Vorlesungsskript GRUNDKURS EXPERIMENTALPHYSIK Prof. Dr. Frank Richter Skript angefertigt von cand. phys. Stefan Welzel Technische Universität Chemnitz Fakultät für Naturwissenschaften Institut für Physik Vorwort VORWORT Das vorliegende Skript basiert auf der Vorlesung in Experimentalphysik für Studenten des 1. und 2. Semesters des Diplomstudiengangs Physik. Die Vorlesung ist, anschließend an eine Einleitung, in vier große Teilbereiche gegliedert: • Mechanik • Thermodynamik • Elektrizitätslehre • Optik Zur besseren Orientierung finden sich am Rand folgende Symbole: ! Definitionen/Merksätze n Beispiele u Kommentare/Interpretationen/Diskussionen SI Definition von Einheiten nach dem SI-System (..) Gleichungsnummerierung Nebenrechnung Wird im Rahmen der Erläuterungen auf eine Gleichung aus einem vorangegangenen Kapitel Bezug genommen, so geschieht dies durch Voranstellen der jeweiligen Kapitelnummer vor die entsprechende Gleichungsnummer (z.B. verweist die Angabe „(11 - 6)“ auf Gl. (6) in Kapitel 11) Desweiteren werden im Text wichtige physikalische Grundbegriffe gesondert hervorgehoben, die dann auch im Sachregister aufgelistet sind. Weitere im Text verwendete Symbole sind: ⇒ <..> {..} Schlussfolgerungen Verweis auf andere Kapitel Quellenangabe I Inhaltsverzeichnis INHALTSVERZEICHNIS VORWORT .......................................................................................................... I INHALTSVERZEICHNIS .......................................................................................II C. WÄRMELEHRE ......................................................................................... 1 19. Wärme und Temperatur....................................................................................................2 19.1. 19.2. 19.3. 19.4. Einleitung .............................................................................................................................2 Wärmeausdehnung...............................................................................................................2 Freiheitsgrade.......................................................................................................................3 Spezifische Wärmekapazität ................................................................................................4 20. Kinetische Gastheorie ........................................................................................................6 20.1. 20.2. 20.3. 20.4. 20.5. 20.6. Gasdruck und Zustandsgleichung.........................................................................................6 Innere Energie; Erster Hauptsatz der Wärmelehre...............................................................8 CV und CP bei Gasen............................................................................................................9 Adiabatische Zustandsänderungen.....................................................................................10 Die BOLTZMANNsche Energieverteilung ............................................................................12 Die MAXWELLsche Geschwindigkeitsverteilung................................................................13 21. Wärmekraftmaschinen....................................................................................................15 21.1. 21.2. 21.3. 21.4. Einleitung ...........................................................................................................................15 Der Wirkungsgrad ..............................................................................................................16 Der Heißluftmotor (STIRLING-Maschine)...........................................................................16 Die CARNOT-Maschine.......................................................................................................19 22. Entropie; Zweiter Hauptsatz der Wärmelehre .............................................................21 22.1. 22.2. 22.3. 22.4. Statistische Deutung der Entropie ......................................................................................21 Entropie und Wärmeenergie ...............................................................................................23 Der Zweite Hauptsatz der Wärmelehre ..............................................................................25 Das thermodynamische Gleichgewicht ..............................................................................26 23. Aggregatzustände .............................................................................................................28 23.1. Flüssigkeit unf Dampf........................................................................................................28 23.2. Koexistenz dreier Phasen...................................................................................................31 23.3. Die VAN- DER-WAALS sche Gasgleichung...........................................................................33 24. Transportprozesse............................................................................................................35 24.1. Diffusion.............................................................................................................................35 24.2. Wärmeleitung.....................................................................................................................36 24.3. Komplexe Wärmetransportprobleme .................................................................................37 II Inhaltsverzeichnis LITERATURLISTE ............................................................................................. IV QUELLENVERZEICHNIS ......................................................................................V SACHREGISTER................................................................................................ VI III Wärmelehre C. WÄRMELEHRE Wärmelehre – Wärme und Temperatur 19. Wärme und Temperatur 19.1. Einleitung − Wärme ist die ungeordnete Bewegung der Teilchen (in Gasen, Flüssigkeiten oder im Festkörper). Je nach den gegebenen Bedingungen ist diese Bewegung mehr oder weniger intensiv. ! − Wir beschreiben die „Intensität der ungeordneten Bewegung“ über die mittlere Translationsenergie der Teilchen und definieren so die Temperatur: ! m 2 3 v = k BT 2 2 kB ... BOLTZMANN-Konstante (kB = 1,381 ž 10-23 JžK-1) Wkin = (1) Maßeinheit für die Temperatur ist das Kelvin: [T] = K SI − Aus Gl. (1) folgt die Existenz eines nicht unterschreitbaren Nullpunkts der Temperatur. ! − Stoffmengen ν werden meist in Mol gemessen: [ν] = Mol SI 1 Mol ist die Menge eines Stoffes, die genau so viele Teilchen (Atome, Moleküle) enthält wie 12 g des Kohlenstoffnuklids 12 C. Dies sind: ! NL = 6,022134 ž 1023 Teilchen NL (N A) ist die LOSCHMIDT-Zahl (Avogadro’s number). 19.2. Wärmeausdehnung − Gase, Flüssigkeiten und Festkörper dehnen sich bei Temperaturerhöhung aus bzw. es steigt der Druck, wenn das Volumen konstant gehalten wird. − Für Festkörper gilt näherungsweise lineare Ausdehnung: l = l o (1 + α ⋅ ∆T) mit ! (2) α ... linearer Ausdehnungskoeffizient Beispiele: Glas Eisen Kupfer α = (5 ... 10) ž 10-6 K-1 α= 12,0 ž 10-6 K-1 α= 16,7 ž 10-6 K-1 bei 100 °C n 2 Wärmelehre – Wärme und Temperatur u Kommentar: · · · − Streng genommen ist α = α(T), oft ist jedoch die lineare Näherung ganz gut. 10 ž 10-6 ist eine gute „Hausnummer“ für viele feste Stoffe ⇒ für ∆T = 100 K ∆l beträgt = 10 −3 ⇒ merkliche Ausdehnung ∆l von 1 cm pro l = 10 m l Beispiele: Bimetallstreifen, Bahnschienen, Dehnungsbogen Für Flüssigkeiten gilt mit Gl. (2): V = l (∆T) 3 = l 30 (1 + α ⋅ ∆T ) 3 ≈ l 30 (1 + 3α ⋅ ∆T) (α 2 , α3 ≈ 0) V = Vo (1 + γ ⋅ ∆T) mit (3) γ = 3α ... Raumausdehnungskoeffizient Beispiele: Wasser Ethanol γ = 207 ž 10-6 K-1 γ = 1100 ž 10-6 K-1 α ≈ 70 ž 10-6 K-1 α ≈ 370 ž 10-6 K-1 bei 18 °C ⇒ Wärmeausdehnung bei Flüssigkeiten ist um eine Größenordnung größer! Beispiel: Flüssigkeitsthermometer ⇒ relativ großer Effekt der Flüssigkeitsausdehnung, n ! n da die der Röhre viel geringer ist. 19.3. Freiheitsgrade − − Moleküle können neben der Translationsenergie auch andere Formen der Bewegungsenergie haben: · Rotationsenergie · Schwingungsenergie ! wichtig: 2-atomige Gase (H2 , O2 , N2 , ...) haben 5 Freiheitsgrade, und zwar 3 Freiheitsgrade der Translation + 2 Freiheitsgrade der Rotation. 3 Wärmelehre – Wärme und Temperatur − Gleichverteilungssatz: Auf jeden Freiheitsgrad eines Moleküls entfällt im thermischen Gleichgewicht im Mittel die gleiche Energie, und zwar WFG ⇒ − = WTrans = 1 k BT 2 3 k B T , da 3 Freiheitsgrade der Translation 2 ! (4) ≡ Gl. (1)! Die gesamte Bewegungsenergie eines 2-atomigen Moleküls (bei nicht zu hohen Tempe5 raturen, wenn noch keine Vibration angeregt wird) ist aber gleich k B T , da auch noch 2 zwei Freiheitsgrade der Rotation existieren! Wir werden darauf noch zurückkommen. 19.4. Spezifische Wärmekapazität − Erwärmung eines Körpers um ∆T erfordert die Zufuhr einer Energie ∆W ∆W lt. Gl. (4) Teilchen ⋅ Freiheitsg rad ã ä M 1 ∆W = ⋅ f ⋅ k B ⋅ ∆T m 2 M ... Masse des Körpers, m ... Masse eines Teilchens, f ... Zahl der Freiheitsgrade. Zahl der Teilchen N mit − Wir definieren die Wärmekapazität des Körpers: ⇒ − C = ∆W 1 M 1 = N ⋅ f ⋅ kB = ⋅ f ⋅ kB ∆T 2 m 2 (6) spezifische Wärme(kapazität) ⇒ − (5) c ≡ C 1 f ⋅ kB = ⋅ M 2 m Kommentar: · C ist eine Eigenschaft des Körpers, also große Masse bedeutet große Wärmekapazität (Beispiel: thermische Trägheit). · c ist eine Materialeigenschaft. Materialien mit kleinen Atom- bzw. Molekülmassen haben großes c. („Weil es eben auf die Anzahl der Teilchen ankommt“) · In jedem Fall gilt: C, c ~ f! · Flüssiges Wasser hat hohe spezifische Wärme(kapazität) (großes f, kleines m)! (7) u ! ! 4 Wärmelehre – Wärme und Temperatur − Es ist zweckmäßig (erst recht bei Gasen!), C und c auf die Stoffmenge zu beziehen. Aus Gl. (6) folgt mit N = NL die molare Wärmekapazität 1 C mol = N L ⋅ f ⋅ k B 2 å æ [ C] [Atome ] Mol Mol ⇒ (8) − Bei Gasen ist zu unterscheiden: · spezifische Wärmekapazität bei konstantem Volumen: cV · spezifische Wärmekapazität bei konstantem Druck: cp − cV ist die bisher besprochene spezifische Wärmekapazität („Erhöhung der Energie der Einzelteilchen“). − cp enthält zusätzlich die vom Gas bei der Ausdehnung geleistete Arbeit. ⇒ cp > cV ! − Beispiele für θ = 0 °C (C in J ž (Mol ž K)-1): n f Gas Cmol, p Cmol, V 3 He Ar O2 N2 H2 N2O 20,9 20,7 29,3 29,0 28,5 34,1 12,6 12,4 21,0 20,7 20,2 26,5 5 6 Cmol,p C mol,V 1,66 1,67 1,40 1,40 1,41 1,29 1 C mol,V 2 f 4,2 4,1 4,2 4,1 4,0 4,4 Cmol, p - Cmol, V3 8,3 8,3 8,3 8,3 8,3 7,6 (Bei f wurde neben der Translation nur die Rotation berücksichtigt, da dort laut Quantenmechanik die typischen Anregungsenergien ∆E ≈ 0,001 eV sind. Die Anregungsenergien der Schwingungszustände dagegen sind mit ∆E ≈ 0,1 eV so groß, dass sie bei 0 °C praktisch nicht angeregt werden. Ebenso ist bei der Rotation um die Molekülachse das Trägheitsmoment so klein, dass die Energie ∆E ~ J-1 viel zu groß ist, um angeregt zu werden. Daher haben die zweiatomigen Moleküle nur zwei Rotationsfreiheitsgrade, das N2 O aber drei.) 1 2 3 Cmol, p /Cmol, V ist der später eingeführte Adiabatenexponent γ (vgl. <20.3.>). Cmol, V ž f-1 = 1/2žNA žkB = 1/2žR (lt. Gl. (6) bzw. (8), vgl. <20.1.>) Cmol, p - C mol, V ≈ R (vgl. <20.3.>) 5 Wärmelehre – Kinetische Gastheorie 20. Kinetische Gastheorie ... behandelt ideale Gase, d.h., die Gasteilchen verhalten sich wie elastische Kugeln mit vernachlässigbarem Eigenvolumen. ! 20.1. Gasdruck und Zustandsgleichung − Teilchen werden an den Wänden reflektiert: − Aus den beiden Gleichungen ∆p ∆t F p= A F= (2. NEWTONsches Axiom) (3 - 6) (statischer Druck) (12 - 1) folgt für die physikalische Interpretation des Drucks: ⇒ − Druck = an die Wand abgegebene r Im puls ∆p = Zeit ⋅ Wandfläche ∆t ⋅ A (1) vereinfachte Herleitung von Gl. (1): gegeben: · N Teilchen im Volumen V ⇒ Teilchenzahldichte n = · Teilchen haben mittlere Geschwindigkeit v · je N V (2) 1 der Teilchen bewegt sich in jede "Hauptrichtung": 6 Wir betrachten das Volumen der Dicke v ž dt vor der Wandfläche A: ⇒ N = n ⋅ A ⋅ v ⋅ dt Teilchen sind im Volumen, 1 ⋅ n ⋅ A ⋅ v ⋅ dt auf die Wand 6 zu und erreichen diese. davon fliegen ⇒ 1 nAvdt ⋅ 2mv 6 â â Teilchenzahl ∆p für ein Teilchen dp = (3) 6 Wärmelehre – Kinetische Gastheorie Aus Gl. (3) folgt für den Druck p (Vorsicht, gleiches Symbol wie Impuls!): ⇒ − 1 ⋅ n ⋅ A ⋅ v 2 ⋅ m ⋅ dt dp 1 p= =3 = nmv 2 A ⋅ dt A ⋅ dt 3 Mit Gl. (19 - 1) können wir Gl. (4) auch schreiben als p = n ⋅kB ⋅T − Jetzt führen wir wieder n = (5) N ein und erhalten V p ⋅ V = N⋅ kB ⋅ T − (4) (6) Die Gasmenge N entspreche ν Mol: N = ν ⋅ N L ; damit folgt aus Gl. (6) p ⋅ V = ν ⋅ NL ⋅ k B ⋅ T − Wir führen ein R ≡ N L ⋅ k B = 8,31 J K ⋅ Mol und erhalten mit − p ⋅ V = ν ⋅ R ⋅T ν ... Stoffmenge und R ... allgemeine Gaskonstante. (7) u Kommentar: · Gl. (5) und Gl. (7) stellen die Zustandsgleichungen idealer Gase dar, in atomistischer und in makroskopischer Form. · Daraus folgen das Gesetz von BOYLE-MARIOTTE (vgl. <13.1.>) p ⋅ V = const . ( T = const . ) sowie die Gesetze von GAY-LUSSAC bzw. p~T V~T ( V = const . ) ( p = const . ) 7 Wärmelehre – Kinetische Gastheorie 20.2. Innere Energie; Erster Hauptsatz der Wärmelehre − gegeben: thermodynamisches System Kessel mit Inhalt (z.B. Wasser + Dampf) − Der Kessel hat als Ganzes bestimmte Energieanteile, z. B. · · Epot Ekin (infolge der Bewegung des Kessel als Ganzes!) ⇒ äußere Energien. − Wir betrachten nun die innere Energie U des Systems mit folgenden Anteilen: · · (· − ungeordnete Bewegungsenergie der Teilchen (sogenannte thermische Energie) entsprechend den gegebenen Freiheitsgraden (vgl. <19.1.> und <19.3.>) Energieanteile, die mit der chemischen Bindung oder dem Aggregatzustand zusammenhängen Energie der Bindungen innerhalb der Atome und der Kerne) Die innere Energie U kann sowohl durch den Austausch von Arbeit als auch den von Wärme verändert werden: ∆U = ∆Q + ∆W Also: Jede Zu-/Abfuhr von Arbeit oder Wärme findet sich entsprechend in U wieder. Es wird keine Energie erzeugt oder vernichtet. ! (8) ! Dies ist der 1. Hauptsatz der Thermodynamik (Energieerhaltungssatz). Daraus folgt die Unmöglichkeit des Perpetuum mobiles 1. Art. − U ist eine Zustandsgröße, d.h., wenn man einer bestimmten Stoffmenge (Kesselinhalt) ein bestimmtes Volumen V und eine bestimmte Temperatur T gibt, erhält man einen bestimmten Druck p und eine bestimmte innere Energie U. Jeder Zustand {p, V, T} 1 hat eine eindeutig bestimmte innere Energie U, unabhängig davon, wie der Zustand erreicht wurde. − ! Anders verhält es sich bei ∆Q und ∆W: Dies sind lediglich „unterschiedliche Wege, um die innere Energie U zu ändern“. Illustration: Es kann passieren, dass man Wärmeenergie in ein System steckt und sich dies vollständig in einer Erhöhung des Wärmeinhaltes des Systems (d.h. in einer Temperatur-Erhöhung) widerspiegelt → z.B. Topf mit Wasser, Fall a). 1 Von diesen Größen sind zwei unabhängig voneinander, die dritte ergibt sich durch die Zustandsgleichung. 8 Wärmelehre – Kinetische Gastheorie Es ist aber auch möglich, dass man Wärmeenergie zuführt, ohne dass sich die Temperatur des Systems erhöht → z.B. Topf mit Eiswasser, Fall b). a) b) Deshalb ist die Wärme keine Zustandsgröße! Was sich in beiden Fällen geändert hat, ist die innere Energie, entweder in Form von thermischer Energie (Fall a), oder durch eine Änderung der Bindungsenergie (Schmelzen des Eises, Fall b). − Man weiß seit langem, dass Wärme kein Stoff ist. Oft geht man jedoch formal so vor, als ob sie einer wäre, z. B. bei der Behandlung der Wärmeleitung. Dieses Vorgehen ist streng genommen nicht korrekt, weil es nicht immer zulässig ist. Dort, wo es zulässig ist, ist es aber sehr nützlich. − Wir betrachten Gl. (8) für den Fall des idealen Gases. Beim idealen Gas besteht die einzige Möglichkeit, die innere Energie U zu beeinflussen, darin, die Bewegungsenergie der Gasteilchen zu verändern. Also gilt ∆U = C V ⋅ ∆T Daraus folgt C V ⋅ ∆ T = ∆ Q − p∆ V 1 (9) 20.3. CV und Cp bei Gasen − Wir betrachten ν Mol eines Gases. Diese haben eine Wärmekapazität CV von C V = ν ⋅ C mol,V = ν ⋅ ⇒ CV = ν ⋅ R ⋅ 1 ⋅ f ⋅ NA ⋅ k B 2 â ≡R f 2 (19 - 8‘) (10) bei V = const. ergibt sich eine Erwärmungsarbeit ∆Qe von ⇒ 1 ∆Q e = ν ⋅ R ⋅ f ⋅ ∆T 2 (11) Zum Vorzeichen: Bei Komprimierung ist ∆V < 0, entsprechend ∆W > 0 , d. h. zunehmendem U! 9 Wärmelehre – Kinetische Gastheorie − Wenn p = const. sein soll, muss neben der Erwärmungsarbeit noch die Druckarbeit durch Wärmezufuhr aufgebracht werden: ∆Q d = p ⋅ ∆V Aus der Zustandsgleichung des idealen Gases (Gl. (7)) folgt: ⇒ ⇒ dV d νRT ν R V = = = dT dT p p T ∆V V = ∆T T V ∆V = ⋅ ∆T T Somit ergibt sich für die Druckarbeit: ∆Q d = p ⋅ V ⋅ ∆T ∆T = ν RT ⋅ T T ∆Q d = νR∆T − (12) Für die Gesamtarbeit erhält man mit Gl. (11) und (12): = ∆Q e + ∆Q d ∆Q f C p ⋅ ∆T = ν R ⋅ ∆T + νR ⋅ ∆T 2 â CV − (13) Aus Gl. (13) folgt zweierlei: a) Kürzen der ∆T ⇒ Cp − CV = ν⋅R (Betrachtung von ν Mol) bzw. C mol,p − C mol,V = R (Betrachtung von 1 Mol) b) Zusammenfassen der rechten Seite der Gleichung − ⇒ f C p = + 1 ⋅ νR 2 (14) (15) Mit Hilfe von Gl. (10) und (15) folgt die Definition des Adiabatenexponenten: γ≡ Cp CV = f+2 f (16) Gl. (16) wird von realen Gasen recht gut erfüllt (vgl. Tabelle in <19.4.>)! 10 Wärmelehre – Kinetische Gastheorie 20.4. Adiabatische Zustandsänderungen − ! ... laufen ohne Wärmeaustausch mit der Umgebung ab (∆Q = 0) damit folgt aus Gl. (9): ⇒ C V ⋅ ∆T = − p∆V Wird nun CV mittels Gl. (10) und p mit Gl. (7) ausgedrückt, so erhält man: f νRT ν R ∆T = − ∆V 2 V ⇒ ⇒ ∆T T 2 ∆V =− ⋅ f V dT T = −( γ − 1)∫ ∫ 2 = γ −1 f (lt. Gl. (16)) dV V nach Integration ergibt sich: ln T + ( γ − 1) ln V = const . T ⋅ V γ −1 = const . (17a) Umformung mit Gl. (7) ergibt: p ⋅Vγ = const . (17b) Dies sind die POISSON-Gleichungen, die adiabatische Prozesse in idealen Gasen beschreiben. − Zustandsänderungen im p-V-Diagramm: a) Adiabate (lt. Gl.(17)) b) Isothermen (lt. Gl. (7)) c) Isobare (p = const.) d) Isochore (V = const) 11 Wärmelehre – Kinetische Gastheorie n Beispiel: Adiabatische Zustandsänderung (entlang der Kurve a)): Bei der Komprimierung von V2 auf V1 erwärmt sich das Gas wegen ∆Q = 0 von T2 auf T3 ! − Adiabatische Vorgänge treten auf bei nicht ausreichender Wärmeleitfähigkeit der Luft, · z.B. beim Einströmen in ein Tiefdruckgebiet oder · bei der Schallausbreitung, wo die Wärmeabfuhr nicht schnell genug ist, so dass die Zustandsänderungen praktisch adiabatisch verlaufen. Deshalb muss Gl. (16 - 17‘) noch hinsichtlich des adiabatischen Charakters der Zustandsänderung korrigiert werden. ⇒ Vollkommen exakt ist v Ph = γ ⋅p , ρ (16 - 17‘‘) anderenfalls beträgt die Abweichung in Luft γ = 1,4 ≈ 1,18 , also 15 - 20 %!) 20.5. Die BOLTZMANNsche Energieverteilung − Die barometrische Höhenformel war p (h ) = p o ⋅ e − ρ0 ⋅g⋅h po (Die Verwendung des Ausdrucks − (13 - 6) ρ0 po in dieser Formel war nur ein Notbehelf!) Wir nehmen jetzt die Zustandsgleichung des idealen Gases p = n ⋅ kB ⋅T p = ρ ⋅ kB ⋅ T m m ρ = k BT p n= ⋅ ρ m mit m...Masse eines Gasteilchens (5) m pk B T ⋅g ⋅ h Nach der Multiplikation mit g ž h erhält man einen allgemeingültigen Ausdruck ρ ρ für , der natürlich auch an der Erdoberfläche, d. h. für 0 , gilt: p0 p ρ m ⋅g ⋅ h = 0 ⋅g ⋅ h p0 k BT (18) 12 Wärmelehre – Kinetische Gastheorie − Mit Gl. (18) können wir Gl. (13 - 6) umformen zu p (h ) = p o ⋅ e − m⋅g ⋅h k BT = po ⋅e − E pot k BT Diskussion: Die Drücke in verschiedenen Höhen - und damit wegen Gl. (5) auch die Teilchenzahldichten - hängen exponentiell von der potentiellen Energie Epot der Gasteilchen in diesen Höhen ab! − Die barometrische Höhenformel ist ein Beispiel für das Wirken des Verteilungssatzes von BOLTZMANN: Wenn ein System eine Reihe von Zuständen mit den Energien W1 , W2 , ... annehmen kann, dann ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich das System im Zustand i befindet − mit Wi k BT pi = gi ⋅ e gi ... statistisches Gewicht des Zustandes i1 Diskussion: Höherenergetische Zustände werden ungern eingenommen (exponentieller Abfall!), wobei eine Temperatur-Erhöhung dem entgegenwirkt. (19) u ! ! (20) u ! Der BOLTZMANNsche Verteilungssatz ist eine sehr allgemeingültige Beziehung, er gilt z.B. auch für die Besetzung von Energiezuständen in Atomen und Molekülen. 20.6. Die MAXWELLsche Geschwindigkeitsverteilung − 1 ... ist die Geschwindigkeitsverteilung der Teilchen eines idealen Gases. Sie ist so beschaffen, dass hinsichtlich der Teilchenenergien - es gibt ja nur die kinetische Energie - die BOLTZMANN-Verteilung eingehalten wird. ! Für die barometrische Höhenformel ist g i bedeutungslos! 13 Wärmelehre – Kinetische Gastheorie Es ist: dN( v1 ) = W ( v1 ) ⋅ N ⋅ dv wobei dN(v1 ) den Bruchteil der Teilchen mit der Geschwindigkeit im Intervall (v1 , v1 +dv) und W(v1 ) die Wahrscheinlichkeit, dass das Teilchen v = v1 besitzt, darstellen. − Wie erhält man die Verteilung? Es gilt, wie gesagt, die BOLTZMANN-Verteilung: − dN( v) = N ⋅ c ⋅ e m v2 2 k BT (21) dv wobei N die Gesamtzahl der Gasteilchen und c ⋅ e ... ≡ W ( v) ist. Jedoch ist hier das statistische Gewicht der einzelnen v-Intervalle zu beachten: Es lässt sich zeigen, dass es viel mehr Möglichkeiten gibt, eine höhere Geschwindigkeit einzunehmen, als eine niedrige: ! ⇒ In c steckt das statistische Gewicht des einzelnen Geschwindigkeitsintervalls. Es ist ~ 4πv2 , da das Intervall (v, v+dv) eine Kugelschale im dreid imensionalen v-Raum darstellt. Damit erhalten wir für die MAXWELLsche Geschwindigkeitsverteilung 3 mv2 − m 2 ⋅ 4πv 2 ⋅ e 2 k B T ⋅ dv dN( v) = N ⋅ 2π k B T (22) 14 Wärmelehre – Wärmekraftmaschinen 21. Wärmekraftmaschinen 21.1. Einleitung − Wärmekraftmaschinen (Motoren, Gasturbinen) wandeln Wärmeenergie in mechanische Energie um. Analoge Maschinen („Kraftwärmemaschinen“) verwandeln mechanische Energie in Wärmeenergie. Wärmekraftmaschine: Kraftwärmemaschine: Wärme wird dem heißen Medium entzogen und dem kühleren zugeführt. Wärme wird dem kalten Reservoir entnommen und dem heißen zugeführt. Dabei wird mechanische Energie W abgegeben. Dies geschieht unter Aufwendung einer mechanischen oder elektrischen Energiemenge W. Definition des Wirkungsgrads: Definition der Leistungszi ffern:1 W = η ⋅ ∆Q 2 (η ≤ 1) (1) η ... Wirkungsgrad 1 ≡ ε′ ⋅ W η 1 ∆Q1 = W − 1 ≡ ε ⋅ W η ∆Q 2 = W ⋅ 1 (ε‘ ≥ 1) (2) (ε ≥ 1) (3) ε, ε‘ ... Leistungsziffern n Beispiele: Kühlschrank Wärmepumpe T2 -Medium: Verbrennungs- Heißgas/ gemisch -dampf Wärmetauscher Heizsystem T1 -Medium: Auspuffgas Kühlraum Wasser/Luft/ Boden Name ! Verbrennungs- Gas-/Dampfmotor turbine Kaltgas/ -dampf Gl. (2) und (3) ergeben sich durch einfache Umstellung von Gl. (1) 15 Wärmelehre – Wärmekraftmaschinen 21.2. Der Wirkungsgrad − Beispiel: Verbrennungsmotor Bei T2 hat jedes Gasteilchen im Mittel eine Wärmeenergie 1 Wkin = f ⋅ ⋅ k B T2 2 n (4) Die als „Auspuffgas“ den Motor bei T1 verlassenden Teilchen haben eine Energie 1 Wkin = f ⋅ ⋅ k B T1 2 (5) ⇒ maximal in mechanische Arbeit umwandelbar ist 1 W = f ⋅ ⋅ k B ( T2 − T1 ) 2 Damit ergibt sich der (ideale) Wirkungsgrad zu ⇒ ηid = T W T2 − T1 = =1− 1 Q2 T2 T2 Diskussion: · · · (6) u T2 T ist (da η = 1 − 1 gilt!) T1 T2 es existieren technische Grenzen für ein maximales T2 und/oder minimales T1 ⇒ Erhöhung des Gesamtwirkungsgrades durch z.B. „Abwärmenutzung“ zu Heizzwecken (⇒ T1 ≈ 40 ... 60 °C statt >> 100°C) Wirkungsgrad ist umso höher, je größer Bei realen Maschinen ist der Wirkungsgrad stets kleiner als der ideale Wirkungsgrad lt. Gl. (6). ! 21.3. Der Heißluftmotor (STIRLING-Maschine) − Bei Verbrennungsmotor oder Gasturbine wird das Gas durch Verbrennung erhitzt, ein „oberes Wärmereservoir“ existiert eigentlich körperlich nicht. Im Gegensatz dazu arbeitet die STIRLING-Maschine wirklich zwischen zwei Wärmereservoiren; die Gasfüllung bleibt drin! (Robert Stirling, 1816) − Die STIRLING-Maschine kann „nach oben“ und „nach unten“ arbeiten: a) T2 (hoch): Flamme; T1 (niedrig): Umgebung (≈ 20 °C) b) T2 (hoch): Umgebung; T1 (niedrig): Eis oder LN 2 Wichtig für das Funktionieren ist lediglich eine Temperaturdifferenz ∆T! − Die STIRLING-Maschine kann natürlich auch als Wärmepumpe betrieben werden. 16 Wärmelehre – Wärmekraftmaschinen − Arbeitsgas: Luft oder Helium (bessere Wärmeleitfähigkeit!) − Grundaufbau: Die Bewegung des Kolbens im Arbeitszylinder variiert das Volumen V zwischen V1 und V2 . Der obere Teil des Arbeitszylinders ist offen. Die Kolbenbewegung im Verdränge rzylinder sorgt dafür, dass das Gas einmal mit T2 und dann wieder mit T1 im Kontakt ist. Ein Pleuelmechanismus sorgt für die Kraftübertragung. 1 ⋅ V ( Verdränger zylinder ) 2 1 V2 = ⋅ V( Verdränger zylinder ) + V ( Arbeitszyl inder ) 2 V1 = − Funktionsweise (Abbildung und Text entnommen aus {1}, S. 536): 17 Wärmelehre – Wärmekraftmaschinen 18 Wärmelehre – Wärmekraftmaschinen ... bei (1) → (2) abgegebene Arbeit ... bei (3) → (4) vom Schwungrad wieder zurückgegebene Arbeit W ... mechanische Nutzenergie also: Die Funktion einer Wärmekraftmaschine basiert auf der Temperaturdifferenz ∆T. Weder Explosion noch Gasaustausch sind notwendige Merkmale. ! 21.4. Die CARNOT-Maschine − Der ideale Temperatur-Austausch in den Takten (2) → (3) und (4)→ (1) funktioniert in praxi nicht. Im Takt (2) → (3) wird z. B. der Kolben bei der Wechselwirkung mit dem Arbeitsgas nicht ganz T2 erreichen, das Gas nicht ganz T1 , so dass aus den Wärmereservoiren „nachgeho lfen“ werden muss. ⇒ ∆Qa und ∆Qa‘ kompensieren sich nicht völlig! ⇒ Auch der STIRLING-Motor erreicht den idealen Wirkungsgrad lt. Gl. (6) nicht: ηStirling < 1 − T1 T2 ! (7) ⇒ Die ideale Wärmekraftmaschine wird dadurch erreicht, dass entlang (2) → (3) und (4) → (1) der Wärmeaustausch gleich ganz unterbunden wird. Dies bezeichnet man als CARNOT-Maschine. Die CARNOT-Maschine arbeitet zwischen zwei Isothermen (T2 , T1 ) und zwei Adiabaten ! 19 Wärmelehre – Wärmekraftmaschinen (1) → (2): (2) → (3): (3) → (4): (4) → (1): − Expansion im Kontakt mit T2 -Reservoir weitere Expansion in thermischer Isolation; T2 → T1 1 Komprimierung im Kontakt mit T1 -Reservoir weitere Komprimierung in thermischer Isolation; T1 → T2 1 Damit die CARNOT-Maschine wirklich ideal ist, muss man den Zyklus unendlich langsam ablaufen lassen, so dass in jedem Punkt thermodynamisches Gleichgewicht herrscht. (Dies ist ein Widerspruch in sich!) Dann könnte man auch jederzeit die Richtung des Prozesses umkehren, d.h., die ideale CARNOT-Maschine arbeitet in reversibler Weise. n Veranschaulichung: Rolle mit zwei gleich schweren Gewichten und einem sehr kleinen Zusatzgewicht, das die Bewegungsrichtung bestimmt. − Natürlich sind alle realen Prozesse irreversibel. Aber in der Wärmelehre interessiert man sich für den „Grad der Irreversibilität“: Das Experiment mit Rolle z.B. ist „fast reversibel“, andere Prozesse sind „e xtrem irreversibel“ Veranschaulichung: (extrem irreversibel) fallende Knetmasse n Die CARNOT-Maschine ist eine Idealisierung. Sie entspricht dem reversiblen Grenzfall und hat den höchsten möglichen Wirkungsgrad bei gegebenen T1 , T2 : ! Umwandlung Epot → Ekin → (Deformation) → Wärme in der Knete → Wärme im Raum − ηCarnot = ηid = 1 T2 − T1 T =1− 1 T2 T2 (6‘) vgl. hierzu Gl. (20 - 17a)! 20 Wärmelehre – Entropie; Zweiter Hauptsatz der Wärmelehre 22. Entropie; Zweiter Hauptsatz der Wärmelehre Nicht alle Prozesse, die dem Energiesatz genügen, finden auch wirklich statt! Beispiel: Um alle Energieprobleme zu lösen, brauchte man keine Energie aus dem Nichts zu schaffen. Es würde genügen, wenn man sie unbegrenzt durch Umwandlung von Wärmeenergie in mechanische Energie gewinnen könnte. Dem sind jedoch Grenzen gesetzt, wie das vorige Kapitel zeigte (Wirkungsgrade). n 22.1. Statistische Deutung der Entropie − gegeben: Volumen mit 4 Gasteilchen − Wir beobachten, ob sich die Teilchen in der linken oder rechten Hälfte des Volumens befinden. Analyse des (Mikro-)Zustände des Systems: ({2}, S. 224) Mögliche (Makro-)Zustände sind: 4/0 3/1 2/2 1/3 0/4 Die relative Häufigkeit bzw. die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten des je weiligen Makrozustands ist: 1 16 4 16 6 16 4 16 1 16 6% 25% 38% 25% 6% 21 Wärmelehre – Entropie; Zweiter Hauptsatz der Wärmelehre − Ein bestimmter Makrozustand (den wir makroskopisch sehen; wir können ja die individuellen Gasteilchen in der Regel nicht unterscheiden!) wird durch verschiedene Mikrozustände realisiert. Die Anzahl der gleichwertigen Mikrozustände bestimmt die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten des Makrozustands. − Wenn P die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines (Makro-)Zustandes ist, erhalten wir mit S = k B ⋅ ln P (1) die Entropie S dieses Zustandes. − Wenn sich ein System in einem weniger wahrscheinlichen Zustand befindet, strebt es danach, einen Zustand größerer Wahrscheinlichkeit einzunehmen. In der obigen Abbildung wird das dadurch deutlich, dass es stets mehr mögliche Wege zum wahrscheinlicheren als zum weniger wahrscheinlichen Makrozustand gibt. Im Sinne einer Fluktuation kann aber auch kurzzeitig ein weniger wahrscheinlicher Zustand eingenommen werden: ⇒ Die Entropie eines Systems kann, abgesehen von geringen Fluktuationen, nie abnehmen. − ! Bei Systemen „normaler Größe“ sind die Schwankungserscheinungen sehr gering: Zahl der Teilchen 4 Zahl der Mikrozustände 24 = 16 Wahrscheinlichkeit für „Grenzzustand“ 1 ≈ 0,060 (6 %) 16 1 ≈ 0,001 (1 ‰) 1024 10 210 = 1024 20 220 ≈ 1 ž 10 6 ≈ 1 ž 10 -6 2100 ≈ 1 ž 10 30 (!) ≈ 1 ž 10 -30 (!) 2N = 100 N ! 2-N 22 Wärmelehre – Entropie; Zweiter Hauptsatz der Wärmelehre − Wir betrachten die Entropiezunahme beim Übergang von einem Grenzzustand in den (im Rahmen der Fluktuation) gleichverteilten Zustand (für N >> 100): Wahrscheinlichkeit P: P ≈1 P = 2−N Entropie S: S = k B ⋅ ln P −N S = k B ⋅ ln 2 S = − k B N ⋅ ln 2 S = k B ⋅ ln P S = k B ⋅ ln 1 S =0 Die Entropieänderung bei diesem Übergang beträgt also 1 : ∆S = k B N ⋅ ln 2 (2) − „Ein System versucht stets, zu Zuständen höherer Wahrscheinlichkeit überzugehen.“ ! − „Ein System versucht, den Zustand maximaler Entropie einzunehmen.“ ! Dies sind zwei völlig gleichwertige Formulierungen! 22.2. Entropie und Wärmeenergie − Die klassische Definition der Entropie sagt: Wenn man bei einer bestimmten Temperatur T einem System die Wärmemenge ∆Q reversibel zu- oder abführt, ändert sich die Entropie des Systems wie folgt: ∆S = − ∆Qrev T Jedem Zustand eines Systems, der durch {p, V, T} charakterisiert ist, kann eindeutig ein ganz bestimmter Wert der Entropie zugeordnet werden: S = S( p, V , T ) 1 ! (3) ! (4) Dieses Ergebnis brauchen wir später noch! 23 Wärmelehre – Entropie; Zweiter Hauptsatz der Wärmelehre − Die Entropie beschreibt die Irreversibilität eines Prozesses. In jedem irreversiblen Prozess wird Entropie erzeugt, nur bei reversiblen Prozessen nicht: ∆Sirrev erzeugt > 0 ∆S rev erzeugt =0 ! (5) (Gl. (3) widerspricht dem nicht. Dort handelt es sich um die transportierte Entropie.) − Verständnismäßig erscheint die Entropie vielen Leuten schwer, vielleicht, weil sie etwas über die Irreversibilität aussagt, aber sich die Definitionsgleichung (3) auf reversible Prozesse bezieht. Ist die statistische Deutung einsichtiger!? − Wir zeigen an einem Beispiel die Äquivalenz von statistischer Deutung (vgl. <22.1.>) und klassischer („Wärme“-) Definition der Entropie: Der Übergang muss reversibel erfolgen, damit Gl. (3) entsprochen wird ⇒ sehr langsam zurückweichender Kolben Das sich ausdehnende Gas leistet Arbeit: dW = p ⋅ dV (6) Dies würde eigentlich zu Abkühlung führen, aber durch die reversible Prozessführung wird derselbe Energiebetrag gleich wieder als Wärme zugeführt: dW = dQ = p ⋅ dV ⇒ dQ = p ⋅ V = ν ⋅ R ⋅T ν ⋅ R ⋅T ⋅ dV V lt. Gl. (20 - 7) :T dQ dV = dS = ν ⋅ R ⋅ T V V2 V2 V1 V1 ∆S = ∫ dS = ν ⋅ R ⋅ ∫ V = ν ⋅ R ⋅ ln 2 V1 dV V V2 = 2V1 24 Wärmelehre – Entropie; Zweiter Hauptsatz der Wärmelehre ⇒ ∆S = ν ⋅ R ⋅ ln 2 R = NL ⋅ k B ; ν = N NL ∆S = k B N ⋅ ln 2 (7) Also sind Gl. (7) und Gl. (2) identisch, q.e.d.! 22.3. Der Zweite Hauptsatz der Wärmelehre − ... ist ebenso wie der Erste Hauptsatz letztlich eine Erfahrungstatsache. Er sagt etwas aus über die Richtung von Prozessen. − Es existieren verschiedene Formulierungen: Wärme fließt von selbst immer vom wärmeren zum kälteren Körper. ! oder etwas genauer: Es ist unmöglich, eine periodisch arbeitende Maschine zu konstruieren, die (während eines Durchlaufs) Energie als mechanische Arbeit abgibt und dafür Wärme aus nur einem Wärmespeicher aufnimmt. ! (Diese Formulierung beschreibt die Unmöglichkeit eines sog. Perpetuum Mobile 2. Art, d.h. die Unmöglichkeit der vollständigen Umwandlung von Wärmeenergie in mechanische Energie.) oder: Die Entropie ist eine Zustandsgröße. (Diese Aussage ist identisch mit Gl. (4).) ! oder: Bei irreversiblen Zustandsänderungen im abgeschlossenen System gilt stets: ∆Sirrev erzeugt − >0 ! (5) n Beispiel: Wärmeaustausch zwischen zwei Körpern Bedingung: T2 > T1 dQ T2 dQ dS 1 = + T1 dS 2 = − ⇒ 1 1 dS ges = dS1 + dS 2 = dQ − > 0 T1 T2 Innerhalb des Gesamtsystems, das beide Körper enthält, nimmt S zu! 25 Wärmelehre – Entropie; Zweiter Hauptsatz der Wärmelehre 22.4. Das thermodynamische Gleichgewicht − Ein Gleichgewicht liegt vor, wenn ein System sich zeitlich nicht ändert, 1 obwohl es durch kein äußeres Hemmnis daran gehindert wird. ! − mechanisches System: Gleichgewicht wird beschrieben über potentielle Energie (Epot ) ! stabiles Gleichgewicht: E pot = Minimum Eine gewaltsame Verschiebung ruft eine rücktreibende Kraft hervor. − In der Thermodynamik existieren verschiedene Größen, die (analog der potentiellen Energie Epot ) das Gleichgewicht charakterisieren. Welche Größe jeweils zweckmäßig ist, hängt von den physikalischen Bedingungen ab: − adiabatisch - isochores System, also weder Wärme- noch Arbeitsaustausch zugelassen ! ∆Q = 0, ∆W = 0 ⇒ − S → Maximum bzw. U → Minimum isotherm - isochor, also Wärmeaustausch zugelassen: ∆Q ≠ 0, ∆W = 0 ⇒ F ≡ U - TS → Minimum F ... freie Energie (HELMHOLTZ-Potential) Illustration: Gas im Schwerefeld (vgl. <13.>, <20.5.>) n Es gibt zwei Grenzfälle: a) Gasdichte unabhängig von der Höhe → S = Maximum b) alle Gasteilchen befinden sich „am Boden“ → U = Minimum Für alle Zwischenzustände liegt ein „Wettstreit zwischen U und S“ vor, der dem Minimum von F entspricht. − isotherm - isobar, also Wärmeaustausch und Volumenänderung zugelassen: ∆Q ≠ 0, ∆W ≠ 0 ⇒ G ≡ U - TS + pV → Minimum G ... freie Enthalpie (GIBBSsches-Potential) 1 System ändert sich zeitlich nicht, „obwohl es das könnte“! 26 Wärmelehre – Entropie; Zweiter Hauptsatz der Wärmelehre − adiabatisch - isobar, also kein Wärmeaustausch, jedoch Volumenänderung: ∆Q = 0, ∆W ≠ 0 ⇒ H ≡ U + pV → Minimum H ... Enthalpie 27 Wärmelehre – Aggregatzustände 23. Aggregatzustände 23.1. Flüssigkeit und Dampf Wir betrachten Flüssigkeit + „angrenzendes Volumen“: − Die Flüssigkeitsteilchen besitzen eine gewisse Verteilung der kinetischen Energie ⇒ Es kommt vor, dass ein einzelnes Teilchen genug Energie besitzt, um die Flüssigkeit zu verlassen ⇒ Ausbildung eines Dampfes − Dynamisches Gleichgewicht an der Flüssigkeitsoberfläche: Auftreffende Damp fteilchen werden von der Flüssigkeit geschluckt und ständig treten welche aus. ! ⇒ Ausbildung eines bestimmten Dampfdruckes pD über der Oberfläche. p D = f ( Art der Flüssigkei t, T ) (1) pD heißt Sättigungsdampfdruck oder Gleichgewichtsdampfdruck. − Vorstellung: Austritt aus der Flüssigkeit erfordert kinetische Energie Ekin ≥ Energiebarriere. Diese Energiebarriere wird als Verdampfungsenergie EV interpretiert. ⇒ Im Mittel ist die Teilchenenergie im Dampf um die Verdampfungsenergie EV höher als in der Flüssigkeit. Auch hier gilt das BOLTZMANN-Theorem: ! EV − nD = e k BT n Fl nD, nFl ... Teilchenzahldichte im Dampf und der Flüssigkeit Mit p = n D ⋅ kBT (2) (20 - 5) folgt für den Sättigungsdampfdruck p D = n Fl ⋅ k B T ⋅ e − − EV kBT Kommentar: · Der Übergang flüssig - gasförmig (Verdampfung/Kondensation) ist ein physikalisch einheitlicher Vorgang über einen großen Temperaturbereich. Im Prinzip existiert auch kein großer Unterschied zum Übergang fest – ga sförmig (Sublimieren/Verfestigen). (3) u ! 28 Wärmelehre – Aggregatzustände · Bei pD = pUmgebung erfolgt ein qualitativer Sprung: Es kommt zur Dampfbildung auch im Innern der Flüssigkeit (Sieden). n Beispiel: Entsprechend der Dampfdruckkurve des Wassers liegt bei einem Druck von 525 Torr = 0,7 bar, wie auf einem ca. 3000 m hohen Berg herrscht, der Siedepunkt des Wassers bei nur noch 90 °C! ({2}, S. 239) · EV kann auch als Verdampfungswärme verstanden werden. Sie muss zugeführt werden, wenn die Verdampfung nicht durch Temperatur-Erniedrigung zum Erliegen kommen soll („Verdunstungskälte“). · Bei überwiegender Kondensation (z.B. infolge Temperatur-Reduzierung) tritt überwiegend „Kondensationswärme“ auf. · Nur im Gleichgewicht (wenn über der flüssigen Phase der Dampfdruck pD herrscht) halten sich Verdampfung und Kondensation sowohl teilchen- als auch energiemäßig die Waage. ! − Maßgeblich für den Austausch an der Flüssigkeitsoberfläche ist der sogenannte Partialdruck pFl der Flüssigkeit, also derjenige Anteil am Gesamtdruck, der durch die Teilchen der Flüssigkeit gebildet wird. ! − Das System versucht, den Partialdruck soweit zu erhöhen, bis der Sättigungsdampfdruck der Flüssigkeit pD, Fl erreicht ist. ! 29 Wärmelehre – Aggregatzustände − n Beispiel: Wasser-Partialdruck und absolute Luftfeuchte · Für den Partialdruck p H2 O des Wassers gilt: p H 2O = n H 2O ⋅ k B T mit n H 2O = (20 - 5‘) ρ H2O Gesamtmass e an H 2 O Volumen = Masse eines H 2 O − Moleküls m H2 O (4) Dabei sind n H 2O die Teilchenzahldichte der Wassermoleküle und ρ H2 O die absolute Luftfeuchte (gemessen z. B. in g ž m-3). Einsetzen von Gl. (4) in Gl. (20 - 5‘) ergibt p H2 O = ρ H2O m H2 O ⋅ k BT (5) Der Partialdruck kann maximal den Sättigungsdampfdruck erreichen, d.h. es gilt p H2O ≤ p D, H 2O ... Sättigungs-/Gleichgewichts-Dampfdruck. Analoges gilt lt. Gl. (5) für die absolute Luftfeuchte: ρ H 2O ≤ ρ D , H 2O (6) mit ρ D, H2 O ... Sättigungsfeuchte · Das wirkliche Verhalten1 ist weniger von der absoluten Luftfeuchte als vom Verhältnis der absoluten Luftfeuchte zur Sättigungsfeuchte bei gegebener Temperatur T abhängig. Aus dieser Tatsache begründet sich die relative Luftfeuchte = ρ H 2O (T ) (7) ρ D, H2O ( T) Die Angabe der relativen Luftfeuchte erfolgt meist in Prozent. · Für Wasser: θ in °C 0 10 20 30 40 50 1 p D, H2 O in Pa 610 1230 2330 4240 7370 12300 ρ D, H2 O in g ž m-3 4,9 9,5 17,3 29,9 51,2 82,8 sowohl der Ablauf physikalischer Vorgänge als auch das subjektive Empfinden des Menschen 30 Wärmelehre – Aggregatzustände · Kommentar: ∗ pD bzw. ρD zeigen exponentiellen Anstieg mit der Temperatur T lt. Gl. (3)! ∗ Es können dabei beträchtliche absolute Wassermengen erreicht werden, z.B. „normaler“ Raum bei 20°C ⇒ ρ D, H2 O ž V ≈ 1 kg ⇒ 1 l Wasser! ∗ Normalerweise ist p < pD, z.B. relative (Luft-)Feuchte von 55 % → Bei 20 °C entspricht dies etwa 0,55 ž ρ D, H2 O ( 20°C) ≈ 9,5 g ž m-3. → Bei 10 °C entspricht diese Absolutmenge schon einer relativen (Luft-) Feuchte von 100%! Man sagt: „Luft mit 9,5 g ž m-3 absoluter (Luft-)Feuchte hat einen Ta upunkt von 10 °C“. ∗ Es können beträchtliche Partialdrücke p H2 O erreicht werden. H2 O N2 O2 Ar Σ 78,1 20,9 0,9 99,9 (trockener Frost) 7,3 72,4 19,4 0,8 99,9 (Tropenklima, z. B. 40 °C, 100 % relative Feuchte) ⇒ Die Partialdrücke der anderen Gase sind merklich reduziert! u 23.2. Koexistenz dreier Phasen − p-T-Diagramm einer realen Substanz: A → B: isothermes Verdichten: gasförmig → flüssig → fest Das System versucht äußerem Zwang auszuweichen (= Prinzip von LE CHATELIER )1 C → D: 1 ! isobares Erwärmen: fest → flüssig →gasförmig Festkörper sind in der Regel dichter als Flüssigkeiten! 31 Wärmelehre – Aggregatzustände − Am Tripelpunkt herrscht Koexistenz aller drei Phasen. ! − Der kritische Punkt ist der Endpunkt der Dampfdruckkurve. Dort verschwindet der Unterschied zwischen Flüssigkeit und Dampf, es bildet sich keine Grenzfläche mehr aus. ! − Für T > Tkrit sind Gase beliebig verdichtbar, ohne dass Verflüssigung auftritt. Beispiel: Sauerstoff Tkrit ≈ 155 K ≈ -118 °C ⇒ ρ krit ≈ 0,41 g ž cm . Es treten also durchaus hohe Dichten auf, nur eben keine flüssige Phase! n -3 − Für T < Tkrit verflüssigen sich Gase bei Druckerhöhung (vgl. A → B) Beispiel: Propan (C3 H8 ) Tkrit ≈ 370 K ≈ 97 °C ⇒ Verflüssigung ohne Kühlung möglich. − n Sonderfall: Wasser u Kommentar: ⋅ Die Schmelzkurve ist ungewöhnlicherweise etwas nach links geneigt (TT r = Tm + 0,008 K!) ⇒ Verflüssigung durch Druck möglich (Prinzip des kleinsten Zwanges bzw. Prinzip von LE CHATELIER) In Übereinstimmung damit ist ρEis(0 °C) ≈ 0,92 g ž cm-3. 32 Wärmelehre – Aggregatzustände · Anomalie des Wassers:1 Bei Erwärmung von 0 °C an tritt zunächst ein Dichteanstieg auf. Das Dichtemaximum wird bei 4 °C erreicht, danach kommt es zum normalen Dichteabfall infolge der thermischen Ausdehnung. Quantitativ ist der Effekt eher gering: θ in °C 0 4 10 20 30 ∆ρ ž 106 0 +132 -140 -1640 -4200 ! (+0,01 %!) (-0,40 %!) Dennoch besitzt die Anomalie des Wassers große Bedeutung. 23.3. Die VAN-DER-WAALSsche Gasgleichung − − Für ideales Gas galt: (vgl. <20.1.>) · · kein Eigenvolumen der Teilchen nur elastische (abstoßende) Wechselwirkung Die ideale Gasgleichung für ein Mol (ν = 1) war: p ⋅ Vmol = R ⋅ T − Eine Korrektur der beim idealen Gas gemachten Näherungen erfolgt in der VAN-DER-WAALSschen Gasgleichung: a p + ⋅ (Vmol − b) = R ⋅ T 2 V mol a, b ... gasspezifische Konstanten Kommentar: · · 1 (20 - 7) (Vmol − b ) (8) u berücksichtigt, dass nicht das gesamte Volumen für die Bewegung der Teilchen zur Verfügung steht (b beschreibt deren Eigenvolumen). ! −2 a ⋅ Vmol beschreibt den zusätzlichen Binnendruck infolge der Anziehung der Moleküle bei großer Annäherung aneinander. Dies ist nur merklich für hohe Verdichtungen, also kleine Vmol. ! Neben dem Dichtesprung beim Schmelzen existiert diese weitere Besonderheit beim Wasser. 33 Wärmelehre – Aggregatzustände − Wie sehen die Isothermen in Gl. (8) aus? Beispiel 1 Mol Kohlendioxid CO2 (= 44 g): Kommentar: − u · Wir komprimieren isotherm von 0 an. Bei A bewegt sich das System isobar nach E, wobei das Gas allmählich verflüssigt. Bei E ist die Verflüssigung vollendet. Danach folgt ein steiler Druckanstieg (Inkompressibilität!) ! · Mathematisch ergibt aus sich Gl. (8) die Kurve 0ABCDE. Die physikalische Kurve 0ACE ist dadurch charakterisiert, dass die Flächen ABC und CDE gleich sind. ! · Mit zunehmender Temperatur T verengt sich der Koexistenzbereich von flüssiger und gasförmiger Phase; bei T = Tk (≈ 31 °C für CO2 ) gibt es als Grenzfall einen Wendepunkt K. Physikalisch ist das der kritische Punkt (K (73 bar, 31 °C) für CO2 ). ! · Beim Fehlen von Kondensationskeimen kann sich das System von A aus auch noch etwas in Richtung B bewegen (übersättigter Dampf). oder: Bei Expansion kann es passieren, dass bei E zunächst keine Dampfblasen gebildet werden, sondern sich das System entlang ED bewegt (Siedeverzug). Gegebenenfalls kann es zur explosionsartigen Dampfbildung kommen. (Verwendung von Glasperlen bei chemischen Experimenten, um dies zu verhindern!) JOULE-THOMSON-Effekt Bei der Entspannung eines realen Gases entfernen sich die Gasteilchen im Mittel voneinander ⇒ die gegenseitige Anziehung (Binnendruck) wird überwunden. Die dazu notwendige Energie wird aus dem Energievorrat der inneren Energie U entnommen ⇒ Reduzierung der Translationsenergie ≡ T-Verringerung! Beispiele: · · n Entleeren von CO2 - und N2 O-Patronen Technische Anwendung: Gasverflüssigung (bei solchen Gasen, bei denen die Verflüssigung ohne Temperaturreduzierung nicht möglich ist, z.B. O2 ) 34 Wärmelehre – Transportprozesse 24. Transportprozesse 24.1. Diffusion − Gas- und Flüssigkeitsteilchen befinden sich in ständiger unregelmäßiger Bewegung (Gas: BROWNsche Bewegung). ! ⇒ „unwahrscheinliche“ Ausgangsverteilungen gleichen sich selbständig aus; Übergang in wahrscheinlichen Zustand n Beispiele: · wassergefülltes Gefäß der Länge L Im linken Teil existiert bei t0 eine Ausgangskonzentration an Farbstoff, die sich allmählich verteilt: · − analoges Verhalten für Verunreinigungen im Festkörper (bei entsprechend hoher Temperatur) 1. Ficksches Gesetz (eindimensional) jn = dN dn = D ⋅− A ⋅ dt dx (1) jn ... Diffusionsstromdichte D ... Diffusionskoeffizient Maßeinheit: [ D] = m2 s SI Dabei ist definiert j= Teilchenza hl Zeit ⋅ Querschnit tsfläche A mit der Teilchenzahldichte n n= dN dV 35 Wärmelehre – Transportprozesse n Kommentar: · Die Diffusion erfolgt immer entgegen dem Gradienten der Konzentration („bergab“). · Der Diffusionskoeffizient D ∗ gilt für „Diffusion von A in B“, ist also materialspezifisch (z. B. O2 in N2 , P-Atome in Si-Kristallen), ∗ ist stark temperaturabhängig, ∗ wird bei Festkörpern stark von der Realstruktur (Korngrenzen u.ä.) beeinflusst. ! ! 24.2. Wärmeleitung − Räumliche Ausbreitung des stärker angeregten Zustandes (= intensivere Wärmebewegung) infolge der Wechselwirkung zwischen den Teilchen. − Formeln völlig analog zur Diffusion, "gleiche Mathematik" ! Definition: Wärmestromdichte j= Wärmeenerg ie Zeit ⋅ Querschnit tsfläche A damit folgt die Wärmeleitungsgleichung (eindimensional) jW = dQ dT = λ⋅− A ⋅ dt dx (2) λ ... Wärmeleitfähigkeit Maßeinheit: − [ λ] = W K ⋅m SI Veranschaulichung: Wärmeleitung zwischen zwei Wärmereservoiren T1 , T2 36 Wärmelehre – Transportprozesse − n Beispiele: Substanz λ in W ž (K žm)-1 H2 O2 0,17 0,025 H2 O Ethylen Pb Ag 0,54 36 420 0,18 Diamant 2000 (Angaben für θ = 0 °C) u Kommentar: · · Flüssigkeiten und Gase besitzen eine geringe Wärmeleitfähigkeit. Metalle sind gute Wärmeleiter, verschiedene Isolatoren (z.B. Al2 O3 ) sind noch besser. Extrem gute Wärmeleitfähigkeit besitzt Diamant. Die Wärmeleitfähigkeit ist stark temperaturabhängig. ! ! 24.3. Komplexe Wärmetransportprobleme − Wärmeleitung in reiner Form lt. <24.2.> kommt eigentlich nur in Festkörpern vor. Bei Gasen und Flüssigkeiten verhält es sich komplizierter. ! 24.3.1. Wärmeübergang − ... zwischen Flüssigkeiten/Gasen und Festkörper ist nicht trivial. Wir betrachten die Wechselwirkung eines Gasteilchens mit der Oberfläche. Es existieren zwei Grenzfälle: a) einfache Reflexion (vgl. <20.1.>) keine Geschwindigkeitsänderung des Teilchens! b) Adsorption/thermische Anpassung/Desorption vollständige Anpassung der Temperatur während einer gewissen Verweilzeit − Die phänomenologische Beschreibung erfolgt mittels der Wärmestromdichte jÜ jÜ = dQ = α ⋅ (T2 − T1 ) A ⋅ dt mit α ... Wärmeübergangskoeffizent Maßeinheit: [ α] = W K ⋅ m2 (2) SI Für viele Stoffe ist α ≈ 6 W ž K-1 žm-2. 37 Wärmelehre – Transportprozesse In der Regel muss also die Reihenschaltung der thermischen Widerstände berücksichtigt werden, z.B. Übergang Heizwasser/Metall → Leitung im Metall → Übergang Metall/Luft. ! 24.3.2. Wärmestrahlung − Warme/heiße Körper bzw. Flüssigkeiten/Gase senden elektromagnetische Strahlung (sogenannte Wärmestrahlung) aus. Andere Körper können diese absorbieren und sich dadurch aufheizen. ! ⇒ Wärmetransport durch Strahlung − Strahlungsleistung ~ T4 (vgl. <40.3.>) ⇒ Bei hinreichend hoher Temperatur ist dies der dominierende Mechanismus. ! 24.3.3. Konvektion − Wärmeleitung in Gasen oder Flüssigkeiten ist problematisch. Da ρ = ρ(T) ist, steigt das heiße Medium nach oben und eine es entsteht eine Strömung. − Konvektion ist ein Wärmetransport durch Strömung. ! Es gibt 2 verschiedene Arten: · freie Konvektion: Beispiele: · ∗ Zimmerluft ∗ Konvektionszellen in einem flachen Topf erzwungene Konvektion: Beispiele: ∗ Heizlüfter ∗ Umwälzung von Heizwasser − n n Konvektion ist schwierig ist zu behandeln, besonders wenn man das „technisch intensiviert“ (Turbulenz!) 38 Wärmelehre – Transportprozesse 24.3.4. Wärmerohre (Heat pipes) − interessante Lösung unter Einbeziehung der Verdampfungs-/Kondensationswärme Flüssigkeit mit Siedepunkt TS T1 < TS Kondensation; EK wird frei T2 > TS EK = E V Verdampfen; EV wird aufgeno mmen 39 Literaturliste LITERATURLISTE Titel Autoren Verlag ISBN DM Physik Gerthsen; Vogel Springer 3-540-65479-8 129,- Physik in Experimenten und Beispielen Paus, Hans J. Hanser 3-446-17371-4 98,- Experimentalphysik 1 Mechanik und Wärme Demtröder, W. Springer 3-540-57095-0 64,- Experimentalphysik 2 Elektrizität und Optik Demtröder, W. Springer 3-540-56543-4 64,- Physics Principles & Applic ations Harris; Hemmerling; Mallmann McGraw-Hill 0-07-026851-7 Physik (Teil 1) Halliday, David; Resnick, Robert de Gruyter 3-11-010640-X 98,- Physik (Teil 2) Halliday, David; Resnick, Robert de Gruyter 3-11-013897-2 128,- Physik und ihre Anwendungen in Technik und Umwelt Leute, Ulrich Hanser 3-446-17232-7 58,- Physik Tipler, Paul A. Spektrum 3-86025-122-8 128,- Physik für Ingenieure Lindner, Helmut Fachbuch-Verlag 3-343-00772-2 48,- Physik für Ingenieure Hering; Martin; Stohrer Springer 3-540-62442-2 78,- Mechanik, Akustik, Wärme; Bd. 1 Bergmann; Schae- de Gruyter fer 3-11-012870-5 148,- CD-ROM: CliXX Physik Bauer; Benenson; Westfall Harri Deutsch 3-8171-1553-9 ca. 50,- Taschenbuch der Physik Stöcker Harri Deutsch 3-8171-1556-3 58,- Taschenbuch der Physik Kuchling, H. Fachbuch-Verlag 3-446-21054-7 40,- IV Quellenverzeichnis QUELLENVERZEICHNIS {1} Hans J. Paus, Physik in Experimenten und Beispielen, München; Wien (Carl Hanser), 1995 {2} Christian Gerthsen, Helmut Vogel, Physik, Berlin; Heidelberg; New York; London; Paris; Tokyo; Hong Kong; Barcelona; Budapest (Springer), 17. Auflage 1993 V Sachregister SACHREGISTER A Absorption 38 Adiabate 11 Adiabatenexponent 10 Adsorption 37 allgemeine Gaskonstante 7 Anomalie des Wassers 33 Ausdehnungskoeffizient linearer 2 Raum- 3 B BOLTZMANN-Konstante 2 BOLTZMANNsche Energieverteilung 13, 28 BROWNsche Bewegung 35 C CARNOT -Maschine 19 D Dampf 28 Dampfdruck siehe Sättigungsdampfdruck Dampfdruckkurve 31 Desorption 37 Diffusion 35 Diffusionskoeffizient 35 Diffusionsstromdichte 35 dynamisches Gleichgewicht siehe Gleichgewicht E Energie äußere 8 innere 8 thermische 8 Enthalpie 27 Entropie 22, 23 erzeugte 24 transportierte 24 F FICKsches Gesetz Erstes 35 freie Energie 26 freie Enthalpie 26 Freiheitsgrad 3 G Gas ideales 6, 33 ideales 9 Gesetz von BOYLE-M ARIOTTE 7 von GAY-LUSSAC 7 Gleichgewicht 26 dynamisches 28 thermodynamisches 26 Gleichverteilungssatz 4 H Hauptsatz der Thermodynamik Erster 8 Zweiter 25 I ideales Gas siehe Gas irreversibler Prozess 20, 23 Isobare 11 Isochore 11 Isotherme 11 J JOULE-THOMSON-Effekt 34 K Kondensation 28 Konvektion 38 erzwungene 38 freie 38 Kraftwärmemaschinen 15 VI Sachregister kritischer Punkt 32, 34 Kühlschrank 15 L Leistungskennziffer 15 linearer Ausdehnungskoeffizent siehe Ausdehnungskoeffizent LOSCHMIDT -Zahl 2 Luftfeuchte absolute 30 relative 30 M M AXWELLsche Geschwindigkeitsverteilung 13 molare Wärmekapazität siehe Wärmekapazität P Partialdruck 29 POISSON-Gleichung (= Adiabatengleichung) 11 Prinzip von LE CHATELIER-BRAUN 31, 32 Prozessgröße 8 R Raumausdehnungskoeffizent siehe Ausdehnungskoeffizent Reflexion 37 reversibler Prozess 20, 23 S Sättigungsdampfdruck 28 Sättigungsfeuchte 30 Schmelzkurve 31 Siedekurve 31 Sieden 29 spezifische Wärmekapazität siehe Wärmekapazität STIRLING-Maschine 16 Stoffmenge 2 Sublimation 28 Sublimationskurve 31 T Teilchenzahldichte 6, 35 Temperatur 2 thermodynamisches Gleichgewicht siehe Gleichgewicht thermodynamisches System 8 Tripelpunkt 32 V VAN-DER-W AALSsche Gasgleichung siehe Zustandsgleichung Verbrennungsmotor 15 Verdampfung 28 W Wärme 2, 9 Wärmekapazität 4 molare 5 spezifische 4, 5 Wärmekraftmaschinen 15, 19 Wärmeleitfähigkeit 36 Wärmeleitung 36, 37 Wärmeleitungsgleichung 36 Wärmepumpe 15 Wärmestrahlung 38 Wärmestromdichte 36, 37 Wärmeübergang 37 Wärmeübergangskoeffizient 37 Wirkungsgrad 15, 16 Z Zustandsänderung adiabatisch 11 isobar 11 isochor 11 isotherm 11 Zustandsgleichung ideales Gas 7, 33 reales Gas 33 Zustandsgröße 8, 25 VII