0 absorbiert wird, was dann zur lokalen
Erhitzung führt. Dieser Aspekt der Abhängigkeit von der Schichtqualität gewinnt vor
allem bei der Anwendung von Schichten für hochreflektierende Spiegel, bzw. für extrem
reflexionsarme optische Komponenten an Bedeutung [Bod 93]. Darüber hinaus spielt
auch hier, wie bei Polymeren, die Inkubation eine große Rolle: Durch die ersten
Laserpulse auf eine Stelle werden an absorbierenden Defekten weitere Farbzentren
gebildet, an denen das Licht entsprechend stärker absorbiert wird; die Zerstörschwelle
wird dadurch gesenkt [Mat 93], [Gog 94].
Diffusivitätsmessungen an dielektrischen Schichten führten Lambropoulos et al. durch
[Lam 89]. Die Diffusivität ist ein Maß für die Ausbreitungsgeschwindigkeit der Wärme,
die durch lokale Absorption von Laserphotonen in der Schicht entsteht. Die Autoren
fanden heraus, daß für den Wert der Diffusivität k generell gilt: k(Bulk) >> k(Schicht).
Als Ursache führen sie eine unterschiedliche Kristallstruktur der Schichten an, die
aufgrund ihrer Unregelmäßigkeiten (Säulenwachstum, Fehlstellen, etc.) weniger gut
Wärme leiten. Wegen der Energielokalisation führt zwangsläufig schneller zur Zerstörung
der Schichten, als dies bei Bulk-Materialien der Fall ist. Dieser Zusammenhang war lange
nicht bekannt, und erst Decker et al. zeigten durch Messungen an SiO2- und Al2O35
KAPITEL 1: EINLEITUNG
Schichten, daß deren Leitfähigkeit zwei Größenordnungen kleiner als die des
entsprechenden Bulk-Materials war [Dec 84]. Guenther und McIver geben einen guten
Überblick über die Geschichte der zunehmenden Beachtung von thermischer Leitfähigkeit
und Diffusivität mit den dazu erfolgten Veröffentlichungen und Ergebnissen [Gue 88].
Ein anderes Problem ist die Schichtenselektivität bei Ablationsexperimenten an
Mehrschichtsystemen. Im Falle von Mehrschichtsystemen des Typs Polymer-MetallSubstrat konnte von Matthias et al. bei geeigneter Wahl von Fluenz und Schußzahl eine
selektive Abtragung einzelner Schichten erzielt werden [Mat 92]. Mit der auch in dieser
Arbeit verwendeten Mirage-Technik gelang es in-situ zu beobachten, wann die
Polymerschicht komplett abgetragen war, ohne daß die Metallschicht in Mitleidenschaft
gezogen wurde. Eine Bestrahlung mit weiteren Pulsen führte dann auch zu einer
Abtragung der Metallschicht, wobei eine zu hohe Fluenz die Zerstörung des Substrates
nach sich zog, ohne daß die Metallschicht vollständig abgetragen war [Hun 92].
Die Untersuchung dünner Schichten ist seit längerem ein beliebtes Forschungsgebiet,
ohne daß es bisher gelungen wäre, eine vollständige Theorie über die Verknüpfung
zwischen Zerstörungsschwelle einerseits und optischen und thermischen
Materialeigenschaften andererseits zu geben. Die vorliegende Arbeit befaßt sich mit dem
Ablationsverhalten von Metall- und dielektrischen Schichten, aber nur für Metallschichten
wird ein einfaches theoretisches Modell hergeleitet. Das Modell ermöglicht es,
Vorhersagen über Schmelz- und Materialabtragsschwelle bei gepulster Laserbestrahlung
zu treffen, und dies für verschiedene Substrate, Schichtmaterialien und Schichtdicken.
Anhand von Messungen an vier Schichtserien (Nickel, Gold, Chrom und Titan) wird
dieses Modell auf seine Gültigkeit hin überprüft. Bei den dielektrischen Schichten wird
für drei Oxide (TiO2, ZrO2 und HfO2) der Einfluß unterschiedlicher
Herstellungsparameter auf die Ablationsschwelle studiert. Dazu werden Schichten
untersucht, die sich in Struktur, Substrat und Vergütung unterscheiden. Anhand dieser
Messungen wird der Einfluß der Schichtdefekte auf die Ablationsschwelle dem der
Bandlücke der jeweiligen Schicht gegenübergestellt und die Bedeutung der Bandlücke
herausgestellt.
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