L I E C H T E N S T E I N M U S I C A L CO M PA N Y Hippie-Führer und naiver Junge Christian Büchel – «Berger führt dynamische Truppe» Sie sind im «Hippie­-Jahr» 1968 geboren. Wie sehen Sie die Aktualität des Hippie-­Musicals «Hair»? Schon toll, dass eine ganze Bewegung des 20. Jahrhunderts nach meinem Jahrgang benannt ist. (lacht) Nein, ernsthaft: Das Lebensgefühl der 68er-Generation zieht sich ja auch in die nächsten Jahrzehnte weiter und versteht sich auch heute noch als ein Gefühl von Freiheit und Liebe. Die Werte der 68er und ihre Musik machen «Hair» dadurch sehr aktuell. Sie sind neben Hauptdarsteller «Berger» auch Vocal Coach. Können Sie uns einen Einblick in Ihre Arbeit geben? Als Vocal Coach muss ich primär versuchen, aus Laien, Sängern und Profis eine gute Kombination zu finden, die auf musikalische Weise das Publikum erfreut. Und dabei gibt es eine gewisse Klangfarbe, die zwischen Popgesang und Musicalgesang angesiedelt ist. Das Besondere an der Popstimmtechnik ist das emotionale Anschnarren auf der genauen Tonhöhe. Dabei muss man die unbewusste Muskulatur, die zum Beispiel beim Staunen aktiv ist, einsetzen. Dadurch entsteht beim Zuhörer eine sehr direkte – man könnte sagen staunenswerte – Emotionalität. Sie waren bereits 1998 bei der Erstaufführung von «Hair» in Balzers dabei. Was ist das Besondere an diesem Musical? Es ist unglaublich, wie viele zeitlose Welthits aus diesem Musical stammen. Es gibt ausserdem meines Wissens kein anderes Musical, das mit sage und schreibe 50 Nummern so viele Chorlieder beinhaltet. Fast jeder Darsteller ist ständig in der Tribe­-Gruppe dabei. Diese Gruppendynamik ist eine grosse Herausforderung, macht aber auch unglaublich viel Spass. Patrick Biagioli – «Claude will einfach ausbrechen» Sie haben schon in mehr als einem Dutzend Musicals gespielt – «Hair» war noch nie darunter. Was reizt Sie an der Rolle des Claude? Ich denke, gerade Claude ist eine Traumrolle für einen Musicaldarsteller. Ich wollte «Hair» früher nie machen, weil ich mich ein wenig vor der Nacktszene gescheut habe, die in vielen Inszenierungen vorkommt. Deshalb hatte ich mich auch nie um eine Audition bemüht. In Balzers machen wir das Musical aber anders. Und als ich erfuhr, dass die LMC «Hair» machen will, dachte ich mir, das wäre mit meinen 47 Jahren die letzte Chance, dieses Musical noch zu machen, weil man sonst zu alt für die Rolle wird. Cool finde ich auch, dass ich «Hair» hier zusammen mit meiner Frau AnnKathrin machen kann. Was ist Claude eigentlich für ein Typ? Claude ist aufgrund seiner Herkunft naiv, aber er meint es gut. Er verspürt das Bedürfnis, etwas zu machen, einen Drang, aus seiner Familie auszubrechen, weil er die Motzereien und die Biederkeit zu Hause nicht mehr aushält. Er meldet sich bei der Armee, um von zu Hause wegzukommen. Das war auf dem Land damals ganz normal. In New York lernt er die Welt der Hippies kennen, die er gar nicht so unsympathisch fin- det. Und er verliebt sich zum ersten Mal – in Sheila, die junge Frau aus gutem Haus, die er im Central Park trifft. Wie empfinden Sie persönlich die Hippie-Zeit? Ich finde, das war eine wichtige Gegenbewegung gegen die damalige gesellschaftliche Situation und gegen den Vietnamkrieg. «Make love not war» bedeutete nicht nur eine sexuelle Revolution. Es ging auch um Liebe und Befreiung. Die Botschaft der Hippies lautete wohl auch: Mach die Augen auf, sieh die schönen Dinge des Lebens neu wie ein Kind. In seiner Naivität ist Claude nicht bewusst, dass er in einen Krieg zieht und töten muss. Auch dafür versuchen ihm die Hippies die Augen zu öffnen. Hat «Hair» auch eine Botschaft für die heutige Zeit? Selbstverständlich. Gerade heute ist es aktuell, wenn man sich die vielen Kriege und Krisen ansieht, wo gerade auch die Amerikaner dick drin sind – im Irak, in Israel, Syrien, Afghanistan. «Hair» ist ein Kultmusical um Krieg, Liebe, Freiheit, Toleranz. Diese Themen sind immer aktuell. 17