Umweltbericht 2008/2009 - RheinLand Versicherungsgruppe

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143-842140
VF 0058 – 06/2009
Gedruckt auf FSC-Papier mit 50 Prozent Recyclingfasern, Marke RePrint
Umweltbericht 2008/2009 –
Klimawandel und Biodiversität
Unsere Klimastrategie
Unser Naturschutzengagement
Versicherung · Verantwortung · Verlässlichkeit
Vorwort des Vorstands
3
Sehr geehrte Leserin,
sehr geehrter Leser,
der weltweite Klimawandel ist – neben der Finanzkrise – zweifelsohne das beherrschende
Thema der vergangenen zwei Jahre. Mit Veröffentlichung des UN-Klimaberichts 2007 ist
das Thema in den Blickpunkt der breiten Öffentlichkeit gerückt. Seitdem beschäftigen sich
Staats-, Regierungs- und Firmenchefs intensiv mit Risiken, Gegenmaßnahmen und Anpassungsstrategien. Die RheinLand Versicherungsgruppe setzt sich bereits seit 2004 mit den
aus dem Klimawandel resultierenden Risiken und Chancen auseinander und hat im Jahr
2007 eine eigene Klimastrategie eingeführt. Mehr hierzu im vorliegenden Umweltbericht,
mit dem wir unseren „Umweltbericht 2005 – Versicherung und Klimawandel“ fortschreiben.
Ein weiteres großes Thema: Biodiversität. Nicht zuletzt wegen der neunten UN-Naturschutzkonferenz, die im Mai 2008 in Bonn stattfand. Der Verlust der biologischen Vielfalt nimmt
immer dramatischere Ausmaße an, auch hier ist der Klimawandel ein wichtiger, wenn auch
nicht der einzige Faktor. Lesen Sie, welche Folgen der Verlust mit sich bringt und was die
RheinLand Versicherungsgruppe zum Naturschutz beiträgt.
Auch in den zurückliegenden drei Jahren haben wir dank des Engagements unserer MitarbeiterInnen wieder eine Vielzahl von Umweltschutzmaßnahmen umgesetzt. Beispielsweise durch das Angebot einer Umweltschadens-Versicherung für Schäden gemäß Umweltschadensgesetz, durch die Erweiterung des Versicherungsschutzes für Fahrräder und Solarstrom-/Solarheizungsanlagen, durch die Umstellung des Strombezugs unserer Hauptverwaltung auf 100-prozentigen Öko-Strom oder durch die Unterstützung des Streuobstwiesenschutzes im Rhein-Kreis Neuss.
Zudem streben wir an, bis Ende 2010 alle unvermeidbaren CO2-Emissionen unseres Geschäftsbetriebes dauerhaft zu kompensieren. Hierfür wollen wir weltweit knapp 85 Hektar
Wald pflanzen lassen. Den Startschuss haben wir bereits im Jahr 2005 gegeben, im März
2009 erfolgte die Pflanzung des 3,5 Hektar großen „RheinLand-Walds“ in Neuss. Oberste
Priorität genießt selbstverständlich auch weiterhin die Vermeidung und Reduzierung
von CO 2-Emissionen. Substitution (z. B. durch Umstieg auf Öko-Strom) und Kompensation
(z. B. durch Aufforstungsmaßnahmen) sehen wir als sinnvolle und notwendige Ergänzung
dazu an.
Einen weiteren wichtigen Beitrag, den wir als Versicherungsunternehmen leisten können,
sehen wir darin, unsere MitarbeiterInnen und Kunden, unsere Aktionäre und die Öffentlichkeit über die Themen Klimawandel und Biodiversität zu informieren und zu sensibilisieren –
und ihnen falls möglich Lösungen anzubieten. Beispiele hierfür finden Sie in diesem
Umweltbericht.
Wir wünschen Ihnen eine interessante Lektüre.
Der Vorstand
Christoph Buchbender
Udo Klanten
Jutta Stöcker
4
Vorwort des Umweltkoordinators
Liebe Leserinnen und Leser,
als der UN-Klimarat IPCC (Intergovernmental Panel on Climate Change) im Februar 2007
seinen vierten UN-Klimabericht vorlegte, wurde deutlich, dass die im 20. Jahrhundert
beobachteten Änderungen beim Weltklima nur der Beginn einer noch viel dramatischeren
Entwicklung sein werden, sollte der Ausstoß von Treibhausgasen bis zum Jahr 2050 nicht
halbiert werden.
Die vom IPCC aufgezeigten negativen Folgen für z. B. die wirtschaftliche Entwicklung, die
menschliche Gesundheit, die Nahrungsmittelproduktion, die Wasserversorgung und die
Küstenregionen der Welt übertrafen alle bisherigen Befürchtungen. Die Aufmerksamkeit
für den UN-Klimabericht erhöhte sich nicht zuletzt dadurch, dass er die Ergebnisse des im
Jahr zuvor veröffentlichten Stern-Reports berücksichtigte. Dieser beziffert erstmalig die
wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels und kommt zu dem Schluss, dass ein Prozent
des jährlichen Welt-Bruttosozialprodukts notwendig sei, um katastrophale Entwicklungen
des globalen Klimawandels abzuwenden. Die durch Tatenlosigkeit entstehenden Klimaschäden kämen 5- bis 20-mal teurer.
Zudem droht laut IPCC durch den Klimawandel ein dramatischer Verlust von Ökosystemen,
Tier- und Pflanzenarten. Der IPCC geht davon aus, dass etwa 20 bis 30 Prozent der Tierund Pflanzenarten, die bisher untersucht wurden, vom Aussterben bedroht sind, wenn die
globale Temperatur mehr als zwei bis drei Grad Celsius über das vorindustrielle Niveau
ansteigt. Bei mehr als vier Grad Celsius könnte es sogar 40 Prozent der Arten treffen.
Grund für diese drastischen Auswirkungen ist vor allem, dass sich das Weltklima mit einer
nie da gewesenen Geschwindigkeit ändert. Die Temperatur würde so schnell steigen, dass
viele Tier- und Pflanzenarten sich nicht daran anpassen könnten. Wegen der Zerschneidung
von Landschaften durch menschliche Siedlungen und Infrastruktur besteht zudem in den
meisten Regionen keine Ausweichmöglichkeit mehr. Überdies wären viele Weltregionen und
Gesellschaften in ihrer Anpassungsfähigkeit überfordert, wobei es die ärmeren Länder
überdurchschnittlich hart treffen würde.
Weitere beunruhigende Nachrichten gab es infolge der neunten UN-Naturschutzkonferenz,
die im Mai 2008 in Bonn stattfand. Der Verlust der Artenvielfalt und Lebensräume auf
unserem Planeten schreitet, allen Anstrengungen zum Trotz, weiter voran. Die biologische
Vielfalt ist durch die Urbanisierung und den Ausbau der Infrastruktur, durch die Intensivierung und den Ausbau landwirtschaftlich genutzter Flächen, durch Umweltverschmutzung,
unkontrolliertes Jagen und Fischen und nicht zuletzt durch den Klimawandel bedroht.
Gemäß der von der Weltnaturschutzunion IUCN (International Union for Conservation of
Nature) im Jahr 2008 veröffentlichten Roten Liste bedrohter Arten sind knapp 40 Prozent
der Tier- und Pflanzenarten weltweit vom Aussterben bedroht. Die Gesamtzahl der Arten
hat zwischen 1970 und 2000 bereits um – so schätzt man – 40 Prozent abgenommen.
Derzeitige Schätzungen gehen davon aus, dass jeden Tag 130 Arten aussterben.
Unwiederbringlich.
5
Zwar haben sich die 190 Vertragspartner der 1993 in Kraft getretenen BiodiversitätsKonvention, des zentralen internationalen Abkommens zum Artenschutz, verpflichtet, den
Verlust der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 signifikant zu reduzieren. Doch zeigt
sich, dass die selbst gesteckten Ziele nicht erreicht werden.
Einen Lösungsansatz könnte die sog. TEEB-Studie (The Economics of Ecosystems and Biodiversity) liefern. Erste Ergebnisse wurden im Mai 2008 vorgestellt. Die TEEB-Studie unternimmt den Versuch, den mannigfaltigen Leistungen von Ökosystemen einen ökonomischen
Wert zuzuordnen. Erstmals werden nicht nur die direkten Wertschöpfungen wie Tourismus,
Wandern und Jagd mit einbezogen, sondern auch Dienstleistungen der Natur. Die Forscher
gehen davon aus, dass die Natur den Menschen allerlei Nützliches beschert: Nahrungsmittel, nachwachsende Rohstoffe, sauberes Wasser, saubere Atemluft, Pharmazie-Grundstoffe,
Baustoffe, Schutz vor Fluten und Bodenerosion, Speicherung von Kohlenstoff und vieles
Weitere mehr.
Leider zeigt die TEEB-Studie jedoch auch, dass der derzeitige Rückgang der biologischen
Vielfalt im Verbund mit dem Verlust von Ökosystemdienstleistungen weitergehen wird und
sich in manchen Fällen sogar beschleunigen dürfte, wenn nicht die richtigen politischen
Schritte eingeleitet werden. Im Fall eines „Weiter-So“-Szenarios ist bis 2050 mit schwer
wiegenden Folgen zu rechnen, nicht nur für die Natur, auch für die Gesundheit und die
Wohlfahrt der Menschen. Dieses Problem wird durch den Klimawandel verschärft.
Ob die Ökonomisierung der Umwelt letztlich ein oder sogar der Lösungsweg ist, bleibt abzuwarten. Das Geheimnis des Erfolgs jedenfalls heißt Vielfalt: Je mehr Arten und genetische
Vielfalt es gibt, desto höher ist die Chance, dass eine Anpassung an sich ändernde Umweltund Klimabedingungen gelingt.
Auch sollten wir bei der ganzen Diskussion nicht vergessen, dass die Natur einen „Wert
an sich“ hat, der nicht in Geld zu bemessen ist. In einem intakten Ökosystem spielt jedes
Lebewesen eine Rolle, egal, wie groß oder klein es ist, wo es in der Nahrungskette steht und
ob sein Nutzen unmittelbar erkennbar ist. Fernab jeder Ökonomie gibt es eine ethisch-moralische Pflicht, sich für den Schutz des Klimas und der biologischen Vielfalt einzusetzen.
i. A. Ingmar Anderson
Umweltkoordinator der RheinLand Versicherungsgruppe
6
Grußwort des Bundesministers
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Sehr geehrte Damen und Herren,
Sie stellen mit diesem Umweltbericht erneut in eindrucksvoller Weise Ihr Umweltengagement dar. Ich freue mich besonders, dass die RheinLand Versicherungsgruppe als Finanzdienstleister das Thema Klimaschutz explizit aufgegriffen hat. Die durch Naturkatastrophen
verursachten volkswirtschaftlichen Schäden und die Notwendigkeit der Anpassung von Risikomodellen der Versicherungswirtschaft zeigen deutlich, dass der Klimawandel uns alle
angeht. Die systematische Bestandsaufnahme von Ressourcenverbräuchen oder des Abfallaufkommens im Rahmen eines systematischen Umweltmanagements ermöglicht es erst,
Umweltentlastungspotenziale zu identifizieren, die eigene Umweltleistung zu verbessern
und damit den Eigenbeitrag für den Klimaschutz darzulegen. Hinsichtlich dieser Herausforderung sind Sie gut aufgestellt. Ihre umfassenden Bestandsaufnahmen und Umweltziele
ermöglichen es Ihnen, Versicherungsmodelle zu entwickeln, die zielgerichtet umweltbewusstes Verhalten und umweltfreundliche Techniken von Versicherungsnehmerinnen und
-nehmern honorieren.
Das Thema Biodiversität findet im Rahmen des betrieblichen Umweltschutzes bislang zu
wenig Berücksichtigung. Daher begrüße ich Ihr besonderes Engagement auf diesem Gebiet
sehr, sei es durch Waldanpflanzungen oder die Unterstützung von Streuobstwiesenprojekten.
Zielgerichteter Umweltschutz beginnt mit dem eigenen umweltbewussten Verhalten, das die
Transparenz des eigenen Handelns einschließt. Dies kann Kunden und versicherten Personen weitere Anstöße geben, selbst Umweltziele zu entwickeln und umzusetzen. Die Einrichtung eines Umweltmanagementsystems ist hierbei oft eine gute Orientierungshilfe.
Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei der Verwirklichung Ihrer ambitionierten Ziele.
Sigmar Gabriel
Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Grußwort des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung
Zunächst möchte ich der RheinLand Versicherungsgruppe zu ihrem „Umweltbericht 2008/
2009“ gratulieren. Zum einen leistet sie einen Wissenstransfer zu Klimawandel und der
Biodiversität von der Forschung in die Gesellschaft und adressiert damit zwei der entscheidenden globalen Herausforderungen dieses Jahrhunderts. Zum anderen dokumentiert sie
ihr seit über zehn Jahren ständig erweitertes und vertieftes Profil eigenen Engagements in
Sachen Nachhaltigkeit und lädt so zur Nachahmung ein.
Durch eine detaillierte Darstellung zu erwartender Auswirkungen des Klimawandels unterstützt der Bericht nicht nur diverse neue oder zu modifizierende Geschäftsmodelle von Versicherern, indem entsprechende Sachinformationen Versicherungsnehmer erreichen. Vor
allem erweist der Bericht der Gesellschaft als ganzer einen Dienst – und dies in doppelter
Hinsicht: Zum einen stellt die Verbreitung neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse in die
Mitte der Gesellschaft eine wichtige Voraussetzung für das Funktionieren jeder Marktwirtschaft dar.
Zum anderen weist der Umweltbericht zu Recht aus, dass der jüngste Weltklimaratsbericht
2007 in Zusammenschau mit dem Bericht des ehemaligen Chefökonomen der Weltbank,
Lord Sterns, an die britische Regierung im Herbst 2006, folgende Gesamtbotschaft hat:
Bleiben Wirtschaftswachstum und steigende weltweit aggregierte Emissionen von Treibhausgasen weiterhin gekoppelt, wären die Folgen deutlich gravierender, als bislang angenommen. Zwar lassen sich die zu erwartenden global aggregierten volkswirtschaftlichen
Schäden bislang nur schwer fassen und decken prinzipiell auch nur einen Teil der vom
Menschen lebensweltlich empfundenen Auswirkungen auf die Lebensqualität ab. Doch ist
es bemerkenswert festzuhalten, dass Stern allein schon diese erwarteten Schäden infolge
einer fehlenden Klimapolitik um eine Größenordnung höher einschätzt als die Kosten für
wirksame Emissionsreduktion, die für eine klimaschützende Umrüstung des Energiesektors
und vermiedene Abholzung zu veranschlagen wären. In diesem Sinne trägt der Umweltbericht
dazu bei, eine gesamtgesellschaftliche Erwartung dahingehend zu stabilisieren, dass wirksamer Klimaschutz sinnvoll und machbar ist, und ihn so Wirklichkeit werden zu lassen –
etwa, indem bereits heute die Weichen für ein Energiesystem gestellt werden, das mit den
EU-Minderungszielen für 2050 kompatibel ist.
Ich wünsche uns allen ein fortgesetztes Engagement der RheinLand Versicherungsgruppe
im Bereich Nachhaltigkeit. Sie könnte sich nun verstärkt der Frage widmen, mit welchem
Technologiemix Klimaschutz am kostengünstigsten und nachhaltigsten zu erreichen sei –
die Verknüpfung mit der Frage der Biodiversität war hierbei ein vielversprechender Auftakt.
Dem könnten weitere „risikomoderierende“ eigene Versicherungsprodukte folgen.
Dr. Hermann Held
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
7
8
Grußwort des BUND
Im Bund mit dem BUND
Seit 1996 kooperieren die RheinLand Versicherungen mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND) – mit über 478.000 Mitgliedern, Förderern und Spendern
einer der großen Umweltverbände in Deutschland. Dabei profitieren BUND-Mitglieder von
besonders günstigen Konditionen.
Der BUND
Der BUND engagiert sich für den Schutz der Natur und Umwelt – dauerhaft, kompetent,
vor Ort und weltweit, für uns, unsere Kinder und Kindeskinder. Er setzt sich zum Beispiel ein für eine ökologische Landwirtschaft und gesunde Lebensmittel, für den Klimaschutz und den Ausbau regenerativer Energien, für den Schutz bedrohter Arten, wertvoller Biotope und einzigartiger Landschaften.
Der BUND wurde am 20. Juli 1975 gegründet und finanziert sich fast ausschließlich
aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden (sie sind die Basis für die wirtschaftliche und politische Unabhängigkeit des Verbandes). Er ist föderativ organisiert, in jedem Bundesland gibt es einen BUND-Landesverband und viele aktive BUND-Gruppen. Der BUND ist
Mitglied von Friends of the Earth International, dem weltweit größten Netzwerk unabhängiger Umweltgruppen.
Weitere Infos www.bund.net
BUND-Mitglieder erhalten Sondernachlässe von bis zu 20 Prozent in der:
앫 privaten Haftpflichtversicherung
앫 privaten Unfallversicherung
앫 privaten Wohngebäudeversicherung
앫 privaten Wohnungs-/Hausratversicherung
앫 Kraftfahrzeugversicherung
앫 Schutzbriefversicherung
Mit der ÖkoPlus Kfz-Versicherung und dem BUNDum sorglos Schutzbrief können BUNDMitglieder Produkte nutzen, die die RheinLand Versicherungen exklusiv für sie entwickelt
haben.
Weitere Infos www.bundladen.de/marktplatz (Ökologische Versicherungen)
Ansprechpartner
RheinLand-BUNDservice
Telefon: (0 21 31) 2 90-61 25
Fax:
(0 21 31) 2 90-1 34 55
E-Mail: [email protected]
Darüber hinaus unterstützt die RheinLand Versicherungsgruppe das Projekt „Nüsser Appel“
der BUND-Ortsgruppe Neuss-Kaarst (siehe Kapitel 3.3.2) sowie das BUND-Projekt Grünes
Band®(siehe Kapitel 3.3.3).
9
Biodiversität ist Klimaschutz!
Naturschutz ist Klimaschutz. Es ist an der Zeit, diese Tatsache als Gesamtstrategie
zu betrachten und möglichst viele Verbündete zu gewinnen. Denn wir Menschen sind
angesichts zunehmender Katastrophen mehr denn je darauf angewiesen.
Schon seit 1996 unterstützen die RheinLand Versicherungen die Natur- und Umweltschutzziele des BUND durch vielfältige Aktionen – von direkten Spenden über Mitgliederwerbung
bis hin zur besonderen Produktökologie. Entscheidend für die Kooperation mit der Natur
und Umwelt GmbH des BUND waren und sind das Unternehmensleitbild und das Umweltmanagement-System der RheinLand Versicherungen.
Erhalt der Biodiversität trotz Klimawandel – eine große Herausforderung im 21. Jahrhundert.
Die Vielfalt an Tier- und Pflanzenarten und ihren Lebensräumen ist die natürliche Versicherung für den menschlichen Wohlstand. Denn sie leisten uns unbezahlbare Dienste: liefern
Rohstoffe, reinigen unser Wasser und die Luft, erhalten fruchtbaren Boden und vieles mehr.
Trotzdem drängt der Mensch das wundervoll vielfältige Leben immer weiter zurück. In
Deutschland steht rund die Hälfte aller Tiere und Pflanzen auf der Roten Liste der
bedrohten Arten. Der Klimawandel verschärft das Artensterben.
Die Behauptung „Das Klima hat sich langfristig schon immer geändert, und mit ihm die
Natur“ ist richtig. Was sich jedoch bedrohlich verändert hat, sind:
앫 die außerordentlich hohe Geschwindigkeit der Veränderungen
앫 das Ausmaß der aktuellen Klimaerwärmung
앫 die erschwerte Anpassung der Natur infolge der Bedrohung durch menschliche Lebensweisen wie z. B. intensive Landnutzung, Zerschneidung der Landschaft und Belastungen
über die Luftverschmutzung
Der „ökologische Fußabdruck“ in unseren Breiten wird immer größer und die wachsende
Ungleichheit zu Entwicklungsländern steigt stetig an.
Der BUND setzt sich seit seiner Gründung nach Kräften dafür ein, diesem Zustand Einhalt
zu gebieten. So zum Beispiel mit dem Engagement für den Schutz intakter Lebensräume
wie das Grüne Band Deutschland, dem Ausbau von gentechnikfreien Regionen und mit
Klimaschutz durch Energieeinsparung und regenerative Energien.
Der BUND bedankt sich für das Engagement der RheinLand Versicherungen und freut sich
auf viele weitere gemeinsame Aktionen.
Ulrike Mehl
Stellvertretende Vorsitzende des BUND
10
Inhalt
Vorworte
3
Grußworte
6
1
Die RheinLand Versicherungsgruppe
12
2
Klimawandel
16
2.1
Der UN-Klimabericht 2007 – Statistik des Wandels
16
2.1.1
Fakten – bisherige Auswirkungen
22
2.1.2
Ursachen – warum ändert sich das Klima?
24
2.1.3
Folgen – was kommt auf uns zu?
25
2.2
Die Folgen des Klimawandels
39
2.2.1
Weltregionen im Umbruch
39
2.2.2
Kipp-Punkte (Tipping Points) – der Klimawandel beschleunigt sich selbst
42
2.2.3
Folgen für Deutschland – Szenarien bis zum Jahr 2100
53
2.2.4
Herausforderungen und Optionen für Versicherer
59
2.3
Unsere Klimastrategie
68
2.3.1
Bausteine
68
2.3.2
Chronologie
71
3
Biodiversität
3.1
Bedrohungen
79
3.1.1
Biodiversität und Klimawandel
82
a) Veränderungen in der Pflanzenwelt
85
b) Veränderungen in der Tierwelt
88
3.2
Die Ökonomie der Vielfalt
94
3.2.1
Die TEEB-Studie
95
3.2.2
Unternehmerische Risiken
102
3.2.3
Weitere Naturschutzansätze
103
3.2.4
Das Umweltschadensgesetz (USchadG)
104
a) Neue Haftungsrisiken
104
b) Betrachtungen zu Untersuchungs- und Sanierungsaufwendungen
105
78
(Gastbeitrag von Ulrich Borchardt)
c) Die Umweltschadens-Versicherung
109
3.3
Unser Naturschutzengagement
110
3.3.1
Aufforstungen – auf dem Weg zum CO2-neutralen Unternehmen
110
3.3.2
„Nüsser Appel“ – Streuobstwiesenschutz im Rhein-Kreis Neuss
114
3.3.3
Das Grüne Band®– grenzenlose Natur
(Gastbeitrag des BUND e. V.)
117
3.3.4
Botanischer Garten Neuss – eine grüne Oase mitten in der Stadt
120
3.3.5
Haus der Natur – Biologische Station im Rhein-Kreis Neuss e. V.
(Gastbeitrag des Hauses der Natur – Biologische Station im Rhein-Kreis Neuss e. V.)
122
11
4
Umweltbilanz und
Umweltkennzahlen 2005-2008
124
5
Umweltprogramme – Erreichtes und Ziele
132
5.1
Umweltprogramm 2006-2008 – das haben wir erreicht
133
5.2
Umweltprogramm 2009-2011 – das nehmen wir uns vor
133
6
Anhang
6.1
Glossar
135
6.2
Abkürzungsverzeichnis
139
6.3
Berechnungsgrundlagen für die Umweltbilanz
140
6.4
Literaturverzeichnis
141
6.5
Bildnachweis
149
6.6
Impressum
152
134
12
1.
Die RheinLand Versicherungsgruppe
13
Über 125 Jahre Erfahrung
Moderne Dienstleistung, kundenorientierter Service und eine gehörige Portion Traditionsbewusstsein: Was auf den ersten Blick gegensätzlich klingt, das ist die eigentliche Stärke
der RheinLand Versicherungsgruppe. Ihre Kunden kennen und schätzen sie als ideenreichen,
vertrauensvollen und verlässlichen Partner – und das seit über 125 Jahren. Dabei kommt
ihr die Sonderstellung als eines der wenigen noch privat geführten Versicherungsunternehmen durchaus zugute – garantiert sie doch ein hohes Maß an Flexibilität, schnellen Entscheidungen und eine optimale Ausrichtung des Vertriebs auf die Wünsche und Bedarfe der Kunden. Der Schutz der Umwelt ist fest im Unternehmensleitbild verankert.
Heute bietet die RheinLand Versicherungsgruppe ihren Privat- und Gewerbekunden eine
breite Produktpalette an Lebens- und Sachversicherungen. Weitere Versicherungsleistungen
werden von guten Kooperationspartnern angeboten. Mehr als 400 Agenten, Verkaufsleiter
und Kundenberater sowie unzählige Maklerunternehmen beraten die Kunden und verkaufen
bundesweit vielfältige Versicherungsprodukte. Tatkräftig unterstützt wird der Vertrieb dabei
von rund 600 MitarbeiterInnen in der Neusser Hauptverwaltung.
Die Strategie
Unter dem Dach der RheinLand Versicherungsgruppe verfügt das Unternehmen mit
verschiedenen Vertriebswegen über ein Geschäftsmodell, das es ermöglicht, den Kunden
über unterschiedlichste Wege und Medien zu erreichen. Repräsentiert wird das Geschäftsmodell durch vier eigenständige Marken, die in jeweils eigener Ausprägung und Wirkung
ihre Märkte bedienen: die RheinLand Versicherungen (eigener Außendienst), die ONTOS
Lebensversicherung (Direktvertrieb), die Rhion Versicherung (Maklervertrieb) und Credit
Life International (Bankenvertrieb). Dieses vierzügige Modell wird auch in Zukunft weiter
profiliert werden, wobei sich der Direktvertrieb zukünftig ausschließlich auf die RisikoLebensversicherung konzentrieren wird.
Abb. 1:
Das Geschäftsmodell
der RheinLand
Versicherungsgruppe
Ausschließlichkeitsvertrieb
Direktvertrieb
Maklervertrieb
Bankenvertrieb
14
1
Die RheinLand Versicherungsgruppe
Zahlen und Fakten
Alle in diesem Kapitel genannten Zahlen gelten für das Jahr 2008 bzw. geben den Stand
zum 31. Dezember 2008 wieder.
2,3 Mio. Privat- und Gewerbekunden mit 2,7 Mio. Verträgen vertrauen der RheinLand Versicherungsgruppe. Die Beitragseinnahmen belaufen sich auf 691 Mio. Euro, der Kapitalanlagenbestand der RheinLand Versicherungsgruppe beträgt 1,2 Mrd. Euro.
Die RheinLand Versicherungsgruppe beschäftigt 845 fest angestellte MitarbeiterInnen im
Innen- und Außendienst, davon 74 Auszubildende.
Weitere Infos www.rheinland-versicherungsgruppe.de
Unsere Umweltpolitik
Unsere Umweltpolitik wurde im Januar 1995 für die RheinLand Versicherungen verabschiedet und im Dezember 2002 auf die RheinLand Versicherungsgruppe ausgeweitet.
Die RheinLand Versicherungsgruppe ist sich ihrer Verantwortung für eine nachhaltige,
umweltgerechte Entwicklung bewusst und richtet ihre Geschäftstätigkeit danach aus.
Das Umweltengagement der RheinLand Versicherungsgruppe wird nicht an kurzfristigen
Erfolgen gemessen, sondern ist auf Dauer angelegt.
Die RheinLand Versicherungsgruppe installiert ein Umweltmanagement-System, das alle
MitarbeiterInnen und Führungskräfte umfasst und den Außendienst integriert.
Die RheinLand Versicherungsgruppe wird ausreichende Mittel zur Aufrechterhaltung und
Weiterentwicklung ihres Umweltmanagements bereitstellen.
Die RheinLand Versicherungsgruppe bietet Versicherungsprodukte und -dienstleistungen
an, die ein umweltgerechtes Verhalten ihrer Kunden fördern, und wird bei der Entwicklung
neuer Produkte Umweltgesichtspunkte einbeziehen.
Die RheinLand Versicherungsgruppe erfasst und bewertet regelmäßig die Umweltauswirkungen ihrer Betriebsabläufe, um in der Folge die Umweltbelastungen gezielt zu reduzieren.
Die RheinLand Versicherungsgruppe informiert aktiv über ihre Umweltbelange und strebt einen offenen Dialog mit ihren Kunden, Aktionären, MitarbeiterInnen und der Öffentlichkeit an.
15
Elemente unseres Umweltmanagement-Systems
앫 EMAS und DIN EN ISO 14001 als Richtlinien
앫 Umweltpolitik als Teil der Unternehmenspolitik
앫 Umweltverantwortung als Querschnittsaufgabe
앫 Interne Audits und Umweltbetriebsprüfung zur Identifizierung von Verbesserungspotenzialen
앫 Umweltmanagement Review zur Bewertung des Systems durch den Vorstand
앫 Umweltprogramme als Ziele-Maßnahmen-Katalog für jeweils drei Jahre
앫 Umweltbilanz und Umweltkennzahlen für unsere direkten Umweltauswirkungen
앫 Dialog intern und extern
Gültigkeitsbereich unseres Umweltmanagement-Systems
Der Gültigkeitsbereich unseres Umweltmanagement-Systems erstreckt sich auf die:
앫 RheinLand Versicherungs AG
앫 RheinLand Lebensversicherung AG
앫 ONTOS Lebensversicherung AG
앫 Rhion Versicherung AG
Folgender Standort der RheinLand Versicherungsgruppe ist in das UmweltmanagementSystem eingebunden:
Hauptverwaltung Neuss
RheinLandplatz
41460 Neuss
A im Nachhaltigkeits-Rating der ZKB
Im Juli 2007 bescheinigte die Zürcher Kantonalbank (ZKB) der RheinLand Versicherungsgruppe eine gute Nachhaltigkeitsleistung für die zurückliegenden Jahre. Insgesamt haben
wir ein A auf einer neunstufigen Skala von C bis AAA erreicht und liegen klar über dem
Branchendurchschnitt.
C
CC
CCC
B
BB
BBB
A
AA
AAA
16
2.
Klimawandel
17
2.1 Der UN-Klimabericht 2007 –
Statistik des Wandels
Ein Temperaturanstieg von bis zu 6,4 Grad Celsius. Die Meere überfluten
weite Teile der Küsten und viele Inseln. Es kommt zu einem massiven Verlust von Ökosystemen, Tier- und Pflanzenarten. Wasserversorgung und
Nahrungsangebot werden erheblich beeinträchtigt. Extrem-Wetterereignisse nehmen weiter zu und fordern tausende Menschenleben – in seinem
Weltklimabericht zeichnet der zwischenstaatliche UN-Ausschuss für Klimafragen (IPCC) düstere Zukunftsszenarien und warnt in seiner bislang
schärfsten Form vor den Folgen des Klimawandels.
„Wenn man in eine Malaria-Gegend fährt,
ist auch nicht 100-prozentig sicher, dass
man Malaria bekommt. Trotzdem nimmt man
Prophylaxe, um der Infektion vorzubeugen.
“
Rajendra Kumar Pachauri
IPCC-Chairman
IPCC – Intergovernmental Panel on Climate Change
Vor dem Hintergrund eines möglichen weltweiten Klimawandels riefen 1988 das
Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) den Zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimafragen, den Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC), ins Leben. Der IPCC ist ein Experten-Ausschuss,
der alle wissenschaftlichen Daten auswertet, um das Risiko eines vom Menschen
verursachten Klimawandels abzuschätzen. Dabei stützt er sich auf wissenschaftlich
anerkanntes und veröffentlichtes Material.
Weitere Infos www.ipcc.ch
Der Stern-Report
Spätestens seit Oktober 2006, als der ehemalige Weltbank-Chefökonom
Nicholas H. Stern seine Aufsehen erregende Studie zu den wirtschaftlichen Folgen des Klimawandels präsentierte, ist klar: Der Klimawandel
kostet Geld – und birgt enorme Risiken für die Weltwirtschaft.
„Der Klimawandel ist das größte Versagen
des Marktes, das die Welt je gesehen hat.
“
Nicholas Herbert Stern
Autor des Stern-Reports
Nach der im Auftrag der britischen Regierung vorgestellten Klimastudie „Stern Review on
the Economics of Climate Change“ drohen der Weltgemeinschaft durch die Erwärmung
der Erdatmosphäre größere wirtschaftliche Schäden, als sie von den beiden Weltkriegen
zusammen verursacht wurden. Der Klimawandel könne weite Teile der Welt unbewohnbar
und hunderte Millionen Menschen zu Flüchtlingen machen.
Die Kosten für die Stabilisierung des Klimas sind erheblich, aber tragbar; Verzögerungen
wären gefährlich und viel teurer: Der Stern-Report beziffert die möglichen Kosten des
Klimawandels auf 5,48 Billionen Euro bis zum Jahr 2100, Nichthandeln gegen den Klimawandel könne eine neue Weltwirtschaftskrise auslösen. Stern kommt zu dem Schluss,
dass ein Prozent des jährlichen Welt-Bruttosozialprodukts notwendig sei, um katastrophale
Entwicklungen des globalen Klimawandels abzuwenden. Die durch Tatenlosigkeit entstehenden Klimaschäden kämen 5- bis 20-mal teurer (Stern, 2006).
Abb. 3:
Der Stern-Report
„Stern Review on
the Economics of
Climate Change“
18
2
Klimawandel
„Wir können es uns nicht länger leisten,
die globale Erwärmung als politisches
Thema anzusehen. Sie ist die größte moralische Herausforderung für die Bewohner
dieses Planeten.
Klimawandel in aller Munde
Gewarnt wird vor dem Klimawandel zwar schon lange, die Medienpräsenz,
die das Thema seit dem Jahr 2007 erfährt, ist jedoch ungewöhnlich.
Zunächst gab es eine Reihe von Naturphänomenen wie die „JahrhundertAl Gore
hochwasser“ 2002 und 2005, die Hitzesommer 2003 und 2006 und
Ehemaliger US-Vizepräsident und
Hurrikan Katrina im August 2005, die man mit der globalen Erwärmung in
Friedensnobelpreisträger 2007
Verbindung bringen konnte. Dann
trug Al Gores oscarprämierter Film „Eine unbequeme Wahrheit“ zu einem Bewusstseinswandel bei.
Der Bericht des britischen Regierungsberaters Sir
Nicholas Stern schließlich öffnete Ökonomen die
Augen, der UN-Klimabericht 2007 überzeugte wissenschaftlich denkende Menschen und löste eine
Abb. 4:
globale Diskussion aus. Dank des UN-Klimaberichts
Filmplakat zu „Eine
unbequeme Wahrheit“
2007 ist der globale Klimawandel im Bewusstsein
(© Paramount Pictures)
der breiten Öffentlichkeit angekommen. Seitdem
beschäftigen sich Staats-, Regierungs- und Firmenchefs intensiv mit Risiken, Gegenmaßnahmen
und Anpassungsstrategien. Die Resonanz in den
Medien fand ihre Anerkennung in der Verleihung
des Friedensnobelpreises 2007 an den IPCC
und an Al Gore.
“
Die Rolle der Medien und Experten
„Wegen der Vielzahl der Medien [...] wird es für die Journalisten zunehmend schwieriger, die
Aufmerksamkeit [...] zu erlangen. Gleichzeitig wird es für den Bürger immer schwieriger, aus
der Flut der angebotenen Informationen die „richtige“ Information herauszufiltern [...]. Das
Resultat dieser Entwicklung ist zumindest in der Klimadebatte eine gewisse
Verunsicherung der Bevölkerung.
Diese Verunsicherung ist dafür mitverantwortlich, dass Maßnahmen zum Klimaschutz in
der Gesellschaft nur schwer durchsetzbar sind. Es sei aber an dieser Stelle festgehalten,
dass das Thema Klima ohne die Medien nicht ganz oben auf der Agenda der Weltpolitik
stünde. Insofern haben die Medien etwas geschafft, was die Klimaforschung selbst nie
hätte schaffen können. [...]
Trotzdem gibt es Missstände in der Medienberichterstattung [...]. Um die Aufmerksamkeit
der Bürger zu erlangen, greifen Journalisten oft zu dem Stilmittel der Übertreibung. Ein prominentes Beispiel hierfür ist das Titelbild des Magazins „Der Spiegel“ aus dem Sommer
1986, auf dem in einer Fotomontage der Kölner Dom zu sehen ist, der zur Hälfte unter Wasser steht. Jüngstes Beispiel ist der Emmerich-Film „The day after tomorrow“. Obwohl es in
der Wissenschaft Konsens ist, dass es zu keiner neuen Eiszeit als Folge der Erderwärmung
kommen kann, wird dieses schlicht falsche Szenarium in dem Film und in vielen anderen
Medien beschrieben.
19
Aber auch das Mittel des Abwiegelns wird hin und wieder verwendet, um eine möglichst
große Aufmerksamkeit zu erlangen. So stellen einige Journalisten das Klimaproblem insgesamt in Frage, um sich von dem „Einheitsbrei“ abzuheben und damit „Auflage“ zu machen
[...]. Es ist eben doch ziemlich langweilig, immer wieder auf das Klimaproblem hinzuweisen.
Es muss etwas Neues her, um die Aufmerksamkeit zu erlangen.
Hier bietet sich auch der Expertenstreit an, der in der Klimaforschung praktisch nicht
existiert, in den Medien aber immer wieder beschrieben wird. Natürlich wird auch in der
Wissenschaft gestritten. Die Grundthese der globalen Erwärmung als Folge des anthropogenen Ausstoßes bestimmter Spurengase in die Atmosphäre ist aber weltweit akzeptiert
und darf daher nicht in Frage gestellt werden. [...]
Das so genannte „Waldsterben“ ist ein Beispiel für den verantwortungslosen Umgang
der Medien mit einem wissenschaftlichen Thema. Obwohl Forstwissenschaftler von „Waldschäden“ sprechen, wird die Waldproblematik in den Medien nur unter dem Schlagwort
„Waldsterben“ geführt. Heute müssen sich die Wissenschaftler vorwerfen lassen, dass
der Wald noch lebt. Gleichwohl waren die Waldschäden noch nie so groß wie heute, was
eindeutig aus den jährlichen Waldschadensberichten hervorgeht. Die Wissenschaftler
hatten mit ihren Prognosen also Recht. Es wird aber in den Medien der Eindruck erweckt,
als wenn sich die Wissenschaftler geirrt hätten, da der Wald ja noch lebe. [...]
An diesem Beispiel ist erkennbar, wie Übertreibungen und eine apokalyptische Wortwahl
seitens der Medien einen ganzen Forschungszweig diskreditieren können. [...] In den
Medien spricht man gerne anstatt vom „Klimaproblem“ oder vom „Klimawandel“ von der
„Klimakatastrophe“. Diese Wortwahl führt dazu, dass man heute schon hin und wieder die
Vorhersagen der Klimaforscher als falsch beschreibt, da offensichtlich die Katastrophe bisher ausgeblieben ist. Kein seriöser Klimawissenschaftler würde aber jemals von einer
„Klimakatastrophe“ sprechen. Vergleicht man außerdem die Modellrechungen der Wissenschaftler mit den tatsächlichen Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, dann ist eine recht
gute Übereinstimmung mit den Beobachtungen erkennbar. Die Klimamodelle haben sich
also als recht glaubwürdig erwiesen, was so aber nicht immer kommuniziert wird.
[...] Die Rolle der Experten ist ebenfalls kritisch zu sehen. Dies hat verschiedene Gründe.
Die meisten Wissenschaftler haben es nicht gelernt, ihre Ergebnisse so zu präsentieren,
dass sie von Laien verstanden werden, zu denen die meisten Journalisten zählen. Missverständnisse sind somit programmiert. Außerdem muss man sich als Wissenschaftler darüber bewusst sein, dass die Sprache der Wissenschaft von Laien anders aufgenommen und
verstanden wird als von den Wissenschaftlern selbst. Ein Konjunktiv beispielsweise wird in
der Öffentlichkeit oft nicht wahrgenommen, wie auch Wahrscheinlichkeitsaussagen oft
falsch oder gar nicht verstanden werden. Der Experte muss sich daher sehr genau überlegen, wie er formuliert.“ (Latif, 2006 b – Seite 5-7)
2
20
Klimawandel
Der UN-Klimabericht 2007
Der wichtigste und weltweit anerkannteste Klimabericht, der UN-Klimabericht 2007 (IPCC
Assessment Report 2007), belegt eindrucksvoll und in seiner bislang schärfsten Form
den dramatischen Wandel. Allen drei Teilberichten des 4. UN-Klimaberichts gemein ist die
Warnung, dass die im 20. Jahrhundert beobachteten Änderungen beim Weltklima und die
daraus resultierenden negativen Folgen für Ökosysteme, die Nahrungsmittelproduktion,
die Wasserversorgung und die wirtschaftliche Entwicklung nur der Beginn einer noch viel
dramatischeren Entwicklung sein werden, sollte der Ausstoß von Treibhausgasen bis zum
Jahr 2050 nicht halbiert werden.
Ergebnisse des 4. UN-Klimaberichts
Der UN-Klimabericht 2007 des Intergovernmental Panel on Climate Change, kurz IPCC, wurde
von drei Arbeitsgruppen aus jeweils mehreren hundert anerkannten Forschern erstellt. Sie
sichteten die Klimastudien der letzten sechs Jahre und schlussfolgerten aus den Einzelergebnissen globale Konsequenzen. 2007 hat der IPCC seinen 4. Klimabericht „IPCC Fourth
Assessment Report: Climate Change 2007 – Teil I-III“ vorgelegt. Auf Basis seiner Aussagen
werden Klimaverhandlungen bei den Vereinten Nationen geführt.
Abb. 5 bis 8:
Der „UN-Klimabericht 2007“
In Teil 1 des aktuellen Berichts („Physikalische
Grundlagen“) wurden am 2. Februar 2007 in Paris
die aktuellsten naturwissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel und der zukünftigen Entwicklung zusammengefasst. Er lieferte wissenschaftliche Analysen und Projektionen zum Klimasystem,
bestätigte, dass es keinen wissenschaftlichen
Zweifel mehr am anthropogenen Klimawandel gibt,
und zeigte auf, wie sich Temperaturen und Niederschläge verändern könnten.
21
Am 6. April 2007 wurde Teil 2 („Auswirkungen, Anpassung,
Verwundbarkeiten“) in Brüssel vorgestellt. Es ging um die Verwundbarkeit ökologischer Systeme und damit um die Frage,
wie anfällig Regionen auf den Klimawandel reagieren.
Teil 3 („Verminderung des Klimawandels“) folgte am 4. Mai
2007 in Bangkok. Darin stellten die Forscher Möglichkeiten
vor, die Schäden der globalen Erwärmung abzuschwächen. Der
dritte Teilbericht beschreibt konkrete Maßnahmen zur Eindämmung nachteiliger Klimafolgen und belegt, dass Klimaschutz
machbar und finanzierbar ist.
Schließlich wurden alle drei Teile in einem Synthesebericht
zusammengefasst und am 17. November 2007 in Valencia
vorgestellt. Der bestätigt noch einmal die zu erwartenden
Veränderungen im Klimasystem und mahnt, dass einzigartige
Ökosysteme und Tierarten auf Dauer verschwinden werden.
Extrem-Wetterereignisse nehmen zu, es gibt dramatische
Ungleichheiten in der Betroffenheit verschiedener Erdregionen
und das Risiko großer Einbrüche (z. B. das Abrutschen großer
Eismassen) steigt.
Weitere Infos www.ipcc.ch (IPCC Reports – Assessment Reports)
Die nachfolgend dargestellten Szenarien zur Entwicklung des Weltklimas bis zum Jahr
2100 beziehen sich größtenteils auf den „IPCC Fourth Assessment Report: Climate
Change 2007 – Teil I-III“ des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) aus dem
Jahr 2007 bzw. auf deutschsprachige Zusammenfassungen des Alfred-Wegener-Instituts für
Polar- und Meeresforschung (AWI), Bremerhaven, und des Bundesministeriums für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU), Berlin, schließen aber neuere Erkenntnisse mit ein.
22
2
Klimawandel
2.1.1 Fakten –
bisherige Auswirkungen
In seinem vierten Bericht stellt der zwischenstaatliche UN-Ausschuss für Klimafragen, der
IPCC, folgende Änderungen im Klimasystem fest (wenn nicht anders gekennzeichnet, gelten
die Änderungen für den Zeitraum 1906 bis 2005):
Der Temperaturanstieg
Eine Erwärmung des Klimasystems ist ohne jeden
Zweifel vorhanden:
앫 Die globale Oberflächentemperatur ist seit 1906
um 0,74 Grad Celsius gestiegen, in Europa sogar
um 0,95 Grad Celsius.
Abb. 9:
Schwankungen der
Erdoberflächentemperatur
(© IPCC 2001)
앫 Zwölf der letzten 13 Jahre waren die wärmsten
seit Beginn der Aufzeichnungen.
앫 Die Temperaturzunahme der letzten 50 Jahre ist
doppelt so hoch wie die der letzten 100 Jahre.
앫 Die Arktis hat sich doppelt so stark erwärmt wie
im globalen Mittel.
Wärmerekorde weltweit
2007 war global das siebtwärmste, auf der Nordhalbkugel sogar das zweitwärmste
Jahr seit Beginn der Aufzeichnungen. Auch 2008 reiht sich in die wärmsten Jahre seit
Beginn der Aufzeichnungen ein. Zwölf der letzten 13 Jahre waren die wärmsten seit
Beginn der Aufzeichnungen. Das weltweit wärmste Jahr war 2005, es folgen 1998,
2002, 2003, 2006, 2004, 2007, 2001, 1997, 2008, 1995, 2000 und 1999.
Weitere Auswirkungen
Extreme Wetterereignisse wie Hitzewellen, Dürren und heftige Niederschläge sind häufiger
geworden und die Intensität tropischer Stürme hat sich erhöht.
Die schneebedeckte Fläche hat seit 1980 um etwa fünf Prozent abgenommen.
Weltweit schrumpfen die Gletscher und tragen zum Meeresspiegelanstieg bei.
Das arktische Meereis verzeichnet seit 1978 einen Rückgang im Jahresmittel um acht
Prozent, im Sommer um 22 Prozent (siehe auch Seite 43).
23
Die Eisschilde auf Grönland
und der Antarktis verlieren
gegenwärtig Masse durch
Schmelzen und Gletscherabbrüche und tragen zum Meeresspiegelanstieg bei.
Die Temperaturen in den oberen Schichten des Permafrostbodens, in denen riesige
Mengen des Treibhausgases
Methan lagern, haben sich
seit 1980 um drei Grad Celsius erhöht (siehe Seite 45).
Abb. 10:
Sommerliche Packeisgrenze – Vergleich
1979 mit 2003:
Der Rückgang der
hellen, das Sonnenlicht reflektierenden
Eisflächen verstärkt
die Erderwärmung.
(© NASA 2003)
Die Ozeane sind im globalen Mittel wärmer geworden und tragen durch thermische Ausdehnung zum Meeresspiegelanstieg bei (siehe auch Seite 51).
Signale für den Klimawandel in Nord- und Ostsee
Der Winter 2007/2008 war nach Angaben des Bundesamtes für Seeschifffahrt und
Hydrographie (BSH) in der Ostsee der eisärmste Winter seit 1720. Nicht nur die
Eisausdehnung war ungewöhnlich gering – auch die Eisdicke lag unter den üblichen
Werten. Er übertraf damit alle bisherigen milden Winter im Ostseeraum.
Die Oberflächentemperaturen in der Nordsee lagen ganzjährig um ca. 0,5 Grad Celsius
über dem langjährigen Mittel, Gleiches gilt für die westliche Ostsee. Dort lagen die
Temperaturen in den tieferen Wasserschichten (bis 40 Meter) sogar um 2,0 Grad Celsius über dem Langzeitdurchschnitt. Die veränderten Temperaturbedingungen wirken
sich zunehmend auf das Artenspektrum bei Tieren und Pflanzen aus.
Der Meeresspiegel stieg im
20. Jahrhundert um 17 Zentimeter. Die Anstiegsrate hat sich
seit 1993 deutlich erhöht. Sie
liegt derzeit global bei 3,3 mm
pro Jahr (Rahmstorf, 2008).
Die zunehmende CO2-Konzentration in der Atmosphäre hat
zu einem gesteigerten CO2Eintrag in die Ozeane geführt,
die zunehmend versauern.
Diese Versauerung löst Kohlenstoffsedimente auf. Betroffen sind z. B. Korallenriffe
und einige Planktonorganismen (siehe auch Seite 49 f.).
Abb. 11:
Temperaturanstieg
der vergangenen 100
Jahre (© IPCC 2007)
Umweltbericht_09:RheinLand
22.06.2009
2
24
17:14 Uhr
Seite 24
Klimawandel
2.1.2 Ursachen – warum ändert sich
das Klima?
„
Die Erde besteht seit 4,5 Milliarden
Jahren, im Vergleich dazu gibt es Menschen
erst seit etwa 150.000 Jahren. Auf der geologischen Erduhr sind wir also eine Minute vor
Mitternacht aufgetaucht! Was heute auf dem
Spiel steht, ist nicht die Erde selbst, sondern
unsere Fähigkeit, auf ihr zu überleben.
“
Sebastian Copeland, 2007 – Seite 20
Der Kohlendioxid-Gehalt der Luft hat seit dem Jahr 1750 um 37 Prozent
von 280 Teilen pro Million (ppm) auf 383 ppm im Jahr 2007 zugenommen:
앫 Die Zuwachsrate der letzten zehn Jahre ist die größte seit 50 Jahren.
앫 Der heutige Wert ist der größte in den letzten 800.000 Jahren.
앫 78 Prozent der Erhöhung gehen auf die Nutzung fossiler Brennstoffe
zurück, 22 Prozent auf Landnutzungsänderungen (z. B. Rodungen).
CO2-Konzentration auf dem höchsten Stand seit 800.000 Jahren
Nach Untersuchungen der Universität Bern und der Universität Grenoble hat die CO2Konzentration in der Atmosphäre den höchsten Stand der vergangenen 800.000 Jahre
erreicht. Dies hat die Analyse eines Eisbohrkerns aus der Antarktis – in dem atmosphärische Treibhausgase aus vergangenen Klimaepochen in winzigen Luftblasen eingeschlossen sind – ergeben. So liegen die heutigen Kohlendioxidkonzentrationen um
28 Prozent höher als je zuvor in den vergangenen 800.000 Jahren. Der Methangehalt
ist heute sogar um 128 Prozent höher.
Abb. 12:
Der Treibhauseffekt
Es ist sehr wahrscheinlich, dass
die Erwärmung der letzten 50 Jahre
wesentlich durch anthropogene
Treibhausgase, v. a. durch Kohlendioxid (CO2), verursacht worden ist
(siehe auch Umweltbericht 2005,
Seite 30 f.).
Andere wichtige Treibhausgase
wie Methan und Lachgas, deren
Konzentrationen seit dem Jahr
1750 um 148 bzw. 18 Prozent
zugenommen haben, sind zusammen etwa halb so stark an der Erwärmung beteiligt wie
das Kohlendioxid.
Der menschliche Einfluss ist jetzt nicht nur in der globalen Temperaturentwicklung nachweisbar, sondern auch in Temperaturmitteln der Kontinente und Ozeane sowie in Temperaturextremen und Windmustern.
Änderungen der solaren Einstrahlung haben nur einen sehr geringen Einfluss.
25
2.1.3 Folgen – was kommt auf uns zu?
Der IPCC-Report präsentiert sechs Klimaszenarien (Vergleich 1980 bis 1999 zu 2090 bis
2099). Das niedrigste Szenario setzt eine deutliche Umstellung der Welt auf erneuerbare
Energien voraus, das höchste Szenario geht von einer noch wachsenden Abhängigkeit von
fossilen Energieträgern aus. Alle Szenarien sagen jedoch eine weitere Temperaturerhöhung
und einen Meeresspiegelanstieg bis zum Ende des 21. Jahrhunderts voraus.
Szenarien sind keine Prognosen, sondern mögliche Zukünfte
Szenarien für das zukünftige Weltklima sind aufgrund der sehr komplexen Zusammenhänge mit einigen Unsicherheiten behaftet. Während das niedrigste Szenario eine
deutliche Umstellung der Welt auf erneuerbare Energien voraussetzt, geht das höchste
Szenario von einer noch wachsenden Abhängigkeit von fossilen Energieträgern aus.
Man erhält eine gewisse Spannbreite mit einer Unter- und einer Obergrenze. Die Spanne zwischen Unter- und Obergrenze ist teilweise recht groß, da sich die Auswirkungen
der verschiedenen Einflussfaktoren wie Bevölkerungswachstum oder CO2-Ausstoß
infolge Verbrennung fossiler Energieträger nicht exakt voraussagen lassen. Die Hauptschwäche aller Klimamodelle ist die Unkenntnis über das zukünftige Verhalten der
Menschheit. Szenarien sind demnach keine Prognosen, sondern mögliche Zukünfte
und Folgen.
Selbst wenn die Menschheit die Emission von Treibhausgasen sofort auf null brächte, würde
sich die globale Erwärmung noch über viele Jahrzehnte fortsetzen:
앫 In den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten wird durch die Trägheit des Klimasystems ein
weiterer Temperaturanstieg um ca. 0,6 Grad Celsius erfolgen.
앫 Der Meeresspiegel wird infolge der thermischen Ausdehnung des Wassers noch mehrere
Jahrhunderte lang ansteigen, da die Wärme nur langsam von der Meeresoberfläche in
den tiefen Ozean vordringt.
Im besten Fall (niedrigstes Szenario) sei mit einer Erwärmung
von 1,8 Grad Celsius (1,1 bis
2,9 Grad) zu rechnen, im
schlimmsten Fall (höchstes
Szenario) mit 4,0 Grad Celsius
(2,4 bis 6,4 Grad). Am wahrscheinlichsten sei ein Anstieg
um 1,8 bis 4,0 Grad Celsius.
Die größte Erwärmung findet
dabei in hohen nördlichen
Breiten statt.
Abb. 13:
Globaler Temperaturanstieg bis 2100
(© IPCC 2007)
26
2
Klimawandel
Projizierter Temperaturanstieg höher als im 2001er-Bericht
Die Spanne von 1,1 bis 6,4 Grad Celsius ist weitestgehend konsistent mit der im UNKlimabericht 2001 projizierten Spanne von 1,4 bis 5,8 Grad Celsius. Die oberen Grenzen der abgeschätzten Schwankungsbreiten sind höher als im 2001er-Bericht, insb.
wegen der jetzt höher abgeschätzten Rückkopplungseffekte im Kohlenstoffkreislauf.
Der Meeresspiegel werde um weitere 18 bis 59 Zentimeter ansteigen. Allerdings lassen
die derzeit gemessenen, im Vergleich zum Mittelwert des 20. Jahrhunderts beschleunigten
Anstiegsraten von global 3,3 mm pro Jahr auf einen deutlich höheren Anstieg schließen,
als im UN-Klimabericht 2007 vorhergesagt.
Es gibt eine erhebliche Unsicherheit hinsichtlich der weiteren Entwicklung des grönländischen und des antarktischen Inlandeis-Schilds (siehe auch Kapitel 2.2.2). Hier kann
ein höherer Beitrag zum zukünftigen Meeresspiegelanstieg nicht ausgeschlossen werden.
Modellergebnisse lassen den Schluss zu, dass eine dauerhafte Erwärmung deutlich über
drei Grad Celsius über Jahrtausende zu einem vollständigen Abschmelzen des grönländischen Inlandeises führen würde. In der Folge würde der Meeresspiegel um sieben Meter
ansteigen – mit katastrophalen Folgen für die Küstengebiete der Welt.
Einen Meter Meeresspiegelanstieg bis 2100?
Aktuelle Studien, die nicht mehr in den Klimaszenarien des IPCC berücksichtigt werden
konnten bzw. deren konkrete Auswirkungen sich noch nicht ausreichend genau quantifizieren lassen, zeigen eine beschleunigte Eisdynamik in polaren Gebieten. Diese Beobachtungen und paläoklimatische Erkenntnisse lassen einen höheren Meeresspiegelanstieg erwarten als in den Klimaszenarien des IPCC angenommen.
Nach Angaben des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung liege der aktuelle
Anstieg bereits heute fast doppelt so hoch wie in den Modellen berechnet, da diese
das in den vergangenen Jahren verstärkte Abschmelzen des Festlandeises der WestAntarktis und Grönlands sowie der Himalaja-Gletscher (siehe auch Kapitel 2.2.2) nicht
korrekt wiedergäben. Bis zum Jahr 2100 sei ein Anstieg von einem Meter realistisch.
Mit fatalen Folgen für z. B. Sylt, Hamburg, Rostock oder Kiel.
Was heutzutage noch als Jahrhundertflut in New York gilt (mit verheerenden Schäden
und überfluteten U-Bahnen), würde statistisch gesehen alle drei Jahre auftreten, falls
der Meeresspiegel um nur einen Meter steigt.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass sich der Nordatlantikstrom (der nach Europa reichende
Arm des Golfstroms) um durchschnittlich 25 Prozent im 21. Jahrhundert abschwächen
wird. Die Temperaturen in der atlantischen Region werden dennoch zunehmen, da der Einfluss der globalen Erwärmung überwiegt (siehe auch Umweltbericht 2005, Kapitel 4.2.4).
27
Klimafolgen der Temperaturerhöhung
Der IPCC bewertete zum ersten Mal Klimafolgen im Zusammenhang mit der künftig
erwar teten Temperaturerhöhung. Selbst bei einem Temperaturanstieg von nur zwei Grad
Celsius würde der Klimawandel nach Einschätzung der Forscher weit reichende Folgen
haben. Beispielsweise bewirkt eine weitere mittlere globale Temperaturerhöhung
(gegenüber 1980–1999):
Unter 1,5 Grad Celsius, dass
gesundheitliche Beeinträchtigungen durch Hitzestress,
Unterernährung, Durchfall-,
Infektions- und andere Erkrankungen auftreten, Schäden
durch Hochwasser und Stürme
sich verstärken und das Phänomen der Korallenbleiche häufiger wird.
Ab 1,5 bis 3,5 Grad Celsius,
dass in allen Bereichen mehr
und mehr gravierende Folgen
ausgelöst würden, z. B. die
Gefährdung von Millionen
Menschen mehr pro Jahr durch
Überflutungen von Küsten, ein
weit gehender Verlust biologischer Vielfalt, der Beginn eines
unumkehrbaren Abschmelzprozesses der Eisschilde Grönlands
und in der westlichen Antarktis
sowie ein entsprechender Meeresspiegelanstieg.
Über 3,5 Grad Celsius, dass
alle Systeme – physikalische,
biologische und soziale – und
insbesondere die menschlichen Gesellschaften überfordert wären, sich an die Wirkungen einer solchen Erwärmung
anzupassen, zumal diese regional wesentlich höher ausfallen
würde (beispielsweise würden
Korallen weiträumig sowie küstennahe Feuchtgebiete zu etwa
30 Prozent absterben).
Unvermeidbare Klimafolgen
ab 2067
+2,0°C bis
+2,1°C
ab 2057
+1,8°C
ab 2032
+1,3°C bis
+1,4°C
ab 2017
+1,0°C
heute
+0,6°C
vor der industriellen
Revolution
+0°C
Alarmstufe 5 Ab 2067 werden auch
in Australien, Kanada, Europa und
den USA die Erntemengen durchweg
zurückgehen. Bis zu drei Milliarden
Menschen zusätzlich leiden unter
Wassermangel, die gleiche Zahl unter
Überschwemmungen infolge gestiegener Meeresspiegel.
Alarmstufe 4 Ab einer Erwärmung um
1,8 Grad werden ab 2057 im großen
Stil Klimaflüchtlinge aus Afrika aufbrechen. Die Forscher gehen davon
aus, dass der Niederschlag im Maghreb
und in der Sahelzone um 40 Prozent
gegenüber der Referenzperiode 1961
bis 1990 abnimmt.
Alarmstufe 3 Bei einem weiteren Temperaturanstieg werden ab 2032 bis zu
2,3 Milliarden Menschen unter Wassermangel leiden, weitere 150 bis 220
Millionen unter Malaria. Die Erosion
von Sandstränden trifft den Tourismus
in der Karibik, im Pazifik und im Indischen Ozean.
Alarmstufe 2 Ab 2017 werden nach
dem IPCC-Szenario 240 bis 830 Millionen Menschen zusätzlich unter Wassermangel leiden. Die Reiserträge in
Südostasien fallen um sechs bis zehn
Prozent geringer aus. In den Industriestaaten nehmen die Erntemengen zum
Teil noch zu.
Alarmstufe 1 Die Folgen eines Temperaturanstiegs um 0,6 Grad sind bereits
heute zu spüren: Häufigere Hitzewellen, zunehmende Sommertrockenheit
im Inneren der Kontinente, Ernteeinbußen und häufigere Waldbrände.
Die Permafrostböden in der Arktis
tauen auf.
Abb. 14:
Klimafolgen nach
Grad Celsius der
Temperaturerhöhung
(nach IPCC 2007)
28
2
Klimawandel
Folgen für die Gletscher
Gletscher liefern das ganze Jahr über Trinkwasser, Wasser für die Landwirtschaft und zur Stromerzeugung. Die Alpengletscher haben seit 1850
bereits zwei Drittel ihres Volumens verloren. Seit den 1980er-Jahren
beschleunigt sich dieser Prozess. Weltweit werden die Gletscher weiter
abschmelzen, wodurch langfristig die Wasserversorgung ganzer Städte
(z. B. von Perus Hauptstadt Lima, hier leben 6,5 Mio. Menschen) und
Regionen gefährdet wird (siehe auch Kapitel 2.2.2, Punkt 7, und
Umweltbericht 2005, Seite 34 f.).
Abb. 15:
Weltweit schmelzen
die Gletscher
Folgen für die Arktis
Im September 2007 meldete die Europäische Raumfahrtbehörde ESA, dass die arktische
Eisfläche ihren niedrigsten Stand seit dem Beginn der Satellitenbeobachtung vor 30 Jahren
erreicht hat. Im März 2008 dann enthüllten Satellitendaten der US-Raumfahrtbehörde
NASA eine weitere dramatische Entwicklung: Auch die alten und widerstandsfähigen Eisschichten der Arktis schmelzen und werden durch dünnes, salziges Eis ersetzt. Dieses Eis
ist viel anfälliger für die sommerliche Schmelze. Während der Anteil des mehrjährigen alten
Eises Mitte der 1980er-Jahre noch bis zu 60 Prozent des Gesamteises der Arktis ausmachte, ist er 2008 auf unter 30 Prozent abgesunken. Das Eis, das mehr als sechs Jahre alt ist,
macht sogar nun nur noch sechs Prozent aus – in den 1980er-Jahren betrug sein Anteil
noch 20 Prozent.
Im Herbst 2008 lagen die Temperaturen der Arktis nach Angabe der National Oceanic and
Atmospheric Administration (NOAA) um fünf Grad Celsius über dem langjährigen Durchschnitt – und damit so hoch wie noch nie seit Beginn der Messungen. Der dritte ArktisBericht der NOAA stellt den bisher höchsten jährlichen Anstieg des Meeresspiegels
in der Arktis von 0,25 Zentimeter fest (NOAA, 2008).
Die Erderwärmung verstärkt sich, da die dunklere Meeresoberfläche mehr Sonnenenergie
absorbiert als das Eis (siehe auch Seite 23 und Seite 43). Das National Snow and Ice Data
Center (NSIDC) der US-Raumfahrtbehörde NASA geht davon aus, dass die Arktis schon
2030 im Sommer eisfrei sein wird.
Klimawandel in der Arktis
Die Arktis erwärmt sich doppelt so schnell wie der Rest
der Erde. Die NASA geht davon
aus, dass die Arktis schon
2030 im Sommer eisfrei sein
wird. Der Rückgang der hellen,
das Sonnenlicht reflektierenden Eisflächen verstärkt die
Erderwärmung.
Wenn das Meereis im Sommer schwindet,
verlieren Tierarten ihren Lebensraum, die das Eis
brauchen, um sich zu ernähren und fortzupflanzen,
z. B. Eisbären und Robben. Für die indigenen Völker
der Arktis, z. B. die Inuit, ist die Jagd wegen der
brüchigen Eisdecke oft nicht mehr möglich. Andererseits würde die landwirtschaftlich nutzbare Fläche zunehmen und das Nordpolarmeer für die
Schifffahrt zugänglich. Im August 2008 waren die
Nordwest-Passage und die Nordost-Passage erstmals gleichzeitig eisfrei und für Schiffe befahrbar
(siehe auch Umweltbericht 2005, Seite 35 f.).
29
Mit Vorsicht betrachtet werden muss, dass das Nordpolarmeer auch für Fischerei und Rohstoffabbau zugänglich würde. Neben den Bodenschätzen sind für die Anrainerstaaten auch die
reichen Fisch- und Krabbenvorkommen interessant (siehe Umweltbericht 2005, Seite 35 f.).
Anrainerstaaten stecken ihre Claims ab
Seit in der Arktis das Eis schmilzt, hat das Rennen um knappe Ressourcen an Tempo
zugelegt. Die fünf arktischen Anrainerstaaten (Dänemark, Kanada, Norwegen, Russland
und die USA) stecken ihre Claims ab. Landkarten sollen z. B. beweisen, dass die unterseeischen Bergrücken am Pol mit dem Kontinentalschelf Nordamerikas verbunden sind
und nicht mit dem Sibiriens. Falls dem so ist, leiten die USA und Kanada daraus das
Recht ab, das Öl der Arktis zu großen Teilen selbst zu fördern.
Nach dem Völkerrecht hat jeder Anrainer Anspruch auf einen 200 Meilen breiten Küstenschelf. Was darüber hinausgeht, ist offen. Washington hat die Seerechtskonvention
der UNO zwar nicht ratifiziert, sich jedoch mit den anderen darauf geeinigt, Streitigkeiten nach den Regeln der Konvention zu klären. Damit kommt der Geologie des Meeresbodens große Bedeutung zu, wenn es darum geht, die Grenzen von Wirtschaftszonen
zu ziehen. Dänemark etwa sammelt mit Hochdruck Daten, die seinen Ambitionen Argumente liefern sollen. Es will demonstrieren, dass der Sockel Grönlands, seines autonomen Gebiets, weit ins Polarmeer reicht.
Russische Wissenschaftler versuchen zu belegen, dass die Gesteinsformationen ihres
Landes in den Lomonossow-Rücken übergehen. Diese unterseeische Gebirgskette
erstreckt sich quer über den Pol und endet auf der anderen Seite des Eismeeres. Als
Symbol für Russlands Anspruch auf die Bodenschätze des Polarmeers hatte die Besatzung eines Mini-U-Boots im Sommer 2007 eine russische Flagge auf dem Meeresboden am Nordpol aufgestellt.
Folgen für die Permafrostböden
Durch das Auftauen der Permafrostböden werden sich weitere Häuser, Verkehrswege, Pipelines und Industrieanlagen absenken. Schon heute benötigt die Trasse der neuen QinghaiTibet-Eisenbahn, die über 550 Kilometer Permafrostboden führt, teure Kühlsysteme gegen
das Auftauen des Bodens. Zudem versinken ganze Waldflächen, weil ihnen der aufgeweichte Boden keinen Halt mehr bietet.
Vor allem aber droht die Freisetzung riesiger Mengen der Treibhausgase Methan und Kohlendioxid (siehe Seite 45). Der IPCC fordert daher, die Weltgemeinschaft dürfe sich nicht
mehr nur auf klimaschädliches Kohlendioxid (CO2) konzentrieren. Stattdessen müsse eine
„Multi-Gas-Strategie“ auch die Zunahme von Methan, Lachgas und anderer Treibhausgase
in der Atmosphäre eindämmen.
Folgen für den Meeresspiegel
Inzwischen gehen viele Forscher davon aus, dass die Schätzung des IPCC zum Meeresspiegelanstieg zu konservativ ist, da sie die Gletscherschmelze in Grönland, der West-Antarktis
und im Himalaja nicht ausreichend berücksichtigt (siehe auch Kapitel 2.2.2). Mitunter ist die
Rede von einem Pegelanstieg um bis zu eineinhalb Meter bis Ende des 21. Jahrhunderts.
30
2
Klimawandel
Millionenprogramme zum Deichschutz
Die Stadt Hamburg rüstet sich schon seit Jahren immer weiter gegen das steigende
Wasser. Ein Drittel der Stadtfläche ist bedroht. Die Deiche und Kaimauern waren
Anfang der 1960er-Jahre im Schnitt sechs Meter hoch, heute sind es schon über acht
Meter. Die Kosten in den letzten 20 Jahren: 600 Mio. Euro, nur in Hamburg.
Die anfälligsten Industrien, Siedlungen und Gesellschaften liegen generell in Küsten- und
Flussschwemmgebieten. Als besonders anfällig gelten arme Gemeinschaften, speziell die
in Hochrisikogebieten. Sie haben stark begrenzte Anpassungskapazitäten und sind abhängiger von klimasensitiven Ressourcen wie der lokalen Wasser- und Nahrungsmittelversorgung.
In den 80er-Jahren des 21. Jahrhunderts werden mehrere Millionen Menschen zusätzlich
aufgrund des steigenden Meeresspiegels von Überschwemmungen bedroht sein, insbesondere in dicht besiedelten und tief liegenden Gebieten, in denen die Anpassungsfähigkeit
relativ gering ist und die bereits durch andere Gefahren wie Tropenstürme und örtliche
Absenkung der Küste bedroht sind. Am höchsten wird die Anzahl der betroffenen Menschen
in den Großdeltas Asiens und Afrikas sein, die kleinen Inseln sind in besonderem Maße
verwundbar.
Ein Meeresspiegelanstieg um einen Meter beträfe sechs Millionen Menschen in Ägypten,
13 Millionen in Bangladesch und 72 Millionen in China. Städte wie Hamburg, Rostock und
Kiel könnten auf lange Sicht unbewohnbar werden.
Millionen von Küstenbewohnern gefährdet
Naturkatastrophen wie Stürme und Überflutungen werden künftig Millionen von
Menschen zum Umsiedeln zwingen. Das prophezeit der Bericht „Planet Prepare“ der
internationalen Hilfsorganisation World Vision. Rund ein Zehntel der Weltbevölkerung
lebt in Küstennähe und weniger als zehn Meter oberhalb des Meeresspiegels. Da
schon durch einen moderaten Anstieg des Meeresspiegels die so genannten „Jahrhundertfluten“ drastisch an Häufigkeit zunehmen, sind Millionen von Küstenbewohnern in
höchstem Maß gefährdet. Insbesondere Menschen in rasant wachsenden Megacitys
wie Jakarta, Mumbai, Dhaka und Manila müssen in den nächsten Jahren zunehmend
mit Stürmen und Überschwemmungen rechnen.
Massen-Evakuierungen, wie sie 2008 in New Orleans und anderen Orten der US-Küste
stattfanden, wird es künftig sehr viel häufiger geben. Auf kleineren Inseln im Pazifik
wurden Menschen bereits – fast unbemerkt von der Weltöffentlichkeit – durch den
Anstieg des Meeresspiegels vertrieben (World Vision, 2008).
Vor allem in Verbindung mit heftigen Stürmen sind viele Inselstaaten und flache Küstenregionen in ihrer Existenz bedroht (siehe auch Seite 41). Im September 2008 übergaben die
Regierungschefs mehrerer kleiner Inselstaaten eine Petition an die UNO. Die Petition fordert den Sicherheitsrat auf, den Klimawandel als dringende Bedrohung für den internationalen Frieden anzusehen und dementsprechend zu handeln.
31
Malediven sparen für Ersatzheimat
Die Regierung der Malediven spart Geld, um eine Ersatzheimat kaufen zu können. Sie
reagiert damit auf die Prognosen des IPCC: Wird der Meeresspiegel wie vorhergesagt
bis zum Jahr 2100 um bis zu 60 Zentimeter ansteigen, würden weite Teile der rund
200 bewohnten Koralleninseln überflutet. Insgesamt besteht der kleine Staat mit seinen rund 385.000 Einwohnern aus 1.190 Inseln, keine davon liegt mehr als 1,8 Meter
über dem Meeresspiegel. Tourismus und Fischerei sind die Haupteinnahmequellen der
Bewohner. Ein Teil der Milliardeneinnahmen aus dem blühenden Tourismusgeschäft
soll in einen Staatsfonds abgezweigt werden, kündigte der Präsident des beliebten Reiseziels, Mohamed Nasheed, an. „Wir können den Klimawandel nicht selbst stoppen,
also müssen wir woanders Land kaufen.“ Dies sei eine Versicherung für den Fall, dass
die schlimmsten Erwartungen eintreffen. „Wir wollen die Malediven nicht verlassen,
aber wir wollen auch keine Klimaflüchtlinge werden, die jahrzehntelang in Zelten leben
müssen“, sagte Nasheed.
Folgen für die Gesundheit
Der IPCC ist der Ansicht, dass Millionen Menschen gesundheitlich von der globalen Erwärmung betroffen sein werden, insbesondere in Regionen mit geringer Anpassungsfähigkeit.
Dort wird die Mangelernährung zunehmen – mit der Folge negativer Effekte für das Wachstum und die Entwicklung von Kindern. Allgemein werden mehr Todesfälle, Krankheiten und
Verletzungen durch Hitzewellen, Überschwemmungen, Stürme, Brände und Dürren erwartet.
Krankheiten des Herzens und der Atmungsorgane werden durch erhöhte bodennahe OzonKonzentrationen zunehmen, aber auch Mischeffekte werden erwartet, beispielsweise die
Ab- oder Zunahme von Ausbreitungsgebieten und -möglichkeiten der Malaria in Afrika
(siehe auch UBA, 2003).
Folgen für die internationale Sicherheitspolitik
Es wird zunehmend deutlich, dass der Klimawandel zu einem Sicherheitsrisiko werden wird,
wenn Menschen Zuflucht suchen vor Dürreperioden, Süßwasserknappheit, Extrem-Wetterereignissen und steigendem Meeresspiegel (siehe International Alert, 2007, WBGU, 2007,
und Welzer, 2008). Prognosen sprechen von bis zu 200 Millionen Menschen, die bis 2050
auf der Flucht vor Umwelteinflüssen sein werden. Laut UN-Angaben gab es allein 2007 weltweit fast 400 große Überschwemmungen, Wirbelstürme, Erdbeben und Hitzewellen. 25 Millionen Menschen verließen aus diesem Grund ihre Heimat. Und meistens trifft es die Ärmsten der Armen: So kamen in Bangladesch zwischen 1950 und 2000 insgesamt eine Million
Einwohner durch Naturkatastrophen zu Tode.
Folgen für Ökosysteme
Der UN-Klimarat geht davon aus, dass etwa 20 bis 30 Prozent der Tier- und Pflanzenarten,
die bisher untersucht wurden, vom Aussterben bedroht sind, wenn die globale Temperatur
mehr als zwei bis drei Grad Celsius über das vorindustrielle Niveau ansteigt. Bei mehr als
vier Grad Celsius könnte es sogar 40 Prozent der Arten treffen (siehe auch Kapitel 3.1.1).
2
32
Klimawandel
Klimawandel und Biodiversität
Kommt es zu dem vom IPCC
befürchteten Temperaturanstieg,
würde die globale Temperatur
Werte erreichen, die es in dieser
Höhe seit Millionen von Jahren
nicht gegeben hat. Sie würde so
schnell steigen, dass viele Tierund Pflanzenarten sich nicht
daran anpassen können. Ein großer Teil der Tier- und Pflanzenarten – Studien gehen von 20 bis
30 Prozent aus – könnte bereits
im Jahre 2050 vom Aussterben
bedroht sein.
Zwei-Grad-Celsius-Marke
nicht überschreiten
Bei einem globalen Anstieg von mehr als zwei
Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen
Zeitalter erwartet die Fachwelt großräumige Störungen der Biosphäre und des Wasserhaushalts
sowie erhebliche negative Auswirkungen für Ökosysteme, die Nahrungsmittelproduktion und die
wirtschaftliche Entwicklung. Wissenschaftler
sprechen daher von einer „kritischen Schwelle“
der Erderwärmung, ab der abrupte Klimaänderungen wahrscheinlicher würden (siehe Kapitel
2.2.2), der Klimawandel wohl unumkehrbar und
die Folgen und Risiken kaum noch beherrschbar.
Berücksichtigt man, dass die Temperatur seit
1906 bereits um 0,74 Grad Celsius angestiegen
ist und in den nächsten zwei bis drei Jahrzehnten alleine durch die Trägheit des Klimasystems um weitere ca. 0,6 Grad Celsius ansteigen wird (siehe Seite 25), heißt das, dass wir
nur noch ca. 0,7 Grad Celsius Spielraum nach oben haben.
Zielmarke kaum noch zu erreichen
Psychologische Erklärung für
jahrelange Tatenlosigkeit
„Würde der Klimawandel durch das Verspeisen niedlicher, kleiner Kätzchen ausgelöst,
ständen längst Millionen von Menschen protestierend auf den Straßen. Unsere Gesellschaft würde ein solches Verhalten als einen
Angriff auf ihre moralische Ordnung werten.
Würde sich das Klima innerhalb weniger
Stunden mit hoher Geschwindigkeit ändern,
wären wir schockiert. Doch durch die Trägheit
der Prozesse verschlafen wir die Gefahr.
“
Daniel Gilbert,
Psychologie-Professor an der
Harvard-Universität
Dem IPCC zufolge sollte die CO2-Konzentration in der Atmosphäre auf
einem Niveau von höchstens 420 ppm stabilisiert werden. Aktuell betrage
dieser Wert aber schon 383 ppm, und jährlich kämen zwei ppm hinzu. Der
IPCC warnt, die Zielmarke sei nur in den stringentesten Szenarien noch zu
erreichen – und damit ein Stopp der globalen Erwärmung bei maximal zwei
Grad Celsius (verglichen mit vorindustrieller Zeit).
Weltweit aber hat der Ausstoß von Treibhausgasen seit 1970 um mehr als
50 Prozent zugenommen. Die Emissionen von CO2 sind seither sogar um
rund zwei Drittel gestiegen. Knapp 60 Prozent Anteil haben daran die
Industrieländer – obwohl sie nur ein Fünftel der Weltbevölkerung stellen.
Welt-Ausstoß an CO2 1971-2006
(in Mrd. Tonnen)
Mrd. t
28
24
20
2006
2001
1996
1991
1986
1981
12
1976
16
1971
Abb. 16:
Globale anthropogene
TreibhausgasEmissionen
(Quelle: IEA 2008)
33
CO2-Ausstoß auf Rekordniveau
Der weltweite Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid ist 2007 nach Angaben des
Global Carbon Projects (GCP) weiter angestiegen. Die Kohlendioxid-Emissionen 2007
entsprechen fast zehn Mrd. Tonnen Kohlenstoff, davon 8,5 Mrd. Tonnen fossiler Brennstoffe. Auch die Rodung tropischer Wälder trug zum Anstieg des C02-Ausstoßes bei
(siehe auch WWF Deutschland, 2008 b).
Rund 54 Prozent der von Menschen verursachten Kohlendioxid-Emissionen der Jahre
2000 bis 2007 seien von der Natur wieder aufgenommen worden, berichtet das GCP.
Das reiche jedoch bei Weitem nicht aus, um einen rasanten Anstieg der Kohlendioxidbelastung der Atmosphäre zu verhindern. Der CO2-Anteil in der Atmosphäre stieg 2007
um 2,2 Teile pro Million (ppm) auf 383 ppm. Die Zuwachsrate von jährlich zwei ppm
seit der Jahrtausendwende habe sich gegenüber den zwanzig Jahren davor um ein Drittel erhöht. Der Anteil von CO2 in der Atmosphäre lag im Jahr 2007 37 Prozent über
dem Bezugsjahr 1750, dem Beginn der industriellen Revolution (WMO, 2008). Trotz
der Bemühungen einiger Staaten, die Klimaerwärmung zu begrenzen, steige der CO2Ausstoß seit 2000 viermal so schnell wie noch in den 1990er-Jahren.
CO2-Ausstoß pro Kopf in Tonnen (2006)
Australien
19,02
USA
19,00
Kanada
16,52
Russland
11,14
Deutschland
10,00
Großbritannien
8,86
Italien
7,61
Spanien
7,44
Frankreich
5,97
China
4,27
Indien
1,13
Bangladesch
0,24
0
2
Abb. 17:
CO2-Ausstoß pro Kopf
ausgewählter Länder
(Quelle: IEA 2008)
4
6
8
10
12
14
16
18
20
t
2
34
Klimawandel
Schlimmste Szenarien werden wohl übertroffen
„
Der Ausstoß von CO2 ist von 2000 bis 2007 viel stärker gewachsen als
prognostiziert – ein Grund ist der rasch wachsende Energieverbrauch in
Schwellenländern. Seit dem Jahr 2000, so der IPCC, seien die Kohlendioxid-Emissionen durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe um durchschnittlich dreieinhalb Prozent pro Jahr gestiegen – dreimal so schnell
wie zwischen 1990 und 1999. Der IPCC geht inzwischen davon aus, dass
wohl die schlimmsten Szenarien des 2007er-Berichts noch übertroffen
Christopher Field (IPCC), 2009
werden. „Inzwischen liegen die Prognosen des menschlichen CO2-Ausstoßes außerhalb dessen, was man bei der Erstellung des IPCC-Berichts von
2007 für möglich gehalten hat. Wir haben es in der Zukunft mit einem Klima zu tun, das
weit über alles hinausgeht, was wir auf Basis von Simulationen bisher ernsthaft erwogen
haben“, so Christopher Field vom IPCC auf der Jahrestagung des Forschungsverbandes
AAAS in Chicago im Februar 2009. Im IPCC-Report von 2007 sei noch von einer „äußerst
konser vativen Bandbreite von Klimafolgen“ die Rede gewesen. Der nächste Bericht werde
„Zukunftsszenarien mit viel größerer Erwärmung enthalten“.
Inzwischen liegen die Prognosen des
menschlichen CO2-Ausstoßes außerhalb dessen, was man bei der Erstellung des IPCCBerichts von 2007 für möglich gehalten hat.
Wir haben es in der Zukunft mit einem Klima
zu tun, das weit über alles hinausgeht, was
wir auf Basis von Simulationen bisher ernsthaft erwogen haben.
“
Der Hauptgrund für den rasanten Anstieg der CO2-Emissionen sei die immer schneller um
sich greifende Nutzung von Kohle zur Energiegewinnung, insbesondere in bevölkerungsreichen Schwellenländern wie Indien und China. Falls man den Klimagasausstoß nicht aggressiv angeht, wird die Menschheit sich auch weiterhin auf die billigste Energiequelle konzentrieren – und das ist Kohle.
Hinzu kämen neue, beunruhigende Erkenntnisse über CO2-Emissionen aus der Natur selbst,
ausgelöst durch die vom Menschen verursachte Erwärmung. Solche gefährlichen Rückkopplungseffekte befürchten Forscher etwa von den gewaltigen Flächen an Permafrostboden. Sollten sie auftauen, würden ungeheure Mengen an Kohlendioxid und Methan in
die Atmosphäre gelangen (siehe Seite 45).
Laut einem Bericht, den führende Klimawissenschaftler im Juni 2009 in Brüssel in Vorbereitung auf die Weltklimakonferenz in Kopenhagen vorstellten, liegt die Zunahme der Emissionen von Treibhausgasen und die Veränderung vieler Bestandteile des Klimasystems im
oberen Bereich der Erwartungen des IPCC. Wichtige Klimaindikatoren bewegen sich bereits
außerhalb der Muster natürlicher Variabilität, innerhalb derer sich die moderne Gesellschaft
und Wirtschaft entwickelt haben. Das Ziel von maximal zwei Grad Celsius Erderwärmung ist
demnach nicht mehr zu schaffen (Richardson et al., 2009).
Nur noch 15 Jahre, um zu handeln
Abwarten oder Handeln?
„
Mithin ist die vermeintlich vorsichtigste
Strategie – nämlich abzuwarten, bis die empirischen Daten die Richtigkeit der Modelle
zweifelsfrei belegen – tatsächlich die riskanteste Strategie. Die ersten warnenden Anzeichen treten vielleicht erst auf, wenn der Kohlendioxidgehalt eine kritische Schwelle überschritten hat, sodass ein merklicher Klimawandel unvermeidlich ist.
“
Elizabeth Kolbert, 2006 – Seite 21
Es muss uns bewusst sein, dass das Klimasystem erst mit einer gewissen
zeitlichen Verzögerung reagiert. Das, was wir heute falsch machen, hat
Auswirkungen in 30, 40 oder 50 Jahren. Laut IPCC muss der weltweite
Ausstoß von Treibhausgasen bis zum Jahr 2050 halbiert werden. Hierzu
müssen die erneuerbaren Energien erheblich ausgebaut und die Energieeffizienz massiv gesteigert werden. Die dazu erforderlichen Technologien
stehen laut IPCC bereit und sind bezahlbar, müssen aber konsequenter
als bislang eingesetzt werden.
35
Vermeidungstechnologien
Der IPCC listet auf, welche gegenwärtigen und künftigen Technologien dabei zum Einsatz kämen:
Sektor
Schon verfügbar
Bis 2030 verfügbar
Energieversorgung
Energieeffizienz, Umstieg von Kohle auf
Gas, Kernkraft, erneuerbare Energien, KraftWärme-Kopplung, frühe CO2-Abscheidungslösungen
CO2-Abscheidung für Gas-, Biomasse- und
Kohlekraftwerke, fortgeschrittene Kernkraft,
fortgeschrittene erneuerbare Energien
(darunter Tide- und Wellenkraftwerke), fortgeschrittene Solarenergie
Transport
Sparsamere Fahrzeuge, Hybride, sauberere
Diesel, Biokraftstoffe, Schienentransport
und öffentlicher Personenverkehr, bessere
Raumplanung, Radfahren und Laufen
Biokraftstoffe der zweiten Generation, effizientere Flugzeuge, fortschrittliche Elektround Hybridfahrzeuge mit besseren Batterien
Gebäude
Integriertes Design von Gewerbeimmobilien
Bessere Tageslichtausbeute und Beleuchtung, effizientere Elektroinstallation, bessere inklusive intelligenter Steuereinheiten, integKlimatechnik, optimierte Kochöfen und Wär- rierte Solartechnologien
medämmung, Sonnenkollektoren zur Temperierung, alternative Kühlmittel, Wiederaufbereitung von Fluorgasen
Industrie
Effizientere Elektrogeräte, Kraft-WärmeKopplung, Wiederverwertung und alternative
Materialien, Kontrolle des Ausstoßes von
Nicht-CO2-Gasen
Fortgeschrittene Energieeffizienz, CO2-Abscheidung bei der Zement-, Stickstoff- und
Eisenproduktion, verbesserte Elektroden für
die Aluminiumherstellung
Landwirtschaft
Besseres Landmanagement für mehr Kohlenstoff-Einlagerung, Rekultivierung, MethanReduktion bei Reis und Nutztieren, verbesser ter Stickstoffdünger, Nutzpflanzen zur
Treibstoffgewinnung, bessere Energieeffizienz
Verbessertes Saatgut mit höheren Ernteerträgen
Forstwirtschaft
Wiederaufforstung, Waldmanagement,
Verminderung der Abholzung, Einsatz von
Forstprodukten bei der Verminderung
fossiler Energieträger
Verbesserter Speziesmix bei Bäumen zur
Ertragssteigerung, bessere Fernerkundungstechnologien
Müll
Methansammeln auf Müllkippen, Müllverbrennung zur Energiegewinnung, Kompostierung organischen Abfalls, Schmutzwasseraufbereitung, Müllvermeidung
Biobeschichtungen und Biofilter zur Optimierung der Methan-Oxidation
(© IPCC 2007)
36
2
Klimawandel
Geo-Engineering
Daneben werden verschiedene – mehr oder weniger seriöse – Möglichkeiten diskutiert, die
unter dem Begriff „Geo-Engineering“ zusammengefasst werden können (siehe auch natur +
kosmos, 2008 b). Hierzu zählen:
앫 Riesenspiegel/Sonnenschirme im All (die die einfallende Sonnenstrahlung
verringern sollen)
앫 Eisendüngung der Meere (die das Planktonwachstum anregen soll; nach dem
Absterben soll das Plankton zusammen mit dem aus der Luft aufgenommenen CO2
in die Tiefe sinken)
앫 künstliche Wolken aus Meerwasserdampf (die das Sonnenlicht reflektieren sollen)
앫 künstliche Stratosphärenverschmutzung mit Schwefelpartikeln (die Aerosole sollen
das Sonnenlicht zurück ins All reflektieren)
앫 Einfangen von CO2 (Kohlendioxid-Abscheidung aus dem Rauchgas von Kraftwerken)
und anschließende Lagerung in Sedimenten oder in der Tiefsee (= Carbon Capture
and Storage – CCS)
Die o. g. Maßnahmen sind jedoch zumeist technisch oder finanziell nicht realisierbar,
ihre weitreichenden „Nebenwirkungen“ nicht einschätzbar oder unverantwortlich. Welche
negativen Folgen ein übereiltes Handeln haben kann, zeigt aktuell die vielschichtige
Problematik mit Biokraftstoffen der ersten Generation (siehe oekom research, 2008 b,
und ÖKO-TEST, 2008).
Biokraftstoffe kontraproduktiv
Als zunehmend kontraproduktiv erweist sich die steigende Nutzung von Biokraftstoffen.
Zwischen 2000 und 2007 hat sich die globale Produktion von Ethanol vervierfacht und
die von Biodiesel verzehnfacht, so der IPCC. Möglich gewesen sei das nur, weil in den
Tropen gewaltige Regenwaldflächen gerodet wurden, um Platz für Biosprit-Anbauflächen
zu schaffen.
Bei der Rodung und der Verbrennung der Bäume gelangt Kohlenstoff in die Atmosphäre, der lange Zeit im Regenwald gespeichert war. Selbst wenn man für die Biosprit-Herstellung ergiebige Pflanzen wie Zuckerrohr oder Ölpalmen benutze, dauere es 40 bis
120 Jahre, ehe der CO2-Ausstoß durch Einsparungen bei fossilen Brennstoffen wieder
wettgemacht sei. Benutzt man weniger ergiebige Pflanzen wie Mais oder Sojabohnen,
dauert es sogar 300 bis 1.500 Jahre.
Einzig die Technik, Kohlenstoff zu extrahieren und sicher zu lagern (CCS), scheint in Ansätzen realisierbar. Allerdings gibt es auch hier noch viele offene Fragen (siehe BMU, 2007).
Ein Pilotprojekt im brandenburgischen Ketzin soll einige dieser Fragen klären.
37
CO2-Abtrennung und Lagerung (CCS)
Vor allem vor dem Hintergrund eines zu erwartenden massiven Ausbaus von Kohlekraftwerken – insbesondere in China und Indien – kann CCS (Carbon Capture and Storage)
einen elementaren Beitrag zur notwendigen Senkung des CO2-Ausstoßes leisten. Kritiker befürchten jedoch, dass die Entwicklung von CCS zu Lasten anderer Lösungsstrategien geht und die bestehenden Energieerzeugungsstrukturen auf Jahrzehnte festschreiben wird. Gleichzeitig gibt es Zweifel an der Machbarkeit und Sicherheit der Technologie. Oekom research sieht CCS nicht als dauerhafte Lösung, sondern als Brückentechnologie, die den Übergang in eine kohlenstofffreie Energieerzeugung durch erneuerbare Energien bestenfalls unterstützen kann. Die Forschung an und Entwicklung von
CCS muss daher immer in eine umfassende Klimastrategie eingebunden sein und
darf nicht zu Lasten einer Steigerung der Energieeffizienz und eines Ausbaus der
erneuerbaren Energien gehen (oekom research, 2008 c).
Atomkraft ist keine Lösung
Auch die Atomkraft ist keine Lösung. Bezieht man die gesamte Prozesskette mit ein
(Uranabbau, -aufbereitung und -transport, Bau von Atomkraftwerken etc.), ist Atomenergie
keineswegs CO2-neutral. Hinzu kommen die Gefahren beim Betrieb von Atomkraftwerken,
Gefahren bei der Endlagerung der Abfälle, Gefahren durch Terrorismus (waffenfähiges
Material, Bombenbau, Anschläge auf AKWs) sowie ein absehbarer mittelfristiger Mangel
an Brennstoff. Zudem decken die derzeit 439 Meiler weltweit gerade mal rund 16 Prozent
des weltweiten Strombedarfs ab. Gebraucht werden aber auch Öl und Gas zum Heizen
sowie Benzin, Diesel und Kerosin für den Verkehr. In diesen Bereichen trägt die Kernenergie
so gut wie nichts zur Energieversorgung bei. Dem gesamten Energiebedarf bringt sie demnach gerade mal rund drei Prozent. Um die gesamte Elektrizität durch Kernkraft zu erzeugen, bräuchte man alleine in Deutschland dreimal so viele Atomkraftwerke wie heute
(60 statt 17). Weltweit wären zehnmal so viele Atomkraftwerke wie heute nötig (5.000
statt 439), auch in Ländern mit niedrigen Sicherheitsstandards oder instabilen politischen
Regimen – von den immensen Kosten und der Zustimmung der Bevölkerung ganz zu
schweigen. Darüber hinaus nähme der Bau viel zu viel Zeit in Anspruch (siehe auch natur +
kosmos, 2008 a, und UBA, 2008 a).
Beschlüsse auf EU- und Bundesebene
Mit ihren klima- und energiepolitischen Beschlüssen im Frühjahr 2007 bekannte sich die
Europäische Union zu der Zwei-Grad-Begrenzung und formulierte als eigenes Zwischenziel,
ihre Emissionen bis 2020 um 30 Prozent im Vergleich zu 1990 zu reduzieren (oder 20 Prozent, falls kein internationales Abkommen in Kraft tritt). Diese Emissionsverringerung soll
vor allem durch eine verbesserte Energieeffizienz und die Förderung erneuerbarer Energien
erreicht werden.
Deutschland erklärte sich bereit, die eigenen Emissionen um 40 Prozent zu verringern,
wenn die EU ihre Emissionen um 30 Prozent reduziert. Im April 2007 stellte die Bundesregierung ihre „Klimaagenda 2020“ vor, mit der das 40-Prozent-Ziel erreicht werden soll
(UBA, 2007 a).
38
2
Klimawandel
Folgende Unterziele werden in diesem Acht-Punkte-Plan vorgeschlagen
(siehe auch Germanwatch, 2008 b):
앫 eine Reduktion des Stromverbrauchs um elf Prozent
앫 effizientere Kraftwerke
앫 eine Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung
auf über 27 Prozent
앫 eine Verdopplung des Einsatzes effizienter Kraft-Wärme-Kopplung
앫 eine deutliche Reduktion des Heizenergieverbrauchs
앫 die Steigerung des Anteils erneuerbarer Energien für die Wärmeerzeugung
앫 die Steigerung der Effizienz und des Einsatzes von Biosprit im Verkehr
앫 weniger Ausstoß anderer Treibhausgase als CO2 (z. B. Methan)
Bewegung in der US-Klimapolitik
Im Gegensatz zur Vorgängerregierung akzeptiert der neue US-Präsident Barack Obama die
Ergebnisse der Klimaforschung uneingeschränkt. Die USA haben zum ersten Mal eigene Vorschläge zur Emissionsminderung vorgelegt und Grenzwerte für die CO2-Emissionen von Pkw
angekündigt. Im April 2009 stufte die US-Umweltbehörde (EPA) Kohlendioxid und andere Treibhausgase erstmals als gesundheitsgefährdend ein. Demnach stehe fest, dass klimaschädliche Emissionen „zur Luftverschmutzung beitragen und der öffentlichen Gesundheit schaden
können“. Die Untersuchungen der EPA bestätigten, „dass die Belastung durch Treibhausgase
für heutige und künftige Generationen ein ernsthaftes Problem ist“. Als Konsequenz sollen
Kohlendioxid und fünf weitere klimaschädliche Gase von neuen Regulierungen erfasst werden.
US-Präsident Obama hat deutlich gemacht, dass er auf dem UN-Klimagipfel in Kopenhagen
Ende 2009 ein rechtsverbindliches Klimaschutzabkommen erreichen wolle.
Weltklimakonferenz in Kopenhagen
Im Dezember 2009 wird auf der Kopenhagener Weltklimakonferenz über ein Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls beraten, das 2012 ausläuft (siehe Umweltbericht 2005,
Seite 48). UN-Generalsekretär Ban Ki Moon ist angesichts der Signale des neuen USPräsidenten Barack Obama optimistisch, dass dann ein neues Abkommen erzielt wird –
unter Beteiligung der Vereinigten Staaten, die das Kyoto-Protokoll nicht ratifiziert haben.
Fazit
Um die Zwei-Grad-Celsius-Marke nicht zu verfehlen, bleiben der Menschheit nur noch knapp
15 Jahre Zeit zum Handeln. Wenn der Ausstoß von Treibhausgasen nicht spätestens bis
zum Jahr 2020 substanziell abnimmt, wird die Erderwärmung unumkehrbare Prozesse wie
das Abschmelzen der Eisschilde in Grönland, die Übersäuerung der Ozeane oder die
Freisetzung großer Methanmengen aus den tauenden Permafrostböden in Gang setzen.
Diese Kipp-Punkte (sog. Tipping Points) unseres Klimasystems (siehe Kapitel 2.2.2)
wurden in den Klimaszenarien des IPCC noch nicht berücksichtigt, da sich ihre konkreten
Auswirkungen noch nicht genau quantifizieren lassen.
39
2.2 Die Folgen des Klimawandels
Nachfolgend sind einige der gravierendsten Folgen des Klimawandels aufgeführt, die laut
jüngstem Bericht des IPCC in verschiedenen Teilen der Welt bis Ende dieses Jahrhunderts
drohen.
2.2.1 Weltregionen im Umbruch
In vielen Weltregionen wird die Erwärmung Mensch und Umwelt hauptsächlich Nachteile bringen. Die positiven Effekte wie höhere Erträge in
der Land- und Forstwirtschaft Nordeuropas verblassen angesichts der
bedrohlichen Szenarien.
Am stärksten werden nach Ansicht des IPCC vier Weltregionen zu leiden
haben:
앫 die Arktis (wegen der stärksten relativen Erwärmung)
앫 kleine Inselstaaten im Pazifik (wegen des Meeresspiegelanstiegs)
앫 Afrika südlich der Sahel-Zone (wegen Dürren)
앫 die dicht bevölkerten Flussmündungen Asiens (wegen Überschwemmungen)
Nordamerika
앫 häufigere, stärkere und längere Hitzewellen in Städten wie Chicago, die schon in der
Vergangenheit unter Hitzewellen zu leiden hatten
앫 Waldbrände werden sich räumlich und zeitlich sehr stark ausdehnen
앫 Getreideanbaugebiete wie die großen Ebenen in den USA und die Prärien Kanadas
werden unter zunehmender Trockenheit leiden
앫 abnehmende Schneedecke in den westlichen Gebirgszügen wie den Rocky Mountains
und der Sierra Nevada; mehr Überschwemmungen im Winter sowie verringerte Schmelzwasserflüsse im Sommer, was z. B. die Trinkwasserversorgung Kaliforniens vor immense
Probleme stellt
앫 mehr Hurrikane durch steigende Atlantik-Temperaturen
앫 in dicht besiedelten Küstenregionen sind infolge des Meeresspiegelanstieges und
stärkerer Sturmfluten sehr hohe Schäden zu erwarten
Abb. 18:
Der Klimawandel
bringt tiefgreifende
Veränderungen für
die verschiedenen
Weltregionen mit sich.
(© IPCC 2007)
40
2
Klimawandel
Europa
앫 in ganz Europa wächst das Risiko für Hochwasser nach Starkniederschlägen sowie von
Sturmfluten an der Küste
앫 in den Gebirgsregionen Rückzug der Gletscher, Rückgang der Schneedecke und des
Wintertourismus sowie erheblicher Artenverlust
앫 in Südeuropa häufigere Hitzewellen und Waldbrände, Ernteausfälle, Wassermangel und
dadurch Probleme für Wasserkraftwerke sowie Rückgang des Sommertourismus
앫 in Mittel- und Osteuropa Wassermangel durch abnehmenden Sommerniederschlag; mehr
Hitzewellen; abnehmendes Waldwachstum und häufigere Moorbrände sowie mehr Überschwemmungen durch eine beschleunigte Schneeschmelze zum Ende des Winters
앫 in Nordeuropa zunächst wachsende Ernteerträge, verstärktes Waldwachstum, höhere
Stromproduktion mittels Wasserkraft und weniger Heizwärmebedarf; schließlich überwiegen jedoch auch hier die negativen Folgen wie winterliche Hochwasser, gefährdete
Ökosysteme und anwachsende Bodeninstabilität
Asien
앫 vermehrte Hochwasser, Bergrutsche, überlaufende Gebirgsseen und Störungen der
Wasserversorgung infolge des Abschmelzens der Himalaja-Gletscher
앫 schwere Überschwemmungen vor allem in stark bevölkerten Mündungsgebieten großer
Ströme an der Küste von Pazifik und Indischem Ozean infolge steigender Meer- und
Flusspegelstände
앫 abnehmende Niederschläge reduzieren gebietsweise die Ernteerträge und erhöhen das
Risiko für Hungersnöte in den ärmeren Ländern des Kontinents
앫 in Verbindung mit Überschwemmungen und Dürren werden Krankheiten (z. B. Durchfallerkrankungen) und Todesfälle zunehmen
Mittel- und Südamerika
앫 infolge steigender Temperaturen und abnehmender Bodenwassergehalte tritt Gras- und
Strauchsavanne im östlichen Amazonas-Gebiet an die Stelle des Regenwaldes
앫 hohes Artensterben in vielen tropischen Gebieten
앫 in trockenen Regionen versalzen und veröden Ackerböden, was die Erträge wichtiger
Kulturpflanzen stark mindert und das Risiko von Hungersnöten erhöht; dagegen sollen
die Soja-Ernten in Anbaugebieten mit gemäßigtem Klima üppiger ausfallen
앫 mit dem Meeresspiegelanstieg wächst in tiefer gelegenen Städten wie Buenos Aires,
Montevideo und Salvador das Risiko für Überschwemmungen
앫 veränderte Niederschlagsmuster und das Verschwinden der Gletscher führen zu Wasserknappheit mit negativen Folgen für den menschlichen Verbrauch, die Landwirtschaft und
die Energieerzeugung
41
Afrika
앫 intensivere Dürren in den außertropischen Teilen des Kontinents vergrößern die Wasserknappheit für große Teile der Bevölkerung
앫 Fischerei und Tourismus erleben Einbrüche durch die zunehmende Zerstörung von Mangrovenwäldern und Korallenriffen
앫 in den großen Binnenseen nehmen die Fischerträge ab
앫 der Rückgang der landwirtschaftlich nutzbaren Fläche schmälert das Nahrungsangebot
und erhöht das Risiko für Unterernährung und Hungersnöte
앫 der projizierte Meeresspiegelanstieg stellt eine Bedrohung für tief liegende,
bevölkerungsreiche Küstengebiete dar
Australien und Neuseeland
앫 der Wassermangel in Süd- und Ost-Australien sowie in Teilen Neuseelands verschärft sich
앫 das Great Barrier Reef, aber auch andere einmalige Naturreservate wie Regenwälder und
Feuchtgebiete im Nordosten Queenslands stehen vor hohen Artenverlusten
앫 die land- und forstwirtschaftliche Produktion in Teilen Süd- und Ost-Australiens sowie in
Teilen des östlichen Neuseelands wird aufgrund von Dürren und Bränden zurückgehen
앫 Küstenzentren mit wachsender Bevölkerung wie um Brisbane und Cairns herum müssen
sich auf stärkere Stürme und häufigere Überschwemmungen einstellen
Polargebiete
앫 das Auftauen der Permafrostböden gefährdet Siedlungen, Erdöl-/Erdgas-Pipelines und
andere Infrastruktur in der Arktis; die verkürzte Frostphase engt das Zeitfenster für Transporte immer weiter ein
앫 durch steigende Temperaturen dringen fremde Arten in die Biotope an beiden Polen ein
und zerstören deren einzigartige Lebensgemeinschaften
앫 durch den Rückgang des Meereises könnte es so weit kommen, dass Säugetiere wie der
auf Packeisschollen jagende Eisbär keinen geeigneten Lebensraum mehr finden; auch
die traditionelle Jagdkultur der Inuit verschwindet
앫 Instabilität des Eisschilds auf Grönland und infolgedessen Meeresspiegelanstieg
앫 besserer Zugang zu arktischen Schifffahrtswegen (Nordost- und Nordwest-Passage)
Kleine Inseln
앫 mit steigendem Meeresspiegel geht Land ans Meer verloren; auch Sturmfluten dringen
tiefer ins Inselinnere vor und zerstören Siedlungen und Infrastruktur
앫 die Erwärmung und eindringendes Salzwasser schmälern die Trinkwasser-Reservoire
zum Teil drastisch
앫 durch die Erosion von Badestränden und das Ausbleichen von Korallenriffen verlieren
viele Inseln ihre Attraktivität als Urlaubsziele, zudem wird die Fischerei beeinträchtigt
앫 Invasion fremder Arten, insbesondere auf Inseln in mittleren und hohen Breiten
42
2
Klimawandel
2.2.2 Kipp-Punkte (Tipping Points) –
der Klimawandel beschleunigt
sich selbst
Beim Klimawandel denkt man zunächst an eine allmähliche Erwärmung der Erdatmosphäre.
Es ist jedoch auch möglich, dass besonders starke oder sogar abrupte Klimaänderungen
einsetzen. Mit steigenden Temperaturen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit solcher abrupter, unumkehrbarer Prozesse im Klimasystem der Erde. Erreichen Ökosysteme durch die
globale Erwärmung bestimmte Kipp-Punkte (Tipping Points), verstärkt sich der Treibhauseffekt drastisch. Das Klimasystem der Erde könnte in einen neuen Zustand geraten, der
selbst langfristig nicht mehr umkehrbar ist (siehe auch Schellnhuber, 2006, Lenton et al.,
2008, und UBA, 2008 c).
Die Kipp-Punkte wurden in den Klimaszenarien des IPCC (siehe Kapitel 2.1.3) nicht berücksichtigt, da sich ihre konkreten Auswirkungen noch nicht genau quantifizieren lassen.
Die verschiedenen Rückkopplungseffekte könnten jedoch zu einer mindestens doppelt
so hohen globalen Erwärmung führen, als sie von den pessimistischsten Klimaszenarien
vorhergesagt werden.
Die Kipp-Punkte
Es gibt auf der Erde Regionen und Prozesse, die besonders empfindlich auf höhere Temperaturen und veränderte Niederschlagsmuster reagieren. Klimaforscher bezeichnen sie als
„Tipping Points“ unseres Klimasystems, im Deutschen kann man von Kipp-Punkten oder
Kipp-Schaltern sprechen.
Kipp-Punkte (Tipping Points)
Es gibt verschiedene Kipp-Punkte (Tipping Points) im Klimasystem der Erde. Darunter
verstehen Forscher Schwellenwerte, jenseits derer ein Prozess angestoßen wird, der
nicht mehr gestoppt oder rückgängig gemacht werden kann, sobald er einmal in Gang
gesetzt ist. Es ist zu erwarten, dass als direkte oder indirekte Folge der Temperaturerhöhung eine Veränderung eintritt, die nicht kontinuierlich (linear), sondern in Form
eines relativ schnellen Umkippens des Systems (nichtlinear) abläuft – und dass die
Veränderung dann in manchen Fällen sogar über längere Zeiträume irreversibel ist. Mit
steigenden Temperaturen erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass solche Kipp-Punkte
erreicht werden. Durch positive Rückkopplung wird der Treibhauseffekt enorm verstärkt,
d. h. er verläuft nicht etwa gleichförmig, sondern beschleunigt sich, je weiter er voranschreitet. So legt z. B. der Rückgang der hellen, das Sonnenlicht reflektierenden arktischen Eisflächen die dunklere Meeresoberfläche frei. Diese absorbiert mehr Strahlung
als das Eis und verstärkt dadurch wiederum die Erwärmung.
Kippen Ökosysteme, verstärkt die positive Rückkopplung die Erderwärmung. So lässt z. B.
mehr Hitze am Amazonas mehr Wasser verdunsten. Der Regenwald verdorrt, die toten
Bäume setzen Kohlendioxid frei, das den Globus zusätzlich aufheizt.
43
Das Gefährliche daran: Diese positive Rückkopplung kann ab einem
bestimmten Zeitpunkt nicht mehr gestoppt werden. Sie beschleunigt sich
selbst, je weiter sie voranschreitet. Und: die Veränderungen sind keineswegs örtlich auf den Kipp-Punkt begrenzt, sondern ziehen meist weltweite
Auswirkungen nach sich.
Das Klimasystem gleicht einem Ruderboot
„
Man neigt es ein wenig auf die Seite,
und es kehrt von selbst in seine Ausgangslage
zurück. Man neigt es etwas stärker, und es
dreht sich gerade noch in die Ausgangslage.
Und dann neigt man es noch etwas stärker,
und es kippt plötzlich in seinen anderen stabilen Zustand – mit dem Kiel nach oben.
Ein anderes Beispiel: Es gibt derzeit eine erhebliche Unsicherheit hinsichtElizabeth Kolbert, 2006 – Seite 45
lich der weiteren Entwicklung des grönländischen und westantarktischen
Eisschilds. Aktuelle Beobachtungen zeigen eine beschleunigte Eisdynamik
(siehe Punkte 2 und 15). Das Abschmelzen der Gletscher beschleunigt sich, je weiter es
voranschreitet, da Schmelzwasser durch Ritzen sickert und zwischen Gletschergrund und
Landoberfläche wie ein Schmierfilm wirkt, auf dem die Eismassen immer schneller ins Meer
rutschen. Hinzu kommt, dass das Eis in immer niedrigere, wärmere Luftschichten kommt, je
dünner es wird. Das Abschmelzen wird zum Selbstläufer und lässt einen höheren Meeresspiegelanstieg erwarten, als in den Klimaszenarien des IPCC angenommen.
“
Die Kipp-Punkte sind demnach die potenziellen Achillesfersen unseres Klimasystems.
Mögliche Überraschungen gibt es nach Ansicht des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK-Potsdam) viele, wie Abbildung 19 zeigt.
Abb. 19:
Eine Weltkarte der
Ökosysteme und
Klimaphänomene,
die auf einen KippPunkt zusteuern
(nach PIK-Potsdam,
2007)
Weitere Infos www.pik-potsdam.de
1. Arktisches Meereis –
Verringerte Sonnenreflexion durch Verlust des Meereises
Forscher bezeichnen die Arktis oft als Kühlhaus der Erde: Die eisbedeckte Region kühlt den
Planeten, da sie die Sonnenstrahlen in den Weltraum zurückwirft. Die Eisdecke der Arktis
ist jedoch so klein wie nie zuvor, seit Satelliten sie beobachten. Seit 1979 ist die arktische
Meereis-Fläche um 20 Prozent geschrumpft, die Schneedecke hat um zehn Prozent
abgenommen. Der Rückgang der hellen, das Sonnenlicht reflektierenden Meereis-Flächen
verstärkt die Erderwärmung, da die dunklere Meeresoberfläche mehr Sonnenenergie absorbiert als das Eis. Tierarten wie Eisbären, Walrosse oder Robben, die das Eis zur Jagd oder
Aufzucht ihrer Jungen brauchen, verlieren ihren Lebensraum. Bis 2050 – so schätzen
Experten – wird die Zahl der Eisbären um 60 Prozent zurückgehen (siehe auch Seite 89).
44
2
Klimawandel
2. Grönland-Eis –
Meeresspiegelanstieg durch Schmelzen/Kollaps des Eisschilds
Grönland ist viermal so groß wie Frankreich. 80 Prozent des Landes sind
von bis zu 3.000 Meter dicken Eismassen bedeckt. Nach Angaben der
NASA gibt es deutliche Anzeichen für eine beschleunigte Eisdynamik.
Abb. 20:
Grönlands Eismassen
sind bis zu drei
Kilometer dick.
Lange hatten Studien den gegenteiligen Trend vermutet und gezeigt, dass
das Eis im Sommer dicker wurde. Jetzt weiß man, dass die Eismasse nur
vom Schmelzwasser unter dem Eis nach oben gedrückt wird. Nach den
Satellitenmessungen der NASA bewegen sich einige Gletscher heute auf
dem Untergrundwasser dreimal so schnell wie noch vor zehn Jahren. Auch
Gletscherbeben haben in den letzten Jahren merklich zugenommen: In Grönland hat sich
die Anzahl gegenüber 1990 verfünffacht.
Ein vollständiges Abschmelzen des Eisschilds auf Grönland hätte einen Meeresspiegelanstieg um sieben Meter zur Folge. Das in den Atlantik einströmende kalte Schmelzwasser
hätte zudem erheblichen Einfluss auf den Nordatlantikstrom.
Beschleunigte Eisdynamik
Das Abschmelzen der Gletscher beschleunigt sich, je weiter es voranschreitet, da
Schmelzwasser durch Ritzen sickert und zwischen Gletschergrund und Landoberfläche
wie ein Schmierfilm wirkt, auf dem die Eismassen immer schneller ins Meer rutschen.
Hinzu kommt, dass das Eis in immer niedrigere, wärmere Luftschichten kommt, je
dünner es wird. Das Abschmelzen wird zum Selbstläufer.
3. Nordatlantikstrom –
Abschwächung des Nordatlantikstroms vor Grönland und Labrador
Der Nordatlantikstrom, der nach Europa reichende Arm des Golfstroms, transportiert
warmes Wasser aus den Tropen in den Nordatlantik. Wenn die Strömung ankommt, wird
ihre Wärme von Westwinden aufgenommen und übers Land geweht. Das beschert
Nordwest-Europa ein ungewöhnlich mildes Klima.
Der Motor dieses „Energieförderbandes“ ist das kalte, dichte Salzwasser, welches vor
Grönland und Labrador in die Tiefe sinkt und knapp über dem Meeresgrund zurück Richtung
Äquator fließt. Dieser Antrieb würde erlahmen, wenn ein erhöhter Süßwassereintrag durch
schmelzendes grönländisches Eis die Dichte des Wassers verringert (siehe Umweltbericht
2005, Seite 43 ff.).
Das Versiegen des Nordatlantikstroms hätte jedoch nicht nur Auswirkungen auf den atlantischen Wärmetransport, auch der Meeresspiegel im Nordatlantik würde – allein aufgrund
der dynamischen Anpassung an die geänderten Strömungsverhältnisse – um bis zu einen
Meter steigen.
45
4. Permafrostböden –
Methan- und Kohlendioxid-Freisetzung aus tauenden Permafrostböden
Die Temperaturen in den oberen Schichten des Permafrostbodens, in denen riesige
Mengen des Treibhausgases Methan lagern, haben sich seit 1980 um drei Grad Celsius
erwärmt. Wenn die Permafrostböden Sibiriens und Nordamerikas im Sommer weiter auftauen, wird die Kompostierung der organischen Substanzen in Gang gebracht, die derzeit praktisch eingefroren sind. Hierbei würden riesige Mengen an Methan und Kohlendioxid entweichen und den Treibhauseffekt deutlich verstärken (siehe auch Umweltbundesamt, 2006).
Eine aktuelle Schätzung des IPCC besagt, dass in den Permafrostböden der Welt rund eine
Billion Tonnen Kohlenstoff gespeichert sind. Zum Vergleich: Die Menge an Kohlendioxid, die
seit Beginn der Industrialisierung vom Menschen in die Luft geblasen wurde, liegt bei 350
Milliarden Tonnen. Das entspricht knapp 100 Milliarden Tonnen reinem Kohlenstoff – also
weniger als einem Zehntel dessen, was in den Permafrostböden lagert.
Methan
Methan (CH4) ist nach Kohlendioxid (CO2) das zweitwichtigste Treibhausgas. Seine
Treibhausgas-Wirkung ist – bezogen auf einen 100-jährigen Zeitraum – 23-mal höher
als die von Kohlendioxid. Die Methankonzentration in der Atmosphäre hat sich in den
vergangenen 150 Jahren nahezu verdreifacht. Der Anstieg ist mit dem gestiegenen
Nahrungsmittelbedarf zu erklären, Hauptquellen sind Reisanbau, Viehwirtschaft und
Stickstoffdüngung in der Landwirtschaft.
Methan-Freisetzung aus Hydratvorkommen am Meeresgrund
Die Gefahr einer raschen Freisetzung größerer klimarelevanter Mengen von Methan aus
Hydratvorkommen am Meeresgrund innerhalb dieses Jahrhunderts wird derzeit noch als
gering eingeschätzt. Infolge der globalen Erwärmung steigt zwar die Meeresoberflächentemperatur, wegen der relativ stabilen thermischen Schichtung und der nur langsamen
Durchmischung der Ozeane kann sich dies aber nicht kurzfristig auf die Temperaturen am
Meeresgrund und damit auf die Stabilität der Methanhydrate auswirken.
Eine Methanfreisetzung über viele Jahrhunderte bis Jahrtausende wegen der sehr langsamen Erwärmung der tiefen Ozean- und Sedimentschichten ist wahrscheinlicher. Wenn
die globale Erwärmung über die Jahrhunderte auch die Methanhydrate am Meeresgrund
erreicht, könnten diese instabil werden. Das würde über viele Jahrhunderte den Treibhauseffekt verstärken – das Klima der Erde könnte über zehntausende von Jahren beeinflusst
werden (WBGU, 2006).
Methanhydrat
Methanhydrat, eine gefrorene Verbindung aus Methan- und Wassermolekülen, kommt
aufgrund seiner physikalischen Stabilitätsbedingungen (hoher Druck und niedrige Temperatur) sowohl in Permafrostböden als auch in Meeressedimenten vor. Welche Mengen
Kohlenstoff weltweit in Methanhydrat gebunden sind, ist noch unklar.
46
2
Klimawandel
5. Nordische Nadelwälder –
Kohlendioxid-Freisetzung durch Rückgang der nordischen Nadelwälder
Die nordischen Nadelwälder umfassen fast ein Drittel der weltweiten Waldfläche. Mit dem Klimawandel erhöht sich der Stress durch Schädlinge,
Feuer und Stürme. Gleichzeitig wird die Regeneration durch Wassermangel,
erhöhte Verdunstung und menschliche Nutzung beeinträchtigt. Das Absterben der Wälder würde den Lebensraum vieler Tiere und Pflanzen vernichten und eine massive Freisetzung von Kohlendioxid bedeuten, was den
Treibhauseffekt erheblich verstärkt.
Abb. 21:
Ein Absterben der nordischen Nadelwälder
würde eine massive
Freisetzung von Kohlendioxid bedeuten.
6. Nördliches Ozonloch –
Klimainduziertes Ozonloch über Nordeuropa
Besonders Nordeuropa könnte von einem klimainduzierten Ozonloch betroffen sein. Denn
eine Erwärmung der unteren Atmosphärenschichten bedingt eine Abkühlung der Hochatmosphäre (Stratosphäre). Eine Abkühlung der Stratosphäre begünstigt die Eiswolkenbildung,
welche wiederum den Katalysator für den Ozonabbau liefert (PIK-Potsdam, 2007).
7. Tibet-Plateau/Himalaja-Gletscher –
Verringerte Sonnenreflexion durch schmelzendes Eis
Die Himalaja-Gletscher bedecken eine Fläche von etwa drei Millionen
Hektar. Das entspricht dem Achtfachen der Schweizer Alpen. Nach den
polaren Eiskappen sind sie der größte Eiskörper auf der Erde und werden
daher oft als „dritter Pol“ bezeichnet. Sie speisen die sieben größten
Ströme Asiens. Wegen ihrer zentralen Rolle als Süßwasserspeicher gelten
die Himalaja-Gletscher als „Wasserturm Asiens“.
Abb. 22:
Die Himalaja-Gletscher
sind nach den polaren
Eiskappen der größte
Eiskörper auf der Erde.
Die Schnee- und Eisflächen des tibetischen Hochlands reflektieren das
Sonnenlicht wie ein Spiegel und dämpfen so die Erderwärmung. Wenn
die Schneebedeckung des Tibet-Plateaus aufgrund des Klimawandels verschwindet, wird
sich die regionale Erwärmung verstärken, da die dunklere Gesteinsoberfläche mehr
Sonnenenergie absorbiert als das Eis.
Die Analyse von Eisbohrkernen im chinesischen Teil des Himalaja zeigt, dass die vergangenen 50 Jahre die wärmsten der letzten 1.000 Jahre waren – mit einem Temperaturanstieg
von zwei Grad in nur 50 Jahren. Nirgendwo auf der Welt schmelzen die Gletscher schneller
als im Himalaja. Hält der gegenwärtige Trend an, ist ein kompletter Verlust aller HimalajaGletscher noch in diesem Jahrhundert sehr wahrscheinlich. Darunter werden viele asiatische Länder mit mehreren hundert Millionen Menschen leiden, deren Frischwasser versorgung vom Schmelzwasser der Gebirgsregion abhängt. Außerdem wäre eine Beeinflussung
des indischen Monsuns denkbar.
Darüber hinaus werden Menschen, Siedlungen und Infrastruktur zunehmend durch
Gletschersee-Ausbrüche, Eis-, Schlamm- und Gerölllawinen sowie durch Fels- und Moränenabgänge bedroht werden.
47
8. Indischer Monsun –
Gefährdung der Landwirtschaft durch Destabilisierung
des indischen Monsuns
Bis zu 90 Prozent des indischen Regens sind dem regelmäßig auftretenden Sommermonsun zu verdanken. Zwei gegenläufige Entwicklungen beeinflussen derzeit den Monsun:
Zum einen spiegeln riesige Schwefeldioxid-Wolken aus Kraftwerks- und Verkehrsabgasen
die Sonnenstrahlung ins Weltall. Weil die Luftmassen über dem Subkontinent dadurch kälter werden, verringert sich der Temperaturunterschied zwischen Land und Meer. Als Folge
schwächt sich die tropische Monsunzirkulation über Indien ab. Im Extremfall könnte sie völlig versiegen. Zum anderen verdunstet durch die Klimaerwärmung mehr Wasser aus den
aufgeheizten Meeren, was den Monsun wiederum verstärkt.
Bereits heute weiß man, dass schon eine vergleichsweise geringe Abweichung von zehn
Prozent vom durchschnittlichen Monsun-Niederschlag schwerwiegende Dürren oder Überschwemmungen auslösen kann. Ein schwacher Sommermonsun z. B. kann zu Ernteeinbrüchen und Nahrungsmittelknappheit unter der ländlichen Bevölkerung führen – und
die macht immerhin zwei Drittel der 1,1 Milliarden Bewohner Indiens aus.
Durch das komplexe Wechselspiel von Erwärmung, regionaler Luftverschmutzung und Landnutzungsänderung könnte es zu einem unvorhersagbaren und sprunghaften Verhalten der
Regen spendenden Monsunwinde kommen (sog. Achterbahn-Dynamik). Extreme Dürren
und Flutkatastrophen könnten sich abwechseln. Die Nahrungsgrundlage von einer Milliarde
Menschen ist in Gefahr.
9. Sahara –
Versiegelung von Staubquellen und Nährstoffeintrag durch
Wiederergrünen der Sahara
Durch den Klimawandel könnten sich die Niederschläge in der Sahelzone erhöhen und eine
Wiederergrünung der Sahara begünstigen – vorausgesetzt, die Region wird nicht überweidet.
Staub aus der afrikanischen Sahelzone versorgt jedoch den tropischen Atlantik und den
Amazonas-Regenwald mit Nährstoffen. Der Klimawandel könnte die über den Atlantik gewehten Staubstürme versiegen lassen.
10. Westafrikanischer Monsun –
Zunahme/Dauerhaftigkeit von Dürren in der Sahel durch Verlagerung
des westafrikanischen Monsuns
Der westafrikanische Monsun verändert sich durch Rodung der Küstenwälder und steigende Wassertemperaturen des atlantischen Ozeans. Der Klimawandel könnte die Anzahl der
Dürrejahre in der Sahel bis Ende des Jahrhunderts verdoppeln oder zu einem völligen
Zusammenbruch des Monsuns führen – beides mit großen Folgen für die Bevölkerung in
der Region (PIK-Potsdam, 2007).
48
2
Klimawandel
11. Amazonas-Regenwald –
Kohlendioxid-Freisetzung durch Austrocknung
Ein Großteil der Niederschläge im Amazonasbecken stammt aus über dem
Wald verdunstetem Wasser. Drei sich wechselseitig verstärkende Faktoren
könnten die Region, die bislang viel CO2 bindet, an eine kritische Grenze
bringen und in eine CO2-Quelle verwandeln: a) ein Rückgang der Niederschläge durch eine überproportionale Temperaturerhöhung, b) die weiter
fortschreitende Abholzung sowie c) ein erwartetes Ausbleiben der natürlichen Nährstoffversorgung durch Sandstürme aus der afrikanischen
Sahelzone.
Abb. 23:
Das mögliche Umkippen des AmazonasRegenwaldes in eine
Savannen-Vegetation
ist eines der Großrisiken im Klimasystem.
Das mögliche Umkippen des Amazonas-Regenwaldes in eine Savannen-Vegetation ist eines
der Großrisiken im Klimasystem. Bei einem Zusammenbruch des Amazonas-Regenwaldes würden der gebundene Kohlenstoff als CO2 entweichen und der Treibhausgasgehalt der Atmosphäre drastisch steigen. Zudem würde dies einen gewaltigen Verlust von Biodiversität bedeuten.
Neueste Modelle erwarten, dass es schon bis zum Jahr 2080 zu einem vollkommenen
Zusammenbruch des Amazonas-Regenwalds kommen könnte. Nach diesen Szenarien ist
ein Kipp-Punkt für die Region bald erreicht: Eine globale Erwärmung zwischen zwei und drei
Grad Celsius, Rodungen und die intensive Ausbreitung von Straßen, Sojafeldern und Weideflächen für Rinder könnten schon bis 2050 40 Prozent des Amazonas-Regenwalds trockenlegen. Bis 2080 würde eine Region von der Größe der USA für immer zur Steppe. Mit ihr
verlieren 750.000 Insekten-, 10.000 Baum- und 40.000 Wirbeltierarten ihren Lebensraum.
Dann wird so viel CO2 in die Atmosphäre freigesetzt wie im gesamten 20. Jahrhundert
durch das Verbrennen von Kohle, Öl und Gas.
Viehwirtschaft und Treibhauseffekt
Laut Food and Agriculture Organization (FAO) weist die Viehwirtschaft erhebliche Klimaauswirkungen auf sowohl durch Rodung (Wälder entfallen als CO2-Speicher, bei Brandrodung werden erhebliche Mengen CO2 emittiert) als auch durch Methan-Ausscheidung
durch das Vieh selbst (FAO, 2006). So werden 80 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen im Amazonasgebiet als Rinderweiden genutzt – mit katastrophalen Folgen für das
weltweite Klima und den Erhalt der Artenvielfalt. Zwischen 1996 und 2006 wurden dort
zehn Millionen Hektar Urwald vernichtet. Das entspricht ungefähr der Waldfläche
Deutschlands. Nach Schätzungen von Wissenschaftlern sind in den Wäldern des Amazonasgebietes 80 bis 120 Mrd. Tonnen Kohlenstoff gespeichert. Die Zerstörung des
Waldes würde dem 400-fachen Jahresausstoß von Deutschland entsprechen. Schon
jetzt ist Brasilien der viertgrößte Klimaverschmutzer der Welt. Rund 75 Prozent der brasilianischen Treibhausgasemissionen stammen dabei aus der Zerstörung der Wälder
(Greenpeace Deutschland, 2009).
49
12. El-Niño-Phänomen –
Zunahme/Dauerhaftigkeit des El-Niño-Phänomens im Pazifik
Alle zwei bis sieben Jahre tritt das globale Klimaphänomen El Niño auf. Es bringt Südamerika heftigen Regen, Indonesien und Australien extreme Dürren. Durch die Erwärmung des
Meerwassers tritt stellenweise ein Massensterben von Korallen ein. Die vom Klimaphänomen El Niño verursachte periodische Erwärmung in Teilen des Pazifiks könnte zum Dauerzustand werden.
El Niño
Globales Klimaphänomen. Hierbei schwächt sich der kalte Humboldtstrom im Pazifik
durch eine Verschiebung von Windzonen ab und kommt zum Erliegen. Das normalerweise nach Westen strömende oberflächennahe warme Meerwasser strömt nach
Osten zurück. Während sich der Ostpazifik erwärmt, sinkt die Wassertemperatur vor
Australien und Indonesien ab – mit zum Teil weltweiten Auswirkungen auf das Wetter in
Form extremer Dürren oder Unwetter (vor allem in Südamerika und dem südostasiatischen Raum mit Australien).
13. Ozeane –
Beeinträchtigung des marinen Kohlenstoffkreislaufs durch
Versauerung der Ozeane
Die Ozeane sind der größte Speicher von Kohlenstoff. Mit 38.000 Gigatonnen (eine Gigatonne entspricht einer Milliarde Tonnen) speichern die Ozeane 50-mal so viel CO2 wie die
Atmosphäre und 20-mal so viel wie alle Bäume, Büsche und Böden zusammen. Die Ozeane
und ihre Lebewesen nehmen etwa die Hälfte des vom Menschen in die Atmosphäre emittierten CO2 auf. Sonst würde der Treibhauseffekt noch stärker ausfallen.
Die Ozeane dienen als Senke für natürliches und anthropogenes Kohlendioxid: Planktonorganismen und Korallen wandeln CO2 in Kalkschalen um. Die steigende CO2-Konzentration in
der Atmosphäre führt jedoch zu einem gesteigerten CO2-Eintrag in die Ozeane. Die Folge:
Aus Wasser und Kohlendioxid bildet sich Kohlensäure – die Ozeane versauern.
Versauerung der Ozeane
Kohlendioxid verändert nicht nur die Strahlungsbilanz der Atmosphäre, es löst sich
auch direkt im Meerwasser. Der erhöhte CO2-Eintrag in die Ozeane führt zu einer Absenkung des pH-Werts, also zu einer Versauerung der Ozeane. Von dieser Veränderung im
Kalk-Kohlensäure-Gleichgewicht sind besonders kalkbildende Meeresorganismen (z. B.
Korallen) bedroht, die eine wichtige Funktion für die Nahrungsnetze im Meer und für die
globalen Stoffkreisläufe haben.
50
2
Klimawandel
Die Versauerung hindert Meeresorganismen wie Plankton oder Korallen
an der Bildung ihrer Kalkskelette. Die Kalkschalen lösen sich auf, die Neubildung bleibt aus. Der marine Kohlenstoffkreislauf könnte durch die Versauerung der Ozeane abgeschwächt werden. Eine ungebremste Fortsetzung des Trends wird zu einer Ozeanversauerung führen, die in den letzten
Jahrmillionen ohne Beispiel ist (siehe auch Rahmstorf & Richardson, 2007).
Drastische Auswirkungen auf das Leben im Meer
Abb. 24 a und b:
Die Versauerung der
Ozeane hindert Meeresorganismen wie
Plankton an der Bildung
ihrer Kalkskelette.
Abbildung b zeigt eine
Rasterelektronenmikroskop-Aufnahme
der Kalkalge Calcidiscus
leptoporus.
(© IFM-GEOMAR )
Eine von der australischen Klimabehörde in Auftrag gegebene Untersuchung des südlichen Ozeans, an der neben australischen Forschungseinrichtungen auch das AlfredWegener-Institut für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven beteiligt war,
zeigt, dass die Kalkschalen von Foraminiferen, weitverbreiteten Planktonorganismen,
die am Anfang der marinen Nahrungskette stehen, immer dünner werden und heute
30 bis 35 Prozent leichter sind als vor der industriellen Revolution. Ein möglicher
Dominoeffekt hätte bedeutende Auswirkungen auf die Nahrungskette im Meer.
Weitere Folgen der Versauerung: Einige Forscher befürchten, dass sich Muschelschalen
auflösen. Kohlendioxid stört zudem den Geruchssinn der Larven von Clownfischen,
die dann nur schwer ein geeignetes Riff finden. Darüber hinaus werden Schallwellen
im sauren Meer besser geleitet, sodass es lauter wird.
Ozeanische Todeszonen breiten sich aus
Nach Untersuchungen des Kieler Leibniz-Instituts für Meereswissenschaften (IFMGEOMAR) sowie des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK-Potsdam) wird
es durch den Klimawandel immer mehr Todeszonen in den Ozeanen geben. Durch die
zunehmende Versauerung der Ozeane werden sich zukünftig die sauerstoffarmen
Zonen tropischer Ozeane deutlich ausbreiten. In diesen Zonen wird kein höheres
Leben mehr möglich sein.
Die Untersuchungen zeigen eine Ausbreitung der Zonen mit sauerstoffarmem Wasser
um bis zu 50 Prozent bis zum Ende dieses Jahrhunderts. Betroffen davon sind sehr
fischreiche Regionen wie etwa vor Peru, vor der Küste Westafrikas, vor Namibia und
im arabischen Meer vor der Westküste Indiens.
Das CO2 wirkt wie ein Dünger an der Meeresoberfläche. Das marine Plankton wird
immer kohlenstoffreicher und zehrt damit beim Abbau mehr Sauerstoff als die
herkömmliche proteinreiche Biomasse. Die starke Abnahme der Sauerstoffkonzentrationen in einigen hundert Metern Tiefe ist schließlich auf den bakteriellen Abbau
absinkenden organischen Materials zurückzuführen. Betroffen davon sind sowohl
Muscheln als auch Schnecken, Krebse, Seesterne und andere Tiere, die nicht schnell
genug flüchten.
51
13. Ozeane –
Beeinträchtigung mariner Ökosysteme und Meeresspiegelanstieg
durch Erwärmung der Ozeane
In den Ozeanen könnte sich eine stabile Warmwasserschicht an der Oberfläche bilden, die
das Aufquellen nährstoffreichen Tiefenwassers verhindert. Dadurch verringert sich die Zahl
der Mikroorganismen, die CO2 aufnehmen und nach ihrem Absterben auf den Meeresgrund
befördern. Mehr Treibhausgas bleibt in der Atmosphäre zurück – der Treibhauseffekt
verstärkt sich auf diese Weise selbst.
Zudem bleichen Korallenriffe infolge der steigenden Wassertemperaturen flächenhaft aus
und werden irreversibel geschädigt. Tropische Korallenriffe gelten als das artenreichste
marine Biotop, nicht so sehr wegen des Artenreichtums der riffbildenden Korallen selbst,
sondern wegen der biologischen Vielfalt der Organismen, die auf und von Korallenriffen
leben. Korallenriffe und alle davon abhängigen Arten sind in ihrer Existenz gefährdet –
mit unabsehbaren Folgen für die gesamte Nahrungskette im Meer, durch die zwei Milliarden
Menschen ihren Eiweißbedarf decken (siehe auch WWF Australia, 2009).
Darüber hinaus sind Korallenriffe nicht nur Lebensraum für zahlreiche Meeresbewohner, sie bilden häufig
auch eine natürliche Barriere vor Inseln (als Wellenbrecher) und schützen diese z. B. vor Springfluten (siehe
auch BMU, 2008 d).
Die steigenden Wassertemperaturen haben außerdem
mannigfaltige Auswirkungen auf marines Plankton
(Kleinstlebewesen). Plankton bildet nicht nur die Basis
der marinen Nahrungskette, marines Phytoplankton
(griechisch phyton = Pflanze) bindet auch in hohem
Maß atmosphärisches CO2 und liefert knapp zwei
Drittel unseres Luftsauerstoffs.
Nicht zuletzt dehnt sich warmes Wasser aus und trägt
so zum Meeresspiegelanstieg bei.
14. Antarktische Meeresströmung –
Abschwächung der Meeresströmung und Nährstoffversorgung
Ähnlich wie im Nordatlantik kann die Zirkulation von Wassermassen im Südpolarmeer
durch den Einfluss von Süßwasser unterdrückt werden. Letzteres kann z. B. aus schmelzendem Eis der Antarktis stammen. Das Aufströmen von Nährstoffen würde unterbunden
(siehe Punkt 13 – Erwärmung) und die Bestände an Krill und Phytoplankton, welche am
Anfang der marinen Nahrungskette stehen, würden reduziert.
Abb. 25:
Steigende Wassertemperaturen und zunehmende Versauerung der Ozeane bedrohen die Korallenriffe weltweit.
52
2
Klimawandel
15. Westantarktischer Eisschild –
Meeresspiegelanstieg durch Instabilität/Kollaps des Eisschilds
In der Vergangenheit waren die Forscher beruhigt, weil die Temperatur der antarktischen
Eismasse deutlich unter dem Gefrierpunkt liegt. Daran ändert auch die Klimaerwärmung
nichts. Doch jetzt mehren sich Hinweise auf eine unerwartete Dynamik: Das Eis taut nicht
von oben, sondern von unten. Zunächst brachen mehrere gigantische Stücke der antarktischen Eisdecke ab und trieben ins Meer hinaus. 1995 trennte sich das 1.600 km2 große
Larsen-A-Eisschelf von der Antarktis, 1998 folgte das Wilkins-Eisschelf mit 1.100 km2 und
2002 das Larsen-B-Eisschelf mit 3.250 km2 (das Saarland ist 2.570 km2 groß).
Für den Meeresspiegel schien das noch ohne Bedeutung. Beunruhigend wurde dann aber
die Zunahme der dynamischen Eisflüsse: Warmes Meerwasser kann die Eisberge an der
Küste so weit schmelzen lassen, dass die dahinterliegenden Kontinentaleis-Massen ins
Fließen geraten. Zwischen Fels und Eisschild geratenes Meerwasser beschleunigt den
Zerfall des Eises zusätzlich. Die Eisströme, die hinter dem Larsen-B-Eisschelf ins Meer
ablaufen, haben sich seitdem bis zur achtfachen Geschwindigkeit beschleunigt.
Die große Frage ist jetzt: Führt das wärmere Meerwasser dazu, dass auch die ganz großen
Schelfe, etwa das Ross-Eisschelf, eines Tages verschwinden? Und wo liegt der Schwellenwert dafür?
Lange Zeit hielt der IPCC die Eisdecke der westlichen Antarktis für stabil, vorausgesetzt,
die Temperaturen steigen nicht um 10 Grad Celsius oder mehr. Einige Experten befürchten
jedoch, dass dieser „schlafende Riese bereits erwacht ist“ und dass sich die Eisdecke als
Folge einer Erwärmung von nur wenigen Grad innerhalb von 500 bis 700 Jahren auflösen
könnte. Ein Kollaps des Eisschilds in der West-Antarktis könnte innerhalb dieses Jahrhunderts eingeleitet werden. Durch den völligen Kollaps des Eisschildes würde der globale
Meeresspiegel um vier bis fünf Meter steigen.
Fazit
Wenn der Ausstoß von Treibhausgasen nicht spätestens bis zum Jahr 2020 substanziell
abnimmt, wird die Erderwärmung unumkehrbare Prozesse wie das Abschmelzen der Eisschilde in Grönland, die Übersäuerung der Ozeane oder die Freisetzung großer Methanmengen aus den tauenden Permafrostböden in Gang setzen.
Angesichts dieser Erkenntnisse unterstrich der UN-Klimarat in seinem am 17. November
2007 in Valencia vorgestellten vierten Teil des UN-Klimaberichts 2007 noch einmal ausdrücklich, dass sich die Erde im globalen Durchschnitt um nicht mehr als zwei Grad Celsius
im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter erwärmen darf. Für die Staatengemeinschaft
heißt das: Bis Mitte des Jahrhunderts müssen die Treibhausgase weltweit um 50 Prozent
verringert werden – die der Industrieländer sogar um 80 Prozent.
Im Dezember 2009 wird auf der Kopenhagener Weltklimakonferenz über ein Nachfolgeabkommen des Kyoto-Protokolls beraten, das 2012 ausläuft (siehe auch Seite 38).
53
2.2.3 Folgen für Deutschland –
Szenarien bis zum Jahr 2100
Wärmerekorde in Deutschland
2007 war in Deutschland mit durchschnittlich 9,9 Grad Celsius das zweitwärmste Jahr
seit 1901. Auch das Jahr 2008 war mit einer Durchschnittstemperatur von 9,5 Grad
Celsius in Deutschland deutlich wärmer als der Durchschnitt der letzten 120 Jahre von
8,3 Grad. Die Jahresmitteltemperatur in Deutschland ist seit 1901 um 1,0 Grad Celsius
angestiegen. Das deutschlandweit wärmste Jahr seit 1901 war 2000, es folgen 2007,
1994, 1934, 2002, 2006, 1990, 1999, 2008 und 1989. Durch die Erwärmung wird die
Verdunstung und damit auch der Wasserkreislauf beschleunigt. Von 1901 bis 2007 hat
die Jahressumme der Niederschläge in Deutschland um ca. acht Prozent zugenommen.
Nach Berechnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) werden die Temperaturen in
Deutschland bis 2100 um zwei bis vier Grad Celsius ansteigen. In einigen Regionen wird
es dann bis zu 30 zusätzliche heiße Tage (= Temperaturen über 30 Grad Celsius) geben.
Nach Analysen des Deutschen Wetterdienstes (DWD), die auf regelmäßigen Aufzeichnungen
seit 1901 beruhen, ist die Jahresmitteltemperatur in Deutschland bereits um 1,0 Grad Celsius gestiegen. Dieser Erwärmungstrend beschleunigte sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte deutlich und ist nun mit 0,15 Grad Celsius je Dekade auf fast das Doppelte gestiegen.
Das Jahrzehnt von 1990 bis 1999 war das wärmste im gesamten 20. Jahrhundert. Fünf
der insgesamt zehn wärmsten Jahre des 20. Jahrhunderts gehören in diese Zeitspanne.
Elf der letzten 15 Winter waren überdurchschnittlich warm. Das wärmste Jahr war das Jahr
2000 mit einem Mittelwert von 9,9 Grad.
Von 1901 bis 2007 hat die Jahressumme der Niederschläge in Deutschland um ca. acht
Prozent zugenommen. Auch veränderte sich die Form der Niederschläge: Es wurden mehr
so genannte Starkniederschläge mit mehr als 30 Litern pro Quadratmeter beobachtet,
typisch sommerliche Landregen gab es weniger. Im Winter fällt zunehmend mehr Regen
als Schnee.
Als Ursache für die beobachteten Änderungen nennt der DWD im Wesentlichen die
anhaltende Emission von Treibhausgasen.
Szenarien bis zum Jahr 2100
Im September 2008 präsentierte das Max-Planck-Institut für Meteorologie (MPI-M) eine im
Auftrag des Umweltbundesamtes (UBA) erstellte Studie, in der das Klima in Deutschland
bis zum Jahr 2100 simuliert wird. Mithilfe des regionalen Klimamodells REMO wurde simuliert, welchen Einfluss steigende Treibhausgaskonzentrationen auf das Wetter haben. Für
ihre Berechnungen haben die Wissenschaftler drei unterschiedliche Szenarien (niedriger,
mittlerer und hoher Anstieg) angenommen.
54
2
Klimawandel
Die Ergebnisse dieser Klimasimulationen lassen sich auf folgende Aussagen verdichten
(UBA, 2008 d):
„Je nach angenommenem Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen könnten bis zum Ende
des Jahrhunderts die Temperaturen in Deutschland – vor allem im Süden und Südosten –
um mehr als vier Grad Celsius im Vergleich zu den letzten 50 Jahren steigen. Im Sommer
kann es in weiten Teilen Deutschlands weniger Niederschläge geben. Im Winter könnten im
Süden und Südosten mehr Niederschläge fallen, wobei allerdings wegen der gestiegenen
Temperaturen weniger Schnee fallen kann.
Die REMO-Ergebnisse im Detail
Abb. 26:
Naturräume in
Deutschland, die
besondere Merkmale
aufweisen oder für die
starke Änderungen
atmosphärischer Parameter projiziert werden
(© UBA 2007 b)
Steigende atmosphärische Treibhausgaskonzentrationen führen in Deutschland zu einer
mittleren Erwärmung, die im Jahr 2100 – abhängig von der Höhe zukünftiger Treibhausgasemissionen – zwischen 2,5 und 3,5 Grad Celsius liegt. Diese Erwärmung wird sich saisonal
und regional unterschiedlich stark ausprägen. Am stärksten dürften sich der Süden und
Südosten Deutschlands im Winter erwärmen. Bis zum Jahr 2100 könnten die Winter hier
um mehr als vier Grad Celsius wärmer werden als im Zeitraum 1961 bis 1990.
55
Gleichzeitig könnten in Zukunft – im Vergleich zum Zeitraum 1961 bis 1990 – die sommerlichen Niederschläge großflächig abnehmen. Besonders stark gehen in den Simulationen
die Sommerniederschläge in Süd- und Südwest-Deutschland sowie in Nordost-Deutschland
zurück. Hier könnte es bis zum Ende dieses Jahrhunderts im Vergleich zu heute ein Minus
von bis zu 30 Prozent bei den Sommerniederschlägen geben. Im Gegensatz hierzu könnte
im Winter ganz Deutschland feuchter werden. Vor allem in den Mittelgebirgen Süd- und
Südwest-Deutschlands ist über ein Drittel mehr Niederschlag zu erwarten als heute.
Wegen gleichzeitig steigender Wintertemperaturen in den Alpen – bis zum Ende des Jahrhunderts könnten es mehr als vier Grad Celsius sein – wird der Niederschlag häufiger als
Regen denn als Schnee fallen. Fiel in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts dort im Jahr
etwa ein Drittel des Gesamtniederschlags als Schnee, könnte es bis Ende des 21. Jahrhunderts nur noch ein Sechstel sein. Diese Veränderungen haben zur Folge, dass sich die
Zahl der Tage mit mehr als drei Zentimeter Schneehöhe pro Jahr reduziert, und zwar stärker
in niedrigen Regionen der Alpen wie um Garmisch-Partenkirchen und Mittenwald, für die
eine Abnahme der Schneetage um deutlich mehr als die Hälfte möglich ist. […].
Bis zum Ende des 21. Jahrhunderts könnten die schneebedeckten Flächen im Alpenraum
sehr stark schrumpfen, wenn die Erwärmung stark zunimmt (> vier Grad Celsius). Doch
schon bei einer Temperaturzunahme von drei Grad Celsius verschwinden sehr große schneebedeckte Flächen, die heute noch als schneesicher gelten […].
Blickt man zum deutschen Küstenraum, so fällt auf, dass bis zum Jahr 2100 die Erwärmung
der Ostseeküste mit 2,8 Grad Celsius etwas stärker sein könnte als die der Nordseeküste
(2,5 Grad Celsius). Obwohl sich an beiden Küsten die jährliche Niederschlagsmenge nicht
ändert, könnte die Tourismusbranche davon profitieren, da es im Sommer bis zu 25 Prozent
weniger regnen könnte. Im Winter gibt es jedoch bis zu 30 Prozent mehr Niederschlag.“
Weitere Infos www.umweltbundesamt.de/klimaschutz
Fazit
Die Deutschen müssen sich auf heiße, trockene Sommer und regnerische, milde Winter
einstellen. Deutschland erwärmt sich im Durchschnitt um drei Grad Celsius. Besonders in
Süd-Deutschland wird es in Zukunft öfter zu extremen Hitzewellen wie im August 2003 kommen. Damals starben in Deutschland rund 7.000 und europaweit bis zu 70.000 Menschen
an den Folgen der extremen Hitze.
Im Winter hingegen könnte es in ganz Deutschland feuchter werden. Aufgrund der gleichzeitig steigenden Wintertemperaturen gibt es weniger Schnee und mehr Regen. Vor allem
niedrig liegende Regionen leiden darunter. In den Mittelgebirgen wird es ab 2031 nur noch
selten eine geschlossene Schneedecke geben.
56
2
Klimawandel
Die Klimaerwärmung wird Deutschland verändern, z. B. durch:
앫 sinkende Grundwasserspiegel im Sommer, insbesondere in Südwest-Deutschland
앫 eine erhöhte Waldbrandgefahr, besonders in Südwest-Deutschland und NordostDeutschland
앫 eine Zunahme hitzebedingter Krankheiten vor allem in Süd-Deutschland, auch die
Hautkrebs-Rate wird steigen
앫 eine Gefährdung der Kühlung von Kraftwerken im Sommer, insbesondere in SüdDeutschland
앫 eine größere Hochwassergefahr im regenreichen Herbst, vor allem an der Elbe
앫 einen steigenden Meeresspiegel und vermehrte Sturmfluten an den Küsten
앫 mangelnde Schneesicherheit in Wintersportgebieten
앫 eine Zunahme von sommerlichen Starkregenereignissen
앫 beeinträchtigte Landwirtschaft und Binnenschifffahrt infolge von Wassermangel
Nach Angabe des Deutschen Wetterdienstes ist bei einer sich weiter aufheizenden
Erdatmosphäre im Sommer mit häufigeren Extrem-Wetterereignissen wie schweren Gewittern und Hagel zu rechnen. Zudem sind nach Einschätzung von meteomedia bei einer
Zunahme schwerer Sommergewitter auch mehr starke bis sehr starke Tornados möglich
(Sävert, 2008).
Allerdings bringt der Klimawandel in Deutschland auch Chancen mit sich, z. B.:
앫 höhere Ernten in der Landwirtschaft vor allem in Nord-Deutschland
앫 eine ertragreichere Weinlese in Süd-Deutschland
앫 weniger kältebedingte Krankheiten
앫 weniger Glatteisunfälle
앫 einen Boom des Tourismus in Deutschland, insbesondere an der Küste
Wie sicher sind die Daten?
Regionale Studien zu möglichen Folgen der Klimaänderungen in unterschiedlichen Regionen haben hohen Wert für die Bewertung von Risiken und ggf. auch Chancen, wie in der
Agrar- und Forstwirtschaft, dem Tourismus, der Infrastruktur und dem Wassermanagement
(z. B. beim Hochwassermanagement und der Anpassung an mögliche Niedrigwasserphasen). Allerdings ist es notwendig, die berechneten regionalen Muster der Klimasignale
auf ihre Robustheit zu analysieren. Schon in den vorliegenden Auswertungen wird deutlich,
wie variabel die Klimasignale in den verschiedenen Regionen sind und wie unterschiedlich
sie in den drei Emissionsszenarien berechnet werden (UBA, 2008 d; siehe auch Seite 25).
57
Auswahl möglicher Wirkungen des Klimawandels in ausgewählten Bereichen
Handlungsfeld/Sektor
Beispiele für mögliche Wirkungen des Klimawandels
Gesundheit
Durch Hitzewellen, Stürme, Überschwemmungen, Lawinen oder Erdrutsche verursachte Erkrankungen und Verletzungen sowie veränderte
Verbreitungsgebiete von Krankheiten; in den Städten besonders starke
Hitzebelastung, die zu mehr Herz-Kreislauf-Problemen bis hin zu Todesfällen führen können.
Landwirtschaft
Beeinträchtigung der Erträge, besonders in zukünftig trockeneren Gebieten, sowie abnehmende Ertragssicherheit wegen erhöhter Klimavariabilität; Erhöhung der Bodenerosion (Sommer: Winderosion, Winter:
Erosion durch Wasser); steigende Gefahr von Staunässe, Überflutung
oder Trockenstress; veränderte Austragsverhältnisse von Nähr- und
Schadstoffen in das Grund- und Oberflächenwasser.
Forstwirtschaft
Erhöhte Anfälligkeit nicht standortgerechter Wälder sowie erhöhte
Waldbrandgefahr und zunehmender Druck durch Schädlinge und
Wetterextreme.
Wasserwirtschaft
Vermehrte Starkniederschläge, steigende Hochwassergefahr im Winter
und Frühjahr sowie häufigeres Niedrigwasser im Sommer und veränderte Grundwasserspiegel mit möglichen Folgen für die Trinkwasser versorgung; in Städten zu gering bemessene Regenwasserableitung.
Naturschutz und Biodiversität
Gefährdung der Artenvielfalt, besonders in Feuchtgebieten und Gebirgsregionen, mit Konsequenzen für die Naturschutzziele.
Verkehr
Beeinträchtigung der Binnenschifffahrt durch häufigere Hoch- und
Niedrigwasser; Zerstörung der Infrastruktur durch Extrem-Ereignisse.
Tourismus
Abnahme der Schneesicherheit in den Gebirgsregionen sowie verbesserte wirtschaftliche Erfolgsaussichten für die Touristenziele an den
Küsten; möglicherweise negative Folgen für Touristen wegen des vermehrten Auftretens von Quallen und toxischen Algen an den Küsten.
Hochwasser- und Küstenschutz
Häufigere und intensivere Hochwasserereignisse fordern die Hochwasser- und Küstenschutzanlagen; versagen die Schutzanlagen,
drohen Schäden.
Raum- und Siedlungsentwicklung
Gefährdung der Baugebiete und baulichen Anlagen wegen zunehmender Hochwasserereignisse; Verstärkung des Wärmeinseleffekts in den
Innenstädten; Verschärfung der Konflikte zwischen dem Schutz wertvoller Flächen und unterschiedlicher menschlicher Nutzungsansprüche.
(© UBA 2008 b)
58
2
Klimawandel
Klimawandel in NRW – Anfälligkeit ausgewählter Sektoren
Eine im Auftrag des nordrhein-westfälischen Umweltministeriums (MUNLV NRW) erstellte
Studie des PIK-Potsdam befasst sich mit den Auswirkungen des Klimawandels auf verschiedene Regionen und Sektoren in NRW. Die Studie (siehe Kropp et al., 2009) untersucht die
Verwundbarkeit n. g. Sektoren und zeigt auf, welche Möglichkeiten zur Anpassung bestehen:
앫 Boden und Landwirtschaft
앫 Wald und Forstwirtschaft
앫 Naturschutz
앫 Wasser
앫 Tourismus
앫 Gesundheit
앫 Stadtplanung
Im Winter ist aufgrund stärkerer Niederschläge mit erhöhter Hochwassergefahr zu rechnen.
Im Sommer kehrt sich dieser Effekt um: Das Risiko für Niedrigwasser in den Flüssen nimmt
zu, was unter anderem den Energiesektor betreffen würde, der auf ausreichend Flusswasser
für Kühlzwecke angewiesen ist. Hierdurch erhöht sich auch das Risiko von Produktionseinschränkungen. Zudem kann aufgrund der Erwärmung und der damit verbundenen erhöhten
Verdunstung in einigen Regionen die Grundwasserneubildung abnehmen.
Die Erwärmung begünstigt auch die Verbreitung von Krankheitserregern, die durch Mücken
oder Zecken übertragen werden, sowie die Verbreitung von Allergie auslösenden Pflanzen.
Zudem könnten im Sommer häufiger Hitzewellen auftreten, was ein Risiko für ältere
Menschen darstellt. Besonders deutlich wirkt sich dies in den Ballungszentren des Ruhrgebiets aus. Maßnahmen wie Grünflächen anzulegen, die Temperatur in öffentlichen
Gebäuden zu regeln und Verhaltensänderungen der Betroffenen könnten dieses Risiko
jedoch minimieren (siehe auch MUNLV NRW, 2009).
Während der Sommertourismus durch die Zunahme von Sommertagen mit Temperaturen
über 25 Grad Celsius profitieren könnte, wird Skitourismus in NRW trotz künstlicher
Beschneiung nur noch eingeschränkt möglich sein.
In der Natur wirkt sich der Klimawandel bereits deutlich aus. Die Wachstumsphasen einiger
Pflanzenarten im Jahresverlauf beginnen heute bereits um einige Tage früher als noch vor
wenigen Jahrzehnten. Auch die Artenzusammensetzung könnte durch Klimawandel und
Landnutzungsänderungen deutlich verändert werden. Die landwirtschaftlichen Ertragsaussichten für NRW sind insgesamt günstig. Trotz zunehmender Verdunstung wird in den meisten Regionen wahrscheinlich ausreichend Wasser vorhanden sein.
Häufigere und stärkere Stürme könnten speziell die besonders anfälligen Forstmonokulturen in den Höhenlagen der Mittelgebirge gefährden. Da auch die Waldbrandsaison künftig
länger wird, steigt insgesamt das Waldbrandrisiko. Die Klimaänderungen haben aber zunächst
keinen starken Einfluss auf das Wachstum der Wälder in NRW (Kropp et al., 2009).
59
2.2.4 Herausforderungen und Optionen
für Versicherer
Längst ist klar, dass sich der Klimawandel auch auf Unternehmen und Finanzmärkte
auswirkt (siehe z. B. Der Spiegel, 2006, Capital, 2007, und Wuppertal Institut, 2008).
Risiken für Unternehmen und Branchen
Branchen, deren Aktivität von klimatischen Bedingungen abhängig ist, tragen ein hohes
Risiko, ebenso jene, deren Betrieb bei extremen Wetterverhältnissen unterbrochen werden
muss. Dazu zählen die Landwirtschaft, Fischerei, Forstwirtschaft, Wasserversorgung und
wasserintensive Betriebe, daneben aber auch der Tourismus, das Gesundheitswesen, die
Versicherungen sowie sturmgefährdete Tätigkeiten wie die Erdölförderung auf hoher See.
Der künftige Klimawandel birgt unter anderem folgende einzeln oder kombiniert auftretende
Risiken für Unternehmen und Branchen: stärkere Regulierung (z. B. weitere Einschränkung
der Emissionsrechte, Ausweitung des Emissionshandels auf weitere Branchen, zusätzliche
CO2-Steuern etc.), höhere Wertminderungen von Liegenschaften und Sachanlagen, Ertragsausfälle, Rufschädigung (UBS, 2007).
Beispiel Versorger
Energieversorger müssen berücksichtigen, dass es infolge des Klimawandels zu einer
zunehmenden Anzahl und Intensität von Extrem-Wetterereignissen wie Stürmen, Hitzeperioden oder Starkregenfällen kommt, die Schäden an der Infrastruktur verursachen.
Kraftwerke werden zunehmend unter Wassermangel oder zu warmem Wasser zur Kühlung leiden, Wasserkraftwerke werden tlw. ganz stillstehen. Stromausfälle bergen für
die Wirtschaft erhebliche Liefer- und Produktionsrisiken. Auch Wasserversorger werden
bei längeren sommerlichen Trockenperioden, wie sie für das zukünftige Europa vorausgesagt werden, Probleme bekommen. Zudem müssen steigende Energie- und Wasserpreise sowie Emissions-Abgaben einkalkuliert werden. Profitieren werden Anbieter
regenerativer Energien.
Abb. 27
Beispiel Land- und Forstwirtschaft
Infolge von Extrem-Wetterereignissen wie beispielsweise längeren Trockenperioden,
Stürmen oder Hagelschlägen werden die Schäden deutlich zunehmen. Zudem besteht
ein höheres Risiko für die Ausbreitung von Schädlingen und Bränden. Die Kosten für
die Bereitstellung von Wasser werden steigen. Durch die Verschiebung von Jahreszeiten
(viele Pflanzen blühen und reifen zwei bis drei Wochen früher) erhöht sich das Risiko
von Frostschäden. In der Massentierhaltung steigt der Stress durch sommerliche Hitze.
Chancen ergeben sich durch eine Ausdehnung von Anbaugebieten nach Norden, durch
mögliche Zweitkulturen und den Anbau Wärme liebender Arten (siehe Seite 87 f.).
Abb. 28
2
60
Klimawandel
Beispiel Transportwesen
Extrem-Wetterereignisse werden Schäden an der Infrastruktur verursachen, die die Transporte
mit Bahn und Pkw erheblich beeinflussen. Die Binnenschifffahrt wird von häufigeren Niedrigwassern (eingeschränkte Ladekapazität) und Hochwassern (Stillstand) beeinträchtigt. Dies ist
wegen einer Unterbrechung der Zuliefererkette auch für andere Branchen relevant. Infolge
steigender Energiepreise sowie möglicher Emissions-Abgaben (z. B. für die Schifffahrt) werden
sich die Transporte verteuern. Positive Aspekte ergeben sich beim Landtransport aus weniger
Eis und Schnee im Winter sowie bei der Binnenschifffahrt aus selteneren Eishochwassern.
Abb. 29
Beispiel Bauwirtschaft
Abb. 30
Die Bauwirtschaft wird mit häufigeren Unterbrechungen und Beschädigungen von Baustellen
durch Sturm und Überschwemmung ebenso konfrontiert werden wie mit einer Erhöhung des
Schadenpotenzials unwetterexponierter Regionen und alternder Infrastruktur. Andererseits
profitiert sie von energetischen Gebäudesanierungen, kürzeren, milderen Wintern und mehr
Aufträgen infolge von Unwetterschäden sowie weiterem Anpassungsbedarf z. B. an Küstenund Hochwasserschutz.
Beispiel Automobilindustrie
Abb. 31
Die europäische Automobilindustrie ist ihrer freiwilligen Selbstverpflichtung aus dem Jahr
1998, den CO2-Ausstoß bis Ende 2008 auf 140 Gramm/km (= 6 l/100 km) zu reduzieren,
nicht nachgekommen. Aktuell liegt der Ausstoß bei 160 Gramm CO2/km. Die von der EU
beschlossenen verbindlichen Grenzen von 120 Gramm CO2/km bis zum Jahr 2015 bzw.
95 Gramm ab dem Jahr 2020 (der Wert soll im Durchschnitt aller Fahrzeuge aller Hersteller
erreicht werden) sowie die neue, am CO2-Ausstoß orientierte Kfz-Steuer stellen die Automobilindustrie vor erhebliche Herausforderungen, werden aber technische Innovationen fördern.
Beispiel Flugzeugindustrie
Abb. 32
Ab 2011 bezieht die EU den Flugverkehr in den Emissionshandel ein, was zu einem Kostenanstieg insbesondere bei veralteten Flotten führen wird. Einkalkuliert werden muss, ob der
Emissionshandel auf Europa beschränkt bleibt oder weltweit Anwendung finden wird. Auch,
ob es bei der Nicht-Besteuerung von Kerosin und bei der Nicht-Erhebung von Mehrwertsteuern auf Tickets für grenzüberschreitende Flüge bleibt.
Beispiel Tourismus
Abb. 33
Ende des Jahrhunderts fällt in den Alpen unterhalb von 1.500 Metern wohl kaum noch
Schnee. Bei einer Zunahme von nur einem Grad Celsius wären zwei Drittel der deutschen Skigebiete nicht mehr schneesicher. Durch das Abschmelzen der Gletscher werden weltweit
viele Gegenden der Erde um einen reizvollen landschaftlichen Aspekt und touristischen Anziehungspunkt ärmer werden. Der Mittelmeerraum wird zunehmend unter Wassermangel und
Waldbränden leiden. Nordeuropa könnte aufgrund steigender Temperaturen von höheren Tourismuszahlen profitieren. Insgesamt könnten Reisekosten durch Emissions-Abgaben steigen.
61
Steigende Schadenszahlen
2007 wurden global 960 Naturkatastrophen gezählt – die höchste Zahl seit Beginn der systematischen Erfassung. Naturkatastrophen verursachten global volkswirtschaftliche Schäden in Höhe von 82 Mrd. US-Dollar, davon waren 30 Mrd. US-Dollar versichert (Münchener
Rück, 2008 b).
2008 ging die Anzahl der schadenrelevanten Ereignisse im Vergleich zum Vorjahr zwar
zurück (von 960 auf 750), einzelne Katastrophen trieben die Opferzahlen und die Schäden
jedoch deutlich nach oben. Die volkswirtschaftlichen Schäden betrugen rund 200 Mrd. USDollar, blieben aber unter denen des Rekordjahres 2005 (siehe Umweltbericht 2005, Seite
17 ff.). Die versicherten Schäden stiegen 2008 im Vergleich zum Vorjahr um 50 Prozent
auf 45 Mrd. US-Dollar.
Getrieben durch hohe Schäden aus Wetterkatastrophen war 2008 gemessen an inflationsbereinigten Werten das Jahr mit den dritthöchsten Schäden, nur noch übertroffen vom Hurrikanjahr 2005 und 1995, als sich das Erdbeben von Kobe (Japan) ereignete (Münchener
Rück, 2009).
Ein Dekadenvergleich der Münchener Rück zeigt, dass die Anzahl der volkswirtschaftlichen
Schäden in den letzten zehn Jahren (im Vergleich zu den 1960er-Jahren) weltweit das
7-Fache beträgt, die versicherten Schäden sogar das 28-fache Ausmaß erreichen (alle
Werte inflationsbereinigt).
Große Naturkatastrophen 1950- 2008
Gesamtschäden und versicherte Schäden mit Trend
Mrd. US$
250
200
Abb. 34:
Große Naturkatastrophen 1950-2008 weltweit – volkswirtschaftliche und versicherte
Schäden (© 2009
NatCatSERVICE,
GeoRisikoForschung,
Münchener Rück)
150
100
50
1950
1955
1960
1965
1970
1975
1980
Gesamtschäden ((in Werten von 2008))
1985
1990
1995
2000
2005
Versicherte Schäden ((in Werten von 2008))
© 2009 Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft, GeoRisikoForschung, NatCatSERVICE
Weitere Infos www.munichre.com (Business & Solutions – Georisiken)
Stand: Januar 2009
62
2
Klimawandel
Änderungsrisiko Klimawandel
Die zunehmende Zahl von Naturkatastrophen – überwiegend verursacht durch ExtremWetterereignisse – konfrontiert vor allem die Versicherungswirtschaft mit steigenden
Schadenszahlen. Es ist davon auszugehen, dass sich die Situation in Zukunft noch
verschärfen wird. Der IPCC rechnet mit einer weiteren Häufung und Intensivierung von
außergewöhnlichen Wetterereignissen als Folge des anthropogenen Klimawandels.
Der Klimawandel ist somit eines der größten Änderungsrisiken für die Versicherungswirtschaft (siehe Umweltbericht 2005, Seite 52 ff., Ernst & Young, 2008, und UNEP FI,
2006), bietet jedoch auch Chancen (siehe z. B. Swiss Re 2002, 2004, Deutsche Bank,
2007, F & C Investments, 2007, und UBS, 2007).
Klimawandel größtes strategisches Risiko für Versicherer
Eine Studie von Ernst & Young benennt zehn Hauptrisiken für Versicherer und sieht den
Klimawandel als das größte strategische Risiko, vor dem Immobilien- und Haftpflichtversicherer international stehen. Dicht dahinter folgen demografische Veränderungen,
die bei Lebensversicherern ganz vorne stehen, und Katastrophen. Das ergab eine
Befragung von mehr als 70 Fachanalysten aus aller Welt durch Ernst & Young und
Oxford Analytica im Rahmen der globalen „Strategic Business Risk-Studie 2008“.
Dabei wurden Trends und Unsicherheiten für die globale Versicherungsbranche in den
kommenden fünf Jahren untersucht (Ernst & Young, 2008).
Die deutsche Versicherungswirtschaft muss sich einstellen auf:
앫 mildere, regnerische Winter
앫 mehr Überschwemmungen im Winter und im Frühjahr
앫 intensivere und häufigere Winterstürme
앫 mehr Dürreperioden im Sommer
앫 mehr Starkregen im Sommer
앫 mehr Gewitter und Hagelschläge im Sommer
앫 mehr Tornados im Sommer
Abb. 35:
Die Zahl großer Überschwemmungen wird
zunehmen.
63
Überschwemmungen
Nach einem Bericht der Europäischen Umweltagentur (EEA, 2008) ist die
Zahl der Überflutungen in Europa stark gestiegen. Seit 1990 zählt der Report
259 große Überschwemmungen von Flüssen, davon allein 165 seit dem
Jahr 2000. In den nächsten Jahrzehnten werde sich dieser Trend fortsetzen
(siehe auch GDV, 2008 b, und Münchener Rück, 2007 b).
Winterstürme
Anzahl und Intensität von Winterstürmen werden zunehmen. Grund ist v. a.,
dass im Winter die stabilen Kälte-Hochs und die Schneedecke fehlen, die
die warmen, vom Atlantik nach Europa ziehenden Tiefdruckgebiete abschwächen. Zusätzlich beziehen die warmen Tiefdruckgebiete Energie aus den im
Vergleich zu den 1960er-Jahren höheren Meerestemperaturen (siehe auch
GDV, 2008 c, Münchener Rück, 2007 b, und Swiss Re, 2000, 2006).
Sie erklären jede Überschwemmung mit der
Klimaveränderung?
„Man darf natürlich nicht den Fehler
machen, eine einzelne Überschwemmung
herauszugreifen. Nur die allgemeine Zunahme von Hochwasser ist auf die Klimaerwärmung zurückzuführen. Ich vergleiche das
immer mit einem gezinkten Würfel.
Wenn man dessen Sechs zinkt, kommt die
Sechs häufiger. Aber man kann nicht jede
Sechs auf das Zinken zurückführen, sondern
nur die Zunahme der Sechsen. Und so können wir auch die Zunahme der verschiedenen
Wetterextreme dem menschlichen Einfluss
zuschreiben.
”
Mojib Latif, 2006 a – Seite 12
Nordatlantische Oszillation
Für den Verlauf der Sturmbahnen über dem Atlantik ist vor allem die „Nordatlantische
Oszillation (NAO)“ von Bedeutung, die mit einem Index beschrieben wird. Hohe positive
NAO-Indexwerte sind tendenziell an relativ milde, windintensive Winter gekoppelt, negative NAO-Indexwerte an relativ kalte, eher windärmere. Bis in die 1960er-Jahre dominierte
ein negativer NAO-Index, seither werden die Werte zunehmend positiv. Gleichzeitig war
eine deutliche Erwärmung der Meerestemperaturen zu beobachten (Swiss Re, 2000).
Ein Bericht des WWF International prognostiziert – einen unveränderten Anstieg der CO2Emissionen vorausgesetzt – mehr und heftigere Stürme für Europa bis Ende des 21. Jahrhunderts. Betroffen wären vor allem Großbritannien, die Niederlande und Nord-Frankreich,
aber auch die deutsche Nordseeküste. Eine weitere Folge des Klimawandels wäre ein deutlicher Anstieg der Sturmfluten, sowohl in Bezug auf deren Höhe als auch in Bezug auf die
Anzahl schwerer Sturmfluten. An der deutschen Nordseeküste würde die Wahrscheinlichkeit schwerer Sturmfluten um 50 bis 100 Prozent steigen (WWF International, 2006).
Nach einer Studie der Swiss Re werden bis zum Jahr 2085 die Schäden, die Winterstürme
auf dem Kontinent hinterlassen, um fast zwei Drittel höher liegen als noch 1975. Deutschland wird es überdurchschnittlich hart treffen: Hier sollen sich die Sturmschäden mehr als
verdoppeln. Was heute als 100-Jahres-Ereignis gilt, kann aufgrund der Klimaänderung in den
nächsten Jahrzehnten zu einem 60- oder 70-Jahres-Ereignis mutieren (Swiss Re, 2006).
Wintersturm Emma
Nur ein knappes Jahr nach Wintersturm Kyrill (siehe Seite 76) zog Orkantief Emma
Anfang März 2008 über weite Teile Mitteleuropas hinweg. Windgeschwindigkeiten von
über 150 km/h, Gewitter und Hagel verursachten in Deutschland, Dänemark, Polen,
der Tschechischen Republik, der Slowakei, der Schweiz und Österreich einen volkswirtschaftlichen Schaden von zwei Mrd. US-Dollar, davon 1,5 Mrd. US-Dollar versicherte
Schäden (Münchener Rück, 2009).
Abb. 36
64
2
Klimawandel
Dürreperioden
Dürreperioden, wie wir sie im „Rekordsommer 2003“ in vielen Ländern Europas erlebt
haben, werden häufiger. Die Folge sind mehr Brände, durch die weitere Treibhausgase wie
Kohlendioxid freigesetzt werden, beeinträchtigte Landwirtschaft, beeinträchtigte Binnenschifffahrt (mit negativen Folgen für die Wirtschaft und den Tourismus), mehr Hitzetote
(siehe auch Swiss Re, 2004) und vieles mehr. Auch wird es Einschränkungen in der Stromproduktion geben, da Kraftwerke nicht mehr hinreichend mit Kühlwasser versorgt werden
können oder Wasserkraftwerke stillstehen, wenn Flüsse versiegen.
Gewitter und Hagelschläge
Nach Angabe des Deutschen Wetterdienstes ist bei einer sich weiter aufheizenden Erdatmosphäre im Sommer mit häufigeren schweren Gewittern
und Hagel zu rechnen. Hervorzuheben ist die große Bedeutung von Hagel in
der Kraftfahrzeugversicherung. Hier können bereits Hagelkörner ab einem
Durchmesser von zwei Zentimetern Schäden verursachen, Gebäude werden
hingegen erst ab etwa vier Zentimetern beschädigt (Münchener Rück, 2007 b).
Zudem sind bei einer Zunahme schwerer Sommergewitter mehr starke bis
sehr starke Tornados möglich (Sävert, 2008).
Abb. 37:
Unwetterserie Hilal
verursachte massive
Hagelschäden an
Fahrzeugen.
Unwetterserie Hilal
Von Ende Mai bis Anfang Juni 2008 zog die nach dem Tiefdruckgebiet Hilal benannte
Unwetterserie über Südwest-Deutschland und richtete durch starke Böen, Gewitter,
Hagelschlag und sturzflutartige Regenfälle große Zerstörungen an. Allein in der Region
Krefeld beschädigten am Morgen des 30. Mai 2008 Hagelkörner so groß wie Golfbälle
in nicht einmal einer halben Stunde rund 85.000 Autos und viele Häuser. Landwirtschaft
und Obstbauern erlitten schwere Verluste, so wurde nahezu die gesamte Erdbeerernte
in der Region vernichtet. Das Tropenhaus des Krefelder Zoos wurde stark beschädigt,
neun Flamingos kamen ums Leben. Hagel-Unwetter Hilal war nach dem Münchener
Hagelsturm im Jahr 1984 das zweitgrößte derartige Ereignis in Deutschland.
65
Risikomodelle anpassen
Die Versicherungswirtschaft ist sich darüber einig, dass die kurzfristigen Auswirkungen des
globalen Klimawandels handhabbar bleiben, mittel- bis langfristig jedoch Handlungsbedarf
besteht und geprüft werden muss, ob die vorhandenen Risikomodelle ausreichen (siehe
auch Rauch, 2006).
앫 Schon jetzt sind Gebäude, Infrastruktur und Mensch nicht auf Extreme vorbereitet.
앫 Die Versicherungsprämien beruhen auf der Schadenerfahrung der Vergangenheit und
beziehen Trends noch nicht mit ein (siehe auch Umweltbericht 2005, Seite 54 f.).
앫 Es fehlt in der überwiegenden Zahl der Fälle an Möglichkeiten, einem Ort oder einer
Adresse vorab ein bestimmtes Risiko in Bezug auf Extrem-Wetterereignisse zuordnen zu
können. Das Programm ZÜRS (Zonierungssystem der deutschen Versicherungswirtschaft
für Überschwemmungen, Rückstau und Starkregen) ermöglicht zwar eine adressgenaue
Zuordnung von Überschwemmungsrisiken aus Hochwasser, nicht jedoch für Rückstau
und Starkregen (siehe Versicherungskammer Bayern, 2006).
앫 Auch ist es derzeit nicht möglich, ortsbezogene Aussagen zur Wiederkehrperiode und zur
Intensität von Extrem-Wettereignissen treffen zu können.
앫 Die Schadenhöhe steigt bzw. wird so groß, dass Erst- und Rückversicherer an ihre Grenzen stoßen könnten. Beispielsweise kann ein Wintersturm, der heute als 100-JahresEreignis gilt, aufgrund der Klimaänderung in den nächsten Jahrzehnten zu einem 60oder 70-Jahres-Ereignis mutieren (Swiss Re, 2006).
앫 Nicht zuletzt können durch Umwelt- und Klimaänderungen Ausfallrisiken bei Investitionen
entstehen.
Klimawandel führt zu Versicherungswüsten
„Die Situation ist in Österreich ärger als in den benachbarten Staaten: Bei uns entfallen vier Prozent der Combined Ratio auf Naturkatastrophen, im europäischen Durchschnitt sind es dagegen nur zwei Prozent. […]
Versicherungen werden empfindlich teurer werden
Auch die jüngsten Unwetter in Österreich werden sich auf die Schadensquote auswirken. Zudem werden Versicherungskunden und damit auch Versicherungsvermittler
die Folgen der Entwicklung in absehbarer Zeit zu spüren bekommen: Für viele Risiken
wird es in Zukunft keine oder nur sehr teure Versicherungen geben. […]
Hauptprobleme Stürme und Winterhochwasser
Wie akut die Gefahr ist, geht aus dem im Frühjahr 2008 abgeschlossenen EU-Projekt
ClimChAlp („Climate Change in the Alpine Space“) hervor: Durch den Klimawandel
werden Winterstürme immer häufiger und immer intensiver auftreten. Mehr als jede
andere Region in Europa ist der österreichische Alpenraum betroffen (The ClimChAlp
Partnership, 2008). Das Landwirtschaftsministerium in Wien rechnet in Zukunft auch
mit katastrophalen Winterhochwassern, da nach den Prognosen der Experten der
Anstieg der Schneefallgrenze mehr Regen in Hochlagen bewirken wird.“
(Allianz Group Österreich, 2008)
66
2
Klimawandel
Versicherer stoßen an ihre Grenzen
„In einem konstanten Klima wäre die Summe aller wetterbedingten Verluste und Schäden
über längere Zeiträume kalkulierbar. Je variabler aber das Klima, desto variabler das Schadenausmaß pro Zeiteinheit und desto schwieriger wird es, die Wetterrisiken zuverlässig
abzuschätzen. Konsequenz für den Versicherer: Sein eigenes Risiko, durch eine plötzliche,
unerwartet hohe Schadenlast ruiniert zu werden, nimmt zu. Darauf kann die Versicherungswirtschaft nicht anders reagieren, als den einzelnen Versicherten stärker zu belasten; sei
es durch Begrenzung der Leistungen im Schadenfall, höhere Prämien oder indem verstärkte
Anstrengungen gefordert werden, Ausmaß und Wahrscheinlichkeit der zu versichernden
Schäden oder Verluste zu reduzieren.
Völlig falsch ist deshalb die Annahme, die Versicherungswirtschaft könne zur Bewältigung
von Klimarisiken beitragen, indem sie eine höhere Schadenlast schultere. Richtig ist:
Extrem hohe Schäden durch Naturkatastrophen können einzelne Versicherungsunternehmen
überfordern. Mittelfristig aber muss die Assekuranz zu hohe Belastungen an die Versichertengemeinschaft zurückgeben. Die Idee von Versicherung ist nicht, Schäden zu tragen, sondern sie innerhalb einer Solidargemeinschaft zu verteilen. Das wird jedoch nur gelingen,
solange alle Mitglieder – wenigstens im Rahmen ihrer Möglichkeiten – Schaden zu vermeiden versuchen und der Schaden- oder Verlustfall deshalb die Ausnahme und nicht die
Regel ist.“ (Swiss Re, 2002 – Seite 23)
Wie weit wird die Haftung zukünftig gehen?
Wie weit kann bzw. wird die Haftung zukünftig gehen? Haftung setzt in der Regel Verursachung voraus, entweder durch Tun oder durch Unterlassen. Doch wer ist der Verursacher
des Klimawandels und seiner negativen Folgen? Die Industrie mit ihren CO2-Emissionen
und Produkten, die Luftverkehrsgesellschaften, Frachtschiffe oder Autohersteller? Oder
gar die Viehwirtschaft?
Was zunächst ein wenig seltsam anmutet, führt in den USA bereits zu gerichtlichen Klagen. Nach den bisherigen Erfahrungen drohen Klagen z. B. gegen Autohersteller, Architekten, Planungsbehörden, Kommunen, Energieunternehmen und viele andere direkt
oder indirekt in die Auswirkungen des Klimawandels involvierten Parteien.
Es geht beispielsweise um die Frage, ob Planungsbehörden Bau- oder Gewerbegebiete
ausweisen dürfen, die ein paar Jahrzehnte später infolge des Meeresspiegelanstiegs
unter Wasser stehen oder einer erhöhten Überschwemmungsgefahr ausgesetzt sind.
Oder sind z. B. Architekten mitverantwortlich, wenn sie die Auswirkungen des Klimawandels bei der Planung von Häusern oder Industrieanlagen nicht berücksichtigen?
(Münchener Rück, 2008 a, und Swiss Re, 2008 a, b, c)
67
Optionen für Versicherer
Versicherer haben verschiedene Optionen (siehe auch Umweltbericht 2005, Kapitel 4.3.3):
앫 Schadenvorsorge und Schadenmanagement
앫 Gezielte Beratung und Sensibilisierung der Kunden (siehe auch GDV, 2008 b, c)
앫 Rabatte und Selbstbehalte
앫 Trendzuschläge
앫 begrenzte Laufzeiten für Verträge
앫 Beitragsanpassungsklauseln
앫 Mitversicherungs-Lösungen
앫 Policen mit Ereignis- oder Jahreslimits für Risiken und/oder Regionen
앫 Ausschluss von Risiken und besonders exponierten Regionen
앫 Nutzen von Tools wie ZÜRS, ZÜRS Geo, WIND und CRESTA/PML-Auswertungen
앫 Kooperation mit wissenschaftlichen Instituten zwecks Klimamodellen/-szenarien
앫 eigenes, aktives Umweltmanagement
앫 Reduzierung der CO2 -Emissionen aus dem eigenen Geschäftsbetrieb
앫 Förderung umweltbewussten Verhaltens und umweltfreundlicher Techniken durch entsprechende Deckungskonzepte und durch die Versicherung der spezifischen Risiken
앫 Erneuerbare-Energien-Technik mit Risikobewertungen und Deckungskonzepten begleiten
Dennoch: Um die Folgen des Klimawandels zu managen, ist nach Ansicht des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) die Notwendigkeit einer Pflichtversicherung oder eines staatlichen Katastrophenfonds mehr denn je gegeben (GDV, 2007).
Kampagne „Vorausdenken – elementar versichern“
Im Februar 2009 starteten das Bundesland Bayern und seine Versicherer eine gemeinsame Kampagne, um den Absatz von Elementarschaden-Deckungen anzukurbeln. Es sei
ein „bisher einmaliger Vorgang, dass der Staat und die private Assekuranz ein Versicherungsprodukt gemeinsam bewerben“, so Bayerns Umweltminister Markus Söder beim
offiziellen Startschuss der Kampagne „Vorausdenken – elementar versichern“. Der
wachsende Druck durch den Klimawandel schafft das offensichtlich.
Während die Versicherer u. a. massive Werbeanstrengungen ankündigten, will die
bayerische Staatsregierung Gemeinden und Städte mobilisieren, um einen von ihr herausgegebenen Flyer zur besseren Aufklärung über das Elementarschadenrisiko künftig allen
Grundsteuerbescheiden beizulegen. Außerdem setze man auf Multiplikatoren wie beispielsweise Hausbesitzervereine oder die bayerischen Bankenverbände.
Gesetzliche Versicherungspflicht vorerst vom Tisch
Nicht weiterverfolgt werden dagegen Überlegungen zur Einführung einer Versicherungspflicht für Hausbesitzer. Diesem von der bayerischen Staatsregierung wie der Bundesregierung mehrfach geprüften Lösungsansatz zur stärkeren Verbreitung der ElementarschadenVersicherung stehen vor allem verfassungsrechtliche Bedenken entgegen. Zudem besteht
die Notwendigkeit einer jährlichen Staatsgarantie in Höhe von vielen Milliarden Euro.
2
68
Klimawandel
2.3 Unsere Klimastrategie
„Unser umfangreiches Maßnahmenpaket in
der Wohngebäudeversicherung hat dazu beigetragen, dass die durch Kyrill verursachte
Schadenbelastung sich für die RheinLand Versicherungsgruppe halbierte. Auch wenn Kyrill
nicht voraussagbar war, zeigt dies dennoch,
dass es absolut richtig und notwendig war,
dass wir uns frühzeitig und intensiv mit dem
Änderungsrisiko Klimawandel auseinandergesetzt haben.
”
Christoph Buchbender, Vorstand
Umweltbeauftragter der RheinLand
Versicherungsgruppe
Als Versicherer bieten sich uns verschiedene direkte und indirekte Möglichkeiten, zur CO2-Vermeidung und somit zum Klimaschutz beizutragen (siehe
auch Umweltbericht 2005, Kapitel 3): Die direkten, aus dem eigenen Geschäftsbetrieb resultierenden CO2-Emissionen können durch Energieeffizienz, Reduktions- und Vermeidungsstrategien, Substitution (z. B. ÖkoStrom) und Kompensation (z. B. Finanzierung von Aufforstungen und
Klimazertifikate) vermindert werden.
Die indirekten, nicht am Unternehmensstandort entstehenden CO2-Emissionen können durch ein gezieltes Angebot an die Kunden, eigene Beiträge
zum Klimaschutz zu leisten, vermindert werden. Hierfür bietet sich eine
entsprechende Produktgestaltung sowie eine gezielte Kundeninformation
und -sensibilisierung an.
Darüber hinaus können wir durch versicherungstechnische Maßnahmen die aus dem Klimawandel resultierenden Risiken minimieren und Chancen nutzen (siehe auch Umweltbericht
2005, Kapitel 4.3.3).
2.3.1 Bausteine
Für unsere im Jahr 2007 eingeführte Klimastrategie haben wir die nachfolgend genannten
sieben Bausteine identifiziert:
Baustein 1: Betriebsökologie (Vermeidung – Reduktion – Substitution)
Beispiele für umgesetzte Maßnahmen:
앫 Abfalltrennung
앫 Energiemanagement
앫 Verwendung von Energiesparlampen
앫 Austausch aller Röhren- gegen
TFT-Monitore
Abb. 38:
Bausteine unserer
Klimastrategie
앫 Austausch aller Drucker und Kopierer
gegen Multifunktionsgeräte mit der
Option „Doppelseitig drucken/kopieren“
앫 Konsequente Verwendung von
Recyclingpapieren
앫 Wasserenthärtungsanlage zur Lebenszeitverlängerung elektrischer Geräte
앫 Installation eines Sonnenschutzes an der Fassade
앫 Umstellung auf 100-prozentigen Öko-Strom in unserer
Hauptverwaltung
69
Baustein 2: CO2-Kompensation
Beispiele für umgesetzte Maßnahmen:
앫 CO2-Neutralität unserer Dienstwagenflotte seit 2006 durch Aufforstung von mehr als
15 Hektar Wald
앫 Auflagenstarke und hochvolumige Druckaufträge werden klimaneutral gedruckt
앫 Aufforstung weiterer 24,9 Hektar Wald – angestrebt wird die dauerhafte CO2-Neutralität
unseres Geschäftsbetriebes (Hauptverwaltung)
Baustein 3: Produktökologie
Beispiele für umgesetzte Maßnahmen:
Kfz-Versicherung
앫 Nachlass für Jahreskarteninhaber des ÖPNV
앫 Nachlass für serienmäßige Erdgas-/Autogasfahrzeuge
앫 Nachlass für Wenigfahrer
앫 Nachlass für BUND-Mitglieder
앫 Angebot zur CO2-Kompensation in Kooperation mit PRIMAKLIMA-weltweit e. V.
앫 Nachlass für werksseitig mit Elektro-, Wasserstoff-, Brennstoffzellen-, Hybrid- oder Solarantrieb ausgestattete Pkws (ab 10/2009)
Sachversicherung
앫 Solarstrom- und Solarheizungsanlagen, Wärmeschutzverglasung und Wärmedämmung
sind mitversichert
앫 Angebot und Durchführung von Schadenpräventions-Maßnahmen im Wohngebäudesegment
(Sturm/Regen/Leitungswasser)
앫 Nachlässe für BUND-Mitglieder
앫 Angebot zur CO2-Kompensation in Kooperation mit PRIMAKLIMA-weltweit e. V.
Baustein 4: Gezielte Kundeninformation
Beispiele für umgesetzte Maßnahmen:
앫 Regelmäßige Veröffentlichung von Umweltberichten
앫 Umwelt-Internetseiten
앫 Kooperation mit dem BUND
앫 Flyer „Ökologisch versichern“ zur BUND-Kooperation
앫 Kooperation mit PRIMAKLIMA-weltweit e. V.
앫 Broschüre „Versicherung – Klimaschutz – CO2-OPERATION“ zur PRIMAKLIMA-Kooperation
앫 Kooperation mit der co2online gemeinnützige GmbH
앫 Produktspezifische Umweltflyer
70
2
Klimawandel
Baustein 5: Versicherungstechnische Maßnahmen
Beispiele für umgesetzte Maßnahmen:
앫 Ursachen, Auswirkungen und Optionen des Klimawandels aufbereitet
앫 Umfassende Risikoüberprüfung Elementarschadenversicherung
앫 Anpassung der Tarife im Wohngebäude-Geschäft
앫 Sanierung schlecht laufender Verträge im VG-Geschäft
앫 Begrenzung der Einzeichnung des Elementargeschäfts
앫 Mitversicherungs-Lösung im VG-Geschäft
앫 Rückversicherungsschutz für den Kompositbereich auf ein 200-jähriges Sturmereignis
ausgerichtet
앫 Integration von ZÜRS in die Angebotssysteme
Baustein 6: Kapitalanlagepolitik
Beispiele für umgesetzte Maßnahmen:
앫 Nachhaltigkeitsprüfung für die bestehenden Aktien im Direktbestand und für
die Spezialfonds
앫 Identifizierung klimabedingter Risiken und Chancen in der Kapitalanlage
Baustein 7: Einbindung unserer Mitarbeiter
Beispiele für umgesetzte Maßnahmen:
앫 Bewusstes Mitarbeiterverhalten am Arbeitsplatz
앫 Regelmäßige Umweltteam-Sitzungen
앫 Tischkarten mit Umwelt-Tipps im Kasino
앫 Umwelt-Intranetseiten
앫 Umweltbeiträge in der Mitarbeiterzeitschrift
앫 Umweltmanagement als Thema in den Einführungsveranstaltungen für neue Mitarbeiter
앫 Umwelt-Prospektständer
앫 Regelmäßige Veröffentlichung von Umweltberichten
앫 TRANSFAIR-Kaffee in der Kasinoverpflegung und Bewirtung
앫 Ausschank und Verkauf von „Nüsser Appel“-Saft
71
2.3.2 Chronologie
1995
앫 Bereits seit 1995 engagiert sich die RheinLand Versicherungsgruppe in allen vier Handlungsfeldern,
die sich einem Versicherer im Umwelt- und Klimaschutz
bieten.
앫 Der Schutz der Umwelt wird fest in unserem
Unternehmensleitbild verankert.
Weitere Infos www.rheinland-versicherungsgruppe.de
(Umwelt – Umweltpolitik)
앫 Ein Umweltmanagement-System wird eingeführt.
Weitere Infos www.rheinland-versicherungsgruppe.de
(Umwelt – Umweltmanagement)
앫 Bei Unterzeichnung der „UNEP-Erklärung der Versicherungswirtschaft zum Einsatz für die Umwelt“ gehören die RheinLand Versicherungen zur Gruppe der weltweit 18 Erstunterzeichner.
Abb. 39:
Handlungsfelder
im Umwelt- und
Klimaschutz
1996
앫 Beginn der Kooperation mit dem Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V.
(BUND): BUND-Mitglieder erhalten Vorzugstarife mit Sondernachlässen von bis zu
20 Prozent in der privaten Haftpflicht-, Unfall-, Wohngebäude-, Wohnungs-/Hausrat-,
Kraftfahrzeug- und Schutzbriefversicherung.
Weitere Infos www.rheinland-versicherungsgruppe.de (Umwelt – Kooperationen)
앫 Fahr&Spar-Nachlass: RheinLand-Kunden, die eine Jahreskarte für Busse oder ÖPNV
besitzen, erhalten für ihr privates Kraftfahrzeug einen Nachlass in der Haftpflicht- und
Kaskoversicherung.
Abb. 40:
Flyer zur BUNDKooperation
72
2
Klimawandel
1997
앫 Mitversicherung von Solarstrom- und Solarheizungsanlagen sowie
von Regenwasser-Sammelbehältern gegen Feuer- und Sturmschäden.
앫 Erste Sitzung des RheinLand Umweltteams.
앫 Veröffentlichung des ersten „Umweltberichts 1996“.
Abb. 41:
Unser
„Umweltbericht 1996“
Weitere Infos www.rheinland-versicherungsgruppe.de (Umwelt – Download)
앫 Einrichtung einer Vollzeitstelle Umweltkoordinator.
앫 Umstellung der Kopierer und Drucker auf Recyclingpapier aus 100 Prozent Altpapier.
RECYCLINGPAPIER MIT BLAUEM ENGEL
IST ÖKOLOGISCH EINDEUTIG VORTEILHAFTER
ALS FRISCHFASERPAPIER.
DAS HERSTELLEN VON RECYCLINGPAPIER MIT BLAUEM ENGEL VERMEIDET CO2-EMISSIONEN
UND VERBRAUCHT WEITAUS WENIGER RESSOURCEN ALS FRISCHFASERPAPIER:
500 BLATT
RECYCLINGPAPIER
10,5 kWh
2,2 kg
7
2,8 kg
7
Abb. 42:
Die ökologischen
Vorteile von Recyclingpapier (© Initiative Pro
Recyclingpapier)
500 BLATT
FRISCHFASERPAPIER
ALTPAPIER
HOLZ
ENERGIE
CO2-EMISSIONEN
51,1 l
WASSER
7,5 kg
26,8 kWh
Einspareffekte mit Recyclingpapier
앫 Mit 3 Blatt können Sie eine Kanne
Kaffee kochen
앫 250 Blatt lassen Ihre 11-Watt-Energiesparlampe mehr als 50 Stunden leuchten
앫 500 Blatt waschen Ihre Wäsche
앫 1.000 kg Recyclingpapier vermeiden
so viel CO2, wie ein durchschnittlicher
Pkw auf der Fahrt von Berlin nach Paris
ausstößt
2,6 kg
130,2 l
DENKEN SIE BEIM EINKAUF DARAN:
RECYCLINGPAPIER IST KLIMASCHUTZPAPIER
Weitere Infos www.initiative-papier.de
1998
앫 Markteinführung einer Kfz-Versicherung mit Spendenoption auf CO2-Ausgleich.
73
1999
앫 Trägerflüssigkeiten in Solarheizungsanlagen werden dem Leitungswasser gleichgestellt.
앫 Seit Inbetriebnahme unseres neuen Hauptverwaltungsstandortes reduzieren wir die
CO2 -Emissionen unseres Geschäftsbetriebes, z. B. durch kontinuierliche Senkung unseres Heizwärmebedarfs.
Weitere Infos www.rheinland-versicherungsgruppe.de (Umwelt – Im Büro)
Heizwärmebedarf 1999-2008
(Kilowattstunden je m2 und Jahr)
kWh
150
Abb. 43:
Heizwärmebedarf
unserer Hauptverwaltung 1999 bis 2008
100
50
132
118
114
104
95
93
85
88
86
92
1999
2000
2001
2002
2003
2004
2005
2006
2007
2008
0
앫 Einführung von TRANSFAIR-Kaffee in der Kasinoverpflegung und Bewirtung.
Weitere Infos www.transfair.org
2000
앫 Einführung einer Abfalltrennung in den Etagenküchen.
앫 Einrichtung von Umweltseiten im Internet der RheinLand Versicherungen.
Weitere Infos www.rheinland-versicherungen.de/umwelt
2001
앫 Integration des Themas Umweltschutz in die Stellenbeschreibungen.
앫 Beginn der Unterstützung des Botanischen Gartens Neuss (siehe Kapitel 3.3.4).
Weitere Infos www.rheinland-versicherungsgruppe.de (Umwelt – Kooperationen)
2002
앫 Einrichtung von Umweltseiten im Intranet (RheinLand.Net).
74
2
Klimawandel
2003
앫 Beginn der Unterstützung des BUND-Projekts Das Grüne Band®(siehe Kapitel 3.3.3).
앫 Veröffentlichung des „Umweltberichts 2002“.
Weitere Infos www.rheinland-versicherungsgruppe.de (Umwelt – Download)
Abb. 44:
Unser
„Umweltbericht 2002“
2004
앫 CO2-Neutralität als spezielles Angebot für unsere Kunden: Beginn der Kooperation
mit PRIMAKLIMA-weltweit e. V. (siehe Kapitel 3.3.1).
Weitere Infos www.rheinland-versicherungsgruppe.de (Umwelt – Kooperationen)
앫 Veröffentlichung der Broschüre „Versicherung – Klimaschutz – CO2-OPERATION“
(siehe Kapitel 3.3.1).
앫 Aufbereitung der Ursachen, Auswirkungen und Optionen des globalen Klimawandels und
Identifizierung von Chancen und Risiken für die Zeichnungspolitik, die Versicherungstechnik, die Produktentwicklung, den Rückversicherungsschutz, das Asset-Management und
die Unternehmenskommunikation.
2005
앫 Pflanzung von 0,75 Hektar Wald im Rhein-Kreis Neuss: Ziel ist dauerhafte CO2-Neutralität
unserer Dienstwagenflotte ab Ende 2006 (siehe Kapitel 3.3.1).
앫 Umfassende Risikoprüfung für unsere Elementarschadenversicherung.
앫 Markteinführung eines Nachlasses für serienmäßig mit Erdgas (CNG) oder Autogas
(LPG) betriebene Pkws.
Umwelt Kf z -Versicherung
Die optimale Lösung
für Erdgas- und
Autogas - Fahrzeuge
앫 Beginn der Kooperation mit der co2online gemeinnützige GmbH („Klima sucht SchutzKampagne“ des Bundesumweltministeriums) als erstes Versicherungsunternehmen
überhaupt.
Weitere Infos www.rheinland-versicherungsgruppe.de (Umwelt – Kooperationen)
앫 Einrichtung von Umweltseiten im Internet der RheinLand Versicherungsgruppe.
Weitere Infos www.rheinland-versicherungsgruppe.de
Abb. 45:
Flyer zum Erdgas-/
Autogas-Nachlass
앫 Auszeichnung unseres Auszubildenden-Projekts „Umweltschutz am Arbeitsplatz“
beim MIMONA-Wettbewerb 2005 (siehe Umweltbericht 2005, Seite 107).
75
2006
앫 Dauerhafte CO2-Neutralität unserer Dienstwagenflotte: Pflanzung weiterer 14,8 Hektar
Wald in Sachsen (siehe Kapitel 3.3.1).
앫 Veröffentlichung des „Umweltberichts 2005 – Versicherung und Klimawandel“.
Weitere Infos www.rheinland-versicherungsgruppe.de (Umwelt – Download)
앫 Umfangreiches Maßnahmenpaket für die Wohngebäudeversicherung/Elementarschadenversicherung: Für die RheinLand Versicherungsgruppe stellt, aufgrund ihres im Markt
überdurchschnittlich hohen Anteils von Gebäudeversicherungen am Gesamtbestand, das
Sturmrisiko ein sehr exponiertes Risiko dar. Um hier einen ausgeglichenen Bestandsmix
zu erreichen, haben wir im Wege der Mitversicherung andere Risikoträger in die Wohngebäudeversicherung hereingenommen. Zum 1. Januar 2007 werden zwei namhafte deutsche Versicherer am Wohngebäude-Geschäft der RheinLand Versicherungsgruppe prozentual beteiligt. Die Kooperationspartner tragen 56 Prozent des Schadenvolumens.
Mit dieser so genannten „Offenen Beteiligung“ gelingt es uns, die aufgrund des Klimawandels zu erwartende steigende Schadenbelastung, z. B. aus Stürmen, zu reduzieren
und dennoch den Marktzugang unverändert aufrechtzuerhalten. Mit dieser Veränderung
einher gehen eine Anpassung der Tarife und die Sanierung schlecht verlaufender Verträge
im Wohngebäudegeschäft sowie eine Begrenzung der Einzeichnung des Elementargeschäfts.
앫 Aufstockung des Rückversicherungsschutzes: Die RheinLand Versicherungsgruppe untersucht ihren Vertragsbestand im Hinblick auf künftige Anforderungen der risikobasierten
Eigenmittelhinterlegung bei Versicherungsunternehmen (Solvency II) und richtet ihren
Rückversicherungsschutz für den Kompositbereich auf ein 200-jähriges Sturmereignis aus.
2007
앫 Einführung einer expliziten Klimastrategie für die RheinLand Versicherungsgruppe.
앫 Beginn der Unterstützung des Streuobstwiesen-Projekts „Nüsser Appel“ der BUNDOrtsgruppe Neuss-Kaarst (siehe Kapitel 3.3.2).
Weitere Infos www.rheinland-versicherungsgruppe.de (Umwelt – Kooperationen)
Abb. 46:
Unser „Umweltbericht
2005 – Versicherung
und Klimawandel“
76
2
Klimawandel
2008
앫 Erhöhung der Mitversicherung auf 80 Prozent: Im Januar 2007 verwüstet Orkan Kyrill mit
Spitzengeschwindigkeiten von mehr als 200 km/h weite Teile Europas. In Europa verursacht Kyrill einen gesamtwirtschaftlichen Schaden von 7,8 Mrd. Euro (davon 4,5 Mrd.
Euro versicherte Schäden) und beschert alleine der deutschen Versicherungswirtschaft
über 1,5 Millionen Einzelschäden. Die frühzeitig beschlossenen Maßnahmen tragen dazu
bei, dass die durch Kyrill verursachte Schadenbelastung sich für die RheinLand Versicherungsgruppe halbiert. Dies veranlasst uns dazu, die Hereinnahme anderer Risikoträger in
die Wohngebäudeversicherung im Wege der Mitversicherung zum 1. Juli 2008 auf
80 Prozent weiter zu erhöhen.
Orkan Kyrill
Wann und wo: Orkan Kyrill fegte am 18. und 19. Januar 2007 über weite Teile Europas.
Windgeschwindigkeiten: Flächendeckend wurden deutlich über 100 km/h verzeichnet,
mit Spitzenwindgeschwindigkeiten im Flachland von mehr als 140 km/h; an exponierten Bergstationen, z. B. am Wendelstein in Bayern, wurden 202 km/h gemessen.
Der Sturm erreichte stellenweise auch im Flachland Orkanstärke (Beaufort-Skala 12
= >118 km/h).
Schäden (Auswahl): 54 Mio. m³ zerstörter Wald in Europa (davon etwa 35 Mio. m³ in
Deutschland); schwere Landverluste auf Sylt; die Deutsche Bahn musste ihren Betrieb
komplett einstellen; vor Südengland havarierte der Container-Frachter MSC Napoli;
hunderttausende Haushalte waren von Stromausfällen betroffen; im Bereich der Kaltfront entwickelten sich teils heftige Gewitter mit Hagelschlag; im Osten Deutschlands
kam es zu Schäden durch Tornados; es gab 49 Todesopfer (13 in Deutschland).
Schadenmeldungen: 1,5 Mio. Einzelschäden für die deutsche Versicherungswirtschaft
(auf die RheinLand Versicherungsgruppe entfielen mehr als 13.500 SHU- und KfzSchäden).
Schadenhöhe: Kyrill war für Deutschland der teuerste, für Europa der zweitteuerste
Wintersturm. Der Gesamtschaden in Europa lag bei 7,8 Mrd. Euro (davon 4,2 Mrd.
Euro in Deutschland). Die versicherten Schäden beliefen sich auf 4,5 Mrd. Euro in
Europa, davon 2,4 Mrd. Euro in Deutschland.
Abb. 47:
Orkan Kyrill zerstörte
europaweit riesige
Waldflächen.
앫 Mitarbeit im GDV-Projekt „Klimawandel“: Die
RheinLand Versicherungsgruppe engagiert
sich in der Arbeitsgruppe „CO2-Neutralität“.
Ziel ist die Erstellung eines Leitfadens zur
CO2-Reduzierung in der Branche.
앫 Pflanzung weiterer 21,4 Hektar Wald: Angestrebt wird die dauerhafte CO2-Neutralität
unseres Geschäftsbetriebes (Hauptverwaltung) ab Ende 2010 (siehe Kapitel 3.3.1).
77
2009
앫 Umstellung auf Öko-Strom: Der Strombezug der Hauptverwaltung wird zum 1. Januar
2009 auf 100-prozentigen Öko-Strom mit dem „Grüner-Strom-Label-GOLD“ umgestellt.
Hierdurch reduzieren wir unsere CO2-Emissionen um etwa 70 Prozent.
Das „Grüner-Strom-Label-GOLD“
Das „Grüner-Strom-Label-GOLD“ wird vom Verein „Grüner Strom Label e. V.“ vergeben.
Der Verein wird von führenden Natur-, Umwelt- und Verbraucherschutzverbänden sowie
Friedensorganisationen getragen. Träger sind der Bund für Umwelt und Naturschutz
Deutschland (BUND), EUROSOLAR, der Naturschutzbund Deutschland (NABU), der
Deutsche Naturschutzring (DNR) und die Verbraucher Initiative sowie Internationale
Ärzte für die Verhütung des Atomkrieges/Ärzte in sozialer Verantwortung e. V. (IPPNW)
und die Naturwissenschaftler für den Frieden (NaturwissenschaftlerInnen Initiative).
Das Grüner-Strom-Label garantiert den nachweisbaren Ausbau der Stromproduktion
aus erneuerbaren Energien in Deutschland. Die Kunden, die sich für ein mit dem
Grüner-Strom-Label zertifiziertes Stromangebot entscheiden, zahlen je kWh einen Aufpreis von mindestens einem Cent, der für den Neubau von Anlagen zur Produktion von
Erneuerbare-Energien-Strom verwendet wird. GOLD garantiert 100 Prozent regenerativ
erzeugten Strom.
Weitere Infos www.gruenerstromlabel.org
앫 „RheinLand-Wald“ in Neuss: Pflanzung weiterer 3,5 Hektar Wald in Neuss
(siehe Kapitel 3.3.1).
앫 Klimaneutraler Druck: Auflagenstarke und hochvolumige Druckaufträge, z. B.
Geschäfts- und Umweltberichte, werden klimaneutral gedruckt (siehe Seite 153 f.).
앫 Integration von ZÜRS in die Angebotssysteme.
앫 Beginn der Unterstützung des Hauses der Natur – Biologische Station im Rhein-Kreis
Neuss e. V. (siehe Kapitel 3.3.5).
앫 Veröffentlichung des „Umweltberichts 2008/2009 – Klimawandel und Biodiversität“.
앫 Markteinführung eines Nachlasses für werksseitig mit Elektro-, Wasserstoff-, Brennstoffzellen-, Hybrid- oder Solarantrieb ausgestattete Pkws (ab 10/2009).
Ausblick auf 2010
앫 Dauerhafte CO2-Neutralität unseres Geschäftsbetriebes durch Pflanzung weiterer
45 Hektar Wald: Bis Ende 2010 werden wir voraussichtlich 85 Hektar Wald (etwa 920 x
920 Meter) gepflanzt haben. Durch die Pflanzungen will die RheinLand Versicherungsgruppe alle unvermeidbaren Kohlendioxid-Emissionen ihres Geschäftsbetriebes (Hauptverwaltung) neutralisieren, die sich – einen gleich bleibenden CO2-Ausstoß vorausgesetzt –
Jahr für Jahr innerhalb der nächsten 50 Jahre ergeben (siehe Kapitel 3.3.1).
Abb. 48:
Das
„Grüner-Strom-Label“
78
3.
Biodiversität
79
Biodiversität (bios = Leben, divers = verschieden) bezeichnet die Vielfalt der Ökosysteme,
in denen Lebewesen voneinander abhängen, die Vielfalt der Arten, die die Evolution im Verlauf der Erdgeschichte hervorgebracht hat, und die Vielfalt der Erbanlagen von Gruppen und
Individuen einer Art (genetische Vielfalt).
Derzeit sind weltweit knapp zwei Millionen Arten bekannt, die mögliche Gesamtzahl aller
Arten auf der Erde beträgt wahrscheinlich weit mehr als zehn Millionen (Streit, 2007).
Abb. 50:
Die mögliche Gesamtzahl aller Arten auf
der Erde beträgt wahrscheinlich weit mehr
als zehn Millionen.
3.1 Bedrohungen
Gemäß der von der Weltnaturschutzunion IUCN (International Union for Conservation of
Nature) im Jahr 2008 veröffentlichten Roten Liste bedrohter Arten sind 16.928 Tier- und
Pflanzenarten weltweit vom Aussterben bedroht, darunter fast ein Drittel aller Amphibien,
jede achte Vogelart und jede vierte Säugetierart. Für ihre Berechnung hat die IUCN 44.838
Arten evaluiert, demnach liegt der Anteil der gefährdeten Arten bei knapp 40 Prozent. Dieser Artenrückgang betrifft nicht nur Wildtiere und -pflanzen, sondern auch domestizierte,
landwirtschaftlich genutzte Tiere und Pflanzen. So bilden heute nur noch rund 15 Pflanzenarten und acht Nutztierrassen die Basis der Ernährung der gesamten Weltbevölkerung
(oekom research, 2008 a).
Weitere Infos www.iucn.org
80
3
Biodiversität
Einfalt statt Vielfalt
Mitte des 19. Jahrhunderts verhungerten schätzungsweise 500.000 bis eine Million
Iren, weil ihre Kartoffelernte durch einen Pilz vernichtet wurde. Auch heute noch machen
Kartoffeln weltweit 50 Prozent der pflanzlichen Nahrung der Menschen aus. Der Mensch
hat sich nicht gerade üppig aus dem Sortiment der Natur bedient. Obwohl ein Viertel
der 240.000 Pflanzenarten essbar ist, landeten im Lauf der Geschichte nur rund 3.000
Arten auf den Tellern. Nur 20 Arten liefern heute 90 Prozent der Pflanzen, die wir essen.
Davon sind Weizen, Mais, Reis und Kartoffeln die wichtigsten. Doch Bauern und Züchter haben tausende Sorten aus den einzelnen Arten gezüchtet. Wenn eine Sorte Probleme machte, griff man auf die Nachbarsorte zurück. Die moderne Landwirtschaft
beschränkt sich jedoch auf wenige Hochleistungssorten. Welche Gefahren dies birgt,
zeigt die große Reis-Krise in den 1970er-Jahren. Ein aggressives Virus vernichtete die
Ernten von Indien bis Indonesien. 6.273 Reissorten wurden getestet – nur eine widerstand dem Virus. Sehr leicht hätte sie zu den bereits untergegangenen Arten gehören
können.
Die höchste Artenvielfalt ist in den Tropen und Subtropen zu finden. Geschätzte 70 Prozent
der Arten leben hier. Das Wissen um die Lebenszusammenhänge in diesen Regionen ist
jedoch gering und kann im Wettlauf mit der rasant fortschreitenden Zerstörung nicht mithalten.
Von 1950 bis 2000 hat sich die Fläche der tropischen Regenwälder halbiert (BUND, 2008 b).
Bei Säugetieren und Vögeln wird die natürliche Aussterberate heute um das
100- bis 1.000-Fache übertroffen. Die Gesamtzahl der Arten hat zwischen
1970 und 2000 bereits um – so schätzt man – 40 Prozent abgenommen.
Derzeitige Schätzungen gehen davon aus, dass jeden Tag 130 Arten aussterben!
Abb. 51:
Schätzungen gehen
davon aus, dass
jeden Tag 130 Arten
aussterben.
Die im Jahr 2005 veröffentlichte Weltökosystem-Studie „Millennium Ecosystem Assessment“ des World Resources Institute (WRI) listet 24 Dienstleistungen auf, die von diversen Ökosystemen erbracht werden. Sie sind für den
Menschen unverzichtbar oder nur mit großem technischem und finanziellem
Aufwand zu ersetzen. Dazu zählt die Speicherung und Filterung von Trinkwasser, die Reinigung der Luft von Schadstoffen, die Bestäubung von Nutzpflanzen durch Insekten und Fledermäuse, das Lockern der Böden, Schutz vor
Bodenerosion, Steigerung der Bodenfruchtbarkeit und das Entfernen des
Treibhausgases CO2 aus der Atmosphäre. Von den dafür wichtigen Ökosystemen weisen 15 einen negativen Trend aus, sie sind im Niedergang begriffen oder werden nicht nachhaltig genutzt (WRI, 2005).
Heimische Vielfalt
In Deutschland gibt es ca. 45.000 Tier- und 28.000 Pflanzenarten. Als bedroht gelten inzwischen 40 Prozent der Tierarten, über 30 Prozent der Pflanzenarten und etwa 70 Prozent
der Biotope. Schuld daran ist vor allem die Vernichtung von Lebensräumen (BUND, 2008 b).
Trotz einiger positiver Entwicklungen – so konnten z. B. Seeadler, Schwarzstorch, Wanderfalke und Uhu von der Roten Liste genommen werden – ist der Bestand von Tier- und Pflanzenarten in Deutschland und weltweit insgesamt weiterhin alarmierend (BMU, 2009).
81
Nach Angabe des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) sind
mehr als 60 Prozent aller Ökosysteme weltweit geschädigt. Es sind in erster Linie die 6,7 Milliarden Menschen, welche die Natur in nie da gewesenem Tempo zerstören. Durch Urbanisierung und den Ausbau der Infrastruktur, durch die Intensivierung und den Ausbau landwirtschaftlich genutzter
Flächen (in zunehmendem Maße auch für die Biosprit-Produktion), durch
Verschmutzung von Wasser, Boden und Luft, durch das Einschleppen fremder, teils invasiver Arten (siehe auch Kowarik, 2003), durch unkontrolliertes Jagen und Fischen und nicht zuletzt durch den Klimawandel.
„Der Homo sapiens [Mensch] ist eine
unglaublich junge Spezies. Wir sehen das
zwar nicht so, aber wir sind es. Wir tauchten
erst sehr spät in der Zeitrechnung der Erde
auf. Wenn die Erde am 1. Januar entstanden
wäre und wir jetzt den 31. Dezember hätten,
dann gäbe es uns seit 15 Minuten vor Mitternacht des 31. Dezember und die ganze uns
bekannte Geschichte hätte sich in den letzten 60 Sekunden abgespielt.
“
Janine Benyus (Autorin) im Film
„The 11th hour – 5 vor 12“
Global Footprint – der „ökologische Fußabdruck“ wird größer
Am 23. September 2008 hatte die Menschheit alle natürlichen und regenerierbaren Ressourcen verbraucht, die die Erde in diesem Jahr zur Verfügung stellte. Ab diesem Tag konnte jeglicher Müll, der erzeugt wurde sowie
alle Treibhausgase, die in die Atmosphäre gelangten, nicht mehr von der
Natur verarbeitet werden. Nach Berechnungen des Global Footprint Network
bräuchte die Menschheit 1,4 Erden, um den Planeten nicht zu überlasten.
Der „Tag der ökologischen Überschuldung“ kam 2008 bereits zwölf Tage
früher als noch 2007.
Jedes Jahr berechnet das Global Footprint Network den „ökologischen
Fußabdruck“ der Menschheit, das heißt den Bedarf an Acker- und Weideland, Wäldern und Fisch sowie den Platzbedarf für Infrastruktur. Dieser
Bedarf wird der weltweiten biologischen Kapazität gegenübergestellt, also
dem Vermögen der Ökosysteme, Ressourcen aufzubauen und Müll aufzunehmen. Über den „ökologischen Fußabdruck“ kann der genaue Tag festgelegt werden, an dem die weltweite Gemeinschaft mehr verbraucht, als
der Planet jedes Jahr produziert: der Tag der ökologischen Überschuldung.
Abb. 52:
Filmplakat zu
„The 11th hour – 5 vor 12“
(© Warner Bros. Entertainment)
1986 war das erste Jahr, in dem die Menschheit weltweit über ihre Verhältnisse lebte. Der Tag der ökologischen Überschuldung war damals der
31. Dezember. Nur zehn Jahre später verbrauchte die Menschheit 15 Prozent
mehr Ressourcen, der Tag der ökologischen Überschuldung wanderte in den November.
2007 lag er noch auf dem 6. Oktober, 2008 fiel er auf den 23. September. Weltweit verbrauchen wir also rund 40 Prozent mehr, als es die natürliche Kapazität der Erde zulässt
(Greenpeace, 2008).
Living Planet Report 2008
Der Raubbau an der Erde nimmt immer dramatischere Formen an und ist so groß wie
nie zuvor. Zu diesem Ergebnis kommt der „Living Planet Report 2008“ des WWF International. Wenn der Verbrauch an natürlichen Ressourcen weitergeht wie bisher, würden
bis zum Jahr 2035 zwei Planeten benötigt, um den Bedarf an Nahrung, Energie und
Fläche zu decken. Hauptverantwortlich dafür sind vor allem steigender Ressourcenverbrauch, Entwaldung, der vom Menschen verursachte Klimawandel, Umweltverschmutzung und Überfischung. Als Folge werden Ökosysteme zerstört, Arten ausgerottet und
Wasserreserven verknappt (WWF International, 2008 b).
82
3
Biodiversität
3.1.1 Biodiversität und Klimawandel
Der Klimawandel wirkt sich nach den neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen eindeutig
negativ auf die biologische Vielfalt aus und dürfte nach Aussage der Weltökosystem-Studie
„Millennium Ecosystem Assessment“ des World Resources Institute (WRI) die wichtigste
direkte Ursache des Verlusts biologischer Vielfalt werden (WRI, 2005, und BMU, 2008 c).
Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Natur sind mannigfaltig. Bereits jetzt nimmt
der Klimawandel einen weit verbreiteten und zusammenhängenden Einfluss auf systematische Trends eines ökologischen Wandels in allen Lebensräumen auf allen Kontinenten.
Das schließt alle Formen von Pflanzen und Tieren von Säugetieren bis zu Wirbellosen ein.
Die Widerstandsfähigkeit vieler Ökosysteme wird im 21. Jahrhundert mit hoher Wahrscheinlichkeit stark überschritten, weil sie durch eine bisher einmalige Kombination von Klimaänderung und damit verbundenen Störungen (z. B. Überschwemmungen, Dürren, Flächenbränden, Insekten und Ozeanversauerung) sowie anderen Stressfaktoren des globalen Wandels
– wie Landnutzungsänderungen, Umweltverschmutzung, Übernutzung von Ressourcen –
belastet werden. Bei einer Zunahme der globalen Durchschnittstemperatur um mehr als
zwei bis drei Grad Celsius gegenüber dem vorindustriellen Temperaturniveau wird die Leistungsfähigkeit einiger Ökosysteme so eingeschränkt werden, dass negative Konsequenzen
für von Ökosystemen gelieferte Produkte und Dienstleistungen – wie Wasser und Nahrungsmittel – erwartet werden. Etwa 20 bis 30 Prozent der Tier- und Pflanzenarten, die bisher
untersucht wurden, sind vom Aussterben bedroht, wenn die globale Temperatur mehr als
zwei bis drei Grad Celsius über das vorindustrielle Niveau ansteigt. Bei mehr als vier Grad
Celsius könnte es sogar 40 Prozent der Arten treffen (IPCC, 2007).
Der Klimawandel …
앫 wirkt sich nach wissenschaftlichen Erkenntnissen eindeutig negativ auf die biologische Vielfalt aus und dürfte nach Aussage der Weltökosystemstudie „Millennium
Ecosystem Assessment“ die wichtigste direkte Ursache des Verlusts biologischer
Vielfalt werden.
앫 zwingt die biologische Vielfalt bereits heute, sich durch die Verlagerung von Lebensräumen, die Veränderung von Lebenszyklen oder die Entwicklung neuer physischer
Merkmale anzupassen.
앫 wird andererseits in seinen Auswirkungen maßgeblich von einer intakten biologischen Vielfalt abgefedert, da sie die Anpassung an veränderte Klimabedingungen
erleichtert (z. B. dürreresistente Kulturpflanzen) und Katastrophenschutz bietet
(z. B. Mangroven gegen Überschwemmungen).
앫 kann durch die Erhaltung von Lebensräumen bekämpft werden, da natürliche Kohlenstoffsenken wie Wälder und Feuchtgebiete den Kohlendioxidgehalt der Atmosphäre
reduzieren; derzeit ist die Entwaldung aber noch für 20 Prozent der vom Menschen
verursachten Kohlendioxid-Emissionen verantwortlich (BMU, 2008 c).
83
Veränderungen in NRW
Die Jahresmitteltemperatur in NRW ist seit 1901 um 1,1 Grad Celsius angestiegen.
Schon heute beginnt in NRW die Apfelblüte neun Tage früher als in der vorindustriellen
Zeit. Die Verlängerung der Vegetationszeiten beträgt ebenfalls etwa neun Tage und auch
das Eindringen neuer Tier- und Pflanzenarten wurde beobachtet: Wespenspinne, Dornfingerspinne, Robinie und Schmetterlingsstrauch fühlen sich zunehmend wohl in NRW.
Im 20. Jahrhundert wurden vielfältige Veränderungen beobachtet, deren Trend sich
verstärken wird. Mit den veränderten Ökosystemen ändern sich die Lebensbedingungen
für viele Tiere und Pflanzen. Beispiele dafür sind:
앫 früheres Einsetzen von Blattaustrieb und Blütenbildung
앫 Verschiebung der Lebensräume vieler Organismen in größere Höhen oder polwärts
앫 Dezimierung zahlreicher Tier- und Pflanzenpopulationen
앫 verändertes Brut- und Wanderungsverhalten bei Vögeln
앫 Einwandern nicht heimischer (invasiver) Tier- und Pflanzenarten
Invasive, nicht heimische Arten
Europa ist Einwanderungskontinent für mehr als 11.000 fremde Pflanzen, Tiere und
Mikroorganismen. Den Schaden durch diese Lebewesen taxieren Forscher des Projekts
„Delivering Alien Invasive Species Inventories for Europe“ (DAISIE) auf mindestens 10
Milliarden Euro. Die Wissenschaftler betonen allerdings, dass diese Zahl sehr wahrscheinlich viel zu niedrig sei, weil die wirtschaftlichen Auswirkungen von 90 Prozent der
Aliens überhaupt nicht bekannt seien. Viele der Arten beeinträchtigen zudem die biologische Vielfalt – sie betreffen die Umwelt, einzelne Lebensräume, einheimische Pflanzen, Tiere oder Mikroorganismen.
Im Vergleich zu einer Schätzung vor zehn Jahren leben heute etwa fünfmal mehr fremde
Vögel, dreimal mehr fremde Säugetiere und etwa doppelt so viele fremde Pflanzen in
Europa. Die Liste der 100 übelsten Einwanderer in Europa umfasst beispielsweise die
Tigermücke, die sich vor allem in Italien ausbreitet. Der unliebsame Stecher überträgt
u. a. Krankheitserreger wie das West-Nil-Virus und die Auslöser des Dengue-Fiebers.
Unter den Landpflanzen zählen die DAISIE-Wissenschaftler u. a. die auch in Deutschland
weit verbreitete Beifußblättrige Ambrosie (Ambrosia artemisiifolia) zu den größten Übeltätern. Empfindliche Menschen leiden etwa ab Juli unter den Unmengen besonders
stark Allergien auslösender Pollen, die das Kraut abgibt (siehe BfN, 2008, und
Nentwig, 2009).
Weitere Infos www.europe-aliens.org
84
3
Biodiversität
Für südlich verbreitete, Wärme liebende Arten und anpassungsfähige Arten (Generalisten)
mit großer Toleranz gegenüber Umweltveränderungen wurden in Europa Ausdehnungen
ihres Lebensraums in kühlere Klimate beobachtet. Gleichzeitig wird für weniger wärmebedürftige Arten der kühleren Klimate und für an bestimmte Umweltbedingungen angepasste,
spezialisierte Arten (z. B. Insel-, Küsten- oder Gebirgsarten) eine Verschiebung bzw. Verkleinerung ihrer Vorkommensgebiete festgestellt. Allgemein gilt: Anpassungsfähige Arten
(Generalisten) werden vom Klimawandel auf Kosten hoch spezialisierter Arten (Spezialisten) profitieren (WWF Deutschland, 2007 a).
Globale Untersuchungen konnten nachweisen, dass sich die Verbreitungsgebiete zahlreicher Pflanzen- und Tierarten durchschnittlich um etwa sechs Kilometer pro Jahrzehnt in
Richtung Pole bzw. in Gebirgen rund sechs Meter aufwärts verschieben (WWF Deutschland,
2007 c, und BUND, 2009).
Viele Ökosysteme sind für Klimaänderungen besonders anfällig. Einige von ihnen werden
dauerhaft geschädigt, wie beispielsweise Gletscher, Korallenriffe, Mangrovenwälder, boreale
und tropische Wälder, Prärie- und Feuchtgebiete, Graslandschaften sowie arktische und
alpine Ökosysteme. Auch Regionen mit derzeit besonders hoher biologischer Vielfalt („Biodiversity hot spots“) werden sich aufgrund der Klimaänderung stark verändern und viele
Arten werden verschwinden (WWF Deutschland, 2007 a).
Klimawandel bedroht Artenvielfalt an deutscher Nordseeküste
Der Klimawandel bedroht die Artenvielfalt an der deutschen Nordseeküste. Schon bis
Mitte des Jahrhunderts steigt der Meeresspiegel nach jüngsten Prognosen um mehr
als einen halben Meter, die Stürme werden stärker, die Sturmfluten höher. Nach einer
vom WWF veröffentlichten Studie werden in den Flussmündungen von Elbe, Weser, Ems
und Eider wertvolle Lebensräume wie Salzwiesen, Auwälder und Flachwasserzonen verloren gehen (WWF Deutschland, 2008 a).
Laut IPCC genügen manchmal schon kleine Klimaveränderungen, um gefährdete Arten aussterben zu lassen. Zu diesen sehr gefährdeten Arten zählen
die Berggorillas in Afrika, der Pracht-Quetzal in Zentralamerika, andere Waldvögel in Tansania, der Brillenbär in den Anden, der Bengalische Tiger sowie
viele Arten der Sundarban-Mangrovensümpfe in Bangladesch (dem größten
Mangrovenwald der Erde) und die einzigartigen Pflanzenarten am südafrikanischen Kap. Tausende afrikanischer Pflanzenarten in den besonders artenreichen Bergregionen könnten ebenso verschwinden wie die Eisbären in der
Arktis.
Aktuell verdeutlicht die wachsende Nachfrage nach Sojaprodukten und Palmöl aus den Tropen die Verbindung von Biodiversität und Klimawandel (siehe
Seite 36; siehe auch BUND, 2008 a).
Im Folgenden wird anhand einiger ausgewählter Beispiele verdeutlicht, wie
tief greifend die Veränderungen in der Natur sind bzw. sein werden.
Abb. 53:
Der Berggorilla zählt
zu den bedrohtesten
Arten weltweit.
85
a) Veränderungen in der Pflanzenwelt
Der Klimawandel bringt ein breites Spektrum an Veränderungen für die Pflanzenwelt mit
sich: So werden sich Pflanzen an höhere Temperaturen, größere Trockenheit, eine veränderte Verteilung der Niederschläge und einen erhöhten Kohlendioxid-Gehalt anpassen müssen.
Bereits jetzt sind einige Veränderungen zu beobachten, so z. B.:
앫 eine längere Vegetationszeit (sehr früher Laubaustrieb und eine vorverlegte Blütezeit
bergen die Gefahr, dass Pflanzen durch Spätfröste im Frühjahr in ihrer Entwicklung beeinträchtigt werden)
앫 andere Verbreitungsgebiete (Arten, die in Gebirgen oder höheren, kühleren Breiten
leben, können bei fortschreitender Erwärmung nicht beliebig weit in höhere Lagen bzw. in
Richtung der Pole wandern)
앫 veränderte Pflanzengesellschaften (mit steigenden Temperaturen kommt es zu einer
Verringerung des pflanzenverfügbaren Bodenwassers, dadurch haben wärmebedürftige
Pflanzenarten trockener Standorte einen Vorteil)
앫 das lokale Aussterben von Arten und Pflanzengesellschaften (die den veränderten
Umweltbedingungen nicht standhalten)
앫 das Einwandern nicht heimischer Arten (die einheimische Arten verdrängen und
wirtschaftliche sowie gesundheitliche Schäden verursachen können)
Klimawandel bedroht jede fünfte Pflanzenart in Deutschland
Jede fünfte Pflanzenart in Deutschland könnte bis zum Jahr 2080 Teile ihres heutigen
Verbreitungsgebietes verlieren. Als Folge des Klimawandels werden die Vorkommen der
Arten neu verteilt. Dies könnte die Vegetation vor allem im Südwesten und im Osten
Deutschlands stark verändern. Selbst bei moderatem Klimawandel und geringen Veränderungen der Landnutzung ist damit zu rechnen, dass die Flora geschädigt wird. Dies
zeigt, wie wichtig es ist, die Erwärmung auf zwei Grad Celsius über das vorindustrielle
Niveau zu begrenzen, um eine große Biodiversität der pflanzlichen Artengemeinschaft
erhalten zu können.
Die Auswirkungen des klimatischen Wandels führen zu lokalen Verlusten in der Flora.
Ein genereller Trend ist die Verkleinerung der Verbreitungsgebiete der Pflanzen. Es wandern aber auch Arten aus Mittel- und Südeuropa zu, die bislang nicht in Deutschland
vorkamen. Die Effekte sind lokal unterschiedlich, negative Auswirkungen auf die aktuelle Artenvielfalt sind vor allem in Nordost- und Südwestdeutschland absehbar. Besonders
viele Arten könnten das Saarland, Rheinland-Pfalz und Hessen sowie die Tieflandebenen Brandenburgs, Sachsen-Anhalts und Sachsens verlieren. Dagegen könnten die
Artenzahlen in den Mittelgebirgen Baden-Württembergs, Bayerns, Thüringens und Sachsens durch einwandernde Pflanzen leicht zunehmen (PIK-Potsdam, 2008).
86
3
Biodiversität
Beispiel Wald und Forstwirtschaft
Während die Buche (Fagus sylvatica) nach Meinung von Forstexperten weiterhin zahlreich vertreten sein wird, wird die häufigste angebaute Baumart
Deutschlands, die flach wurzelnde Fichte (Picea abies), unter höheren Temperaturen und damit einhergehender Trockenheit leiden. Der Brotbaum der
deutschen Forstwirtschaft bevorzugt kühle und feuchte Standorte. In längeren Trockenperioden erhält die Fichte nicht mehr genügend Wasser und
wird anfälliger für Schädlinge und heftige Stürme (siehe auch Stiftung
Wald in Not, 2008, und TU Dresden & Stiftung Wald in Not, 2008).
Nach einer Studie der TU München könnte sich wegen der Klimaerwärmung
die Borkenkäferplage bis zum Jahr 2015 verdreifachen. Ebenfalls auf dem
Vormarsch sind Maikäfer (siehe Seite 92). Hinzu kommt, dass die Eier und
Larven vieler Insekten bei den milden Temperaturen den Winter überleben.
Im Verlauf des Jahres könnten so zusätzliche Generationen heranwachsen.
Durch Trockenheit, höhere Temperaturen und Luftschadstoffe geschwächt,
macht die Zunahme der Schädlinge vielen Bäumen zu schaffen.
Abb. 54:
Fichtenforste sind
besonders anfällig
für die Folgen des
Klimawandels.
Experten empfehlen daher, Mischwälder zu pflanzen, um die Widerstandskraft der Forste
gegen den Klimawandel zu erhöhen.
Wegen solcher Unwägbarkeiten wollen nun immer mehr Waldbesitzer die von Orkan und
Käfer geplagten Fichten durch Baumarten fremdländischer Herkunft ersetzen. Die kanadische Douglasie beispielsweise ist nach nur 50 Jahren erntereif, für Ökologen jedoch ein rotes Tuch. Der Fremdling kann von der heimischen Fauna
kaum genutzt werden: Seine Samen dienen nur etwa sieben europäischen
Vogelarten als Futter, die von Tanne und Fichte ernähren bis zu 39 Arten.
Der Anbau nicht heimischer, hitze- und trockenheitsresistenterer Arten aus
Kanada, Spanien, Portugal und Italien könnte demnach nicht nur das Bild
vom deutschen Wald massiv verändern. Auch Insekten, Vögel und andere
Tiere müssten sich auf die Zuwanderer einstellen.
Abb. 55:
Die Borkenkäferplage
könnte sich bis 2015
verdreifachen.
Wälder und Moore schützen
Moore und Wälder sind natürliche Kohlendioxidspeicher. 20 Prozent der klimaschädlichen Emissionen gehen auf das Konto von Waldrodungen vor allem in den Tropen und
Subtropen (siehe auch WWF Deutschland, 2008 b). Der Schutz der biologischen Vielfalt leistet einen Beitrag zum Klimaschutz, beispielsweise, indem Moore und Wälder
erhalten oder wiederhergestellt werden.
87
Beispiel Weinbau
Gehören die deutschen Winzer zu den Gewinnern des Klimawandels? Schließlich steigt mit
den Temperaturen und der erhöhten Sonneneinstrahlung der Öchslegehalt des Weins. Aber
was ist im Jahr 2050? Dann droht den heutigen Rebsorten Gefahr durch Hitze, Trockenheit
und Schädlinge aus dem Süden. Muss dann bereits im September statt im Oktober geerntet werden, damit der Wein
nicht zu schwer wird? Dann
aber haben die Trauben nicht
den Wechsel von warmen Tagen
und kalten Nächten des Herbstes, sie erhalten nicht genügend
Säure, der Wein wird zu flach.
Erfolgt die Ernte im Oktober
(des Jahres 2050), enthält der
Wein sehr viel mehr Zucker als
heute, was den Alkoholgehalt
steigen lässt. Da Verdünnen
mit Wasser nicht infrage
kommt, bleibt nur der Umstieg
auf andere Sorten.
Abb. 56:
Der deutsche Weinbau könnte vom Klimawandel profitieren.
Mögliche Lösung: Anbau neuer Rebsorten und Umstrukturierung der Weinberge. Begehrte
Sorten aus Südeuropa werden Einzug halten, Deutschland wird zum Rotweinland. Wurden
vor 25 Jahren hierzulande zwölf Prozent wärmebedürftiger Rotwein angebaut, sind es heute
fast 30 Prozent. Ob in Zukunft aber noch Riesling an der Mosel wachsen wird, erscheint
fraglich. Denn diese Traubensorte muss langsam reifen und verträgt keine Hitze. Zum Problem könnten auch vermehrte Niederschläge im Herbst werden. Sie gefährden die Weinlese,
weil Fäulnis droht.
Bleibt die Frage einer gesicherten Wasserversorgung im Sommer: Das Austrocknen von
Flüssen wird nicht selten die Bewässerung der Weinberge erschweren.
Beispiel Landwirtschaft
Auch Landwirte werden reagieren und in dem neuen Klima entsprechende
Sorten anbauen müssen. Es herrscht Handlungsbedarf, da in den vergangenen Jahren sommerliche Hitze einen Teil der Weizenernte in Deutschland
zerstört hat.
Während aber z. B. in Brandenburg künftig Dürren drohen, erhoffen sich
Ackerbauern andernorts Vorteile von der Klimaerwärmung und den damit
einhergehenden längeren Vegetationszeiten. In Teilen Bayerns hat der
Klimawandel die Roggenernte um drei bis vier Wochen nach vorne geschoben. Einige Bauern experimentieren dort inzwischen mit Getreidesorten, die bislang in
Deutschland nicht kultiviert wurden, weil sie mehr Sonne brauchen. So steigen die Chancen
für den Anbau von Hartweizen, eine Weizensorte, die wegen ihrer klimatischen Bedürfnisse
hauptsächlich in den Mittelmeerländern kultiviert wird.
Abb. 57:
Sommerliche
Hitze gefährdet die
Weizenernte in Teilen
Deutschlands.
88
3
Biodiversität
Bauern in der Pfalz brachten im vergangenen Jahr die ersten vorgekeimten Kartoffeln
bereits Mitte März in den Boden; Mitte Mai begannen sie mit der Ernte. Können die Bauern
früh ernten, steigen ihre Chancen gegenüber der Konkurrenz aus südlichen Ländern. Zugleich
eröffnen vorgezogene Ernten den Bauern ganz neue Perspektiven, denn die Äcker stehen
für eine Zweitnutzung zur Verfügung.
Andere Landwirte setzen auf den Anbau von Energiepflanzen als Zweitkultur und sehen den
Klimawandel als Chance (NABU, 2009).
b) Veränderungen in der Tierwelt
Auch die Tierwelt wird durch die globale Erwärmung beeinflusst. Einige absehbare Entwicklungen sind:
앫 polwärtige Verschiebung der Verbreitungsgebiete
앫 Ausbreitung heimischer und nicht heimischer Wärme liebender Arten in Deutschland
앫 Rückgang von weniger wärmebedürftigen Arten
앫 Veränderung der zeitlichen Abfolge von Lebensstadien (Paarungszeit, Eiablage etc.)
zahlreicher Tierarten
Sehr mobile Arten, wie viele Vogel- und Insektenarten, werden auf die Veränderungen ihrer
Lebensräume schneller reagieren als weniger mobile Arten wie die meisten Amphibien und
Reptilien. Allgemein gilt auch für Tierarten: Anpassungsfähige Arten (Generalisten) werden
vom Klimawandel auf Kosten hoch spezialisierter Arten (Spezialisten) profitieren (WWF
Deutschland, 2007 c).
Fremde Arten in Nord- und Ostsee
Durch den globalen Klimawandel sind Nord- und Ostsee im vergangenen Jahrzehnt
deutlich wärmer geworden. Seit 1993 stiegen die durchschnittlichen Temperaturen im
Jahr um insgesamt 1,7 Grad Celsius an.
Schon jetzt ist die Veränderung im Wattenmeer deutlich sichtbar: So fanden Forscher
1991 beispielsweise die erste wilde Pazifische Auster im Sylter Watt. In den heißen
Sommern 2003/2004 vermehrte sich die Exotin, die eigentlich in Japan und Korea
heimisch ist, rasant und bevölkert heute flächendeckend Muschelbänke und Molen mit
bis zu tausend Tieren pro Quadratmeter. Experten fürchten, dass sie die heimischen
Miesmuscheln zunehmend verdrängen könnte.
In der Ostsee haben Kieler Meeresforscher zahlreiche amerikanische Rippenquallen
entdeckt. In Proben aus der Kieler Förde befanden sich rund 80 Quallen pro Kubikmeter. Werden es noch mehr, fürchten Experten, ist der Fischbestand der Ostsee
gefährdet.
89
Säugetiere
Schon heute erreichen kanadische Karibus die Gebiete, in denen sie kalben, erst, wenn die
besten Weiden bereits vertrocknen. Eisbären verhungern an Land, weil das Eis ausbleibt,
das ihnen die Rückkehr in ihre Jagdgebiete auf dem Meer ermöglicht.
Beispiel Eisbär
Der Eisbär (Ursus maritimus) ist das Symboltier des Klimawandels geworden. Wie kaum
ein anderes Tier steht er für einen vom Klimawandel in höchstem Maße bedrohten
Lebensraum, die Arktis.
Der Eisbar steht an der Spitze der Nahrungskette des arktischen Meeres.
Obwohl Eisbären eigentlich Landtiere sind, sind sie von ihrer marinen
Umgebung völlig abhängig. Die langen Winter verbringen sie auf dem
Packeis, um dort v. a. nach Robben, ihrer Hauptnahrung, zu jagen. Wenn
das Eis ausbleibt, das ihnen die Rückkehr in ihre Jagdgebiete auf dem
Meer ermöglicht, verkürzt sich die Periode, in der sie sich von Robben
ernähren können.
Nach den derzeitigen Beobachtungen ist es wahrscheinlich, dass der Nordpol bereits Mitte dieses Jahrhunderts in den Sommermonaten eisfrei sein
wird, was dramatische Folgen für die Eisbären hätte – sie verlieren ihre Nahrungsgrundlage. Es ist wahrscheinlich, dass die Eisbären zumindest im südlichen Teil ihrer Verbreitungsgebiete lokal aussterben. Eisbären bekommen nur alle drei Jahre ein bis maximal
drei Junge. Dies macht eine Anpassung der Tiere an die sich sehr schnell verändernden
Umweltbedingungen unwahrscheinlich (WWF Deutschland, 2007 a).
Abb. 58:
Mit dem Schwinden
des arktischen Meereises verliert der Eisbär
seinen Lebensraum.
Beispiel Blauwal
Die Hauptnahrungsquelle für den Antarktischen Blauwal (Balaenoptera musculus), der
Krill (Euphausia spec.), geht in seinem Bestand stark zurück. Die Kleinkrebse ernähren
sich von Algen, die sich unter dem Polareis entwickeln. Der Krill in der Antarktis leidet
unter dem Verschwinden der schwimmenden Eismassen, unter denen er sich ernährt
und seinen Lebensraum findet, denn mit
dem Eis gehen auch die Algen zurück.
Weniger Algen heißt auch weniger Krill
und weniger Krill bedeutet letztlich weniger Nahrung für die Blauwale (WWF
Deutschland, 2007 a).
Abb. 59:
Der Blauwal ist mit
einer Länge von bis
zu 33,5 Metern das
größte auf der Erde
lebende Tier.
3
90
Biodiversität
Auch auf unsere heimischen Säugetiere wirkt sich der Klimawandel bereits aus. Diese Auswirkungen sind meist indirekt und erfolgen über die Veränderung von Lebensräumen und
des Nahrungsangebots sowie über daraus resultierende neue Konkurrenzverhältnisse. Profitieren werden auch hier die Generalisten und Wärme liebenden Arten gegenüber spezialisierten, weniger wärmebedürftigen Tieren (WWF Deutschland, 2007 c).
Beispiel Siebenschläfer
Abb. 60:
Siebenschläfer
Beobachtungen zeigen ein deutlich verfrühtes Aufwachen des Siebenschläfers (Glis glis)
aus dem Winterschlaf. Das Erwachen des Kleinsäugers erfolgt um durchschnittlich vier
Wochen früher im Jahr. Dieses Verhalten kann die Konkurrenz zwischen höhlenbrütenden
Singvögeln und Siebenschläfern um Nisthöhlen erhöhen. Bezogen die Siebenschläfer um
1970 die Bruthöhlen erst im Juni, so fällt dies heute immer häufiger mit der Bebrütung
oder Eiablage bestimmter Vogelarten im Mai zusammen. Trifft der Siebenschläfer auf die
Vogelbrut, so frisst er diese. Auswirkungen dieser Entwicklung können Populationsrückgänge der betroffenen Singvogelarten sein (WWF Deutschland, 2007 c).
Vögel
Der Jahresrhythmus vieler Vogelarten verändert sich. In milden Wintern verkürzen viele Zugvögel ihre Reise. Kraniche, die normalerweise den Winter in Spanien und Portugal verbringen,
bleiben zu tausenden in Deutschland, ebenso Stare, Feldlerchen, Goldregenpfeifer, Kiebitze
und Hausrotschwänze. Das kann diesen Vögeln zwar Vorteile in der kommenden Brutsaison
bescheren, erfolgt jedoch noch ein heftiger Wintereinbruch, werden viele nicht überleben.
Nach Untersuchungen des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) verlagern sich in Deutschland
die Rastbestände überwinternder Wasservögel immer mehr in Richtung Nordosten. Ein Beispiel ist die Löffelente. Die Rastbestände kälteunempfindlicherer Arten, wie etwa der Stockente, nehmen hingegen in Deutschland kontinuierlich ab.
Auch die Zahl der im Wattenmeer überwinternden Ringelgänse hat abgenommen, ebenso
die der muschelfressenden Knutts und Austernfischer. Ihr Rückgang wird auf ein vermindertes Nahrungsangebot zurückgeführt: In den letzten Jahren gab es, bedingt durch die
milden Winter, nur wenig Muschelnachwuchs (Sudfeldt et al., 2008).
Die Klimaveränderung kann außerdem dazu führen, dass sich die Jahreszeiten verschieben,
also z. B. der Frühling früher als üblich einsetzt. Auch das hat drastische Auswirkungen für
die ziehenden Vögel: Ihre Hauptnahrung ist dann bei ihrer Ankunft am Zielort zum Teil nicht
mehr verfügbar (wenn sich z. B. die benötigten Insekten klimabedingt schon früher entwickelt
haben) – ausbleibender Bruterfolg ist eine der Folgen (siehe auch Schäffer, 2008).
91
Beispiel Trauerschnäpper
Der Trauerschnäpper (Ficedula hypoleuca) kommt in Deutschland häufig vor. Die Art
überwintert im zentralen Afrika und ihre Rückkehr nach Europa fällt in der Regel mit
dem Frühlings-Höhepunkt der Insektendichte zusammen. Für die Aufzucht des Nachwuchses ist damit normalerweise ausreichend Nahrung gewährleistet. Aufgrund des
früher beginnenden Frühlings kommen manche Trauerschnäpper zu spät in Europa an
und verpassen den Zeitpunkt der höchsten Insektendichte. Die Folge: Einige Populationen, z. B. in den Niederlanden, sind bereits um bis zu 90 Prozent zurückgegangen
(WWF Deutschland, 2007 a).
Abb. 61:
Trauerschnäpper
Mit dem Durcheinander des Klimas steigen die Risiken für eine Tierwelt, die im Laufe ihrer
Geschichte vielfältige Anpassungen entwickelt hat. Arten mit nur geringen Anpassungsfähigkeiten werden zu den Verlierern zählen. Dazu gehören besonders die Trans-SaharaZieher unter den Zugvögeln, wie Kuckuck, Pirol oder Gartenrotschwanz.
Abb. 62 und 63:
Pirol und Gartenrotschwanz könnten
zu den Verlierern
des Klimawandels
gehören.
Besonders gefährdet sind vor allem Gebirgs-, Küsten-, Insel- und arktische Vogelarten.
Diese Vögel haben sich an die besonderen Bedingungen in ihrem Lebensraum angepasst
und können auf die Veränderungen nicht schnell genug reagieren.
Dagegen werden Wärme liebende Arten wie der Bienenfresser
tendenziell begünstigt. So findet der buntschillernde Exot aus
dem Mittelmeerraum nun auch in Deutschland zunehmend
eine Heimat. 2006 brüteten nach Angaben des Naturschutzbundes Deutschland (NABU) hier schon mehr als 500 Paare.
Während seit Endes des Zweiten Weltkrieges die Intensivierung der Landwirtschaft der wichtigste Faktor bei der Veränderung der Vogelbestände war, wird dieser Einflussfaktor
jetzt erstmals durch den Klimafaktor übertroffen. Problematisch ist, dass Arten im nördlichen Skandinavien oder in
Hochlagen von Gebirgen schon jetzt kaum noch Ausweichmöglichkeiten haben.
Abb. 64:
Der Bienenfresser
wird zunehmend
auch in Deutschland
heimisch.
3
92
Biodiversität
Amphibien und Reptilien
Amphibien- und Reptilienarten sind zumeist nicht so mobil wie andere
Tiergruppen und sind daher besonders den Auswirkungen des Klimawandels ausgesetzt. Eines der größten Probleme für die Amphibienpopulationen durch den globalen Klimawandel ist der Verlust an Lebensraum.
Dürren und zu geringer Niederschlag können die Feuchtlebensräume oder
Gewässer der Amphibien austrocknen, was Populationseinbrüche nach
sich zieht (WWF Deutschland, 2007 c).
Abb. 65:
Amphibienarten wie
der Feuersalamander
sind den Auswirkungen des Klimawandels
in besonderem Maße
ausgesetzt.
Seit den 1970er-Jahren wird ein dramatischer Rückgang der Amphibienarten beobachtet. Vermutlich hat das Sterben verschiedene Ursachen,
aber auch hier dürfte der Klimawandel eine Rolle spielen. Veränderungen
der Temperatur- oder Niederschlagsverhältnisse wirken sich nicht nur auf die Verhaltensweisen und Fortpflanzungsstrategien, sondern auch auf die Krankheitserreger der Amphibienarten aus (WWF Deutschland, 2007 a).
Insekten
Untersuchungen an verschiedenen Insektenarten auf der Nordhalbkugel zeigen, dass sich
diese Arten meist durch eine Verlagerung ihres Verbreitungsgebietes anpassen. Für einige
Insektenarten begünstigt die Klimaerwärmung die Besiedlung nördlicherer Breitengrade
und größerer Höhen. An der jeweiligen südlichen Verbreitungsgrenze kommt es hingegen
teilweise zum Aussterben. Der Lebensraumverlagerung auf der Nordhalbkugel nach Norden
sind durch natürliche Barrieren wie Ozeane oder Gebirge jedoch Grenzen gesetzt; ebenso
endet die Höhenverlagerung am Gipfel der Gebirge.
Das Verschwinden von Insekten als heimische Blütenbestäuber und als Nahrungsgrundlage zahlreicher anderer Arten zieht weitere Folgen nach sich. Auch kann das Auftauchen
nicht heimischer (invasiver) Insektenarten zu starken Veränderungen im Ökosystem führen.
Milde Winter in unseren Breiten könnten zudem dazu führen, dass es bei Schädlingen wie
dem Borkenkäfer (siehe auch Seite 86) zum Massenauftreten und zu großen wirtschaftlichen Schäden kommt. Auch die Ausbreitung von Zecken und der von ihnen übertragenen
Krankheiten wird mit der Klimaerwärmung in Verbindung gebracht.
Beispiel Käfer
Kartoffelkäfer (siehe Foto) sind im ökologisch orientierten Bioanbau ein großes Problem.
Sie stammen genau wie die Kartoffel aus dem warmen Südamerika und spielen deshalb
im Süden Deutschlands eine größere Rolle als im Norden. Mit einem Fortschreiten des
Klimawandels könnte ihre Bedeutung generell zunehmen.
Abb. 66:
Kartoffelkäfer
Ein vermehrtes Auftreten des Rapsglanzkäfers könnte den Anbau von Raps, der nicht nur
für die Lebensmittelindustrie, sondern auch für die Biosprit-Produktion von Bedeutung ist,
beeinträchtigen.
Ein weiterer durch den Klimawandel begünstigter Schädling ist der Asiatische Laubholzkäfer. Nicht neu, aber auf dem Vormarsch sind Borkenkäfer und Maikäfer. Der Waldmaikäfer
braucht aufgrund der Witterung nicht mehr vier, sondern nur noch drei Jahre, bis er sich
vom Ei zum Käfer entwickelt hat. Die Folge: Die Käfer vermehren sich schneller und öfter.
93
Beispiel Schmetterlinge
Der „Klimaatlas der Tagfalter Europas“ zeigt deutlich einen Trend nach Norden im zukünftigen Verbreitungsgebiet vieler europäischer Arten (Settele et al., 2008). Experten
beobachten, dass Wärme liebende Arten in den letzten Jahren verstärkt nach Norden
gezogen sind, während Kälte liebende Arten zunehmend bedroht sind. Einige Arten
haben die Alpen in Richtung Süd-Deutschland überwunden.
Manche Arten überwintern bereits in Deutschland, der Admiral (siehe Foto) inzwischen
sowohl als Raupe wie auch als Falter. Dies war vor zehn bis 15 Jahren noch nicht so,
als der Admiral als typischer Wanderfalter aus dem Mittelmeerraum im Sommer nach
Deutschland kam. Selbst tropische Falter sind in Europa heimisch geworden. Dass
dies auch Auswirkungen auf die Landwirtschaft haben kann, zeigt die aus den Tropen
stammende Baumwoll-Kapseleule: Durch Raupen dieser Falterart ist es zu Schäden
bei Tomaten, Mais, Paprika und verschiedenen Blumen gekommen.
Zu den Verlierern des Klimawandels gehören insbesondere die Arten, die als Gebirgsoder Moorbewohner eher kühles Klima bevorzugen. So ist in Deutschland mit Ausnahme der Alpen mit dem Verschwinden einiger ohnehin schon seltener Arten zu rechnen,
darunter Hochmoorgelbling, Randring-Perlmutterfalter, Hochmoorbläuling und NatterwurzPerlmutterfalter. Nicht nur die Verbreitungsgebiete der Schmetterlinge sind in Bewegung,
es ändert sich auch der Zeitpunkt, zu dem sie im Jahr erscheinen. Beim weit verbreiteten Tagpfauenauge führt das veränderte Klima dazu, dass inzwischen in vielen Regionen im Jahresverlauf eine zweite Generation auftritt, was bislang nur in wärmsten
Lagen Südwest-Deutschlands der Fall war (NABU).
Korallenriffe
Korallenriffe gehören zu den produktivsten und artenreichsten Ökosystemen der Erde.
Zwar bedecken die Korallenriffe nur ein Prozent der Weltmeere, aber sie beheimaten mehr
als ein Drittel der bekannten Arten im Meer. Korallenriffe bewahren Küstenlinien vor Erosion und Sturmfluten. Ihre Produktivität, Vielfalt und Schönheit kommt der Fischerei und dem
Tourismus weltweit zugute (WWF Deutschland, 2007 a).
Vor allem die Erwärmung des Wassers an der Oberfläche und das damit verbundene Ausbleichen, bei dem die Nesseltiere ihre Algen ausstoßen, setzt den Kolonien bildenden Tieren
zu, genauso wie Küstenfischerei, Sediment- und Schadstoffeinträge an den Küsten, Rohstoffgewinnung und exzessiver Tauchtourismus. Dadurch werden sie auch anfälliger für Krankheiten.
Hinzu kommt die Beeinträchtigung der Korallenriffe im Zuge der Versauerung der Ozeane
(siehe Seite 49 f.).
Klimawandel und Raubbau gefährden Weltmeere
Das Leben in den Ozeanen wird durch die Versauerung und die Erwärmung infolge des
Klimawandels massiv bedroht (siehe Seite 49 ff.). Darüber hinaus leiden die Ozeane
unter Überfischung, Verschmutzung, Überdüngung, Verbreitung nicht nachhaltiger Aquakulturen und der Ausbeutung mariner Bodenschätze (siehe auch UBA, 2009).
Abb. 67:
Admiral
94
3
Biodiversität
3.2 Die Ökonomie der Vielfalt
In der 1993 in Kraft getretenen Biodiversitäts-Konvention (Convention on Biological Diversity – CBD), dem zentralen internationalen Abkommen zum Artenschutz, haben sich die 190
Vertragspartner (189 Staaten und die EU) verpflichtet, den Verlust der biologischen Vielfalt
bis zum Jahr 2010 signifikant zu reduzieren. Die EU hat sich sogar vorgenommen, den
Rückgang bis dahin ganz zu stoppen.
Biodiversitäts-Konvention
Konventionen sind völkerrechtlich anerkannte internationale Übereinkünfte, zu deren
Umsetzung sich alle Unterzeichnerstaaten verpflichten. Die Biodiversitäts-Konvention
ist das erste internationale Abkommen, das den Schutz der Biodiversität global umfassend behandelt. Ziele sind die Erhaltung der Vielfalt der Arten, ihrer Populationen und
deren genetischer Vielfalt (dies betrifft sowohl wild lebende als auch domestizierte
Arten). Ferner die Erhaltung der Vielfalt der Ökosysteme sowie die nachhaltige Nutzung
natürlicher Ressourcen. Zudem die gerechte Aufteilung der Vorteile aus der Nutzung
genetischer Ressourcen.
Zwar gibt es eine Reihe von messbaren direkten und indirekten Indikatoren für Biodiversität
und deren Entwicklung (z. B. die Dichte und Verteilung von Arten, die Waldfläche und die
Fläche geschützter Areale wie Naturschutzgebiete). Doch um die biologische Vielfalt auf
unserem Planeten zu schützen, erschien es notwendig, dem Verlust einen messbaren Preis
zu geben.
Was der „Stern-Report“ für den Klimawandel ist (siehe Seite 17), soll die Studie „Die Ökonomie von Ökosystemen und der Biodiversität“ (TEEB-Studie) für den Schutz der biologischen
Vielfalt werden. Sie wird geleitet von Pavan Sukhdev, Leiter der Abteilung Globale Märkte
der Deutschen Bank in London.
Auf der neunten UN-Naturschutzkonferenz, die vom 19. bis 30. Mai 2008 in Bonn stattfand,
wurden die ersten Ergebnisse dieser Studie über die wirtschaftlichen Auswirkungen der
Schädigung von Ökosystemen vorgestellt (Zwischenbericht siehe Europäische Kommission,
2008). Die vorläufigen Ergebnisse sind Teil eines im Auftrag der deutschen Bundesregierung
und der EU-Kommission durchgeführten Projekts, dessen Abschlussbericht 2010 vorliegen soll.
Weitere Infos http://ec.europa.eu/environment/nature/biodiversity/economics/index_en.htm
95
3.2.1 Die TEEB-Studie
Die Ursprünge der Studie „The Economics of Ecosystems and Biodiversity“ (TEEB-Studie) liegen beim Treffen
der G8+5-Umweltminister im März 2007 in Potsdam,
wo sich die Minister mit dem wirtschaftlichen Wert der
Artenvielfalt und ökosystemarer Dienstleistungen sowie
den langfristigen Folgen des fortschreitenden Verlusts
der Biodiversität beschäftigten.
Viele Ökosystem-Leistungen haben, im Gegensatz zu Waren und Dienstleistungen, keinen Marktpreis und werden
daher nicht in Kosten-Nutzen-Rechnungen berücksichtigt.
Die TEEB-Studie unternimmt den Versuch, den mannigfaltigen Leistungen von Ökosystemen einen ökonomischen Wert zuzuordnen. Erstmals werden nicht nur die
direkten Wertschöpfungen wie Tourismus, Wandern
und Jagd mit einbezogen, sondern auch Dienstleistungen der Natur. In den ökonomischen
Modellen der TEEB-Studie gehen die Forscher davon aus, dass die Natur den Menschen
allerlei Nützliches beschert: Nahrung, nachwachsende Rohstoffe wie Holz, sauberes Wasser, Schutz vor Fluten und Bodenerosion, Speicherung von Kohlenstoff und vieles mehr.
Je mehr der Mensch die Natur zerstört, desto mehr sinkt ihr ökonomischer Nutzen.
Mehr als Automobil-, Stahl- und IT-Dienstleistungssektor
Rund 100.000 Schutzgebiete verschiedener Kategorien bedecken rund elf Prozent der
Landfläche der Erde. Sie versorgen die Menschen mit Leistungen der Ökosysteme und
der Biodiversität im Wert von 4,4 bis 5,2 Billionen US-Dollar pro Jahr. Das übertrifft die
Summe der Umsätze des weltweiten Automobilsektors, Stahlsektors und IT-Dienstleistungssektors. Die geschätzten jährlichen Kosten für die ordnungsgemäße Erhaltung
der Schutzgebiete belaufen sich auf etwa 40 bis 45 Mrd. US-Dollar, also nur etwa ein
Prozent des Wertes der Erträge (BMU, 2008 b).
Ökosystem-Leistungen
Rohstoff-Lieferant
z. B. Nahrungsmittel, Trinkwasser, Biomasse,
Chemikalien, Pharmazie-Grundstoffe, Baustoffe
Ökologische Leistungen
z. B. Klimaregulierung, Erosionsschutz, Wasserhaushalt, Luftqualität, Hochwasserschutz, Bestäubung von Nutzpflanzen, Lebensraum für
Tiere und Pflanzen
Kulturelle Aspekte
z. B. Erholungsraum, touristischer Wert
(nach oekom research, 2008 a)
Abb. 68:
Die TEEB-Studie
„The Economics
of Ecosystems and
Biodiversity“
96
3
Biodiversität
Intakte Ökosysteme sind mehr wert
Dabei zeigt sich, dass gesunde, intakte Ökosysteme meist mehr wert sind als der Profit,
der durch ihre nicht nachhaltige Nutzung oder Zerstörung zu erzielen ist. Werden z. B. Mangrovenwälder für Krabbenzuchtteiche in tropischen Ländern, insbesondere in Asien, gerodet,
reduziert sich der Wert der betroffenen Areale auf ein Fünftel des natürlichen Ökosystems,
wobei die Schutzwirkung der Mangroven vor Sturmfluten, aber auch ihre Rolle als
Kinderstube für Fische und andere Meerestiere, in die Berechnung eingeht.
Globaler Waldverlust teurer als Bankenkrise
Die Zerstörung der Wälder stellt einen größeren finanziellen Verlust für die Weltwirtschaft dar als die globale Bankenkrise. Die TEEB-Studie beziffert die durch Waldverlust
verursachten jährlichen Kosten auf zwei bis fünf Billionen US-Dollar, was in etwa sieben
Prozent der globalen Wirtschaftsleistung entspricht. Diese Summe ergibt sich aus den
zahlreichen ökosystemaren Leistungen des Waldes, wie beispielsweise der Filterung
von Wasser und der Speicherung von Kohlendioxid. Im Vergleich dazu belaufen sich die
errechneten Verluste im Finanzsektor auf eine bis anderthalb Billionen US-Dollar.
„Die Kosten sind nicht nur höher, sondern sie sind auch fortlaufend, denn die Umweltzerstörung geschieht – und das ist viel schlimmer – permanent", so Pavan Sukhdev,
Leiter der TEEB-Studie.
So schätzt die TEEB-Studie den Wert von Bienen
auf acht Milliarden US-Dollar pro Jahr, weil sie
weltweit wichtige Agrarpflanzen bestäuben.
Abb. 69:
Bienen bestäuben
weltweit wichtige
Agrarpflanzen.
Deutsche und französische Forscher errechneten
2008 einen weltweiten Ernteverlust von 150
Milliarden Euro, sollten keine Insekten mehr da
sein, die die Pflanzen bestäuben. Das ist rund
ein Zehntel der Weltnahrungsmittelproduktion.
Und damit nicht genug: Für eine ausreichende
Ernte müssten die Menschen in diesem Fall ihre
Felder und Plantagen selbst bestäuben. Dadurch
entstünden sogar Kosten von 190 bis 310 Milliarden Euro.
97
Mangrovenwälder schützen
die Küsten vor Fluten und
sind Kinderstube für viele
Fischarten. Ihr geschätzter
Wert pro Hektar, z. B. in
Pakistan: 2.200 US-Dollar
pro Jahr. Der Wert von Mangroven und Feuchtgebieten für
den Küstenschutz wird für
die USA mit 1.000 US-Dollar
pro Hektar angegeben, für
Malaysia mit 845 US-Dollar
pro Hektar.
Abb. 70:
Mangrovenwälder
schützen die Küsten
vor Fluten und sind
Kinderstube für viele
Fischarten.
Der Müritz-Nationalpark erwirtschaftet 13 Millionen Euro jährlich durch Tourismus.
Abb. 71:
Der Müritz-Nationalpark ist ein wichtiger
Wirtschaftsfaktor für
die Region.
Rund 1,5 Millionen Touristen zahlen jährlich fast
anderthalb Milliarden US-Dollar, um die Naturwunder der Regen- und Bergwälder Costa Ricas zu
besuchen.
Der Tourismus gilt als der wichtigste Wirtschaftsfaktor Costa Ricas. Rund 27 Prozent der Fläche Costa
Ricas stehen unter Naturschutz. Mehr als 20 Nationalparks sind über das Land verstreut, mit ganz
unterschiedlichen charakteristischen Merkmalen.
Der Natur- und Waldschutz wird in Costa Rica inzwischen als wichtiger Bestandteil der staatlichen
Umweltpolitik angesehen, sodass sich große
Flächen des einst stark dezimierten Regenwaldes
erholen konnten. Heute ist wieder mehr als 50 Prozent des Landes von Wald bewachsen. Zum Schutz
des Waldes setzt Costa Rica erfolgreich auf den
Ökotourismus.
Abb. 72:
Die Regenwälder
Costa Ricas beherbergen eine Vielzahl von
Arten.
98
3
Biodiversität
Abb. 73:
Am Whale-Watching
verdient die Reisebranche jährlich
mehr als eine Mrd.
US-Dollar.
Abb. 74:
Der Nationalpark
Wattenmeer sorgt für
5.900 Arbeitsplätze.
Sein Wert für
die Region: 85 Mio.
Euro pro Jahr.
Abb. 75:
Touristen schätzen
Korallenriffe wie das
Great Barrier Reef in
Australien als
Reiseziel.
Tropische Korallenriffe gelten als das
artenreichste marine Biotop, nicht so sehr
wegen des Artenreichtums der riffbildenden Korallen selbst, sondern wegen der biologischen Vielfalt der Organismen, die auf
und von Korallenriffen leben (BMU, 2008 d).
Millionen Menschen hängen in ihrer Proteinversorgung von der Fischerei auf Korallenriffen ab (WBGU, 2006, und WWF Australia, 2009). Touristen schätzen die „Regenwälder der Meere“ als Reiseziel. Der jährliche Wert weltweit: 30 Milliarden US-Dollar.
99
Bereits heute setzen Unternehmen 65 Milliarden US-Dollar
jährlich mit pflanzlichen Naturheilmitteln um. Der weltweite
Handel mit Medikamenten auf pflanzlicher Basis beläuft
sich auf jährlich schätzungsweise 500 Milliarden US-Dollar.
Beinahe die Hälfte aller in Deutschland gebräuchlichen
Medikamente basiert auf Pflanzen. Die Wirkstoffe von 10
der 25 weltweit erfolgreichsten Medikamente stammen
ursprünglich aus wild lebenden Pilzen, Bakterien, Pflanzen
und Tieren (Der Spiegel, 2008). Aspirin (Acetylsalicylsäure)
beispielsweise wurde ursprünglich aus Weidenrinde (Salix
spec.) gewonnen, Penicillin stammt ursprünglich von einem
Schimmelpilz (Penicillium notatum).
Abb. 76:
Beinahe die Hälfte
aller in Deutschland
gebräuchlichen Medikamente basiert
auf Pflanzen
(die Abbildung zeigt
Arnikablüten).
Bionik – Vorbild Natur
Die Biologie als Vorbild für die Technik: Vorbild für den 1951 zum Patent angemeldeten
Klettverschluss waren die ineinandergreifenden kleinen Widerhaken, wie sie die Große
Klette (Arctium lappa) zum Festheften ihrer Früchte im Fell von Säugetieren nutzt. In
den 1990er-Jahren wurden marktfähige Produkte, z. B. Fassadenfarben, patentiert, die
den von der Lotusblume (Nelumbo spec.) abgeschauten Lotuseffekt zur Wasserabweisung und Selbstreinigung von Oberflächen aufweisen. Riblet-Folien aus einem der Haihaut nachempfundenen Material verringern den Luftwiderstand von Flugzeugen und
sparen Treibstoff (siehe auch Blüchel & Malik, 2006).
Jahr für Jahr übersteigt der weltweite Umsatz mit Holzprodukten 200 Milliarden US-Dollar. Wären die Wälder der
Erde ein Unternehmen, es gehörte zu den Top 5 der größten
Konzerne.
Fisch ist nach Angaben der Food and Agriculture
Organization (FAO) für mehr als 2,9 Milliarden Menschen
die Grundlage für mindestens 15 Prozent ihrer Proteinversorgung (FAO, 2008). Geschätzter Wert: 91 Milliarden
US-Dollar pro Jahr.
Überfischung
Die weltweite Ausweisung von Meeresschutzgebieten im Umfang von 20 Prozent der
Gesamtfläche würde für die kommerzielle Fischerei jährliche Einbußen von 270 Mio. USDollar bedeuten. Zugleich könnten damit, weil Überfischung vermieden würde, Fischereieinnahmen im Umfang von 70 bis 80 Mrd. US-Dollar pro Jahr langfristig gesichert werden. Durch Nichthandeln droht der TEEB-Studie zufolge wegen des Zusammenbruchs der
Fischbestände ein Verlust von bis zu 100 Mrd. US-Dollar und von 27 Mio. Arbeitsplätzen.
Abb. 77:
Der weltweite Umsatz
mit Holzprodukten
übersteigt jährlich
200 Mrd. US-Dollar.
Abb. 78:
Fisch ist eine der
wichtigsten Quellen
der Proteinversorgung.
100
3
Biodiversität
Die Leistung von Ökosystemen
„Weltweit existieren etwa 100.000 staatliche Schutzgebiete. Jährlich werden dafür
etwa zehn bis zwölf Mrd. Dollar ausgegeben.
Wir gehen davon aus, dass wir etwa 40 Mrd.
Dollar jährlich investieren müssten, um in diesen Schutzgebieten effektiven Naturschutz
betreiben zu können. Das ist nicht sehr viel
und das Geld ist gut investiert, denn als Resultat erbringen diese Ökosysteme Leistungen im
Wert von insgesamt fünf Billionen Dollar jährlich. Das ist mehr, als Automobil-, Stahl- und ITIndustrie weltweit erwirtschaften. Naturschutz
ist Big Business.
“
Schnelles Gegensteuern lohnt sich
Ein globales Netz aus Schutzgebieten könnte jährlich rund fünf Billionen
US-Dollar erwirtschaften, die Autoindustrie bringt es auf gerade mal 1,9
Billionen, die Informations- und Software-Industrie auf 942 Milliarden und
das Stahlgewerbe auf 530 Milliarden. Der wirtschaftliche Nutzen der
Schutzgebiete z. B. für Tourismus, Klimaschutz, Nährstoffkreisläufe und
Wasserhaushalt floss in die Kalkulation mit ein. So wird der Wert des
Masoala-Nationalparks in Madagaskar für die Erzeugung von Medizin,
Erosionsschutz, Tourismus und Forstwirtschaft mit elf Millionen US-Dollar
angegeben. Dazu kommen 105 Millionen US-Dollar für die Bedeutung des
Parks beim Absorbieren von Kohlendioxid.
Pavan Sukhdev
Leiter der TEEB-Studie
Doch das Kapital der Natur schrumpft sukzessive – besonders dramatisch
in Boomländern wie Indien, China, in vielen Einzelstaaten Süd- und Nordamerikas und in Zentralafrika. Hauptindikator ist dabei der „mittlere Artenreichtum“. Den größten biologischen Ressourcenschwund ortet die TEEB-Studie erwartungsgemäß in den artenreichen Tropen.
Demnach dürfte bei ungebremster Entwaldung das Bruttoinlandsprodukt (BIP) bis zum Jahr
2050 weltweit um sechs Prozent niedriger ausfallen als bei einem Erhalt der Wälder – das
entspräche zwei Billionen Euro, wobei der Effekt für Arme überdurchschnittlich hoch wäre.
Klimawandel in den Tropen
Untersuchungen in den Regenwäldern Costa Ricas ergaben, dass etwa die Hälfte der
Tier- und Pflanzenarten der Tropen ein erhöhtes Risiko hat auszusterben, wenn die Temperatur um 3,2 Grad Celsius steigt. Ein solcher Temperaturanstieg wurde vom IPCC für
die Regionen nahe dem Äquator bis zum Jahr 2100 prognostiziert.
Betroffene Arten hätten nur die Chance, in höhergelegene und damit kühlere Gebiete
abzuwandern – mit fundamentalen Konsequenzen für das Ökosystem. Die Geschwindigkeit des Klimawandels ist jedoch so hoch, dass sich die Organismen wahrscheinlich
nicht anpassen können. Anders als etwa in Europa können sie kaum nach Norden oder
Süden ausweichen, da in den Tropen über hunderte Kilometer hinweg annähernd gleiche Temperaturbedingungen herrschen. Daher bleibt ihnen einzig die Möglichkeit, in
die Berge auszuweichen. Sollten sie dies nicht schaffen, sind sie vom Aussterben
bedroht.
Die Arten müssen innerhalb von 100 Jahren rund 600 Höhenmeter überwinden. Problematisch sind jedoch die Umweltzerstörungen der vergangenen Jahre. Viele Berge, die
den Tieren und Pflanzen künftig als Zuflucht dienen könnten, hat man stark abgeholzt
(Colwell et al., 2008).
Eine Kernaussage der TEEB-Studie weist Parallelen zum Stern-Report (siehe Seite 17) auf:
Schnelles Gegensteuern lohnt sich bzw. ist erforderlich. Bis zum Jahr 2050 droht durch den
Verlust an Biodiversität ein Wertverlust, der einem weltweiten Konsumrückgang um sieben
Prozent (verglichen mit dem Jahr 2000) entspricht. Diese Verluste beruhen auf dem Schwund
kostenloser Dienstleistungen der Natur wie etwa der Bereitstellung von Trinkwasser und
sauberer Atemluft oder der Aufnahme von Treibhausgasen. Diese Dienste muss die Gesellschaft entweder ersetzen oder entbehren – beides ist teuer.
101
Die TEEB-Studie zeigt, dass der derzeitige Rückgang der biologischen Vielfalt im Verbund
mit dem Verlust von Ökosystemdienstleistungen weitergehen wird und sich in manchen
Fällen sogar beschleunigen dürfte, wenn nicht die richtigen politischen Schritte eingeleitet
werden. Manche Ökosysteme sind wahrscheinlich irreparabel geschädigt. Im Fall eines
„Weiter-So“-Szenarios ist bis 2050 mit schwerwiegenden Folgen zu rechnen:
앫 Elf Prozent der im Jahr 2000 verbliebenen Naturräume könnten verloren gehen, in erster
Linie als Folge der Flächenumwandlung für landwirtschaftliche Zwecke, des Ausbaus der
Infrastruktur und des Klimawandels.
앫 Fast 40 Prozent der derzeit in umweltschonender Weise bewirtschafteten Nutzflächen
könnten auf eine intensive Bewirtschaftungsform umgestellt werden, die weitere Biodiversitätsverluste nach sich zieht.
앫 60 Prozent der Korallenriffe könnten – sogar bereits bis 2030 – aufgrund von Fischerei,
Verschmutzung, Krankheiten, invasiven gebietsfremden Arten und einer durch den Klimawandel bedingten Korallenausbleichung verloren gehen.
앫 Werden die derzeitigen Fangquoten beibehalten, droht bis Mitte des Jahrhunderts der
Kollaps der weltweit wichtigsten Fischbestände (siehe auch FAO, 2008, und Greenpeace
Deutschland, 2008).
Die derzeitigen Entwicklungen zu Lande und in den Meeren sind ein Beleg für die großen
Gefahren, die der Verlust der biologischen Vielfalt für die Gesundheit und die Wohlfahrt der
Menschen mit sich bringt. Dieses Problem wird durch den Klimawandel verschärft.
Biodiversität – Lebensversicherung der Natur
Kaum ein Winkel der Erde ist unbelebt. Das ewige Eis von Gletschern ist Heimat ganzer
Lebensgemeinschaften von Algen und Wirbellosen. Selbst an den teerverkrusteten
Trichtern von Tiefseevulkanen hat die Forschung Mikroorganismen entdeckt. Das
Geheimnis dieses Erfolgs heißt Vielfalt: Je mehr Arten und genetische Vielfalt es gibt,
desto höher die Chance, dass die Anpassung gelingt. Das gilt auch für extreme Veränderungen wie den Klimawandel. Die Vielfalt der Arten, Gene und Ökosysteme – sie ist
die Lebensversicherung der Natur (BMU, 2008 a).
Ein Wert an sich
Ob die Ökonomisierung der Umwelt letztlich ein oder sogar der Lösungsweg ist, bleibt abzuwarten. Doch sollte man bei der ganzen Diskussion nicht vergessen, dass die Natur
bzw. die biologische Vielfalt einen „Wert an sich“ hat, der nicht in Geld zu bemessen ist.
In einem intakten Ökosystem spielt jedes Lebewesen eine Rolle, egal, wie groß oder klein
es ist, wo es in der Nahrungskette steht und ob sein Nutzen unmittelbar erkennbar ist. Es
besteht die Gefahr, dass nur das geschützt werden wird, was von ökonomischem Nutzen
erscheint. Fernab jeder Ökonomie gibt es jedoch eine ethisch-moralische Pflicht, sich für
den Schutz der Biodiversität einzusetzen (siehe auch Wilson, 1994, 1995).
Die zehnte UN-Naturschutzkonferenz findet 2010 im japanischen Nagoya statt. Doch
bereits jetzt zeigt sich, dass die Vertragspartner der Biodiversitäts-Konvention ihr selbst
gestecktes Ziel, den Verlust der biologischen Vielfalt bis zum Jahr 2010 signifikant zu reduzieren, nicht erreichen werden. Derzeit sind wir noch weit von der Erreichung des Zieles entfernt (BfN, 2007; siehe auch BUND, 2009).
102
3
Biodiversität
3.2.2 Unternehmerische Risiken
Leitlinien für Unternehmen
Wie Unternehmen künftig auf den Wandel von Ökosystemen reagieren können, zeigen
Leitlinien, die der World Business Council for Sustainable Development gemeinsam mit
dem World Resources Institute (WRI) und dem Meridian Institute entwickelt hat. Die
Publikation soll Unternehmen ermöglichen, die für ihren Geschäftsbereich kritischen
Entwicklungen von Ökosystemen zu identifizieren und handhabbar machen zu können
(WRI, 2008).
Die Zukunft ganzer Branchen ist abhängig vom Erhalt der Artenvielfalt. Vor allem Land- und Forstwirtschaft, Papierindustrie und Tourismus sind angewiesen auf den Erhalt der Artenvielfalt, intakte Böden und Landschaften. Neben Bau- und Bergbauunternehmen sind es jedoch diese
Branchen, die auch besonders stark in das System eingreifen (Eurosif & oekom research, 2009).
Aus dem Artensterben und einer eingeschränkten Funktionsfähigkeit von Ökosystemen ergibt sich nach Einschätzung von oekom research eine Reihe unternehmerischer Risiken:
Unternehmerische Risiken
Physische Risiken
앫 Verfügbarkeit von pflanzlichen und tierischen Rohstoffen
앫 Verfügbarkeit von Betriebsmitteln wie sauberem Wasser
앫 Einbußen beim ästhetischen Wert der Natur
Regulatorische Risiken
앫 Auflagen für die Gewinnung tierischer Rohstoffe, z. B. Fangquoten
앫 Auflagen für die Nutzung von Umweltmedien, z. B. Verschärfung der
Emissionsgrenzwerte
Marktpreisrisiken
앫 Erhöhung der Preise für pflanzliche und tierische Rohstoffe
Marktrisiken
앫 Veränderung des Einkaufsverhaltens durch eine stärkere
Berücksichtigung von Artenschutzkriterien durch den Verbraucher
Rechtsrisiken
앫 Klagen im Hinblick auf die Beteiligung von Branchen bzw. Unternehmen am Artensterben
앫 Umweltschadenshaftung
Reputationsrisiken
앫 Stigmatisierung von Branchen bzw. einzelnen Unternehmen aufgrund
negativer Auswirkungen auf die Artenvielfalt
(Direkte und indirekte unternehmerische Risiken durch das Artensterben und eine eingeschränkte Funktionsfähigkeit der Ökosysteme, © oekom research, 2008 a)
103
3.2.3 Weitere Naturschutzansätze
Im Rahmen der UN-Naturschutzkonferenzen werden weitere Aspekte diskutiert. Hierzu zählen:
앫 die Gewährleistung des Zugangs zu genetischen Ressourcen bei gleichzeitiger Sicherstellung einer gerechten Beteiligung der Herkunftsländer an den Gewinnen
앫 die Einrichtung eines weltweiten Netzes terrestrischer und mariner Schutzgebiete
(dabei hat der Schutz von Wäldern und Ozeanen eine besondere Bedeutung)
앫 die Auswirkungen des verstärkten Anbaus von Pflanzen zur Gewinnung von Biokraftstoffen
앫 die Sicherstellung der ausreichenden Finanzierung von Maßnahmen zum Schutz der
Biodiversität insbesondere in Schwellen- und Entwicklungsländern über einen globalen
Umweltfonds
Relevante Vereinbarungen
Neben der Biodiversitäts-Konvention gibt es weitere relevante Vereinbarungen zum Naturschutz, z. B.:
앫 die Welterbekonvention (World Heritage Convention – WHC) aus dem Jahr 1972
앫 das Washingtoner Artenschutzübereinkommen (Convention on International Trade
in Endangered Species of Wild Fauna and Flora – CITES) aus dem Jahr 1973
앫 die EU Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-Richtlinie) aus dem Jahr 1992
앫 das Cartagena-Protokoll über die biologische Sicherheit aus dem Jahr 2003
앫 die EU-Richtlinie 2004/35/EG über Umwelthaftung zur Vermeidung und Sanierung von
Umweltschäden aus dem Jahr 2004 (Umsetzung in deutsches Recht durch das Gesetz
über die Vermeidung und Sanierung von Umweltschäden – Umweltschadensgesetz
[U-SchadG] aus dem Jahr 2007)
Darüber hinaus sind auf Anregung bzw. unter Beteiligung der Wirtschaft verschiedene Initiativen entstanden, die den Schutz der Biodiversität bzw. eine nachhaltige Nutzung von Ressourcen zum Gegenstand haben. Hierzu gehören beispielsweise:
앫 Forst Stewardship Council (FSC)
앫 Marine Stewardship Council (MSC)
앫 Roundtable on Sustainable Palm Oil (RSPO)
앫 „Business and Biodiversity Initiative“
Von den o. g. Vereinbarungen hat das Umweltschadensgesetz (USchadG) eine besondere
Relevanz für die Versicherungsbranche und wird daher im nachfolgenden Kapitel etwas
ausführlicher betrachtet.
104
3
Biodiversität
3.2.4 Das Umweltschadensgesetz
(USchadG)
a) Neue Haftungsrisiken
Luft, Wasser, Tier- und Pflanzenarten sind ökonomisch gesehen freie Güter, sie gehören
der Allgemeinheit – und ein freies Gut hat keinen Geldwert an sich. Die Verschmutzung der
Flüsse und des Grundwassers oder die Beeinträchtigung der Vielfalt der Arten stellen daher
keinen zivilrechtlichen Umweltschaden dar, solange keine Rechte am Gewässer oder Eigentumsrechte verletzt sind. Demnach sind tote Fledermäuse oder Feldhamster zivilrechtlich
zwar kein Schaden, da sie niemandem gehören, jedoch sind sie ein Schaden an der biologischen Vielfalt. Die EU-Umwelthaftungsrichtlinie und das deutsche Umweltschadensgesetz
zielen darauf ab, das Verursacherprinzip auch für die öffentlichen Güter umzusetzen.
Öffentlich-rechtliche Haftung
Am 14. November 2007 trat das Umweltschadensgesetz (USchadG) in Kraft und gilt rückwirkend zum 30. April 2007. Wurden Unternehmen bislang vor allem für Umweltschäden
verantwortlich gemacht, die bei Dritten zu Personen-, Sach- oder Vermögensschäden
führen, haften Gewerbetreibende nun grundsätzlich für Schäden an geschützter Flora und
Fauna sowie an natürlichen Lebensräumen, auch wenn sich diese nicht im Besitz von Dritten befinden. Das heißt, es wurde eine öffentlich-rechtliche Haftung für Schäden an der
Vielfalt der Arten (Biodiversität), des Gewässers und des Bodens eingeführt. Anders als bei
der zivilrechtlichen Haftung übernimmt die Behörde stellvertretend für die Öffentlichkeit die
Durchsetzung der Ansprüche für die Schäden an der Biodiversität.
Risikobewertung
Gemäß USchadG müssen Schädigungen des Bodens, von Gewässern sowie von geschützten Arten und natürlichen Lebensräumen saniert werden. Das Schwierige daran ist die
Beurteilung, wann ein Umweltschaden so erheblich ist, dass eine Sanierung erfolgen muss.
Zudem muss beispielsweise der Wert einer bei einem Dachstuhlbrand getöteten Fledermauspopulation beziffert werden, oder der Wert von Flusskrebsen und Fischen, die durch
Reinigungsmittel verendet sind (siehe auch E + S Rückversicherung, 2008).
Auf mehr als 14 Prozent der Fläche der Bundesrepublik Deutschland erstrecken sich etwa
5.000 Schutzgebiete. Eine große Rolle bei der Risikobewertung spielt daher der Standort
einer Betriebsstätte, etwa seine Nähe zu Flüssen und Seen oder zu einem Schutzgebiet. Nahezu alle deutschen Industriebetriebe (97,6 Prozent) liegen weniger als zehn Kilometer von
einem FFH-Schutzgebiet (Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie der EU) entfernt. Mehr als vier Prozent
aller deutschen Industriestandorte liegen sogar unmittelbar in einem FFH-Gebiet. Das Risiko
eines Umweltschadens kann aber nicht nur von der Betriebsstätte selbst, sondern auch von
einem Produkt oder einer Dienstleistung ausgehen (Versicherungswirtschaft 10/2008).
Hilfe bietet das Online-Tool ZÜRS Geo. Es bietet die Möglichkeit, das Umgebungsrisiko im
Hinblick auf Gebiete geschützter Arten und weiterer Schutzgebiete zu analysieren.
105
b) Betrachtungen zu Untersuchungs- und Sanierungsaufwendungen
Gastbeitrag von Ulrich Borchardt
Das Umweltschadensgesetz (USchadG) trat am 14. November 2007 in Kraft und gilt rückwirkend zum 30. April 2007. Es führt in § 3 Abs. 1.2 – Anwendungsbereich aus: Das Gesetz
gilt für „Schädigungen von Arten und natürlichen Lebensräumen im Sinne des § 21 a Abs.
2 und 3 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatSchG) und unmittelbare Gefahren solcher
Schäden, die durch andere berufliche Tätigkeiten als die in Anlage I des Gesetzes aufgeführten verursacht werden.“
Gemäß § 21 a Abs. 1 des BNatSchG muss eine erhebliche Schädigung vorliegen. Wann
ist ein erheblicher Schaden an der Biodiversität im Sinne des § 21 a Naturschutzgesetz
gegeben? Die Fragestellung einer erheblichen Schädigung der Biodiversität ist abhängig
von Ergebnissen, die vor Ort festgestellt werden müssen.
Zu beachten ist, dass das Umweltschadensgesetz eine Umsetzung der Richtlinie
2004/35/EG darstellt. In dieser Richtlinie 2004/35/EG werden spezielle Ausführungen
zur Art und Weise der Sanierung abgegeben. Hier erscheinen die Begriffe „primäre
Sanierung“, „ergänzende Sanierung“ und „Ausgleichssanierung“.
Es sind somit mehrere Vorgaben und zu berücksichtigende gesetzliche Regelungen zu verfolgen, um im Sinne des Umweltschadensgesetzes einen Schaden zu beurteilen, Beweise
zu sichern, dementsprechend zu untersuchen und darauf aufbauend Sanierungslösungen
zu finden.
Die Erheblichkeit des Schadens
Die Bestimmung der Erheblichkeit des Schadens wird eine der wesentlichen Fragen sein,
die es gilt zu beantworten. So wird in Anlage 3 zum § 3 Abs. 3 Nr. 5 des Umweltschadensgesetzes im Artikel 3 „Änderungen des Bundesnaturschutzgesetzes“ die Erheblichkeit
etwas näher definiert. Unter anderem liegt eine Erheblichkeit im Hinblick auf Schäden an
der Biodiversität nicht vor, wenn nachteilige Abweichungen geringer sind als die natürliche
Fluktuation, die für eine betreffende Art oder einen betreffenden Lebensraum als normal
gelten.
In der Richtlinie 2004/35/EG Anhang 1 wird die Beeinflussung der menschlichen Gesundheit als erhebliche Schädigung gesehen. Unter Berücksichtigung anderer Gesetzgebungen
wie Wasserhaushaltsgesetz und Bundes-Bodenschutzgesetz ist die Frage nicht einfach zu
beantworten, wann eine Schädigung der Gesundheit des Menschen überhaupt eintritt.
Dementsprechend sind die Bewertungen hinsichtlich der Erheblichkeit der Schädigung der
natürlichen Lebensräume bzw. des gesamten Umfeldes der geschützten Arten nicht einfach
digital, d. h. mit Ja oder Nein, zu beantworten.
106
3
Biodiversität
Beweissicherung durch Untersuchung
Es ist unabdingbar, eine ausreichende Beweissicherung nicht allein zum Hergang des
Schadens und der Ausbreitung von Stoffen zu verfolgen, sondern es sind gegenüber der
aus den Zeiten vor dem 14.11.2007 praktizierten Vorgehensweise auch parallel die Frage
zu beantworten und die entsprechende Beweissicherung durchzuführen, durch welche
Lebensräume die Schadstoffe sich bewegten und welche Schädigungen mit dem Eintritt
der Schadstoffe in diese natürlichen Lebensräume als Konsequenzen verbunden sind. Vor
dem 30.04.2007 oder zumindest bis zum 14.11.2007 war die Vorgehensweise eigentlich
derart, dass die Bereiche, die mit wassergefährdenden Stoffen verunreinigt worden sind,
weitestgehend im Sinne des Schutzes der Gesundheit des Menschen saniert worden sind.
Schädigungen geschützter Arten oder natürlicher Lebensräume im Gewässer konnten teils
pressewirksam mit einem neuen Fischbesatz kompensiert werden.
Mit der Beweissicherung ist natürlicherweise die Untersuchung der Gesamtsituation
verbunden. Während sich vor dem 14.11.2007 die Untersuchung auf die Schädigung von
Gewässern, Grundwasser und Boden bezogen, ist heute die Untersuchung hinsichtlich
existierender Lebewesen im Gewässer, im und auf dem Boden sowie in der Luft und der
Zustand der Flora mit zu realisieren.
Die Sanierung
Geschädigte Feuchtgebiete oder Randbereiche von Flussläufen wie z. B. Schilfanwachsungen wurden vor dem 14.11.2007 durch die Sanierung abgemäht oder entfernt, aber ein
Ersatz fand in der Regel nicht statt. Hierzu ist nunmehr die Richtlinie 2004/35/EG Anhang
II vom 21.04.2004 zu beachten, in der unterschiedliche Vorgehensweisen der Sanierung
ausgewiesen werden. Lässt sich durch eine primäre Sanierung der alte Zustand vor Eintritt
des Schadens auch langfristig nicht erreichen, so schreibt die vorgenannte Richtlinie eine
ergänzende Sanierung vor. Dies kann z. B. bedeuten, dass an anderer Stelle ein eutrophierter (mit Nährstoffen übersättigter) Teichabschnitt durch Belüftung wieder in einen natürlichen
Zustand zu bringen ist. Es werden somit Gelder benötigt, die bei früheren primären Sanierungen nicht zu berücksichtigen waren.
Sind – bei langjähriger Wiederherstellung des Ursprungszustandes – „zwischenzeitliche Verluste“ an natürlichen Ressourcen zu erwarten, so ist eine Ausgleichssanierung zu betrachten.
Dies kann beinhalten, dass geschützte Tierarten ausgesiedelt werden und nach Erreichen
eines vertretbaren „Ursprungszustandes“ eine Rücksiedelung der Tierarten stattfindet. Es ist
somit im Rahmen der Sanierung eine Abwägung zu treffen, ob eine Primärsanierung ausreichend sein wird oder aber eine ergänzende Sanierung an anderer Stelle erforderlich wird.
Über die Schritte „Beweissicherung“ und „Untersuchung“ sind die Vorgaben einer Sanierung zu bestimmen und des Weiteren der sanierte Bereich auch zukünftig weiter zu beobachten, um eine Entscheidung zu treffen, ob z. B. die angestrebte Ausgleichssanierung
weiterhin verfolgt werden muss.
107
Resultat bei Erstmaßnahmen
Nach einem Tankkraftwagen-Unfall auf einer Autobahn fließt 220 Grad Celsius heißes Bitumen über den Autobahnrand in ein geneigtes Waldstück
und hinterlässt eine Schneise der Verbrennung der Flora und somit eine
Schädigung der Biodiversität. Die Einsatzkräfte, bedingt durch den beeinträchtigenden Umgang mit 220 Grad Celsius heißem Bitumen, forcieren
bewusst diesen Fließweg, um das Bitumen in ausgehobenen Gruben aufzufangen und dort erkalten zu lassen.
Des Weiteren dringt das heiße Bitumen in die Regenwasserkanalisation
ein und verunreinigt einen Bachlauf, der durch ein Regulierungsbauwerk je
nach Wasseranfall aufgestaut wird. In diesem Aufstauungsbereich hat
sich ein Feuchtbiotop ausgebildet. Üblicherweise wird das Regulierungsbauwerk verschlossen, der Bachlauf aufgestaut und somit das ausgetretene Bitumen am weiteren Verdriften über den Bachlauf gehindert. Konsequenz hierbei ist die Verunreinigung und Schädigung des Feuchtgebietes
mit gegebenen Schäden an der Biodiversität, speziell, wenn die Beweissicherung und Untersuchung feststellt, dass Schäden im Sinne des Umweltschadensgesetzes vorliegen.
Durch die Schädigung des Waldbereiches ist zu klären, welche Pflanzen und damit auch
Bäume nachhaltig nicht mehr zu retten sind und somit gefällt werden müssen. Sind an
dieser Unglücksstelle 100-jährige Eichen zu fällen,
so ist unter Umständen der Heldbock (ein Käfer)
nicht mehr zu retten und dementsprechend liegt
eine Schädigung einer geschützten Art vor. Über
die primäre Sanierung ist der Ausgangszustand
nicht mehr zu erreichen und eine ergänzende
Sanierung notwendig.
Froschkraut, das in Wasseransammlungen
teichähnlicher Art im Bereich des Feuchtgebietes
existiert, ist durch das Einleiten von Bitumen ebenfalls geschädigt. An dieser Stelle ist gegebenenfalls
anstatt der ergänzenden Sanierung eine Ausgleichssanierung möglich, da nach entsprechender, an dieser Stelle nicht näher zu beziffernder Zeit eine Ansiedlung von Froschkraut im
Teichbereich wieder möglich ist. In der Summation des oben Genannten stellt sich somit
dar, dass speziell die Einsatzkräfte bzw. die mit der Schadensbegrenzung befassten Personen
– und somit auch die von Versicherungsseite eingesetzten Sachverständigen – auch ohne
direkte örtliche Kenntnis, allerdings anhand der Betrachtungen zu der momentanen Situation, Entscheidungen treffen müssen, die mit der althergebrachten Methodik der reinen
Sanierung nicht mehr vergleichbar sind, und somit auch im ersten Anschein nicht verständliche Entscheidungen getroffen werden. Dies kann z. B. im vorliegenden Fall bedeuten, dass
das Regulierungsbauwerk nicht genutzt werden darf, sondern die Stoffe gegebenenfalls
über einige Kilometer mit dem Bachlauf weitertransportiert werden und an geeigneter
Stelle durch Schaffung von Rückhalteeinrichtungen eine Sanierung durchgeführt wird.
Abb. 79:
Entstandene Waldschneise durch Heißbitumen im Hangbereich.
Abb. 80:
Regulierungsbauwerk
mit Feuchtgebiet;
rechts der Kanalzutritt
mit Heißbitumen.
108
3
Biodiversität
Nicht immer müssen es Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen sein, um das Umweltschadensgesetz zu tangieren. Auch einfache Abläufe zur Errichtung von Bauwerken, wie
z. B. Straßen, können zu einer Schädigung führen. Hierbei kann durchaus wiederum das
Froschkraut genannt werden. Durch bauliche Maßnahmen, wie z. B. die Errichtung einer
Baustraße, finden bei starken Niederschlägen Erosionen statt, die aufgrund der sehr
starken Sedimentierung in einer Teichanlage zu einer Verlandung des Teiches führen, wodurch
der Lebensraum des Froschkrautes eingeschränkt oder vernichtet wird. Neben der dazugehörigen Beweissicherung umfasst die Untersuchung natürlich die Fragestellung, wie der
Zustand des Teichuntergrundes vor Eintritt der Sedimentation war.
Komplexität des USchadG
Vereinfacht gesagt ist festzuhalten: Die Bearbeitung von Unfällen mit wassergefährdenden
Stoffen oder auch von Altlasten bis hin zu allgemeinen Bodenbewegungen oder Gewässerbeeinflussungen wird durch das Umweltschadensgesetz komplizierter, da nunmehr auch
die Schädigung der Biodiversität beachtet werden muss. Ohne eine ausreichende Dokumentation und vor allem möglichst frühe Beweissicherung kann eine Schadenvergrößerung
die Folge sein, wobei zurzeit noch nicht beantwortet werden kann, ob die Kosten der Untersuchung sowie Ausgleichs- und Ergänzungssanierung als Folge der primären Sanierung
nicht in vielen Fällen höher ausfallen. Denn nicht allein der Austritt wassergefährdender
Stoffe führt die Schädigung der Biodiversität herbei, sondern auch durch Einleitung von
unqualifizierten Sanierungsmaßnahmen werden geschützte Arten und natürliche Lebensräume geschädigt werden, wenn die Vorgaben des Umweltschadensgesetzes nicht umgesetzt werden. Qualifizierte Fachkräfte sind daher wesentliche Kostenminderungsfaktoren.
Zum Autor
Dipl.-Ing. Ulrich Borchardt
Sachverständiger seit 1979 mit elfjähriger Erfahrung bei einem großen Industrieversicherer; seit 1990 selbstständig mit Büro in Hennef mit den Schwerpunkten:
앫 Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen, Altlasten, Tankanlagen
앫 Flächenrecycling, biologische In-situ-Sanierung, Umweltschadensgesetz sowie
Schadstoffe in und an Gebäuden
앫 zugelassener Sachverständiger nach VAwS, öbv-Sachverständiger gemäß § 18
Bundes-Bodenschutzgesetz und für Unfälle mit wassergefährdenden Stoffen
앫 Buchautor: „Ernstfall Umwelt“ und Mitarbeit am „Handbuch des Fachanwalts
Verkehrsrecht“
Weitere Infos www.gutachterbuero-borchardt.de
109
c) Die Umweltschadens-Versicherung
Da in der Umwelthaftpflichtversicherung, wie oben beschrieben, bislang nur die zivilrechtliche Haftung abgedeckt war und behördlich angeordnete Sanierungen gemäß USchadG
auch in einer reinen Betriebshaftpflichtversicherung nicht abgedeckt sind, hat die Versicherungsbranche ein komplett neues Produkt entwickelt: die Umweltschadens-Versicherung.
Die Umweltschadens-Versicherung der RheinLand Versicherungsgruppe ergänzt unsere
Betriebshaftpflichtversicherung und bietet Gewerbetreibenden Versicherungsschutz für folgende Risiken:
앫 Basisdeckung: Schäden an geschützten Arten, natürlichen Lebensräumen sowie an
Böden und Gewässern außerhalb des Betriebsgrundstücks (beitragsfrei, bis 1 Mio. Euro
Versicherungssumme)
앫 Anlagenrisiko: umweltrelevante Anlagen und Tätigkeiten, die nicht über die Basisdeckung
mitversichert sind, z. B. Tanks, Container und Anlagen, mit denen umweltgefährdende
Stoffe hergestellt, gelagert, befördert oder weggeleitet werden
앫 Umwelteigenschadendeckung: Schäden auf dem eigenen Betriebsgrundstück (eigener
Boden, eigene Gewässer) sowie Grundwasserschäden
Folgende Leistungen sind in unserem Versicherungsschutz enthalten:
앫 Prüfung der Verantwortlichkeit
앫 Abwehr unberechtigter Schadenersatzansprüche
앫 Kostenübernahme von berechtigten Sanierungs- und Kostentragungsverpflichtungen
(z. B. Gutachter-, Sachverständigen-, Anwalts- und Gerichtskosten)
앫 Aufwendungen für Abwendungs- oder Minderungsmaßnahmen eines sonst unvermeidbar
eintretenden Umweltschadens
Abb. 81:
Flyer zur Umweltschadens-Versicherung
3
110
Biodiversität
3.3 Unser Naturschutzengagement
Durch das Angebot der Umweltschadens-Versicherung (siehe Kapitel 3.2.4) leisten wir über
unsere Produkte einen Beitrag zum Schutz der Biodiversität. Darüber hinaus engagieren wir
uns für den Naturschutz, indem wir Aufforstungen, den Streuobstwiesenschutz im RheinKreis Neuss, das Grüne Band®, den Botanischen Garten Neuss und die Biologische Station
im Rhein-Kreis Neuss e. V. unterstützen.
3.3.1 Aufforstungen – auf dem Weg
zum CO2 -neutralen Unternehmen
Abb. 82
Seit 2005 hat die RheinLand Versicherungsgruppe – in Kooperation mit PRIMAKLIMA-weltweit
e. V. – mehr als 40 Hektar Wald pflanzen lassen, zuletzt 3,5 Hektar in Neuss. Die Pflanzungen sind Teil einer groß angelegten, von der RheinLand Versicherungsgruppe finanzierten
Aufforstung. Ziel ist es, alle unvermeidbaren CO2-Emissionen unseres Geschäftsbetriebes
dauerhaft zu neutralisieren. Hierbei setzen wir auf das Prinzip „Vermeiden – Reduzieren –
Substituieren – Kompensieren“ (siehe Kapitel 2.3).
So haben wir unseren Heizwärmebedarf in den letzten Jahren kontinuierlich gesenkt (siehe
Seite 73). Unsere Dienstwagenflotte ist bereits seit 2006 CO2-neutral unterwegs (Ausführungen siehe unten). Seit 2009 bezieht unsere Hauptverwaltung 100-prozentigen Öko-Strom
mit dem „Grüner-Strom-Label-GOLD“. Hierdurch reduzieren wir unsere CO2-Emissionen um
etwa 70 Prozent (siehe Seite 77). Zudem lassen wir auflagenstarke und hochvolumige Druckaufträge wie diesen Umweltbericht klimaneutral drucken (siehe Seite 153 f.).
CO2-Kompensation durch Aufforstungen
Abb. 83:
Broschüre zur PRIMAKLIMA-Kooperation
Noch gelingt es trotz aller Anstrengungen nicht, CO2-Emissionen gänzlich zu vermeiden.
Für die vorläufig bis mittelfristig unvermeidbaren CO2-Emissionen bietet unser Partner
PRIMAKLIMA-weltweit e. V. eine Lösung: Seit 2004 bieten wir
unseren Kunden die Möglichkeit, das von ihnen emittierte
Kohlendioxid (CO2) – den nach heutigem Kenntnisstand
wesentlichsten Faktor für den Treibhauseffekt – aus Kraftfahrzeug-Verkehr und Privathaushalt bzw. Geschäftsgebäude durch eine Spende, die Aufforstungs- und Waldschutzprojekte in Deutschland oder im Ausland veranlasst, zu
neutralisieren.
Der PRIMAKLIMA-Kriterienkatalog basiert auf den Grundsätzen
für nachhaltige Waldbewirtschaftung des Forest Stewardship Council (FSC). PRIMAKLIMA garantiert der RheinLand
Versicherungsgruppe Aufforstungen mit heimischen Baumarten der potenziell natürlichen Vegetation sowie eine Dauernutzung der aufgeforsteten Grundstücke als Wald.
111
Bäume als Kohlenstoffspeicher
UNEP – Bäume fürs Klima
Das UN-Umweltprogramm (UNEP) will bis Ende 2009 weltweit sieben Milliarden Bäume
pflanzen. Die Idee dazu stammte von der kenianischen Umweltaktivistin und Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai. Laut UNEP absorbiert ein durchschnittlicher Baum
pro Jahr zwölf Kilogramm Kohlendioxid. Ein Baum produziert zugleich genug Sauerstoff,
um den Jahresbedarf von vier Menschen zu decken. Damit schluckt ein ein Hektar großer Wald jährlich sechs Tonnen Kohlendioxid. Wälder nehmen rund 30 Prozent der
Landflächen der Erde ein, in ihrer Biomasse sind nach Expertenmeinung 283 Gigatonnen Kohlenstoff gespeichert. In der Zeit von 1990 bis 2005 gingen die KohlenstoffReserven der Wälder pro Jahr um etwa 1,1 Gigatonnen zurück. Nach Einschätzung
der UNEP trägt der weltweite Verlust an natürlichen Wäldern stärker zu den globalen
Emissionen bei als der Transportsektor.
Bäume sind wichtige Kohlenstoffspeicher: Sie nehmen bei ihrem Wachstum das Kohlendioxid aus der Luft auf, binden den Kohlenstoff in die Biomasse ein und geben den Sauerstoff teilweise wieder ab. Bäume senken somit den CO2-Gehalt der Luft und tragen unmittelbar zum Gleichgewicht des CO2-Haushalts der Atmosphäre bei. Faustregel: Auf einer Fläche
von 1 Hektar (= 10.000 m2) neuem Wald werden im Durchschnitt der Wachstumszeit pro
Jahr 10 Tonnen bzw. pro Jahrzehnt 100 Tonnen CO2 absorbiert. Durch eine Spende von zurzeit 1.000 Euro wird PRIMAKLIMA in die Lage versetzt, in Deutschland oder anderswo auf der
Welt die Aufforstung von 1 Hektar zu veranlassen.
Wälder bieten darüber hinaus Erholungsraum für den Menschen, regulieren den Wasserhaushalt, beugen Erosion vor und sind Lebensraum für zahlreiche Pflanzen und Tiere. So
sind viele gefährdete Säugetiere und Vogelarten Waldbewohner, Gleiches gilt für Insekten.
In drei Schritten zum Ziel
Energie sparen, regenerative Energiequellen nutzen und Bäume pflanzen – das ist die Idee
von PRIMAKLIMA-weltweit e. V., Düsseldorf. Dazu hilft PRIMAKLIMA, für den Privathaushalt, das
Unternehmen oder die Kommune eine individuelle CO2-Bilanz aufzustellen. Anhand der
ermittelten Ergebnisse werden zunächst Möglichkeiten für eine Energieeinsparung und
umweltfreundlichere Energienutzung aufgezeigt. Dabei setzt PRIMAKLIMA auf das Prinzip
„Vermeiden und Verringern“. Anschließend wird berechnet, mit wie vielen Baumpflanzungen
die CO2-Neutralität erreicht werden kann.
112
3
Biodiversität
Dienstwagenflotte seit 2006 CO2-neutral
Die RheinLand Versicherungsgruppe findet diese Idee von PRIMAKLIMA nicht nur für ihre Kunden gut – sie ist mit eigenen Mitteln aktiv geworden.
In den Jahren 2005 und 2006 wurden in Kooperation mit PRIMAKLIMA-weltweit e. V. zunächst
mehr als 15 Hektar Wald (etwa 400 x 400 Meter) gepflanzt – im Rhein-Kreis Neuss, NRW,
und im Landkreis Freiberg, Sachsen. Durch die Pflanzung von insgesamt 38.900 Bäumen
hat die RheinLand Versicherungsgruppe die Kohlendioxid-Emissionen ihrer gesamten
Dienstwagen neutralisiert, die sich – einen gleich bleibenden CO2-Ausstoß vorausgesetzt –
Jahr für Jahr innerhalb der nächsten 50 Jahre ergeben.
Der „RheinLand-Wald“ in Neuss
Abb. 84:
Artikel der NeussGrevenbroicher
Zeitung anlässlich
der Pflanzung des
„RheinLand-Walds“
Seit 2008 wurden noch einmal knapp 25 Hektar
Wald aufgeforstet. So beispielsweise im März
2009, als im Beisein von Vorstand Christoph
Buchbender 3,5 Hektar Laub-Mischwald in
Neuss gepflanzt wurden. 13.095 rund ein Meter
hohe Setzlinge wurden gepflanzt: 6.250 Stieleichen, 1.000 Traubeneichen, 1.125 Rotbuchen,
1.250 Hainbuchen, 700 Winterlinden, 390 Vogelkirschen, 40 Feldahorne, 40 Wildbirnen, 300
Schlehen und weitere 2.000 Sträucher für den
Waldrand. Die Stadt Neuss garantiert der RheinLand Versicherungsgruppe eine Dauernutzung
des aufgeforsteten Grundstücks als Wald.
In Neuss entsteht somit in den kommenden Jahren ein repräsentativer „RheinLand-Wald“
von 350 x 100 Metern Größe. Der „RheinLand-Wald“ sorgt für ein gutes Klima – genau
dort, wo es für die Menschen, die in der Region leben und arbeiten, eine direkte positive
Auswirkung hat.
CO2-Neutralität des Geschäftsbetriebes
Als Nächstes streben wir die dauerhafte CO2-Neutralität des Geschäftsbetriebes (Hauptverwaltung) an. Neutralisiert werden sollen alle unvermeidbaren, aus dem Energieverbrauch
und dem sonstigen Dienstreiseaufkommen resultierenden Kohlendioxid-Emissionen.
Bis voraussichtlich Ende 2010 will die RheinLand Versicherungsgruppe weitere 45 Hektar
Wald pflanzen lassen, um alle unvermeidbaren Kohlendioxid-Emissionen ihres Geschäftsbetriebes zu neutralisieren, die sich – einen gleich bleibenden CO2-Ausstoß vorausgesetzt –
Jahr für Jahr innerhalb der nächsten 50 Jahre ergeben.
Letztendlich wollen wir knapp 85 Hektar Wald (etwa 920 x 920 Meter) pflanzen lassen.
Die Pflanzungen sollen in einem weltweiten Mix erfolgen (ein Teil davon in Deutschland), um
Risiken lokaler Naturereignisse wie Windwurf, Waldbrand oder Käferbefall zu minimieren.
113
So können Verbraucher helfen
Durch Pflanzung von Wald können CO2-Emissionen ausgeglichen werden. PRIMAKLIMA
kalkuliert im internationalen Mix mit einem notwendigen Spendenaufkommen von zurzeit 1.000 Euro für jeden neuen Hektar Wald, der gemäß Faustregel im Durchschnitt
seiner Wachstumszeit pro Jahr 10 Tonnen bzw. pro Jahrzehnt 100 Tonnen CO2 absorbieren wird.
Ein durchschnittlicher deutscher Privathaushalt, der trotz intensiven Bemühens um
Emissionsvermeidung noch immer für z. B. 10 bis 15 Tonnen CO2-Emissionen in einem
Jahr verantwortlich ist, kann eine solche Jahresmenge so neutralisieren: Er beauftragt
PRIMAKLIMA mit der Aufforstung von 1.000 bis 1.500 m2 und zahlt dafür für ein Jahr 100
bis 150 Euro als (steuerlich absetzbare) Spende. Innerhalb eines Jahrzehnts werden
(linearisiert betrachtet) die neuen Bäume der Luft die 10 bis 15 Tonnen CO2 wieder entziehen. In jedem folgenden Wachstumsjahrzehnt wird weiteres CO2 eingebunden; nach
50 Jahren Baumwachstum wird die fünffache Jahresemission neutralisiert sein.
Ein anderes Beispiel: Sie können über PRIMAKLIMA die CO2-Emissionen einer PkwFahrleistung von 10.000 km (Benzinverbrauch: 8 Liter/100 km) mit einer Spende von
19 Euro fünffach kompensieren.
Wer nicht nur für ein Jahr CO2-neutral leben will, wiederholt den Aufforstungsimpuls
bzw. die Spendenleistung jedes Jahr aufs Neue. Dieser Weg zu klimaneutralem Leben
und Handeln gilt natürlich nicht nur für Privathaushalte. PRIMAKLIMA steht allen offen:
Vereinen, Unternehmen und Gebietskörperschaften. Alle sind dazu eingeladen mitzumachen, unabhängig davon, ob sie ihre CO2-Emissionen vollständig oder teilweise
neutralisieren oder PRIMAKLIMA mit einer Pauschalspende unterstützen möchten.
Handeln Sie jetzt, unter www.prima-klima-weltweit.de gelangen Sie zum elektronischen
CO2-Rechner von PRIMAKLIMA.
Ansprechpartner
PRIMAKLIMA-weltweit e. V.
Dr. Karl Peter Hasenkamp
Ikenstraße 1 b
40625 Düsseldorf
Telefon: (02 11) 29 54 19
Fax:
(02 11) 2 91 36 82
E-Mail: [email protected]
Weitere Infos www.prima-klima-weltweit.de
114
3
Biodiversität
3.3.2 „Nüsser Appel“ –
Streuobstwiesenschutz im
Rhein-Kreis Neuss
Das Projekt „Nüsser Appel“
Abb. 85 und 86
Ziel des Projekts „Nüsser Appel“ der BUND-Ortsgruppe NeussKaarst sind der Erhalt und die Förderung ökologisch wertvoller
Streuobstwiesen mit ihren alten Obstsorten in der Stadt und im
Rhein-Kreis Neuss.
Streuobstwiesen – ein bedrohter Lebensraum
Die Streuobstwiese ist die traditionelle Form des Obstanbaus mit hochstämmigen Obstbäumen unterschiedlichen Alters und unterschiedlicher Arten und Sorten. Da von den über
3.000 Apfelsorten Mitteleuropas nur 60 im deutschen Handel sind, tragen Streuobstwiesen zur Erhaltung alter Obstsorten bei.
Streuobstwiesen sind charakterisiert durch eine naturverträgliche Nutzung
ohne Einsatz synthetischer Behandlungsmittel. Sie dienen sowohl der
Obsterzeugung als auch der Heugewinnung oder als Viehweide. Die Imkerei spielt für die Bestäubung eine wichtige Rolle. Die intensive Form des
Obstanbaues ist dagegen die Obstplantage aus niederstämmigen Obstsorten in Monokultur.
Abb. 87:
Typisches
Erscheinungsbild
einer Streuobstwiese
(© BUND-Lemgo)
Mit ihren unterschiedlichen Wuchsformen, Blühzeiten und Herbstfärbungen
erfreuen uns Streuobstwiesen mit ihrer Blütenpracht, der Farbenpracht
ihrer Früchte und ihrem bunt gefärbten Laub. Früher umgaben sie fast
jeden kleineren Ort und dienten als Elemente zur Hangsicherung und zum Wasserrückhalt.
Inklusive der sie umgebenden Hecken waren sie ein wertvoller Schutz gegen Wind und Kälte.
Obst war zudem eine wichtige Nahrungsquelle und wurde vielfältig verwertet (Dörrobst,
Kuchen, Most, Mus, Saft, Tafelobst). Zudem wurden Obstsorten angebaut, die sich durch
eine lange Lagerfähigkeit auszeichneten. Nicht geerntete Früchte dienten dem Wild als Futterquelle.
Die Flora von Streuobstwiesen ist im Vergleich zu Obstplantagen wesentlich artenreicher.
Streuobstwiesen bieten Nahrung und Behausung für viele Tierarten und sind ein wichtiger
Lebensraum für Vögel, Insekten und Spinnen. Schon im Frühling während der Obstblüte
werden zahlreiche Insekten angelockt: Bienen, Hummeln und Schmetterlinge, die für die
Bestäubung sorgen, Wespen, Schlupfwespen und Holz bewohnende Käfer. Dieser Insektenreichtum wiederum zieht viele andere Tiere wie Igel, Vögel und Fledermäuse an.
115
Viele Vogelarten bauen ihre Nester erst ab einer gewissen Baumhöhe und benötigen einen
Verbund an extensiv genutzten Biotopen. Auch für die europaweit seltenen Schläferarten
sind sie ein wichtiges Wohnhabitat. Die morschen und hohlen Äste der alten Bäume bieten
einer Vielzahl von Tieren Unterschlupf und sind ein wichtiges Wohn- und Bruthabitat für verschiedene Specht- und Eulenarten sowie für mehr als fünfzig, teilweise gefährdete Singvogelarten.
Abb. 88 bis 90:
Typische Bewohner
von Streuobstwiesen
(v. l.): Steinkauz,
Schwalbenschwanz
und Siebenschläfer
Der Streuobstanbau hatte eine große kulturelle, soziale, landschaftsprägende und ökologische Bedeutung. Heute gehören Streuobstwiesen zu den am stärksten gefährdeten Biotopen Mitteleuropas. Größere, landschaftsprägende Streuobstwiesen finden sich nur noch in
Österreich (Mostviertel), in Süddeutschland und in der Schweiz (Quellen: BUND-Lemgo,
Wikipedia).
Gesund, lecker, ökologisch
Während so genannter „Apfeltreffs“ (z. B. auf dem Neusser Kinderbauernhof) werden ungespritzte Früchte von Streuobstwiesen
oder aus privaten Gärten im Rhein-Kreis Neuss gesammelt,
zu Saft verarbeitet und verkauft. 2008 wurden 14.900
Kilogramm Äpfel zu 8.445 Liter Apfelsaft verarbeitet.
Die Besonderheit des naturtrüben „Nüsser Appel“-Saftes ist
neben dem Geschmack und der Frische die Tatsache, dass
er aus Früchten der Region gekeltert wird und ökologisch einwandfrei ist, weil ungespritzt und ohne Zusatzstoffe. Zudem
handelt es sich oft um alte Obstsorten, deren Inhaltsstoffe in
wissenschaftlichen Untersuchungen als besonders wertvoll eingestuft werden und für viele Allergiker unbedenklich sind.
Abb. 91
116
3
Biodiversität
Finanzierung einer mobilen Saftpresse
Abb. 92:
Artikel im Lokalanzeiger Neuss-Kaarst
anlässlich der Übergabe des „Neusser
Saftmobils“ an den
BUND Neuss-Kaarst
Bis 2006 wurden die Äpfel kostenträchtig und nicht
besonders umweltfreundlich in privaten Pkws zu
einer 38 Kilometer entfernten Lohnmosterei gefahren und gepresst. Der in Fünf- oder Zehn-LiterBoxen abgefüllte Saft wurde wieder mit Pkws abgeholt und zum Verkauf nach Neuss transportiert.
Um das Projekt erfolgreich fortführen zu können,
bedurfte es der Anschaffung einer mobilen Saftpresse durch die BUND-Ortsgruppe Neuss-Kaarst.
Die Kosten für das „Neusser Saftmobil“ übernahm
die RheinLand Versicherungsgruppe.
Abb. 93:
Das „Neusser
Saftmobil“
Jährliche Aktionswoche im Kasino
Abb. 94:
Der Infostand
Abb. 95:
Flyer zum
„Neusser Saftmobil“
Seit Oktober 2007 wird der „Nüsser Appel“-Saft im
Rahmen einer jährlichen Aktionswoche im Kasino an
unsere MitarbeiterInnen verkauft. Ein Infostand informiert über den Lebensraum
Streuobstwiese und das Projekt
„Nüsser Appel“. Hierbei gibt es
auch die Möglichkeit, den Saft
zu probieren. Ein dauerhafter Ausschank ist mangels der zur Verfügung stehenden Mengen nicht möglich. Der Verkauf erfolgt in FünfLiter-Boxen, der Verkaufserlös geht an die BUND-Ortsgruppe NeussKaarst. 2007 wurden so 575 Liter, 2008 sogar 880 Liter „Nüsser
Appel“-Saft an unsere MitarbeiterInnen verkauft.
Mit der Unterstützung des Projekts „Nüsser Appel“ unterstreicht die
RheinLand Versicherungsgruppe einmal mehr ihr Umweltengagement
und ihre Verwurzelung mit der Stadt und dem Rhein-Kreis Neuss.
Weitere Infos www.neusser-saftmobil.de
www.nüsser-appel.de
117
3.3.3 Das Grüne Band® –
grenzenlose Natur
Gastbeitrag des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V. (BUND)
Seit 2003 unterstützt die RheinLand Versicherungsgruppe das BUND-Projekt Das Grüne Band®.
Es gibt noch Naturwunder in Deutschland: Mitten durch
unser Land zieht sich von der Ostsee bei Travemünde
bis ins Vogtland bei Hof ein 1.393 Kilometer langes
grünes Band. Aus der einstigen Grenze zwischen Ost
und West wurde Deutschlands größter zusammenhängender Biotopverbund.
Ob Seeadler, heimische Orchideen, Fischotter oder
Wildkatze – mehr als 600 bedrohte Tier- und Pflanzenarten haben im Grünen Band Zuflucht gefunden. 150
Naturschutzgebiete liegen im bzw. grenzen an das
Grüne Band.
Abb. 96
Abb. 97:
Der Verlauf des
Grünen Bands entlang
der ehemaligen innerdeutschen Grenze
Leuchtturm der Artenvielfalt
Die große naturschutzfachliche Bedeutung des
Grünen Bandes beruht auf dem vielseitigen
Wechsel zwischen den 109 Biotoptypen, die
das Grüne Band vereint. Rund 50 Prozent dieser Biotoptypen stehen auf der Roten Liste.
Das Grüne Band verbindet über neun Bundesländer hinweg Lebensräume, die sonst in unserer Kulturlandschaft nicht mehr miteinander verbunden sind: zum Beispiel Altgrasbrachen mit
Feuchtgebieten, Trockenrasen mit Altholzbeständen und Sumpfgebiete mit Heideflächen.
Abb. 98:
Das Grüne Band
entlang der Ulster
118
Abb. 99:
Die Wildkatze hat im
Grünen Band Zuflucht
gefunden.
3
Biodiversität
Dieses Mosaik unterschiedlicher Lebensräume war und ist das Fundament für den
großen Artenreichtum des Grünen Bandes.
Selbst Arten, die bereits als ausgestorben
galten, wurden hier wiederentdeckt – zum Beispiel die Schwalbenwurz in Mecklenburg-Vorpommern. Damit ist das Grüne Band ein Paradebeispiel für biologische Vielfalt (Biodiversität). Der Bund für Umwelt- und Naturschutz
Deutschland e. V. (BUND) und die Bundesregierung weisen dem Grünen Band daher eine
wichtige Rolle beim Schutz der Biodiversität
zu. Im Koalitionsver trag der rot-schwarzen Regierung von 2005 wurde das Grüne Band als
Nationales Naturerbe anerkannt. In der nationalen Strategie zum Schutz der Biodiversität wird
das Grüne Band als Leuchtturmprojekt behandelt.
Schnitte ins Grüne Band
Abb. 100:
Das Breitblättrige
Knabenkraut
Das Grüne Band droht zu zerreißen: Insgesamt kreuzen
es etwa 450 Straßen, oft unüberwindbar für die meisten
Tiere. Und Baupläne neuer Straßen liegen zur Verwirklichung schon in Schubläden bereit! Auch die intensive
Landwirtschaft setzt der Natur sehr zu: Seit Jahrzehnten
brachliegende Flächen werden umgeackert oder zu intensiv genutztem Grünland entwertet – das Ende der Artenvielfalt. Bereits rund 15 Prozent des Grünen Bandes
wurden so zerstört.
Der BUND für das Grüne Band
Seit 1989 setzt sich der BUND für den Schutz und
den Erhalt des Grünen Bandes ein und macht
Politik und Öffentlichkeit auf die Bedrohungen des
Grünen Bandes aufmerksam.
Abb. 101:
Das Braunkehlchen
auf dem Grenzpfeiler
ist Symbol für das
Grüne Band. Von hier
aus verschaffte sich
der selten gewordene
Vogel einen Überblick
und ging auf
Nahrungssuche.
Für den größten Teil des Grünen Bandes trägt die
Bundesregierung die Verantwortung. Sie ist dazu
verpflichtet, diese Flächen zu erhalten und zu
schützen. Dazu müssen die Flächen an die
Bundesländer übertragen werden, denn Naturschutz ist in Deutschland Ländersache. Seit Mitte
der 1990er Jahre forderte der BUND diese
Übertragung. Ende 2008 trug das jahrelange Engagement des BUND erste Früchte: Kurz vor dem Tag
der Deutschen Einheit am 3. Oktober wurde die
Übertragung der Bundesflächen entlang der
ehemaligen innerdeutschen Grenze an Thüringen
beschlossen. Nun müssen die anderen Bundesländer nachziehen.
119
Flächenkäufe und Pflegemaßnahmen des BUND
Rund 20 Prozent des Grünen Bandes befinden sich in Privatbesitz.
Mithilfe von Spenden kauft der
BUND diese Flächen. Als Eigentümer kann der BUND die Flächen
pflegen und dafür sorgen, dass das
Grüne Band erhalten bleibt. Knapp
400 Hektar konnten bisher erworben werden. Zu den Pflegemaßnahmen gehören z. B. die Mahd und
Beweidung von Trockenlebensräumen und Wieder vernässungsmaßnahmen. So wurde
beispielsweise im Stadtforst Salzwedel ein etwa 150 Hektar großes entwässertes Moorgebiet wiedervernässt. Es entstand einer der wertvollsten Erlenbruchwälder in ganz Norddeutschland.
Abb. 102:
Der Stadtforst
Salzwedel – ein wertvoller Erlenbruchwald
Biodiversität kennt keine Grenzen
Ein vereintes Europa hat auch ein vereintes Naturerbe. Durch 23 Staaten und auf einer
Länge von über 8.500 Kilometern schlängeln sich entlang des ehemaligen Eisernen
Vorhangs ebenfalls wertvolle Lebensräume. So wurde das Grüne Band Deutschland Pate
für die faszinierende Vision des größten grenzüberschreitenden Biotopverbundes Europas,
des Grünen Bandes Europa.
Auch der Fischotter wird von der in
die Wege geleiteten grenzübergreifenden Zusammenarbeit von Naturschützern aus Europa profitieren. In
Tschechien und im Bayerischen Wald
ist der gute Schwimmer noch zu entdecken. Für ein Überleben des Fischotters ist es dringend notwendig,
dass die Otterpopulation im Osten
Europas mit der im Westen verbunden wird. Dies soll ein grenzübergreifendes System ermöglichen, das
im Rahmen des Fischotterschutzprojektes und in Zusammenarbeit mit
tschechischen Partnern und den
Wasserwirtschaftsämtern entwickelt
und umgesetzt werden soll. Das
Grüne Band fungiert hier als perfekter Grenzübergang für die Fischotter
aus Tschechien und Deutschland.
Weitere Infos www.dasgrueneband.info
Abb. 103:
Der Fischotter zählt
zu den bedrohtesten
Tieren am Grünen
Band.
3
120
Biodiversität
3.3.4 Botanischer Garten Neuss –
eine grüne Oase
mitten in der Stadt
Die RheinLand Versicherungsgruppe unterstützt den Verein
„Freunde und Förderer des
Botanischen Gartens Neuss
e. V.“ beim Erhalt, dem Ausbau
und der Pflege des Botanischen
Gartens Neuss.
Abb. 104 und 105
Der Botanische Garten der
Stadt Neuss ist eine grüne
Oase mitten in der Stadt. 1914
eröffnet, hat diese Grünanlage
im Laufe der Zeit ihr Äußeres
ständig verändert und erweitert.
Heute präsentiert sich hier die
Pflanzenwelt in ihrer ganzen
Vielfalt und Schönheit. Neben Sommerblumen, Stauden und blühenden Sträuchern ist auch
so manch seltenes Gehölz zu entdecken. Idyllisch gelegene Sitzplätze unter Pergolen und
an Wasserbecken laden zum Verweilen ein. Bei Brautpaaren ist der Botanische Garten eine
beliebte Kulisse für das Hochzeitsfoto, insbesondere zur Azaleen- und Rhododendronblüte.
Seit 1999 ist der Botanische Garten um eine Attraktion reicher. Neben der bereits bestehenden kleinen Voliere entstand
gleich nebenan ein größeres, mit kleinen Wasserbecken ausgestattetes Vogelschauhaus.
In einem Pflanzenschauhaus sind zwei Abteilungen nach pflanzengeografischen Gesichtspunkten eingerichtet worden. In
der einen Abteilung können aus den Wüsten über 100 Gattungen und Arten von Kakteen und Sukkulenten, in der anderen
aus den Tropen und Subtropen herrlich blühende Orchideen,
Bromelien und Begleitpflanzen bewundert werden. Zu jeder
Jahreszeit findet der Besucher ein anderes Bild.
Abb. 106
Der Verein fördert Maßnahmen, durch die der Botanische Garten zu einem nachhaltigen
Natur- und Umweltschutz beiträgt. Dazu bietet er auch eigene Veranstaltungen an, die der
Natur- und Umweltbildung dienen, und fördert die Begegnung von Kunst und Natur.
Im Jahr 2003 wurde ein Gras-Amphitheater für Schulunterricht im Freien und andere, dem
Sinn des Botanischen Gartens nahestehende Anlässe geschaffen.
121
Durch den Einsatz von Vereinsmitgliedern, LehrerInnen, ErzieherInnen und Eltern mit ihren
Kindern konnte ein zentraler Schulgarten auf dem Gelände des Botanischen Gartens geschaffen werden, der im Oktober 2004 in einem Festakt eingeweiht wurde. Die hierzu erforderlichen Mittel wurden durch die Förderung der NRW-Stiftung Naturschutz, Heimat- und
Kulturpflege sowie durch weitere Spenden und Mitgliedsbeiträge aufgebracht.
Dem Ziel, die Begegnung von Kunst und Natur zu fördern, wird durch Veranstaltungen Rechnung getragen, an der sich KünstlerInnen aus dem Neusser Raum und – falls es sich um
Exponate handelt, die dem Grundthema „Kunst und Natur“ in besonderem Maße entsprechen – auch aus anderen Regionen beteiligen. Jährlich findet ein „Tag des Botanischen
Gartens Neuss“ statt.
Im Jahr 2008 konnte ein neu gestaltetes Biotop, eine Lärchenwald-Gesellschaft, die dank
der Unterstützung der Sparkassenstiftung Neuss gepflanzt werden konnte, in einer kleinen
Einweihungsfeier ihrer Bestimmung (Umweltbildung, Erhalt geschützter Pflanzen, Förderung
der Biodiversität) übergeben werden.
Zur Unterstützung seiner Zielvorstellungen hat der Verein einen „Arbeitskreis Biologieunterricht im Botanischen Garten“ gebildet, dem Lehrkräfte aller Schulformen und -stufen sowie
interessierte BürgerInnen angehören. Mitglieder dieses Arbeitskreises bieten die „Aktion
Ferienspaß“ an, die dazu dient, den teilnehmenden Kindern Pflanzenkenntnisse zu vermitteln und einen engeren Kontakt zur Natur herzustellen.
Botanischer Garten Neuss
Bergheimer Straße 67
41464 Neuss
Öffnungszeiten:
Täglich von 8:00 Uhr bis zum Einbruch der Dunkelheit,
längstens jedoch bis 20:00 Uhr
Unterstützung
Wer den als gemeinnützig anerkannten Verein unterstützen möchte, kann dies in Form
einer Mitgliedschaft oder Spende tun. Sponsoren können so genannte Sponsorentäfelchen
erwerben, die an den Übersichtstafeln an den Eingängen angebracht werden. Auch der
Erwerb einer Baumpatenschaft im Botanischen Garten trägt zur Unterstützung der Vereinsvorhaben bei.
Ansprechpartner
Freunde und Förderer des Botanischen Gartens Neuss e. V.
Herbert Rothstein
Im Jagdfeld 44
41464 Neuss
Telefon: (0 21 31) 8 14 63
3
122
Biodiversität
3.3.5 Haus der Natur – Biologische
Station im Rhein-Kreis Neuss e. V.
Gastbeitrag des Hauses der Natur – Biologische Station im Rhein-Kreis Neuss e. V.
Seit 2009 unterstützt die RheinLand Versicherungsgruppe das Haus der Natur – Biologische
Station im Rhein-Kreis Neuss e. V.
Abb. 107
Herausforderung Kulturlandschaft: Die Neusser Region ist dicht besiedelt; zahlreiche bedeutende Industrie- und Dienstleistungsunternehmen haben hier ihren Sitz. Neben der
raumfordernden industriellen Gewinnung von Bodenschätzen, beispielsweise Braunkohle
und Kies, prägt intensive landwirtschaftliche Nutzung das Kreisgebiet. Trotz dieser ökonomisch orientierten Landnutzung findet man auch abwechslungsreiche Naturschutzgebiete,
die eine Vielzahl seltener Pflanzen und Tiere beherbergen.
Abb. 108: Der Uedesheimer Rheinbogen
ist ein Teil des Europäischen Naturerbes
„Natura 2000“.
Eine landesweite und sogar europaweite Bedeutung haben beispielsweise die Vorkommen
der Stromtal-Halbtrockenrasen oder der blütenreichen Glatthaferwiesen entlang des Rheines sowie der Knoblauchkröte, des Schlammpeitzgers, des Feldhamsters und des Dunklen
Wiesenknopf-Ameisenbläulings.
Abb. 109:
Die sehr artenreichen
Stromtal-Halbtrockenrasen sind im RheinKreis Neuss beispielhaft ausgebildet. Eine
typische Pflanze ist
der Wiesen-Salbei.
Inmitten dieser vielgestaltigen Landschaft betreibt
der gemeinnützige Verein „Haus der Natur – Biologische Station im Rhein-Kreis Neuss” pragmatischen
Naturschutz. Das Haus der Natur ist darüber hinaus
die regionale Schnittstelle zwischen amtlichem und
ehrenamtlichem Naturschutz.
Eine zentrale Kernaufgabe ist die kontinuierliche
Betreuung und Entwicklung naturschutzwürdiger
Gebiete. Diese Aufgabe kann nur durch eine ver trauensvolle Zusammenarbeit aller Landnutzer erfolgreich bewältigt werden. Dies geschieht mit Offenheit,
Objektivität, Sachverstand und Präsenz im Gelände.
123
Gezieltes Handeln erfordert eine gesicherte Wissensgrundlage. Die Erhebung landschaftsbezogener Daten und die wissenschaftliche Feststellung der
Veränderungen in der Landschaft sind notwendige Grundlagen für die Arbeit
der Station. Langfristige Konzepte werden durch Erfolgskontrollen in Form
regelmäßiger Erfassung ausgewählter Tier- und Pflanzenarten begleitet. Dieses Vorgehen hilft, frühzeitig unerwünschte Veränderungen zu erkennen,
passgenaue Lösungen zu erarbeiten und diese in die Praxis umzusetzen.
Ein wichtiges Instrument zur Erhaltung
der Biodiversität in der Kulturlandschaft
ist der Vertragsnaturschutz. Gemeinsam
mit dem Rhein-Kreis Neuss werden beispielsweise Verträge zum Erhalt des
artenreichen Grünlandes, blütenreicher
Ackerrandstreifen, von Hochstamm-Obstwiesen und des Feldhamsters vermittelt
und begleitet. Auf der Basis der Freiwilligkeit entsteht so eine enge Kooperation
mit der Landwirtschaft.
Die dauerhafte Erhaltung des „grünen Kulturgutes“ Obstwiese einschließlich der großen Zahl alter Obstsorten ist das Ziel der
Obstwiesen-Initiative, in der die Biologische
Station zusammen mit Landwirten, Kommunen und Naturschutzgruppen wie dem
BUND Neuss-Kaarst mit seinem „Neusser
Saftmobil“ kooperiert (siehe Seite 114 ff.).
Abb. 110:
Für den Erhalt der Glatthaferwiesen im RheinKreis Neuss besteht
eine besondere Verantwortung, da diese hier
besonders typisch ausgebildet sind.
Abb. 111:
Vertragsnaturschutz zu
Ackerrandstreifen zielt
auf Ackerwildkräuter
wie den Klatsch-Mohn,
die Echte Kamille und
die Kornblume ab.
Um möglichst vielen Menschen das Verständnis für die Natur vor der
Haustür näher zu bringen, suchen wir den Kontakt zur Öffentlichkeit durch
Vor träge, Internet, Exkursionen, Presseinformationen und Fachveröffentlichungen. Hierbei sind Schulen und Jugendgruppen eine besonders wichtige Zielgruppe.
Die Kommunikation unserer Arbeitsergebnisse soll bei allen Bürgerinnen
und Bürgern im Rhein-Kreis Neuss ein zunehmendes Verständnis für
Umwelt und Natur schaffen. Wer die Landschaft bewusst erlebt, erkennt
deren Eigenwert und Nutzen besser und ist deshalb eher bereit, so hoffen
wir, die Belange des Landschafts- und Naturschutzes zu unterstützen.
Ansprechpartner
Haus der Natur –
Biologische Station im Rhein-Kreis Neuss e. V.
Kloster Knechtsteden (Handwerkergebäude)
41540 Dormagen
Telefon: (0 21 33) 50 23-0
Fax:
(0 21 33) 50 23-16
E-Mail: [email protected]
Weitere Infos www.biostation-neuss.de
Abb. 112:
Der ehemals häufige
Dunkle WiesenknopfAmeisenbläuling kann
aktuell am Niederrhein nur an sehr
wenigen Stellen nachgewiesen werden;
zwei davon liegen im
Rhein-Kreis Neuss.
124
4.
Umweltbilanz und
Umweltkennzahlen 2005-2008
125
Systemgrenze
Unsere Umweltbilanz 2005-2008 gilt für den Hauptverwaltungsstandort in Neuss. Die Mitarbeiterzahlen beinhalten alle am Standort RheinLandplatz beschäftigten MitarbeiterInnen
der RheinLand Versicherungsgruppe, einschließlich unserer Auszubildenden, die mit einer
Kapazität von zwei Dritteln in die Berechnung einfließen. Der Umweltkennzahl für den Heizwärmebedarf liegen Angaben zur selbstgenutzten klimatisierten (beheizten oder gekühlten)
Bruttogeschossfläche zu Grunde (nach DIN 277). Pro Jahr werden 250 Arbeitstage angesetzt.
Abb. 113:
Die Hauptverwaltung
der RheinLand
Versicherungsgruppe
Bilanzierungsrichtlinien
Bei der Ermittlung unserer betriebsökologischen Daten und der daraus berechneten Umweltkennzahlen für die Jahre 2005-2008 orientieren wir uns am Leitfaden „VfU Kennzahlen
2005 – Kennzahlen zur betrieblichen Umweltleistung für Finanzdienstleister“ des Vereins
für Umweltmanagement in Banken, Sparkassen und Versicherungen e. V. (VfU, 2005).
Bei den Stromemissionen verwenden wir die Angaben unseres Versorgers KEVAG (Stromkennzeichnung gemäß § 42 Energiewirtschaftsgesetz, EnWG), Bezugsjahr 2007.
Bei den Verkehrsemissionen verwenden wir die vom Umweltbundesamt (UBA) im Leitfaden
„Verkehr im Umweltmanagement“ publizierten Faktoren (UBA, 1999) bzw. die Aktualisierungen für das Jahr 2007. Laut dem Bericht „Aviation and the Global Atmosphere“ des Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) tragen die Emissionen aus Flugreisen deutlich
stärker zum Treibhauseffekt bei als die Emissionen anderer Verkehrsträger (IPCC, 1999).
Um die Klimawirkung des Flugverkehrs und seine Auswirkung auf den Treibhauseffekt adäquat wiederzugeben, multiplizieren wir unsere CO2-Emissionen aus Flugreisen mit dem so
genannten Radiative Forcing Index (RFI) von 2,7.
126
4
Umweltbilanz und Umweltkennzahlen 2005-2008
Absolute Zahlen 2005-2008 für den Standort RheinLandplatz auf einen Blick
Mitarbeiter
Fläche
Arbeitstage
Abfallaufkommen
CO2-Emissionen*
Heizwärmebedarf (Erdgas)
Gesamtpapierverbrauch – Recycling
Gesamtpapierverbrauch – TCF/ECF
Summe Gesamtpapierverbrauch
Kopier- und Druckerpapierverbrauch – Recycling
Kopier- und Druckerpapierverbrauch – TCF/ECF
Summe Kopier- und Druckerpapierverbrauch
Stromverbrauch
Dienstreiseaufkommen mit Bahn und ÖPNV
Dienstreiseaufkommen mit Pkw
Dienstreiseaufkommen mit Flugzeug
Summe Dienstreiseaufkommen
Wasserverbrauch
2005
2006
2007
2008
684
15.524 m²
250
134.376 kg
2.041.115 kg
1.312.310 kWh
92.365 kg
29.395 kg
121.760 kg
28.000 kg
3.694 kg
31.694 kg
1.858.448 kWh
43.804 km
1.326.129 km
136.374 km
1.506.307 km
6.520.000 l
661
15.524 m²
250
142.934 kg
2.202.943 kg
1.358.940 kWh
80.390 kg
27.671 kg
108.061 kg
35.500 kg
2.238 kg
37.738 kg
2.001.644 kWh
49.793 km
1.334.488 km
224.496 km
1.608.777 km
5.068.000 l
654
15.524 m²
250
140.692 kg
2.173.665 kg
1.333.950 kWh
93.546 kg
38.128 kg
131.674 kg
36.500 kg
5.831 kg
42.331 kg
2.009.494 kWh
56.707 km
1.247.811 km
173.906 km
1.478.424 km
5.928.000 l
679
15.524 m²
250
112.072 kg
2.238.457 kg
1.432.120 kWh
68.735 kg
34.044 kg
102.779 kg
31.000 kg
3.500 kg
34.500 kg
2.083.803 kWh
42.836 km
1.203.571 km
168.058 km
1.414.465 km
5.831.000 l
* unter Berücksichtigung des RFI-Faktors von 2,7 des IPCC
Umweltkennzahlen 2005-2008 für den Standort RheinLandplatz auf einen Blick
2005
2006
2007
2008
Ziel
Ergebnis
2005-2008 2005-2008
halten
- 12 %
reduzieren
+ 10 %
halten
+8 %
Abfallaufkommen je Mitarbeiter und Tag
0,8 kg
0,9 kg
0,9 kg
0,7 kg
CO2-Emissionen je Mitarbeiter und Jahr*
2.984 kg 3.333 kg 3.324 kg 3.297 kg
Heizwärmebedarf je m2 und Jahr
85 kWh
88 kWh
86 kWh
92 kWh
Gesamtpapierverbrauch – Recycling je Mitarbeiter und Jahr
135 kg
122 kg
143 kg
101 kg
Gesamtpapierverbrauch – TCF/ECF je Mitarbeiter und Jahr
43 kg
42 kg
58 kg
50 kg
Summe Gesamtpapierverbrauch je Mitarbeiter und Jahr
178 kg
164 kg
201 kg
151 kg
halten
Recycling-Anteil beim Gesamtpapier
76 %
74 %
71 %
67 %
halten
Kopier- und Druckerpapierverbrauch –
41 kg
54 kg
56 kg
46 kg
Recycling je Mitarbeiter und Jahr
Kopier- und Druckerpapierverbrauch –
5 kg
3 kg
9 kg
5 kg
TCF/ECF je Mitarbeiter und Jahr
Summe Kopier- und Druckerpapierverbrauch
46 kg
57 kg
65 kg
51 kg
halten
je Mitarbeiter und Jahr
Recycling-Anteil beim Kopier- und Druckerpapier
89 %
95 %
86 %
90 %
halten
Stromverbrauch je Mitarbeiter und Jahr
2.717 kWh 3.028 kWh 3.073 kWh 3.069 kWh
- 5%
Dienstreiseaufkommen je Mitarbeiter und Jahr
2.202 km 2.434 km 2.261 km 2.083 km reduzieren
Bahn- und ÖPNV-Anteil bei Dienstreisen
2,9 %
3,0 %
3,8 %
3,0 %
erhöhen
Pkw-Anteil bei Dienstreisen
88,0 %
83,0 %
84,4 %
85,1 %
reduzieren
Flugzeug-Anteil bei Dienstreisen
9,1 %
14,0 %
11,8 %
11,9 %
reduzieren
Wasserverbrauch je Mitarbeiter und Tag
38 l
31 l
36 l
34 l
halten
* unter Berücksichtigung des RFI-Faktors von 2,7 des IPCC
- 15 %
-9 %
+ 11 %
+1 %
+ 13 %
-5 %
+ 0,1 %
- 2,9 %
+ 2,8 %
- 11 %
127
Abfallaufkommen
Abfallaufkommen 2005-2008
(Kilogramm je Mitarbeiter und Tag)
kg
1,2
0,8
0,4
0,8
0,9
0,9
0,7
2005
2006
2007
2008
0
Ziel 2005-2008:
Ergebnis 2005-2008:
konstant halten
minus 12 Prozent
Im Jahr 2008 konnten wir unser spezifisches Abfallaufkommen um zwölf Prozent gegenüber
dem Jahr 2005 reduzieren. Grund hierfür ist u. a. die Pressung einiger Abfallarten. Die getrennte Sammlung und Entsorgung von Grüner-Punkt-Abfall/Wertstoffen, Glas und Papier/
Pappe (nicht datengeschützt) ermöglichte uns Einsparungen von insgesamt 45.063 Euro.
Kohlendioxid-Emissionen
Kohlendioxid-Emissionen 2005-2008*
(Kilogramm je Mitarbeiter und Jahr)
kg
3.600
2.400
1.200
2.984
3.333
3.324
3.297
2005
2006
2007
2008
0
* unter Berücksichtigung des RFI-Faktors von 2,7 des IPCC
Ziel 2005-2008:
Ergebnis 2005-2008:
reduzieren
plus 10 Prozent
128
4
Umweltbilanz und Umweltkennzahlen 2005-2008
Bei der Darstellung unserer Unternehmens-Emissionen beschränken wir uns auf Kohlendioxid (CO2), den nach heutigem Kenntnisstand wesentlichsten Faktor für den Treibhauseffekt.
Unsere Kohlendioxid-Emissionen resultieren zu durchschnittlich 84 Prozent aus unserem
Heizwärmebedarf (Gas) und Stromverbrauch und zu durchschnittlich 16 Prozent aus unserem Dienstreiseaufkommen.
Wegen der besonderen Treibhauswirkung von Flugverkehrs-Emissionen multiplizieren wir
unsere CO2-Emissionen aus Flugreisen mit dem so genannten Radiative Forcing Index (RFI)
von 2,7 des IPCC (siehe Seite 123 und Seite 137).
Im Jahr 2008 stiegen unsere spezifischen Kohlendioxid-Emissionen um 10 Prozent gegenüber dem Jahr 2005. Aufgrund der aktualisierten Emissions-Faktoren sind die Werte nur
bedingt mit denen im Umweltbericht 2005 vergleichbar.
Mit Beginn des Jahres 2009 entfallen etwa 70 Prozent unserer CO2-Emissionen durch Umstellung auf 100-prozentigen Öko-Strom (siehe Seite 77). Die verbleibenden CO2-Emissionen
wollen wir durch Aufforstungsmaßnahmen kompensieren (siehe Kapitel 3.3.1).
Heizwärmebedarf
Heizwärmebedarf 2005-2008
(Kilowattstunden je m² und Jahr)
kWh
120
80
40
85
88
86
92
2005
2006
2007
2008
0
Ziel 2005-2008:
Ergebnis 2005-2008:
konstant halten
plus 8 Prozent
Unser spezifischer Heizwärmebedarf stieg im Jahr 2008 um acht Prozent gegenüber dem
Jahr 2005.
129
Gesamtpapierverbrauch
Gesamtpapierverbrauch 2005-2008
(Kilogramm je Mitarbeiter und Jahr)
kg
240
160
58
43
42
50
80
135
122
143
101
2005
2006
2007
2008
Recycling-Papier
TCF/ECF-Papier
0
Ziel 2005-2008:
Ergebnis 2005-2008:
konstant halten
minus 15 Prozent
Im Jahr 2008 konnten wir unseren spezifischen Gesamtpapierverbrauch um 15 Prozent gegenüber dem Jahr 2005 senken. Der starke Anstieg im Jahr 2007 ist mit den Auswirkungen
der VVG-Reform und den damit verbundenen Änderungen von Formularen sowie umfangreichen Dokumentations- und Beratungspflichten zu erklären. Der Recyclinganteil lag bei
durchschnittlich 72 Prozent.
Kopier- und Druckerpapierverbrauch
kg
75
Kopier- und Druckerpapierverbrauch 2005-2008
(Kilogramm je Mitarbeiter und Jahr)
9
3
5
50
5
25
41
54
56
46
Recycling-Papier
TCF/ECF-Papier
0
2005
Ziel 2005-2008:
Ergebnis 2005-2008:
2006
2007
2008
konstant halten
plus 11 Prozent
Unser spezifischer Kopier- und Druckerpapierverbrauch ist im Jahr 2008 um elf Prozent gegenüber dem Jahr 2005 gestiegen. Auch hier ist der starke Anstieg im Jahr 2007 mit den Auswirkungen der VVG-Reform zu erklären. Die Verwendung von Recycling- statt TCF/ECF-Papier
bei Kopierern und Druckern ermöglichte uns Einsparungen von insgesamt 6.254 Euro. Der
Recyclinganteil lag relativ konstant bei ca. 90 Prozent.
130
4
Umweltbilanz und Umweltkennzahlen 2005-2008
Stromverbrauch
Stromverbrauch 2005-2008
(Kilowattstunden je Mitarbeiter und Jahr)
kWh
3.600
2.400
1.200
2.717
3.028
3.073
3.069
2005
2006
2007
2008
0
Ziel 2005-2008:
Ergebnis 2005-2008:
minus 5 Prozent
plus 13 Prozent
Unser spezifischer Stromverbrauch stieg im Jahr 2008 um 13 Prozent gegenüber dem Jahr
2005.
Zum 1. Januar 2009 haben wir den Stromverbrauch unserer Hauptverwaltung auf 100-prozentigen Öko-Strom mit dem „Grüner-Strom-Label-GOLD“ umgestellt (siehe Seite 77).
Verkehrsaufkommen
Dienstreiseaufkommen 2005-2008
(Kilometer je Mitarbeiter und Jahr)
km
2.700
1.800
900
2.202
2.434
2.261
2.083
2005
2006
2007
2008
0
Ziel 2005-2008:
Ergebnis 2005-2008:
reduzieren
minus fünf Prozent
Im Jahr 2008 konnten wir unser spezifisches Dienstreiseaufkommen um fünf Prozent
gegenüber dem Jahr 2005 senken. Das Verkehrsaufkommen aus Berufs-, Kunden- und Lieferantenverkehr haben wir nicht ermittelt.
Der durchschnittliche Pkw-Anteil betrug 85,1 Prozent, der durchschnittliche Flugzeug-Anteil
11,7 Prozent und der durchschnittliche Bahn-/ÖPNV-Anteil 3,2 Prozent.
131
Wasserverbrauch
Wasserverbrauch 2005-2008
(Liter je Mitarbeiter und Tag)
l
45
30
15
38
31
36
34
2005
2006
2007
2008
0
Ziel 2005-2008:
Ergebnis 2005-2008:
konstant halten
minus 11 Prozent
Im Jahr 2008 konnten wir unseren spezifischen Wasserverbrauch um elf Prozent gegenüber
dem Jahr 2005 senken.
Die Ermittlung der Differenz Frischwasser – Abwasser ermöglichte uns in den Jahren 2005
bis 2008 Einsparungen von 5.835 Euro.
Umweltschutz und Kostensenkung
Die Umweltbilanz für die Jahre 2005 bis 2008 zeigt, dass sich unser Engagement sowohl
aus betriebswirtschaftlicher als auch aus Sicht des Umweltschutzes lohnt. Für die Jahre
2005 bis 2008 können 88.876 Euro Einsparung durch Umweltschutzmaßnahmen quantifiziert werden. Darüber hinaus haben wir eine Vielzahl weiterer Maßnahmen umgesetzt,
deren Einsparung nicht oder nur in Stückzahlen bezifferbar ist.
132
5.
Umweltprogramme –
Erreichtes und Ziele
133
5.1 Umweltprogramm 2006-2008 –
das haben wir erreicht
Auswahl von Maßnahmen:
앫 Aktives Schadenmanagement für Leitungswasserschäden
앫 Aktives Schadenmanagement für Blitz- und Überspannungsschäden
앫 Erweiterung des Versicherungsschutzes für Fahrräder in der privaten Wohnungs-/Hausratversicherung
앫 Erweiterung des Versicherungsschutzes für Solarstromanlagen, Solarheizungsanlagen
und deren Trägerflüssigkeiten in der gewerblichen Geschäftsgebäudeversicherung
앫 Dauerhafte CO2-Neutralität unserer Dienstwagenflotte durch Pflanzung von mehr als
15 Hektar Wald
앫 Installation eines Sonnenschutzes an der Fassade
앫 Veröffentlichung des „Umweltberichts 2005 – Versicherung und Klimawandel“
앫 Einführung einer Klimastrategie
앫 Unterstützung des Projekts „Nüsser Appel“ der BUND-Ortsgruppe Neuss-Kaarst
앫 Angebot der Umweltschadens-Versicherung
앫 Pflanzung weiterer 21,4 Hektar Wald zwecks angestrebter dauerhafter CO2-Neutralität
unseres Geschäftsbetriebes
Das vollständige Umweltprogramm für die Jahre 2006 bis 2008 finden Sie im Internet.
Weitere Infos www.rheinland-versicherungsgruppe.de (Umwelt – Erreichtes und Ziele – Erreichtes)
5.2 Umweltprogramm 2009-2011 –
das nehmen wir uns vor
Auswahl von Maßnahmen:
앫 Umstellung des Strombezugs der Hauptverwaltung auf 100-prozentigen Öko-Strom mit
dem „Grüner-Strom-Label-GOLD“
앫 Regional differenzierter Einschluss der Elementarversicherung in bereits bestehende
Verträge (Pilotprojekt)
앫 Integration von ZÜRS in die Angebotssysteme
앫 Entwicklung einheitlicher Annahmerichtlinien für Elementarrisiken im Gewerbe- und
Privatsegment
앫 Auflagenstarke und hochvolumige Druckaufträge werden klimaneutral gedruckt
앫 Pflanzung weiterer 48,5 Hektar Wald zwecks angestrebter dauerhafter CO2-Neutralität
unseres Geschäftsbetriebes
Das vollständige Umweltprogramm für die Jahre 2009 bis 2011 finden Sie im Internet.
Weitere Infos www.rheinland-versicherungsgruppe.de (Umwelt – Erreichtes und Ziele – Ziele)
134
6.
Anhang
135
Unseren nächsten Umweltbericht werden wir zur Hauptversammlung im Jahr 2012
veröffentlichen.
Ansprechpartner
RheinLand Versicherungsgruppe
Ingmar Anderson
Umweltkoordinator
Telefon: (0 21 31) 2 90-35 31
Fax:
(0 21 31) 2 90-1 34 99
E-Mail: [email protected]
Internet: www.rheinland-versicherungsgruppe.de (Umwelt)
6.1 Glossar
Antarktis
Region innerhalb des südlichen Polarkreises. Die um den Südpol gelegenen Land- und Meeresgebiete.
Arktis
Region innerhalb des nördlichen Polarkreises. Die um den Nordpol gelegenen Land- und Meeresgebiete
inklusive des zu großen Teilen von Eis bedeckten Arktischen Ozeans (Nordpolarmeer).
Atmosphäre
In verschiedene Stockwerke aufgeteilte Lufthülle der Erde.
Betriebsökologie
Bezeichnung für die direkten, durch den Geschäftsbetrieb eines Unternehmens entstehenden Umweltauswirkungen.
Biodiversität
siehe Seite 79
DIN 277
Norm zur Bestimmung der Innenraumflächen von Gebäuden.
ECF-Papier
Elementarchlorfrei gebleichtes Papier. Das Papier besteht zu 100 Prozent aus Zellstoff, d. h. aus Holzfasern. Die bei der Herstellung nach mehreren Waschvorgängen stattfindende Bleiche erfolgt mittels
Chlorverbindungen, allerdings ohne reines, elementares Chlor.
El Niño
siehe Seite 49
Emissionen
Ausstoß. Hier: Ausstoß von Schadstoffen in die Außenluft.
Erstversicherung
Direktes oder selbst abgeschlossenes Geschäft. Das Geschäft, das aus eigenen Abschlüssen mit dem
Versicherungskunden stammt (einschließlich Beteiligungsgeschäft).
Abb. 114
136
Anhang
Fauna
Der Bestand an Tierarten einer bestimmten Region.
Flora
Der Bestand an Pflanzenarten einer bestimmten Region.
Forest Stewardship Council (FSC)
System zur Zertifizierung einer nachhaltigen Waldwirtschaft. Die Bewirtschaftungs-Grundsätze sollen
zu einer sozialverträglichen, umweltfreundlichen und ökonomisch tragfähigen Waldwirtschaft führen.
siehe auch Seite 153
Golfstrom
Der Golfstrom ist Teil eines weltweit verbundenen Meeresströmungs-Systems. Sein nach Europa
reichender Arm, der Nordatlantikstrom, ist eine Art Warmwasserheizung für Europa. Der Golfstrom
beginnt im Golf von Mexiko und transportiert warmes Wasser aus den Tropen in den Nordatlantik.
Wenn die Strömung ankommt, wird ihre Wärme von Westwinden aufgenommen und übers Land geweht.
Das beschert Nordwest-Europa im Vergleich zu anderen Gebieten gleicher geografischer Breite ein ungewöhnlich mildes Klima. Auf dem Weg in den Nordatlantik verdunsten Teile des Oberflächenwassers,
Salzgehalt und Dichte steigen. Vor der Küste Grönlands sinkt das Wasser 3.000 bis 4.000 m in die
Tiefe und fließt knapp über dem Meeresgrund zurück Richtung Äquator – es zirkuliert.
Hektar
Flächenmaß – ein Hektar sind 100 mal 100 Meter = 10.000 m2.
Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)
siehe Seite 17
Kilowattstunde (kWh)
Maßeinheit für den Energieverbrauch.
Klima
Beschreibt die gesamten charakteristischen Witterungserscheinungen einer Region oder Klimazone
über mehrere Jahre oder Jahrzehnte. Die Beobachtungszeit zur Ermittlung von Klimaphänomenen sollte nach WMO-Richtlinien nicht unter 30 Jahren liegen.
Kohlendioxid (CO2)
Kohlendioxid (CO2) entsteht bei der Verbrennung fossiler Brennstoffe wie Kohle, Erdöl und Erdgas, bei
der Zersetzung von Biomasse sowie bei der Atmung von Menschen und Tieren.
siehe auch Treibhauseffekt
Kompositversicherer
Versicherungsunternehmen, das im Gegensatz zum Einbranchenversicherer mehrere
Versicherungszweige der Schadenversicherung (einschließlich Unfallversicherung) betreibt.
Methan (CH4)
siehe Seite 45
Nachhaltigkeit
Ein Grundsatz der Forstwirtschaft aus dem Jahr 1713, der beschreibt, dass die Menge Holz, die einem
Wald während eines bestimmten Zeitraums entnommen wird, nicht die Menge an Holz überschreiten
darf, die in der gleichen Zeit nachwächst. Weltweit bekannt wurde das Leitbild einer nachhaltigen Entwicklung im Jahr 1987, als die Weltkommission für Umwelt und Entwicklung, die so genannte
Brundtland-Kommission, ihren Bericht „Unsere gemeinsame Zukunft“ vorlegte. Auf der Rio-Konferenz
der Vereinten Nationen für Umwelt und Entwicklung im Juni 1992 verpflichteten sich die teilnehmenden
Staaten zur Förderung einer zukunftsfähigen Wirtschaftsentwicklung, die neben Wirtschaftsbelangen
auch Umwelt- und Sozialaspekte gleichrangig berücksichtigt.
137
Nordatlantikstrom
siehe Golfstrom
Nordatlantische Oszillation
Das Winterklima in Mitteleuropa – v. a. das Temperaturregime und die Windaktivität – steht in engem
Zusammenhang mit den Luftdruckverhältnissen über dem Nordatlantik, der so genannten „Nordatlantischen Oszillation (NAO)“. Die Nordatlantische Oszillation wird mit dem so genannten „NAO-Index“
beschrieben. Mit dem NAO-Index wird die Luftdruckdifferenz zwischen dem Azorenhoch (Subtropen)
und dem Islandtief (Subpolarregion) beschrieben. Ist das Islandtief stark entwickelt, was einem positiven NAO-Index entspricht, werden westliche Luftströmungen vom Atlantik weit nach Europa hineingetragen. Das führt zu milden, windreichen Wintern. Bei schwachem Islandtief und einem in der Folge negativen NAO-Index dominiert polare Festlandluft das Wetter. Westwinde werden blockiert oder abgelenkt,
und die Winter sind deutlich kälter und windärmer.
Öffentlicher Personennahverkehr (ÖPNV)
Sammelbegriff für Bus- und Bahnverkehr
Permafrostboden
Permafrostboden, auch Dauerfrostboden, ist ab einer gewissen Tiefe das ganze Jahr hindurch gefroren.
Ausgedehnte Permafrostgebiete finden sich in großen Teilen Nordkanadas, Alaskas, Grönlands und
Ostsibiriens.
Produktökologie
Bezeichnung für die indirekten, durch das Produkt hervorgerufenen und somit nicht am Unternehmensstandort entstehenden Umweltauswirkungen.
Recyclingpapier
Papier, das zu 100 Prozent aus Altpapierfasern hergestellt wird.
Radiative Forcing Index (RFI)
Radiative Forcing steht für Strahlungsantrieb. Bei der Verbrennung von Flugzeug-Treibstoff (Kerosin) entstehen als treibhauswirksame Stoffe neben Kohlendioxid und Stickoxiden zusätzlich Kondensstreifen
(und bei deren Auflösung Zirruswolken), wenn der auftretende Wasserdampf kondensiert.
Alle diese Stoffe sind treibhauswirksam, was bedeutet, dass sie einen positiven Strahlungsantrieb
besitzen: Sie führen zu einer zusätzlichen Erwärmung der Erdatmosphäre. Um die Erwärmungswirkung
der einzelnen Stoffe zusammenzufassen, hat der Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC)
den Radiative Forcing Index (RFI) eingeführt. Dieser gibt an, um welchen Faktor die Erwärmungswirkung
der CO2-Emissionen der Flugzeuge multipliziert werden muss, um die durch alle Bestandteile der Flugzeugemissionen ausgehende Erwärmung zu quantifizieren. Laut IPCC liegt der RFI im Bereich zwischen
zwei und vier, mit 2,7 als bester Schätzung.
Rückversicherung
Rückversicherung ist der Versicherungsschutz für Versicherungsunternehmen (Erst- oder Rückversicherer). Das Versicherungsunternehmen entlastet sich bei dem Rückversicherer für einen Teil seiner Wagnisse.
Solarstrom
Technologie zur direkten Umwandlung von Lichtenergie in elektrische Energie mithilfe von Solarzellen
(Fotovoltaik).
Solarwärme
Technologie zur Umwandlung von Lichtenergie in Wärme mithilfe von Trägerflüssigkeiten (Fotothermie).
138
Anhang
TCF-Papier
Totalchlorfrei gebleichtes Papier. Das Papier besteht zu 100 Prozent aus Zellstoff, d. h. aus Holzfasern.
Die bei der Herstellung nach mehreren Waschvorgängen stattfindende Bleiche erfolgt mittels Sauerstoff,
also ohne Chlorverbindungen.
Tipping Points
siehe Seite 42
TRANSFAIR
Fair gehandelte Produkte sind seit Anfang 2003 durch ein international einheitliches Logo gekennzeichnet. Die Vergabe des Logos ist an anspruchsvolle soziale und ökologische Kriterien geknüpft. Wichtigste Punkte: Verzicht auf Kinderarbeit, faire Preise für den Erzeuger und umweltgerechter Anbau. Für die
Einhaltung dieser Kriterien bürgt der Verein TRANSFAIR aus Köln.
Treibhauseffekt/Treibhausgase
Treibhausgase wirken wie die Scheiben eines Gewächshauses: Sie lassen die kurzwellige Sonnenstrahlung nahezu ungehindert durch die Atmosphäre zur Erdoberfläche passieren, reflektieren
hingegen die langwelligere Wärmestrahlung der Erdoberfläche und heizen so die Atmosphäre auf.
Kohlendioxid (CO2) ist der nach heutigem Kenntnisstand wesentlichste Faktor für den Treibhauseffekt.
Umweltbilanz/Umweltkennzahlen
Verbrauchszahlen, bezogen auf einen Mitarbeiter oder Quadratmeter pro Tag bzw. Jahr.
Umweltmanagement-System
Koordiniert die umweltrelevanten Verfahren und Abläufe im Unternehmen. Die einzelnen Elemente
eines Umweltmanagement-Systems helfen, die Umweltschutzleistung eines Unternehmens systematisch zu verbessern.
Umweltpolitik
Die umweltbezogenen Gesamtziele und Handlungsgrundsätze eines Unternehmens (Teil der Unternehmenspolitik).
Umweltprogramm
Ziele-Maßnahmen-Katalog. Eine Beschreibung der zur Erreichung der Umweltzielsetzungen getroffenen
oder geplanten Maßnahmen und festgelegten Fristen.
United Nations Environment Programme (UNEP)
Umweltinstitution der Vereinten Nationen, Hauptsitz Genf.
Vegetation
Der Bestand der Pflanzengesellschaften einer bestimmten Region.
Wetter
Beschreibt den Zustand der unteren Atmosphäre (Troposphäre) an einem bestimmten Ort zu einem
bestimmten Zeitpunkt.
139
6.2 Abkürzungsverzeichnis
AAAS
BfN
BMU
BNatSchG
BUND
CO2
DWD
EPA
FAO
FSC
Fzgkm
g
GDV
IEA
IFM-GEOMAR
IPCC
IUCN
Kfz
kg
km
kWh
l
m2
MUNLV
NABU
NGO
ÖPNV
PIK-Potsdam
Pkm
ppm
SHU
TEEB-Studie
UBA
UNEP
USchadG
VVG
WMO
WRI
ZÜRS
American Association for the Advancement of Science
Bundesamt für Naturschutz
Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Bundesnaturschutzgesetz
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e. V.
Kohlendioxid
Deutscher Wetterdienst
Environmental Protection Agency
(US-Umweltbehörde)
Food and Agriculture Organization of the United Nations
(Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen)
Forest Stewardship Council
Fahrzeugkilometer
Gramm
Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e. V.
Internationale Energie-Agentur
Leibniz-Institut für Meereswissenschaften, Kiel
Intergovernmental Panel on Climate Change
(Zwischenstaatlicher UN-Ausschuss für Klimafragen)
International Union for Conservation of Nature
(Weltnaturschutzunion)
Kraftfahrzeug
Kilogramm
Kilometer
Kilowattstunde
Liter
Quadratmeter
Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz
des Landes Nordrhein-Westfalen
Naturschutzbund Deutschland e. V.
Non-Governmental Organization (Nichtregierungsorganisation)
Öffentlicher Personennahverkehr
Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung
Personenkilometer
parts per million
Sach-, Haftpflicht- und Unfallversicherung
The Economics of Ecosystems and Biodiversity
(Die Ökonomie von Ökosystemen und der Biodiversität)
Umweltbundesamt
United Nations Environment Programme
(Umweltinstitution der Vereinten Nationen)
Umweltschadensgesetz
Versicherungsvertragsgesetz
World Meteorological Organization
(Weltorganisation für Meteorologie)
World Resources Institute
Zonierungssystem der deutschen Versicherungswirtschaft für Überschwemmungen,
Rückstau und Starkregen
140
Anhang
6.3 Berechnungsgrundlagen
für die Umweltbilanz
Systemgrenze
Hauptverwaltung Neuss
RheinLandplatz
41460 Neuss
Mitarbeiterzahlen
Alle am Standort RheinLandplatz beschäftigten MitarbeiterInnen der RheinLand Versicherungsgruppe.
Auszubildende fließen mit einer Kapazität von 2/3 in die Berechnung ein.
Fläche
Selbstgenutzte klimatisierte (beheizte oder gekühlte) Bruttogeschossfläche nach DIN 277.
Arbeitstage
250
Emissions-Faktoren
Emissions-Faktoren (Quelle: siehe Seite 125)
CO2 -Emission
Bahn
67,6 g/Pkm
ÖPNV
73,5 g/Pkm
Pkw
202,4 g/Fzgkm
Flugzeug – Kurzstrecke
(Einzelstrecke ≤ 500 km)
526,6 g/Pkm*
Flugzeug – Langstrecke
(Einzelstrecke > 500 km)
353,1 g/Pkm*
Strom
755,0 g/kWh
Erdgas
232,0 g/kWh
* beim Flugverkehr berücksichtigen wir den RFI-Faktor von 2,7 des IPCC
141
6.4 Literaturverzeichnis
(siehe auch Umweltbericht 2005, Seite 62 ff.)
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Der Spiegel (2006): Wege aus der Treibhausfalle. – Heft 45/2006: S. 78-96; Hamburg.
Der Spiegel (2008): Marktplatz der Natur. – Heft 21/2008: S. 132-147; Hamburg.
Spiegel Online (2007): Klimawandel hat die Welt schon jetzt im Schwitzkasten. –
Ausgabe vom 01.03.2007; Hamburg.
Stern, N. H. (2006): Stern Review on the economics of climate change. – 700 S.; Cambridge.
Stiftung Wald in Not (2008) (Hrsg.): Wald im Klimastress – Fakten, Folgen, Strategien. –
Forschungsstudie, 33 S.; Bonn.
Streit, B. (2007): Was ist Biodiversität? Erforschung, Schutz und Wert biologischer Vielfalt. –
128 S.; München.
Sudfeldt, C., Dröschmeister, R., Grüneberg, C, Jaehne, S., Mitschke, A. & J. Wahl (2008): Vögel in
Deutschland 2008. – DDA, BfN, LAG VSW: 46 S.; Münster.
Swiss Re (2000): Sturm über Europa – Ein unterschätztes Risiko. – 28 S.; Zürich.
Swiss Re (2002): Chancen und Risiken der Klimaänderung. – Risk Perception: 28 S.; Zürich.
Swiss Re (2004): Risikolandschaft der Zukunft. – Risk Perception: 34 S.; Zürich.
Swiss Re (2006): Folgen der Klimaveränderung: Mehr Sturmschäden in Europa. –
Fokus Report: 4 S.; Zürich.
Swiss Re (2008 a): Das Haftpflichtthema der Zukunft: Klimawandel. –
Beitrag von Lehmann, T. in Versicherungswirtschaft, Heft 23/2008: S. 2025-2026; Karlsruhe.
147
Swiss Re (2008 b): Weltklimawandel – wer haftet? (I) – Beitrag von Nebauer, R. & C. Schauer in Versicherungswirtschaft, Heft 9/2008: S. 774-776; Karlsruhe.
Swiss Re (2008 c): Weltklimawandel – wer haftet? (II) – Beitrag von Nebauer, R. & C. Schauer in Versicherungswirtschaft, Heft 23/2008: S. 2039-2042; Karlsruhe.
TU Dresden & Stiftung Wald in Not (2008) (Hrsg.): Klimawandel und Baumarten-Verwendung für Waldökosysteme. – Forschungsstudie, 46 S.; Tharandt.
UBS (2007) (Hrsg.): Klimawandel: Ein heisses Thema. – UBS research focus: 108 S.; Zürich.
Umweltbundesamt (UBA) (2003) (Hrsg.): Mögliche Auswirkungen von Klimaveränderungen auf die
Ausbreitung von primär humanmedizinisch relevanten Krankheitserregern über tierische Vektoren
sowie auf die wichtigen Humanparasiten in Deutschland. – Climate Change 05/03: 341 S.; Berlin.
Umweltbundesamt (UBA) (2006) (Hrsg.): Klimagefahr durch tauenden Permafrost? –
Hintergrundpapier: 20 S.; Dessau.
Umweltbundesamt (UBA) (2007 a) (Hrsg.): Klimaschutz in Deutschland: 40-%-Senkung der CO2Emissionen bis 2020 gegenüber 1990. – Climate Change 05/07: 71 S.; Dessau.
Umweltbundesamt (UBA) (2007 b) (Hrsg.): Neue Ergebnisse zu regionalen Klimaänderungen –
Das statistische Regionalisierungsmodell WETTREG. – Hintergrundpapier: 27 S.; Dessau.
Umweltbundesamt (UBA) (2008 a) (Hrsg.): Atomausstieg und Versorgungssicherheit. – 18 S.; Dessau.
Umweltbundesamt (UBA) (2008 b) (Hrsg.): Deutschland im Klimawandel – Anpassung ist notwendig. –
15 S.; Dessau.
Umweltbundesamt (UBA) (2008 c) (Hrsg.): Kipp-Punkte im Klimasystem – Welche Gefahren drohen? –
Hintergrundpapier, 24 S.; Dessau.
Umweltbundesamt (UBA) (2008 d) (Hrsg.): Klimaauswirkungen und Anpassung in Deutschland –
Phase 1: Erstellung regionaler Klimaszenarien für Deutschland. –
Climate Change 11/08: 154 S.; Dessau-Roßlau.
Umweltbundesamt (UBA) (2009) (Hrsg.): Klimawandel und marine Ökosysteme – Meeresschutz ist
Klimaschutz. – Hintergrundpapier, 62 S.; Dessau.
Umweltbundesamt (UBA) & Deutsche Emissionshandelsstelle (DEHST) (2008) (Hrsg.): Leitfaden zur
freiwilligen Kompensation von Treibhausgasemissionen. – 20 S.; Berlin.
UNEP Finance Initiative (2006) (Hrsg.): Adaptation and Vulnerability to Climate Change: The Role of the
Finance Sector. – CEObriefing November 2006: 36 S.; Genf.
Versicherungskammer Bayern (2006): Grenzen der Versicherbarkeit – Zonierung. –
Vortrag im Rahmen des SRM Symposiums Hochwasser: 29 S.; München.
Versicherungskammer Bayern (2008 a): Klimaschutz (auch) durch Versicherungsprodukte? –
Vortrag im Rahmen des Klima-Symposiums 2008: 25 S.; München.
Versicherungskammer Bayern (2008 b): Sturmschäden aus der Sicht des Versicherers. –
Vortrag im Rahmen des Klima-Symposiums 2008: 40 S.; München.
Versicherungswirtschaft (2008): Was kostet eine Fledermaus? Schwierige Bewertungsfragen in der
Umweltschadensversicherung. – Heft 10/2008: S. 836-837; Karlsruhe.
Walker, G. & D. King (2008): Ganz heiß – Die Herausforderungen des Klimawandels. – 304 S.; Berlin.
148
Anhang
Welzer, H. (2008): Klimakriege – Wofür im 21. Jahrhundert getötet wird. – 300 S.; Frankfurt am Main.
Wilson, E. O. (1994) Des Lebens ganze Fülle – Eine Liebeserklärung an die Wunder der Natur. –
400 S.; München.
Wilson, E. O. (1995) Der Wert der Vielfalt – Die Bedrohung des Artenreichtums und das Überleben des
Menschen. – 512 S.; München.
Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) (2006): Die
Zukunft der Meere – zu warm, zu hoch, zu sauer. – Sondergutachten: 114 S.; Berlin.
Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU) (2007): Welt im
Wandel – Sicherheitsrisiko Klimawandel. – Hauptgutachten: 268 S.; Berlin.
World Meteorological Organization (WMO) (2008) (Hrsg.): WMO Greenhouse Gas Bulletin – The State
of Greenhouse Gases in the Atmosphere Using Global Observations through 2007. – 4 S.; Genf.
World Resources Institute (WRI) (2005) (Hrsg.): Ecosystems and Human Wellbeing – Biodiversity
Synthesis. – A Report of the Millennium Ecosystem Assessment: 90 S.; Washington.
World Resources Institute (WRI) (2008) (Hrsg.): The Corporate Ecosystem Services Review –
Guidelines for Identifying Business Risks and Opportunities Arising from Ecosystem Change,
Version 1.0. – 40 S.; Washington.
World Vision (2008) (Hrsg.): Planet Prepare – Preparing coastal communities in Asia for future
catastrophes. – Asia Pacific Disaster Report: 124 S.; Monrovia.
Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie (2008): Anpassung an den Klimawandel – Risiken und
Chancen für deutsche Unternehmen. – Wuppertal Papers Nr. 171: 26 S.; Wuppertal.
WWF Australia (2009): The Coral Triangle and Climate Change: Ecosystems, People and Societies
at Risk. – 276 S.; Brisbane.
WWF Deutschland (2007 a) (Hrsg.): Artensterben im Treibhaus. –
Hintergrundinformation: 5 S.; Frankfurt am Main.
WWF Deutschland (2007 b) (Hrsg.): Kosten des Klimawandels – Die Wirkung steigender Temperaturen
auf Gesundheit und Leistungsfähigkeit. – 68 S.; Frankfurt am Main.
WWF Deutschland (2007 c) (Hrsg.): Warme Winter, heiße Sommer: Wie geht es heimischen Arten? –
Hintergrundinformation: 6 S.; Frankfurt am Main.
WWF Deutschland (2008 a) (Hrsg.): Klimawandel und Ästuare – Perspektiven für den Naturschutz. –
70 S.; Frankfurt am Main.
WWF Deutschland (2008 b) (Hrsg.): Wälder in Flammen – Ursachen und Folgen der weltweiten
Waldbrände. – 71 S.; Frankfurt am Main.
WWF International (2006): Stormy Europe – the power sector and extreme weather. – 12 S.; Gland.
WWF International (2008 a): Der Klimawandel: schneller, stärker und noch eher. Neueste Erkenntnisse
der europäischen Klimawissenschaft – Ein Überblick über die seit dem 4. Klimabericht des IPCC
veröffentlichten wissenschaftlichen Studien zum Klimawandel. – 8 S.; Gland.
WWF International (2008 b): Living Planet Report 2008. – 51 S.; Gland.
149
6.5 Bildnachweis
Titelmotiv
pixtal
Abb. 1:
RheinLand Versicherungsgruppe
Abb. 2:
Imagestate (Titelmotiv Kapitel 2)
Abb. 3:
Cambridge Press
Abb. 4:
Paramount Pictures
Abb. 5:
IPCC
Abb. 6:
IPCC
Abb. 7:
IPCC
Abb. 8:
IPCC
Abb. 9:
IPCC
Abb. 10:
NASA
Abb. 11:
IPCC
Abb. 12:
Bayerisches Staatsministerium für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz
Abb. 13:
IPCC
Abb. 14:
IPCC
Abb. 15:
Corel Stock Photo Library
Abb. 16:
Internationale Energieagentur (IEA)
Abb. 17:
Internationale Energie-Agentur (IEA)
Abb. 18:
IPCC
Abb. 19:
RheinLand Versicherungsgruppe
Abb. 20:
Corel Stock Photo Library
Abb. 21:
Uni Jena
Abb. 22:
pixtal
Abb. 23:
die-geobine.de
Abb. 24 a:
Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR)
Abb. 24 b:
Kieler Leibniz-Institut für Meereswissenschaften (IFM-GEOMAR)
Abb. 25:
Corel Stock Photo Library
Abb. 26:
Umweltbundesamt
Abb. 27:
creativ collection
Abb. 28:
Photodisc
Abb. 29:
pixtal
Abb. 30:
Photodisc
Abb. 31:
Digital Vision
Abb. 32:
81a
Abb. 33:
Radius Images
Abb. 34:
Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft AG, GeoRisikoForschung
Abb. 35:
RF company
Abb. 36:
81a
150
Anhang
Abb. 37:
auto-motor-sport.de
Abb. 38:
RheinLand Versicherungsgruppe
Abb. 39:
RheinLand Versicherungsgruppe
Abb. 40:
RheinLand Versicherungsgruppe/BUND e. V.
Abb. 41:
RheinLand Versicherungsgruppe
Abb. 42:
Initiative Recyclingpapier
Abb. 43:
RheinLand Versicherungsgruppe
Abb. 44:
RheinLand Versicherungsgruppe
Abb. 45:
RheinLand Versicherungsgruppe
Abb. 46:
RheinLand Versicherungsgruppe
Abb. 47:
DDP
Abb. 48:
Grüner Strom Label e. V.
Abb. 49:
Radius Images (Titelmotiv Kapitel 3)
Abb. 50:
Spektrum der Wissenschaft
Abb. 51:
UNEP
Abb. 52:
Warner Bros. Entertainment
Abb. 53:
Imagebroker
Abb. 54:
Photodisc
Abb. 55:
Imagebroker
Abb. 56:
Corel Stock Photo Library
Abb. 57:
sodapix
Abb. 58:
Corel Stock Photo Library
Abb. 59:
NAS/Richard Ellis/OKAPIA
Abb. 60:
Imagebroker
Abb. 61:
Imagebroker
Abb. 62:
Imagebroker
Abb. 63:
Imagebroker
Abb. 64:
Imagebroker
Abb. 65:
Imagebroker
Abb. 66:
Imagebroker
Abb. 67:
Panther Media Basic
Abb. 68:
Europäische Kommission
Abb. 69:
RF company
Abb. 70:
Gary Faber
Abb. 71:
Johanna Dahlmann
Abb. 72:
Radius Images
Abb. 73:
Corbis
Abb. 74:
Imagebroker
Abb. 75:
Corbis
Abb. 76:
foodcollection
Abb. 77:
Digital Vision
Abb. 78:
Corel Stock Photo Library
Abb. 79:
Ulrich Borchardt
151
Abb. 80:
Ulrich Borchardt
Abb. 81:
RheinLand Versicherungsgruppe
Abb. 82:
PRIMAKLIMA-weltweit e. V.
Abb. 83:
RheinLand Versicherungsgruppe/PRIMAKLIMA-weltweit e. V.
Abb. 84:
Neuss-Grevenbroicher Zeitung, Ausgabe vom 07.03.2009
Abb. 85:
BUND-Ortsgruppe Neuss-Kaarst
Abb. 86:
BUND-Ortsgruppe Neuss-Kaarst
Abb. 87:
BUND-Lemgo
Abb. 88:
Corel Stock Photo Library
Abb. 89:
Corel Stock Photo Library
Abb. 90:
Imagebroker
Abb. 91:
RheinLand Versicherungsgruppe
Abb. 92:
Lokalanzeiger Neuss-Kaarst, Ausgabe vom 13.09.2007
Abb. 93:
Neuss-Grevenbroicher Zeitung, Ausgabe vom 11.09.2007/Hans Jazyk
Abb. 94:
RheinLand Versicherungsgruppe
Abb. 95:
BUND Neuss-Kaarst
Abb. 96:
BUND e. V.
Abb. 97:
BUND e. V.
Abb. 98:
BUND e. V.
Abb. 99:
BUND e. V.
Abb. 100:
Dieter Leupold
Abb. 101:
Stephan Beyer
Abb. 102:
Dieter Leupold
Abb. 103:
RF company
Abb. 104:
Freunde und Förderer des Botanischen Gartens Neuss e. V.
Abb. 105:
Stadtverwaltung Neuss, Grünflächenamt
Abb. 106:
Stadtverwaltung Neuss, Grünflächenamt
Abb. 107:
Haus der Natur – Biologische Station im Rhein-Kreis Neuss e. V.
Abb. 108:
Michael Stevens/Haus der Natur – Biologische Station im Rhein-Kreis Neuss e. V.
Abb. 109:
Michael Stevens/Haus der Natur – Biologische Station im Rhein-Kreis Neuss e. V.
Abb. 110:
Thomas Braun/Haus der Natur – Biologische Station im Rhein-Kreis Neuss e. V.
Abb. 111:
Thomas Braun/Haus der Natur – Biologische Station im Rhein-Kreis Neuss e. V.
Abb. 112:
Michael Stevens/Haus der Natur – Biologische Station im Rhein-Kreis Neuss e. V.
Abb. 113:
RheinLand Versicherungsgruppe
Abb. 114:
RheinLand Versicherungsgruppe
Abb. 115:
RheinLand Versicherungsgruppe
Abb. 116:
Forest Stewardship Council
Abb. 117:
natureOffice
Abb. 118:
Forest Stewardship Council
Abb. 119:
Meinke GmbH/natureOffice
Abb. 120:
Forest Stewardship Council
Abb. 121:
natureOffice
152
Anhang
6.6 Impressum
„Umweltbericht 2008/2009 – Klimawandel und Biodiversität“
der RheinLand Versicherungsgruppe, im Juni 2009
Herausgeber
RheinLand Versicherungsgruppe
RheinLandplatz
41460 Neuss
Autor
Ingmar Anderson
- Grußwort von Sigmar Gabriel,
Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
- Grußwort von Dr. Hermann Held, PIK-Potsdam
- Grußwort von Ulrike Mehl, BUND e. V.
- Gastbeitrag von Ulrich Borchardt (Kapitel 3.2.4 b)
- Gastbeitrag des BUND e. V. (Kapitel 3.3.3)
- Gastbeitrag des Hauses der Natur – Biologische Station
im Rhein-Kreis Neuss e. V. (Kapitel 3.3.5)
Ansprechpartner
Ingmar Anderson
Umweltkoordinator
RheinLandplatz
41460 Neuss
Telefon: (0 21 31) 2 90-35 31
Fax:
(0 21 31) 2 90-1 34 99
E-Mail: [email protected]
Internet: www.rheinland-versicherungsgruppe.de (Umwelt)
Druck
Meinke GmbH
Hansemannstraße 65
41468 Neuss
Papier
Gedruckt auf FSC-Papier mit 50 Prozent Recyclingfasern, Marke RePrint
© 2009 RheinLand Versicherungsgruppe
VF 0058 – 06/2009
153
Klimaneutraler Druck
Das Prinzip: CO2-Emissionen, die im Zuge der Print-Produktion anfallen (Papier, Druck, Logistik,
Energie etc.), werden an anderer Stelle durch den Invest in Klimaschutzprojekte „ausgeglichen“.
Analyse-Prozess: Zunächst durchläuft jede Druckerei einen intensiven Analyse-Prozess. Bei der
CO2-Bilanzierung wird eine Vielzahl an Informationen und Werten erfasst und verarbeitet, beispielsweise Papier (Rohstoff, Produktion, Herstellung, Logistik), Energie, Druckvorbereitung und
Vorstufe, Druckplatten, Farbe, Feucht- und Reinigungsmittel, Maschinenlaufzeiten, Weiterverarbeitung und Endlogistik.
CO2-Kompensation: Der Ausgleich erfolgt auf Basis der Mechanismen des Kyoto-Protokolls.
Durch den freiwilligen Kauf und die verbindliche Stilllegung von Emissionszertifikaten werden
Emissionsrechte vom Markt genommen und das Ziel der Reduzierung von Treibhausgasen unterstützt. Hierbei setzt natureOffice ausschließlich auf den Gold-Standard bzw. auf den Gold-Status
bei Wiederaufforstungen. Der Gold-Standard ist ein Qualitätsstandard für CO2-Kompensationsprojekte. Er wurde – unter Federführung des WWF – in Zusammenarbeit zwischen NGOs und Wissenschaftlern entwickelt. Der Gold-Standard garantiert eine tatsächliche Emissionsreduktion,
achtet auf ökologische und soziale Aspekte vor Ort und stellt sicher, dass das Projekt zusätzlich
zu ohnehin umgesetzten Maßnahmen stattfindet.
Transparenz: Der für die Kompensation notwendige Betrag fließt direkt zu den Klimaschutz-Projektpartnern. natureOffice arbeitet auf diesem Gebiet mit der gemeinnützigen Stiftung myclimate
aus der Schweiz zusammen. Jedes Druckerzeugnis erhält eine eindeutige ID-Nummer, mit der
sich die Plausibilität der CO2-Kompensation über das Internet nachprüfen lässt.
Weitere Infos www.natureOffice.com
Abb. 117
143-842140
FSC-Papier
Was ist FSC? Der Forest Stewardship Council (FSC) wurde 1993, ein Jahr nach der Konferenz „Umwelt und Entwicklung“ in Rio de Janeiro, gegründet. Ziel ist die Förderung einer nachhaltigen Entwicklung von Wäldern durch die gleichwertige Berücksichtigung von sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Aspekten bei deren Nutzung. Der FSC ist eine internationale gemeinnützige Organisation mit Sitz in Bonn und nationalen Arbeitsgruppen in 43 Ländern. Er wird von Umweltorganisationen,
Sozialverbänden und zahlreichen Unternehmen unterstützt.
Was macht der FSC? Der FSC zielt darauf ab, Wälder zu erhalten – nicht nur durch Unterschutzstellung, sondern v. a. durch die Förderung einer verantwortungsvollen Waldwirtschaft. Strenge Kriterien,
an denen die Bewirtschaftung der Wälder ausgerichtet werden soll, dienen dazu, unkontrollierte Abholzung, Verletzung der Menschenrechte und Belastung der Umwelt zu vermeiden.
Wie schützt der FSC Wälder? Der FSC hat zehn verbindliche Prinzipien und 56 Kriterien für eine gute
Forstwirtschaft festgelegt. Durch eine Bewirtschaftung von Wald unter diesen Rahmenbedingungen
wird erreicht, dass die Waldfunktionen erhalten bleiben. In Ländern mit nationalen FSC-Arbeitsgruppen werden diese Regelungen an nationale Gegebenheiten wie z. B. klimatische und geologische
Rahmenbedingungen oder nationale Gesetze angepasst.
Wie wird kontrolliert? Zur Kontrolle, ob die FSC-Prinzipien eingehalten werden, bevollmächtigt der
FSC unabhängige Zertifizierungsorganisationen, die die einzelnen Forstbetriebe prüfen. Wird die
Waldbewirtschaftung regelkonform betrieben, erhalten die Waldbesitzer dafür ein Zertifikat. Holz aus
FSC-zertifizierten Wäldern kann danach mit dem FSC-Siegel ausgezeichnet und vermarktet werden
(Quelle: FSC Arbeitsgruppe Deutschland e. V.).
Weitere Infos www.fsc-deutschland.de
Abb. 118
154
Anhang
Dieser Umweltbericht wurde klimaneutral gedruckt
Alle im Produktionsprozess dieses Umweltberichts entstehenden CO2-Emissionen werden
durch entsprechende Klimaschutzprojekte kompensiert bzw. neutralisiert. Die Klimaneutralität wird durch ein Zertifikat bescheinigt. Unter www.natureOffice.com kann anhand der
ID-Nummer das Portfolio der nach dem Gold-Standard zertifizierten Klimaschutzprojekte
eingesehen werden.
RheinLand
Versicherungsgruppe
Abb. 119:
Der vorliegende Umweltbericht wurde
klimaneutral
gedruckt.
Umweltbericht 2008/2009 –
Klimawandel und Biodiversität
„Mit der Vernichtung der Arten
löschen wir in immer schnellerem Tempo
die Festplatte der Natur.“
Sigmar Gabriel, Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (2007)
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