THEMEN DER ZEIT TAGUNGSBERICHT / KURZBERICHT krophagen zu zerstören. Mit fortschreitender Immunschwäche nimmt ihre Konzentration im Blut jedoch ab. CD8 + -Lymphozyten werden in großer Zahl auch bei gesunden Kindern beobachtet, deren Mütter HIVinfiziert sind. Die Art der Immunantwort — ob vorwiegend zellulär oder humoral — wird wahrscheinlich auch durch zwei Untergruppen der CD4-Lymphozyten beeinflußt: Während TH1CD4-Zellen Cytokine bilden, welche die zelluläre Abwehr stimulieren (Interleukin-2 und Interferon-Gamma), induzieren TH2-CD4-Zellen die Bildung von Antikörpern (durch Freisetzung von Interleukin-4 und Interleukin-10). Normalerweise befinden sich beide Zellpopulationen in einem Gleichgewicht. Wird eine der beiden Zelltypen überaktiv, unterdrücken seine Cytokine die Produktion der anderen. Im Labor konnte nachgewiesen werden, daß Lymphozyten von HIV-infizerten Personen weniger TH1-spezifische Cytokine freisetzen — was im Organismus eine verminderte zelluläre Immunantwort zur Folge hat. Langzeitüberlebende zeichnen sich dadurch aus, daß sie mit „harmloseren" HIV-Varianten infiziert sind und eine ausgeprägte Aktivität der TH1- und CD8 + -Lymphozyten aufweisen. Außerdem beobachtet man nur geringe Viruskonzentrationen im Blut sowie das Fehlen von „enhancing antibodies". Diese Antikörper sind „fehlgeleitet", denn anstatt HIV zu neutralisieren, ermöglichen sie es dem Virus, Makrophagen und T-Lymphozyten über besondere Bindungsstellen zu infizieren. Latenzphase Lange Zeit wurde unterschätzt, daß während der Latenzphase der HIV-Infektion in den Lymphknoten immunologische Veränderungen stattfinden, die das Fortschreiten der Erkrankung beeinflussen. Bereits seit 1986 betonen Prof. Paul Racz und Dr. Klara Tenner-Racz vom Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (Hamburg), daß die Keimzentren der Lymphknoten ein wichtiges Vi- rusreservoir darstellen. Ihre Befunde wurden kürzlich durch Einsatz neuer, hochsensibler Techniken (zum Beispiel Polymerasekettenreaktion) bestätigt und untermauert (Arbeitsgruppe Fauci; NIAID, Bethesda). Für die HIV-Infektion der Keimzellen sind follikuläre dendritische Zellen (FDC) verantwortlich, deren physiologische Aufgabe es ist, Antigen-Antikörper-Komplexe an ihrer Oberfläche zu binden und diese immunologisch aktiven Zellen, die ein bevorzugtes Angriffsziel von HIV sind, darzubieten. Diese Funktion wird von HIV ausgenutzt. Da die wichtigsten Zielzellen des Virus, die T-Helferzellen, auch durch die Keimzentren wandern, ist es möglich, daß diese Zellen durch dargebotenes HIV in den Lymphknoten infiziert werden. Dies hat zur Folge, daß die Zahl der HIV-infizierten T-Lymphozyten in den Lymphknoten 10 mal 15 höher ist als im peripheren Blut. Hierbei handelt es sich allerdings um eine latente Infektion: Der Erreger nistet sich zwar in den Lymphozyten ein, vermehrt sich aber (noch) nicht. Latent infizierte Zellen produzieren daher kaum virale Antigene, die von der Immunabwehr erkannt werden können. Die Arbeitsgruppen um Prof. Racz und Prof. A. Haase (Universität Minnesota, Minneapolis) konnten nachweisen, daß in allen Stadien der HIV-Infektion im Lymphknoten eine außergewöhnlich hohe Zahl von latent infizierten Lymphozyten und Makrophagen („Freßzellen") vorhanden ist. Im Gegensatz dazu werden follikulär dendritische Zellen nicht infiziert (Dr. Jörn Schmitz, Hamburg). Es kommt lediglich zu einer vorübergehenden Bindung von HIV an ihrer Oberfläche. Dr. med. Vera Zylka-Menhorn Diabetes: GSG bringt Verbesserungen „Die gesundheitspolitische Bilanz ist negativ" — diese Feststellung traf die Bundesregierung im Hinblick auf die Lage der diabeteskranken Menschen in der Bundesrepublik Deutschland. Auf eine kleine Anfrage von Bundestagsabgeordneten zu diesem Thema räumte die Regierung ein, daß es unbestreitbar Defizite in der Versorgung der chronisch kranken Menschen gebe. Mit dem Gesundheitsstrukturgesetz GSG seien verbesserte Rechtsgrundlagen geschaffen worden, um chronische Erkrankungen zu verhindern, frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. 4) So werde der besonderen gesundheitspolitischen Bedeutung der Gesundheitsuntersuchung in dem neuen Gesetz dadurch Rechnung getragen, daß die ärztlichen Leistungen einem gesonderten Teilbudget mit überproportionalem Zuwachs zugeordnet werden. Für den Bereich der Behandlung sei im GSG vorgesehen, ärztliche Leistungen zu Leistungskom- plexziffern zusammenzufassen. Darüber hinaus sollen fallbezogene Bewertungen für die üblicherweise von Hausärzten erbrachten Leistungen eingeführt werden, um diese im Vergleich zu technischen Leistungen höher bewerten zu können. Im Bereich der Unterstützung von Selbsthilfegruppen sei seit dem 1. Januar 1993 durch das Gesundheitsstrukturgesetz auch die Möglichkeit geschaffen worden, Selbsthilfegruppen und Kontaktstellen mit einer gesundheitsfördernden oder rehabilitativen Zielsetzung durch Zuschüsse zu fördern. Darunter fallen zum Beispiel die Förderung von Modellvorhaben zur Prävention beziehungsweise Früherkennung von Spätkomplikationen sowie zur Qualitätssicherung in der allgemeinärztlichen Praxis; ferner die Fortentwicklung der Diabetikerschulung sowie Forschungsvorhaben über die Ursachen des Diabetes mellitus und die Möglichkeiten einer verbesserten Behandlung. EB Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 30, 30. Juli 1993 (27) A1-2059