Bildanalyse und 3-D-Visualisierung in der Leberchirurgie

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M E D I Z I N
AKTUELL
Karl J. Oldhafer1
Dagmar Högemann2
Thomas Schindewolf3
Massimo Malagó1
Rudolf Raab4
Heinz-Otto Peitgen3
Michael Galanski2
Bildanalyse und
3-D-Visualisierung in der
Leberchirurgie
ZUSAMMENFASSUNG
Die Leberchirurgie hat sich in den letzten Jahrzehnten
stetig weiterentwickelt. Leberresektionen gehören zu den
Standardverfahren in der Abdominalchirurgie. Unter anderem können heutzutage große Lebertumoren, die sich
aufgrund ihrer Nähe zu den großen intrahepatischen Gefäßen in einer schwierigen Lokalisation befinden, reseziert
werden. Auch die Lebertransplantation zwischen Verwandten ist möglich und wird in zunehmender Zahl durchgeführt. Mit der in diesem Zusammenhang notwendigen
intensiveren Vorbereitung des Chirurgen sind auch die
Anforderungen an die Bildgebung
gestiegen. Bei MeVis – Centrum für
Medizinische Diagnosesysteme und Visualisierung an der
Universität Bremen wurde ein System zur Visualisierung
und Bildanalyse entwickelt, das für die Planung in der Leberchirurgie eingesetzt werden kann. Eine weitere Nutzung kann auf dem Gebiet der Lehre und Ausbildung erfolgen.
Schlüsselwörter: Leberchirurgie, Lebertumor,
3-D-Rekonstruktion, Lebertransplantation
Image Analysis and 3-D-Reconstruction
Major developments have been achieved in liver surgery
in recent years. Liver resections have been implemented as
standard procedures in abdominal surgery. Nowadays
even liver tumors in the neighbourhood of large intrahepatic vessels can be resected. Liver donation from living
donors is carried out in increasing numbers. For these
procedures a thorough preparation of the surgeon is
important. Therefore the requirements for the preopera-
tive diagnostic work up have to be improved.
The Center for medical diagnostic systems
and visualization (MeVis) at the University of Bremen
developed a program that produces helpful features for
the preoperative planning in liver surgery. Interactive
planning and simulation of liver resections may also play
a major role in teaching.
Key words: Liver resections, liver tumor,
liver transplantation, 3-D-reconstruction
D
ie Leberresektion gehört heutzutage zu den Standardverfahren in der Abdominalchirurgie (22, 27, 33). Verschiedene Erkenntnisse haben hierzu beigetragen.
Der anatomische Aufbau der intrahepatischen Segmentaufteilung gehört ebenso dazu wie die Verbesserung der Blutstillungsverfahren bei
Leberparenchymblutungen (5). Weiterentwicklungen in der Anästhesie
und in der Intensivbehandlung sind
in diesem Zusammenhang ebenfalls
zu nennen (6). Chirurgische Techniken und intraoperatives Management aus der Lebertransplantation
sowie Erfahrungen über die Ischämietoleranz der Leber wurden erfolgreich umgesetzt (11, 17, 32). Dies
führte bis zur Durchführung der
Ex-vivo-Leberresektion mit anschließender Autotransplantation durch
R. Pichlmayr (26). Aus diesen Gründen konnte die Resektabilitätsrate
deutlich erhöht werden (3). Es gibt
jedoch nach wie vor viele Patienten,
bei denen eine Operation aufgrund
der Tumorausdehnung oder -lokali-
sation nicht oder nur schwer möglich
ist. Bei der Beurteilung der Resektabilität nimmt die Bildgebung einen
besonderen Stellenwert ein (25).
Neue technische Möglichkeiten führten zu erheblichen Fortschritten (30,
31). Diese bedeuten nicht nur eine
Erhöhung der Sensitivität und Spezifität, sondern auch verbesserte
Darstellungsmöglichkeiten durch geeignete Visualisierungsprogramme.
Seit kurzem wird die dreidimensionale Bearbeitung computertomographischer Daten erfolgreich in ver1
Klinik für Allgemein- und Transplantationschirurgie (Direktor: Prof. Dr. med. Dr. h. c. mult.
Christoph E. Broelsch), Universitätsklinikum
Essen
2 Abteilung für Diagnostische Radiologie (Leiter: Prof. Dr. med. Michael Galanski), Medizinische Hochschule Hannover
3 MeVis – Centrum für Medizinische Diagnosesysteme und Visualisierung (Leiter: Prof.
Dr. rer. nat. Heinz-Otto Peitgen), Universität
Bremen
4 Klinik für Abdominal- und Transplantationschirurgie (Leiter: Prof. Dr. med. Jürgen Klempnauer), Medizinische Hochschule Hannover
A-3298 (30) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 51–52, 27. Dezember 1999
SUMMARY
schiedenen Disziplinen, wie beispielsweise in der Neurochirurgie und
in der Orthopädie, eingesetzt (2, 12,
15, 19). Auch in der Leberchirurgie
wurden erste Erfahrungen mit der
3-D-Visualisierung gewonnen (14, 21,
23, 35, 37).
Bei ausgedehnten und ungünstig
gelegenen Tumoren sind präoperativ
mehrere Fragen zu klären. Hierzu
gehört die genaue Lokalisation des
Tumors in Beziehung zu den Arterien, Portalvenen und Lebervenen, um
gegebenenfalls Gefäßrekonstruktionen geplant durchführen zu können.
Für erweiterte Leberresektionen
werden in zunehmendem Maße Volumetriedaten benötigt (36). Die verbleibenden Lebersegmente sollten eine ausreichende Größe aufweisen,
um die postoperative Leberfunktion
aufrechtzuerhalten und das Auftreten eines Leberversagens zu vermeiden. Bei einem kritischen Restvolumen kann ein zweizeitiges Vorgehen
gewählt werden. Durch Embolisation
oder Ligatur entsprechender Pfortaderäste kann eine Hypertrophie des
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gesunden Leberparenchyms
herbeigeführt und so eine bedrohliche Operation vermieden werden. Auch bei der Planung von Lebertransplantationen zwischen Verwandten
spielt die Volumetrie eine
wichtige Rolle. Mit ihr kann
sichergestellt werden, daß bei
Spender und Empfänger das
Parenchymvolumen für die
Leberfunktion hinreichend ist
(28). MeVis – Centrum für
Medizinische Diagnosesysteme und Visualisierung an der
Universität Bremen entwickelte ein neuartiges Bildanalyse- und Visualisierungsverfahren speziell für die Leber, welches die Aufgaben der
3-D-Visualisierung und der
Volumetrie sehr gut realisiert
(7, 8, 9).
Grafik
Bildanalyse und
Visualisierung
Auf der Grundlage der
erzeugten
Bilddaten werden
radiologischer
die relevanten Strukturen mit
Datensatz
Methoden der digitalen Bild(z. B. CT)
analyse identifiziert und markiert. Dieser Vorgang wird
Bildsegmentierung genannt.
Dazu werden die computertomographischen Daten auf eine Workstation übertragen.
Mit dem von MeVis neuentwickelten Computerprogramm HepaVision werden
die Datensätze bearbeitet.
Leber
Tumoren
Gefäße
Die Leber als Organ, die sichtbaren Tumoren der Leber und
die Gefäßbäume werden
nacheinander
segmentiert
und die Ergebnisse abgespeichert. Die Bildsegmentierung
sollte mit möglichst wenig manueller Interaktion durchgeführt werden (7, 29). WeiterRadiologische
hin wird das Volumen der LeUntersuchungsber, der Lebersegmente und
technik
der Tumoren quantitativ beVoraussetzung für eine
stimmt. Zur Bearbeitung der
optimale BilddatenverarbeiGefäßbäume wurden Algotung mit dem Ziel der dreidirithmen erforscht und implemensionalen Visualisierung
mentiert, die eine leichte Maobjektorientierte 3-D-Visualisierung
ist das Vorliegen eines vollnipulation der komplexen und
ständigen Volumendatensat- Dieses Schema veranschaulicht die Arbeitsschritte der Bildanalyse. Aus dem sich durchdringenden Gefäßzes. Die zu segmentierenden radiologischen Datensatz werden mit speziell dafür entwickelten Segmen- strukturen ermöglichen. Die
anatomischen und pathologi- tierungsverfahren die Leber, die Lebertumoren und die Gefäßsysteme ex- Trennung verschiedener Geschen Strukturen müssen ei- trahiert. In einem Programm zur Visualisierung werden die segmentierten fäßsysteme, die Bestimmung
nen guten Kontrast aufwei- Objekte schließlich gemeinsam lagerichtig zueinander dargestellt. Dabei der Gefäßhierarchie und Versen. Diese Anforderungen können Objektattribute wie Farbe und Darstellungsart frei gewählt werden. messungen geschehen autowerden durch moderne Spimatisch und können entspreral-CT-Scanner erfüllt. Während ei- tertomographen Somatom plus 4 A chend der medizinischen Fragestellung
ner Atemanhaltephase kann in 20 bis (Siemens) unter Gabe von 150 ml manuell weiterbearbeitet werden. Als
30 Sekunden das gesamte Volumen Kontrastmittel (Ultravist 300) und 40 spezielles, hilfreiches Computerwerkder Leber erfaßt werden. Zur Dar- ml NaCl mit einem Fluß von 4 bis 5 zeug hat sich die automatische Bestellung der Gefäße ist die bipha- ml/sec durchgeführt. Die CT-Unter- rechnung der patientenindividuellen
sische Untersuchung unter Kontrast- suchungen erfolgten fünf Sekunden anatomischen Lebersegmente auf Bamittelgabe erforderlich. Die Daten und 45 bis 55 Sekunden nach automa- sis der Versorgungshauptäste der
der ersten Phase ermöglichen die tischer Detektion des Bolus in der Pfortader erwiesen (10).
Darstellung der Arterien und in der Aorta abdominalis. Die UntersuDie Ergebnisse der verschiedenen
Regel auch die Segmentierung der chungen in der arteriellen Phase wur- Segmentierungen werden in einem
Portalvenen. In der zweiten Phase den mit einer Kollimation von 3 mm, Computerprogramm zur objektorienweisen die Portalvenen, und insbe- einem Tischvorschub von 5 mm und tierten 3-D-Visualisierung zusammensondere die Lebervenen, einen guten einem Rekonstruktionsintervall von gefaßt (Grafik). Der Betrachter kann
Kontrast auf. Außerdem ermögli- 2 mm durchgeführt. Zur Darstellung sich das Bildszenario nach eigenen
chen Kontrastmittel in den meisten der venösen Gefäße waren eine Kol- Wünschen zusammenstellen und interFällen eine bessere Abgrenzung und limation von 5 mm, ein Tischvor- aktiv drehen, um die gewünschte
ätiologische Zuordnung von Tumo- schub von 8 mm und ein Rekonstruk- Blickrichtung und die Vergrößerung zu
ren. Alle hier genannten Untersu- tionsintervall von 2 bis 4 mm hinrei- bestimmen. Er kann auswählen, welche
chungen wurden an einem Compu- chend.
der segmentierten Bildobjekte (Leber,
Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 51–52, 27. Dezember 1999 (31) A-3299
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Gefäße, Tumore) gleichzeitig zur Darstellung kommen, mit welcher Farbe jedes Objekt gezeichnet wird und welche
Darstellungsart bevorzugt wird. Hier
stehen unter anderem die transparente
Volumendarstellung (volume rendering), die beleuchtete Oberflächendarstellung (surface shaded displays) und
die Liniengitter-Darstellung (line grid)
zur Verfügung. Beschriftungen können
zusätzlich eingeblendet werden.
Exemplarische
Anwendungsbereiche
Bei insgesamt 45 Patienten mit unterschiedlichen Fragestellungen wurde
in der Diagnostischen Radiologie der
Medizinischen Hochschule Hannover
die 3-D-Visualisierung und/oder Volumetrie durchgeführt. Die Operationen
erfolgten entweder an der Medizinischen Hochschule Hannover oder
am Universitätsklinikum Essen. Im
folgenden werden drei exemplarische
Anwendungsbereiche dieser Methode
vorgestellt.
Schritte interdisziplinär abgesprochen werden. Meist handelt es sich dabei um Kooperationen mit Herzchirurgen bei Beteiligung von Herzstrukturen durch einen ausgedehnten Vena-cava-Tumorthrombus. Die Darstellung am Computermodell erlaubt
die gemeinsame Festlegung der Resektionsgrenzen und die Planung der
Rekonstruktion der venösen Ausflußbahn der Leber beziehungsweise des
rechten Vorhofes. Abbildung 2 zeigt
das Beispiel eines Kindes mit einem
ausgedehnten Hepatoblastom mit Tumorthrombus aus der Lebervene, der
bis zum rechten Vorhof reicht.
a
Zentrale Lebertumoren
Die Resektion von zentralen Lebertumoren und/oder von Tumoren in
der Nähe der Lebervenen oder der retrohepatischen Vena cava ist technisch
schwierig. Teilweise sind Rekonstruktionen des venösen Gefäßsystems erforderlich. Anhand der dreidimensionalen interaktiven Visualisierung der
Bilddaten kann sich der Chirurg in wenigen Minuten mit den Lagebeziehungen vertraut machen und die Resektion simulieren. Bei erweiterten Leberresektionsverfahren, wie den Antesitum- oder Ex-situ-Leberresektionen,
wurde die 3-D-Visualisierung bereits
zur Planung eingesetzt. Die Optimierung der Vorbereitung erhöhte die Sicherheit in den nachfolgenden Operationen, auch wenn die Quantifizierung
der Vorteile schwierig ist (24). Abbildung 1 zeigt ein Beispiel.
Komplexe Operationsstrategien
Bei Lebertumoren, deren Resektion die Beteiligung verschiedener
Disziplinen notwendig macht, können
anhand der Computervisualisierung
das Vorgehen und die einzelnen
Lebertransplantation
zwischen Verwandten
Durch die Lebertransplantation
zwischen Verwandten konnte in der
Vergangenheit vielen Kindern mit
chronischem Leberversagen geholfen
werden (4, 34). Ein Elternteil spendet
dabei in der Regel den linkslateralen
Leberlappen (Lebersegmente II und
III). Bei Kleinkindern reicht diese Lebergewebemenge aus, um eine ausreichende Leberfunktion zu gewährleisten, bei größeren Kindern oder speziell bei Erwachsenen wird es jedoch
problematischer. Bei dieser kritischen
Spender-Empfänger-Relation muß genau eruiert werden, wieviel Lebergewebe,
und damit welche Lebersegmente, für den Empfänger
notwendig sind. Verschiedene Formeln unter Verwendung der Körpergewichte
beziehungsweise der Körperoberfläche sind hierzu
aufgestellt worden (18). Für
den Entscheidungsprozeß
kommt der exakten Volumetrie eine besondere Bedeutung zu. Abbildung 3 zeigt
ein Beispiel aus diesem Bereich.
Resümee
b
Abbildung 1: a) Computertomogramm der Leber mit Lebermetastasen b) 3-D-Visualisierung des Tumors und der Leber aus vier verschiedenen Blickwinkeln. Der Tumor ist grau dargestellt. Die Gefäße sind wie folgt gekennzeichnet: Aorta und Arteria hepatica rot;
Vena portae magenta (rechts = dunkel, links = hell); Arteria mesenterica superior dunkelgrün; Arteria renalis hellgrün; Arteria gastrica sinistra hellgelb; Arteria gastroduodenalis dunkelgelb; Vena
hepatica blau. Ein 32jähriger Patient entwickelte zirka ein Jahr
nach Entfernung eines adenoidzystischen Karzinoms der Speicheldrüse drei Lebermetastasen. Die größere Metastase lag in den
Lebersegmenten VI, VII und VIII. Zwei kleinere Metastasen lagen in
den Segmenten V und VI nah an der Grenze zu den Segmenten II
und III (Abbildung 1a). Abbildung 1b zeigt die 3-D-Visualisierung
der Metastasen. Durch eine erweiterte Leberresektion mit Entfernung der Segmente IV bis VIII konnten die Metastasen im Gesunden reseziert werden. Der postoperative Verlauf war unproblematisch. Der Patient konnte am zehnten Tag entlassen werden.
A-3300 (32) Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 51–52, 27. Dezember 1999
Die Bildgebung nimmt
einen wichtigen Platz in
der Diagnose und Behandlung von Lebertumoren ein.
Neben dem Nachweis und
der Differenzierung sind die
Lokalisation und Ausdehnung des Tumors von Bedeutung. Beide Informationen
sind zur Klärung der chirurgischen Resektabilität wichtig. Bei Standardeingriffen
mit klaren Befunden, bei denen der Tumor einen sicheren Abstand von der geplanten Resektionsgrenze einnimmt, ist die Operationsplanung und -durchführung
kein Problem. Hier stehen
die Resektionsgrenzen fest.
Durch die schnelle Entwicklung der Leberchirurgie können heutzutage auch Tumo-
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AKTUELL/FÜR SIE REFERIERT
Abbildung 2: Computertomogramm der Leber mit Hepatoblastom. Die Lebersegmente II und III sind tumorfrei. Ein zweieinhalbjähriger Junge entwickelte ein
bilobuläres Hepatoblastom. Eine primäre Resektion
war nicht möglich, so daß eine Chemotherapie durchgeführt wurde. Ferner lag ein Tumorthrombus ausgehend von den mittleren Lebervenen bis zum rechten
Vorhof vor. Mit den Herzchirurgen wurde eine Resektion im Kreislaufstillstand und Hypothermie besprochen, um den Tumorthrombus sicher zu entfernen und
die venöse Ausflußbahn beziehungsweise den rechten
Vorhof zu rekonstruieren. Es wurde eine erweiterte
Leberresektion mit Entfernung der Lebersegmente I,
IV bis VIII und eine Entfernung des Tumorthrombus en
bloc mit Wandanteilen des rechten Vorhofes durchgeführt. Die Vena cava inferior und Teile des rechten Vorhofes wurden mit einem Perikard-Patch rekonstruiert.
Der Junge überstand den Eingriff gut.
ren in schwierigen Lokalisationen reseziert werden. Dadurch ist die Anforderung an die Bildgebung bezüglich der topographischen Darstellung
wichtiger Gefäßstrukturen weiter gestiegen. Die dreidimensionale Darstellung des Tumors und der Gefäße
ist vorteilhaft, da sonst jeder Betrachter des Computertomogramms sich
sein „eigenes“ 3-D-Bild aus den Einzelschichten zusammensetzen muß,
was ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen voraussetzt und nicht
objektiv kommunizierbar ist. Der
Wert der 3-D-Visualisierung konnte
in verschiedenen operativen Disziplinen bereits gezeigt werden. Es handelt sich dabei meist um Eingriffe an
Strukturen mit komplizierten anatomischen Verhältnissen, die besondere
Anforderungen an die räumliche Vorstellung stellen, wie zum Beispiel der
Gesichtsschädel, die Schädelgrube
oder das Becken (1, 13). Die gleichen
Argumente treffen auch für die Leber
mit ihrer komplexen Gefäßversorgung zu. Eine genaue Planung ist in
der Leberchirurgie wichtig, um den
Sicherheitsgrad des Eingriffes zu erhöhen. Zusätzlich ist bei Vorliegen genauer Volumetriedaten über zu resezierende und verbleibende Leberseg-
mente der Eingriff sicherer kalkulierbar. Grenzwertige Leberresektionen,
bei denen Patienten in das postoperative Leberversagen geraten, können
so mit objektivierbaren Parametern
besser identifiziert werden. Dies trifft
auch für die Lebertransplantation
zwischen Verwandten zu.
Ein weiterer Anwendungsbereich der 3-D-Technologie und Visualisierung liegt in der Ausbildung von
Chirurgen und Studenten. Vorstellbar
sind Simulationen von Leberresektionen vergleichbar mit dem Flugsimulator in der Ausbildung von Piloten, wie
es in einem Editorial der Zeitschrift
„Annals of Surgery“ kürzlich erwähnt
wurde (20). Am Computermodell
können Leberresektionen erläutert
oder auch simuliert werden. Zusammenfassend kann gesagt werden, daß
durch die neuen Techniken der virtuellen Realität ein weiterer Beitrag zur
Verbesserung der Leberchirurgie erbracht werden kann.
Danksagung
Die Autoren bedanken sich für die Mitarbeit
von Dipl.-Phys. Dominik Böhm, Dipl.-Math.
Andrea Schenk, Dipl.-Inform. Dirk Selle und Dipl.-Inform. Wolf Spindler von MeVis – Centrum
für Medizinische Diagnosesysteme und Visualisierung an der Universität Bremen und bei Dr.
rer. nat. Georg Stamm und Dipl.-Inform. Frank
Witthus von der Abteilung für Diagnostische
Radiologie, Medizinische Hochschule Hannover, ohne deren Mithilfe die Entstehung dieses
Manuskriptes nicht möglich gewesen wäre.
Zitierweise dieses Beitrags:
Dt Ärztebl 1999; 96: A-3298–3301
[Heft 51–52]
Abbildung 3: 3-D-Visualisierung mit Volumetrie der Leber. Das Lebersegment II ist hellblau, das Segment III
türkis und die Segmente IV bis VIII sind rot dargestellt. Der klinische Zustand des einjährigen Mädchens
mit extrahepatischer Gallengangsatresie verschlechterte sich zunehmend trotz Hepatoenterostomie nach
Kasai. Eine Lebertransplantation zwischen Verwandten wurde geplant. Der Vater spendete den linkslateralen Leberlappen (Segmente II und III).
Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf
das Literaturverzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über die Internetseiten (unter http://www.aerzteblatt.de)
erhältlich ist.
Anschrift für die Verfasser
Prof. Dr. med. Karl J. Oldhafer
Klinik für Allgemein- und
Transplantationschirurgie
Universitätsklinikum Essen
Hufelandstraße 55
45122 Essen
Nierenschädigung bei Transplantat-Entnahme
Anhand von Daten über 9 014
Nierenexplantationen in den Jahren
1992 bis 1994 wurde das Problem der
Organschädigung bei Nierentransplantat-Entnahme untersucht. Von diesen
Organen konnten 96 wegen gravierender Transplantatschäden nicht transplantiert werden, 1 630 Nieren wurden
trotz signifikanter Beschädigung transplantiert. Dabei zeigte sich naturgemäß
eine Diskrepanz in dem vom Explantationsteam und dem vom Transplantationsteam festgestellten Schaden. Den
geringsten Schaden nahmen die Nieren, die von einer Multiorgan-Entnahme stammten, im Gegensatz zu einer
alleinigen Nierenentnahme. Auch Nieren von jungen Patienten wiesen seltener Beschädigungen auf als die von älteren Patienten. Trotz dieser relativ hohen Rate an Transplantationsschäden,
so die Autoren, konnten die meisten
entnommenen Nieren transplantiert
werden. Einfluß auf das Transplantatüberleben wies in dieser Studie nur
das Alter des Spenders auf.
acc
Wigmore SJ et al.: Kidney damage during organ retrieval: data from UK National Transplant Database. Lancet 1999;
354: 1143–1146.
John LR Forsythe, Department of Surgery, Royal Infirmary of Edinburgh,
Edinburgh EH3 9YW, Schottland.
Deutsches Ärzteblatt 96, Heft 51–52, 27. Dezember 1999 (33) A-3301
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