Ökologische Bewertung der Haustechnik

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Ökologische Bewertung der Haustechnik
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Die ökologische Bewertung von Gebäuden ist bislang oft auf deren Energieverbrauch
beschränkt. Die Methodik der Ökobilanz bezieht auch die Herstellung des Gebäudes
bzw. der Baumaterialien sowie die Verwertung am Ende der Nutzungsphase ein. Im
Rahmen des Projekts wurden Gebäude des Bundes mit Hilfe von
Ökobilanzindikatoren bewertet.
Projektlaufzeit: IV. Quartal 2007 - III. Quartal 2010
Zur Beschreibung der ökologischen Qualität von Gebäuden sind Informationen zum
Verbrauch von Primärenergie, materiellen Ressourcen und Prozessemissionen für
die Herstellung der Bauprodukte, der Nutzungsphase sowie für Rückbau und
Verwertung notwendig. Bereitgestellt werden diese Informationen in Form von
Indikatoren zur Bewertung von Gebäuden bereits in Form von
Umweltproduktdeklarationen (EPD) sowie in der bestehenden Datenbank für
Umweltindikatoren von Baustoffen (Ökobau.dat). Ziel des Forschungsprojekts war
die Bereitstellung von ökologischen Profilen von Komponenten der technischen
Gebäudeausrüstung (TGA) sowie die praktische Anwendung der
Ökobilanzindikatoren zur Bewertung mehrerer Gebäude des Bundes mit
Schwerpunkt TGA.
Um eine breite Akzeptanz der Methodik und des "Haustechnik Baukastens" unter
den beteiligten Industrien und Anwendern zu erreichen, baute dieses
Forschungsprojekt auf vorhandene Vorarbeiten, Standards und Methoden auf.
Besonders berücksichtigt wurden die DIN Norm 18599 zur energetischen Bewertung
von Gebäuden und die Direktiven der EU zu energieverbrauchenden Produkten (EuP
Direktive). Anwendung soll der "Baukasten Haustechnik" vor allem bei Planern
finden.
Auftragnehmer des Projekts war die PE INTERNATIONAL GmbH.
Konzept
Das Forschungsprojekt war in drei Arbeitsschritte gegliedert. In einem ersten
Arbeitsschritt wurden die Produkte der technischen Gebäudeausrüstung strukturiert
und klassifiziert. Die Gliederung und die Auswahl einzelner Produkte in den
Untergruppen der TGA wurden in enger Absprache mit dem Bundesindustrieverband
Deutschland, Haus-, Energie- und Umwelttechnik e.V. (BDH) durchgeführt. Die
nachfolgende Abbildung zeigt, welche Themen und Untergruppen der TGA
abgedeckt wurden.
1
Schema Technische Gebäudeausrüstung (TGA)
In einem zweiten Arbeitsschritt wurden die Ökobilanz-Indikatoren für die
ausgesuchten Komponenten der TGA erstellt. Dafür wurden zunächst die jeweiligen
funktionellen Einheiten der Komponenten bestimmt, beispielsweise 1 Kilogramm
Kupferrohr oder die Bereitstellung von einer Kilowattstunde Wärme mit einem
bestimmten Wärmeerzeuger. Nach der Modellierung der Sachbilanzen wurden aus
dieser Ökobilanz Indikatorenwerte für alle TGA-Komponenten und
Lebenszyklusphasen in Form von xml-Dateien erzeugt. Die Indikatorenwerte
beeinhalten Informationen zur Sachbilanz (Primärenergie, Wasser, Abfall) und
Wirkungsbilanz (Treibhausgaseffekt, Versauerung etc.).
Jeder erstellter Datensatz enthält neben den berechneten Ökobilanz-Indikatoren eine
Dokumentation der Datenherkunft sowie eine Beschreibung aller relevanter
Spezifikationen der Komponenten. Das verwendete Datenformat ist in xml-spezifiziert
und kann mittels eines Stylesheets mit einem Standard-Browser angesehen werden.
Es ist zum Ökobilanz-Datenformat ELCD der Europäischen Kommission kompatibel.
Dieses wurde vom Joint Reserach Center JRC in Ispra (IT) entwickelt. Ziel der xmlDokumentation ist es, dem Nutzer der Datensätze einen Überblick über die
Datenerstellung, verwendete Quellen und Anwendungshinweise zu geben. Die
Kerninformation findet sich im unteren Bereich. Dort werden die Umweltindikatoren
unterteilt in Indikatoren der Sachbilanz und der Wirkbilanz aufgeführt. Die
modellierten Datensätze wurden vor Abschluss des Projektes in die bereits
bestehende Datenbank für Umweltindikatoren von Baustoffen (Ökobau.dat) überführt
und stehen nun Planern, Architekten und Auditoren für die Bewertung von Gebäuden
zur Verfügung.
Im dritten Arbeitsschritt wurde der "Haustechnik Baukasten" zusammen mit den in
der Ökobau.dat befindlichen Daten über Bauprodukte zur Bilanzierung mehrere
Bundesliegenschaften angewendet. Durch Analyse der Ergebnisse sollten
Optimierungsmöglichkeiten innerhalb der Planung der Gebäude identifiziert und
quantifiziert werden. Gleichzeitig diente die Bilanzierung der Gebäude als
Anwendungstest zur Qualitätssicherung und Überprüfung der Handhabbarkeit des
"Baukastens Haustechnik" in der Praxis.
2
Ergebnisse
Im Projekt wurden insgesamt 117 Module der Haustechnik modelliert.
Ökobilanzindikatoren wurden für die Produktion und Entsorgung sowie für
energieverbrauchende Produkte auch für die Nutzungsphase der jeweiligen TGA Technische Gebäudeausrüstung-Module berechnet und in Form von xml-Dateien für
die Ökobau.dat zur Verfügung gestellt. Folgende Module der Haustechnik wurden
modelliert:
•
Wärmeerzeuger (Öl, Gas, Pellet, Hackschnitzel, Wärmepumpen,
Solarkollektoren etc.): 33 Datensätze (jeweils Produktion und EoL)
•
Speicherung, Verteilung und Abgabe (Pufferspeicher, Öl- und Flüüsiggastanks
Rohre für Versorgung und Abwasser, Dämmung, Pumpen, Heizkörper,
Fußbodenheizung, Abgasanlage): 45 Datensätze (jeweils Produktion und EoL)
•
Klimatisierung (Lüfter, Klimagerät, Lüftungskanal): 10 Datensätze (jeweils
Produktion und EoL)
•
Sanitär (Badewanne, WC, etc.): 4 Datensätze (jeweils Produktion und EoL)
•
Elektro (Kabel, Schalter, Lampen und Leuchten): 1 Datensätze (jeweils
Produktion und EoL)
•
Beförderung (Fahrstuhl und Rolltreppe ): 4 Datensätze (jeweils Produktion und
EoL)
•
Nutzungsdatensätze für Wärmeerzeugung, Klimatisierung, Beförderung und
Elektro: 42 Datensätze
•
Für bestimmte Produkte der Haustechnik gibt es eine Vielzahl an Konfigurationen
und Spezifikationen, die in diesem Projekt im Einzelnen nicht abgedeckt werden
konnten. Allein aus den etwa 15 Datensätzen zu Rohren (Versorgung mit Wasser
und Gas sowie Abwasser) ließen sich unter Berücksichtigung der gängigen
Rohrdurchmesser mehrere hundert Datensätze durch entsprechende Skalierung
erzeugen. Um die Datenbank so übersichtlich wie möglich zu gestalten, wurde
jeweils nur ein Datensatz pro Rohrtyp (Kupfer, PVC etc.) erstellt und auf ein
Kilogramm skaliert.
Mit Hilfe der Informationen, die sich in der Dokumentation befinden, kann der
Anwender den Datensatz durch entsprechende Skalierung z.B. auf den spezifischen
Rohrdurchmesser einstellen. Die Mehrheit der Datensätze enthält daher in der xmlDatei Informationen zur Handhabung und Skalierung des Datensatzes, wie z.B. die
Masse bei unterschiedlichen Maßen oder Verbrauchsdaten von Leuchten für
unterschiedliche Verwendungszwecke. Durch diese Vorgehensweise lässt sich eine
Vielzahl der Datensätze flexibel auf spezifische Anwendungen anpassen.
Die erzeugten xml-Dateien mit den Informationen zur Modellierung und Verwendung
sowie den Ökobilanzindikatoren wurden in die Ökobau.dat im Rahmen des
Forschungsvorhaben "Fortschreibung und Harmonisierung von Basisdaten für die
ökologische Bewertung im Sinne des nachhaltige Bauens" im Frühjahr 2009
integriert und wurden online gestellt. Insgesamt umfasst die Ökobau.dat mittlerweile
über 600 Datensätze zur Bewertung von Gebäuden, darunter ca. 325 für die
Herstellung von Bauprodukte sowie über 270 Datensätze zur Haustechnik
(Herstellung, Nutzung und Entsorgung).
An fünf typischen Liegenschaften der öffentlichen Hand mit einem hohen
Detaillierungsgrad der für den Klimaschutz und Energiebereich relevanten TGA
wurden Unterschiede in der Ökobilanz dargestellt. Ausgewählt wurden fünf Gebäude,
die entweder im Rahmen des Forschungsprojektes "Grenz- und Zielwerte für die
3
ökologische Tiefenbewertung – Gruppe Bürogebäude" oder bei der Zertifizierung für
das Deutsche Gütesiegel nachhaltiges Bauen eingesetzt wurden:
Gebäude
BRI
m³
Justizzentrum Chemnitz
81.876
Bürogebäude München
53.243
Finanzzentrum
Mönchengladbach
43.226
Regionshaus Hannover
26.048
Verwaltungszentrum Eberswalde 25.481
Geschosse
5
oberirdisch
6
oberirdisch
5
oberirdisch
6
oberirdisch
4
oberirdisch
BGF
m²
NGF
m²
beh. NGF
m²
25.089 23.645 14.741
13.643 11.733 9.797
13.609 11.431 11.431
8.426
6.820
6.820
6.015
5.287
5.287
Der technische Ausstattungsgrad der Gebäude ist bei gleicher Nutzung sehr
unterschiedlich. Bei der Auswertung der flächenbezogenen Kennwerte wird der
Einfluss großer Nutz- oder Verkehrsflächen deutlich. Diese Flächen weisen einen
wesentlich geringeren Ausbaustandard auf, wie zum Beispiel Tiefgaragen,
überdachte Atrien usw. Es wird empfohlen eine Erfassungskorrektur bezogen auf
den Indikator NGF - Nettogrundfläche vorzunehmen. Um eine bessere
Unterscheidung der Einflussfaktoren zu gewährleisten, wurden die
Lebenszyklusphasen derart zusammengefasst, dass die gebäudebezogenen
Aufwendungen von den Ver- und Entsorgungsaufwendungen der Betriebsphase
getrennt ausgewiesen wurden.
Die Untersuchung zeigt die Zusammenhänge auf zwischen
•
Gebäude mit Ver- und Entsorgung,
•
Gebäude mit den Lebenszyklusphasen Herstellung, Instandsetzung und
Entsorgung
•
Bauteile der Kostengruppe 300 zu Kostengruppe 400
•
Bauteile der Kostengruppe 400 mit den Lebenszyklusphasen
•
Einzelne Kostengruppen der technischen Anlagen.
•
Trotz des sehr geringen Stoffmasseanteils von 1 bis 4% an der gesamten Stoffmasse
des Gebäudes über den Betrachtungszeitraum von 50 Jahren erreichen die relativen
Anteile der Umwelteinträge der technischen Anlagen bei den einzelnen Indikatoren 7
bis 23%. Die Ursache für diesen vom Anteil der Stoffmasse her unerwartet hohen
Umwelteintrag der TGA ist auf die verwendeten Materialkomponenten
zurückzuführen. Die TGA wird im Materialbereich dominiert von Metallen und Plastik.
Beide Materialgruppen zeigen hohe Umweltbelastungswerte je kg eingesetztes
Material. Die relativ kurzen Lebensdauern der Einzelbauteile (10 Jahre für Pumpen,
15 Jahre für Brenner, 20 Jahre für Heizungskessel, 30 Jahre für Fahrstühle, 40 Jahre
für Wasserleitungen aus Stahl) führen bei den technischen Anlagen zu einem hohen
Anteil der Instandsetzungsphase. Die Gutschriften der EoL-Phase reduzieren die
absoluten Werte der Umwelteinträge der technischen Anlagen je nach Indikator um
10 bis 30%. Die kostengruppenspezifische Auswertung lässt die Kostengruppen 420,
430 und 440 als Hauptverursacher erkennen.
4
Ausblick
Die in der Ökobau.dat bereitgestellten Umweltindikatoren für die Haustechnik können
durch Planer dafür verwendet werden, beispielsweise mögliche Einsparungen oder
Erhöhungen der Umweltlasten durch den Einsatz von Haustechnik den möglichen
Effekten während der Nutzungsphase des Gebäudes gegenüber zustellen. So
können sich die Umweltlasten, die sich aus dem Bau eines Gebäudes durch den
Einsatz bestimmter Haustechnik ergeben, zwar erhöhen, andererseits könnten sich
durch den Einsatz aber in der Nutzungsphase Einsparungen ergeben, die die
höheren Lasten während der Herstellung mehr als kompensieren. Als Beispiel sei
hier der Einsatz von Solarkollektoren genannt. Durch die zusätzlichen Datensätze
über Baumaterialien lassen sich auch Effekte, die sich durch den Einsatz
beispielsweise von Dämmmaterialien auf die Auswahl von Haustechnik ergeben
darstellen. Ganz allgemein lässt sich mit den Umweltindikatoren der Anteil der
Haustechnik an den gesamten Umweltlasten, die bei der Erstellung und
Instandhaltung eines Gebäudes entstehen, bestimmen. Nur so können
Komponenten mit hohen Umweltlasten in einem Gebäude identifiziert werden und
eine mögliche Reduzierung der Umweltlasten analysiert werden. Da im Sinne einer
Ökobilanz immer der gesamte Lebenszyklus eines Produktes betrachtet werden
muss, werden somit auch immer die möglichen Implikationen bei der Optimierung der
Haustechnik bzw. des gesamten Gebäudes während der Bauphase auf die
Nutzungsphase mit betrachtet. So kann die Haustechnik bzw. das gesamte Gebäude
immer im Hinblick auf den gesamten Lebensweg, inklusive Instandhaltung oder
Rückbau, analysiert werden.
Für die Zukunft ist zu erwarten, dass durch verschiedene legislative Maßnahmen
(Energieeinsparverordnung, Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz etc.) die
Umweltlasten aus der Nutzungsphase (z.B. Entnahme von fossilen Energieträgern
oder Treibhausgasemissionen) aufgrund der strengeren Standards und Maßnahmen
zum Primärenergiebedarf (nicht erneuerbar) von Häusern reduziert werden und die
Relevanz der Herstellung an den Umweltlasten des gesamten Lebenszyklus
zumindest relativ ansteigen wird. Dies zeigt, dass neben der Berechnung des
Primärenergiebedarfs von Häusern auch die Umweltlasten, die sich aus der
Herstellung der Baumaterialien und der Haustechnik ergeben, betrachtet werden
sollten.
Auftragnehmer
PE INTERNATIONAL
Dipl.-Ing. Johannes Kreißig
Hauptstraße 111-113
70771 Leinfelden-Echterdingen
Tel.: +49 711 341817-0
[email protected]
www.pe-international.com
Ascona
Dipl. Ing. Architekt Holger König
Moosweg 9
85757 Karlsfeld b. München
Tel.: +49 8131 276983
[email protected]
www.ascona-koenig.de
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Kontakt
Nicolas Kerz
Referat II 5 - Nachhaltiges Bauen
Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) im Bundesamt für
Bauwesen und Raumordnung (BBR), Bonn
Tel: +49 30 18401-3402
[email protected]
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