Blick in die Forschung: Kurzberichte Planetenentstehung in einer protoplanetaren University of Copenhagen / Lars Buchhave Scheibe http://www.nasa.gov/multimedia/videogallery/ index.html?media_id=146251701 Erdähnliche Planeten allüberall Erdgroße Planeten entstehen auch bei metallarmen Sternen – im Gegensatz zu den Gasriesen. Unserer Erde ähnliche Planeten dürften damit besonders häufig anzutreffen sein und das Universum seit langer Zeit bevölkern. E rdgroße Planeten sind eine seltene stoff und Helium. Erst im Laufe der Zeit und seine Kollegen haben Sterne unter- Ausnahme im Universum: Sie sind wurden in den Fusionsöfen der Sterne sucht, deren Metallgehalt nur 25 Prozent aus schweren chemischen Elementen wie und in den Explosionswolken der Super- des Sonnenwerts beträgt. Die Forscher aus Kohlenstoff oder Eisen und deren Ver- novae alle uns bekannten chemischen Ele- Dänemark, Schweden und den USA gin- bindungen zusammengesetzt. Global be- mente jenseits von Wasserstoff und He- gen der Frage nach, ob sich erdähnliche trachtet ma­chen diese Elemente jedoch lium erbrütet und mit Sternwinden und Planeten – also solche, deren Radien nicht nur einen verschwindenden Teil der ge- bei Sternexplosionen wieder zurück ins größer als das Vierfache der Erde sind und wöhnlichen Materie aus – der übergroße Weltall geschleudert. Aus dieser Materie die demnach höchstwahrscheinlich aus Teil aller Materie im Weltall besteht ent- bildeten sich Sterne mit immer höherem fester Materie bestehen – wie die Gaspla- weder aus Wasserstoff- oder aus Helium- Anteil an schweren Elementen – mitsamt neten vor­wie­gend bei metallreichen Ster- atomen. Für Astronomen bilden alle Sub- ihren Planetensystemen. Die Sonne – ob- nen bilden. stanzen jenseits von Helium daher eine schon ein »metallreicher« Stern späterer Bei der Entdeckung immer neuer Pla- einheitliche Klasse – die »Metalle«. Auch Sauerstoff oder Kohlenstoff sind in diesem Generation – besteht immer noch zu neten war den Forscher nämlich vor eini- 99,9 Prozent aus Wasserstoff und Helium, gen Jahren aufgefallen, dass metallarme Sinne »Metalle«, im Unterschied zur ge- auf das restliche zehntel Prozent verteilen Sterne kaum Gasplaneten von der Größe bräuchlichen Verwendung dieses Begriffs. Direkt nach dem Urknall fehlten die sich sämtliche Metalle. des Jupiter oder darüber besitzen. Bei me- In anderen Regionen der Galaxie sind tallreichen Sternen, also solchen, die min- Metalle noch komplett, und die ersten die Metalle noch seltener: Lars A. Buch- destens so viele schwere Elemente auf- Sterne bestanden vollständig aus Wasser- have von der Universität Kopenhagen weisen wie die Sonne, fanden sie dagegen Mit der Erde vergleichbare Planeten bestehen aus fester Materie. Die Kollage KOI-961.02 zeigt künstlerische Darstellungen kleiner, von Kepler entdeckten Exoplaneten-Kandidaten (KOI) sowie Kepler 20 e und f im Merkur Mars KOI-961.01 Kepler 20 e KOI-961.03 Größenvergleich mit den vier Felsplaneten unseres Sonnensystems. Erstaunlicherweise bilden sich solche Körper auch bei Sternen, die einen deutlich geringeren Metallgehalt aufweisen als die Sonne. 22 Oktober 2012 Sterne und Weltraum Die künstlerische Darstellung zeigt eine Scheibe aus Gas und Staub um einen neu gebildeten Stern. Aus felsigen Planetesimalen in der Scheibe bilden sich später ausgewachsene Planeten. Der Metallreichtum in der Wolke entscheidet darüber, welche Arten von Planeten entstehen NASA / Kepler mission / Wendy Stenzel können. Das Weltraumteleskop Kepler überwacht seit dem Jahr 2009 rund 190 000 Sterne in einem Himmelsareal im Sternbild Schwan auf kleine Helligkeitsschwankungen, hervorgerufen durch Planetentransits (künstlerischen Darstellung). Besonderes Augenmerk gilt dabei der Suche nach erdgroßen Planeten. sogar Gasplaneten mit besonders engen deckte »Kandidaten« warten noch darauf, müssen spätestens nach fünf Millionen Umlaufradien – so genannte heiße Jupi- als Planeten bestätigt zu werden. So auch Jahren eine kritische Masse erreicht ha- ter. Nach der geläufigen Theorie entste- die von Buchhave und seinen Mitarbei- ben, so dass sie genügend Gas aus ihrer hen Planeten gemeinsam mit ihrem Stern tern untersuchten Exemplare. Ihr überra- Umgebung aufsammeln können, bevor es aus einer sich verdichtenden Gas- und schendes Ergebnis: erdähnliche – also me­ in das umgebende Weltall entschwindet – Staubwolke. Da die äußeren Sternatmo- tall­rei­che – Planeten kommen bei allen dies erfordert wiederum eine besonders sphären an der Kernfusion im Zentrum Sterntypen gleich häufig vor. Gabz gleich, hohe Metallkonzentration in der Wolke. des Sterns praktisch nicht beteiligt sind ob ein Stern mehr oder deutlich weniger Ist die Konzentration dagegen zu gering, (eine Ausnahme bilden nur vollkonvekti- Metalle als die Sonne enthält, die Wahr- bilden sich nur kleine Kondensationskei- ve M-Zwerge), entspricht die spektrosko- scheinlichkeit, dass sich bei ihm felsige me und aus diesen schließlich erdähnliche pisch messbare Metallkonzentration des Planeten finden lassen, ist in beiden Fäl- Sterns der ursprünglichen Konzentration len praktisch gleich groß. Das Ergebnis erscheint auf den ersten Planeten, aber keine Gasriesen. Der Befund wirft ein neues Licht auf den Prozess der Planetenentstehung und Blick paradox. Die Forscher erklären es mit erlaubt zwei wichtige Schlussfolgerungen: dem Einfluss des jungen Sterns. Nach we- Erstens sind erdähnliche Planeten offen- Buchhave und seine Kollegen un­ter­ nigen Millionen Jahren bläst dessen Stern- bar weit häufiger als Gasriesen, denn sie such­ten die Spektren von 152 Sternen, wind alle flüchtigen Elemente aus dem entstehen bei einer Vielzahl von Stern- bei denen das Weltraumteleskop Kep- Zentrum des Planetensystems fort. Wäh- typen. Zweitens formten sie sich lan- ler insgesamt 226 Planetenkandidaten rend die wenigen, aber trägen »Metalle« ge vor den ersten Gasplaneten, denn der ge­fun­den hatte. Kepler überwacht rund weiter zur Bildung fester Planeten zur Ver- Metallgehalt der Gas- und Staubwolken 190 000 Sterne in einem bestimmten Him- fügung stehen, fehlt das Gas, aus dem die war im frühen Universum weit geringer melsareal im Sternbild Schwan (siehe jupiterähnlichen Riesenplaneten aufge- als heute. Selbst wenn sich einige der un- SuW 4/2011, S. 24 und 5/2012, S. 24) auf baut sind. Damit sich Gasriesen überhaupt tersuchten Planetenkandidaten noch als winzige Helligkeitsschwankungen, her- bilden können, muss der Planetenentste- Fehlentdeckungen herausstellen sollten, vorgerufen durch vorüberziehende Pla- hungsprozess besonders schnell und effi- dürfte das die generelle Aussage dieser neten. Knapp 800 Exoplaneten kennt man zient erfolgen. Zunächst bilden sich dem- Untersuchung nicht ändern: Erdähnliche inzwischen, etwa 2400 von Kepler ent- nach felsige Kondensationskeime. Diese Planeten gibt es im Universum allüberall. der schweren Elemente in der Urwolke. Ein paradoxes Ergebnis Jan Hattenbach ist Physiker. Siehe auch Venus Erde Kepler 20 f seinen Blog »Himmelslichter«, zu finden unter www.scilogs.de/kosmologs. NASA / SuW-Grafik Literaturhinweis www.sterne-und-weltraum.de Buchhave, L. A. et al.: An abundance of small exoplanets around stars with a wide range of metallicities. In: Nature 486, S. 375 – 377, 2012 Oktober 2012 23