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Prof. Dr.-Ing. K. Thielen
Technische Thermodynamik
THM, StudiumPlus
Beispielaufgabe zur Energiewandlung
Bei dem Automobilhersteller Audi soll ein neuer Verbrennungsmotor konstruiert werden. Der Motor soll als wassergekühlter Fünfzylinder-Reihenmotor mit Turbolader
und Benzindirekteinspritzung konzipiert werden. Er soll nach dem 4-Takt-Prinzip arbeiten und seine maximale Leistung bei einer Drehzahl von n = 5400 min−1 abgeben.
Die Zylinderbohrung und der Kolbenhub sind von den Konstrukteuren bereits festgelegt worden. Die Abmaße betragen: Bohrung 82,5 mm; Hub 92,8 mm.
Das Verdichtungsverhältnis soll ε = 10 betragen. Es gilt folgender Zusammenhang:
ε
=
VH + VK
VK
mit VH = Hubvolumen und VK = Kompressionsvolumen
Der Zyklus des Motors soll die folgenden Prozessschritte umfassen:
(0) → (1):
Der Kolben läuft vom „oberen Totpunkt“ (OT) zum „unteren Totpunkt“
(UT) zurück. Das Einlassventil ist dabei geöffnet. Der Turbolader presst
Luft in den Zylinder, sodass der Zustandspunkt (1) durch folgende Daten gekennzeichnet ist: p1 = 2,2 bar; t1 = 78,85 °C.
(1) → (2):
Kompressionshub; Einlass- und Auslassventile sind geschlossen. Bei
diesem Prozessschritt soll 10 % der Arbeit W12, die über das Pleuel und
den Kolben in den Zylinder gelangt, dissipiert werden: J12 = 0,1 · W12.
Der Polytropenexponent n12 des Kompressionsprozesses kann zu
n12 = 1,38 angesetzt werden.
(2) → (3):
Einspritzen und Verbrennen von Treibstoff in sehr kurzer Zeit. Dadurch
erhöhen sich die Temperatur und der Druck im Zylinder bei praktisch
konstantem Volumen V2 = V3. Aus materialtechnischen Gründen ist der
Druck im Zustandspunkt (3) auf p3 = 150 bar zu begrenzen. Deshalb
wird beim Prozess (2) → (3) nur ein Teil des Treibstoffs eingespritzt und
verbrannt.
(3) → (4):
Rücklauf des Kolbens ein Stückweit in Richtung UT. Die Ventile sind
weiterhin geschlossen. Es wird der Rest des Treibstoffs eingespritzt
und verbrannt. Dadurch bleibt der Druck im Zylinder während dieses
Prozessschrittes praktisch konstant bei pmax = p3 = p4 = 150 bar. Im
Zustandspunkt (4) wird bei Erreichen von Tmax = T4 = 3365 K die Einspritzung und damit die Verbrennung des Treibstoffes beendet. Bei diesem Prozessschritt wird 10 % der Volumenänderungsarbeit WV,34, die
das
Zylindergas
bei
der
Expansion
verrichtet,
dissipiert:
J34 = − 0,1 · WV,34.
(4) → (5):
Weiterer Rücklauf des Kolbens bis auf UT bei nach wie vor geschlossenen Ventilen. Bei diesem Prozessschritt wird ebenfalls 10 % der Volumenänderungsarbeit Arbeit W V,45, die das Zylindergas verrichtet, dissipiert: J45 = − 0,1 · WV,45. Der Polytropenexponent n45 des Expansionsprozesses kann zu n45 = 1,48 angesetzt werden.
(5) → (6):
Im Zustandspunkt (5) öffnet das Auslassventil. Das Zylindergas entspannt schlagartig bis auf den Gegendruck von p6 = 2,2 bar. Dieser
Prozessschritt lässt sich als Wärmeabfuhr bei konstantem Volumen simulieren.
(6) → (0):
Ausschieben des Abgases bei konstantem Druck p6 = p1 = 2,2 bar bei
geöffnetem Auslassventil. Bei Erreichen des OT erfolgt das Schließen
des Auslassventils und das Öffnen des Einlassventils.
Der Motorzyklus soll komplett mit dem Arbeitsmedium Luft simuliert werden. Das
heißt, dass der Zusatz und die Verbrennung des Treibstoffs vernachlässigt werden
soll. Die Luft kann dabei als ein ideales Gas mit temperaturunabhängiger spezifischer
Wärmekapazität gelten. Die thermodynamischen Stoffdaten von Luft lauten:
Spezifische Gaskonstante:
R = 287,05 J/(kg K)
Spezifische Wärmekapazität:
cV = 717,45 J/(kg K)
Zentrale Aufgabe: Berechnung der zu erwartenden Motorleistung!
Im Einzelnen sind folgende Aufgaben zu erledigen, Berechnungen durchzuführen
oder Fragen zu beantworten. Wenn nichts anderes gesagt ist, beziehen sich die Fragen und die erwarteten Antworten stets auf einen der 5 Zylinder:
1.
Bestimmen Sie das Hubvolumen VH und das Kompressionsvolumen VK jeweils
in cm3.
2.
Wie groß ist der Hubraum des 5-Zylinder-Motors in cm3?
3.
Nennen Sie für den Zustandspunkt (1) die Werte der folgenden thermischen
Zustandsgrößen: Zylindervolumen V1 in m3; Druck p1 in bar; absolute Temperatur T1 in K. Berechnen Sie die Luftmasse m in kg, die sich während der Prozessschritte (1) → (6) im Zylinder befindet.
4.
Nennen Sie die Werte der folgenden thermischen Zustandsgrößen des Zustandspunktes (2): V2 in m3; p2 in bar; T2 in K.
5.
Berechnen Sie für den Kompressionshub (1) → (2) die Werte der folgenden
energetischen Größen, jeweils in J: Volumenänderungsarbeit WV,12; Arbeit W 12;
dissipierte Arbeit J12; Änderung der inneren Energie ∆U12 = U2 − U1.
6.
Welche Wärme Q12 in J wird während des Kompressionshubes (1) → (2) über
die Systemgrenze des Zylinders transportiert?
7.
Bestimmen Sie die während des Kompressionshubes auftretende Änderung der
spezifischen Entropie s2 − s1 in J/(kg K).
8.
Nennen bzw. berechnen Sie die Werte der folgenden thermischen Zustandsgrößen des Zustandspunktes (3): V3 in m3; p3 in bar; T3 in K.
9.
Betrachten Sie den Prozessschritt (2) → (3) bei konstantem Volumen: Berechnen Sie die durch die Verbrennung von Treibstoff an das Zylindergas übertragene Wärme Q13 in J.
10. Nennen bzw. berechnen Sie die Werte der folgenden thermischen Zustandsgrößen des Zustandspunktes (4): p4 in bar; T4 in K; V4 in m3.
11. Berechnen Sie für den Kolbenrücklauf (3) → (4) die Werte der folgenden energetischen Größen, jeweils in J: Volumenänderungsarbeit WV,34; dissipierte Arbeit J34; Arbeit W 34, die an den Kolben und das Pleuel übertragen wird; Änderung der inneren Energie ∆U34 = U4 − U3 und die durch die Verbrennung von
Treibstoff an das Zylindergas übertragene Wärme Q34.
12. Nennen bzw. berechnen Sie die Werte der folgenden thermischen Zustandsgrößen des Zustandspunktes (5): V5 in m3; p5 in bar; T5 in K.
13. Berechnen Sie für den Kolbenrücklauf (4) → (5) die Werte der folgenden energetischen Größen, jeweils in J: Volumenänderungsarbeit WV,45; dissipierte Arbeit J45; Arbeit W 45, die an den Kolben und das Pleuel übertragen wird; Änderung der inneren Energie ∆U45 = U5 − U4 und die an das Kühlwasser übertragene Wärme Q45.
14. Nennen Sie die Werte der folgenden thermischen Zustandsgrößen des Zustandspunktes (6): V6 in m3; p6 in bar; T6 in K.
15. Berechnen Sie die beim Auspuffprozess (5) → (6) über die Systemgrenze des
Zylinders gelangende Wärme Q56 in J.
16. Welche Nutzarbeit (Kreisprozessarbeit WKP) in J liefert ein Zylinder während
eines Zyklus, wenn die Arbeiten W 01 und W60 , die beim Befüllen des Zylinders
und beim Ausschieben des Abgases in Erscheinung treten, vernachlässigt werden?
17. Welche Leistung in kW liefert der Motor bei einer Drehzahl von n = 5400 min−1?
18. Welches Drehmoment M in Nm tritt bei der unter 17. berechneten Leistung und
der Drehzahl n = 5400 min−1 auf?
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