Bregenzer Festspiele 2013 Liebe und Geld, Schatten und Licht W.A. Mozarts Die Zauberflöte auf der Seebühne, Tchaikowskys Der Kaufmann von Venedig im Festspielhaus André Dem Licht entgegen streben die Bregenzer Festspiele im Sommer 2013: Unter diesem Motto zeigt das Festival auf der Seebühne erstmals seit 1985/86 wieder Wolfgang Amadeus Mozarts phantastische Märchenoper Die Zauberflöte. Im Festspielhaus ist die Uraufführung der Oper Der Kaufmann von Venedig des britisch-polnischen Komponisten André Tchaikowsky zu sehen. Die Zauberflöte verbindet eine Liebesgeschichte mit den großen Fragen der Aufklärung, stellt fidelen Vogelfänger-Charme neben königliche Rachsucht und bezaubert mit einer Musik zwischen munteren Melodien und verliebten Arien, zwischen halsbrecherischen Koloraturen und geheimnisvollen Chorälen. Die Bregenzer Festspiele zeigen Mozarts 1791 uraufgeführtes Werk, eine der weltweit am häufigsten gespielten Opern, in den Sommern 2013/14 als Spiel auf dem See. Regie führt Festspielintendant David Pountney, Premiere ist am 17. Juli 2013. William Shakespeares Der Kaufmann von Venedig ist ein Stück über Liebe und Geld, über Gnade und Gesetz: Die gleichnamige Oper des polnischen, nach Großbritannien ausgewanderten Komponisten André Tchaikowsky (19351982) entstand in den 70er- und 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts, wurde aber noch nie aufgeführt. Die Bregenzer Festspiele präsentieren die Uraufführung von Der Kaufmann von Venedig am 18. Juli 2013 und setzen damit die Reihe noch nie gespielter Werke im Festspielhaus fort. Das Programm der Orchesterkonzerte bietet 2013 einen musikalischen Rückblick auf die Intendanz von David Pountney: Werke von Benjamin Britten bis Mieczysław Weinberg lassen zahlreiche musikalische Höhepunkte Revue passieren und rufen erfolgreiche Opernproduktionen wie Brittens Tod in --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Bregenzer Festspiele 2013 Seite 1 von 17 Venedig (2007) und Weinbergs Die Passagierin (2010) in Erinnerung. Außerdem gibt es ein Wiedersehen mit den bekannten britischen Dirigenten Paul Daniel und Sir Mark Elder, die beide schon mehrmals erfolgreich am Bodensee zu Gast waren. Zwei neue Musiktheaterwerke stehen 2013 auf der Werkstattbühne im Zentrum der zeitgenössischen Reihe Kunst aus der Zeit. Den Anfang macht am 1. und 3. August The Wasp Factory des in Island lebenden Australiers Ben Frost nach dem gleichnamigen Bestseller von Iain Banks und einem Libretto von David Pountney, gefolgt von der österreichischen Erstaufführung von Olga Neuwirths American Lulu am 16. und 17. August. In ihrem neuesten Werk wirft die österreichische Komponistin einen weiblichen Blick auf eine der schillerndsten Frauengestalten der Theatergeschichte. „Selber machen!“ lautet alljährlich die Devise des Kinder- und Jugendprogramms crossculture: Neben den Fixpunkten fest des kindes, crossculture night, tours und workshops präsentiert crossculture im Sommer 2013 die crossculture blasmusikmatinee Brass Impossible am 4. August mit den Absolventen des ersten Internationalen Blasmusik-Camps (IBC) und das kinder- und familienkonzert Der Tierkreis am 15. und 17. August. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Bregenzer Festspiele 2013 Seite 2 von 17 Hand in Hand ins Licht W.A. Mozarts Die Zauberflöte als Spiel auf dem See 2013/14 Was beginnt wie ein Märchen wird zum phantastischen Spiel zwischen Zauberposse und Freimaurer-Mystik: Die Zauberflöte verbindet eine Liebesgeschichte mit den großen Fragen der Aufklärung, stellt fidelen Vogelfänger-Charme neben königliche Rachsucht und bezaubert mit einer Musik zwischen munteren Melodien und verliebten Arien, zwischen halsbrecherischen Koloraturen und geheimnisvollen Chorälen. Die Bregenzer Festspiele zeigen Wolfgang Amadeus Mozarts 1791 uraufgeführtes Werk, eine der weltweit am häufigsten gespielten Opern, in den Sommern 2013 und 2014 als Spiel auf dem See. Zuletzt war Die Zauberflöte 1985 und 1986 auf der Seebühne zu sehen. Die musikalische Leitung liegt beim Amerikaner Patricks Summers. Regie führt Festspielintendant David Pountney, das Bühnenbild stammt von Johan Engels, das Kostüm- und Puppendesign von Marie-Jeanne Lecca: Ein Trio, das am Bodensee zuletzt 2010 mit der Oper im Festspielhaus Die Passagierin für großes Aufsehen sorgte. Für das Light Design zeichnet der Franzose Fabrice Kebour verantwortlich, für die Stunt & Action Choreographie der Israeli Ran Arthur Braun. Premiere ist am 17. Juli 2013. „Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ Prinz Tamino sieht sich plötzlich einer riesigen Schlange gegenüber. Doch anstatt das Untier zu bekämpfen, fällt der Prinz in Ohnmacht. Die Königin der Nacht lässt ihn durch ihre Damen retten – nur um ihm eine noch viel größere Aufgabe aufzuerlegen: Ihre Tochter Pamina sei von Sarastro entführt worden; wenn Tamino sie befreie, werde er sie zur Frau bekommen. Als die Königin ihm ein Bild ihrer Tochter zeigt, verliebt sich Tamino augenblicklich in Pamina und erklärt sich bereit, den Auftrag zu übernehmen. Begleitet vom Vogelfänger Papageno, drei rätselhaften Damen und drei wissenden Knaben sowie ausgestattet mit Zauberinstrumenten, die vor Gefahren schützen, wilde Bestien bezähmen und schließlich die Liebenden vor dem Verbrennen und dem Ertrinken bewahren, macht sich Tamino auf den Weg. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Bregenzer Festspiele 2013 Seite 3 von 17 Die Zauberflöte ist ein Aufklärungsstück par excellence: Im Zentrum steht die innere Verwandlung des Menschen zu einem Wesen, das seinen Tugenden folgend selbstbestimmt zu leben imstande ist. Am Ende der Oper finden die Menschen den Weg ins Licht, in ein besseres Leben jenseits der Autoritäten von altehrwürdigen Mächten wie Adel und Klerus. Es ist eine menschliche Existenz ganz selbstbestimmt und ganz im Geiste der Aufklärung: „Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen!“ „Noch mehr – er ist Mensch!“ Die Zauberflöte vermittelt ein aufgeklärtes, humanistisches Ideal des „Menschseins“: Am Ende tragen ein normaler Mann und eine normale Frau die Verantwortung für die Zukunft der Gesellschaft, während sich der Machtapparat von Königinnen und Priestern als überflüssiges Brimborium erweist. Es gibt eine Stelle, in der Sarastros Priester sich fragen, ob es Tamino wohl gelingen werde, alle Prüfungsaufgaben zu meistern, denn er sei ja ein Prinz. Doch Sarastro antwortet: „Noch mehr – er ist Mensch!“ Am Ende der Oper sieht man Tamino und Pamina nicht mehr als Prinz und Prinzessin, sondern tatsächlich nur als einen Mann und eine Frau: Für mich ist das das Fazit dieses Stücks! Die Zauberflöte ist durchdrungen von den Ideen der Aufklärung, einer Bewegung, die den menschlichen Verstand in den Mittelpunkt rückte und damit die Autorität althergebrachter Mächte wie Adel und Religion in Frage stellte. Würde sich aber die Zauberflöte nur um solche Dinge drehen, wäre diese Oper wohl schon längst in Vergessenheit geraten. Mozart jedoch gelingt ein Spagat, wie wir ihn sonst nur von Shakespeare kennen: Die Zauberflöte ist auch ein wunderbar erzähltes Märchen. Sie ist charmant und unterhaltsam, bezaubernd und witzig, romantisch und geistreich – und transportiert dennoch eine große philosophische Botschaft. David Pountney Inszenierung Die Zauberflöte --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Bregenzer Festspiele 2013 Seite 4 von 17 Geld – oder Liebe? Der Kaufmann von Venedig als Oper im Festspielhaus 2013 William Shakespeares Der Kaufmann von Venedig ist ein Stück über Liebe und Geld, über Gnade und Gesetz: Die gleichnamige Oper des polnischen, nach Großbritannien ausgewanderten Komponisten André Tchaikowsky (19351982) entstand in den 70er- und 80er-Jahren des 20. Jahrhunderts, wurde aber noch nie aufgeführt. Die Bregenzer Festspiele präsentieren die Uraufführung von Der Kaufmann von Venedig am 18. Juli 2013 und setzen damit die Reihe noch nie gespielter Werke im Festspielhaus fort. Bassanio, ein junger Adeliger, möchte in Venedig zur Zeit der Renaissance der schönen Portia den Hof machen, doch fehlt ihm das Geld, um zu ihrem Landsitz zu reisen. Also bittet er den Kaufmann Antonio um Hilfe. Antonios Vermögen aber ist in Schiffshandelsgeschäften angelegt. Daher bietet er Bassanio an, die benötigte Summe vom jüdischen Geldverleiher Shylock zu besorgen. Doch Shylock ist über Antonio verärgert, weil dieser den Juden für gewöhnlich voller Verachtung behandelt, und fordert daher, dass – sollte die Schuld nicht binnen drei Monaten beglichen sein – der Preis dafür ein Pfund von Antonios eigenem Fleisch sein solle… „Festklammern an den Buchstaben des Gesetzes“ Zuletzt 2005 mit Hollywood-Stars wie Al Pacino, Jeremy Irons und Joseph Fiennes opulent verfilmt, rückt Shakespeares 1605 erstmals aufgeführtes Werk Der Kaufmann von Venedig weder Shylocks Judentum noch seinen Wucher ins Zentrum, sondern, wie Karl Marx es nannte, das erbarmungslose „Shylocksche Festklammern an den Buchstaben des Gesetzes”. Dieses blinde Bestehen auf Recht und Gesetz ist es, was auf dem Höhepunkt der Handlung auf Shylock selbst zurückfällt. Die musikalische Leitung von Der Kaufmann von Venedig liegt beim Amerikaner Erik Nielsen, für die Inszenierung kehrt der Brite Keith Warner nach seinem großen Erfolg mit André Chénier an den Bodensee zurück. Die Ausstattung übernimmt der ebenfalls aus Großbritannien stammende Ashley Martin-Davis, das Light Design sein Landsmann Davy Cunningham. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Bregenzer Festspiele 2013 Seite 5 von 17 Ein erstaunliches Schicksal – der Komponist André Tchaikowsky Der polnisch-britische Komponist André Tchaikowsky kam unter dem Namen Robert Andrzej Krauthammer 1935 als Sohn jüdischer Eltern in Warschau zur Welt. Schon sehr früh zeigt sich sein musikalisches Talent, bereits mit vier Jahren erhält er von seiner Mutter ersten Klavierunterricht. Mit Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wird die Familie ins Warschauer Ghetto verlegt, wo André bis 1942 verbleibt. Dank falscher Papiere, die ihn als normalen polnischen Bürger ausweisen, und seines neuen Namens Andrzej Czajkowski, überlebt er gemeinsam mit seiner Großmutter sowohl den Warschauer Aufstand als auch die Deportation in das Konzentrationslager Pruszkow. Nach dem Krieg setzt Tchaikowsky, wie er sich später nennen sollte, seine Studien in Polen und Paris fort, später wandert er nach England aus. Trotz einer herausragenden Karriere als Pianist galt seine wahre Leidenschaft immer dem Komponieren: Seine einzige Oper, Der Kaufmann von Venedig, entstand in den Jahren 1968 bis 1982. „Zwei gegensätzliche Welten, in exquisiten Farben gezeichnet“ André Tchaikowsky, ein Überlebender des Warschauer Ghettos, wählte ausgerechnet Shakespeares Kaufmann von Venedig als Gegenstand für seine erste und einzige Oper. Doch ganz abgesehen davon, dass Tchaikowsky Antisemitismus am eigenen Leib erfahren hat, eignet sich Der Kaufmann von Venedig hervorragend für ein Musiktheaterwerk, denn die Handlung umfasst zwei einander entgegengesetzte Welten, von denen jede eine andere Art des musikalischen Ausdrucks nahelegt. Venedig ist der Ort der männlichen Geschäftswelt, eine Stadt dominiert von Macht, Geld und Intoleranz. Belmont hingegen ist ein Ort der Frauen, der Liebe und der Musik. Aus drei Schatullen müssen die Werber um die Hand der schönen Portia die richtige auswählen. Bassanio zieht die bleierne Schatulle der goldenen und silbernen vor. Die Botschaft ist eindeutig: Das Element des Geldes, in Venedig die Maßgröße für fast alles, ist in Belmont wertlos. Tchaikowsky meistert die musikalischen Möglichkeiten dieser beiden kontrastierenden Milieus mit erstaunlichem Geschick, als handelte es sich hier bereits um seine fünfte Oper. Venedig ist düster und grausam, Belmont --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Bregenzer Festspiele 2013 Seite 6 von 17 hingegen zeichnet Tchaikowsky in exquisiten Farben, die an die Musik der Renaissance erinnern, und auch an Humor fehlt es nicht. Shylock und Portia, die beiden zentralen Partien der Oper, durchlaufen dramatische Entwicklungen, die Tchaikowsky musikalisch meisterlich und äußerst fantasievoll umsetzt. David Pountney Intendant --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Bregenzer Festspiele 2013 Seite 7 von 17 Heiter und düster, lyrisch und schwelgerisch Orchesterkonzerte 2013 Das Programm der Orchesterkonzerte bietet 2013 einen musikalischen Rückblick auf die Intendanz von David Pountney: Werke von Benjamin Britten, Karol Szymanowski und Mieczysław Weinberg lassen musikalische Höhepunkte Revue passieren und rufen erfolgreiche Bregenzer Opernproduktionen wie Brittens Tod in Venedig und Weinbergs Die Passagierin in Erinnerung. Außerdem gibt es ein Wiedersehen mit den beiden bekannten britischen Dirigenten Paul Daniel und Sir Mark Elder. Beide haben am Bodensee bereits sowohl Orchesterkonzerte als auch Opern im Festspielhaus dirigiert: Paul Daniel Tod in Venedig 2007 und Achterbahn 2011, Sir Mark Elder König Roger 2009. Im Sommer 2011 begeisterte Sir Mark Elder die Besucher in Bregenz darüber hinaus mit dem Hallé Orchestra Manchester, dessen Chefdirigent er ist. Der Dritte im Bunde ist der deutsche Dirigent Claus Peter Flor. Das Symphonieorchester Vorarlberg präsentiert 2013 gleich zwei Konzerte: Da ist zum einen die traditionelle Orchestermatinee unter Dirigent Gérard Korsten am 18. August und zum anderen ein Porträtkonzert zu Ehren des polnischen Komponisten Witold Lutosławski am 12. August. Tchaikowsky und Rachmaninoff: Virtuosen und Komponisten Das erste Konzert der Wiener Symphoniker am 22. Juli ist Teil des AndréTchaikowsky-Wochenendes, im Rahmen dessen neben einem Symposium zu Leben und Werk dieses Komponisten und bedeutenden Pianisten auch seine sechs wichtigsten Kompositionen präsentiert werden. Im Mittelpunkt des von Paul Daniel dirigierten Konzerts steht Tchaikowskys Konzert für Klavier und Orchester. Im zweiten Teil ist die Symphonie Nr. 2 von Sergej Rachmaninoff (1873-1943) hören. Rachmaninoff, zu seiner Zeit ebenfalls ein sehr bekannter Pianist, beweist Klavierkonzerte, in diesem sondern Werk, auch dass er nicht hochromantische, nur phantastische schwelgerisch-düstere Orchestermusik schreiben konnte. Elegisch, lyirsch, zugänglich: Weinberg und Beethoven Unter der Leitung des deutschen Dirigenten Claus Peter Flor spielen die Wiener Symphoniker in ihrem zweiten Konzert am 29. Juli Mieczysław --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Bregenzer Festspiele 2013 Seite 8 von 17 Weinbergs fünfte und Ludwig van Beethovens neunte Symphonie. Die Symphonie Nr. 5 von Mieczysław Weinberg (1919-1996) ist eines der wichtigsten und gleichzeitig auch unmittelbar zugänglichsten Werke dieses Komponisten. Geschrieben 1962 für den Dirigenten Kirill Kondraschin, wurde sie immer wieder mit Schostakowitschs vierter Symphonie verglichen. Ernst und elegisch, mit Momenten des Protests, gilt diese lyrische Symphonie auch als perfekte Einführung in das sinfonische Schaffen dieses im Sommer 2010 in Bregenz wiederentdeckten Komponisten. Beethovens neunte Symphonie ist heute weltweit eines der populärsten Werke der klassischen Musik. Das Hauptthema des Finalsatzes, für den Beethoven als Text Friedrich Schillers Gedicht An die Freude wählte, ist seit 1985 auch die offizielle Hymne der Europäischen Gemeinschaft. Leicht und hell, streitbar und düster: Schreker, Britten, Dvořák Sir Mark Elder dirigiert am 5. August das dritte Orchesterkonzert der Wiener Symphoniker. Zu hören sind Franz Schrekers Kammersymphonie für 23 Soloinstrumente, Benjamin Brittens Our Hunting Fathers und Antonín Dvořáks achte Symphonie. Der Stil des österreichischen Komponisten Franz Schreker (1878-1934) liegt zwischen Schönbergs Spätromantik und der post-romantischen Gestik eines Richard Strauss. Seine 1916 uraufgeführt Kammersymphonie für 23 Instrumente – darunter Klavier, Harfe, Celesta und Schlagzeug – ist ein sehr reizvolles Werk: Leicht und hell, melodiös und ganz und gar romantisch, ähnelt es zwar in der Zusammensetzung den Schönbergschen Kammersinfonien, aber nicht im Temperament. Benjamin Brittens (1913-1976) packender und sehr ungewöhnlicher Liederzyklus Our Hunting Fathers entstand 1936 und spiegelt auf düstere Art und Weise den streitbaren Pazifismus dieser Zeit wider. Der Text stammt vom Dichter W.H. Auden. Antonín Dvořáks (1841-1904) 1890 uraufgeführte Symphonie Nr. 8 war von Anbeginn an großer Erfolg beschieden. Das Werk entstand im Spätsommer in seiner Sommerresidenz bei Vysoká u Příbramě. Dvořáks ließ sich von der --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Bregenzer Festspiele 2013 Seite 9 von 17 dortigen Landschaft inspirieren und schuf eine frohe, farbenreiche Symphonie voller Rückgriffe auf böhmische Volkslieder. Symphonieorchester Vorarlberg im Doppelpack Nachdem die Bregenzer Festspiele in den vergangenen Jahren mit Komponisten wie Szymanowski, Weinberg und nun Tchaikowsky schon fast zum inoffiziellen Festival für polnische Musik geworden sind, feiert das erste Konzert des Symphonieorchesters Vorarlberg im Sommer 2013 am 12. August den hundertsten Geburtstag eines ebenfalls sehr bedeutenden polnischen Komponisten: gehören zu den Witold lyrischsten Lutosławski (1913-1994). und schönsten Seine Kompositionen Werke des 20. Jahrhunderts, er selbst gilt als der vielleicht eigenständigste musikalische Avantgardist dieser Zeit. In der Orchestermatinee des Symphonieorchesters Vorarlberg am 18. August unter der Leitung von Gérard Kosten liegt der Focus dann wieder auf Weinberg: Gespielt wird sein Violinkonzert, Solist ist Ilya Gringolts. Außerdem ist mit Bohuslav Martinus (1890-1959) vierte Symphonie ein Werk desjenigen Komponisten zu hören, dessen Opern Die griechische Passion und Julietta zu den großen Erfolgen von Pountneys Vorgänger Alfred Wopmann gehören. Gruß aus Wien – Sonderkonzert und Tag der Wiener Symphoniker Der 11. August gehört ganz den Wiener Symphonikern, dem Hausorchester der Bregenzer Festspiele seit Anbeginn: Die Symphoniker werden sich an diesem Tag aber nicht nur mit verschiedensten Ensembles rund um das Festspielhaus präsentieren und das Publikum bei freiem Eintritt zum Zuhören und Verweilen einladen. Schon um 11 Uhr morgens bringen die Musiker im Rahmen des Sonderkonzert Gruß aus Wien das ganz besondere Flair ihrer Heimatstadt an den Bodensee, und zwar mit Werken von Johann Strauß (Sohn), Josef Strauß, Felix Mendelssohn Bartholdy und Carl Maria von Weber. Musik & Poesie: Kammermusik und Literatur im Seestudio Im intimen Rahmen des Seestudios präsentiert die Reihe Musik & Poesie in ihrem vierten Jahr einen polnischen Schwerpunkt: Im Zentrum stehen unter anderem Klavierwerke von Frédéric Chopin, Karol Szymanowski, André --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Bregenzer Festspiele 2013 Seite 10 von 17 Tchaikowsky und Witold Lutosławski sowie Streichquartette von Tchaikowsky und Lutosławski. Zu hören sind am 20. Juli der Pianist Maciej Grzybowski und die Mezzosopranistin Urszula Kryger, am 21. Juli das Meccorre Streichquartett. Am 4. August gibt es ein Wiedersehen mit dem jungen Vorarlberger Pianisten Aaron Pilsan, dessen Konzert im vergangenen Jahr zu den Highlights von Musik & Poesie zählte. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Bregenzer Festspiele 2013 Seite 11 von 17 Kunst aus der Zeit 2013 Musiktheater Verstörend, faszinierend, grotesk The Wasp Factory von Ben Frost Iain Banks‘ Debütroman und Bestseller The Wasp Factory ist ein äußerst origineller Schauerroman, in dessen Zentrum die Suche nach Identität unter ungeheuerlichsten Umständen steht: Frank wächst auf einer entlegenen Insel auf. Die Mutter ist verschwunden, der Vater überlässt den Jungen sich selbst. Frank stilisiert sich selbst zum Herrscher der Insel und hängt einem selbsterfundenen Kriegerkult an. Noch bevor er 14 ist, hat er drei Menschen ermordet. Die Rückkehr seines geistesgestörten Halbbruders Eric löst eine Kette von Ereignissen aus, an deren Ende sich das im verriegelten Labor des Vaters verborgene Geheimnis offenbart: Frank ist ein Mädchen. Basierend auf dem Originalroman The Wasp Factory, einer wilden, zornigen Mischung aus der Blechtrommel und American Psycho, haben Komponist Ben Frost und Librettist David Pountney ein neues Musiktheaterwerk erschaffen, das sich auf Franks Leben auf der Insel konzentriert, auf die drei Morde und die Frage nach seinem sozialen Geschlecht – eine Thematik, die diese Geschichte über die Suche nach der eigenen Identität dominiert. Auch aus diesem Grund hat sich Ben Frost auch entschlossen, die drei Rollen des Werks mit Frauen zu besetzen. Ein Streichquintett wird nicht nur live spielen, sondern auch singen und sprechen und somit mehrere Rollen des Erzählstrangs übernehmen. The Wasp Factory ist zu sehen am 1. und 3. August auf der Werkstattbühne. Die Inszenierung liegt bei Komponist Ben Frost, die Bühne stammt von Mirella Weingarten, die bereits bei Kunst aus der Zeit 2010 für Inszenierung, Bühne und Kostüme von Morton Subotnicks Jacob’s Room verantwortlich zeichnete. Die Kostüme entwirft der avantgardistische deutsche Modedesigner Boris Bidjan Saberi, das Licht die Britin Lucy Carter. Eine Musik, schön und befremdlich zugleich Die Kompositionen des in Island lebenden Australiers Ben Frost sind gleichermaßen fesselnd und rätselhaft, schön und befremdlich. Seine Musik --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Bregenzer Festspiele 2013 Seite 12 von 17 steht für Kontraste; beeinflusst vom klassischen Minimalismus wie auch von Musikgenres wie Punk, Rock und Metal, erscheinen Frosts Texturen scheinbar aus dem Nichts und verbinden sich zu riesigen, bedrohlichen Gebilden, die konventionelle Strukturen oft zugunsten der Entfaltung gewaltiger mechanischer Systeme hinter sich lassen. Frosts Kompositionen sind dabei aber weit mehr als eine reine Gehirnübung: Ihre unbestreitbar physische Präsenz ist nicht nur hör-, sondern auch fühlbar. Frost erforscht jegliche Extreme von Tonhöhe und Lautstärke. Er richtet sich damit ganz bewusst an seine Zuhörer – und an deren Unbehaglichkeitsschwelle. Frosts berüchtigte, gebäudeerschütternde Performances bei internationalen Festivals (darunter Montreals berühmtes MUTEK) verbinden Elektronikmusik mit wütend-peitschendem Gitarrensound. Ben Frost wird heute beschrieben als einer der interessantesten und innovativsten Produzenten weltweit. Die intensive, physische Präsenz seiner Musik erfüllt Galerieräume und liefert den Soundtrack zu zeitgenössischen Tanzproduktionen von Chunky Move, der Icelandic Dance Company und gefeierten Choreographen wie Erna Ómarsdottir und Wayne McGregor. Musiktheater Wider den männlichen Blick American Lulu von Olga Neuwirth Die vielfach ausgezeichnete österreichische Komponistin Olga Neuwirth wirft einen neuen Blick auf eine der schillerndsten Frauengestalten der Theatergeschichte: In American Lulu, ihrer Auseinandersetzung mit Alban Bergs Lulu, werden die drei Hauptpersonen zu Afroamerikanern, deren Schicksal vor dem Hintergrund der US-amerikanischen Protestbewegungen der 60er und 70er Jahre erzählt wird. In Bregenz ist American Lulu am 16. und 17. August als Österreichische Erstaufführung zu sehen. Es spielt das Scottish Opera Orchestra unter der Leitung des aus Großbritannien stammenden Gerry Cornelius. Regie führt der Brite John Fulljames, der zuletzt 2010 Weinbergs Das Porträt im Theater am Kornmarkt inszeniert hat. Die Ausstattung stammt von der Schweizerin Magda --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Bregenzer Festspiele 2013 Seite 13 von 17 Willi, das Licht vom Briten Guy Hoare und das Video Design von seinem Landsmann Finn Ross. Lulu – umschwärmt und dennoch immer unerreichbar An Lulu leiden und sterben die Männer: Verewigt in Alban Bergs gleichnamiger Oper verkörpert sie den klassischen Typ der Femme Fatale des frühen 20. Jahrhunderts. Umschwärmt und dennoch immer unerreichbar, leidenschaftlich und dennoch immer scheinbar völlig kalt, treibt sie die Männer mit ihrer verhängnisvollen Mischung aus Hingabe und Ablehnung reihenweise in den Selbstmord; nur um Ende als Prostituierte selbst ihr Leben zu lassen – als Opfer des Massenmörders Jack the Ripper. In American Lulu wirft Olga Neuwirth einen ganz neuen Blick auf diese schillernde Frauengestalt: „Es ging mir nicht darum, einen authentischen Alban Berg wieder zu erschaffen, sondern aus der Perspektive einer Frau, einer Komponistin meiner Generation, einen neuen Blick auf diese mystische Frauengestalt (mal als ‚Rätsel-Weib‘, ‚Schlange‘, ‚Dämon-Weib‘, ‚Sphinx‘ oder ‚Kind-Weib‘ angesehen und von berühmten, wissenschaftlichen ‚Weib‘- Interpreten wie Kraft-Ebbing oder Sigmund Freud und seinem Kreis gedeutet) zu werfen. Es waren alles immer Blicke von Männern auf diese Frauengestalt Lulu. Dieser männliche Blick auf weibliche Hauptfiguren in Opern hat mich immer schon irritiert.“ Eine legendäre Figur in neuem Kontext In Neuwirths Auseinandersetzung mit Alban Bergs Werk werden die Figuren Lulu, Geschwitz und Schigolch zu den Afroamerikanern Lulu, Eleanor und Clarence, deren Schicksal vor dem Hintergrund der US-amerikanischen Protestbewegungen der 60er und 70er Jahre erzählt wird. Ihr Vater sei Jazzmusiker gewesen, so erzählt Olga Neuwirth, weshalb sie schon früh mit der afroamerikanischen Kultur und der Musik der Südstaaten in Berührung gekommen sei: „Einen Film, den ich schon als Kind gesehen habe, nämlich Otto Premingers Carmen Jones aus dem Jahr 1954, in dem er die Oper Carmen in den Süden der USA verlegt und ausschließlich mit Afroamerikanern besetzt, hat mich angeregt, meine Neubetrachtung von Alban Bergs Lulu nach New Orleans und New York City zu verlegen. Basierend auf Bergs Idee, --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Bregenzer Festspiele 2013 Seite 14 von 17 Wedekinds Drama, das um 1900 spielt, in einen neuen gesellschaftlichen Kontext zu versetzen, nämlich um 1930, entschied ich mich, meine Neuinterpretation in die USA der 1950er und 1970er Jahre zu verlegen, nämlich vor den Hintergrund des ‚civil rights movement‘, der ‚counterculture‘ und der verschiedenen ‚liberation movements‘.“ Von Bergs posthum in Juni 1937 uraufgeführten Originalwerk hat Olga Neuwirth die ersten beiden Akte bearbeitet und den dritten selbst textlich und musikalisch vollkommen neu gefasst. Vom neuen Akt aus betrachtet erklingen nun die ersten beiden Akte wie eine ferne Erinnerung: „Bergs Musik der ersten beiden Akte ist für eine Art Jazzensemble orchestriert, denn es ist die Musik für Lulus Rückblende in die 50er Jahre in New Orleans. Der Dritte Akt spielt im New York der 70er Jahre. Lulu ist zu einer Nobelhure aufgestiegen, die Kontakte zu bedeutenden Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Politik hat und der Privates und Öffentliches gleichermaßen ungefragt anvertraut wird.“ „Würgeengel oder Lebensglück?“ Wer und was ist aber nun diese Lulu aus ihrer Sicht? Olga Neuwirth: „Lulu hat sich an die Gesellschaft, die sie diskriminiert, perfekt angepasst. Der Mensch hat die Möglichkeit auf Selbstbestimmung, auch wenn dieser Weg anstrengender ist, als sich aushalten und anhimmeln zu lassen. Die gequälte und quälende Lulu – ob nun Würgeengel oder Lebensglück – lebt von Männern und durch Männer. Sie lässt sich auf ein Gewirr zwielichtiger Machenschaften und Machtspiele ein. Die Andere, Bergs Geschwitz, bei mir Eleanor, eine Bluessängerin, beharrt auf dem Unaufhebbaren des Schmerzes und auf ihrer Subjektivität. Sie ringt um Freiheit, geht einen schweren, aber selbst gewählten Weg. Sie sucht selbstbewusst ihren eigenen Ausdruck, ihre eigene Identität. Doch letztlich zählt für uns heute wieder: Wessen Stimme wird gehört?“ Kunst aus der Zeit – Konzert „Ich habe für dich meine Stimmen vervielfacht“ Seine Stimme finden in besonders prägenden Ausnahmesituationen des Lebens, sich, wenn auch nur für sich selbst artikulieren, Jugendliebe und Todesahnung, kein Gegensatz, lassen das Leben spüren. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Bregenzer Festspiele 2013 Seite 15 von 17 „Ich habe meine Stimme für Dich vervielfacht“, unter diesem Motto spielt das Altenberg Trio am 30. Juli im Kunsthaus Bregenz Werke von Dimitri Schostakowitsch, Luciano Berio, Beat Furrer und André Tchaikowsky. Schostakowitsch erkrankt 15jährig an Tuberkulose. Während eines Kuraufenthalts am Schwarzen Meer verliebt er sich in die gleichaltrige Tatjana. Anstelle einer Liebeserklärung widmet der Schüchterne ihr dieses Klaviertrio, das erst nach seinem Tod wiederentdeckt wird. Am anderen Ende des Programms steht das in dessen Sterbejahr komponierte Trio Notturno von André Tchaikowsky. Dazwischen liegt die Kunst, im Leben seine Stimme zu finden, sich für sich selbst und gegenüber anderen zu artikulieren. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Bregenzer Festspiele 2013 Seite 16 von 17 Sternbilder, Stockhausen und Spaß mit Blasmusik crossculture 2013 „Selber machen!“ Jugendprogramms lautet alljährlich crossculture: Im die Devise Sommer 2013 des Kinder- stehen neben und den Fixpunkten fest des kindes, crossculture night, tours und workshops das crossculture kinder- und familienkonzerte Der Tierkreis und das erste Internationale Blasmusik-Camp IBC auf dem Programm. crossculture blasorchestermatinee: Brass Impossible Von 30. Juli bis 4. August treffen junge talentierte Blasmusiker der Bodenseeregion beim ersten Internationalen Blasmusik-Camp in Hard am Bodensee in Zusammenarbeit mit dem Vorarlberger Blasmusikverband und dem ORF Vorarlberg auf Dozenten der Wiener Symphoniker. Gemeinsam werden große Musikwerke erarbeitet, Erfahrungen gesammelt und das Können verbessert. Der Spaß am Musizieren steht dabei natürlich an erster Stelle! Höhepunkt des Camps ist der Konzertauftritt bei den Bregenzer Festspielen am 4. August: Unter der Leitung von Martin Kerschbaum spielen Absolventen des 1. IBC und Dozenten der Wiener Symphoniker unter anderem Werke von Klaus Badelt, Hans Zimmer, Lalo Schifrin und Leonard Bernstein. crossculture kinder- und familienkonzerte: Der Tierkreis Wer hat nicht schon einmal davon geträumt, quer durch die Galaxien zu sausen und fremde Sterne auszukundschaften? Rocca Raccheti, die verwegene Astronautin, nimmt in ihrem virtuellen Raumschiff alle mit auf die Reise, um die Geheimnisse der zwölf Sternbilder des Tierkreises zu erforschen. Alle können mitmachen und sich am 15. und 17. August im Seestudio gemeinsam mit den Klarinettisten Petra Stump und Heinz-Peter Linshalm und dem Akkordeonisten Krassimir Sterev von den Melodien des Komponisten Karl-Heinz Stockhausen inspirieren lassen. © Babette Karner 2012 Die Bregenzer Festspiele 2013 finden vom 17. Juli bis zum 18. August 2013 statt. Tickets und Infos unter +43 (0)5574 407-6 und www.bregenzerfestspiele.com. --------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Bregenzer Festspiele 2013 Seite 17 von 17