Diplomarbeit zur Erlangung des akademischen Grades Magistra Artium an der Universität für Musik und darstellende Kunst Die Stimme in Lehrwerken der Sekundarstufe I: ein kritischer Vergleich vorgelegt von Dengg Eva-Maria Diese Arbeit wurde im Rahmen des Lehramtsstudiums für Musikerziehung am Institut für Musikpädagogik unter der Betreuung von Ao.Univ.Prof. Mag.art. Dr.phil. Bernhard Gritsch verfasst. Graz, im Juni 2015 Erklärung Hiermit bestätige ich, dass mir der Leitfaden für schriftliche Arbeiten an der KUG bekannt ist und ich diese Richtlinien eingehalten habe. Graz, den......................................................... …..................................................................... Unterschrift der Verfasserin Danksagung An dieser Stelle möchte ich mich bei all den Personen, die mich während meines Studiums und bei der Fertigstellung dieser Arbeit unterstützt haben. Mein besonderer Dank gilt meinem Betreuer Herrn Dr. Bernhard Gritsch, der mich beim Erarbeiten des Themas und der Entwicklung der Analyse mit seinen konstruktiven Hilfestellungen tatkräftig unterstützt hat. Einen weiteren Dank möchte ich meiner Prüferin im Unterrichtsfach Französisch Frau Dr. phil. Ingeborg Ledun-Kahlig für ihre unkomplizierte Betreuung und Unterstützung aussprechen. Ebenfalls danke ich Herrn Prof. Gerhard Wanker, der bei mir das Interesse für die menschliche Stimme geweckt hat und es mir ermöglicht hat, meine Diplomarbeit am Institut für Musikerziehung zu verfassen. Danken möchte ich auch meinen Eltern, die mir diese Ausbildung ermöglichten, mich Unterstützen und stets großes Verständnis für meine Pläne und Vorschläge zeigten. I Kurzfassung Diese Arbeit beschäftigt sich mit österreichischen Schulbüchern, die aktuell für den Musikunterricht in der Sekundarstufe I verwendet werden. Der Fokus der Arbeit liegt dabei auf Lehrinhalten und Übungen die menschliche Stimme betreffend. Zu Beginn der Arbeit wird ein kurzer Überblick über die historische Entwicklung des Musikunterrichts und die Inhalte des heutigen Lehrplans gegeben. Im Hinblick auf die Vermittlung von Wissen wird die Lehr- und Lerntheorie von Jérôme S. Bruner erläutert. Den Hauptteil der Arbeit bildet die Analyse der relevanten Schulbüchern, deren Ziel es ist, einen Vergleich der Schulbücher zu ermöglichen. Dabei werden Inhalte und Übungen zum Thema menschliche Stimme untersucht. Der Schwerpunkt der Analyse liegt auf Art, Umfang und Aktualität der Präsentation der Lehrinhalte und deren Vermittlung. Außerdem wird das Liedangebot der Schulbücher in quantitativer sowie in qualitativer Hinsicht untersucht. Die Bewertung der Analyseergebnisse erfolgte nach lerntheoretischen Überlegungen und Erkenntnissen von Jérôme S. Bruner. Abstract This thesis is about contemporary Austrian textbooks, used in music lessons at educational levels corresponding to Sekundarstufe I. The main focus is thereby directed on teaching contents and exercises regarding the human voice. Preliminary a short review of the historical evolution of musial tuiting is given, as well as a summary of the present curriculum's contents. With regard to the transfer of knowledge Jérome S. Bruner's learnig theory „Discovery Learnig“ is indroduced and explained. The main part of the thesis is the analysis of the relevant textbooks, which shall allow for a comparison of the textbooks. Hence their teaching contents and exercises concerning the human voice are examined. The analysis' key aspects are the nature of the teaching content's presentation, its extent and its actuality as well as the propagation of the teaching contents. Moreover the supply of songs is analysed with respect to quantity as well as quality. The evaluation of the analysis' results is finally done in consideration of the findings of learning theory by Jérôme S. Bruner. II Inhaltsverzeichnis EINLEITUNG...................................................................................................................1 I. TEIL: THEORETISCHE GRUNDLAGEN...................................................................3 1 Musikunterricht .............................................................................................................3 1.1 Musikunterricht einst und heute..............................................................................3 2 Lehrplan..........................................................................................................................8 2.1 Allgemein ...............................................................................................................8 2.2 Musikerziehung im Lehrplan..................................................................................9 2.3 Didaktische Grundsätze im Musikunterricht........................................................11 2.4 Lehrstoff und Kerngebiete des Musikunterrichts..................................................11 3 Lehr- und Lerntheorie...................................................................................................14 3.1 Allgemein..............................................................................................................14 3.2 Lehr- und Lerntheorie nach Jérôme S. Bruner......................................................15 3.2.1 Entwicklung von Wissen...............................................................................16 3.2.2 Voraussetzungen für das entdeckende Lernen...............................................16 3.2.3 Vermittlung von Wissen ...............................................................................17 4 Die Stimme...................................................................................................................20 4.1 Allgemein..............................................................................................................20 4.2 Atemsystem...........................................................................................................20 4.3 Tonerzeugung........................................................................................................21 4.4 Tonverstärkungssystem.........................................................................................24 4.5 Kinder- und Jugendstimme...................................................................................24 4.6 Tonumfang der Kinderstimme vor der Mutation..................................................25 4.7 Mutation ...............................................................................................................26 5 Stimmtraining...............................................................................................................29 5.1 Allgemein..............................................................................................................29 5.2 Körper...................................................................................................................30 5.3 Atmung..................................................................................................................33 5.4 Stimme..................................................................................................................36 5.5 Stimmtraining in der Schule.................................................................................42 III 6 Lieder ...........................................................................................................................45 6.1 Allgemein..............................................................................................................45 6.2 Entwicklung des Liedgutes...................................................................................45 6.3 Funktion und Bedeutung von Liedern im Musikunterricht..................................47 6.4 Liedauswahl im Musikunterricht..........................................................................49 6.5 Liederarbeitung im Musikunterricht.....................................................................50 7 Liedbezogenes Stimmtraining......................................................................................53 7.1 Allgemein..............................................................................................................53 7.2 Beispiel für liedbezogenes Einsingen...................................................................53 II. TEIL: ANALYSE VON SCHULBÜCHERN DER SEKUNDARSTUFE I...............56 8 Vorgehensweise............................................................................................................56 9 Kriterien........................................................................................................................58 10 Untersuchte Schulbücher............................................................................................60 10.1 Schul- und Liederbücher für die Sekundarstufe I in Österreich.........................60 10.2 Allgemeines zum Begriff Schulbuch..................................................................62 10.3 Abgrenzung Schulbuch - Liederbuch.................................................................64 11 Analyse der menschlichen Stimme in Schulbüchern der Sekundarstufe I.................68 11.1 Erlebnis Musik ...................................................................................................68 11.2 Klangfarben ........................................................................................................71 11.3 Club Musik .........................................................................................................74 11.4 Zusammenfassung der Analyseergebnisse..........................................................76 12 Analyse des Stimmtrainingsangebots in Schulbüchern der Sekundarstufe I.............78 12.1 Erlebnis Musik ...................................................................................................79 12.2 Klangfarben.........................................................................................................81 12.3 Club Musik .........................................................................................................83 12.4 Zusammenfassung der Analyseergebnisse..........................................................86 13 Analyse des Liedangebots in Schulbüchern der Sekundarstufe I...............................87 13.1 Definitionen........................................................................................................87 13.1.1 Funktionslied...............................................................................................87 13.1.2 Volkslied......................................................................................................87 13.1.3 Kunstlied.....................................................................................................88 IV 13.1.4 Jazz-, Pop- und Rocklied.............................................................................88 13.2 Erlebnis Musik ...................................................................................................90 13.3 Klangfarben.........................................................................................................92 13.4 Club Musik .........................................................................................................94 13.5 Zusammenfassung der Analyseergebnisse..........................................................95 14 Fazit............................................................................................................................97 15 Ausblick....................................................................................................................100 16 Verzeichnisse ...........................................................................................................101 16.1 Literaturverzeichnis..........................................................................................101 16.2 Online-Publikationen........................................................................................103 16.3 Abbildungsverzeichnis......................................................................................105 16.4 Tabellenverzeichnis ..........................................................................................105 Anhang I........................................................................................................................107 Anhang II – Ausdruck der online-Ressourcen...............................................................109 V EINLEITUNG Diese Arbeit soll den derzeitigen Stellenwert der Stimme in den aktuell in Österreich verwendeten Schulbüchern für den Musikunterricht in der Sekundarstufe I Allgemeinbildung aufzeigen. Ferner soll sie das Bewusstsein für den menschlichen Stimmapparat bei Musiklehrer/-innen stärken, damit die Stimme im Musikunterricht als wesentliche musikalische Ausdrucksmöglichkeit betrachtet wird. Das Ziel der Arbeit liegt darin, einen Überblick über die Lehrinhalte in ausgewählten Schulbüchern zu geben, welche die menschliche Stimme betreffen. Dies geschieht anhand einer Analyse der relevanten Schulbücher, wobei die Stimme betreffende Lehrinhalte sowie Stimmübungen und Lieder untersucht werden. Der Fokus der Analyse wird besonders auf Art, Umfang und Aktualität der Präsentation der Lehrinhalte und deren Vermittlung gerichtet. Die anschließende Bewertung erfolgte nach lerntheoretischen Überlegungen und Erkenntnissen von Jérôme S. Bruner. Dadurch soll ein repräsentativer Vergleich der untersuchten Schulbücher möglich werden. Außerdem wurde das Angebot an Liedern in quantitativer sowie in qualitativer Hinsicht untersucht. Die menschliche Stimme ist ein wichtiges Körperorgan. Ihr Vorhandensein und ihre Funktion werden als selbstverständlich angesehen. Durch die Erfahrungen, die ich während meines Musikstudiums und insbesondere während meines Gesangsstudiums machte, wurde mir bewusst, welch vielfältiges und großartiges, aber auch empfindliches Instrument die menschliche Stimme sein kann. Während meiner Praktika für das Unterrichtsfach Musikerziehung, die ich bei verschiedenen Lehrpersonen an verschiedenen Schulen in Graz und in Vorarlberg absolvierte, musste ich allerdings auch erfahren, dass das Singen im Musikunterricht oft ohne entsprechendes Bewusstsein für das Organ der menschlichen Stimme als ein Instrument stattfindet. So habe ich beispielsweise erlebt, dass während des Singens nicht auf eine adäquate Körperhaltung der Schüler/-innen geachtet wurde. Auch das Einsingen wurde oftmals nicht mit der notwendigen Konsequenz durchgeführt. Dieser Missstand beunruhigte mich sehr, da ich mir als Sängerin den Folgen eines wiederholten falschen Stimmeinsatzes bewusst bin. Es gilt als erwiesen, dass das Singen 1 durch die Möglichkeit der körperlichen Selbsterfahrung eine positive Wirkung auf die Entwicklung Heranwachsender haben kann. In der heutigen Zeit, die von Schnelllebigkeit und Erfolgsdruck geprägt ist, kann das Singen im Musikunterricht zudem Abwechslung vom Alltag bieten.1 Weiters fiel mir während meiner Unterrichtsstunden auf, dass es wesentlich leichter fällt den Aufbau einer Klarinette, eines Klaviers oder einer Tuba zu beschreiben als den Aufbau und die Funktion der Stimme. Im Gegensatz zu einem Instrument kann man die Stimme nicht sehen. Dies trägt vermutlich dazu bei, dass die Stimme oft nicht als ein Instrument betrachtet und beschrieben wird. Ich hielt es daher für notwendig, die derzeitigen Lehrpläne und die Entwicklung des Musikunterrichts in Bezug auf die menschliche Stimme und das Singen in meine Betrachtungen einzubeziehen, was mich letztendlich auch zum Verfassen dieser Arbeit motivierte. Als angehende Lehrerin des Unterrichtsfachs Musikerziehung und als Sängerin stellte sich mir die Frage, wie das Instrument „Stimme“ in den Schulbüchern behandelt wird und inwiefern die Schulbücher, die für den österreichischen Musikunterricht vorgesehen sind, Lehrinhalte bezüglich des Aufbaus und der Funktion des menschlichen Stimmapparates beinhalten. In meinem Studium belegte ich das Hauptfach Klarinette und wusste deshalb, wie wichtig es für die effiziente Erarbeitung von musikalischer Literatur ist, sich mit entsprechenden Übungen wie zum Beispiel Tonleitern, Legato-, Staccatoübungen, Geläufigkeitsübungen oder dgl. einzuspielen. Dies gilt gleichermaßen für die Stimme, die – soll sie effizient verwendet werden – auch „eingespielt“ bzw. eingesungen werden muss. Daraus ergab sich die Frage nach Übungen zur Entwicklung und Pflege der Stimme durch Stimmtrainings in den Schulbüchern. Darüber hinaus erschien es mir als wichtig, die Lieder der Schulbücher zu untersuchen, sodass mit der Analyse ein breites Spektrum an Inhalten, welche die Stimme betreffen, abgedeckt wird. 1 Vgl. Antwerpen, Singen in der Schule, S. 144-146 2 I. TEIL: THEORETISCHE GRUNDLAGEN 1 1.1 Musikunterricht Musikunterricht einst und heute Der Musikunterricht in seinen Anfängen reicht bis in die griechische Antike zurück und war ein wesentlicher Bestandteil des Bildungssystems. Im Unterschied zu heute galt die griechische Erziehung nicht den Kindern sondern jungen Erwachsenen, die durch Musik ihren persönlichen Charakter formten. Aufgrund der Dominanz des Lehrinhaltes gab es keine Bestrebungen zur Entwicklung verschiedener didaktischer Methoden. Diese entwickelten sich erst später durch den Umgang mit Musik. Es wurde nach folgendem Prinzip gelehrt und gelernt: Vormachen, Nachmachen und auswendig Lernen. Über den Inhalt des Musikunterrichts ist relativ wenig bekannt. Man weiß aber, dass nach der Solmisation gesungen wurde, dabei wird je eine Silbe beginnend auf dem Plosivkonsonanten t auf einer bestimmten Tonstufe gesungen . Für die Darstellung der Tonhöhen und deren Relationen zueinander wurde im Bereich der Musiktheorie das Monochord verwendet. Im Mittelalter war der Musikunterricht, wie der Rest der Gesellschaft, stark von der Kirche geprägt.2 Den Grundstein für methodisches Denken in der Musik legte Guido von Arezzo, der zum ersten Mal Vorschläge für das Singen nach Noten und im Weiteren für die Improvisation äußerte. Da der Fokus des Musikunterrichts bis ins 20. Jahrhundert auf der Tätigkeit des Singens lag, konzentrierten sich die methodischen Überlegungen auf den Bereich Gesang und auf den Entwurf einer Notenschrift. Das instrumentale Musizieren fand seinen Weg in den Musikunterricht relativ spät, da die Ausübung eines Instruments der öffentlichen Meinung nach über lange Zeit nicht in Kindeshand gehörte, sondern vielmehr als Kunsthandwerk gesehen wurde. Erst im Laufe der Zeit wurde dieser Tätigkeit ein pädagogischer Nutzen u. a. in Form von Selbsterfahrung und Förderung der Kreativität zugeschrieben und floss so allmählich in den Unterricht mit ein. Das Problem lag zunächst noch im Angebot des 2 Vgl. Helms, Kompendium der Musikpädagogik, S. 64-66 3 Instrumentariums an den Schulen, welches meist auf volkstümliche Instrumente, wie Gitarre und Blockflöte begrenzt war. Die Instrumente wurden vorwiegend benutzt, um den Gesang zu unterstützen bzw. für die Begleitung. Trotz der Intonationsprobleme und der Einstimmigkeit setzte sich hier vor allem die Blockflöte durch und wurde zum Inbegriff des instrumentalen Musizierens.3 Walter Heise verwendet im 1986 erschienen Werk Geschichte der Musikpädagogik in seiner Abhandlung Musikunterricht im 19. Jahrhundert den Begriff „Gesangsunterricht“ anstatt „Musikunterricht“. Anhand dieses Begriffs kann auf den Stellenwert des Singens im Musikunterricht geschlossen werden. Diese Annahme bestätigen seine Hospitationsstunden, die er 1889 an sechs verschiedenen Schulen absolvierte. Die damalige Lehre bestand meist nur aus dem Singen von Tönen, Tonleitern, Chorälen, Motetten und dem Blattsingen, allerdings war der Großteil der Schüler/innen meist gar nicht in der Lage Noten zu lesen. Georg Rolle leistete bei der Schulkonferenz 1890 einen wesentlichen Beitrag die Position des Musikunterrichts zu verbessern, indem er das Singen in Verbindung mit der Volksgesundheit brachte und behauptete, dass die Lunge durch regelmäßiges Singen gestärkt wird. Aufgrund der Anwesenheit von Sr. Majestät des Kaisers wurde der Schulgesangsunterricht forciert um die Gesundheit der angehenden Soldaten zu verbessern.4 Bis zum Ersten Weltkrieg stand es um den Musikunterricht schlecht. Dies lag nicht zuletzt daran, dass das Fach in der Gesellschaft kein großes Ansehen genoss. In den Volksschulen wurden in einem Klassenzimmer mit Hilfe einer Geige bis zu 80 Schüler/innen unterrichtet. Die Geige war obligatorisch, um die Tonhöhen halten und korrigieren zu können. In den Gymnasien fand der Gesangsunterricht nur in den ersten zwei Jahren statt, die meist als Vorbereitung für die Chorstunde genutzt wurde. Darüber hinaus wurde der Musikunterricht oft mit anderen Fächern kombiniert, sodass sich bis zu 200 Schüler/innen in einem Raum befanden.5 Kaiser Wilhelm II. nutzte diesen Missstand für „die Erziehung zum Kampfe“. Der Gesang wurde für das Gemeinschaftsgefühl und den Patriotismus missbraucht. Dies 3 4 5 Vgl. Helms, Kompendium der Musikpädagogik, S. 64-72 Vgl. Schmidt, Geschichte der Musikpädagogik, S. 72–80 Vgl. Schmidt, Geschichte der Musikpädagogik, S. 131-132 4 spiegelte sich in den Schulliederbüchern der damaligen Zeit wieder, in denen Kriegslieder und musikalische Kriegsspiele abgebildet waren.6 Bestrebungen, den Musikunterricht durch neue Begriffe wie „Schulmusik“ oder durch Förderinstitutionen aufzuwerten, wie es Georg Götsch mit seiner 1929 gegründeten „musischen Lebensstätte“ zur musikalischen Weiterbildung von Volksschullehrer/innen versuchte, brachten keine bedeutenden Veränderungen. Die Zahl der Absolventinnen und Absolventen war zu gering als dass sich dies auf den Musikunterricht auswirkte.7 Mit dem Beginn des Zweiten Weltkriegs wurden die österreichischen Lehrpläne an die deutschen angepasst und das Fach Schulmusik – dieser Begriff hatte sich mittlerweile etabliert – wurde zu einem Pflichtgegenstand im Schulsystem.8 In den 60er- und 70er- Jahren wurde die Lehrerausbildung für das Unterrichtsfach ausgebaut und erweitert. Es erschienen zudem vermehrt Kritiken und Analysen von Schulliederbüchern, zur Bedeutung des Klassenmusizierens, zum Einfluss von Musik auf die Schüler/innen sowie zu experimentellen Ansätzen mit Musik oder zu Untersuchungen bezüglich des Musikhörens. Des Weiteren wurden der Fortschritt der Technik, die neue populäre Musik und die Musik als Wissenschaft von der Gesellschaft in Frage gestellt und analysiert. Die Unterhaltungs- und Elektronikmusik in Verbindung mit den Neuerungen der Technik schienen im Widerspruch zu stehen mit den Begriffen der Natürlichkeit, Echtheit und Gemeinschaft, die bisher mit Musik assoziiert wurden. Darüber hinaus konnten diese Einflüsse der damaligen Zeit nicht mit dem traditionellen Bild eines von Kunstmusik geprägten Musikunterrichts in Einklang gebracht werden und wurden daher von der Erwachsenengesellschaft kaum akzeptiert. Die Kritik verstummte jedoch allmählich durch den immer größer werdenden Fortschritt der pädagogischen Methoden im Musikunterricht, der letztendlich das Ende der musischen Erziehung einleitete und die Forderung nach einer wissenschaftlich fundierten Musikpädagogik immer lauter werden ließ.9 Im Februar 1985 fand der erste Bundeskongress der Musikerzieher Österreichs in Wien statt. Die Tagung stand unter dem Thema Musikerziehung in der Mediengesellschaft. 6 7 8 9 Vgl. Schmidt, Geschichte der Musikpädagogik, S. 131-138 Vgl. Schmidt, Geschichte der Musikpädagogik, S. 139-142 Vgl. Johannsen, Der Einsatz der Stimme im Musikunterricht der AHS, S. 26 Vgl. Schmidt, Geschichte der Musikpädagogik, S. 158-162 5 Den Schwerpunkt bildete der Einfluss der Medien auf die Musik und zudem wurde der Stellenwert der Musikerziehung in der Gesellschaft und für die Entwicklung der Persönlichkeit eines Heranwachsenden diskutiert.10 Im Gespräch war der neue Lehrplanentwurf 1982/1983 der Musikerziehung, der sich wie folgt gliederte: Singen – Musizieren – Hören – Bewegen.11 Diese Tagung setzte ein deutliches Zeichen für die Stärkung der Position der Musikerziehung an den österreichischen Schulen. Die Schaffung der neuen Lehrpläne 1986 und in weiterer Folge 1994 zeigen, dass die Musikerziehung bis zum heutigen Lehrplan, der 2000 eingeführt wurde, als Pflichtgegenstand der Sekundarstufe I in der AHS beibehalten wurde. 2,5 2 1. 2. 3. 4. 1,5 1 Klasse Klasse Klasse Klasse 0,5 0 1986 1994 2000 Abbildung 1: Anzahl der Wochenstunden Abbildung 1 zeigt die Anzahl der Wochenstunden in der ersten, zweiten, dritten und vierten Klasse Unterstufe der AHS bei der Umsetzung der Lehrpläne von 1986, 1994 und 2000. Anhand der visuellen Darstellung lässt sich gut erkennen, dass trotz aller Bemühungen hinsichtlich der Steigerung der Anzahl der Wochenstunden im Unterrichtsfach Musikerziehung sich diese nicht verändert hat.12 10 Vgl. AGMÖ, Musikerziehung in der Mediengesellschaft, S. 9 11 Vgl. AGMÖ, Musikerziehung in der Mediengesellschaft, S. 98 12 Vgl. Johannsen, Der Einsatz der Stimme im Musikunterricht der AHS, S. 18–25 6 Bei der Aufarbeitung der Geschichte der Musikpädagogik ist festzustellen, dass von Beginn an die Stimme ein zentraler Gegenstand des Musikunterrichts war. Darauf lässt auch der Begriff Schulgesangsunterricht schließen. Trotz der zahlreichen Einflüsse aus der sich verändernden Gesellschaft, die zu Umstrukturierungen und Erneuerungen führten, die Schlechtes wie Gutes hervorbrachten, wurde der Musikunterricht nie ganz abgeschafft. Bis zuletzt wurde dabei auch, in welcher Form auch immer, gesungen. In Anbetracht der historischen Entwicklung und der Änderungen der Lehrpläne in Österreich, die zuletzt im Jahr 2000 erfolgten, wird im nächsten Kapitel der Lehrplan allgemein vorgestellt und in weiterer Folge erörtert, in welchen Bereichen heute die Schwerpunkte im Unterrichtsfach Musikerziehung liegen. 7 2 2.1 Lehrplan Allgemein Der Lehrplan setzt sich aus folgenden fünf Bereichen zusammen: Allgemeines Bildungsziel, allgemeine didaktische Grundsätze, Schul- und Unterrichtsplanung, Stundentafel und Lehrpläne für einzelne Fächer. Der erste Teil setzt sich mit der Funktion und der Gliederung des Lehrplans, dem gesetzlichen Auftrag der Schule, deren Leitvorstellungen, deren Aufgabenbereich sowie deren Bildungsbereichen auseinander. Eine AHS hat die Aufgabe, den Erwerb von Wissen, die Entwicklung von Kompetenzen und die Auffassung von Werten jedes/r Schülers/in zu fördern, sodass ein umfangreiches Allgemeinwissen erworben wird -und somit die Hochschulreife erreicht werden kann.13 In Anbetracht der ständigen gesellschaftlichen Veränderungen ist die Auseinandersetzung mit der österreichischen Identität notwendig, um Toleranz, Akzeptanz und Respekt zu fördern. Die Schüler/innen sollen zum eigenständigem und selbstverantwortlichem Denken ermutigt werden, was vor allem durch einen fächerübergreifenden Unterricht angeregt wird. Die Kernaufgaben des Schulunterrichts liegen nicht nur in der Vermittlung eines fundierten Allgemeinwissens, sondern dieser soll die Schüler/innen dazu bewegen, dieses Wissen in kritischem und selbständigem Denken anzuwenden. Dazu ist die Entwicklung von Kompetenzen notwendig, die die dynamische Fähigkeit, ein soziales Leben innerhalb und außerhalb der Schule zu führen, steigert. Mit Fragen nach dem Sinn und dem Ziel des Lebens soll eine Auseinandersetzung im Hinblick auf religiös-ethisch-philosophische Dimensionen statt finden. Dafür ist der Erwerb von Entscheidungs- und Urteilsvermögen von nöten. Der zweite Teil beinhaltet die allgemeinen didaktischen Grundsätze, die bei der Planung des Unterrichts berücksichtigt werden sollen. Darunter versteht man unter anderem, einen vielfältigen Zugang zu Wissen zu ermöglichen und das erworbene Wissen eigenständig anzuwenden, um dadurch Erfahrungen sammeln zu können. 13 Vgl. Artikel I, https://www.bmbf.gv.at/sCchulen/unterricht/lp/11668_11668.pdf?4dzgm2 (30.05.2015) S. 1–3 8 Leistungsbeurteilung ist ein weiterer Bestandteil der allgemeinen didaktischen Grundsätze. Die Schul- und Unterrichtsplanung beschäftigt sich mit den Voraussetzungen der Lehrpersonen, dem Kern- und Erweiterungsbereich und setzt sich mit den Bedürfnissen der Schüler/innen, die für eine erfolgreiche Unterrichtsplanung notwendig sind auseinander. Für jedes Unterrichtsfach gibt es daher einen Lehrplan, dessen Inhalte nach den entsprechenden Bildungs- und Lehraufgaben ausgelegt sind. Das Stundenmaß des jeweiligen Unterrichtsgegenstands wird in der zugehörigen Stundentafel festgelegt, die gewisse Freiräume im Rahmen der Schulautonomie lässt.14 2.2 Musikerziehung im Lehrplan Im Musikunterricht ist der Umgang mit Musik zu fördern unter Berücksichtigung der alters-entsprechenden Gegebenheiten. Der Fokus liegt nicht nur auf einem bestimmten musikalischen Bereich, sondern es sollen beim Lernen möglichst viele Bereiche wie unter anderem die verschiedenen Epochen, Stilrichtungen etc. aktiv erarbeitet werden, sodass die musikalischen Fertigkeiten sukzessiv aufgebaut und weiterentwickelt werden können. Daneben sollen auch Tänze, Lieder und Hörbeispiele in den Unterricht einfließen.15 Die Stärkung der Gruppendynamik, der Leistungs- und Kommunikationsbereitschaft-, sowie der Disziplin, der Selbstkontrolle und der Toleranz, sind wesentliche Aspekte des Musikunterrichts. Mit der Bereitschaft zu einem fächerübergreifenden Unterricht kann zum einen die Bedeutung und die Position von Musik in der Gesellschaft gezeigt und zum anderen kann auf diese Art und Weise die Verbindung zwischen Musik und der Lebenswelt hergestellt werden. In diesem Zusammenhang kann die Wirkung und der Einsatzbereich von Musik im manipulativen, therapeutischen, sozialen, physischen und psychischen Bereich gezeigt werden. Im Musikunterricht soll die kritische Auseinandersetzung mit den Leistungen von 14 Vgl. Artikel I, https://www.bmbf.gv.at/sCchulen/unterricht/lp/11668_11668.pdf?4dzgm2 (30.5.2015) S. 3–13 15 Vgl. Musikerziehung, https://www.bmbf.gv.at/schulen/unterricht/lp/ahs15_790.pdf?4dzgm2 (30.05.2015) S.1 9 Musiker/innen und die damit verbundene Bewertung entwickelt werden. Den Schüler/innen den Beruf des/der Musikers/in näher zu bringen, damit diese ihn als Möglichkeit bei ihrer Berufswahl in Betracht ziehen, ist ebenfalls Inhalt der Aufgabe. Des Weiteren soll ein Bewusstsein für das österreichische Kulturgut im historischen, internationalen und regionalen Kontext geschaffen werden.16 In folgenden Aufgabenbereichen der Schule kann Musik einen Beitrag leisten: – Musik als Teil von Kultur und Religion – Komposition als Ausdruck von Religion und Weltanschauung – Musik als nonverbale Weltsprache, die auf Vitalität, Atmosphäre, Zusammengehörigkeit, Gemeinschaft und auf das Empfinden Auswirkungen hat. – Musik spiegelt den Geist der Zeit und einer Gesellschaft wieder. Der Bildungsbereich des Unterrichtsfachs Musikerziehung gliedert sich in folgende Teile: Im Bildungsbereich Sprache und Kommunikation liegt der Schwerpunkt in der Förderung von nonverbaler Kommunikation mit Hilfe von Musik. Die verschiedenen Einsatzmöglichkeiten der Stimme, die fachliche Bewertung von Musik oder die musikalische Gestaltung eines Textes bilden diesen Rahmen. 17 Der Bereich Mensch und Gesellschaft deckt mehrere Teilbereiche ab. Darunter fallen unter anderem: Das kritische Konsumverhalten, das Erleben und das Verständnis der österreichischen Musikwelt und der Wirtschaftsfaktor: Musik, die Sensibilisierung des Konsumverhaltens, die Verwendung von Medien und die Entwicklung von Genauigkeit. Im Bereich Natur und Technik soll das Basiswissen über Akustik, Instrumentenkunde und über den physiologischen Aufbau der Hörorgane und der Stimme vermittelt werden. Außerdem beinhaltet dieser Bereich den Erwerb von Lösungsstrategien. Der Bildungsbereich Gesundheit und Bewegung setzt sich mit Bewegung als Instrumentarium zur Steigerung des Wohlbefindens auseinander. Durch Bewegung 16 Vgl. Musikerziehung, https://www.bmbf.gv.at/schulen/unterricht/lp/ahs15_790.pdf?4dzgm2 (30.05.2015) S.1 17 Vgl. ebd., S.1 10 werden beide Gehirnhälften vernetzt, die Sinne aktiviert, die Motorik trainiert und die Fähigkeit zur Steigerung von Ausdauer und Konzentration gefördert. Im letzten Bildungsbereich Kreativität und Gestaltung liegt der Fokus auf der Produktion, der Reproduktion und der Improvisation durch die Verwendung der Stimme, Bewegung und Musik. Die Bereitschaft zur Spontanität, Kreativität und der Individualität steht im Mittelpunkt und kann sich entwickeln.18 2.3 Didaktische Grundsätze im Musikunterricht Die Lehrbereiche sollen nicht einzeln betrachtet werden, sondern es soll möglichst eine Vernetzung der verschiedenen Lehrplanbereiche stattfinden, sodass Bewegung, Gestaltung, Hören, Singen und instrumentales Musizieren stets miteinander verknüpft werden. Ein fächerübergreifender Unterricht kann dieses Vorhaben noch steigern. Im Mittelpunkt der didaktischen Grundsätze steht ein praxisorientierter Unterricht, der das Kennenlernen, Erfahren, Erleben, Erlernen, Erarbeiten bis hin zum Üben fördert. Auf diesem Wege soll das Interesse an der Musik, den damit verbundenen Kulturkreisen und deren musikalischen Traditionen geweckt werden. Die Lehrperson soll während des Unterrichts selbst musikalisch aktiv sein, um das gemeinsame musikalische Erlebnis zu ermöglichen. Darüber hinaus sollen Künstler/innen und Expertinnen und Experten eingeladen werden, um die Verbindung zwischen regionalem und überregionalem Kulturleben in und außerhalb der Schule zu schaffen. Ein Anlass, das Interesse zur musikalischen Selbsttätigkeit zu wecken, sind auch diesbezügliche Veranstaltungen und Projekte.19 2.4 Lehrstoff und Kerngebiete des Musikunterrichts Der Lehrstoff teilt sich in die 1. und 2. Klasse und die 3. und 4. Klasse auf und umfasst folgende Kernbereiche: Vokales und Instrumentales Musizieren, Bewegen, Gestalten, Hören und Grundwissen. Diese Kernbereiche werden im folgenden kurz erläutert. Vokales Musizieren In den ersten zwei Schuljahren liegt der Schwerpunkt des vokalen Musizierens auf der 18 Vgl. Musikerziehung, https://www.bmbf.gv.at/schulen/unterricht/lp/ahs15_790.pdf?4dzgm2 (30.05.2015) S. 1-2 19 Vgl. ebd., S. 2 11 gemeinsamen Stimm- und Sprecherziehung. Es soll ein vielfältiges Repertoire an Liedern und Sprechstücken erarbeitet werden, welche auch ohne Begleitinstrument gesungen bzw. gesprochen werden können und außerdem Bewegungselemente enthalten sollen. Im 3. und 4. Lernjahr wird der Kernbereich unter der Berücksichtigung der mutierenden Stimme durch das Erarbeiten von ein- und mehrstimmigen Liedern sowie durch ein interkulturelles Repertoire erweitert. Instrumentales Musizieren Instrumentales Musizieren beinhaltet das Kennenlernen von Rhythmusinstrumenten, elektronischen Instrumenten und Stabspielen. Dieser Bereich soll das Ausprobieren von eigens gebauten Instrumenten sowie die Erfahrung des eigenen Körpers als Instrument, fördern. Die Praxis erfolgt in Gruppen und kann als Liedbegleitung verwendet werden. In den darauf folgenden zwei Lernjahren findet eine Erweiterung im Hinblick auf einfaches improvisatorisches Musizieren statt. Bewegen Der Bereich Bewegen hat mehrere Funkionen und Anwendungsgebiete. In den bereits erwähnten Kernbereichen des vokalen und instrumentalen Musizierens soll Bewegung eingesetzt werden, um einerseits die Stimmbildung zu fördern und andererseits Bewegungen dahingehend zu nutzen, um Takt, Rhythmus, Metrum, Melodie, Klang und Stil zu erfahren. Im 3. und 4. Lernjahr sollen unter Berücksichtigung der aktuellen Musik und verschiedener Kulturkreise, Bewegungsformen und Tänze aller Art erlernt werden.20 Gestalten Der Umgang mit neuen Medien sowie dem kreativen Schaffen von Musik soll im Bereich Gestalten gefördert werden. Dazu gehört auch das Ausprobieren von Tönen, Klängen und Rhythmen. In den darauf folgenden zwei Lernjahren sollen nun diese erworbenen Fähigkeiten genutzt werden, um selbst Musikstücke mit eigens kreativen Texten, Melodien, Rhythmen und Bewegungen zu gestalten. Hören Der Schwerpunkt liegt beim Hören in der eigentlichen Aktivität, das heißt die akustische Umwelt selbst zu erfahren und davon ausgehend zu beschreiben bzw. zu 20 Vgl. Musikerziehung, https://www.bmbf.gv.at/schulen/unterricht/lp/ahs15_790.pdf?4dzgm2 (30.05.2015) S.2-4 12 bewerten. Dabei soll das Spektrum an Hörbeispielen vielfältige Themen von musikalischen Epochen, über diverse Stile und Kulturkreise bis hin zum vokalem und instrumentalem Musizieren behandeln. Später soll eine kritische Auseinandersetzung mit dem Gehörten forciert werden. Grundwissen Das Grundwissen beinhaltet die Grundbegriffe der Musiklehre, die im 3. und 4. Lernjahr durch deren Anwendung gefestigt werden. Es besteht aus folgenden Bereichen: Notations– und Formenlehre, Bestimmung von Intervallen, Tonleitern und Akkorden, Instrumentenkunde, musikalisches Fachvokabular, musikalische Gattungen, Einblicke in das Künstlerleben durch Musikerbiografien, Musik als Wirtschaftsfaktor, weitere Berufe in der Musik sowie internationales und regionales Kulturleben. Diese Bereiche sollen unter anderem eine Hilfe für das Hören, das Musizieren und das Singen darstellen.21 21 Vgl. BMBF, Musikerziehung, https://www.bmbf.gv.at/schulen/unterricht/lp/ahs15_790.pdf?4dzgm2 (30.05.2015) S. 2-4 13 3 3.1 Lehr- und Lerntheorie Allgemein Das Schulsystem besteht aus den folgenden wesentlichen Komponenten Lehren und Lernen. Durch die Vermittlung von Wissen erwirbt der/die Schüler/in die Fähigkeit das Gelernte anzuwenden. Darüber hinaus kann in Erfahrung gebracht werden, wie etwas funktioniert und dieses Wissen kann dann verbreitet werden. Im Weiteren kann das erschlossene Wissen zu Veränderungen von Verhaltensweisen des/der Schülers/in führen, betreffend seiner/ihrer Motivation.22 Diese sogenannten Lernergebnisse sind sehr vielfältig und umso wichtiger ist es, sich als Lehrperson bewusst zu machen, welches Lernergebnis wodurch gefördert wird. Von dieser Fragestellung ausgehend, erschließt sich die Frage nach dem wie und die damit verbundene Lehr- und Lerntheorie, die sich primär dem Lernprozess, seinen Voraussetzungen und Bedingungen, widmet. Lerntheoretische Überlegungen basieren auf dem Grundsatz: „Lernen ist ein Prozess eines Individuums“.23 Um herauszufinden, welche Lehre zur Vermittlung notwendig ist, muss zunächst der Lernprozess verstanden werden. Es handelt sich dabei um einen kognitiven Prozess, der sich im zentralen Nervensystem abspielt und durch die aufgenommenen Reize angeregt wird, die beim Lernen aktiv oder passiv erfolgen können.24 Das Lehren muss so organisiert sein, dass es eine Hilfestellung bzw. die Realisierung des Lernprozesses besser ermöglicht. Unabhängig davon spielt das Verhalten des/der Schülers/in eine wesentliche Rolle, das das Lehren sowie den Lernprozess beeinflusst. Der Begriff Lerntätigkeit wird dafür verwendet, um das gesamte Verhalten des Individuums, das der Erreichung des Lernergebnisses dient, zusammenzufassen. Von dieser Lehr- und Lerntheorie ausgehend sind bei der Organisation des Unterrichts folgende Aspekte mit einzubeziehen, die das Erreichen der Lernziele ermöglichen: Definition der Lernziele, Lernvoraussetzungen, Vorstellung des Lernprozesses, 22 Vgl. Straka/Macke, Lehren und Lernen in der Schule, S. 17 23 Vgl. Straka/Macke, Lehren und Lernen in der Schule, S. 17–19 24 Vgl. ebd., S. 34–36 14 Lerntätigkeit, die den Lernprozess und dementsprechend den Erfolg des Lernziels beeinflussen und Lernaufgaben als Unterstützung.25 An dieser Stelle muss darauf hin gewiesen werden, dass diese Aufzählung den Aspekt der Unterrichtsform nicht berücksichtigt. Darunter fallen unter anderem die verschiedenen Sozialformen wie z.B. Lehrervortrag, Partnerarbeit, Gruppenarbeit, Einzelarbeit etc. sowie unterschiedliche methodische Zugriffe (entdeckendes Lernen, forschendes Lernen etc.), die einen entscheidenden Einfluss auf das Erreichen der Lernziele haben. Die Feststellung, ob der Lernende einen kognitiven Lernprozess durchlebt und somit das angestrebte Lernziel erreicht hat, kann die Lehrperson anhand seiner Verhaltensänderung des/der Lernenden erkennen. Es können folgende Fragen dazu aufgestellt werden: • Durch welche Handlung bzw. welches Tun kann der/die Schüler/in zeigen, dass das Lernziel erreicht wurde? 3.2 • Unter welchen Bedingungen wird das Lernziel dargestellt? • Nach welchen Kriterien wird das Lernziel bewertet? Lehr- und Lerntheorie nach Jérôme S. Bruner Diese Arbeit stützt sich auf die lerntheoretischen Erkenntnisse von Jérôme S. Bruner, der Lernen als selbständige und entdeckende Tätigkeit auffasst. Bruner stellt das Lernen als einen Prozess der aktiven Informationsverarbeitung dar. Aus dieser Position geht hervor, dass Lernen nicht passiv erfolgt, sondern eine aktive entdeckende Tätigkeit ist, die vom Lernenden ausgeführt wird. 26 Jérôme S. Bruner bezeichnet diesen kognitiven Prozess als Entdeckungslernen. Er versteht unter dem Begriff Lernen die drei kognitiven Prozesse bestehend aus der Aneignung von Wissen, der Wissenstransformation und der Bewertung von Wissen, die gleichzeitig geschehen. Unter der Aneignung von Wissen ist die Erweiterung und das Anknüpfen an früheres Wissen gemeint. Der Prozess der Wissenstransformation beinhaltet, dass die sich aus der neuen Information ergebenen Entdeckungen nun angewendet werden können. Im letzten Prozess der Bewertung von Wissen wird das Wissen nach der Brauchbarkeit, 25 Vgl. Straka/Macke, Lehren und Lernen in der Schule, S. 41-42 26 Vgl. ebd., S. 132-133 15 Richtigkeit, Angemessenheit und Reichweite geprüft. Diese Prozesse sind nicht im Einzelnen zu betrachten, sondern erfolgen simultan und sind miteinander verknüpft.27 3.2.1 Entwicklung von Wissen Für die Verarbeitung von Informationen sind folgende Aspekte, die in gegenseitiger Wechselwirkung zu einander stehen, von Bedeutung. Zum einen ist es die Handlung. Es gibt Handlungen im Alltag, die nur schwer durch Wörter und bildliche Darstellungen zu erklären sind und daher besser durch den Erfahrungswert des Ausprobierens erlernt werden können wie zum Beispiel Fahrrad fahren, Schwimmen etc.28 Jérôme S. Bruner geht in seiner Theorie davon aus, dass die Entwicklung von Wissen durch die Anwendung eines Repräsentationssystems, welches aus der handelnden (enaktiven), der bildhaften (ikonischen) und der verbalen (symbolischen) Ebene besteht, bestmöglich fortschreitet. Lerninhalte sollten nach diesem Repräsentationssystem präsentiert werden. Enaktiv bedeutet, dass sich das erworbene Wissen durch Handlung und durch Anwendung der erlernten Fähigkeit festigt. Durch die ikonische, bildhafte Repräsentationsart soll Wissen durch visuelle Reize, wie Zeichen, Bilder etc. vermittelt werden.29 Eine weitere Repräsentationsart zeichnet sich durch Symbole, sprich Wörter aus. Die Schwierigkeit liegt darin, dass Wörter in keinem Ähnlichkeitsverhältnis zur einer Sache stehen und dadurch erlernt werden müssen. Die Verwendung von Symbolen ermöglicht ein weit aus umfassenderes Spektrum an Möglichkeiten, als es die Bild- und Handlungsebene tut. Die Umstrukturierung eines Satzes kann aus einer Aussage eine Neue entstehen lassen, was hingegen auf der Handlungs- und Bildebene nicht möglich ist. In der Entwicklung des Wissens spielen die drei genannten Komponenten des Repräsentationssystems eine wesentliche Rolle.30 3.2.2 Voraussetzungen für das entdeckende Lernen Beim kognitiven Prozess des entdeckenden Lernens wird der Erwerb von Wissen durch mehrere Faktoren beeinflusst. 27 28 29 30 Vgl. Straka/Macke, Lehren und Lernen in der Schule, S. 132–135 Vgl. Bruner, Entwurf einer Unterrichtstheorie, S. 16 Vgl. Straka/Macke, Lehren und Lernen in der Schule, S. 135 Vgl. Bruner, Entwurf einer Unterrichtstheorie, S. 16-18 16 Die Einstellung des Lernenden gegenüber der Aneignung von Wissen ist von wesentlicher Bedeutung. Produktivität sowie Aktivität führen zu einem eigenständigen Prozess des Lernens, der durch Risikobereitschaft und Neugierde gesteigert wird. Bruner spricht in diesem Zusammenhang auch von der Fähigkeit, die Ungewissheit ertragen zu können, was in Verbindung mit seiner Theorie Entdeckendes Lernen steht, da es bei der Suche keine Garantie für einen Fund gibt. Der Erfolg des eigenständigen Lernprozess hängt auch vom jeweiligen Motiv, des Lernenden ab. Bruner empfiehlt angesichts der Einflussnahme von äußeren Faktoren, keine extrinsische durch Lob angetriebene, sondern eine intrinsische Motivation des Lernenden, der von seinem eigenen Willen und Interesse ausgehend sich mit neuem Wissen auseinander setzt. 31 Ein weitere Voraussetzung für Entdeckendes Lernen bilden die Organisation und die Präsentation der Wissensstruktur. Durch die Erarbeitung einer Struktur werden Informationen kodiert, deren Verbindungen offensichtlich gemacht und in weiterer Folge in Zusammenhang gebracht werden können. Diese Organisationsstruktur ermöglicht das Wissen losgelöst von der Situation, in der es gelernt wurde, zu betrachten und später wieder anzuwenden. Nicht zuletzt ist das entdeckende Lernen von den intellektuellen Fähigkeiten eines Lernenden abhängig und von der Möglichkeit Strategien zur Problemlösung zu entwickeln. Dies bezieht sich insbesondere auf die Verwendung unterschiedlicher Repräsentationsebenen, die letztendlich dazu führen, eine Strategie zur Bewältigung des Problems zu finden.32 3.2.3 Vermittlung von Wissen Jedes Wissen kann nach Bruner vermittelt werden, wenn folgende Gesichtspunkte berücksichtigt werden: Die Art und Weise der Darbietung, die Ökonomie der Mittel und deren Wirksamkeit. Diese Gestaltungsformen sind an die entsprechende Altersstufe und den zu vermittelnden Sachbereich anzupassen. Die Darstellung sollte die Handlungs-, Bild- und Symbolebene beinhalten, sodass der Wissensbereich ausreichend präsentiert wird. 31 Vgl. Straka/Macke, Lehren und Lernen in der Schule, S. 136–137 32 Vgl. Straka/Macke, Lehren und Lernen in der Schule, S. 136–139 17 Unter Ökonomie der Darstellung ist die Menge an Information gemeint, die erlernt werden muss, sodass schlussendlich eine Erkenntnis daraus gewonnen werden kann. Je weniger Zusatzinformationen ein Lernender benötigt, um etwas zu verstehen, umso effektiver und ökonomischer ist die Erarbeitung der Erkenntnis. Diese Ökonomie der Wissensvermittlung kann nicht unabhängig von der Darstellung betrachtet werden. Die Wirksamkeit muss nicht zwingend in einer Abhängigkeit mit der Ökonomie stehen. Jedoch sind meistens die ökonomischen auch die wirkungsvollsten Strukturen. Inwiefern eine Darstellungsform wirksam ist, kann anhand von Zusammenhängen zwischen Dingen, die auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun haben, aber dennoch von einem Lernenden erschlossenen werden, festgestellt werden.33 Eine richtige Reihenfolge der Repräsentationsebenen gibt es nicht, da dies von der Individualität jedes Lernenden abhängt. Daher ist es umso wichtiger alle Ebenen anzubieten, sodass Lernende auf verschiedene Ebenen zurückgreifen können und Wissen so auf unterschiedliche Arten verarbeiten und erfolgreich lernen. Im Falle einer Problemstellung ist die Zielsetzung ein zentraler Punkt für die Motivation und die damit einhergehende Sinnfrage zur Lösung des Problems. Dafür sind leitende Hinweise notwendig, um die/den Lernende/n auf die richtige Spur zu bringen. Oft wird der Unterrichtsstoff unzusammenhängend dargestellt ohne ein gemeinsames Ziel zu definieren, sodass dem/der Lernenden erst im Nachhinein klar wird, was diese einzelnen Teile mit dem abschließenden Ergebnis zu tun haben. Der Unterricht soll die Lernenden darauf vorbereiten auf eigenen Füßen zu stehen und Probleme anzugehen, ohne die permanente Hilfe eines/r Lehrers/in in Anspruch zu nehmen.34 Für den kognitiven Prozess des entdeckenden Lernens sind Lernhilfen notwendig, die Unterstützung für die Lösung des Problems bieten. Für die/den Lernende/n müssen Anreize geschaffen werden, die es ihr/ihm ermöglichen, selbständig Lösungen zu finden. 33 Vgl. Bruner, Entwurf einer Unterrichtstheorie, S. 48-52 34 Vgl. Bruner, Entwurf einer Unterrichtstheorie, S. 54-57 18 Bruner unterscheidet dabei zwischen prozessorientierten Lernhilfen, die den Lernvorgang ankurbeln und unterstützen sollen und ergebnisorientierten Lernhilfen, die Hilfestellungen zur Lösungsfindung geben. Beispiele für prozessorientierte Lernhilfen sind unter anderem der Erwerb von passenden Informationen, die Hypothesenfindung, die Konkretisierung einer Hypothese, die Erläuterung des Problems etc. Ergebnisorientierte Lernhilfen könnten das Aufzeigen von falschen Hypothesen oder Lösungen sowie verwendbare Variablen und Informationen zur Problemlösung sein. Mit dem Ziel längerfristig nach diesem Prinzip zu Arbeiten, sollte im Laufe der Entwicklung der Lernenden die Anzahl der Lernhilfen abnehmen, sodass der selbständige Lernprozess forciert und von den Lernenden weiter entwickelt wird.35 35 Vgl. Straka/Macke, Lehren und Lernen in der Schule, S. 141-142 19 4 Die Stimme 4.1 Allgemein Der Stimmapparat besteht aus einer Vielzahl von einzelnen Komponenten, die miteinander arbeiten und in Wechselwirkung zueinander stehen. Die Singstimme wird in drei Systeme gegliedert. Es sind dies das Atemsystem, das Tonerzeugungs- und Tonverstärkungssystem.36 Nur wenn alle diese Systeme als funktionelles Ganzes richtig zusammen arbeiten und – hier liegt der Unterschied zur Sprechstimme -ist das Singen möglich.37 4.2 Atemsystem Der Atem dient grundsätzlich dem Transport frischer Luft in die Lungen und dem Abtransport verbrauchter Luft aus der Lunge. Es handelt sich dabei um einen rhythmischen Prozess, der ab dem Zeitpunkt der Geburt natürlich einsetzt. Die Lunge ist umgeben von einem Brustkorb, dessen Volumen durch verschiedene Muskeln vergrößert bzw. verkleinert werden kann. Dies hat zur Folge, dass die Luftmenge in den Lungen von den Bewegungen des Brustkorbes abhängt, da das Lungengewebe mit den Brustkorbbewegungen verbunden ist. Bei der Einatmung wird die Zwerchfellmuskulatur angespannt, wobei sich das Zwerchfell verkürzt und sich die nach oben gewölbte Zwerchfellkupel senkt. Außerdem werden die Brustmuskeln und die äußere Zwischenrippenmuskulatur angespannt, die das Brustbein heben. All diese Vorgänge führen letztendlich zu einer Erweiterung des Lungenhohlraumes. Dies führt zu einer Raumerweiterung in der Lunge, wodurch ein Unterdruck entsteht und frische Luft von außen in die Lunge strömt. Bei der Ausatmung lockert sich das angespannte Zwerchfell und die Zwerchfellkupel wölbt sich wieder nach oben. Die Luft wird nun aus dem kleiner werdenden Lungenhohlraum hinausgepresst. Zusätzlich bewirkt die Lockerung der äußeren Zwischenrippenmuskulatur ein Senken des Brustbeins. Dieser Vorgang kann durch das Einsetzen der Bauchmuskulatur verstärkt werden. 36 Vgl. Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 11 37 Vgl. Husler, Singen, S. 28-29 20 Beim Singen sollte nun das gezielte Einsetzen der Atmung und eine Sensibilisierung des aktiven Ein- und Ausatmens gefördert werden.38 4.3 Tonerzeugung Die Tonerzeugung findet im Kehlkopf statt, der aus folgenden Komponenten besteht: Stimmlippen, Knorpelgerüst, Kehlkopfmuskulatur und Nervenversorgung. Die Entstehung eines Tons erfolgt durch die Schwingung der beiden Stimmfalten. Das Knorpelgerüst setzt sich aus dem Schildknorpel, dem Ringknorpel, dem Stellknorpel und dem Kehldeckel zusammen, die miteinander verbunden sind. Der Schildknorpel wir auch als sogenannter Adamsapfel, der sich vor allem bei Männern gut ertasten lässt, bezeichnet und ist der größte Knorpel des Kehlkopfs. Unter dem Schildknorpel liegt der Ringknorpel, gegen den sich der Schildknorpel kippen lässt. Direkt hinter dem Ringknorpel befindet sich der Stellknorpel, an welchem die Stimmfalten ansetzen. Der Kehldeckel, der ebenfalls mit dem Schildknorpel verbunden ist, verschließt die Luftröhre beim Schluckvorgang. Abbildung 2: Bewegung des Schildknorpels auf dem Ringknorpel, Jantscher 2011, 40 In Abbildung 2 ist die Bewegung des Schildknorpels relativ zum Ringknorpel zu sehen.39 Die gesamten Muskeln, die den Kehlkopf mit all seinen Komponenten in ihrer Position halten, dienen als Heber und Senker des Kehlkopfes und können ihn in eine bestimmte Lage bringen. Beim Gähnen senkt sich der Kehlkopf und er wird geweitet. Beim Heben 38 Vgl. Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 11-13 39 Vgl. Jantscher, Das „A“ und „U“ des Singens, S. 39-41 21 hingegen kommt es zu einer Verengung desselben. 40 Diese sogenannte Einhängemuskulatur wird vom Menschen heute nicht mehr gebraucht und ist zum Teil inaktiv. Es ist beim Singen nun umso wichtiger diese Einhängemuskulatur zu verwenden, da diese die optimale Spannung, Dehnung und Position der Stimmlippen fördert.41 Die Stimmfalten lassen sich in drei Schichten teilen: Stimmbänder, Stimmritze und Stimmfaltenmuskulatur (Stimmlippen). Der muskuläre Kern des Kehlkopfs bildet die Stimmfaltenmuskulatur, der aus zwei Muskelpaaren besteht, die unabhängig von einander aktiviert werden können. Sie werden auch als Stimmlippen bezeichnet. Diese können durch den Stellknorpel zueinander oder voneinander weg bewegt werden, sodass beim Auseinandergehen eine dreieckige Öffnung entsteht. Bei der Annäherung hingegen bleibt eine Ritze bestehen, die Stimmritze genannt wird. In dieser Position sind die Stimmlippen zu einer sehnigen Kante geformt, die unter dem Begriff Stimmbänder bekannt sind. Für die Tonerzeugung spielt die Ausatmung eine wesentliche Rolle. Beim Ausfließen des Luftstroms werden bei der Tonerzeugung die aneinander liegenden Stimmlippen auseinander gedrängt. Dies führt zu einer Verringerung des subglottischen Drucks, der es ermöglicht, dass die Stimmlippen aufgrund ihrer Eigenelastizität wieder zusammenschlagen. Durch das Nachströmen der Luft nimmt der subglottische Druck wieder zu und lässt die Stimmlippen wieder aufschlagen. Dieser Vorgang des Auf- und Zuschlagens der Stimmritze wiederholt sich beim Singen in periodischen Abständen. Die Anzahl der Schwingungen pro Sekunde definiert die Tonhöhe. Im Kehlraum findet nun eine stetige Luftverdichtung und Luftverdünnung statt, die sich auf das Atemsystem auswirkt.42 Diese Schwingung können variiert werden und wirken sich somit auf Tonhöhe, Tonstärke und Klangfarbe aus. Im Hinblick auf die Tonhöhe ist vor allem die Länge und Dehnung der Stimmlippen zu beachten, was mit dem Kippen des Schildknorpels gegen den Ringknorpel zusammen hängt. Umso kürzer eine Stimmlippe ist, umso höher sind die Töne, die damit erzeugt 40 Vgl. Jantscher, Das „A“ und „U“ des Singens, S. 43 41 Vgl. Husler, Singen, S. 49 42 Vgl. Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 13–18 22 werden. Allerdings haben Untersuchungen gezeigt, dass gedehnte Stimmlippen höhere Töne produzieren. Es lässt sich nun feststellen, dass die Tonhöhe nicht nur von der Länge, sondern auch von der Dehnung abhängig ist. Ein weiterer Faktor, der die Tonhöhe beeinflusst, ist die schwingende Masse, die durch die Stimmlippenmuskulatur zum Schwingen gebracht werden kann. Bei gleicher Dehnung ergibt eine größere Masse tiefere Töne. Darüber hinaus beeinflusst die schwingende Masse neben den Tonhöhen die Lautstärke sowie die Klangfarbe eines Tons, wodurch die verschiedenen Stimmregister entstehen. 43 Dabei sind folgende Unterscheidungen zu machen: Brustregister, Kopfregister, Mittelregister, Falsettregister und Pfeifregister. Das Brustregister zeichnet sich durch die dunkle Färbung sowie seine Stärke und Fülle aus, die durch das Schwingen der gesamten Stimmlippen entstehen. Es befindet sich in der eingestrichenen Oktave und wird von Kindern oft bis zur zweigestrichenen Oktave verwendet, was zu einer Schädigung durch Überdehnung der Stimmlippen führen kann. Die Stimme erhält dadurch einen gepressten und harten Klang. Beim Kopfregister liegen die Stimmlippen gedehnt, aber kaum gespannt nebeneinander und es bewegen sich fast nur die Ränder der Stimmlippen, deshalb erscheint hier immer wieder auch der Begriff Randstimme. Neben ihrer Helligkeit und Weichheit zeichnet sich das Kopfregister im Besonderen dadurch aus, dass sie im gesamten Tonumfang der Stimme verwendet werden kann. Wenn die Stimmlippen beim Singen nur zum Teil gespannt sind, handelt es sich um das Mittelregister. Je nach Anspannung ist der Anteil der schwingenden Masse größer oder kleiner. Das Mittelregister zeichnet sich durch seinen unbegrenzten Tonumfang und durch den schlanken, hellen und metallischen Klang der Stimme aus. Das Falsettregister bezieht sich rein auf die Männerstimme, deren weicher, fast femininer Klang charakteristisch dafür ist. Im Gegensatz dazu stellt das Pfeifregister ein Phänomen der Frauen- und Kinderstimme dar. Hierbei werden die Stimmlippen durch die starke Dehnung kaum in Schwingung versetzt. Zusätzlich bleibt ein Spalt offen, der zu Luftverwirbelungen führt, vergleichbar mit jenen, die beim Lippenpfeifen entstehen. Der Stimmumfang des Pfeifregisters reicht bis in die dreigestrichene Oktave. Die 43 Vgl. Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 18 23 Stimme klingt dabei schlank und dünn und ist zudem nicht mit anderen Frauen- und Kinderstimmen mischbar.44 4.4 Tonverstärkungssystem Die Schwingung der Stimmlippen breitet sich im gesamten Atemsystem aus. Die sich im Körper befindenden Hohlräume, die mit Luft gefüllt sind, werden nun folglich zu Resonanzräumen. Dazu gehört der Kehlkopf, der Schlundraum, der Rachenraum, der Nasen- und Nasenrachenraum, der Brustraum sowie die Nasennebenhöhlen und die Mundhöhle. Des Weiteren schwingen auch die Knochen mit. Sie werden als Resonanzkörper bezeichnet. Hinsichtlich der Größe der Resonanzräume und Resonanzkörper kann der menschliche Körper in vier Etagen gegliedert werden. Die Brustresonanz ist die Grundlage der Stimme. Weichheit und Fülle erhält die Stimme durch die Resonanz der Mundhöhle. An Helligkeit und Glanz hingegen gewinnt die Stimme durch die Resonanz des Nasen- und Nasenrachenraums. Die Nasennebenhöhlen sorgen für eine tragfähige Stimme und einen metallischen Klang. Umso größer ein Resonanzraum, ist umso dunkler ist generell die Klangfarbe der Stimme. Die vielfältigen Transformationsmöglichkeiten des Mundraums machen diesen Resonanzraum so speziell. Durch die Stellung des Unterkiefers, der Zunge, der Lippen und des Gaumens lässt sich die Form und Größe des Mundraums verändern, was sich auf die Resonanzfähigkeit auswirkt. Je nach Position dieser Artikulationsinstrumente werden unterschiedliche Klänge und Geräusche produziert. Im Hinblick auf die Erzeugung von Vokalen und Konsonanten spielt dies eine zentrale Rolle.45 4.5 Kinder- und Jugendstimme Auf der anatomischen und physiologischen Ebene gibt es keinen Unterschied zwischen einer Kinder- und Erwachsenenstimme. Sie haben denselben Aufbau und funktionieren auf dieselbe Art und Weise.46 Ein Unterschied lässt sich in der Größe des Ansatzrohres und des Kehlkopfs feststellen, der sich in der Zeit der Pubertät verändert und durch die 44 Vgl. Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 18–20 45 Vgl. Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 20-23 46 Vgl. Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 11 24 Hormone an Größe zunimmt. Dies hat zur Folge, dass die sich im Kehlkopf befindenden Stimmlippen im Vergleich zu einem Erwachsenen kürzer sind. Darüber hinaus muss zwischen einer Mädchenstimme und einer Knabenstimme differenziert werden, da der Längenzuwachs während der Entwicklung bei Knaben wesentlich größer ist als bei Mädchen.47 Zusätzlich darf das Verhältnis der Körpergröße zwischen Kopf und Rumpf, welches die Klangfarbe und die Registerstruktur einer Stimme prägt, nicht außer acht gelassen werden. Bei einem Erwachsenen liegt das Größenverhältnis zwischen 1:5 und 1:7 im Gegensatz zu einem Kleinkind mit einem Verhältnis von 1:1. Hier geht es vor allem um die damit verbundenen Resonanzräume, die sich auf die Klangfarbe eines Menschen auswirken. Die Kinderstimme zeichnet sich in den meisten Fällen durch ihre Helligkeit aus, die auf das Verhältnis von Brust- und Kopfraum zurück zuführen ist. Bei einem Kind dominiert der Kopfraum im Gegensatz zum Brustraum. Daraus entsteht ein schwebender, leichter Klang, den wir als Kinderstimme bezeichnen. Die Register einer Kinderstimme vor der Mutation sind gleichzusetzen mit jenen einer Frauenstimme. Die Stimmlippen sind kürzer und schlanker und der Kehlkopf noch kleiner, wodurch die Stimmregister einer weiblichen Erwachsenenstimme gleich sind. Aufgrund der größeren Kopfresonanz bei Erwachsenen klingt das Brustregister einer Kinderstimme wie das Mittelregister einer Frauenstimme. Dieser Eindruck führt vermehrt dazu, dass Kinder das Brustregister bis zur oberen Hälfte der eingestrichenen Oktave verwenden, was zu einer Schädigung der Stimmlippen führen kann.48 4.6 Tonumfang der Kinderstimme vor der Mutation Bei der Verwendung des Begriffs der Kinderstimme ist an dieser Stelle anzumerken, dass es sich dabei um eine Bezeichnung handelt, die der ständigen Veränderung unterliegt. Der Zeitraum eines Kindes bis hin zur Mutation beinhaltet zahlreiche Wachstumsstufen, die sich zeitlich nicht genau eingrenzen lassen.49 Nach einer Untersuchung von Karl Hartlieb aus dem Jahr 1957 -die Stimme von 1300 Volksschülern/innen betreffend, beträgt der Tonumfang einer Kinderstimme unabhängig 47 Vgl. Jantscher, Das „A“ und „U“ des Singens, S. 29 48 Vgl. Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 23–25 49 Vgl. Nitsche, Die Pflege der Kinder – und Jugenstimme, S. 11–12 25 vom Alter ungefähr 2 Oktaven. Die untere Grenze bildet demnach das kleine g; die obere das g''. Weitere Überlegungen und Analysen betreffend zum Umfang einer Kinderstimme zeigen, dass die Schwierigkeit in der Beeinflussbarkeit der Entwicklung des Körpers während der Kindheit liegt. Damit ist die Verwendung einzelner Muskelpartien gemeint, die bei mangelnder oder falscher Benutzung zu einer Verspannung führen kann und dadurch den Stimmapparat beeinträchtigt.50 Im Allgemeinen ist anzumerken, dass die in der Literatur bezeichnete Kinderoktave im Alter von sieben Jahren zwischen dem f' und dem f'' liegt und sich während der Entwicklung bis zur Mutation verschiebt. Zwar werden Töne, die sich außerhalb dieses Bereichs befinden ohne Mühe von Kindern gesungen, jedoch muss man die Qualität dieser Töne als weniger tragfähig bezeichnen und kann nicht dieselbe Fülle im Klang feststellen. Im Laufe der Entwicklung zeigt sich ein Unterschied im Tonumfang der Mädchen- und der Knabenstimme. Während sich die von den Knaben im Alter von 11 – 12 Jahren präferierte Stimmlage nach unten bewegt, bewegt sich jene der Mädchen nach oben. Dies hängt vor allem auch mit der Abneigung der Knaben gegenüber hohen Tonlagen zusammen. Denn durch die Nichtbenutzung des obersten Teils des verfügbaren Tonumfangs entwickelt sich dieser zurück.51 Nach Mohr (1997) lässt sich nun folgende Einteilung des Stimmumfangs der Kinderstimme treffen: • Säugling bis Kleinkind: g' - c'' • Kindergartenkind: f' - e'' • Grundschulkind: c' - f'' (c''') • Schulkind: a – a'' (c'''')52 Diese Struktur geht von einem Tonumfang vom kleinen g bis zum c'''' aus und zeigt die für die Kinderstimme geeignete Lage. 4.7 Mutation Mutation abgeleitet von dem lat. Wort mutare – verwandeln, bezeichnet, die Veränderung des kindlichen Körpers im Zuge des Heranwachsens. Dieser Vorgang wird 50 Vgl. Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 25-27 51 Vgl. Nitsche, Die Pflege der Kinder– und Jugendstimme, S. 12–14 52 Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 28 26 ausgelöst durch die Produktion von Geschlechtshormonen, die nicht notwendiger weise mit dem Beginn der Pubertät zusammenfallen muss. Diese Mutation betrifft neben dem primären Geschlechtsmerkmal auch die sekundären Geschlechtsmerkmale wie die Stimme. Beim Übergang von einem Wachstumsstadium der Kinderstimme in das nächste unterliegt die Tonproduktion vor allem bei Knaben großen Veränderungen. Bei Mädchen macht sich die Mutation in den meisten Fällen kaum bemerkbar. Die körperliche Transformation bewirkt aber eine Erweiterung der Resonanzräume und es kann zwischenzeitliche Heiserkeit auftreten. Dadurch klingt die Stimme körperbetonter und dunkler. Ein nachweislicher Einfluss der Mutation auf den Tonumfang der Mädchenstimme konnte allerdings nicht fest gestellt werden.53 Die Mutation bei Knaben wirkt sich wesentlich stärker auf die Stimme aus, als das bei Mädchen der Fall ist, was auf die Veränderung der Stimmlippenlänge zurückzuführen ist. Während sich die Stimmlippenlänge bei Mädchen nur um zwei bis vier Millimeter vergrößert, sind es bei den Knaben fünf bis acht Millimeter. Dieser Prozess lässt sich in die drei Perioden der Praemutation, der Mutation und der Postmutation unterteilen. Die Praemutation dauert meist ½ Jahr und lässt sich an den den brüchigen Tönen im oberen Bereich des Tonumfangs fest stellen. Die Dauer der Mutation lässt sich schwer eingrenzen. Sie kann zwischen sechs Wochen bis hin zu zwei Jahren anhalten. Die Folgen der Veränderungen im Bereich des Kehlkopfs, der Stimmlippen und der damit verbundenen Muskulatur reicht vom Verlust an Tonhöhe über ein Überschlagen der Stimme bis hin zum Tonausfall. Während der Mutation erreicht der Stimmumfang meist nur noch eine Sext bis Septim. Wenn die körperlichen Veränderungen abgeschlossen sind, benötigt die Stimme Zeit, um sich zu stabilisieren. In der Zeit der Postmutation gewinnt die Stimme wieder an Umfang und verliert gleichzeitig ihre Rauheit. Die Knabenstimme oberhalb der Männerstimme bleibt erhalten und wandelt sich klanglich ins Falsettregister. Diese Periode dauert ca. zwei bis vier Jahre.54 Die landläufige Meinung, dass während der Mutation auf das Singen verzichtet werden soll, ist abzulehnen, da sich die Muskulatur dadurch abzubauen beginnt und immer mehr verkümmert. Allerdings ist während der Mutation besonders darauf zu achten, 53 Vgl. Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 28–29 54 Vgl. Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 29-31 27 dass die Stimme nicht allzu sehr beansprucht wird. Die Stimmfähigkeit sollte laufend beobachtet werden. Die ersten Schritte nach der Postmutation erfordern besondere Aufmerksamkeit, da der Sänger sich zunächst an das neu gewonnene Stimmmaterial gewöhnen und lernen muss, wie er damit richtig umgeht. Wird dieser Umstand nicht beachtet, führt dies zu einer sogenannten unvollständigen Mutation und es können Knödel auf den Stimmlippen und kehliges Singen die Folge sein.55 Daraus lässt sich erschließen, dass eine auf die Knaben abgestimmte Liedauswahl von nöten ist, um mögliche Schäden in der späteren Erwachsenenstimme vorzubeugen. 55 Vgl. Hofbauer, Praxis der chorischen Stimmbildung, S. 95–96 28 5 5.1 Stimmtraining Allgemein Laut Lehrplan ist das vokale Musizieren ein wesentlicher Bestandteil des Musikunterrichts und sollte regelmäßig ausgeführt werden. Um die Stimme zu fördern muss sie dementsprechend trainiert und gepflegt werden, sodass sich dieses Instrument gesund entwickeln kann. Dies ist jedoch gerade in der Pubertät mit der damit einhergehenden und verschiedenartig ausgeprägten Mutation oft ein Problem. Deshalb ist es umso wichtiger, dass Lehrpersonen ein umfassendes Wissen über den Aufbau der Stimme und deren Funktion verfügen. Dieses Wissen reicht allerdings nicht aus, wenn sich die Lehrperson der Notwendigkeit eines Stimmtrainings nicht im Klaren ist. Die Stimme besteht aus dem Zusammenspiel einzelner Muskeln, die wie beim Sport aufgewärmt werden müssen, bevor sie zur Erreichung von Spitzenleistungen verwendet werden können. Sportlehrer/innen sind sich im Gegensatz zu vielen Musiklehrerinnen und Musiklehrern der Folgen bewusst, die ein unaufgewärmter Körper in der Turnstunde haben kann. Die höhere Verletzungsgefahr, die dabei herrscht, gilt genauso für die Stimme. Wenn der Stimmapparat nicht aufgewärmt wird, kann dieser verletzt und beschädigt werden. Es kann Heiserkeit auftreten, bis hin zur Entstehung von Knoten auf den Stimmbändern.56 Nach Mohr (1997) setzt sich optimales Stimmtraining aus folgenden Komponenten zusammen: Körper, Atmung und Stimme Beim Singen sind alle diese Komponenten miteinander vernetzt und können unabhängig voneinander nicht funktionieren. Diese Tatsache führt dazu, dass jede einzelne Komponente für sich betrachtet werden muss, um nachher als Ganzes funktionieren zu können. An dieser Stelle muss noch erwähnt werden, dass unter dem Begriff Körper auch die Haltung gemeint ist und bei der Stimme die Sprechstimme dazu gehört. In den folgenden Kapiteln werden Übungen zu den jeweils beschriebenen Komponenten 56 Vgl. Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 88-89 29 angegeben. Angeregt durch die Teilnahme an den Kursen Fachdidaktik, Chor, Kinderund Jugendstimmbildung und Gesang bei den Professoren Gerhard Wanker, Johannes Prinz, Franz Herzog und Ulrike Finder habe ich eigene Übungen bezüglich des Stimmtrainings entwickelt, die ich in diesem Teil der Arbeit vorstelle. 5.2 Körper Eine große Anzahl der Schüler/innen nehmen im Laufe der Schulzeit eine Fehlhaltung ein, die durch das lange Sitzen in der Schulbank entsteht. Dies führt zu Verspannungen im ganzen Körper, die sich negativ auf die Haltung, die Bewegung, die Atmung und den Gesichtsausdruck auswirken und auf diese Weise das gesunde Singen blockieren. Dem gilt es durch gezielte Lockerungsübungen entgegenzuwirken, was viel Aufmerksamkeit von der jeweiligen Lehrperson verlangt. Der Mensch neigt zu einer kollabierten Haltung, bei der die Halswirbelsäule und der Brustkasten absinken, die Schultern nach vorne fallen, sodass der Schwerpunkt des Oberkörpers in der Körpermitte liegt. Dadurch kippen in weiterer Folge das Becken und die Bauchorgane nach vorne. Die Muskeln werden nicht richtig beansprucht, die Wirbelsäule verliert an Elastizität und es kommt dadurch zu einer Fehlhaltung. 57 Diese Abbildung veranschaulicht die natürliche (rechts im Bild) zur kollabierten Haltung. Abbildung 3: Natürliche und kollabierte Haltung, Hofbauer 1978, 11 Um eine natürliche Haltung bei den Schüler/innen zu erreichen, ist es von nöten, regelmäßige Übungen für den Nackenbereich, den Oberkörper, die Arme, die Beine und 57 Vgl. Hofbauer, Praxis der chorischen Stimmbildung, S. 9–13 30 die Wirbelsäule durchzuführen. Um beim Singen eine optimale Haltung der Schüler/innen zu gewährleisten, müssen Lehrpersonen dazu angehalten werden, die Schüler/innen auch während des Singens zu korrigieren. Die Anweisungen bezüglich der Haltung sollen klar und kurz formuliert werden um die Schüler/innen nicht zu verunsichern, was zu Verkrampfungen führen kann. Die Vorbildfunktion und das Vorzeigen durch die Lehrperson ist an dieser Stelle gefragt. Bei der Durchführung der Übungen sollte darauf geachtet werden, dass jede/r SchülerIn genügend Platz hat sich zu bewegen. Zusätzlich ist auf frische Luft durch regelmäßiges Lüften zu achten.58 „Der Atem hat die Bewegung zu tragen!“ (Hofbauer 1978, 13), deshalb bei der Anspannung einatmen und beim Abspannen ausatmen. Im folgenden Abschnitt werden drei Lockerungsübungen für den Körper beschrieben. Übung 1: Aufrecht stehen. Die Beine stehen hüftbreit nebeneinander. Die Hände in die Flanken stützen und langsam beginnen den Oberkörper mit dem Kopf nach rechts zu drehen. Dort ein paar Sekunden bleiben, dann in die Mitte zurück und den Vorgang nach links wiederholen. Dann wieder zurück in die Mitte kommen. Den Oberkörper nun vorsichtig nach unten fallen lassen und versuchen mit den Fingern bzw. Handflächen den Boden zu berühren. Dann langsam wieder hochkommen und das ganze 2 – 3 Mal wiederholen. Mit dieser Übung wird der Oberkörper sowie die Nackenmuskulatur gedehnt und gelockert. Beim Aufrichten des Oberkörpers ist darauf zu achten, dass der Kopf locker nach unten hängt. Übung 2: Mit dem Rücken auf den Boden legen. Die Arme liegen seitlich neben dem Körper. Die Beine anwinkeln, die Beine anheben und dann diese kreisen, als ob man in der Luft Fahrrad fahren würde. Diese Bewegung 10 Mal wiederholen, die Beine angewinkelt auf den Boden zurückstellen und wiederholen. Durch diese Übung wird die Bauch- und Beinmuskulatur aktiviert. Bei der 58 Vgl. Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 99 31 Durchführung dieser Übung muss der gesamte Rücken mit dem Boden in Berührung sein. Übung 3: Aufrechte Sitzhaltung und den Oberkörper beim Ausatmen über die Beine nach vor fallen lassen. Beim Einatmen langsam jeden Wirbelkörper aufrichten und spüren, bis der Kopf in der Ausgangsposition ist. In der Vorstellung bleiben, dass sich der Oberkörper noch mehr in die Länge zieht. Diese Übung dient der Lockerung des Oberkörpers, der Nackenmuskulatur und der Arme. Das Aufrichten des Oberkörpers muss in Zeitlupe ablaufen und es sollte darauf geachtet werden, dass kein Hohlkreuz entsteht. Es ist auch möglich Übungen für den Körper in Vorstellungen und Bilder für Kinder -und Jugendliche zu verpacken, um ihnen dadurch eine spielerische Note zu geben. Dazu drei weitere Beispiele: Äpfel vom Baum holen Auf dem Baum sind ganz große schöne rote Äpfel, die gepflückt werden. Abwechselnd die Arme ganz weit nach oben strecken und mit beiden Beinen am Boden bleiben. Ein Apfel wird gepflückt und mit großem Genuss gegessen. Bei dieser Übung wird der gesamte Körper gedehnt. Dazu kommt die Kaubewegung, die den Kiefer lockert. Boxkampf Der Boxkampf beginnt gleich. Im Stand laufen, die Fäuste ballen und sich den Gegner vorstellen. Mit den Fäusten in die Luft schlagen und dabei Luft ausstoßen. Nach fünf Schlägen stoppt die Bewegung, die Arme fallen lassen, das Laufen wird langsamer und die Arme und Beine werden ausgeschüttelt. Die An- und Abspannung des gesamten Körpers garantiert die Aufwärmung und Lockerung des Körpers. 32 Wind Zu Beginn weht ein langsamer Wind, der immer stärker wird. Mit beiden Beinen hüftbreit am Boden stehen. Der Oberkörper, die Arme, die Beine und der Kopf bewegen sich zunächst langsam. Die Bewegungen werden mit der Zunahme des Windes immer größer, bis sich der Sturm wieder beruhigt hat. Der gesamte Körper wird bei der Durchführung dieser Übung gelockert und entspannt. 5.3 Atmung Die Atmung ist die Urfunktion des Körpers und erfolgt von selbst. Sie wird gesteuert vom Zwerchfell, der die Brust- von der Bauchhöhle trennt. Beim Einatmen bewegt sich dieser Muskel nach unten und beim Ausatmen nach oben.59 Dieser Vorgang erfolgt am besten in liegender Position, denn im Liegen verläuft der automatische Atemvorgang richtig. Durch das Aufrichten des Körpers können Probleme im Bereich der Zwerchfellatmung entstehen, die beim Singen zu Schwierigkeiten führen können. Umso wichtiger ist es, beim Singen die im Liegen beobachteten Bewegungsabläufe wieder herzustellen.60 Dafür ist zunächst die Haltung von Bedeutung, wie bereits im vorhergehenden Kapitel erwähnt wurde. Im Idealfall erfolgen die Übungen zur Atmung in der natürlichen Haltung, sodass das Körpergewicht gleichmäßig auf beide Beine verteilt ist und keine kollabierte Haltung entsteht. 61 Bei der Zwerchfellatmung ist die Ausatmungsphase länger als bei der Normalatmung. Dies erfordert eine spezielle Technik, die durch Training der Zwerchfellmuskulatur erlangt werden kann. Es gibt laut Mohr drei Arten, die zu einer Aktivierung der Zwechfellmuskulatur führen können: die reflektorische Einatmung, die Suggestion und die Zwerchfellprovokation. Bei der reflektorischen Einatmung wird durch das natürliche Abspannen des Zwerchfells ein Lufthunger erzeugt, sodass automatisch Luft einströmt. Mit Hilfe von Bildern und Vorstellungen wie Gähnen oder Seufzen wird das Zwerchfell aktiviert und der Kehlkopf automatisch gesenkt. Im Falle der Zwerchfellprovokation wird die Bauchmuskulatur durch das ruckartige und kurze Ausatmen aktiviert, wie 59 Vgl. Hofbauer, Praxis der chorischen Stimmbildung, S. 29 60 Vgl. Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 111 61 Vgl. Nitsche, Die Pflege der Kinder-und Jugendstimme, S. 34 33 beispielsweise bei der Artikulation von Explosivkonsonanten und es entsteht eine Zwerchfellgegenbewegung.62 Mit Hilfe dieser Impulse zur Aktivierung der Zwerchfellmuskulatur können die Schüler/innen ihren eigenen Atmungsvorgang beobachten und spüren. Dazu folgende Übungen zur Atmung: Bei der Durchführung aller Übungen, egal ob im Stehen oder im Liegen, ist auf eine natürliche Haltung zu achten. Übung 1: Auf den Konsonanten „f“ kraftvoll ausatmen. Dann den Mund leicht öffnen, den Kiefer nach unten fallen lassen und die Luft einströmen lassen. Diesen Vorgang mehrere Male wiederholen. Beim Ausatmen der Luft darf der Brustkorb nicht zusammenfallen, sondern muss sich ein wenig nach oben bewegen. Zur Hilfe können beide Hände in die Flanken gestützt werden, sodass die Atmung genau beobachtet werden kann.63 Übung 2: Gerade stehen und den Oberkörper nach vorne fallen lassen. Langsam ein und ausatmen, sodass sich die Flanken weiten. Zur Kontrolle die Hände an die Flanken legen. Bei der dritten Wiederholung langsam in die aufrechte Haltung zurück kehren und den Atem beibehalten. Bei dieser Übung sollten Kopf und Arme möglichst locker sein, sodass dieser Atemvorgang richtig ausgeführt werden kann. Übung 3: Die Explosivlaute „p-t-k“ in schneller Abfolge artikulieren. Nach jedem Laut entsteht ein Impuls, der es ermöglicht, dass Luft automatisch einströmt. Diese Übung für die reflektorische Einatmung kann durch andere Konsonanten wie „s“ 62 Vgl. Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 78–79 63 Vgl. Hofbauer, Praxis der chorischen Stimmbildung, S. 32-33 34 „sch“ „f“ oder „s“ erweitert werden. Die Laute sollten nicht mit Gewalt artikuliert werden, sondern locker, sodass keine Belastung für den Kehlkopf entsteht. Alle diese Übungen können passend für Kinder -und Jugendliche in Vorstellungen und Bilder eingebettet werden, um die Lockerheit und das Spielerische zu fördern. Gleichzeitig sind diese Übungen jeweils mit den Lockerungsübungen des Körpers in Verbindung zu bringen. Summende Biene Das Summen einer Biene auf dem stimmhaften Konsonanten „s“. Dabei im Raum herumgehen, die Bewegungen einer Biene nachahmen und langsam ausatmen. Bei dieser Übung aktivieren die Bewegungen den gesamten Körper, insbesondere die Arme, die Beine und die Nackenmuskulatur. Darüber hinaus wird die Zwerchfellmuskulatur durch das langsame Ausatmen trainiert. Die Luft strömt impulsartig ohne Anstrengung in den Körper ein. Sonntagsessen Die Mutter kocht am Sonntag ein super leckeres Gericht. Der Geruch steigt in die Nase und auf dem stimmhaften Konsonanten „m“ ausatmen. Durch die Ausführung dieser Übung weiten sich die Nasenflügel, das Unterkiefer ist locker und der Atem strömt in die Körpermitte. Der Summton kann dafür beliebig gewählt werden und die Stimme wird ohne Anstrengung betätigt. Der Zug fährt los Einen Zug bilden (Schüler/innen stellen sich hintereinander auf und greifen sich an die Schultern). Der Zug fährt los mit folgenden abwechselnden Geräuschen „s, sch, s, sch“ im Raum herumgehen und das Tempo steigern. Der Zug gibt das Signal „tu u u“ ab. Dabei die rechte Hand hinaufgeben, als ob oben an einem Seil gezogen wird. Nach dem Signal kommt wieder das Zuggeräusch. Er wird langsamer, bis er im Bahnhof anhält und bei der Ankunft noch das Signal „tu u u“ abgibt (die rechte Hand wieder nach oben geben). 35 Bei dieser Übung sollte bei den Konsonanten auf eine genaue Aussprache geachtet werden, sodass eine Provokation der Zwerchfellmuskulatur erreicht wird. Der gesamte Körper kommt dabei in Bewegung und wird dadurch gelockert und aufgewärmt. 5.4 Stimme Im besten Falle erfolgt die Stimmbildung im Einzelunterricht. Dies ist im Regelfall in den Schulen nicht möglich, da eine Klasse meist aus 15 – 30 Personen besteht. Daher ist es zu Beginn notwendig die Klasse in Gruppen zu teilen, mit dem Ziel herauszufinden, welche Schüler/innen welches Training benötigen. Auf diese Weise lassen sich Defizite leichter feststellen und lösen.64 Es sollten folgende Punkte beim Training der Stimme berücksichtigt werden: • richtige Haltung, • aufgewärmter und gelockerter Körper, • frische Luft im Klassenraum. Bevor mit der Stimmbildung begonnen wird, ist es von Bedeutung, bereits Übungen zu diesen Punkten durchgeführt zu haben, um die Stimmqualität und Steigerungsfähigkeit der Schüler/innen zu fördern. Wenn die Zeit dafür nicht ausreicht, gibt es zudem die Möglichkeit, Übungen für Körper und Atmung in Verbindung mit Liedern zu bringen. Dazu mehr im folgenden Kapitel 7. Liedbezogenes Stimmtraining. Bei den Übungen zur Stimmbildung sollte darauf geachtet werden, dass die Übungen zu Beginn der Einheit für die Schüler/innen leicht zu merken sind, da ansonsten Verspannungen durch Unsicherheit entstehen können. Darüber hinaus ist eine passende Stimmlage zu wählen, die sich meist in der Mittellage befindet. Von dort aus können die Grenzen nach oben und nach unten ausgelotet werden, sodass ein guter Start gelingen kann.65 Die stimmbildnerischen Maßnahmen sollten sich nicht alleine auf einen Aspekt beschränken, sondern immer wieder verschiedene Schwierigkeiten ansprechen und dadurch sollte variabel und vielfältig trainiert werden. Es gibt eine breite Palette an Parametern, die zur Entwicklung einer gesunden Stimme beitragen können. Daraus ergibt sich folgende Aufteilung der Stimmbildung in: 64 Vgl. Hofbauer, Praxis der chorischen Stimmbildung, S. 63 65 Vgl. Hofbauer, Praxis der chorischen Stimmbildung, S. 63 36 Lockerung der Stimmwerkzeuge, Stimmeinsatz, Resonanzräume, Vokalausgleich, Stimmumfang und Artikulation. Diese Auswahl erfolgt nach dem von Mohr veröffentlichten Handbuch der Kinderstimmbildung . Die Stimmwerkzeuge, die beim Singen locker sein müssen, sind die Zunge, die Lippe, das Unterkiefer und der Kehlkopf.66 Die Stellung des Kehlkopfes beeinflusst die Größe des Ansatzrohres. Um die Klangqualität zu steigern, ist beim Singen auf die Senkung des Kehlkopfes zu achten, da ansonsten gepresste Töne entstehen, die sich negativ auf den Klang der Stimme auswirken. Der Unterkiefer sollte locker nach unten fallen und während des Singens auf keinen Fall nach vorne geschoben werden. Dabei liegt die Zunge locker im Mundraum und die Lippen sind nicht angespannt. Die Stimmwerkzeuge können nur locker und entspannt sein, wenn die Haltung und die damit verbundene richtige Zwerchfellatmung stimmt.67 Für einen optimalen weichen Stimmeinsatz leistet die Kehle keinen Widerstand gegen die ausströmende Luft und so vollzieht sich der Stimmeinsatz beinahe geräuschlos. Der Fehler liegt meist in einem verhauchten oder zu harten Einsatz der Stimme, der das Organ mit der Zeit schädigt. Entweder entweicht durch die auseinanderklaffenden Stimmlippen zu viel Luft, oder aber die Stimmlippen sind so aneinandergepresst, dass die Luft unterhalb angestaut wird und die Stimmlippen explosiv aufgehen (Glottisschlag). Der Ton muss stattdessen mit dem Atem fließen ohne hauchig oder mit einem Glottisschlag zu beginnen.68 Für die Erweiterung der Klangfarbe und der Tonqualität ist die Erschließung der Resonanzräume des Körpers von nöten. Es ist dabei die Kopfresonanz von der Brustresonanz zu unterscheiden. Die Brustresonanz geschieht im Brustraum bis zum Kehlkopf. Vom Kehlkopf weg bis hin zur Stirn findet die Kopfresonanz statt. Die Kopfresonanz lässt sich in zwei weitere Teile gliedern: die Kuppel und die Maske. Die Kuppel besteht aus den hinteren Resonanzräumen, dem Hinterkopf. Die Maske hingegen, der vordere Sitz, setzt sich aus Mund- und Augenhöhlen, Stirn und 66 Vgl. Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 90–92 67 Vgl. Husler, Singen, S. 135–137 68 Vgl. Husler, Singen, S. 108–109 37 Nasenraum zusammen. Die Mischung aus beiden Resonanzräumen ergibt eine optimale Tonqualität.69 Das Ziel des Vokalausgleiches liegt beim Singen der Vokale „a – e – i – o – u“ darin, die Klangfarbe nicht zu verändern, sodass der Brustraum sowie der Kopfraum gleichermaßen geöffnet ist.70 Die Vokale werden durch die Stellung der Zunge im Mundraum gebildet und jeder hat seine Eigenheit. Beim „i“ steht die Zunge am höchsten und beim „u“ am tiefsten, sodass die Kehle ganz unten ist. Die Bildung des Vokals „a“ erfolgt durch die vollständige Schließung der Stimmritze und durch die Senkung des Kehldeckels. Die restlichen Vokale werden aus der Kombination der bereits genannten Vokale „u, i und a“ gebildet.71 Bei der Erweiterung des Stimmumfanges ist das Training für die Tiefe und die Höhe zu forcieren und die damit verbundene Voll– und Randstimmenfunktion. Bei der Vollstimme schwingt die gesamte Masse der Stimmfalten mit und bei der Randstimme sind nur die Ränder der Stimmfalten an der Schwingung beteiligt. Eine gesunde Kinderund Jugendstimme schafft den nahtlosen Übergang von der Vollstimme zur Randstimme ohne dass ein Bruch hörbar ist.72 Die richtige Bildung von Vokalen und Konsonanten dienen dem/der Schüler/in bei der Tonbildung. Singen sowie Sprechen ist ein Wechselspiel von Konsonanten und Vokalen, das geübt werden muss. An der Artikulation sind die Lippen, der Unterkiefer, die Zunge und der weiche Gaumen beteiligt. Die Lippen, die Zunge und der Unterkiefer müssen stets locker sein. Durch die Artikulation darf nie eine übertriebene Spannung in der Gesichtsmuskulatur entstehen. Der weiche Gaumen schließt durch die Rachenwand den Nasenraum und verhindert somit den nasalen Klang. Die Vokale und Konsonanten dürfen nicht in der Nase positioniert sein, aber die Nasenresonanz soll trotzdem mitschwingen.73 69 70 71 72 73 Vgl. Hofbauer, Praxis der chorischen Stimmbildung, S. 45–46 Vgl. Hofbauer, Praxis der chorischen Stimmbildung, S. 57 Vgl. Husler, Singen, S. 131–134 Vgl. Nitsche, Die Pflege der Kinder– und Jugendstimme, S. 40 Vgl. Hofbauer, Praxis der chorischen Stimmbildung, S. 49–51 38 Im nächsten Abschnitt folgen zu den bereits genannten Parametern der Stimmbildung jeweils eine beispielhafte Übung. Lockerung der Stimmwerkzeuge Unterkiefer: übertriebenes Kauen Zunge: Mit der Zunge die Zähne putzen Lippen: auf „brrrrr“ die Luft ausströmen lassen Kehlkopf: „Miau“ singen. Dabei auf dem „m“ länger stehenbleiben, dann das Unterkiefer bei „iau“ fallen lassen. Die Zunge sollte sich in derselben Position wie beim Gähnen befinden. Stimmeinsatz Im Bereich des Stimmeinsatzes muss zuvor geklärt werden, welche Schülerin/welcher Schüler einen harten oder hauchigen Stimmeinsatz verwendet, um mit gezielten Übungen entgegen zu wirken. Vor allem Mädchen während der Mutation sind anfällig für verhauchte Stimmen, denen mit Hilfe von Staccatoübungen vorgebeugt werden kann.74 Verhauchter Stimmeinsatz: Abbildung 4: Übung bei einem hauchigen Stimmeinsatz, Wanker/Cronenberg 1990, 54 74 Vgl. Prasser-Schwarzer, Werkzeugkoffer Stimme II, S. 10 39 Harter Stimmeinsatz: Abbildung 5: Übung bei einem harten Stimmeinsatz, Prasser-Schwarzer 2013, 11 Erschließung von Resonanzräumen Die Klinger „m“ und „n“ eignen sich besonders gut für die Erschließung der Kopfresonanz. Abbildung 6: Stimmübung für die Kopfresonanz, Wanker/Cronenberg 1990, 32 Abbildung 7: Stimmübung für die Brustresonanz, Guglhör 2006, 146 Vokalausgleich Auf einem Ton die Vokalabfolge „a – e – i – o – u“ singen. Zungenposition beobachten und auf die Klangfarbe bewusst hinhören. Steigerung: Tonleiter hinauf und hinunter auf einem Vokal singen. Dabei sollte dieselbe Klangfarbe beibehalten werden. 40 Stimmumfang Für die Höhe sind besonders schwungvolle Melodien hilfreich, da die Spitzentöne in die Melodie eingebettet sind und nicht einzeln gesungen werden.75 Übung für die Höhe: Abbildung 8: Übung für die Erweiterung des Stimmumfangs, Mohr 1978, 173 Diese Übung kann durch die Erweiterung eines gesamten Oktavraumes gesteigert werden. Übung für die Tiefe: Abbildung 9: Übung für die Tiefe, Wanker/Cronenberg 1990, 110 Bei tiefen Tönen liegt die Aufmerksamkeit auf der gleichbleibenden Lautstärke und dem Schwingen des Vordersitzes. Helle Vokale helfen die Einstellung des Vordersitzes nicht zu verlieren. Dabei sollte die Lautstärke nicht auf jene Weise gesteigert werden, dass Druck auf die Stimmorgane ausgeübt wird.76 75 Vgl. Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 173 76 Vgl. Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 86–87 41 Artikulation Zungenbrecher: Abbildung 10: Übung für die Artikulation, Mohr 1978, 147 Bei dieser Übung sollte der Text zunächst langsam gesprochen werden. Wenn das gut gelingt, dann wird der Zungenbrecher im Tempo gesungen. Es ist oft von großem Nutzen, die Stimmübungen mit körperlichen Bewegungen zu kombinieren. Zum einen kann sich Bewegung positiv auf die Stimmfunktion auswirken und zum anderen können durch Bewegungen musikalische Strukturen dargestellt werden. Darüber hinaus wird den Schüler/innen die Möglichkeit gegeben sich zu lockern, zu entspannen und sich frei zu fühlen. 77 Umso wichtiger ist es, die Übungen zum Stimmtraining dem Niveau der Schüler/innen anzupassen, damit sie einen motivierenden Charakter erhalten und das Ziel und der Zweck der Übung für die Schüler/innen ersichtlich ist.78 Die Verbindung des vokalen Musizierens mit dem Bewegungsbereich deckt sich mit den Vorstellungen und Ideen des aktuellen Lehrplans. Bei der Auswahl der verschiedenen Angebote des Stimmtrainings sollte die Lehrperson das Ziel dieser Übungen nicht aus dem Blick verlieren. Denn der Nutzen einer Übung ohne Kenntnis über Zweck und Ziel muss als fragwürdig bezeichnet werden. 5.5 Stimmtraining in der Schule Dieses Kapitel basiert auf Beobachtungen, dich ich während meiner Praktika im Unterrichtsfach Musikerziehung gemacht habe und dem Werk Vokalpädagogik von Rainer Pachner. Daraus entwickelten sich die folgenden Aspekte, die für ein erfolgreiches Stimmtraining in der Schule berücksichtigt werden sollten. 77 Vgl. Pachner, Vokalpädagogik, S. 54–55 78 Vgl. Mohr, Handbuch der Kinderstimmbildung, S. 77–78 42 Zunächst liegt es in der Hand der Lehrperson, den Schülerinnen und Schülern den Nutzen und die Notwendigkeit eines Stimmtrainings zu erklären und näherzubringen. Diese offene Darlegung des Ziels, steigert die Risikobereitschaft und die Motivation der Schüler/innen und ist daher ein wesentlicher Aspekt für ein erfolgreiches Stimmtraining. Die Hinweise, die den Zweck definieren, müssen kurz gehalten werden, sodass der Fluss der Übungen nicht dauernd unterbrochen wird. In Bezug auf Stimmtrainings, die zur Vorbereitung eines Liedes durchgeführt werden, erweist es sich als sinnvoll, diese so auszuwählen, dass damit schwierige Stellen des Liedes, wie beispielsweise weite Sprünge innerhalb eines Oktavraumes, bereits im Vorhinein geübt werden können. Es gibt einige Punkte, die beim Stimmtraining beachtet werden sollen: • Die Übungen sollten den Anforderungen von Kindern und Jugendlichen entsprechend kurz gehalten werden, sodass die Konzentration nicht nachlässt. • Die wörtlichen Anleitungen der Lehrperson müssen gut gewählt sein, um Verwirrungen und lange Pausen zu vermeiden. • Die Übungen sollten ineinander übergehen, sodass Stehphasen nicht vorkommen. Dabei muss die Kondition der Kinder und Jugendlichen sowie deren Aufmerksamkeit beobachtet werden. • Die Lehrperson sollte möglichst wenig mit den Schülerinnen und Schülern mitsingen, sodass der Höreindruck nicht verfälscht wird. • Das beispielgebende Vorsingen sollte möglichst effizient eingesetzt werden, um die Konzentration der Schüler/innen zu fördern. • Die Lehrperson ist das gesangliche Vorbild der Schüler/innen und umso wichtiger ist es, die Übungen möglichst präzise vor zumachen. Denn der Erfolg der Übungen hängt primär von der Lehrperson und nicht von den Schülerinnen und Schülern ab. Des Weiteren spielt die Wiederholung der Stimmtrainings eine zetnrale Rolle für die Entstehung einer Routine bei der Durchführung derselben. Sind die Schüler/innen den Ablauf von Stimmtrainings gewohnt, wird es für sie zu einem wesentlichen Bestandteil des Musikunterrichts. Mit Hilfe eines Stimmtrainings erhalten die Schüler/innen 43 verschiedene Werkzeuge, die sie beim Erarbeiten und Singen von Liedern anwenden können und sie unterstützen, sodass sie ihr Instrument richtig verwenden.79 79 Vgl. Pachner, Vokalpädagogik, S. 41-42 44 6 6.1 Lieder Allgemein Im Kapitel 1.1 Musikunterricht einst und heute wurde bereits über die historische Entwicklung des Musikunterrichts und des Stellenwertes des Singens berichtet. In Anbetracht der Geschichte entstanden unterschiedlichste Liedgattungen, die in ihrer Mannigfaltigkeit nicht zu überbieten sind. Um die Bedeutung eines Liedgutes im Hinblick auf die Stimme und den Musikunterricht und in weiterer Folge auch für die Kriterien bei der Analyse der Schulbücher zu verstehen, ist es von nöten, die Entwicklung des Liedes von den ersten Aufzeichnungen bis heute im Überblick nachzuzeichnen. 6.2 Entwicklung des Liedgutes Das Lied ist so alt wie die Menschheit selbst. Eines der ersten Zeugnisse stammt aus der Antike und wurde auf einem altgriechischen Grabstein auch Seikilos – Stele genannt, entdeckt.80 Das Lied ermöglicht die Verbindung von Lyrik und Musik mit Hilfe der menschlichen Stimme. Meist handelt es sich dabei um einen Text, der in mehrere Strophen gegliedert ist und nach einer bestimmten Melodie gesungen wird. Das Lied ist die älteste musikalische Ausübung und existiert in allen Sprachen und Formen. An dieser Stelle muss darauf hingewiesen werden, dass die folgende Auflistung der wichtigsten Liedgattungen nicht den Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Es werden lediglich diejenigen Liedgattungen erläutert, die zur Entwicklung des Liedes beitrugen.81 Die ersten Lieder um 400 nach Christus wurden zur Anbetung Gottes gesungen. Es sind die sogenannten liturigischen Lieder, die aus einem Sologesang mit Chorrefrain bestanden. Diese Form entwickelte sich im 11. Jahrhundert unabhängig von der Kirche weiter auf der Grundlage bestehend aus Tropus und Sequenz. Daraus entstand der allseits bekannte Minnesang, welcher von Minnesängern einstimmig vorgetragen wurde. Es war eine weltliche Musik, deren Inhalte sich zunächst auf die Liebe 80 Vgl. Seikilos – Stele, http://www.enzyklo.de/Begriff/Seikilos-Stele (30.05.2015) 81 Vgl. Stephan, Musik, S. 166 45 konzentrierten und in späterer Folge wurde auch über politische Themen gesungen. 82 Eine Vielfalt von musikalischen Formen wie das Tagelied, der Leich, der Spruch und das Lied entstanden im 12. Jahrhundert. Im 16. Jahrhundert kam der Minnesang in Form des Meistergesangs noch einmal auf, der sich zu einer Amateurkunst entwickelte, der an Meistersingerschulen gelehrt wurde.83 Das mehrstimmige Lied hatte seine Anfänge im späten Mittelalter in Form von Hymnen und Sequenzen. Diese Polyphonie breitete sich im 13. Jahrhundert auf die weltlichen und volkssprachigen Lieder aus und bekam dann in weiterer Folge im 15. Jahrhundert Eingang in die weltliche Musik der Chansons, deren zentraler Schwerpunkt die Vierstimmigkeit und die Gleichberechtigung aller Stimmen war. In Italien entwickelte sich um 1600 eine weitere wichtige Liedgattung, das italienische Madrigal, welches ohne instrumentale Begleitung vorgetragen wurde und deren Stimmen alle gleichberechtigt waren. Diese Vokalmusik ist reich an Chromatik, Polyphonie und tonmalerischen Effekten, die durch die Kompositionen von Monteverdi ihren Höhepunkt erreichte.84 Zu Beginn wurden die Madrigale bei Feiern und Familienanlässen unabhängig von der Anwesenheit des Publikums und für das eigene Wohlbefinden gesungen.85 Im 17. Jahrhundert entwickelt sich, angeregt durch die Lieddichtung, die von einem Generalbass begleitete Liedform, die im späteren Verlauf zur Entstehung der Arie führte. Das klavierbegleitete Sololied erscheint im 18. Jahrhundert, welches nach Einfachheit, Natürlichkeit und Volkstümlichkeit strebt. 86 Diese Form reicht bis ins 19. und 20. Jahrhundert. Erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts wird diese Liedform aufgebrochen von Komponisten wie Schönberg und Hindemith, die neue und alte Strukturen wieder mit einbeziehen.87 Ab dem 20. und 21. Jahrhundert unterlag die ursprüngliche Form des Liedes zahlreichen Veränderungen, die mit der fortschreitenden Technik einhergingen. Aufgrund des Plattenspielers wurde die Musik mehr und mehr abhängig von den technischen und ökonomischen Bedingungen. Zusätzlich veränderte sich die 82 83 84 85 86 87 Vgl. Stephan, Musik, S. 166–169 Vgl. Wörner, Geschichte der Musik, S.113-116 Vgl. Stephan, Musik, S. 178–182 Vgl. Wörner, Geschichte der Musik, S. 196 Vgl. Wörner, Geschichte der Musik, S. 562-565 Vgl. Stephan, Musik, S. 190-191 46 Gesellschaft ab dem Zweiten Weltkrieg zunehmend, die nach Wandel und Neuanfang strebte. Dazu kommt der Einfluss der Massenmedien, welcher der Musik einen globalen Charakter verlieh. Jazz, Rock und Pop etablierten sich und fanden Platz im alltäglichen Leben. Daraus entwickelten sich die Jazz-, Pop- und Rocklieder, die durch die wachsende Konsumgesellschaft als Massenware verkauft wurden.88 Darüber hinaus entstand die Strömung der zeitgenössischen Musik und des damit verbundenen Liedes. Der Unterschied zur ursprünglichen Liedform liegt in der Sichtweise der Musik. Das Zitat „prima la musica, poi le parole“ (Zuerst die Musik, dann die Worte) wird einfach umgedreht, sodass der Schwerpunkt vor allem in der Textdeutlichkeit und im Sprechgesang liegt. Zusätzlich finden sich in einigen Kompositionen Urlaute und Geräusche wieder.89 6.3 Funktion und Bedeutung von Liedern im Musikunterricht Anhand des aktuellen Lehrplans lässt sich feststellen, dass vokales Musizieren ein wesentlicher Bestandteil des Musikunterrichts ist und meist in Form von Liedern umgesetzt wird. Dabei muss gesagt werden, dass Lieder bestimme Funktionen erfüllen können, derer sich die Lehrperson bei der Vorbereitung bewusst sein sollte. Darüber hinaus kann ein Lied eine gewisse Bedeutung für die Schüler/innen bzw. für die Lehrperson selbst haben, die es ebenfalls zu berücksichtigen gilt. Jedes Lied beinhaltet eine Botschaft und eine damit verbundene Emotion. Aus der im Alltag gebräuchlichen Aussage „Das XY-Lied ist mein Lied!“ lässt sich ableiten, dass das Liedsingen die persönlichste Form der Mitteilung ist und somit eine eigene Dynamik in sich trägt. Es übertrifft die Bedeutung von gesprochenen Worten durch die Rhythmisierung der Sprache. Darüber hinaus verstärkt die Melodie die evozierten Emotionen.90 Ein Lied besteht aus einer Vielzahl von musikalischen Parametern: Melodie, Rhythmus und Klang, die voneinander abhängen und das Lied zu Musik verschmelzen lassen. „Der Ton lügt nicht“ oder „Der Ton macht die Musik“ sind Aussagen, die vom Volksmund häufig verwendet werden und zeigen die Position des 88 Vgl. Jazz, Rock und Popmusik http://www2.hu-berlin.de/fpm/textpool/texte/wicke_jazz-rock-popmusik.htm (30.05.2015) 89 Vgl. zeitgenössische Vokalmusik, http://de.wikipedia.org/wiki/Zeitgen%C3%B6ssische_Vokalmusik (30.05.2015) 90 Vgl. Klusen, Singen, S. 156-157 47 Klangs, der sowohl Ausdruck als auch Sprache jedes Individuums ist. Eine Klangfarbe enthält eine Vielzahl von Emotionen und dient somit indirekt dem Informationsaustausch. Der Klang ermöglicht es, auf den seelischen Zustand des/der Sängers/Sängerin zu schließen.91 Für die Ordnung dieses Klangs ist der Rhythmus notwendig, der dazu beiträgt, dass die Gruppe durch das gemeinsame Erleben zu einer Gemeinschaft wird. Die Auf- und Abbewegung einer Melodie ist die Urform des menschlichen Singens und ermöglicht ein Gefühl der Lockerheit und Freiheit. 92 Daraus geht hervor, dass diese drei vorgestellten Parameter in Kombination zu einer Erkenntnis des eigenen Ichs führen können. Umso wichtiger ist es, dass besonders in Schulen in keinster Weise auf das Singen von Liedern im Musikunterricht verzichtet werden soll. Es werden neue Erfahrungswelten geöffnet, die sonst manch einem Schüler/einer Schülerin verschlossen blieben. Im Bereich der Schule und des Musikunterrichts gibt es noch einen weiteren Aspekt, der die Bedeutung und den Stellenwert von Liedern unterstreicht. Lieder mit Aktualitätswert, die von den Kindern und Jugendlichen außerhalb der Schule gesungen und gehört werden, sollten auch Platz im Musikunterricht finden und gesungen werden. Zum einen spielt dies eine wesentliche Rolle in der Entwicklung der eigenen Identität und zum anderen fördert dies das Erleben von Stimmungen, die bei den Kindern und Jugendlichen dadurch hervorgerufen werden.93 In Anbetracht der wesentlichen Bedeutung von Liedern stellt sich nun die Frage, welche Funktionen das Liedsingen im Musikunterricht erfüllt? Mit dem Begriff Funktion ist der Zweck, dem das Liedsingen dient gemeint nicht aber das beabsichtigte Ziel. Lieder können in den unterschiedlichsten Bereichen eingesetzt werden, um eine Funktion zu erfüllen. Nach Marc Neufeld (2011) gibt es folgende Funktionen: psychische, affektive, therapeutische, soziale, didaktische und pädagogische, kognitive, kommunikative und lebensbegleitende Funktionen.94 91 92 93 94 Vgl. Neufeld, Die Bedeutung von Liedern in der Lebensgeschichte, S. 113-116 Vgl. ebd. S. 118-124 Vgl. Neufeld, Die Bedeutung von Liedern in der Lebensgeschichte, S. 155-157 Neufeld, Die Bedeutung von Liedern in der Lebensgeschichte, S. 214–216 48 Das Liedsingen kann den Zweck verfolgen, den emotionalen Zustand, in dem sich die Kinder und Jugendlichen befinden, zu bewältigen. Es ermöglicht ihnen, ihren Emotionen freien Lauf zu lassen. In weiterer Folge können Lieder zur Entspannung und Entlastung beitragen, wenn den Kindern und Jugendlichen das Singen Freude und Spaß bereitet und sie einen Ausweg aus dem Alltag darstellen. Zusätzlich entsteht das Gefühl in der Gemeinschaft nicht alleine zu sein (soziale Funktion). Weiters wird mit Hilfe von Liedern neues Wissen erschlossen und es entstehen neue Erkenntnisse. Dabei spielt die Vermittlungsfunktion eine wesentliche Rolle. Außerdem stellt das Liedsingen eine weitere Ausdrucksform dar, die es den Schülerinnen und Schülern erlaubt, Neues auszuprobieren und sich auf eine andere Art und Weise zu artikulieren. Bereits gesungene Lieder, die wieder aufgearbeitet werden, haben meist den Effekt, dass sie mit positiven Erinnerungen in Verbindung gebracht werden und sich im Klassenzimmer eine angeregte und zugleich motivierende Atmosphäre verbreitet. Angesichts der Funktionen, die die Lieder in sich tragen und der Emotionen, die sie hervorrufen, ist es von großer Bedeutung das Liedsingen im Musikunterricht zu praktizieren. Der Text in Verbindung mit der Musik prägt die Schüler/innen, sodass die Erfahrungen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse zur Bildung ihrer eigenen Persönlichkeit und zur Findung ihrer eigenen Identität beitragen. 6.4 Liedauswahl im Musikunterricht Bei der Liedauswahl sollte sich die Lehrperson im Klaren über die Funktion des Liedes sein, das für den Musikunterricht ausgesucht wird. Es ist notwendig sich mit folgenden Fragen im Vorfeld auseinanderzusetzen: • Welchen Zweck verfolgt das Lied? • Entspricht das Lied dem gesanglichen Niveau der Schüler/innen? • Entspricht der Liedtext dem Alter der Kinder und Jugendlichen und eignet er sich für den Musikunterricht? • Welche Erkenntnis soll daraus gewonnen werden? • Beabsichtigt das Erlernen dieses Liedes ein konkretes Ziel? 49 Für die später analysierten Schulbücher der Sekundarstufe I sind diese Fragen obsolet, da sie meistens in ein bestimmtes Themengebiet eingebettet oder die Funktion und das Ziel angegeben sind. Zudem sind die Liedangebote in der Intention der Autorinnen und Autoren an das Niveau der Kinder– und Jugendstimme angepasst. Trotz der Vielfalt der in den Schulbüchern angegebenen Lieder sollte die Lehrperson in der Lage sein, auch außerhalb der Schulbücher Lieder für eigene Zwecke auszuwählen. In diesem Falle sollten diese Fragen berücksichtigt werden, sodass eine reflektierte Liedauswahl gelingt. Darüber hinaus sollte darauf geachtet werden, dass nicht nur Lieder aus einem Genre erarbeitet werden, sondern die Lieder nach gemeinsamen Themenbereichen unterteilt werden, sodass die Gegensätzlichkeit der verschiedenen Themenbereiche im Zentrum steht und dadurch mögliche Vorurteile abgebaut werden können.95 Auf diese Art und Weise wird den Schülerinnen und Schülern ein abwechslungsreicher Musikunterricht basierend auf diversen Stilrichtungen geboten. Grundsätzlich birgt eine Liedauswahl auch immer die Gefahr, die Schüler/innen durch den transportierten Inhalt gedanklich herauszufordern. Deshalb sind anschließende Diskussionen und Gegensätze wichtig, sodass ein Bewusstsein für die Wirkung von Liedern geschaffen wird. Es liegt letztendlich an der Lehrperson selbst, welche Methode verwendet wird, um ein Lied methodisch - didaktisch aufzuarbeiten.96 6.5 Liederarbeitung im Musikunterricht Nach der Auswahl des Liedes folgt deren Erarbeitung mit den Schülerinnen und Schülern im Musikunterricht. Lange wurde nach folgenden Prinzipien gearbeitet: Die Lehrperson trägt das Lied selbst vor, oder es wird anhand eines Mediums präsentiert und nach dem Höreindruck wird es gemeinsam gesungen.97 Meinen Beobachtungen zu folge ist diese Methode in den meisten Fällen nicht zielführend, da während des Vortrages die Schüler/innen nicht aktiv zuhören, sondern mit Tratschen oder anderem beschäftigt sind. Deshalb ist es umso wichtiger, nach einem effektiven Stimmtraining gleich mit der methodischen Arbeit am Lied zu beginnen. Die Liederarbeitung besteht in sequenzieller Hinsicht aus folgenden Schritten, die je nach Schwierigkeitsgrades nach 95 Vgl. Sievritts, Lied – Song – Chanson 1, S. 5 96 Vgl. Sievritts, Lied – Song – Chanson 1, S. 13–16 97 Vgl. Helms, Handbuch des Musikunterrichts, S. 313 50 eigenem Ermessen variiert werden können. Diese Einteilung basiert zum Teil auf dem Werk Handbuch des Musikunterrichts, herausgegeben von Helms, Schneider und Weber sowie auf meinen eigenen Kenntnissen, die ich während meines Musikstudiums erworben habe. Rhythmus: Zu Beginn soll der Text mit Hilfe von Klatschen oder körpereigenen Instrumenten rhythmisiert und gemeinsam in einem angemessenen Tempo gespielt werden. Eine Hilfestellung kann die Lehrperson am Klavier oder an einem anderen Instrument sein, mit dem eine Begleitung gespielt und dadurch das Metrum gehalten wird. Wenn es sich beim Lied um ein polyphones Stück handelt, müssen sich die einzelnen Stimmen durch ihre selbst gewählten Instrumente unterscheiden. Es hängt vom Schwierigkeitsgrad des Liedes ab, ob alle Stimmen gleichzeitig realisiert werden können oder ob es nötig ist einzelne herauszuarbeiten. Text: Bei der Arbeit am Text ist besonders auf die Artikulation und die damit einhergehende Textdeutlichkeit zu achten, die für die Verständlichkeit und Aussagekraft eines Liedes verantwortlich ist. Wenn der Text in einer Fremdsprache ist, kann die Methode Call and Response angewendet werden: Die Lehrperson spricht dazu eine Textpassage vor und die Schüler/innen sprechen nach. Handelt es sich um ein Lied in einer den Schülerinnen und Schülern fremden Sprache, sollte der Text sinngemäß übersetzt werden, sodass die Schüler/innen die Bedeutung des Liedes verstehen können. Es empfiehlt sich, den Text im Liedrhythmus zu sprechen und dabei auf dem Handrücken mit dem Zeigefinger das Metrum gemeinsam leise zu realisieren. Eine Steigerungsmöglichkeit besteht darin, den Text ohne Laut, sprich innerlich zu artikulieren und dabei die Lippenbewegungen gut auszuführen. Melodie: Die Melodie sollte in Abschnitte gegliedert und mit Hilfe des Klaviers oder einem anderen Begleitinstrument zuerst noch ohne Text, singend auf „la, da, du , dü , do“ 51 dies kann beliebig variiert werden - und anschließend mit Text erarbeitet werden. Für die Erarbeitung der Melodie ist Fingerspitzengefühl der Lehrperson gefragt, die durch trainiertes Hören unsaubere und schwierige Stellen herausarbeiten muss. Hilfestellungen können Vorstellungen für die Schüler/innen sein oder Bewegungen, die sie ausführen, wie zum Beispiel das Nachzeichnen der Tonhöhen durch entsprechende Handbewegungen in der Luft. Bei einem mehrstimmigen Lied ist es oft notwendig einzelne Strophen zu proben. Es ist darauf zu achten, dass jene Schüler/innen, die gerade nichts zu tun haben, trotzdem in der Partitur mitlesen, sodass keine Unruhe entsteht.98 Wenn all diese Schritte gelingen, können sie zu einem Ganzen zusammen gefasst werden. Dann geht es vor allem um die musikalischen Parameter wie Dynamik, Tempo, Klangfarbe etc., die in weiterer Folge erarbeitet werden sollen. Bei Liedern geht es vor allem um die Vermittlung von Text und Emotion, die bei dieser Tätigkeit ein zentraler Punkt sein sollte. 98 Vgl. Helms, Handbuch des Musikunterrichts, S. 311-319 52 7 7.1 Liedbezogenes Stimmtraining Allgemein Die einzelnen Bestandteile des Stimmtrainings bestehend aus Körper, Atmung und Stimme können in einer weiteren Form der Liederarbeitung mit einfließen, sodass die Übungen für das Stimmtraining bereits in das zu erarbeitende Lied eingebettet sind. Das liedbezogene Stimmtraining erscheint in Anbetracht der nur begrenzt verfügbaren Unterrichtszeit als wertvolles Instrument. Auf diese Art und Weise kann ein ausreichendes Stimmtraining geboten werden und gleichzeitig können einzelne Teile dies Lieds wie Text, Melodieverläufe usw. bereits im Vorfeld erarbeitet werden. Zusätzlich lässt diese Methode keine Zweifel bei den Schülerinnen und Schülern aufkommen, warum eine Singübung gemacht wird, da sie mit dem Kontext des Liedes verbunden ist. Zum besseren Verständnis wird an dieser Stelle anhand eines Beispiels das liedbezogene Stimmtraining erklärt. Dafür wird das allseits bekannte und oft gesungene Tanzlied aus Südamerika un poquito cantas herangezogen. Dieses Beispiel habe ich bereits im Kurs Fachdidaktik bei Herrn Prof. Wanker erarbeitet und mit einer Gruppe von Studierenden ausprobiert. 7.2 Beispiel für liedbezogenes Einsingen Wir stellen uns vor, wir sind Profitänzer/innen und müssen unseren Körper für die große Tanzshow heute Abend aufwärmen. Wir strecken unsere Arme weit nach oben und atmen dabei gleichzeitig durch die Nase ein. Beim Auslassen der Arme nach unten atmen wir durch den Mund die Luft aus. Wir stehen aufrecht, stellen uns eine Tanzhaltung vor, das Körpergewicht ist auf beide Beine gleichmäßig verteilt und das Becken geht leicht nach vor um eine kollabierte Körperhaltung zu vermeiden. Wir beginnen nun Salsa zu tanzen und die Arme bewegen sich seitlich locker mit. Der/Die Tanzlehrer/in spricht nun folgende Liedzeile vor und die Tanzschüler/innen sprechen sie nach: „Un poquito cantas, un poquito bailas“. Wir sprechen den Text in 53 verschiedenen Stimmungen beispielsweise traurig, glücklich, müde und verändern dazu entsprechend den Gesichtsausdruck. Wenn es möglich ist, die Tanzschritte weiter machen, ansonsten spätestens bei der Singübung auslaufen lassen. Wir singen nun freudig: „Le Lo la“ und achten auf den Vokalausgleich Dieses liedbezogene Stimmtraining zeigt, dass der Körper im Speziellen die Wirbelsäule und die Arme durch das Strecken und wieder loslassen gelockert werden und gleichzeitig die reflektorische Einatmung trainiert wird. Beim Ausführen der Tanzschritte wird die richtige Körperhaltung eingenommen und für die Übung muss der Körper möglichst locker sein, ansonsten wirkt der Tanz steif. Der Text bekommt erst durch die deutliche Artikulation eine Aussagekraft, die durch die verschiedenen Stimmungen je nach belieben variiert werden kann. Die Gefühlszustände sollten auch im Gesichtsausdruck zu sehen sein. Des Weiteren können passende Gestiken diese Stimmungen unterstreichen. Das Singen der letzten Liedzeile mit dem Text „Le Lo La“ erfüllt die Funktion des Vokalausgleichs. Insbesondere auf die Lippenstellung sollte geachtet werden, sodass die Schüler/innen beim Singen von „Le“ den Mund nicht in die Breite ziehen, sondern dass der Lippenring möglichst durchgehend in derselben Position bleibt. Die verschiedenen Vokale werden durch die Zungenstellung im Mund erzeugt und dies sollte von außen nicht sichtbar sein. Eine gute Übung dafür ist, ohne Tonhöhe den Text zu sprechen und seine Nachbarin/seinen Nachbarn dabei zu beobachten. Um die Vokale bilden zu können, müssen die Stimmwerkzeuge möglichst locker sein. Wenn Schwierigkeiten wegen der Achtelpause im dritten Takt auftreten sollten, besteht die Möglichkeit die Pause durch ein Klatschen aufzufüllen, sodass diese den Schülerinnen und Schülern bewusst gemacht wird und sie die Achtelpause aktiv spüren lernen. Dieses Beispiel eines liedbezogenen Stimmtrainings lässt sofort die entsprechenden Vorteile einer solchen Form erkennen. In erster Linie erspart sich der/die Lehrer/in Zeit, da Text, Melodieverläufe und rhythmische Schwierigkeiten bereits im Vorfeld innerhalb des Stimmtrainings erarbeitet werden können. Weiters leiten die Schüler/innen daraus 54 den Zweck der Übungen ab und werden gleichzeitig auf das zu erarbeitende Lied eingestimmt. Wenn liedbezogene Stimmtrainings in regelmäßigen Abständen erfolgen, wird dies zu einem wesentlichen Bestandteil des Musikunterrichts, den die Schüler/innen mit der Zeit nicht missen wollen. Zusätzlich wirkt sich dies nachhaltig auf die Qualität der Stimmen aus, vorausgesetzt es wird fortlaufend durchgeführt. Die Verantwortung liegt bei jeder Lehrperson selbst, ob sie sich für ein langfristiges, ganzheitliches Stimmtraining in dieser Form entscheidet. 55 II. TEIL: ANALYSE VON SCHULBÜCHERN DER SEKUNDARSTUFE I 8 Vorgehensweise In diesem Teil der Arbeit wird untersucht, inwieweit das Thema der menschlichen Stimme in Schulbüchern, die derzeit im Musikunterricht der Sekundarstufe I verwendet werden, vorkommt und dargestellt wird. Die Auswahl der Schulbücher erfolgt anhand der aktuellen österreichischen Schulbuchliste 2015/16 für den Musikunterricht der Sekundarstufe I. Die Analyse soll Ergebnisse für die gesamte Sekundarstufe I liefern. Aus diesem Grund kommt das Schulbuch Spielpläne, welches nur für die ersten zwei Schulstufen der Sekundarstufe I konzipiert wurde, für die Analyse nicht in Frage. Es werden daher folgende Schulbuchreihen ausgewählt: • Erlebnis Musik, Bände 1 bis 4 • Klangfarben, Doppelbände 1 bis 2 und 3 bis 4 • Club Musik, Bände 1 bis 4 Für die Analyse werden zunächst Kriterien festgelegt, nach denen die einzelnen Schulbücher untersucht werden. Diese Kriterien werden im nächsten Kapitel ausführlich beschrieben und erläutert. Mit der Analyse soll ein repräsentativer Vergleich des Repertoires an Lied- und Stimmtrainingsangeboten sowohl in qualitativer Hinsicht als auch in Bezug auf dessen Altersgemäßheit gelingen. Darüber hinaus sollen Unterschiede in der Wissensvermittlung bezüglich Funktion und Aufbau der menschlichen Stimme dargestellt werden. Die Ergebnisse dieser Analyse werden miteinander verglichen, zusammengefasst dargestellt und diskutiert. In einem Fazit werden Anregungen und Verbesserungsvorschläge hinsichtlich der Präsentation und Darstellung der Funktion der menschlichen Stimme sowie der Wissensvermittlung für die jeweiligen Schulbuchreihen angeführt. 56 Für die Untersuchung des Lied- und Stimmtraingsangebots ist es notwendig, den Unterschied zwischen einem Schulbuch und einem Liederbuch zu erläutern. Diese Unterscheidung erfolgt in einem eigenen Kapitel. 57 9 Kriterien Die Kriterien leiten sich aus Fragestellungen ab, die von der erarbeiteten theoretischen Grundlage ausgehen. Diese lassen sich in drei Kategorien einteilen. Die erste Kategorie beinhaltet das Wissen über die menschliche Stimme. Dazu ergeben sich folgende Fragen: • Welches Wissen über die menschliche Stimme wird den Schülerinnen und Schülern mit Hilfe der Schulbücher vermittelt? • Wird der Aufbau des Stimmapparates,(Atemsystem, Tonerzeugung und Tonverstärkungssystem), erklärt? • Wie wird der Aufbau des Stimmapparates aufbereitet? • Ermöglichen und fördern die verwendeten Darstellungen die Selbsterfahrung der Schüler/innen? Die letzten beiden Fragen basieren auf der Lehr – und Lerntheorie nach Jérôme Bruner, welche im Kapitel 3.2 vorgestellt wurde. Die zweite Kategorie beschäftigt sich mit dem Stimmtrainingsangebot. Folgende Fragen werden dazu gestellt: • Werden in den Schulbüchern Stimmtrainingsangebote angeführt? • Bestehen die Stimmtrainingsangebote aus folgenden Komponenten, die für ein gesundes und nachhaltiges Singen notwendig sind? • Körper: ◦ Haltung ◦ Lockerung des Körpers (Beine, Arme, Oberkörper, Kopf, Wirbelsäule) • Atmung: ◦ reflektorische Einatmung ◦ Zwerchfellprovokation ◦ Suggestion • Stimme: ◦ Lockerungsübungen der Stimmwerkzeuge ◦ Erschließung der Resonanzräume 58 ◦ Vokalausgleich ◦ Erweiterung des Stimmumfangs ◦ Artikulation ◦ Stimmeinsatz Die dritte Kategorie bezieht sich auf das Liedangebot. • Wie viele Lieder beinhaltet jedes Schulbuch bzw. jede Schulbuchreihe? • Wie divers ist das Liedangebot? • Ist im Laufe der Schulbuchreihe hinsichtlich des Stimmumfangs und die damit einhergehende Entwicklung der Stimme ein Fortschritt zu vermerken? Alle genannten Kriterien beziehen sich auf die Schulbücher für den Musikunterricht der Sekundarstufe I. 59 10 Untersuchte Schulbücher 10.1 Schul- und Liederbücher für die Sekundarstufe I in Österreich Das österreichische Bundesministerium für Frauen und Bildung erstellt für jedes Schuljahr eine Schulbuchliste, die dem Rundschreiben Nr.27/2014 zugrunde liegt und für jedes Fach die nach dem Bildungsstandard geprüften Schulbücher aufzeigt. Dies soll dem Ertrag des Unterrichts dienen und diesen zudem sichern. Eine Schule kann nach dem Rundschreiben Nr.27/2014 autonom entscheiden, welche Schulbücher und Unterrichtsmittel für die jeweilige Schulform verwendet werden. Die Grundlagen dieser Auswahl bilden zunächst die Kapazitäten des Budgets einer Schule und die Zweckmäßigkeit eines Schulbuches. Die Sparsamkeit und die relative Nutzung eines Schulbuches sind die primären Kriterien für dessen Auswahl. Bei der Schulkonferenz, die im Zeitraum März/- April des vorhergehenden Schuljahres stattfindet, wird festgelegt, welche Unterrichtsmaterialien benötigt werden. Dabei stellt sich die Frage nach der Notwendigkeit und der Regelmäßigkeit hinsichtlich der Verwendung der Schulbücher. Das Kostenlimit pro Schüler/in darf abhängig von der jeweiligen Schulform nicht überschritten werden. 99 Im Unterrichtsfach Musikerziehung stehen für die Sekundarstufe I folgende Schulbücher für das Schuljahr 2015/16 zur Auswahl: 5. Schulstufe Wanker, Gerhard/ Gritsch, Bernhard/ Schausberger, Maria (Hg.) (2009), Club Musik 1, Helbling, Rum/Innsbruck Matl-Vidmar, Michaela/ Matl, Christoph/ Reichenauer, Helmut (Hg.) (2008), Erlebnis Musik 1 neu, Ivo Haas - Verlag, Salzburg Mayer, Gisela/ Krenstetter, Florian; u.a. /(Hg.) (2006), Klangfarben 1, Schülerbuch für die 1. und 2. Klasse, öbvhpt VerlagsgmbH&Co.KG, Wien 99 Vgl. Rundschreiben Nr.27/2014, https://www.bmbf.gv.at/schulen/unterricht/schulbuch/rs_2014_27.pdf?4pehv5 (30.05.2015) S. 1-5 60 Anmerkung: Weiterverwendung in der 2. Klasse Haun, Anke/ Kotzian, Rainer/ Martin, Kai/ Mausberger, Marlis/ Rheinländer, Matthias/ Stanicek, Wolfgang (Hg.) (2013), Spielpläne Unterstufe 1, Schülerbuch, öbvhpt VerlagsgmbH&CO. KG, Wien Anmerkung. Weiterverwendung in der 2. Klasse 6. Schulstufe Wanker, Gerhard/ Gritsch, Bernhard/ Schausberger, Maria (Hg.) (2009), Club Musik 2, Helbling, Rum/Innsbruck Matl-Vidmar, Michaela/ Matl, Christoph/ Reichenauer, Helmut (Hg.) (2008), Erlebnis Musik 2 neu, Ivo Haas - Verlag, Salzburg 7. Schulstufe Wanker, Gerhard/ Gritsch, Bernhard/ Schausberger, Maria (Hg.) (2010), Club Musik 3, Helbling, Rum/Innsbruck Matl-Vidmar, Michaela/ Matl, Christoph/ Reichenauer, Helmut (Hg.) (2008), Erlebnis Musik 3 neu, Ivo Haas - Verlag, Salzburg Mayer, Gisela/ Krenstetter, Florian; u.a. /(Hg.) (2006), Klangfarben 2, Schülerbuch für die 1. und 2. Klasse, öbvhpt VerlagsgmbH&Co.KG, Wien Anmerkung: Weiterverwendung in der 4. Klasse 8. Schulstufe Wanker, Gerhard/ Gritsch, Bernhard/ Schausberger, Maria (Hg.) (2011), Club Musik 4, Helbling, Rum/Innsbruck Matl-Vidmar, Michaela/ Matl, Christoph/ Reichenauer, Helmut (Hg.) (2008), Erlebnis Musik 4 neu, Ivo Haas - Verlag, Salzburg 61 Weitere Unterrichtsmaterialien, die zusätzlich angeboten werden: Musikerziehung - Liederbücher Kern, Walter; Maierhofer, Lorenz (Hg.) (2002), "Sing & Swing" - DAS Schulliederbuch, Helbling, Rum/Innsbruck Schwarz, Rudolf/ Seidel, Emil (Hg.) (2013), Steirisches Liederbuch, Leykam BuchverlagsgesmbH, Graz Maierhofer, Lorenz, (1996), "Sing & Swing im Chor - Das Chorbuch“, Chormusik für den Jugend- und Schulchor, Helbling, Rum/ Innsbruck Anmerkung: Auch Chor100 10.2 Allgemeines zum Begriff Schulbuch Schulbücher sind Bücher, die primär von Schülerinnen und Schülern im Unterricht verwendet werden, in ihr Eigentum übergehen und im Unterschied zu reinen Lehrwerken, Arbeits- und Lehrwerk in Einem sind. Darüber hinaus können sie auch erweitertes Material umfassen, das teilweise in Schüler- oder Lehrerhand ist: • Lernhilfen für Schüler/innen (Zusatzmaterial, Arbeitshefte, Arbeitsmaterial, Themenhefte etc. ) • Lehrhilfen wie Lehrerbände, die dem Schulbuch entsprechend Methoden für die Unterrichtsvorbereitung anbieten (z.B. Stundenbilder) oder alternative Vorschläge anbieten • Themenhefte, Hörbeispiele • Lieder- und Musizierbücher Der Inhalt eines Schulbuches orientiert sich an einem speziellen Unterrichtsfach, dem damit verbundenen staatlich festgelegten Lehrplan sowie an den Klassenstufen. Deshalb entsteht in den meisten Fällen ein Schulbuch für je eine Klassenstufe. Schulbücher 100 Schulbuchaktion 2014/15, https://www.bmbf.gv.at/schulen/unterricht/schulbuch/1516sbl_1000.pdf?4ol4xk (30.05.2015), S. 51-52 62 mehrerer Klassenstufen werden zu einer Schulbuchreihe zusammengefasst.101 Das Schulbuch ist ein Informationsträger, der sich unterschiedlicher Mittel bedient, um dem Empfänger Informationen zu vermitteln und dabei den Lernprozess der Schüler/innen unterstützt. Die Art und Weise wie ein Schulbuch im Schulunterricht verwendet wird, obliegt vor allem den Lehrerinnen und Lehrern. Der Lehrkörper kann das Schulbuch einerseits als Lehrgangswerk verwenden und die Lehrinhalte in der vorgegebenen Reihenfolge mit den Schülerinnen und Schülern erarbeiten. Andererseits können Inhalte aus unterschiedlichen Schulbüchern nach dem Baukastenprinzip zusammengestellt werden, sodass je nach Thema entschieden wird, welches Schulbuch und ob überhaupt ein Schulbuch eingesetzt wird. Bei genauerer Betrachtung stellt sich die Frage nach der Häufigkeit der Verwendung des Schulbuches, welches immer, für ein gesamtes Themengebiet oder nur gelegentlich für einzelne Unterrichtseinheiten benutzt werden kann. Die intensive oder weniger intensive Auseinandersetzung mit einem Schulbuch hängt vor allem von der Kompetenz des Lehrers/der Lehrerin, der Schulform und der Unterrichtsphase ab. Die Verwendung von Schulbüchern kann unterschiedliche Ziele im Hinblick auf die Schüler/innen und die Lehrer/innen verfolgen. In Bezug auf die Schüler/innen kann ein Schulbuch durch anregende Bilder, Notenbeispiele, Lieder etc. die Bereitschaft derselben, am Unterricht aktiv teilzunehmen, steigern und zugleich das selbständige Arbeiten fördern. Darüber hinaus kann die Qualität des Unterrichts durch die richtige Auswahl eines Schulbuches verbessert werden, sodass die Inhalte vielfältiger, facettenreicher und strukturierter gestaltet werden. Ein weiterer positiver Aspekt eines Schulbuches ist die wesentliche Entlastung des Lehrkörpers. Die Sammlung von Hörbeispielen und deren Qualität übersteigt in den meisten Fällen bereits die Leistung einer Lehrperson. Zusätzlich besteht die Möglichkeit für Schüler/innen, wie für Lehrer/innen die Schulbücher auch außerhalb der Schule als Nachschlagewerk zu verwenden.102 101 Vgl. Jünger, Schulbücher im Musikunterricht, S. 67-68 102 Vgl. Jünger, Schulbücher im Musikunterricht, S. 172-173 63 10.3 Abgrenzung Schulbuch - Liederbuch Das Liederbuch kann als Vorreiter des Schulbuches bezeichnet werden. Es hat lange vor dem Schulbuch, welches heute für den Musikunterricht verwendet wird, existiert, was vor allem mit der historischen Entwicklung des Musikunterrichts zusammenhängt. Bereits um 1600 wurden Schulliederbücher vor allem für das Erlernen von Kirchenlieder im Schulunterricht verwendet. Dies galt als Vorbereitung für die Teilnahme am Gottesdienst. Mit der Einführung der Schulpflicht Anfang des 18. Jahrhunderts (in Österreich im Jahr 1774 durch Kaiserin Maria Theresia 103) und zu Beginn des 19. Schulgesangsbücher Jahrhunderts durch wurden patriotische und die sogenannten pädagogische musikalischen Lieder erweitert. Musikalische Fertigkeiten gewannen immer mehr an Bedeutung, wodurch Texte mit Melodie abgedruckt wurden. Im 20. Jahrhundert entwickelten sich die Liederbücher durch Informationen über Musikgeschichte, Musiktheorie etc. immer mehr zu Schulbüchern, die nicht mehr rein aus Liedern bestanden. 104 Im Wesentlichen unterscheidet sich ein Liederbuch von einem Schulbuch insofern, als es sich auf eine reine Ansammlung von Liedern beschränkt. Je nach Liederbuch kann es ein bestimmtes Musikgenre, zum Beispiel Jazz und Pop, Kirchenlieder, Volkslieder, Lieder eines Interpreten oder diverse Themengebiete beinhalten. Darüber hinaus können Lieder bestehend aus Text und Notenbild, Text mit Akkordsymbolen (Sheet Music) oder nur Text abgebildet sein. Demnach wird zwischen einer Vielzahl an Liederbüchern unterschieden. Im Schulunterricht werden diese meist als Ergänzung zum Schulbuch verwendet, um bestimmte Lieder, die in den Schulbüchern nicht abgebildet sind, gemeinsam zu erarbeiten.105 Auf der aktuellen Schulbuchliste werden drei Liederbücher für die Sekundarstufe I angegeben, die sich im Folgenden voneinander unterscheiden. Sing & Swing – Das Schulliederbuch zeichnet sich durch sein weites Spektrum an Liedern, Evergreens und aktuellen Hits aus, das Steirische Liederbuch legt den Schwerpunkt auf Volkslieder aus Österreich und Umgebung und das dritte angegebene Liederbuch Sing & Swing im Chor – Das Chorbuch eignet sich besonders für die Verwendung im Chor. 103 Vgl. https://www.bmbf.gv.at/schulen/bw/ueberblick/sw_oest.html, (10.06.2015), S. 1 104 Vgl. Jünger, Schulbücher im Musikunterricht, S. 94-95 105 Vgl. Schulliederbuch, http://www.musiklexikon.ac.at/ml?frames=yes (30.05.2015) 64 Erlebnis Musik 1 bis 4 Das Schulbuch Erlebnis Musik stammt aus einer Schulbuchreihe bestehend aus 4 Schulbüchern Erlebnis Musik 1 - 4, die für die Sekundarstufe I (5. - 8. Schulstufe) geeignet sind. Es wurde in der überarbeiteten Version (Ursprungsautor war Helmut Reichenauer) mit mehreren Autoren 2008 erstmals publiziert und ist eine der drei Schulbuchreihen der offiziellen österreichischen Schulbuchliste 2015/16. Der Inhalt ist unterteilt in diverse Kapitel, deren Titel nicht immer auf den Schwerpunkt des jeweiligen Kapitels schließen lässt. Die Suche nach einem bestimmten Thema kann daher schwierig sein. Die Schulbuchreihe Erlebnis Musik 1 - 4 beginnt jeweils mit einem sogenannten musikalischen Auftakt, der den Einstieg in das neue Schuljahr durch aktives Singen und Musizieren ermöglichen soll. Fast jedes Kapitel besteht aus einem oder mehreren Liedern, die zum Großteil auf das zu behandelnde Thema Bezug nehmen. Bei den angegebenen Lieder handelt es sich in den meisten Fällen um solche, die mit aktiver Teilnahme (singen, musizieren, bodypercussion etc.) der Schüler/innen durchgeführt werden sollen. Darüber hinaus gibt es zu jedem Stück ein Hörbeispiel, welches für das gemeinsame Musizieren genutzt werden kann und die Sensibilisierung des Hörens fördert. Der Abschluss eines jeden Buches ist eine Eigenkomposition des Buchautors C. Matl, welche zum Ausklang des gemeinsamen Schuljahres gesungen werden soll. Neben den Hörbeispielen sind Hinweise angeführt, wie zum Beispiel: News, Probier es! und Denk nach!, die als Anleitung für Schüler/innen dienen. News enthält Informationen über das Thema, Probier es! gibt Anregungen und Anleitungen zum selbstständigen Arbeiten . Anhand der Tipps unter Denk nach! soll das Gelernte mit Hilfe von Fragestellungen reflektiert werden, bevor zum nächsten Thema übergeleitet wird. Diese Schulbuchreihe bedient sich aktueller Bilder, auf denen zum Teil auch Schüler/innen in diversen Aktionen abgebildet sind. Darüber hinaus enthält es unterschiedliche Arbeitsmethoden wie Kreuzworträtsel, Übungen zum Ausfüllen und Verbinden etc. So werden Themengebiete auf verschiedenste Art und Weise erarbeitet. Folgende musikalische Themenbereiche werden als Inhalt für dieses Buch angegeben: Instrumente, Stimme, Musiktheorie, Musikgeschichte, Musikstile, Klangexperimente, Musik und Bewegung, technische Entwicklungen in der Musik sowie Physik in der Musik. Innerhalb der vier Schuljahre wird ein breites musikalisches Spektrum 65 erarbeitet. Für dieses Schulbuch sind außerdem noch ein Lehrerbegleitheft und ein digitaler Datenträger mit den Hörbeispielen erhältlich. Klangfarben 1 bis 4 Ein weiteres Schulbuch, welches für die Sekundarstufe I konzipiert wurde, ist Klangfarben. Es handelt sich dabei um zwei Doppelbände, die zu einer Schulbuchreihe zusammengefasst sind. Der erste Doppelband ist für die 1. und 2. Klasse Unterstufe gedacht und der zweite für die 3. und 4. Klasse. Beide Schulbücher sind nach demselben Prinzip aufgebaut. Der Inhalt ist in Kapitel gegliedert, die in weitere Unterkapitel unterteilt sind, sodass die Lehrperson und die Schüler/innen auf Anhieb einen Überblick über alle Themengebiete erhalten. Dieses Schulbuch verwendet Symbole, die unterschiedliche Hinweise geben, zum Beispiel: schriftliche Aufgaben, musikalische Aktivität, Workshop/Projekt/freie Arbeitsform, Detailbetrachtung, Verweise auf weiterführende selbstständige Information sowie Tonbeispiele. Im zweiten Doppelband werden diese Symbole um ein weiteres - die Gruppenarbeit - erweitert. Auf diese Art und Weise ist für den/die Schüler/in sofort ersichtlich, um welche Aufgabenstellung es sich handelt. Darüber hinaus gibt es in jedem Kapitel farbige Kästchen, in denen zum Teil Zusatzinformationen über das Themengebiet oder diverse Aufgabenstellungen angegeben werden. Die Informationstexte und Hinweise sind klar definiert und verwenden eine kindgerechte Sprache. Zusätzlich werden zu den Inhalten und den erarbeiteten Themen Abbildungen von Komponisten, Instrumenten etc. gezeigt, die das Verständnis erleichtern und das Interesse der Schüler/innen wecken sollen. Klangfarben 1 – 4 bedient sich einer Vielzahl von Liedern und Bildern, sodass vor allem im ersten Doppelband der Eindruck eines Liederbuchs entstehen kann, obwohl es sich zweifelsohne um ein Schulbuch handelt. Die Lieder zeichnen sich vor allem durch ihre Vielfalt aus und decken ein breites Spektrum ab. Die Schulbuchreihe Klangfarben 1 – 4 ist eines der Schulbücher des Unterrichtsfachs Musikerziehung, die auf der aktuellen Schulbuchliste 2015/16 angegeben sind. 66 Club Musik 1 bis 4 Die Schulbuchreihe Club Musik 1 bis 4 wurde erstmals in den Jahren 1994-1997 publiziert. Neben den 4 Schulbüchern enthält dieses Unterrichtswerk in der aktuellen Fassung ein Begleitbuch für Lehrende, Tonbeispiele/Playbacks und eine MultimediaDVD. Es ist für die Sekundarstufe I konzipiert und ebenfalls auf der offiziellen Schulbuchliste 2015/16 angegeben. Das Inhaltsverzeichnis zeichnet sich durch seine strukturierte und übersichtliche Gliederung aus. Jedes Kapitel besteht aus mehreren Unterpunkten, die so angeführt werden, dass sofort ersichtlich ist, welches Thema behandelt wird. In jedem Kapitel sind verschiedene Symbole zu finden, die zu Beginn des Buches erklärt werden und an denen die Schüler/innen erkennen können, ob es sich dabei um einen Arbeitsauftrag, ein Tonbeispiel, ein vokales Warm-up, ein multimediales Beispiel oder ein Videobeispiel handelt. Die Arbeitsaufträge sind so ausgelegt, dass die Schüler/innen dazu angeregt werden selbständig zu arbeiten. In unregelmäßigen Abständen gibt es zwischen den verschiedenen Kapiteln eine sogenannte Quiz–Box mit Fragen, die von den Schülerinnen und Schülern mit dem erworbenen Wissen beantwortet werden können. Zusätzlich gibt es die Möglichkeit dies durch ein multimediales Lernspiel - das Musikquiz - abzudecken. Für alle Lieder gibt es eine Playback-Version, was neue Arbeits– und Lehrmethoden für die Lehrpersonen bietet. Darüber hinaus wird bei den Liedern ein vokales Warm-Up oder zum Teil liedbezogenes Einsingen angeführt, die das gemeinsame Singen und Musizieren erleichtern. Die Informationstexte verwenden eine altersgerechte Sprache, die leicht verständlich ist. Dies wird meist durch aktuelle Bilder, Comics und Abbildungen mit Schülerinnen und Schülern verstärkt. Die Selbsterfahrung im musikalischen Bereich wird vor allem durch den Einsatz von Spiel-mit-Sätzen gesteigert. Auf diese Art und Weise bekommen die Schüler/innen die Möglichkeit, Musik auf einer aktiven Ebene zu erleben. Durch die Verwendung der elektronischen Medien und den Einsatz von neuen didaktischen Modellen erfährt der/die Schüler/in auf einfache und spielerische Weise die Vielfalt der Musik. 67 11 Analyse der menschlichen Sekundarstufe I Stimme in Schulbüchern der Für die Analyse bezüglich des Aufbaus der menschlichen Stimme werden Erkenntnisse der im theoretischen Teil beschriebene Lehr– und Lerntheorie von Jérôme S. Bruner herangezogen. Bruner versteht unter dem Lernprozess einen kognitiven Prozess, der an vorhergehend erworbenem Wissen anknüpft und beschreibt ihn zudem als entdeckende Tätigkeit, die aktiv erfolgt. Zunächst wird in jedem Schulbuch nach Informationen gesucht, die den Aufbau der menschlichen Stimme betreffen. Die Darstellung der Informationen wird beschrieben. Zusatzinformationen sowie Hinweise werden auch berücksichtigt. Dann wird dieser Inhalt nach dem von Jérôme S. Bruner aufgestellten Repräsentationssystem im Bereich der enaktiven Ebene, der ikonischen Ebene und der Symbolebene analysiert. Um einen repräsentativen Überblick zu gewährleisten, werden neben unterschiedlichen Beispielen auch Übungen beschrieben, die im Schulbuch angeführt sind. 11.1 Erlebnis Musik Im ersten Band der Schulbuchreihe Erlebnis Musik 1 – 4 ist kein Kapitel vorhanden, indem die menschliche Stimme beschrieben wird. Gleich zu Beginn des ersten Kapitels Musikalischer Auftakt wird die Stimme zwar als gemeinsames Ausdrucksmittel und Instrument beschrieben, jedoch wird die Art der Tonerzeugung nicht erläutert. Unter dem Hinweis Probier es! werden zwei Übungen für die richtige Atmung angegeben. Die erste Übung wird im Liegen ausgeführt mit dem Ziel in den Bauch zu atmen. Dies kann durch ein weiteres Element erweitert werden, indem auf den stimmlosen Konsonanten „s“ ausgeatmet wird. Im nachfolgenden blauen Kästchen werden noch zusätzliche Informationen bezüglich der Haltung und der deutlichen Aussprache beim Singen gegeben. Anhand des Liedes Dabi dibi dadap! können die erhaltenen Informationen bezüglich der Atmung umgesetzt werden. In diesem Kapitel werden keine Abbildungen bezüglich der Atemtechnik oder der richtigen Ausführung der Übungen gezeigt, was bei einer Lehrperson ohne jegliches Wissen über die Atemtechnik beim Singen zu Missverständnissen führen kann. 68 Auch im nächsten Band der Schulbuchreihe Erlebnis Musik 1 – 4 wird der Aufbau der Stimme nicht erklärt. Das Erlernen von Tänzen bildet den Schwerpunkt dieses Buches. Insgesamt elf Anleitungen zu diversen Tänzen sind abgebildet. Erst im zweiten Kapitel Die menschliche Stimme des dritten Buches Erlebnis Musik sind einige Informationen über den Aufbau der Stimme und deren Funktion enthalten. Der Aufbau der menschlichen Stimme, Abbildungen, Übungen sowie ein Funktionslied erstrecken sich dabei über drei Seiten. Zu Beginn wird der Aufbau der menschlichen Stimme in einem langen Fließtext beschrieben. Rechts am Rand davon befindet sich eine Zeichnung, welche den Stimmapparat darstellen soll. In Anbetracht dieser Abbildung des Stimmapparates muss, darauf aufmerksam gemacht werden, dass die Position der Stimmlippen nicht eindeutig dargestellt wird. Der Informationstext ist in einer für die Schüler/innen altersgerechten Sprache verfasst, sodass der Vorgang der Tonerzeugung trotz des langen Textes nachvollziehbar ist. Ein wichtiger Aspekt, der dabei allerdings außer Acht gelassen wird ist das Zwerchfell, welches zum einen den Brustraum vom Bauchraum trennt und zum anderen ein zentraler Bestandteil der Atmung ist und damit den Motor der gesamten Stimme bildet. Dies sollte im Unterricht zusätzlich besprochen werden, da es auch auf der Grafik zu sehen ist. Neben dem Fließtext gibt es unter dem Hinweis News einige Zusatzinformationen bezüglich der Resonanzräume, der Mutation und des Aufbaus des Kehlkopfes. Für die Erarbeitung der Resonanzräume gibt es zwei unterschiedliche Übungen mit dem Ziel diese zu ertasten und spüren zu lernen. Die erste Aufgabe besteht darin sich vorzustellen einen Apfel im Mund zu zerkauen, gleichzeitig einen beliebigen Ton zu summen und mit den Händen am Kopf zu spüren, welche Stellen mitschwingen. Im weiteren Verlauf soll der Oberkörper auch nach schwingenden Stellen abgetastet werden. Bei der nächsten Übung handelt es sich um eine Partnerübung. Ein/e Schüler/in summt einen Ton und der/die andere Schüler/in tastet den Rücken nach Stellen ab, die beim Summen mitschwingen. Im Buch sind zwei Körper abgebildet und die ertasteten Resonanzräume sollen nun in den Grafiken eingezeichnet werden. Auf diese Art und Weise haben die Schüler/innen die Möglichkeit, eigenständig ihre Resonanzräume des Körpers zu erarbeiten. Anhand des Funktionslieds „Momm“, welches auch in Form eines Kanons ausgeführt 69 werden kann, wird die Stimme locker aufgewärmt. Die angegebenen Wortlaute „Momm“, „Mamm“ und „Njam“ eigenen sich besonders gut für den Beginn. Der Konsonant „m“ hilft den richtigen Stimmsitz zu finden und für die Ausführung muss das Unterkiefer möglichst locker sein, sodass die Resonanzräume mitschwingen können. Darüber hinaus führt ein lockeres Unterkiefer zu einer Tiefstellung des Kehlkopfes und somit zu einer Entlastung, was zu einem optimalen Singergebnis führt. Die Aufgabenstellung gibt als Singhilfe das Mitspielen von Stabspielen und Flöten an. In Anbetracht des Inhalts des Kapitels und der Funktion des Liedes erscheint eine Begleitung durch andere Instrumente wenig sinnvoll, weil die durch die Begleitung abgelenkte Lehrperson nicht mehr ihre gesamte Aufmerksamkeit auf das Singen der Schüler/innen richten kann. In den weiteren Kapiteln werden keine zusätzlichen Informationen bezüglich des Aufbaus der Stimme gegeben. Das Kapitel 25 Musiktheater – Ein Blick hinter die Kulissen behandelt den Beruf des Opernsängers und die Schwierigkeiten, die damit verbunden sind. Zudem finden sich einige Hörübungen zu den verschiedenen Stimmlagen auf den Seiten 105, 111 und 112. Wie bereits in den vorher beschriebenen Bänden der Schulbuchreihe Erlebnis Musik 1 bis 4 zeichnet sich auch das letzte Buch durch zahlreiche Tanzanleitungen aus. Es kann somit festgestellt werden, dass Tänze und Bewegungsabläufe den Schwerpunkt der gegenständlichen Schulbuchreihe bilden. In Anlehnung an die Lehr- und Lerntheorie von Jérôme Bruner ist zu konstatieren, dass die Repräsentationsebenen für die Erarbeitung der menschlichen Stimme zwar genutzt werden, aber noch ausbaufähig sind. Der Fließtext über den Aufbau der Stimme gehört der Symbolebene an und entspricht dem Niveau von Schülerinnen und Schülern der dritten Klasse der Sekundarstufe I. Das Verständnis der Information wird durch die Verwendung der abgebildeten Grafik, sprich der ikonischen Ebene unterstützt. Diese Zeichnung gibt einen Überblick über den Stimmapparat und die damit verbundenen Funktionen. Somit werden auf einer Seite zwei Repräsentationsebenen, die ikonische und die Symbolebene abgedeckt. Die nächste Seite besteht hauptsächlich aus der 70 enaktiven Ebene mit dem Ziel selbständige Erfahrungen zu sammeln. Der News - Text am Ende der Seite bedient sich der Symbolebene, um weitere Informationen an die Schüler/innen zu vermitteln. Auf der letzten Seite kommen alle drei Ebenen gemeinsam zur Anwendung. Ein Bild, welches Schüler/innen bei der Tätigkeit des Singens zeigt, zwei Übungen und ein Informationstext. Auf diese Art und Weise wird nach Bruner die Erschließung eines Themengebietes erfolgreich. Der Anteil der Symbolebene überwiegt stark im Verhältnis zur enaktiven und ikonischen Ebene. Um zu Gewährleisten, dass ein abwechslungsreicher kognitiver Prozess des Lernens statt finden kann, sollten die drei Repräsentationsebenen mehr im Gleichgewicht stehen. 11.2 Klangfarben Jeder der zwei Doppelbände der Schulbuchreihe Klangfarben 1 – 4 beinhaltet ein Kapitel über die Stimme. Im ersten Doppelband werden gleich zu Beginn im zweiten Kapitel Unsere Stimme einige Informationen geboten. Dieses Kapitel ist unterteilt in: Die Singstimme (1), Die Singstimme (2), Sprache klingt und Singspaß. Die Singstimme (1) und Die Singstimme (2) behandeln den Aufbau der Stimme. Dabei wird hauptsächlich der aktive Atmungsvorgang beim Singen beschrieben, der anhand von Selbstversuchen erfahren werden soll. Jeder Versuch wird mit Hilfe einer Abbildung von Schülerinnen und Schülern dargestellt, sodass die richtige Ausführung garantiert ist. Unter dem Titel Resonanzräume in unserem Körper ist eine weitere Grafik abgedruckt, die die Bestandteile des Stimmapparates zeigt. Der Titel in Verbindung mit der Grafik könnte nun den Eindruck entstehen lassen, dass die Resonanzräume nur aus dem Kopf bestehen. Außerdem gibt es keine weiteren deskriptiven Informationen bezüglich der Erschließung der Resonanzräume und deren Funktion. Der Hinweis freie Arbeitsform, im rosa Kästchen am Ende der Seite angegeben, gibt insgesamt vier Übungen vor, die zur aktiven Atmung und zur Aktivierung des Zwerchfells führen sollen. Auf der nächsten Seite werden ein Lied sowie diverse Stimmübungen angegeben ohne jegliche Arbeitsaufgabe. Bei den Stimmübungen werden die Stimmwerkzeuge gelockert, die Geläufigkeit trainiert und der Stimmsitz durch die Klinger „n“ und „m“ trainiert. Weitere Singübungen finden sich gleich zu 71 Beginn der nächsten Seite, wo beim Singen eines Lieds auf den Klang der Stimme geachtet werden soll. In einem kurzen Fließtext wird auf den Unterschied zwischen Kopf– und Bruststimme eingegangen und in weiterer Folge gibt es drei Übungen zu diesem Thema. Passend zum angegebenen Lied finden sich immer Grafiken rechts oder links an der jeweiligen Seite. Das nächste Funktionslied Meine Stimme zielt darauf ab mehrstimmig zu singen. Die Schüler/innen sollen auch die zweite Stimme lernen und so gemeinsam zweistimmig singen. Zusätzlich werden noch folgende Aktivitäten angeboten: • Bringt selbst kurze Musikbeispiele mit Singstimmen mit und beschreibt deren Klang mit eigenen Worten. • Hört verschiedene Beispiele mit Singstimmen und versucht sie den Stimmlagen zuzuordnen (Klangfarben 1 bis 2, S. 17). Diese Übungen dienen nicht dem Zweck das Wissen bezüglich des Aufbaus der Stimme zu erweitern. In einem weiteren Kästchen, welches auf der selben Seite angebracht ist, werden die unterschiedlichen Stimmen der Erwachsenen aufgelistet, wobei kein Zusammenhang mit dem erlernten Lied erkennbar ist. Das Kapitel Sprache klingt besteht aus einer Vielzahl von Bildern von Schülerinnen und Schülern, Zeichnungen, Arbeitsaufgaben und grafisch hervorgehobenen Textpassagen. Es werden Aufgaben gestellt, die die Bedeutung der Artikulation in der Sprache vermitteln. Auf der nächsten Seite werden sieben verschiedene Übungen zu diesem Thema, darunter auch ein Gedicht angeboten. Es gibt allerdings keine Informationen zur Bildung von Lauten oder der Relevanz von Vokalen beim Sprechen im Speziellen. Somit wird der Zweck dieser Übungen nicht ersichtlich. Der letzte Teil Singspaß beinhaltet insgesamt vier Lieder. Information bezüglich der Tonerzeugung, der Tonverstärkung oder der Mutation sucht man vergeblich. Zusammenfassend werden innerhalb von 10 Seiten in dem Kapitel Unsere Stimme nur folgende Themen erklärt: die Atmung, die Stimmregister und die verschiedenen Stimmlagen. Im Doppelband Klangfarben 3 bis 4 behandelt das erste Kapitel Musik im Alltag die menschliche Stimme in zwei Teilen. Im ersten davon wird in einem Fließtext auf die 72 Mutation eingegangen und anschließend gibt es eine Übung durch die jede/r Schüler/in ihren/seinen eigenen Tonumfang herausfinden soll. Wie die Überschrift Lockerungs– und Atemübungen bereits erwarten lässt, wird auf der nächsten Seite auf die Notwendigkeit der Entspannung beim Singen eingegangen. Dazu werden zehn Übungen bezüglich der richtigen Atemführung, der Lockerung der Gesichtsmuskulatur und des Körpers sowie der Aktivierung des Zwerchfells angegeben. Unter Tipps für das Singen wird eine Glissandoübung empfohlen. Im zweiten Teil finden sich eine Abbildung, die den Querschnitt eines Kehlkopfs zeigt, und eine Beschreibung der Tonerzeugung. Zusätzlich wird auf derselben Seite das Thema Singen im Alltag aufgegriffen, wozu zwei Fragen bezüglich der eigenen Erfahrungen gestellt werden. In weiterer Folge finden sich Informationen zum Stimmtraining mit geeigneten Übungen zum Einsingen. Abschließend ist das Lied Der Stimm – Schubidubi ohne Arbeitsaufgabe angeführt. Bei der Analyse der jeweiligen Doppelbände fällt auf den ersten Blick die Fülle an Informationen, Bildern, Arbeitsaufgaben, Hinweisen und Liedern auf. Aufgrund dessen wirkt die Präsentation und die Darstellung von Wissen jedoch überladen, sodass die Schüler/innen leicht den Blick für das Wesentliche verlieren können. Dies zeigt sich beispielsweise, wenn ein Bild oder eine grafische Darstellung ohne zusätzlich Beschreibung nur versehen mit einem Titel angegeben wird, sodass deren Funktion und deren Zweck nicht ersichtlich sind. Daraus geht hervor, dass die Mittel der Darbietung nicht ökonomisch eingesetzt werden und deshalb der gewünschte Effekt nicht erzielt werden kann. Die verwendeten Repräsentationsarten decken sich mit der Lehr– und Lerntheorie von Jérôme S. Bruner. Die Handlungsebene wird durch diverse Aufgabenstellungen oder Lieder präsentiert, die Symbolebene spiegelt sich in den kurzen Informationstexten und Hinweisen in den bunten Kästchen wider und die Vielzahl an verwendeten Bildern, Zeichnungen und Grafiken fokussiert die Bildebene. In diesem Falle liegt das Problem nicht in den Repräsentationssystemen selbst, sondern darin, dass der ökonomische Aspekt beim Einsatz der verschiedenen Ebenen vollkommen außer Acht gelassen wird. Die Zielsetzung der einzelnen Übungen und Grafiken ist dadurch oft nicht ersichtlich. Diese ist jedoch von großer Bedeutung für die Motivation der Schüler/innen zur aktiven Teilnahme am Unterricht. 73 11.3 Club Musik In der Schulbuchreihe Club Musik 1 bis 4 wird die Stimme und ihre Funktion im ersten Buch ausführlich besprochen. In den weiteren Büchern werden Ausdrucksformen der Stimme präsentiert. Das zweite Kapitel in Club Musik 1 steht ganz im Zeichen der Stimme. Mit dem Titel Unsere Stimme wird sofort klar, welches Themengebiet nun erschlossen wird. Der Inhalt besteht aus der Atmung, dem Tonerzeuger und dem Resonanzkörper. Abschließend wird das Volkslied Old Mac Donald angegeben. Insgesamt umfasst dieses Kapitel drei Seiten, auf denen Bilder, Informationen, ein Lied und ein Spiel–mit–Satz zu finden sind. Abgerundet wird das Thema mit der Quiz–Box 2 die folgende Fragen beinhaltet: • Beim Singen atmet man in den Brust- und... • Der wichtigste Muskel für die Atmung ist das... • Wohin bewegt sich das Zwerchfell beim Ausatmen? • Welcher Körperteil erzeugt beim Sprechen und Singen den Ton? • Die Stimmlippen befinden sich... • Was heißt „resonare“?106 Mehrere Fragen zur Stimme gibt es im Musikquiz. Der Inhalt besteht nicht nur aus reinen Informationstexten. Es gibt nach jeder Information auch eine kurze Anleitung bzw. Anweisung, die zum eigenständigen Handeln und Ausprobieren anregt. Beuge im Stehen deinen Oberkörper weit nach vor und leg deine Hände in die Seiten! Wenn du nun langsam durch die Nase einatmest, wirst du spüren, dass sich der Bauchraum durch die einströmende Luft vergrößert.107 Zudem sind anatomische Bilder abgebildet, welche das Ein- und Ausatmen sowie das Innere eines Kehlkopfes zeigen. Die angegebenen Informationen sind sehr kurz gehalten, verzichten auf Begriffe, die 106 Club Musik 1 S. 8 107 Club Musik 1 S. 6 74 nur schwer von einem/r Schüler/in verstanden werden und beschränken sich auf das Wesentliche: • Funktion der Atmung • Erzeugung eines Tons beim Singen • Tonverstärkungssystem Neben den Anweisungen zum selbständigen Ausprobieren wird ein Bild gezeigt, auf dem ein Schüler abgebildet ist, der diese Übung gerade selbst ausprobiert. Auf diese Art und Weise können Missverständnisse hinsichtlich einer falschen Ausführung ausgeschlossen werden. Allein für dieses Kapitel gibt es insgesamt sechs verschiedene Übungen, welche die Schüler/innen dazu bringen sollen, durch das Sammeln eigener Erfahrungen das erworbene Wissen anzuwenden und zu verstehen. Abgerundet wird dieses Kapitel durch das Lied Old Mc Donald. Dazu wird ein liedbezogenes Einsingen angeboten, das alle Komponenten, die für das Singen wesentlich sind, beinhaltet: Körper, Atmung und Stimme. Zusätzlich gibt es zum Lied Old Mc Donald einen multimedialen Spiel–mit–Satz, wodurch die Koordination und die Aufmerksamkeit gefördert wird. Häufig ist ein Spiel-mit-Satz die Kombination aus Singen und Bodypercussion, welche durch visuelle Reize in multimedialer Form unterstützt wird. Abgesehen vom Kapitel Unsere Stimme werden in den weiterführenden Büchern von Club Musik keine weiteren Funktionen der Stimme näher beschrieben. Stattdessen gibt es an mehreren Stellen Zusatzinformationen zur Stimme. In Club Musik 2 werden die verschiedenen Stimmlagen auf S. 52 aufgezeigt. Im Band 3 wird im Kapitel singing das Off-beat-Singen erlernt und in Club Musik 4 werden im ersten Kapitel Voice–Up Übungen für die Artikulation, Zwerchfellatmung und den Vokalausgleich gezeigt. Das 17. Kapitel liefert noch einige Einblicke in verschiedene Gesangsformen wie das Background-Singen oder das scat singing. 75 Im weiteren Verlauf der Schulbuchreihe Club–Musik werden unter dem Titel Lautschulung, Raps, Zungenbrecher–Medleys Übungen die Artikulation der Vokale betreffend angegeben. Durch verschiedene Reime und Texte wird ein Bewusstsein für die unterschiedlichen Artikulationsarten von Vokalen geschaffen, welche gleichzeitig trainiert werden. Im Sinne der Lehr- und Lerntheorie von Jérôme S. Bruner gelingt es den Autoren der Schulbuchreihe Club Musik das Wissen möglichst ökonomisch und wirksam zu vermitteln. Bei der Untersuchung des Kapitels Unsere Stimme lässt sich feststellen, dass die Funktion der Stimme auf allen drei Ebenen vermittelt wird. So werden in den Informationstexten Wörter verwendet, die dem Verständnishorizont der Schüler/innen entsprechen (Symbolebene). Durch diverse Abbildungen werden visuelle Anreize geschaffen, die der Bildebene angehören und darüber hinaus wird -durch Anleitungen zu praktischen Übungen -Wissen auf der enaktiven Ebene vermittelt. Die Verbindung dieser Repräsentationsarten ermöglicht die erfolgreiche Vermittlung von Wissen und somit ein erfolgreiches entdeckendes Lernen. Weiters ist zu erkennen, dass die unterschiedlichen Ebenen nicht in einer bestimmten Reihenfolge verwendet werden. Bei der Betrachtung der ersten Seite des Kapitels (S. 6) lässt sich konstatieren, dass alle Ebenen abgedeckt sind. So findet sich zwischen zwei Textinformationen-, eine Übung-, und neben einer weiteren Übung darunter rechts am Rand ein Bild. Durch das Singen eines Liedes am Ende des Kapitels soll das vermittelte Wissen durch Anwendung gefestigt werden. 11.4 Zusammenfassung der Analyseergebnisse Die Analyse der ausgewählten Schulbuchreihen Erlebnis Musik, Klangfarben und Club Musik hat ergeben, dass in jeder Schulbuchreihe mindestens ein Kapitel zu finden ist, welches den Aufbau der menschlichen Stimme behandelt. Auffallend dabei ist, dass es wesentliche Unterschiede in der Aufarbeitung des Themas und des gewählten Zeitpunkts der Vermittlung in Bezug auf die Schulstufe gibt. In der Schulbuchreihe Erlebnis Musik wird der Aufbau der menschlichen Stimme erst im dritten Lernjahr erklärt, wogegen die Stimme in den anderen Lehrwerken Club Musik und Klangfarben 76 bereits ab der ersten Schulstufe vorkommt. Das Schulbuch Klangfarben ist das einzige der untersuchten Werke, welches die Stimme in der ersten und in der dritten Schulstufe behandelt. Alle drei Lehrwerke bedienen sich der ikonischen und der enaktiven Ebene sowie der Symbolebene. Dies geschieht jedoch auf unterschiedliche Weise. Vergleicht man die Anzahl der Grafiken und Bilder, die in Erlebnis Musik für die Darstellung der menschlichen Stimme verwendet werden mit jenen in Klangfarben, fällt auf, dass sich das erstgenannte Werk vor allem durch die geringe Anzahl an Bildern und Grafiken von Klangfarben unterscheidet. Denn Erlebnis Musik bedient sich bei der Vermittlung von Wissen verstärkt der Symbolebene. Um Wissen möglichst effizient zu vermitteln, sollten die verwendeten Repräsentationsebenen vergleichsweise in derselben Anzahl vorkommen. Dies lässt sich vor allem für das Werk Club Musik konstatieren, worin außerdem multimediale Elemente verwendet werden sowie die Möglichkeit der selbstständigen Wissensüberprüfung durch das Quizformat. Die Analyse zeigt, dass in den Schulbuchreihen Erlebnis Musik und Klangfarben nicht alle Komponenten, die für den Aufbau des Stimmapparates notwendig sind, ausreichend beschrieben werden. In Club Musik hingegen wird durch Erklärung des Atemsystems, der Tonerzeugung und des Tonverstärkungssystems ein umfassendes Wissen über den Stimmapparat vermittelt. Allerdings wird hier auf deskriptive Zusatzinformationen über die Mutation, wie sie in Erlebnis Musik zu finden sind, verzichtet. Ein weiterer beträchtlicher Unterschied liegt in der Anzahl der Seiten, die das Thema einnimmt. Mit insgesamt 14 Seiten über die menschliche Stimme liegt die Schulbuchreihe Klangfarben auf der ersten Position, gefolgt von Club Musik und Erlebnis Musik mit jeweils 3 Seiten. 77 12 Analyse des Stimmtrainingsangebots Sekundarstufe I in Schulbüchern der Bei der Untersuchung der Schulbücher nach dem Stimmtrainingsangebot wurde wie folgt vorgegangen. Im theoretischen Teil dieser Arbeit wurde bereits dargestellt, aus welchen Komponenten ein erfolgreiches Stimmtraining bestehen sollte. Daraus ergeben sich folgende große Teilbereiche: Körper, Atmung und Stimme. Übungen zum Körper sollten die Lockerung der Arme, der Beine, des Oberkörpers, des Kopfs und der Wirbelsäule garantieren und gleichzeitig die natürliche Körperhaltung fördern. Im Bereich der Atmung ist laut Mohr zwischen der reflektorischen Einatmung, der Zwerchfellprovokation und der Suggestion zu differenzieren. Nach diesen Gesichtspunkten wurden die Atemübungen analysiert. Der Aspekt der Stimme wurde untersucht nach Übungen für den Stimmeinsatz, den Vokalausgleich, den Stimmumfang, die Artikulation, die Erschließung der Resonanzräume und die Lockerung der Stimmwerkzeuge, die aus Unterkiefer, Zunge, Lippen und Kehlkopf bestehen. Darüber hinaus wird unterschieden, ob es sich dabei um liedbezogenes Einsingen oder um reines Stimmtraining handelt, welches im Gegensatz zum liedbezogenen Einsingen sowohl zur Vorbereitung für ein Lied oder auch unabhängig vom Kontext verwendet werden kann. Weiters werden zusätzliche Angebote für die Stimme wie beispielsweise unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten oder experimentelle Ansätze angeführt. Für die Analyse wird jedes einzelne Buch der jeweiligen Schulbuchreihe herangezogen und die Form des Stimmtrainings, die Aufarbeitung und die Häufigkeit analysiert. Die Häufigkeit spielt eine wesentliche Rolle hinsichtlich der langfristigen Wirkung eines regelmäßigen Stimmtrainings. Sprechstücke werden nur als Stimmtrainings angesehen, wenn in der Anleitung auf die richtige Artikulation und Ausführungsweise verwiesen wird. 78 12.1 Erlebnis Musik 35 30 25 20 Lieder Stimmtraining 15 10 5 0 Erlebnis Musik 2 Erlebnis Musik 4 Erlebnis Musik 1 Erlebnis Musik 3 Abbildung 11: Stimmtrainingsangebot in Erlebnis Musik Dieses Diagramm zeigt die Relation des Stimmtrainingsangebots zu den Liedern im jeweiligen Schulbuch aus Erlebnis Musik. Es fällt auf, dass der vierte Band kein einziges Stimmtraining beinhaltet. Im ersten Band finden sich hingegen drei Übungen, zu den Komponenten der Atmung und der Stimme. Auf der Seite 4 ist unter dem Hinweis Probier es! eine Übung für die reflektorische Einatmung angegeben. Zusätzlich wird eine Information bezüglich der richtigen Haltung und der Artikulation beim Singen angeführt, allerdings gibt es dazu keine Übungen. Für die Stimme gibt es zwei Übungen, die mit dem Titel Einstimmübungen gekennzeichnet sind. Der zweite Band enthält ebenfalls zwei Stimmtrainings, wobei sich diese Übungen nur auf die Stimme beziehen und die Komponenten Körper und Atmung nicht behandeln. Darunter befindet sich eine Anleitung zur Verbesserung der Artikulation beim Sprechen in Form eines Raps. Die meisten Stimmtrainingsangebote beinhaltet das Schulbuch Erlebnis Musik 3. Für alle drei Komponenten, die für ein erfolgreiches Stimmtraining notwendig sind, werden Übungen angeboten. Hier findet sich die einzige Übung für die Lockerung des Körpers, die mit der Beschreibung des Aufbaus des Stimmapparates und dessen Funktion im Kapitel Die menschliche Stimme zusammenhängt. 79 Dieses Kapitel endet mit einem Hinweis Probier es!, der die Schüler/innen auffordert die Stimme täglich zu pflegen und sorgfältig damit umzugehen. Der Hinweis gliedert sich wie folgt: 1. Wecke zuerst deinen Körper auf 2. Wecke deine Stimme auf 3. Kleine Ton–Übungen für deine Stimme Diese Übungen beinhalten die wichtigsten Komponenten, die für gesundes Singen notwendig sind: Körper, Atmung und Stimme. Die Aufgabenstellung lautet: Hier findest du eine kleine Übungsfolge, die du zum täglichen Aufwärmen deiner Stimme benutzen kannst. 108 Es wäre angebracht, diesen Hinweis vor dem Funktionslied anzuführen, um mit den Schülerinnen und Schülern gleich gemeinsam die Stimme zu trainieren und im Anschluss daran ein Lied zu singen, damit die Funktion und der Ertrag einer solchen Übung ersichtlich wird. Die Übungen für die Stimmbildung werden meist vor einem Lied angegeben, wie beispielsweise auf Seite 17 in Erlebnis Musik 2. Wenn es sich dabei um eine Einstimmübung handelt, ist dieses Stimmtraining häufig in derselben Tonart, wie das zu erarbeitende Lied angegeben und beinhaltet Melodieverläufe daraus. Entsprechend der Definition in Kapitel 7. Liedbezogenes Stimmtraining wird davon ausgegangen, dass es sich dabei um eine Form des liedbezogenen Einsingens handelt, die jedoch nur die Komponente der Stimme miteinbezieht. Im Bereich der experimentellen Übungen für die Stimme ist das Angebot eher mangelhaft. Im zweiten Kapitel des ersten Bandes Was wir alles hören können werden die Schüler/innen dazu aufgefordert, mit ihrer eigenen Stimme oder Instrumenten Geräusche, wie zum Beispiel einen Bienenschwarm oder einen winterlichen Schneesturm nachzuahmen. Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass in den ersten beiden Bänden jeweils drei und im dritten sechs Stimmtrainings angeboten werden. Davon können drei als eine Form des liedbezogenen Einsingens betrachtet werden. Insgesamt sind bei der Analyse der Schulbuchreihe Erlebnis Musik zwölf 108 Erlebnis Musik 3, S. 8 80 Stimmtrainingsangebote zu finden. Davon betrifft eine Übung den Körper, drei die Atemtechnik und weitere acht das Aufwärmen der Stimme. Für eine gesunde Stimme ist eine regelmäßige Stimmpflege unerlässlich, die nur durch ein durchgehendes Stimmtrainingsangebot erreicht werden kann. Aufgrund der geringen Häufigkeit von Stimmtrainings in Erlebnis Musik kann das Ziel einer langfristigen Wirkung derselben daher nicht bestätigt werden. 12.2 Klangfarben 70 60 50 40 Lieder Stimmtraining 30 20 10 0 Klangfarben 1 - 2 Klangfarben 3 - 4 Abbildung 12: Stimmtrainingsangebot in Klangfarben Dieses Diagramm zeigt die Anzahl der Stimmtrainingsangebote im konkreten Vergleich zum Liedangebot in der Schulbuchreihe Klangfarben. In beiden Schulbüchern sind vier Übungen für die Stimmbildung zu verzeichnen. Da Klangfarben aus zwei Doppelbänden besteht und ein Band daher für zwei Jahrgangsstufen verwendet wird, verkleinert sich das Stimmtrainingsangebot auf zwei Übungen pro Klassenstufe. Der erste Doppelband beinhaltet keine Übungen oder Hinweise für die richtige Haltung oder die Lockerung des Körpers. Auf die Funktion des Körpers wird beim Singen nicht eingegangen, wodurch sich das Nichtvorhandensein einer Körperübung erklären lässt. Im Kapitel Unsere Stimme werden drei Stimmtrainings bezüglich Atmung und Stimme 81 angeboten, die im Zusammenhang mit dem zu erarbeitenden Thema der Atemfunktion steht. Eine wesentliche Rolle in diesem Kapitel spielt die Atmung, was an mehreren Übungen zur reflektorischen Einatmung sowie zur Zwerchfellprovokation (z.B., Ausblasen einer Kerze, aktive Beobachtung des Atemflusses), erkennbar ist. Außerdem gibt es bezüglich der Stimme zwei Stimmtrainingsangebote, die unmittelbar aufeinander folgen. Auf der Seite 15 werden drei Übungen unter dem Titel Stimmübungen zusammengefasst, wodurch folgende Parameter der Stimmbildung trainiert werden: Vokalausgleich, Stimmumfang, Artikulation und Erschließung von Resonanzräumen. Auffallend ist, dass dieses Stimmtraining in keiner Verbindung mit einem Lied steht, das auf derselben Seite angeführt ist. Aus diesem Grund ist die Anordnung des Liedes und des Stimmtrainings auf dieser Seite in frage zu stellen. Eine Möglichkeit wäre, die sogenannten Stimmübungen am Beginn der Seite anzuführen und diese in Verbindung mit dem Lied zu bringen -zum Beispiel durch Text oder Melodie- und dann das Lied unterhalb anzugeben, wodurch der Zweck dieser Übung für die Schüler/innen ersichtlich wird. Am Ende des ersten Doppelbandes befindet sich noch ein weiteres Stimmtraining mit einer Doppelfunktion. Zum einen kann diese Übung zum Einsingen und zum anderen als Begleitstimme zum Lied verwendet werden. Die Form der Darstellung muss dabei allerdings als fragwürdig bezeichnet werden, da die angeführten Stimmen nicht in der Reihenfolge ihrer Stimmlage geschrieben sind. So befindet sich die höchste Stimme in der untersten Zeile und die tiefste Stimme in der obersten. Besonders in einem Schulbuch ist es von nöten, auf die Korrektheit der Darbietung von Notenbeispielen zu achten, um Verwirrungen und Unklarheiten bei den Schülerinnen und Schülern zu vermeiden. In Klangfarben 1 bis 2 gibt es auf der Seite 133 zudem die Möglichkeit, anhand eines Textes mit der eigenen Stimme zu experimentieren, wodurch eine neue Erfahrung gewonnen werden kann. Im nächsten Doppelband gibt es innerhalb eines Kapitels Musik im Alltag insgesamt vier Übungen für die Stimme, die alle drei Komponenten behandeln und somit ein erfolgreiches Stimmtraining garantieren. In den darauf folgenden Kapiteln sind keine 82 zusätzlichen Stimmtrainingsangebote mehr angeführt. Es muss daher auch für diese Schulbuchreiche festgestellt werden, dass mit den wenigen Übungen zur Stimmbildung keine langfristigen Auswirkungen auf die Stimme erzielt werden können. Sprechstücke sind zwar vorhanden und es wird im ersten Doppelband (siehe S. 19) eine Übung zur Bildung von Lauten angegeben, wodurch die Artikulation trainiert wird. Jedoch können die Sprechstücke nicht das mangelnde Stimmtrainingsangebot ersetzen. Außerdem scheitert deren Erfolg an der nicht vorhandenen Beschreibung zur richtigen Artikulation, wodurch diese Sprechstücke nicht zu den Stimmtrainings gezählt werden können. 12.3 Club Musik 25 20 15 Lieder liedbezogenes Einsingen Stimmtraining 10 5 0 Club Musik 2 Club Musik 1 Club Musik 4 Club Musik 3 Abbildung 13: Stimmtrainingsangebot in Club Musik Die Stimmtrainings in Club Musik werden hauptsächlich als liedbezogene Einsingübungen verwendet. Dahingehend muss das Diagramm durch die Einführung einer zusätzlichen Ebene, die des liedbezogenen Einsingens erweitert werden. Bis auf insgesammt 13 Stimmtrainings im ersten, zweiten und letzten Band, können die übrigen 39 Übungen als liedbezogenes Einsingen bezeichnet werden. Das Diagramm zeigt somit die Anzahl der liedbezogenen Einsingübungen im direkten 83 Vergleich zum Lied- und Stimmtrainingsangebot. Dabei kann man erkennen, dass die Anzahl der liedbezogenen Einsingübungen im Durchschnitt etwa die Hälfte der Anzahl der angebotenen Lieder beträgt. Es zeigt sich, dass im ersten Band von Club Musik mit 14 liedbezogenen Einsingübungen die meisten Übungen zu verzeichnen sind. Wie bereits erwähnt besteht ein Stimmtraining sowie ein liedbezogenes Einsingen im Idealfall aus den Komponenten Körper, Atmung und Stimme. In Club Musik 1 kann dies vor allem zu Beginn festgestellt werden, da hier der Inhalt eines Liedes oft als Vorlage zu einer Körper- und Atemübung genutzt wird, wie beispielsweise auf S. 8. Zu Beginn der Übung wird der gesamte Körper gelockert, indem sich die Schüler/innen vorstellen, dass sie den Regen von ihrer Kleidung abschütteln. Bei der Atmung wird durch die Nase eingeatmet und durch den Mund ausgeatmet. Anschließend werden die Stimmwerkzeuge gelockert und der letzte Teil aus dem Lied in verschiedenen Stimmungen (glücklich, traurig, bedrückt etc. ) gesungen. Das Ende des Stückes eignet sich zudem besonders gut, da gleichzeitig der Vokalausgleich trainiert werden kann. Im weiteren Verlauf des Buches konzentrieren sich die liedbezogenen Einsingübungen jedoch vor allem auf die Atmung und die Stimme. Die Schulbücher Club Musik 3 und Club Musik 4 verfügen jeweils über neun liedbezogene Einsingübungen, wobei das Verhältnis zu den vorhandenen Liedern sehr unterschiedlich ist. Für den Großteil der angebotenen Stimmtrainings kann für beide Bände festgestellt werden, dass alle Komponenten für ein optimales Stimmtraining berücksichtigt werden. Mit Abstand am wenigsten liedbezogene Einsingübungen sind im zweiten Band der Schulbuchreihe zu finden. Als Ergänzung zu den Stimmtrainings enthält der erste Band unter dem Titel Lautschulung ein Angebot aus acht Übungen zur effektiven Artikulation, welches für jeden einzelnen Vokal ein Sprechstück anbietet. Zuerst wird dabei die Bildung des Vokals erklärt, die im Anschluss anhand eines Stückes trainiert werden kann. Zu jeder Lautschulung gibt es ein passendes Playback, welches die Durchführung erleichtert. Solche Artikulationsübungen finden sich auch in den übrigen Bänden von Club – Musik. In Band 2 werden beispielsweise Raps entsprechend der verschiedenen Vokale angegeben wie beispielsweise der O–Rap auf Seite 23, wodurch ein neue Musikgattung 84 eingeführt wird. Das Schulbuch Club Musik 3 enthält zwei Zungenbrecher–Medleys, die zur Förderung der Sprechtechnik angeboten werden. Im Unterschied zu den bereits genannten Artikulationsübungen, werden die Zugenbrecher–Medleys nicht gesprochen, sondern einstimmig oder im Kanon gesungen. Da hierbei allerdings auf Hinweise bezüglich der Artikulation verzichtet wird, werden diese nicht als Stimmtrainings bezeichnet. Im letzten Band der gegenständlichen Schulbuchreihe gibt es in der Voice–Up Sammlung 1 bis 3 eine weitere Übung für die Artikulation. Die hohe Anzahl solcher Übungen für die Artikulation beim Sprechen wie auch beim Singen sowie die Verteilung derselben über alle vier Bände deutet darauf hin, dass durch ständige Wiederholung dieses Themas auch ein langfristiger Lerneffekt erzielt werden möchte. Außerdem enthält dieses Buch einige Ansätze, die den experimentellen Einsatz mit der Stimme fördern. Hinter dem Titel Wir experimentieren mit unserer Stimme verbirgt sich ein ganzes Kapitel, welches verschiedene Gestaltungsmöglichkeiten der Stimme zeigt. Mit der Vorstellung, dass sich die Schüler/innen in mitten eines Vergnügungsparks befinden, werden die einzelnen Stationen, wie zum Beispiel die Geisterbahn, stimmlich dargestellt. Eine weitere Form ist die Kreation einer eigenen Klangstraße. Anschließend wird die Stimme in der Gattung Neue Musik mit dem damit verbundenen Notenbild präsentiert. Auf diese Art und Weise haben die Schüler/innen die Möglichkeit, ihre eigene Stimme auf diverse Arten kennen zu lernen und ihre Grenzen auszuloten. Die hohe Anzahl der angebotenen Stimmtrainings in Verbindung mit den liedbezogenen Einsingübungen und deren ausgewogene Verteilung über alle vier Bände ermöglichen eine nachhaltige Entwicklung der Stimmbildung. Die Verwendung von liedbezogenen Einsingübungen, die in den meisten Fällen alle Komponenten, die für eine optimale Stimmpflege notwendig sind, beinhalten, sichert zudem eine bewusste und gesunde Nutzung der Stimme. Außerdem sind sie so fein in eine Geschichte oder in eine Imagination eingebettet, dass sie von den Schülerinnen und Schülern ausgeführt werden ohne zu merken, dass es sich dabei um eine Übung zur Stimmbildung handelt. 85 12.4 Zusammenfassung der Analyseergebnisse Aus der Untersuchung der drei Schulbuchreihen geht hervor, dass alle Werke Stimmtrainings beinhalten. Allein in Anbetracht der Anzahl der Stimmtrainingsangebote sind jedoch große Unterschiede in Bezug auf den Stellenwert erkennbar , den die Stimmbildung in den einzelnen Lehrwerken einnimmt. In den Schulbuchreihen Erlebnis Musik und Klangfarben ist das Angebot mit zwölf bzw. mit acht Übungen zur Stimme sehr bescheiden. Club Musik beinhaltet dagegen 13 Stimmtrainings und 39 liedbezogene Einsingübungen, die zusammen einen Gesamtwert von 52 ergeben. Das Ergebnis zeigt auch, dass nur die Schulbuchreihe Club Musik den Fokus auf das Lernziel eines langfristiges Stimmtrainings legt. Ein weiterer Unterschied liegt in der Diversität des Angebots im Hinblick auf die Komponenten des menschlichen Stimmapparates, die in den Übungen berücksichtigt werden. Neben den Übungen für die Stimme ist es zudem notwendig auch Übungen für den Körper und die Atmung anzubieten. Dieses Kriterium, den menschlichen Stimmapparat als Ganzes bestehend aus Atmung, Körper und Stimme zu vermitteln, wird in den Schulbuchreihen Erlebnis Musik und Klangfarben durch das Fehlen der entsprechenden Übungen nicht erfüllt. Neben der einzigen körperbezogenen Übung in Erlebnis Musik handelt es sich bei den restlichen Stimmtrainings in diesen zwei Schulbüchern um Übungen für die Atmung und hauptsächlich für die Stimme. Sprechstücke findet man sowohl in Klangfarben als auch in Club Musik, wobei im erstgenannten Werk von den 10 Sprechstücken keines davon Hinweise zur Artikulation anführt. Die Schulbuchreihe Club Musik hingegen enthält mit insgesamt 18 Sprechstücken ein großes Angebot an Sprechstücken, die zum Großteil mit ausführlichen Hinweisen die Aussprache betreffend beschrieben sind. Die Kombination von zahlreichen vielfältigen Stimmtrainings mit gezielter Lautschulung durch Sprechstücke in Club Musik und eine ausgewogene Verteilung über vier Lernjahre ermöglicht eine langfristige nachhaltige Stimmbildung. Dadurch wird den Schülerinnen und Schülern ein erfolgreicher Umgang mit und ein effektiver Einsatz der Stimme leicht gemacht. Es zeigt sich daher, dass die Schulbuchreihe Club Musik alle für diese Analyse aufgestellten Kriterien die Stimmbildung betreffend erfüllt. 86 13 Analyse des Liedangebots in Schulbüchern der Sekundarstufe I Als Basis dieses Teils der Untersuchung wurde eine Liste erstellt, in der alle in den einzelnen Bänden der Schulbuchreihen enthaltenen Lieder, samt deren Titel, Tonumfang und Liedgattung erfasst werden. Dabei wird zwischen folgenden Liedgattungen unterschieden: Funktions-, Volks-, Kunst-, Jazz, Pop- und Rocklieder. Auf diese Auswahl wird im nächsten Schritt bei der Definitionserläuterung näher eingegangen. Anhand der ermittelten Anteile der einzelnen Liedgattungen in Prozent des gesamten Liedangebots wird es möglich, die Schwerpunkte der Schulbücher festzustellen. Darüber hinaus lässt sich so feststellen, inwiefern die Lieder den Stimmumfang der Kinder und Jugendlichen fördern und ob damit ein langfristiger Effekt für eine positive Entwicklung der Stimme erzielt werden kann. 13.1 Definitionen 13.1.1 Funktionslied Unter dem in dieser Arbeit angeführten Begriff Funktionslied ist ein Lied zu verstehen, welches genutzt wird, um ein Kapitel eines Schulbuches zu eröffnen, ein neues Thema einzuleiten oder ein Lied, welches eigens für die Erarbeitung eines Themas komponiert wurde. Daraus geht hervor, dass es eine bestimmte Funktion erfüllen muss, die für die Schüler/innen auch möglichst ersichtlich sein sollte und im musiktheoretischen Zusammenhang steht. 13.1.2 Volkslied Für den häufig verwendeten Begriff Volkslied gibt es keine allgemein gültige Definition. Dennoch verfügt diese Gattung über einige Merkmale, die das Volkslied von anderen unterscheidet. Bei Volksliedern handelt es sich um Lieder, die von einer Gruppe von Leuten gekennzeichnet durch eine gemeinsame Sprache, Kultur und Traditionen, sprich „dem Volk“ gesungen wird. Der Komponist bzw. der Dichter eines Volkslieds ist meist nicht bekannt. Hauptsächlich werden die Volkslieder mündlich überliefert und unterliegen dadurch ständiger Veränderungen. Dies hat zur Folge, dass zahlreiche Variationen eines Volkslieds vorhanden sind, die sich in Melodieverlauf, Tempo oder im Text bis hin zur 87 Mehrstimmigkeit voneinander unterscheiden. Innerhalb der Gattung Volkslied wird zudem zwischen weltlichen und geistlichen Liedern unterschieden, die nach ihrer Funktion, Form und ihrem Inhalt unterteilt werden. Der Begriff weltliche Volkslieder beinhaltet unter anderem Arbeits-, Tanz-, Kinder- und Brauchlieder. Zu den geistlichen Liedern gehören Totenlieder, Passionslieder etc. Eine Besonderheit des Volksliedes liegt im historisch–sozialen Kontext und sein Text kann einen Einblick in das Denken, Handeln und Fühlen dieser Zeit geben.109 Die Bezeichnung Traditional ist der englische Begriff für Volkslied und wird in dieser Arbeit zur Gattung Volkslied gezählt. 13.1.3 Kunstlied Das Kunstlied entwickelte sich im 18. Jahrhundert in der Zeit der Klassik. In der Regel handelt es sich beim Kunstlied um einen Sologesang mit Klavierbegleitung. Dichter und Komponist sind bekannt. Darüber hinaus ist dieses Liedgut im Besonderen in der deutschen Musikgeschichte verankert und erlangte außerhalb des deutschsprachigen Raumes kaum Bedeutung. Die Kunstlieder verarbeiten Themen wie Natur, Liebe, Weltschmerz, Sehnsucht, Ferne, Abschied usw. und sind meist in Strophenform oder auch durchkomponierter Form aufgebaut. Charakteristisch für diese Form der Liedgattung sind die Vertonung von Lyrik und das Streben nach Kunst.110 13.1.4 Jazz-, Pop- und Rocklied Der für diese Arbeit verwendete Begriff Jazz-, Pop- und Rocklied ist zusammengesetzt aus den Musikgattungen Jazz-, Pop- und Rockmusik. Dieser Terminus basiert historisch gesehen auf der Grundlage von afroamerikanischer Unterhaltungsmusik und Tänzen, der sich durch die fortschreitende Entwicklung der Tonträger und durch den Einfluss der Medien zu einer Massenware entwickelte und sich dadurch in einem ständigen Prozess befindet. Vor allem die Musikgattung Pop- und Rockmusik ist ein sehr breiter Begriff, der zahlreiche Genres beinhaltet, unter anderem Rock'n'Roll, Funk, Soul, Hip-Hop, 109 Vgl. Volkslied, http://www.musiklexikon.ac.at/ml?frames=yes (30.05.2015) 110 Vgl. Schulprojekt „Klassik für Jugend“, http://www.schubertiade.de/Schule/pdf/Klassik_fuer_Jugend_SchwanengesangProgramm_und_Vorbereitungsmaterial.pdf (30.05.2015) 88 Heavy Metal etc.111 Zur Jazzmusik gehören auch geistliche Lieder, die unter dem Begriff Spiritual bekannt sind. 112 Der Einfluss der Medien sowie die Bedeutung der Musik in ökonomischer und kommerzieller Hinsicht ließen die Jazz–, Pop- und Rockmusik zunehmend zu einem Marketinginstrument werden.113 Innerhalb der letzten drei Jahrzehnte entwickelte sich diese Musikgattung aus einer kulturellen Erscheinungsform zu einem gesamtgesellschaftlichen Phänomen, welches in unserem Alltag allgegenwärtig ist. Bei den Jazz-, Pop- und Rockliedern handelt es sich in erster Linie um ein fait social deren musikalischer Wert von den Rezipienten abhängt. In den meisten Fällen zeichnen sich diese Musikgattungen durch eine eingängige Melodie und Harmonie aus, die begleitet werden von einem einfachen Rhythmus, aufgebaut nach dem Formprinzip Strophe – Refrain. Der Unterschied zur Klassik liegt hauptsächlich in der Art und Weise der Tonbildung, der Rhythmik und der Phrasierung. Die Jazz, Pop- und Rocklieder sind für die Schülerinnen und Schüler von wesentlicher Bedeutung im Hinblick auf Erfahrungswelt und Expressivität. Sie bieten ihnen die Möglichkeit sich mit den Liedern zu identifizieren und dadurch eine individuelle Ausdrucksform zu entwickeln.114 111 Vgl. Helms, Kompendium der Musikpädagogik, S. 263-265 112 Vgl. Jazz, http://de.wikipedia.org/wiki/Jazz 113 Vgl. Jazz, Rock und Popmusik, http://www2.hu-berlin.de/fpm/textpool/texte/wicke_jazz-rock-popmusik.htm (30.05.2015) 114 Vgl. Helms, Kompendium der Musikpädagogik, S. 265-271 89 13.2 Erlebnis Musik 35 30 30 24 25 20 20 15 11 10 5 0 Erlebnis Musik 1 Erlebnis Musik 2 Erlebnis Musik 3 Erlebnis Musik 4 Abbildung 14: Anzahl der Lieder pro Schulbuch in Erlebnis Musik Dieses Diagramm visualisiert die Anzahl der Lieder pro Band in Erlebnis Musik. Es ist festzustellen, dass im ersten Schuljahr das Liedangebot am öchsten ist und im weiteren Verlauf bis ins dritte Schuljahr stetig sinkt. Ein neuerlicher Anstieg ist im vierten Schuljahr mit insgesamt 24 Liedern zu konstatieren im Gegensatz zu nur 11 Liedern im vorhergehenden Schuljahr. Buch Lieder Kapitel Lieder/Kapitel Erlebnis Musik 1 30 33 0,9 Erlebnis Musik 2 20 25 0,8 Erlebnis Musik 3 11 27 0,4 Erlebnis Musik 4 24 29 0,8 Tabelle 1: Lieder pro Kapitel in Erlebnis Musik In Anbetracht der Verhältnisse der Lieder zur Anzahl der Kapitel zeigt sich ebenfalls, dass der Durchschnitt von 0,4 Lieder pro Kapitel im dritten Jahr am geringsten ausfällt, 90 während Band 1 der gegenständlichen Schulbuchreihe den höchsten Wert von 0,9 Liedern pro Kapitel aufweist. Bezüglich der Qualität des Liedangebots ist vor allem die Diversität der Liedgattungen, die in den Schulbüchern angeboten wird, von Bedeutung, da es den Schülerinnen und Schülern dadurch ermöglicht wird, neue Stilrichtungen in der Musik kennenzulernen. An dieser Stelle muss auf die Problematik der Differenzierung zwischen Funktionsliedern und Jazz-, Pop– und Rockliedern eingegangen werden, die in der Schulbuchreihe Erlebnis Musik aufgrund der Vielzahl an Liedern, die im Popstil verfasst sind und zugleich eine Funktion erfüllen, fast unmöglich ist. Im zweiten Schulbuch sind beispielsweise fünf von insgesamt elf Funktionsliedern dem Popstil zuzuschreiben. Sie wurden in dieser Untersuchung wegen ihrer Funktion als Funktionslieder kategorisiert. Die Funktions- und die Volkslieder sind in der Schulbuchreihe Erlebnis Musik mit Abstand am häufigsten vertreten (s. Anhang Abbildung 18). Mit 55% befinden sich im zweiten Band am meisten Funktionslieder. Einen geringfügig kleineren Anteil nehmen die Volkslieder ein, die im ersten Schulbuch 47% des Liedangebots bilden. Die Liedgattungen Kunst-, Jazz-, Pop- und Rocklied werden wenig bis gar nicht angeboten. In Erlebnis Musik 1 liegt das Hauptaugenmerk mit jeweils 47% bei den Funktions- und Volksliedern, in Band 2 nimmt die Anzahl der Volkslieder ab, aber dafür steigt das Liedangebot im Bereich der Funktionslieder. In Band 3 zeigt sich dasselbe Bild wie bei Erlebnis Musik 1, wobei der Anteil nur mehr bei 36% liegt. Erlebnis Musik 4 setzt mit 33% Jazz-, Pop- und Rockliedern einen neuen Fokus. Zugleich befindet sich in diesem Buch das größte Angebot an Jazz-, Pop- und Rockliedern der gesamten Schulbuchreihe. Bei der Untersuchung bezüglich des Stimmumfangs ist festzustellen, dass der Tonumfang vom kleinen gis bis zum f'' reicht und daher vor allem in den tiefen Lagen die Kinder – und Jugendstimme verwendet wird. Eine große Anzahl der angegebenen Lieder umfassen eine bis 1 ½ Okatven ausgehend von h bis d''. Laut Mohr, der den Tonumfang eines Schulkindes von a bis a'' beschreibt, liegt dies im möglichen Bereich 91 der Kinder– und Jugendstimmbildung und ist nach oben hin noch ausbaufähig. Darüber hinaus ist auch ein Angebot an mehrstimmigen Liedern zu finden, wodurch die Schüler/innen lernen in ihrer eigenen Stimme zu bleiben und gleichzeitig aufeinander zu hören. 13.3 Klangfarben 70 63 60 48 50 40 30 20 10 0 Klangfarben 1 - 2 Klangfarben 3 - 4 Abbildung 15: Anzahl der Lieder pro Schulbuch in Klangfarben Buch Lieder Kapitel Lieder/Kapitel Klangfarben 1 – 2 63 13 4,8 Klangfarben 3 – 4 48 12 4 Tabelle 2: Lieder pro Kapitel in Klangfarben Die Schulbuchreihe Klangfarben unterscheidet sich von den jeweils anderen Schulbüchern durch den Aspekt des Doppelbandes. Dieses Diagramm zeigt die Liedanzahl pro Doppelband, welche sich wesentlich voneinander unterscheiden. Der erste Doppelband beinhaltet 63 Lieder, im Gegensatz zum zweiten, der 48 umfasst. Anhand der Tabelle 2 ist zu erkennen, das sich pro Kapitel für das Schulbuch Klangfarben 1 – 2 ein Durchschnittswert von 4,8 Liedern pro Kapitel ergibt, welcher 92 sich im darauf folgenden Doppelband auf 4 verringert. Es zeigt sich zudem eine geringfügige Verringerung des Liedangebots im Laufe der Lernjahre, wobei sich hier die Frage stellt inwiefern ein Liedangebot welches 4,8 Lieder pro Kapitel beträgt wirklich sinnvoll und effektiv ist? Es scheint fast, als wäre das Schulbuch ein vermeintliches Liederbuch oder würde einen Doppelzweck als Schul- und Liederbuch erfüllen wollen. Der Großteil der angeführten Lieder sind Volkslieder, die in beiden Doppelbänden mit jeweils über 55 % vertreten sind (s. Anhang Abbildung 19). Neben den traditionellen Volksliedern wird auch eine Reihe von interkulturellen Volksliedern angeboten. Im ersten Doppelband findet sich noch ein sehr diverses Angebot an Kunst- und Funktionsliedern, welches in Klangfarben 3 – 4 deutlich geringer vorhanden ist. Im Gegensatz dazu nimmt der Anteil der Jazz-, Pop- und Rocklieder beträchtlich zu. Sind im ersten Doppelband lediglich 5% der Lieder aus der Gattung Jazz, Pop und Rock, liegt ihr Anteil im zweiten Doppelband bereits bei 10%. Dies könnte auf die Interessen der Jugendlichen im Alter von 13 – 15 Jahren und auf die zu behandelnden Themen wie Jazz, Pop und Rock im Doppelband zurückzuführen sein. Der Stimmumfang der Kinder und Jugendlichen wird anhand der Lieder und der ausgewählten Tonarten gefördert. Er reicht von a bis g'' und umfasst fast zwei volle Oktaven. Die Schüler/innen lernen anhand des großen Liedangebots vielfältige Zugangsformen zu Liedern und die Umgangsweisen mit Liedern kennen. Darüber hinaus fördert der weite Stimmumfang das Training der Stimme in der Höhe wie auch in der Tiefe, wodurch eine nachhaltige Entwicklung der Stimme garantiert wird und einer Verkümmerung in den extremen Tonlagen vorgebeugt wird. 93 13.4 Club Musik 25 22 22 20 20 15 12 10 5 0 Club Musik 1 Club Musik 2 Club Musik 3 Club Musik 4 Abbildung 16: Anzahl der Lieder pro Schulbuch in Club Musik Anhand dieses Diagramms, welches die Liedanzahl pro Schulbuch zeigt, lässt sich mit der Ausnahme von Club Musik 4 ein konstantes Liedangebot feststellen. In den ersten drei Schulbüchern werden jeweils zwischen 20 und 22 Lieder angeboten. Das letzte beinhaltet mit 12 Liedern mit Abstand am wenigsten. Buch Lieder Kapitel Lieder/Kapitel Club Musik 1 22 35 0,6 Club Musik 2 22 34 0,6 Club Musik 3 20 27 0,7 Club Musik 4 12 24 0,5 Tabelle 3: Lieder pro Kapitel in Club Musik In Anbetracht der Tabelle 3 ist zu konstatieren, dass sich die deutlich geringere Anzahl der Lieder im vierten Schulbuch unter Berücksichtigung der Anzahl der Kapitel, welche für die vorhergehenden Bände zwischen 27 und 35 beträgt, realtiviert. Der Vergleich des Durchschnittswerts von Club Musik 1 mit 0,6 zu 0,5 in Club Musik 4 94 macht dies deutlich. Außerdem geht aus dieser Tabelle hervor, dass das Schulbuch Club Musik 3 mit 0,7 den höchsten Durchschnittswert bezüglich der Anzahl der Lieder pro Kapitel hat. Im Hinblick auf die Diversität des Liedangebots ist anzumerken, dass die Anzahl der Funktionslieder im Laufe der Lernjahre abnimmt, wohingegen das Angebot der Jazz-, Pop- und Rocklieder steigt (s. Anhang Abbildung 20). Bei einer Differenzierung zwischen Jazz, Pop und Rock lässt sich feststellen, dass im Bereich der Rocklieder Club Musik 3 das einzige Schulbuch ist, welches überhaupt Rocklieder einbaut. Ansonsten sind vor allem Poplieder in den Schulbüchern zu konstatieren. Die Anzahl der Volkslieder variiert leicht, liegt jedoch im Unterschied zu den Jazz-, Pop- und Rockliedern sowie zu den Kunstliedern im oberen Mittelfeld. Abgesehen vom ersten Schulbuch werden in der gesamten Schulbuchreihe Lieder des Jazz, Pop und Rock angeboten. Ihr Anteil fällt für die verschiedenen Bände jedoch höchst unterschiedlich aus. Liegt er bei Club Musik 2 erst bei 9%, beträgt er bei Club Musik 4 bereits 42%. Dies liefert gleichzeitig Aufschluss über den Schwerpunkt von Club Musik 4. Das gesamte Liedangebot umfasst einen Stimmumfang von fast zwei Oktaven, der sich von a – f'' erstreckt. In den ersten zwei Schulbüchern werden Lieder im Tonumfang von a – f'' angegebenen, der sich im dritten Band nach unten hin bis zum gis erweitert. Im letzten Buch reicht der Stimmumfang fast gleich wie im ersten Buch a bis e''. Daraus ergibt sich, dass die Kinder– und Jugendstimme hinsichtlich der Erweiterung des Stimmumfangs nach Mohr ausreichend gefördert und die Bandbreite ausgeschöpft wird. 13.5 Zusammenfassung der Analyseergebnisse Die Analyseergebnisse lassen sich anhand eines Diagramms darstellen, wodurch auf einen Blick festgestellt werden kann, welche Schulbuchreihe sich welcher Liedgattungen bedient. 95 80 70 60 50 Erlebnis Musik Klangfarben Club Musik 40 30 20 10 0 Volkslied Funktionslied Jazz, Pop und Rocklied Kunstlied Abbildung 17: Liedgattungen gesamt Aus dieser Darstellung geht hervor, dass das Liedangebot und die Liedgattungen in den ausgewählten Schulbuchreihen sehr unterschiedlich sind. Klangfarben weist mit Abstand den größten Anteil an Volksliedern auf. Es zeigt sich, dass Erlebnis Musik die meisten Funktionslieder beinhaltet, jedoch eine geringe Anzahl an Jazz-, Pop- und Rockliedern aufweist. Erlebnis Musik und Club Musik beinhalten fast dieselbe Anzahl an Volksliedern. In der Schulbuchreihe Club Musik finden sich Lieder aus allen Gattungen in mäßigem Umfang, was auf eine ausgewogene Liedauswahl schließen lässt. Des Weiteren ist anzumerken, dass Club Musik mit insgesamt 76 Liedern im Vergleich zu Erlebnis Musik mit 85 und Klangfarben mit 111 Liedern das kleinste Liedangebot beinhaltet. Ein weiterer Unterschied zeigt sich in der Anzahl der Lieder pro Kapitel, woraus hervor geht, dass Club Musik und Erlebnis Musik durchschnittlich zwischen 0,5 und 0,9 Lieder pro Kapitel anbieten. Im Gegensatz dazu bietet Klangfarben 4 Lieder pro Kapitel an. 96 14 Fazit Ziel dieser Analyse war es, die Schulbücher mit Bezug auf das Angebot im Bereich der menschlichen Stimme sowie in weiterer Folge das Stimmtraining und die verwendeten Lieder zu vergleichen. Es sollte festgestellt werden, inwieweit die Schulbuchreihen den Aufbau und die Funktion der Stimme behandeln und verschiedene Stimmtrainingsangebote und Lieder enthalten. So wurden die Werke hinsichtlich Qualität und Quantität ihrer Inhalte untersucht. Durch die anschließende Bewertung basierend auf der Lerntheorie von Jérôme S. Bruner konnten die Schulbuchreihen in didaktischer Hinsicht miteinander verglichen werden. Für eine nachvollziehbare Darstellung der quantitativen Verhältnisse wurde bei der Präsentation der Ergebnisse auf Diagramme und Tabellen zurück gegriffen. Die zu Beginn der Analyse festgelegten Kriterien ermöglichten die Durchführung einer transparenten Analyse, welche die Auswahl eines Schulbuchs zur Verwendung im Unterricht betreffend den Aspekt der Stimme erleichtern soll. Die Analyse hat ergeben, dass alle untersuchten Schulbuchreihen die in Kapitel 9 festgelegten Kriterien zumindest ansatzweise erfüllen. Bei genauerer Betrachtung ergaben sich jedoch große Unterschiede, die besonders bei der Aufbereitung und der Darstellung des Themas der menschlichen Stimme sowie bei der Häufigkeit der Stimmtrainings zu finden sind. Quantitativ gesehen kommt das Thema Stimme in der Schulbuchreihe Klangfarben in beiden Doppelbänden am häufigsten vor. Dies ist schon allein an der hohen Anzahl der relevanten Seiten erkennbar. Aufgrund des überaus großen Liedangebots entsteht beim Durchblättern der Eindruck eines Liederbuches anstatt eines Schulbuches, das darüber hinaus auch andere Inhalte anbieten muss. Grundsätzlich ist bei den Doppelbänden Klangfarben 1 bis 2 und Klangfarben 3 bis 4 die Relevanz und die Sinnhaftigkeit der hohen Liedanzahl anzuzweifeln. Dasselbe gilt für die Informationen, Abbildungen, Übungen und Aufgaben, deren Wirksamkeit aufgrund ihrer Häufigkeit in frage zu stellen ist. 97 Die Schulbücher von Erlebnis Musik 1 bis 4 behandeln die Anatomie und die Funktion der menschlichen Stimme erst in der dritten Klasse. Da bereits im ersten und zweiten Band von Beginn an Lieder angeboten werden, wäre es sinnvoller, die Darstellung und die Erklärung der menschlichen Stimme gleich zu Beginn der Schulbuchreihe zu behandeln, denn immer dann, wenn Lieder gesungen werden, ist es wichtig, sich über die Funktion der Stimme und deren Aufbau bewusst zu sein. In Bezug auf die drei Repräsentationsarten fällt bei der Betrachtung des entsprechenden Kapitels über die menschliche Stimme auf, dass die Vermittlung der Informationen im Fließtext und bei den Hinweisen vorwiegend über die Symbolebene stattfindet. Die Vielfalt der Respräsentationsarten könnte dadurch vergrößert werden, dass mehr Möglichkeiten auf der enaktiven Ebene angeboten werden. Des Weiteren könnte das Liedangebot im Bereich der Jazz-, Pop- und Rockmusik in den Schulbüchern erweitert wird, sodass alle Stile vertreten sind und im gleichen Ausmaß behandelt werden. Ein weiterer Punkt, den es auf Basis der Analyseergebnisse zu kritisieren gilt, ist der Mangel an Sprechstücken für die Artikulation sowie an Übungen für eine gezielte Lautschulung. Die vier Bände der Schulbuchreihe Club Musik erfüllen im Vergleich zu den anderen Schulbuchreihen als einziges Werk alle Kriterien. In Bezug auf die Ebenen der Wissensvermittlung nach Jérôme S. Bruner kann festgestellt werden, dass auf allen Repräsentationsebenen Informationen über die Anatomie der menschlichen Stimme angeboten werden. Darüber hinaus ist es das einzige Schulbuch, welches das Atemsystem, die Tonerzeugung und das Tonverstärkungssystem erläutert und somit die zentralen Komponenten der Stimme behandelt. Club Musik dahingehend verbessert werden, dass im Laufe der Schulbuchreihe noch Zusatzinformationen bezüglich der Mutation angegeben werden, welche die Schüler/innen in unterschiedlich ausgeprägter Form zu diesem Zeitpunkt selbst erleben. Das Stimmtrainingsangebot, welches aus liedbezogenen Einsingübungen und Stimmtrainings besteht, bezieht neben der Stimme auch den Körper sowie die Atmung 98 in die Übungen mit ein. Außerdem verteilt sich das Stimmtrainingsangebot gleichmäßig über die vier Lernjahre, sodass eine nachhaltige Stimmbildung ermöglicht wird. Das Liedangebot überzeugt mit einem breit gefächerten Repertoire, welches den Schülerinnen und Schülern einen Überblick über die unterschiedlichsten Liedgattungen ermöglicht. In Anbetracht der Anzahl der Lieder kann gesagt werden, dass sich dieses Schulbuch durch Qualität und nicht durch Quantität auszeichnet. Bei allen untersuchten Werken zeigte sich, dass die Präsentation der Aufgabestellungen, deren Ziel und Zweck für die Schüler/innen aus dem Kontext heraus oftmals nicht ersichtlich wird, verbessert werden könnte. Es wird zwar das eigenständige Handeln und die Selbsterfahrung der Schüler/innen durch verschiedene Übungen gefördert, jedoch ist für ein entdeckendes Lernen eine klare Zielsetzung für die Motivation bei der Schüler/innen bei Durchführung dieser Übungen notwendig. Die zusätzliche Einbindung von Hinweisen soll die Schüler/innen dabei auf die richtige Spur bringen. Die Definition einer Zielsetzung, die wesentlich zur Lernmotivation und zum eigenständigen Lernen der Schüler/innen beiträgt, ist in allen analysierten Schulbuchreihen noch ausbaufähig. Aus eigener Erfahrung kann ich bestätigen, dass mir während meiner Schulzeit anhand der verwendeten Schulbücher nicht bewusst gemacht wurde, wozu eine Aufgabe gestellt, ein Lied gesungen oder eine Stimmübung durchgeführt wurde. Wenn die Zielsetzung nicht von der Lehrperson vorgegeben wurde, fehlte mir meist die Risikobereitschaft und die Motivation diese Aufgabe durchzuführen. 99 15 Ausblick Bei der für diese Diplomarbeit durchgeführten Analyse ist zu konstatieren, dass jede Schulbuchreihe Informationen über die Funktion und den Aufbau des Stimmapparates beinhaltet sowie Stimmtrainings und Lieder in unterschiedlicher Form und Quantität anbietet. Diese Analyse könnte durch die Untersuchung der zu den Schulbüchern dazugehörenden Lehrerbände, welche eigens für die Lehrpersonen konzipiert worden sind, erweitert werden. Auf diese Art und Weise könnte herausgefunden werden, ob die bereits im vorigen Kapitel angesprochenen Defizite, welche die Schulbücher aufweisen wurden, durch die Lehrerbände zum Teil aufgehoben werden. Dabei ergäben sich folgende Fragen: • Sind in den Lehrerbänden Zusatzinformationen bezüglich des Lehrinhalts des Aufbaus und der Funktion des Stimmapparates zu finden? • Werden in den Lehrerbänden noch weitere Stimmtrainings und zusätzliche Hintergrundinformationen angeboten? • Gibt es zum bereits analysierten Liedangebot noch zusätzliche Vorschläge bezüglich der Erweiterung der Liedauswahl? Außerdem wäre es interessant mit den Schulbuchautorinnen und -autoren ein Experteninterview zu führen um etwaige offene Fragen bezüglich des Stellenwerts der Stimme in ihren Schulbüchern zu klären. 100 16 Verzeichnisse 16.1 Literaturverzeichnis Antwerpen, Stella (2014), Singen in der Schule. Ästhetische Bildungspotentiale des Singens und des Gesangs, Münster: Waxmann Verlag GmbH AGMÖ (1985), Musikerziehung in der Mediengesellschaft. Bericht über den 1. Bundeskongress der Musikerzieher Österreichs 20.-23. Februar 1985, Eisenstadt: E. Rötzer Verlag Bruner, Jérôme (1974), Entwurf einer Unterrichtstheorie, Berlin: Berlin Verlag Arno Spitz Guglhör, Gerd (2006), Stimmtraining im Chor. Systematische Stimmbildung, Innsbruck: Helbling Helms, Siegmund et al. (Hg.) (1995), Kompendium der Musikpädagogik, Kassel: Gustav Bosse Helms, Siegmund et al. (Hg.) (1997), Handbuch des Musikunterrichts. Band 2. 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(1990), 54 Abbildung 5: Übung bei einem harten Stimmeinsatz, Prasser-Schwarzer (2013), 11 Abbildung 6: Stimmübung für die Kopfresonanz, Wanker/Cronenberg (Hg.) (1990), 32 Abbildung 7: Stimmübung für die Brustresonanz, Guglhör (2006), 146 Abbildung 8: Übung für die Erweiterung des Stimmumfangs , Mohr (1997), 173 Abbildung 9: Übung für die Tiefe, Wanker/Cronenberg (Hg.) (1990), 110 Abbildung 10: Übung für die Artikulation, Mohr (1997), 147 Abbildung 11: Stimmtrainingsangebot in Erlebnis Musik Abbildung 12: Stimmtrainingsangebot in Klangfarben Abbildung 13: Stimmtrainingsangebot in Club Musik Abbildung 14: Anzahl der Lieder pro Schulbuch in Erlebnis Musik Abbildung 15: Anzahl der Lieder pro Schulbuch in Klangfarben Abbildung 16: Anzahl der Lieder pro Schulbuch in Club Musik Abbildung 17: Liedgattungen gesamt 16.4 Tabellenverzeichnis Tabelle 1: Lieder pro Kapitel in Erlebnis Musik Tabelle 2: Lieder pro Kapitel in Klangfarben 105 Tabelle 3: Lieder pro Kapitel in Club Musik 106 Anhang I 60% 50% 40% Funktionslied Volkslied Kunstlied Jazz, Rock und Poplied 30% 20% 10% 0% Erlebnis Musik 2 Erlebnis Musik 4 Erlebnis Musik 1 Erlebnis Musik 3 Abbildung 18: Liedgattungen in Erlebnis Musik 80% 70% 60% 50% Funktionslied Volkslied Kunstlied Jazz, Rock und Poplied 40% 30% 20% 10% 0% Klangfarben 1 - 2 Klangfarben 3 - 4 Abbildung 19: Liedgattungen in Klangfarben 107 60% 50% 40% Funktionslied Volkslied Kunstlied Jazz , Rock und Poplied 30% 20% 10% 0% Club Musik 2 Club Musik 4 Club Musik 1 Club Musik 3 Abbildung 20: Liedgattungen in Club Musik 108 Anhang II – Ausdruck der online Ressourcen Die online Ressourcen des Bundesministeriums für Bildung und Frauen werden an dieser Stelle nicht angegeben. http://www.enzyklo.de/Begriff/Seikilos-Stele Seikilos-Stele Die Seikilos-Stele ist ein altgriechischer Grabstein in Tralles (Kleinasien), auf dem die Vorform einer musikalischen Notation gefunden wurde. Das in einer antiken Notation eingemeißelte Lied phrygischer Tonart mit griechischem Text datiert zwischen 200 v. Chr. und 100 n. Chr und ist somit eines der ältesten vollständig erhaltenen Musikstücke. Gefunden auf http://de.wikipedia.org/wiki/Seikilos-Stele Aufgerufen am 30.05.2015 109 http://www2.hu-berlin.de/fpm/textpool/texte/wicke_jazz-rock-popmusik.htm 17 JAZZ, ROCK UND POPMUSIK von Peter Wicke (Humboldt-Universität, Berlin) Die populären Musikformen sind im zwanzigsten Jahrhundert zu einer nahezu allgegenwärtigen Erscheinung des Alltagslebens geworden, wobei sie — über die modernen audio-visuellen Massenkommunikationsmittel massenhaft produziert und verbreitet — zunehmend einen globalen Charakter angenommen haben. War ihre Entwicklung noch im neunzehnten Jahrhundert an regionale oder lokale Funktions- und Wirkungszusammenhänge gebunden, die sich in jeweils charakteristischen Musikformen und einem entsprechend identifizierbaren musikalischen Idiom niederschlugen (z.B. Wiener Walzer), so treten mit der Herausbildung des modernen Industriekapitalismus, der Bindung der populären Musikformen an die Massenmedien und der Entstehung einer komplexen, nach und nach internationalisierten Musikindustrie an deren Stelle nun soziale, technologische und ökonomische Faktoren, die aus der populären Musik eine transnationale Musikpraxis haben werden lassen. Dabei sind nicht nur lokale und regionale Musiktraditionen aus allen Teilen der Welt in diesen transnationalen Zusammenhang integriert worden — angefangen bei den verschiedenen Formen der afroamerikanischen Musik zu Beginn des Jahrhunderts bis hin zu Ethno Pop und World Music, den sich seit Beginn der achtziger Jahre wachsender Popularität erfreuenden traditionellen Musikformen und ihren Pop-Derivaten aus den Ländern der sogenannten Dritten Welt. Innerhalb solcher globalen Zusammenhänge sind auch eine ganze Reihe neuartiger Musikformen entstanden, die — wie die zeitgenössischen Formen der Popmusik — jede spezifische Bindung an nationale oder regionale Musikkulturen verloren haben. Jazz, Rock und Popmusik sind ohne Zweifel wichtige, vor allem aber folgenreiche musikalische Erscheinungen dieses Entwicklungsprozesses, mitnichten jedoch die einzigen. Mit gleicher Berechtigung könnte an dieser Stelle eine Betrachtung des Schlagers, der die erste Hälfte des Jahrhunderts dominierte, der Gesellschaftstänze und verschiedenen Formen von Tanzmusik oder des Musicals stehen, selbst wenn die Grenzziehungen zwischen ihnen oft problematisch sind. Daß aus den im zwanzigsten Jahrhundert dominierenden populären Musikformen Jazz, Rock und Popmusik hier herausgegriffen wurden, ist dennoch mehr als nur dem Zwang zu äußerster Beschränkung im vorliegenden Kontext geschuldet, markieren sie doch drei entscheidenden Entwicklungsstadien im Prozeß der Herausbildung jenes transnationalen Zusammenhangs, der für die populäre Musik dieses Jahrhunderts so charakteristisch geworden ist. Aufgerufen am 30.05.2015 110 http://de.wikipedia.org/wiki/Zeitgen%C3%B6ssische_Vokalmusik Sprechen, Singen, Sprechgesang Anknüpfend an Richard Wagner, Claude Debussy und vor allem Arnold Schönberg verschwindet die traditionelle Singstimme immer mehr zugunsten des gesprochenen Wortes und anderer Ausdrucksmöglichkeiten der Stimme, die dem klassischen Schöngesang fern lagen. Schönberg selbst spitzt die Polarisierung zwischen Sprechgesang und Belcanto in seiner Oper Moses und Aron zu, indem er Moses als ausschließlichen Vertreter des Gotteswortes agieren lässt und seine Partie durchgehend im Sprechgesang gestaltet, während sein Mitstreiter und späterer Widersacher Aron sich der ausgebildeten Belcanto-Sängerstimme bedienen darf. Eine ganze Opernpartie im Sprechgesang zu komponieren erfordert ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein des Komponisten für die Tragfähigkeit dieser Äußerungsart. Im Pierrot Lunaire bereits angelegt, ist es der durchgängige Sprechgesang, der Moses am besten charakterisiert. Alban Bergs Wozzeck ist noch konsequenter und gestaltet auch die anderen Partien weitgehend auf diese Art. Das Schlagwort „prima la musica, e poi le parole“ (‚Zuerst die Musik, dann die Worte‘) wird umgedreht: Gerade die höhere Textverständlichkeit des Sprechgesangs und des gesprochenen Worts trägt zu einer neuen Ausdrucksqualität bei, die nicht von bezaubernden Vokalisen verbrämt wird, sondern sich ganz auf den Textinhalt konzentrieren kann. Beim Sprechgesang hat man überdies noch die ungefähre Tonhöhe im Ohr, die an Gesang erinnert, ihn aber nicht voll zum Tragen kommen lässt, so dass sich die Stimme noch eher im musikalischen Ablauf einfügen kann. Aufgerufen am 30.05.2015 111 http://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_S/Schulliederbuch.xml;internal&action=hilite. action&Parameter=schulliederbuch;internal&action=call&_functionName=displaySimp leSearchResult& Schulliederbuch In Buchform erschienene Sammlung von Liedern, die für das Singen in der Schule bestimmt sind (Musikunterricht). Sch.er spiegeln die musikalischen, pädagogischen und politischen Tendenzen ihrer Zeit. Sind sie von einer zentralen staatlichen Stelle approbiert, stehen sie in engem Zusammenhang mit den Lehrplänen für das Fach Gesang, Singen oder Musik und demonstrieren aufgrund der Liedauswahl, welche erzieherische Funktion dem Lied aus gesellschaftlicher Sicht zugeordnet wird. Im heutigen schulischen Musikunterricht ist trotz einer Fülle gedruckter Unterrichtsmaterialien das Liederbuch noch immer von zentraler Bedeutung, v. a. in den Schulstufen 1 bis 8. Singen in der Schule soll laut Lehrplan den Blick für die Musik verschiedener Zeiten und Kulturen öffnen, nicht aber bestimmte politische oder religiöse Ziele verfolgen. Dementsprechend vielfältig sind die Liederbücher angelegt. Für die Volksschule stehen mehrere Sammlungen von Liedern zur Auswahl, die je nach persönlicher und regionaler Vorliebe die verschiedensten Richtungen – vom modernen Kinderlied zum österreichischen Volkslied, von türkischen Liedern bis zu Weihnachtsliedern – abdecken. Ähnlich breit gefächert ist das Angebot bei den Liederbüchern und verwandten Materialien für die 10- bis 14-Jährigen, während für die Oberstufe nur drei Bücher in der Schulbuchliste zu finden sind. Insgesamt hat der Siegeszug der amerikanischen Rockmusik und ihrer stilistischen Merkmale auch die Sch.er erfasst. Zu einigen Liederbüchern werden zudem Aufnahmen mit instrumentalen Playbacks angeboten, welche die Möglichkeit geben, das Live-Musizieren im Sinne eines schulischen Karaoke auf das Minimum zu reduzieren. Derzeit gelten als Spitzenreiter im Volksschulbereich Sim Sala Sing (1995), für Hauptschule und AHSUnterstufe die Liederbücher Sing & Swing (1992, NA 2002) und Rock & Pop (1999), sowie Sing & Swing im Chor – Das Chorbuch (1996) (Stand 2005). Aufgerufen am 30.05.2015 112 http://www.musiklexikon.ac.at/ml/musik_S/Schulliederbuch.xml;internal&action=hilite. action&Parameter=schulliederbuch;internal&action=call&_functionName=displaySimp leSearchResult& Volkslied Sammelbegriff für Lieder, die nicht zur Kunstmusik gehören, sondern „im Volk“, d. h. in verschiedenen Gruppen, bei diversen Anlässen, oftmals auch in brauchmäßigen Zusammenhängen kursieren. Sie werden in aller Regel mündlich überliefert und dabei oftmals verändert, sodass zu vielen V.ern eine große Anzahl von Varianten existiert. Dabei ändern sich nicht allein Melodieführungen und Texte, sondern wird auch die Aufführungspraxis (Stimmgebung, Mehrstimmigkeit, Tempo, Besetzung usw.) den jeweiligen Singgewohnheiten angepasst. All das geschieht spontan, also improvisatorisch. Viele dieser Lieder haben ursprünglich Autoren, doch sind diese oft unbekannt, da die erst aus der jüngeren Kunstmusik stammenden Begriffe Autorschaft, Urfassung und Werktreue die Sänger nicht interessieren und somit die Erinnerung an den Ursprung eines Liedes im Prozess des lebendigen Singens und Umsingens verloren geht. Der deutsche Volksliedforscher John Meier, Vertreter der „Rezeptionstheorie“ (das Volk empfängt die Lieder aus der Kunstmusik und gestaltet sie um) hat in diesem Zusammenhang vom „Herrenverhältnis“ des Volkes zu seinem Lied gesprochen. Manche V.-Gattungen allerdings, wie z. B. Kinderlieder, Arbeitslieder, Brauchreime, Rufe, Jodler, Balladen oder Gstanzln, muss man sich ursprünglich derartig unmittelbar aus dem kollektiv-variativen Singen hervorgehend denken, dass es dabei die Kategorie des für sich allein stehenden, individuellen Autors tatsächlich nicht gibt. J. Pommer, der Begründer der systematischen Volksmusikforschung in Österreich, der vorzugsweise Jodler sammelte, hat aufgrund seiner anderen empirischen Grundlage daher der „Rezeptionstheorie“ seine „Produktionstheorie“ (das Volk schafft die Lieder) gegenübergestellt. Die gemeinsame Entstehung von Text und Melodie führt zu charakteristischen Verknüpfungen der beiden Elemente. Im Rahmen gattungsspezifischer Vers- und Strophenformen dienen Wiederholungen, Aufzählungen, Interjektionen, Kehrreime usw. einer reichen Gliederung. Aufgerufen am 30.05.2015 113 http://www.schubertiade.de/Schule/pdf/Klassik_fuer_Jugend_SchwanengesangProgramm_und_Vorbereitungsmaterial.pdf ZUR GESCHICHTE DES KUNSTLIEDES – DIE AUTOREN Entstehungszeit in der Klassik (Wiener Schule) 1770 – 1820 Die hauptsächliche Ausprägung der Form geschieht in der Romantik um 1820 – 1900 Auch im 20. Jahrhundert werden Kunstlieder komponiert, doch die Zahl und die Bedeutung dieses Genres innerhalb des kompositorischen Schaffens schwindet. TEXT UND FORM Romantische Lyrik mit den Themen Natur, Weltschmerz, Liebe, Ferne, Abschied usw. Erzähltexte (Ballade) Meist Strophenaufbau, Reimform, selten Prosa MUSIKALISCHE FORM Solostimme mit Klavierbegleitung – Sonderform: Orchesterlied Strophenlied – Variierte Form – Durchkomponierte Form Probleme der Textinterpretation in der jeweiligen Form Goethes Meinung dazu .... Divergenz zwischen Strophenlied und durchkomponierter Form Anforderungen an die strophische Kompositionsweise Möglichkeiten des Durchkomponierens Musikalische Parameter der Komposition: Alle Bereiche können künstlerisch hochstehend (schwierig) angelegt sein: Melodik / Tonhöhenumfang, Sprünge, schnelle Passagen, Chromatik Rhythmik / Synkopen, Triolen, Pausen, Harmonik / Modulationen Aufgerufen am 30.05.2015 114 http://de.wikipedia.org/wiki/Jazz Der Jazz entstand in einem Verschmelzungsprozess aus Elementen der afroamerikanischen Volksmusik (Blues, Worksong, Negro Spiritual) und der europäisch-amerikanischen Marsch-, Tanz- und Populärmusik. Die Geschichte des Jazz ist „in erster Linie eine Geschichte individueller und kollektiver Stilistiken, Improvisations-Strategien, Phrasierungs- und Intonationsweisen, kurz: eine Interpretations-Geschichte.“[3] Daraus ergibt sich aber auch: Den Jazz gibt es nicht (mehr) – im Verlauf der Jazzgeschichte wird es zunehmend schwierig, sich auf eine einheitliche Definition dieses Begriffs zu einigen und Jazzmusik alleine aufgrund ihrer musikalischen Gestaltungsmittel zu definieren Aufgerufen am 30.05.2015 115