Untersuchungen an gesputterten Wolframoxidschichten J. Nowoczin, Universität des Saarlandes, Lehrstuhl für Pulvertechnologie von Glas und Keramik, Prof. Dr. R. Clasen in Zusammenarbeit mit Dr. H. Schmitt, Technische Physik, Im Stadtwald (Geb. 38), 66123 Saarbrücken Die Idee der passiven Sonnenenergienutzung beruht darauf, die natürliche Sonneneinstrahlung bei der Beheizung von Gebäuden mit zu nutzen. Fensterscheiben, die in ihren optischen Eigenschaften schaltbar sind, wären für diesen Zweck sehr nützlich. Deshalb beschäftigen wir uns in unserer Arbeitsgruppe mit elektrochromen Schichten, die sich durch Anlegen einer Spannung oder die sogenannte "Spill Over"-Methode in ihren optischen Eigenschaften manipulieren lassen. Für uns kommen hierfür zwei Arten von Materialien in Betracht: die Hydride der seltenen Erden und die Übergangsmetalloxide. Die gewünschte Änderung geschieht durch Ein- bzw. Auslagerung von Ionen. Elektrochrome Schichten könnten Anwendung in sogenannten „Smart Windows“ finden, deren schematischer Aufbau in Abbildung 1 dargestellt ist. Ionenspeicher elektrochrome Schicht transparenter Leiter In einem Ionenspeicher können transparenter L Ionenleiter z.B. H+-Ionen gespeichert werden, die durch eine, zwischen zwei optisch transparenten elektroniGlas Glas schen Leitern angelegte, Spannung über einen Ionenleiter in die + _ elektrochrome Schicht gelangen. Abbildung 1 In Übergangsmetalloxiden können sowohl Wasserstoffionen als auch Alkalimetalle, wie Lithium oder Natrium, eingelagert werden. Die Kristallstruktur bleibt bei der sogenannten Interkalation weitestgehend erhalten. Diese Interkalation bewirkt eine Änderung der Oxidationsstufe der Übergangangsmetalle und der elektronischen Bandstruktur was zu einer Modifikation der Leitfähigkeit und der optischen Eigenschaften führt. Man unterscheidet zwischen kathodischen und anodischen elektrochromen Übergangsmetalloxiden. Die kathodischen sind im Ausgangszustand optisch transparent und werden durch Interkalation von Ionen absorbierend bzw. reflektierend, während die anodischen vom absorbierenden Zustand in den transparenten Zustand übergehen. Wir beschäftigen uns speziell mit Wolframoxid WO3, einem kathodisch elektrochromen Übergangsmetall. Es sollen amorphe bzw. nanokristalline WO3-Schichten hergestellt werden, die sich schneller mit Ionen beladen lassen als kristalline Schichten. Zukünftig soll zusätzlich Molybdän in die Schichten eingebaut werden, um eventuell noch eine Beschleunigung der Beladung zu erreichen. Die Schichten werden durch reaktives DC-Sputtern hergestellt. Ein Wolfram-Target und ein Substrat befinden sich in einer Kammer die mit Argon und Sauerstoff gefüllt ist. Wenn man zwischen Target und Substrat eine Spannung anlegt werden durch Argon-Ionen einige Atome aus dem Target herausgelöst und reagieren dann mit Sauerstoff zu Wolframoxid, welches sich auf der Substratoberfläche anlagert. Mit Hilfe verschiedener Parameter, wie Gesamtdruck, Sauerstoffpartialdruck und Substrattemperatur, kann man die Eigenschaften der Schichten beeinflussen. Wir haben Schichten bei 0,1 mbar Gesamtdruck und verschiedenen Sauerstoffpartialdrücken hergestellt. Es stellte sich heraus, daß die Sputterrate (Schichtdicke/Sputterdauer) bei niedrigem Sauerstoffpartialdruck stark ansteigt. Sputterrate in nm/min Zur Untersuchung der Kristallstruktur der Schichten wurde Röntgendiffraktometrie benutzt. Außerdem wurden Wellenlängen-abhängige Absorptionsmessungen an den unbeladenen Schichten unternommen. Diese können zur Bestimmung der optischen Energie-Bandlücke herangezogen werden. Abbildung 2 zeigt, daß der Sauerstoffpartialdruck keinen großen Einfluß auf die Energielücke hat. Die Interkalation von Wasserstoff geschieht durch die sogenannte „Spill Over“-Methode, bei der die Schichten dünn mit Platin oder Palladium überzogen werden und dann in einer Wasserstoffatmosphäre beladen werden. Dabei wird die Absorption und die Leitfähigkeit der Schichten in Abhängigkeit von der Beladung der Schichten und der Beladungszeit untersucht. 3,5 Eg / eV 3,4 3,3 3,2 3,1 3,0 0 5 10 15 20 25 30 Sauerstoffpartialdruck in % 16 14 12 10 8 6 4 2 0 0 5 10 15 20 25 30 Sauerstoffpartialdruck in % Abbildung 2: Abhängigkeit der Energielücke von dem Sauerstoffpartialdruck Abbildung 3: Abhängigkeit der Sputterrate von dem Sauerstoffpartialdruck Im weiteren Verlauf der Arbeit soll der Versuch unternommen werden, WO3Schichten mit Gadoliniumhydrid zu kombinieren. Seltene Erden bilden durch chemische Reaktion mit Wasserstoff Hydride. Bei dünnen Schichten ist es gelungen in einer Wasserstoffatmosphäre das Metall kontinuierlich in ein Metallhydrid zu überführen [ 1 ]. Es zeigt sich, daß die Proben optisch transparent werden und eine starke Abnahme in der elektrischen Leitfähigkeit zeigen. Die Beladung kann sowohl elektrolytisch als auch katalytisch unter Wasserstoffatmosphäre geschehen. Die Reaktion läuft nach folgendem Schema ab: M → MH2 ↔ MH3-δ Hierbei ist nur die Reaktion vom Dihydrid zum Trihydrid reversibel. Es ist also denkbar eine Schicht herzustellen, die in einem schaltbaren Fenster mittels einer elektrischen Spannung vom reflektierenden (MH2) in den transparenten Zustand (MH3-δ) überführt werden kann. Der Vorteil wäre, daß die Metallhydridschicht im nicht-transparenten Zustand reflektierend ist und so auch als Sichtschutz gegen Einblicke von außen benutzt werden könnte. Die Kombination von Wolframoxid und Metallhydrid könnte eine effektivere und schnellere Abdunkelung ermöglichen. [ 1 ] J.N. Huiberts, R. Griessen, J.H. Rector, R.J. Wijngaarden, J.P. Dekker, D.G. de Groot & N.J. Koeman; Nature Vol. 380, 231-234