Hair - Staatstheater Darmstadt

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hair
Galt MacDermot / Gerome Ragni & James Rado
Ich will es lang und liegend fliegend
bürstenborstig, adlerhorstig
ruppig, struppig, schuppig, zopfig
eisenherzig, bubikopfig
oder voll Konfetti
kämmungslos verludert
hemmungslos geölt, gepudert
löwenmähnig strähnig wie Spaghetti!
– Mein Haar.
HAIR
The American Tribal Love Rock-Musical
Buch und Texte von Gerome Ragni & James Rado
Dialoge bearbeitet von Frank Thannhäuser und Nico Rabenald
Musik von Galt MacDermot
Dialoge in deutscher, Songtexte in englischer Sprache
mit deutschen Übertiteln
Premiere am 29. November 2014, 19.30 Uhr
Staatstheater Darmstadt, Großes Haus
Die Originalproduktion fand am 29. April 1968 am Biltmore Theatre
New York unter der Leitung von Michael Butler statt.
Claude & Berger
An English synopsis is provided on page 30.
Erster Akt
1968. In einer Lotterie der US-Armee werden Geburtsdaten gezogen, die
festlegen, welche der jungen Männer zum Kriegsdienst in Vietnam eingezogen werden. Ronny stellt dieser Kriegsmaschinerie den Traum vom
gerade anbrechenden Zeitalter des Wassermannes entgegen, das zu mehr
Harmonie und Verständnis unter den Menschen führen wird.
In einen Debütantenball bricht der hyperenergetische Berger herein und
predigt ein lustbestimmtes Leben. Er war selbst in Vietnam, wurde aber
wegen seiner Drogenexzesse und sexuellen Ausschweifungen aus der
Armee entlassen. Hud rebelliert gegen die fortdauernde Sklavenrolle der
Farbigen und schließt sich der Gruppe an. Mit dem filmbegeisterten Claude
und der Aktivistin Sheila führt Berger eine spannungsgeladene Dreiecksbeziehung. Claude spielt sich auf und behauptet, er käme aus England. Im
Zug des Strebens nach einem selbstbestimmten Leben entdeckt Woof
gerade seine Sexualität jenseits konventioneller Pfade. Alle singen eine
Hymne auf den Konsumverzicht. Sheila kämpft für die Rechte der Frauen,
glaubt an die Kraft der Liebe, ruft dauernd zu Demos auf und geht den
anderen damit auf die Nerven.
Das Wesen aus der Kanalisation ist Jeanie. Dass sie den Vater ihres ungeborenen Kindes nicht kennt, macht ihr weniger zu schaffen als die Kälte,
mit der Claude ihr begegnet. Der steht vor der schwersten Entscheidung
seines Lebens. Seine absurd-spießigen Eltern überreichen ihm seinen
Musterungsbescheid. Er weiß nicht, wie er sich verhalten soll:
Ihn verbrennen oder seine „Pflicht“ tun?
In einem Fernsehstudio gerät die Show außer Kontrolle. Eine bekannte
Sexualforscherin solidarisiert sich mit den Hippies, die auf ihrem Recht
auf Individualität beharren.
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Die Dreiecksgeschichte zwischen Berger, Claude und Sheila eskaliert und
entlädt sich in Gewalt. Claude provoziert Sheila weiter, indem er ihr in
seinem neuen Filmskript lächerliche Worte in den Mund legt. Beim großen
„Be-In“ verbrennen Männer ihre Musterungsbescheide. Claude tut es nicht.
Zweiter Akt
Der Hippie-„Tribe“ rebelliert gegen die altbackene Musik eines Entertainers. Als Claude von seiner Musterung kommt, wird der Ernst der Lage
klar. Zur Entspannung der Situation setzt Berger auf Drogen und schickt
Claude auf einen unvergesslichen Trip, der schließlich zu einem Alptraum
wird. Szenen von Claudes Mittelklasse-Alltag verschwimmen mit Visionen
seines bevorstehenden Kriegseinsatzes.
Tief verunsichert versucht Claude, eine Entscheidung zu treffen: Trotz
allem wird er dem Einberufungsbefehl folgen. Er verteilt Abschiedsgeschenke und verbringt mit seinen Freunden „die letzte Nacht der Welt“.
Während der „Tribe“ alles besingt, was man in einem Bett tun kann, ist
Claude bereits auf dem Weg in den Krieg. Seine dunklen Vorahnungen
werden sich erfüllen.
Inhalt
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Die Songs
Erster Akt
AQUARIUS
Wassermann-Sternzeichen
DONNA
Donna HASHISH
Haschisch SODOMY
Sodomie
COLORED SPADE
Nigger MANCHESTER, ENGLAND
Manchester, England I’M BLACK
Bin schwarz AIN’T GOT NO
Ich hab‘ kein DEAD END
Sackgasse I BELIEVE IN LOVE
Ich glaube an die Liebe AIN’T GOT NO GRASS
Ich hab‘ kein Gras AIR
Luft INITIALS
Initialen I GOT LIFE
Ich bin am Leben GOING DOWN
Abwärts HAIR
Haare MY CONVICTION
Meine Überzeugung Das Zeitalter der Liebe bricht an
Mit 16 noch Jungfrau!
… und weitere Drogen
Fellatio Cunnilingus Amen!
Vereinigte Schimpfworte für Farbige
Die Herkunft des weißen Mannes
… bin weiß, bin braun, na und?
Kein Geld, kein Stoff, kein Gott
Alles, was verboten ist
selbsterklärend
Nichts zu rauchen
Der Planet geht vor die Hunde
USA, LSD, FBI …
Ich hab‘ Glück, weil ich noch lebe
Es geht bergab
Die Flagge der Hippies
Haare sind die Federn des Mannes
EASY TO BE HARD
Es ist leicht, hart zu sein
DON’T PUT IT DOWN
Lasst sie nicht fallen FRANK MILLS
Frank Mills
BE-IN ‚HARE KRISHNA‘
Hare-Krishna-Session
WHERE DO I GO?
Wo geh’ ich hin? Über die Herzlosigkeit der Weltverbesserer
Das etwas andere Lied zum Fahnenappell
Wie man eine verlorene Liebe besingt
Friede, Freiheit, Blumen, wahres Glück
Was soll bloß aus mir werden?
Zweiter Akt
ELECTRIC BLUES
Elektrischer Blues OH GREAT GOD OF POWER
Oh, großer Gott der Stärke BLACK BOYS
Schwarze Jungs WHITE BOYS
Weiße Jungs WALKING IN SPACE
Gehen im Weltraum
ABIE BABY
Abie Baby THE WAR
Der Krieg THREE-FIVE-ZERO-ZERO
3-5-0-0 WHAT A PIECE OF WORK IS MAN
Was für eine Meisterwerk ist der Mensch Über die Hi-Fi-Aufrüstung
Aquarius-Beschwörung
Schokoladig süß!
Milchweiß lecker!
Schweben im Raum (dank LSD)
Hommage an Abraham Lincoln
Der Zweifel an den Weltreligionen
Über die Brutalität des Krieges
Edel sei der Mensch, hilfreich und gut
– eigentlich
GOOD MORNING STARSHINE
Guten Morgen, Sternenlicht
Wie lange schaut ihr Sterne uns noch zu?
THE BED
Das Bett Wozu ein Bett alles gut ist
LET THE SUNSHINE IN
Lass' den Sonnenschein herein Der Weg allen Fleisches & Requiem für Claude
Song list
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Ein neues Zeitalter
Am 2. Februar 1962 standen der Mond, Venus, Merkur, Mars, Jupiter und
Saturn im Sternzeichen des Wassermanns (Aquarius). Alle sieben Himmelskörper waren seit 2500 Jahren nicht in dieser Konstellation zusammengekommen. Viele Leute glaubten, damit breche ein neues Zeitalter an:
Das Zeitalter des Wassermanns als ein Symbol für die Vereinigung der
Kreativität des Menschen, ein Zeitalter der Gemeinschaftlichkeit.
Als das Rockmusical „Hair“ herauskam, schrieb der Journalist John J.
O’Connor im „Wall Street Journal“: „Egal wie auf den Inhalt des Stückes
reagiert wird (…), ich vermute seine Form wird für die Geschichte des
Amerikanischen Musicals wichtig sein.“ Und sie war wichtig – indem sie
den Weg für das Konzept nicht linear erzählter Musicals ebnete, die die
Erneuerung des Musicaltheaters in den 1970er Jahren dominierten:
„Company“, „Follies“, „A Chorus Line“, „Working“ und andere. (…) Auch
heute noch können manche Leute hinter dem äußeren Erscheinungsbild
von Chaos und Willkür nicht die brillante Konstruktion des Stückes und
seine raffinierte Metaphorik sehen.
Johanna Berger
und Ensemble
In den späten 1960er Jahren beklagten sich die Künstler des Off-Broadway
und des Off-Off-Broadway, dass das professionionelle Theater tot sei,
oder schlimmer, dass es langweile. „Hair“ war die Revolution, auf die alle
gewartet hatten. Mit einem kleinen Plot, einem einmaligen Schauplatz,
reichlich vulgärer Sprache, eindeutig sexuellen Inhalten, Ritualen, Drogen,
Songtexten, die sich nicht reimten, Musik, die nicht die Regeln befolgte
und – zum ersten Mal auf der Broadwaybühne – dem Sound des wahren
Rock n’ Roll, trat dieses Musical dem Broadway in den kollektiven Hintern.
Nicht nur, dass sich viele Songtexte nicht reimten – viele Songs hatten
kein richtiges Ende, sie wurden langsamer und hörten auf, so dass das
Publikum nicht wusste, wann es applaudieren sollte. Andere Songs gingen
direkt in die nächste Nummer über, so dass das Publikum keine Zeit zum
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Applaudieren hatte. Die Show warf jede Konvention über den Haufen, die
des Broadway, die des traditionellen Theaters im Allgemeinen und die des
Amerikanischen Musicals im Besonderen. Und sie war brilliant. (…) Tom
O’Horgan (der Regisseur der ersten On-Broadway-Produktion) sagte
damals, er sähe in „Hair“ die sich nur einmal im Leben bietende Gelegenheit, eine Theaterform zu kreieren, „deren Haltung, Sprache, Kleidung,
Tänze und sogar deren Titel exakt eine soziale Epoche widerspiegele, die
dabei war zu explodieren.“ (…)
Dramaturgie des Trips
„Hair“ kritisiert und karikiert Rassismus, Diskriminierung, Krieg, Gewalt,
sexuelle Unterdrückung und andere soziale Übel. Es ist ein wirklich
psychodelisches Musical, vielleicht das einzige, das je auf dem Broadway
herausgekommen ist. Die Show besteht aus einem Trommelfeuer der
Bilder, die sehr surrealistisch und überwältigend sind, schnell und wütend
über das Publikum hereinbrechen und nicht immer logisch sind – aber
wenn man ihre Teile zusammenfügt, ergeben diese Bilder ein wundervolles, einheitliches und sofort verständliches Ganzes.
Generation Hippie
Nach dem Zweiten Weltkrieg machte Amerika eine seltsame Zeit durch.
(…) Wie schon zu anderen Zeiten sozialer Umbrüche (wie zur Jahrhundertwende oder während der Großen Depression) gab es eine Kluft zwischen
den Forderungen nach Konformität und Konservativität im Gegensatz zu
dem instinktiven menschlichen Bedürfnis, sich frei äußern zu dürfen
– was der Geschmack von Freiheit noch schlimmer machte, den Frauen
erfahren hatten, als ihre Männer und Freunde im Krieg gewesen waren.
Es gab auch eine neue sexuelle Freiheit, die an Amerikas Tür klopfte, dank
der Erfindung der Anti-Baby-Pille. Die Kinder, die in den geburtenstarken
Jahrgängen der Fifties aufwuchsen, hatten alle Konsumgüter, die sie sich
wünschen konnten, fanden aber wenig, um sich seelisch zu nähren. (…)
Es wurden so viele Kinder wie nie zuvor aufs College geschickt, wo sie
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lernten, alles zu hinterfragen und sich ihre eigene Meinung über die Welt
zu bilden. (…) Diese Kinder verließen das College mit unbegrenzten
und wie sich herausstellte für sie zu vielen Möglichkeiten. Zusätzlich
nahm die Menschenrechtsbewegung der Farbigen Fahrt auf, und all die
desillusionierten Kinder fanden ein starkes, praktikables Modell für ihren
sozialen Protest.
Das neue Körperbewusstsein
Der Grund, weswegen die Macher von „Hair“ ihrem Musical diesen Titel
gaben war, dass lange Haare die Flagge der Hippies waren, die „FreakFlagge“ wie sie es nannten, ihr Symbol nicht nur für Rebellion, sondern
auch für neue Möglichkeiten, ein Symbol der Zurückweisung von
Diskriminierung und restriktiven Geschlechterrollen (eine Philosophie,
die im Song „My Conviction“ zelebriert wird). Langes Haar symbolisierte
Gleichheit zwischen Mann und Frau. Zusätzlich zu ihrem langen Haar
machten die Hippies mit ihrer Kleidung Statements. (…) Hinzukam, dass
Nacktheit einen großen Teil der Hippie-Kultur darstellte – als Ablehnung
der sexuellen Repressionen ihrer Eltern und gleichzeitig als Bekenntnis
zu Natur, Spiritualität, Ehrlichkeit, Offenheit und Freiheit. Der nackte
Körper war schön, etwas, das es zu feiern und wertzuschätzen, nicht zu
verachten und zu verstecken galt.
Scott Miller
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In diesen Hosen kommst
du mir nicht aus dem Haus.
Und gib meine Goldkette
her. Was soll das? Was willst
du mit deinem Leben anfangen? Was soll aus dir werden
außer gammelig? Was habt
ihr eigentlich, ihr 1968er,
was euch so verdammt überheblich macht?
Mütter und Väter zu Claude
Ein böses Stück
Interview zur Neuinszenierung mit dem Regisseur Sam Brown
Was sagt uns „Hair“ heute?
„Hair“ ist ein Stück seiner Zeit. Ich könnte mir nicht vorstellen, es in
einer anderen Zeit spielen zu lassen. Und ich mag es, – anders als
manche deutschen Regisseure – dass ich im Theater in eine andere, vergangene Welt eintauchen kann. „Hair“ ist eine grandiose Metapher
auf die Verhältnisse unserer Erde, die die 1960er Jahre spiegelt, aber
heute noch gilt.
Was machte „Hair“ damals so wichtig?
Vielleicht die irrsinnige politische Brisanz. Es wurden Prozesse gegen das
Stück geführt, es gab Zeiten, in denen man Angst haben musste, auch als
Zuschauer eingesperrt zu werden. Der durch die Autoren so vorgesehene
Auftritt von Polizisten am Ende des ersten Aktes spielt mit dieser Angst.
In London musste erst die Theaterzensur des Lord Chamberlain‘s Office
abgeschafft werden, damit das Stück erscheinen konnte – ein gewaltiger
Umbruch. Das Stück kommt im bunten Gewand der Hippies daher, aber
darunter ist es ein böses Antikriegsdrama. Es steht die ganze Zeit Claudes
Einzug nach Vietnam im Raum, sein Gang in den sicheren Tod. Amerika
hat seine Todeskandidaten mit Hilfe eines Roulettes öffentlich ausgelost,
das hatte etwas von einem zynischen Spiel – so beginnen wir den Abend.
„Hair“ traute sich auszusprechen, was politisch brisant war: Der „weiße
Mann“ schickt den „schwarzen Mann“ in den Krieg gegen den „gelben
Mann“ um ein Land zu verteidigen, dass er dem „roten Mann“ geraubt
hat. Es ist auch ein Stück über Rassismus gegen Schwarze, der ganze erste
Akt handelt davon. Die Gleichbehandlungsdebatte, die die schwarze
Menschenrechtsbewegung damals führte, wird heute von Schwulen und
Lesben oder Transsexuellen geführt.
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Wer sind für Sie die Hippies?
Die Hippies kamen aus dem bourgeoisen Milieu. Wir zeigen ihre Herkunft am Anfang des Stückes mit einer sehr bürgerlichen Szene. Aus den
noch in der Mode der 50er Jahre steckenden Kids baut sich dann der
„Tribe“ auf, der sich nach und nach die Zeichen seines Widerstandes und
seine neue Kleidung sucht …
… und auch das Haus in Beschlag nimmt, das ein zentrales Bühnenelement dieser Inszenierung ist.
Ja, es ist am Anfang ganz unberührt und wird dann nach und nach bevölkert, in Beschlag genommen oder instrumentalisiert. Das Haus steht aber
auch für das Symbol des American Dream, dem Zeichen der Wohlstandsgesellschaft, aus der die Gesellschaft kommt, die reich genug ist, in den
Krieg zu ziehen aber auch, im Falle der Hippies, sich gehen zu lassen, zu
„gammeln“.
Welche Funktion hat der Auftritt von Claude Bukowski?
Claude begeistert sich für den Film. Er läuft mit einer Kamera herum und
schreibt eine Filmszene für Sheila, die er mit ihr ausprobiert. Mit seinem
Auftritt verdichtet sich der Eindruck, dass die ganze Welt von „Hair“
vielleicht auch in einem TV-Studio spielen könnte. Amerika befand sich
ja damals in der Phase, in der jeder Haushalt ein Fernsehgerät bekommen
sollte. Dieser Eindruck wird dadurch unterstützt, dass die Figuren,
man denke nur an den ersten comedianhaften Auftritt von Berger, den
Anschein erwecken, als spielten sie eine Rolle.
Die Inszenierung der Uraufführung experimentierte auch mit neuen
Theatermitteln. Hat das in Ihrer Inszenierung eine Bedeutung?
Ja, unsere theatralen Mittel orientieren sich an der Uraufführung. Dort
wurde mit der offenen, nichts verdeckenden Bühne mit ihren sichtbaren
Umbauten, bei denen man die Techniker sehen sollte, auch eine politische
Nachricht verbunden, nämlich kein illustratives, sondern ein realistisches
Interview
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und ehrliches Theater zu machen. Auch bei uns gibt es keine bemalten
Kulissen, und, obwohl zahlreiche neue Schauplätze auftauchen, keinen
Vorhang. Man zeigt, dass man im Theater ist, dass einem die Mittel bewusst
sind. Es gab Leute, die hatten diese Form des Theaters noch nie gesehen.
Und die Darsteller?
Wir haben einen wunderbaren Cast von 20 jungen Leuten – ganz ähnlich
wie bei der Uraufführung. Ein älterer Mann übernimmt die Rollen der
gesetzteren Herren im Stück.
Sie haben den letzten Song „Hippie-Life“ gestrichen. Warum?
Zum einen, weil es kein besseres Finale als „Let the Sunshine In“ gibt. Zum
anderen aber auch, weil es damit nichts mehr nach Claudes Tod geben
kann – nichts inszeniert Versöhnliches oder dergleichen. „Hair“ gehört
zu den ganz wenigen Musicals, die tragisch und ohne jede Erlösung enden.
Das verstößt absolut gegen die Konventionen und hat mit dem Stachel
dieses Stückes zu tun.
Wie würden die Figuren nach Claudes Tod weiter leben?
Wahrscheinlich würde nur Shila ihr Leben ändern. Sie ist anders als die
anderen, weil sie die einzige ist, die eine Entwicklung durchmacht. Mein
Eindruck ist, dass Berger sich für Claudes Tod verantwortlich fühlt, weil
er seinen Freund mit seinem demütigenden Verhalten dazu gebracht hat,
seinem Einberufungsbefehl nachzukommen.
Was ist eigentlich der Zusammenhang zwischen „Hair“ und
Darmstadt?
Ohne Darmstadt gäbe es „Hair“ wahrscheinlich nicht. Ich habe herausgefunden, dass die Firma Merck bereits 1912 LSD herstellen konnte (lacht).
Die Fragen stellte Joscha Schaback
Jane-Lynn Steinbrunn,
Rupert Markthaler, Nedime Ince
Manuel Dengler,
Rupert Markthaler und Ensemble
Martina Lechner, Nedime Ince, Amani Robinson,
Jane-Lynn Steinbrunn und Ensemble
Julian Culemann und Ensemble
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Todeslotterie
Am 1. Dezember 1969 führte die U.S.-Armee eine Lotterie durch.
Durch diese Lotterie wurde die Reihenfolge des Einzugs zum Militärdienst
im Vietnam-Krieg für Männer der Jahrgänge 1944 bis 1950 festgelegt. Die
einzelnen Tage des Jahreskalenders (inklusive des 29. Februars) wurden
auf 366 Zettel geschrieben. Diese Zettel wurden in Kapseln verschlossen,
in eine Lostrommel gegeben und schließlich von einem unabhängigen
Beauftragten mit verbundenen Augen gezogen. Das erste Datum, das gezogen wurde, war der 14. September. Alle Registrierten mit diesem
Geburtsdatum erhielten die Nummer „1“. Die zweite Nummer, die gezogen
wurde, war der 24. April und dann immer so weiter. Alle Männer im
entsprechenden Alter mit dem gleichen Geburtsdatum wurden gleichzeitig
einberufen. Weitere Lotterien zum Militärdienst in Vietnam wurden 1970
für alle 1951 Geborenen sowie von 1971 bis 1975 für die Jahrgänge 1952 bis
1956 durchgeführt. Die erste Lotterie im Jahr 1969 löste eine Welle des
aktiven Widerstands gegen den Militärdienst aus. Diese so genannten
„Drückeberger“ waren meist gesunde, gut ausgebildete junge Männer. Sie
nahmen oftmals harte rechtstaatliche Konsequenzen wie langjährige
Haftstrafen in Kauf. Zum Zeichen ihrer Ablehnung erschienen sie nicht zur
Musterung oder verbrannten ihren Einberufungsbefehl.
Sam Brown
Rot, Gelb,
Schwarz und
Weiss:
Macht euch
gegenseitig
heiss!
Der „Tribe“
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Vom Hairwuchs
Am 17. Oktober 1967 feierte „Hair“ in seiner allerersten Version am OffBroadway Premiere: Im 300 Plätze fassenden Shakespeare Public Theatre
New York begann die erste Serie, die auf nur sechs Wochen Spieldauer
angelegt war. Ab 1964 hatten die beiden New Yorker Künstler James Rado
(1932*) und Gerome Ragni (1935-91) an dem Stück geschrieben. Beide
verdienten ihr Geld zu diesem Zeitpunkt vor allem durch die Schauspielerei. Beide hatten Broadway-Erfahrung, aber auch eine direkte Verbindung
zum Off-Broadway, der New Yorker freien Theaterszene, deren Spielorte
geografisch nicht am Broadway lagen und deren Produktionen künstlerisch experimenteller und weniger auf Profit ausgerichtet waren. Das New
Yorker Off-Theater, das heute mit berühmt gewordenen Gruppen wie
dem Living Theatre oder dem La MaMa Experimental Theatre Club in
Verbindung gebracht wird, sollte dem Theater weltweit wesentliche
Impulse versetzen. Mitte der 1960er Jahre waren diese aber im Mainstream-Broadway-Theater noch nicht angekommen. In den kleinen Bühnen
oder zu Bühnen umgestalteten Lofts, Garagen oder Kinos herrschte oft
eine unhierarchische Produktionsform, man arbeitete in der Gruppe an
einem Stück und brachte es in Gemeinschaftsleistung auf die Bühne. Im
Probenprozess wurden experimentelle Theaterformen eingesetzt und viel
improvisiert. In seinen Stücken riss das Off-Theater der 1960 Jahre die
vierte Wand ein, trat in direkte Kommunikation mit dem Publikum und
traute sich den offenen Protest an den politischen Verhältnissen.
Rado und Ragni wollten „Hair“ zwar mit ihren Erkenntnissen und Erfahrungen des freien Theaters kreieren, aber es war ihr ausgemachtes Ziel,
beim Zielpublikum nicht in der „Szene“ stehen zu bleiben, in der die
Hippie-Kultur ohnehin stärker zu Hause war, sondern damit an ein größeres Theater am Broadway zu gelangen. Rado und Ragni hielten sich selbst
nicht für Hippies und um die Hippie-Kultur in sich aufzunehmen,
verbrachten die beiden Autoren Wochen im East Village zur Recherche.
Für die Komposition des ersten Rockmusicals entschieden sie, einen Outsider zu nehmen, der möglichst wenig mit der gut geschmierten Maschine
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des Musicalbetriebs zu tun hatte. Sie fanden ihren Musiker in Galt
MacDermot, der bis zu diesem Zeitpunkt überhaupt keine Berührung mit
dem Theater hatte und sich eher als Weltmusiker denn als Rock n‘ Roller
verstand. In wenigen Wochen vertonte MacDermot die Texte der Autoren.
Die erste Version des Musicals verkaufte sich gut, so dass die Produktion
in eine nun 700 Plätze fassende Location umzog. Am 2. Dezember 1967
kam die Wiederaufnahme im Go-Go/Disco Club The Cheetah heraus. Die
Vorstellung musste bereits um 18.30 Uhr beginnen und ohne Pause
durchlaufen, damit die Disko nach dem Umbau pünktlich um 22.00 Uhr
ihre Türen für das Tanzpublikum öffnen konnte. Nach weiteren sechs
Wochen wäre die Show sozusagen um Haaresbreite verschwunden, wenn
es nicht einen jungen Produzenten, Michael Butler, gegeben hätte, der die
kommenden Monate von Theater zu Theater zog, um „Hair“ an den
Broadway zu bringen. Doch zunächst fand sich kein Haus, das die Show
übernehmen wollte. Den Managern war „Hair“ zu unkonventionell und
„dreckig“. Erst David Cogan wagte es, das Stück in seinem Biltmore Theatre
herauszubringen, allerdings in überarbeiteter Gestalt. Das Team wechselte
viele Darsteller aus, Dermot schrieb 13 neue Songs, so dass die Musiknummern von 20 auf 33 anwuchsen. Außerdem wurde eine neue Choreografin, Julie Arenal, und der damals ebenso aus der freien Szene bekannte
Regisseur Tom O’Horgan für die Neuauflage der Inszenierung engagiert.
In dieser neuen Form kam am 29. April 1968 die Broadway-Premiere
heraus, die bis heute urheberrechtlich verbindlich ist. „Hair“ entwickelte
sich zum Kultmusical und zog ein in diesen Zeiten lang ersehntes junges
(und schwarzes) Publikum an, das dem Broadway vorher fern geblieben
war. Nicht nur die Themen des Musicals gaben dem Broadway neue Bedeutung, auch die Inszenierung fesselte. O’Horgan ließ bereits im Einlass
seinen „Tribe“ auftreten, die Hippie-Darsteller mischten sich mit dem
Publikum, lösten bereits zu Beginn die vierte Wand auf und luden ihr
Publikum zum bevorstehenden Theater-Trip ein. Es war unklar, wann das
Stück wirklich begann. Bis heute berichten Darsteller, die an der Produktion beteiligt gewesen waren, über das besondere Flair der Aufführungen.
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O’Horgan hatte es mit vielen Improvisationen und Vertrauens- und Sensibilisierungs-Übungen geschafft, aus seiner Truppe einen „Tribe“ zu machen.
Es heißt, dass die Darsteller ihre Rollen nicht spielten, sondern lebten.
Viele fühlten sich wie wahre Hippies. Die Show stieß vor allem bei älterem
Publikum auf Widerstand und in den Anfangsmonaten verließen immer
wieder Leute den Saal. Besondere Aufmerksamkeit erfuhr das Finale des
ersten Aktes, bei dem sich die Darsteller beim „Be-In“ auszogen, während
langsam das Licht erlosch. Als die Show im Londoner West End spielte,
bürgerte sich ein, dass das Publikum zum Schluss auf die Bühne sprang
und mit den Darstellern tanzte. „Hair“ kam hier am 27. September 1968
heraus. Am 24. Oktober 1968 erfolgte die deutsche Erstaufführung in
München: Das Theater in der Briennerstraße hatte sich den Hit gesichert.
„Hair“ führte an mehreren Orten in Amerika und auch in Deutschland
zu Diskussionen darüber, ob ein Stück, dass auf seine letztlich verständnisvolle Weise mit den Themen Sexualität, Drogen und Widerstand gegen
die Staatsgewalt umgeht, nicht zensiert werden müsse. In Amerika
erreichten Klagen den Obersten Gerichtshof, wo sich aber die Seite der
Künstler durchsetzen konnte. In Deutschland und England war „Hair“
zusammen mit „Jesus Christ Superstar“ das erfolgreichste Musical seiner
Zeit. Verbreitet war eine deutschsprachige Version unter dem Titel „Haare“.
1969 brachte die Band „The Fifth Dimension“ einen Millionenseller mit
dem Medley aus den „Hair“-Songs „Aquarius“ und „Let the Sunshine In“
heraus. Der US-Charts-Erfolg trug wesentlich zum Bekanntwerden des
Musicals bei. 1979 erschien Miloš Formans berühmter Musicalfilm „Hair“
mit Treat Williams als George Berger. Der Film hat gegenüber dem Musical
eine weniger offene und assoziative Dramaturgie, sondern eine vergleichsweise klare Geschichte, die deutlich von der Bühnenfassung abweicht.
Der Film endet damit, dass Berger und seine Gang zu Claude reisen, um
ihn im militärischen Ausbildungscamp zu besuchen. Durch eine Verwechslung wird Berger eingezogen und stirbt in Vietnam.
Joscha Schaback
Richard Wiedl
Marion Wulf, Victor Hugo Barreto,
Lisa Huk, Michael B. Sattler,
Martina Lechner
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Ich weiß nicht, was Rock'n'Roll
wirklich ist und mir ist es auch
egal. Das wichtigste ist, dass
keine zwei Songs in „Hair“ gleich
sind. Ich fühle mich nicht wie
ein Rock n‘ Roll-Komponist. Ich
habe in Afrika studiert, also halte
ich mich für einen afrikanischen
Komponisten und für einen
karibischen Komponisten. Aber
ich wüsste nicht, wie ich meinen
Stil beschreiben sollte und Kategorien interessieren mich nicht.
Galt MacDermot
Rupert Markthaler
und Ensemble
Victor Hugo Barreto, Martina Lechner, Julian Culemann,
Fabian Klatt, Marina Petkov
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1968
Das, was von 68 bleibt, sind weniger sichere Antworten als Fragen, die
sich heute immer wieder von Neuem stellen – ob es sich um die Dritte
Welt, die Schwarzenfrage in den USA, die Zukunft des Bildungswesens in
Europa oder die Notwendigkeit des zivilen Ungehorsams handelt (…).
Was ebenso bleibt, und das ist vielleicht das Positivste, ist die Erinnerung
an dieses unglaubliche Vertrauen, diesen Mut, sich zu erheben, der alles
möglich machte. Nach den Augustaufständen in Chicago wurden Jerry
Rubin und Abbie Hoffman, die Anführer der Hippie-Bewegung, vor die
Kommission für antiamerikanische Aktivitäten zitiert. Rubin erschien mit
einer Black-Panther-Mütze, indianischer Kriegsbemalung und einer
gefüllten, mexikanischen Patronentasche um den nackten Oberkörper;
Hoffman trug eine richterliche Robe. Als man ihm befahl, sie abzulegen,
kam darunter die nächste Provokation zum Vorschein: Ein Polizeihemd.
(…)
Gerade diese zweifelhafte Energie trägt die Musik jener Zeit in sich.
„When you got nothing / You got nothing to loose“, singt Dylan – und
Janis Joplin, quasi als direkte Antwort darauf: „Freedom is just another
word for nothing else to loose.“ Diese Parolen sind meilenweit weg von
ideologischen Vorgaben – und doch am ehesten das, was diese Epoche
für mich noch heute ausmacht. Und ich liebe diese ansteckende Begeisterung, diesen müßigen, lyrischen Schwung und diese Hoffnung am Rand
des Selbstmords, die nur eins vom Leben erwartete: das Leben selbst.
Julian Culemann
Act One
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The Year 1968. During a draft-lottery, birthdates are drawn from a lottery
wheel. Whose birthdate comes up will have to go to war in Vietnam.
Ronny rebells against these preparations for war by evoking the utopia of
a peaceful age of Aquarius which has just begun.
A trifle makes Sheila's, Claude's and Berger's relationship erupt in violence. Claude provokes Sheila even further by giving her ridiculous
text-lines in his latest film-script. At the „Be-in“ many of the young men
burn their draft-cards in protest. Claude doesn't.
Hyperenergetic Berger breaks into a debutant's ball and calls for sexual
freedom. He has just returned from Vietnam, having been expelled from
the Army for taking too many drugs and being pansexual. That's when
Hud rebells against the ongoing racist discrimination on the basis of skincolor. He joins the „tribe“.
Act Two
Claude (a wannabe film-maker), the activist Sheila and Berger engage in a
hysteric menage a trois. Claude boastfully pretends to have English roots
(opposed to having a Polish background as one of his mothers later says).
With everybody striving for sexual autonomy, Woof discovers unexpected
aspects of himself. They sing a hymn against consumerism. An activist
for women's liberation, a true romantic and present on each and every
demonstration – all that is Sheila. Whereas the creature climbing out of
the sewer is Jeanie. She doesn't seem to mind that she does not know who
is the father of her unborn child. But she does mind that Claude blows
her off. He is facing one difficult decision in his life: should he – as many
others do – burn his draft-card or should he follow the „call of duty“?
A TV-show is getting out of control. Margaret Mead, a famous cultural
anthropologist shows her sympathy with the hippies. They insinst on their
right to be different.
Members of the „tribe“ rebell against an old style entertainer. Claude returns from the physical examination. It is now clear that he will be drafted
and sent to war. To losen the tension, Berger distributes drugs and sends
Claude on a very special trip. Scenes of Claude's middle-class life clash
with visions of him fighting in Vietnam. The trip turns into a complete
nightmare.
Claude tries to take a decision. Eventually, he will accept to be sent to
Vietnam. He gives farewell-presents to his friends and spends one last night
with them. While the tribe praises everything that can be done in a bed,
Claude is already on the way to war. His presentiment will become real.
Synopsis
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Galt MacDermot / Gerome Ragni & James Rado Hair
Originalbesetzung der Produktion von 2014:
Musikalische Leitung Christoph Wohlleben
Regie Sam Brown
Bühne und Kostüme Annemarie Woods
Choreografie Ashley Page
Mitglieder des Staatsorchesters Darmstadt und Gäste
Mit
Berger Rupert Markthaler Sheila Nedime Ince Claude Julian Culemann
Woof Manuel Dengler Hud Victor Hugo Barreto Jeannie Lisa Huk
Crissy Martina Lechner Ein Mann Richard Wiedl Dionne Jane-Lynn
Steinbrunn Ronny Elizabeth King Emeretta Amani Robinson Steve
Michael B. Sattler Tribe Christopher Basile (Dance-Captain), Johanna
Berger, Giulia Fabris, Gerrit Hericks, Fabian Klatt, Peter Knauder, Nicole
Ollio, Marina Petkov, Marion Wulf
Text und Bildnachweise
Die Zusammenfassung der Handlung auf Seite 3 und ihre Übersetzung ins Englische auf Seite
28ff versah Berthold Schneider. Der Text auf den Seiten 7ff „Ein neues Zeitalter“ ist Scott
Millers „Rebels with Applause: Broadway's Ground-Breaking Musicals“ ausschnitthaft entnommen. (Übersetzung: Joscha Schaback). Die Zitate auf der Umschlagseite sowie auf den Seiten 10
und 19 entstammen dem Textbuch des Gallissas-Verlages, in dem auch die deutschen Übersetzungen der (in Darmstadt auf Englisch gesungenen) Liedtexte abgedruckt sind. Das Interview
auf den Seiten 12ff führte Joscha Schaback. Der Text auf Seite 18 stammt von Sam Brown.
„1968“ ist ein Ausschnitt aus Marc Weitzmanns Artikel „Das Jahr, in dem Coca Cola den Kalten
Krieg gewann“ aus dem Buch „1968. Ein Jahr, das die Welt bewegt. Magnum Photos“. Alle
weiteren Textbeiträge sind von Joscha Schaback. „Vom Hairwuchs“ auf den Seiten 20ff basiert
auf Informationen u. a. aus dem Artikel „HAIR and Its Imitators“ aus Elizabeth L. Wollmans
Buch: „The Theater Will Rock: A History of the Rock Musical, from HAIR to HEDWIG“
sowie auf dem Artikel von James Rado auf der offiziellen Website des Musicals unter
www.hairthemusical.com. Rechteinhaber, die nicht erreicht werden konnten, werden gebeten,
sich zwecks nachträglicher Rechtsabgeltung zu melden. || Probenfotos: Sandra Then
IMPRESSUM
Spielzeit 2014|15, Programmheft Nr. 19
Herausgeber: Staatstheater Darmstadt
Georg-Büchner-Platz 1, 64283 Darmstadt,
Telefon 06 15 1 . 28 11-1
www.staatstheater-darmstadt.de
Intendant: Karsten Wiegand
Geschäftsführender Direktor: Jürgen Pelz
Redaktion: Joscha Schaback
Fotos: Sandra Then
Gestalterisches Konzept: sweetwater | holst, Darmstadt
Ausführung: Benjamin Franzki
Herstellung: Drach Print Media, Darmstadt
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