Experimentelle Untersuchungen zur Schädlichkeit einer Kleinwasserkraftanlage mit Kaplanturbine und geringer Fallhöhe für Jungfische und Neunaugen Fischerei in NRW 17. Mai 2011 Markus Kühlmann Einleitung / Fischabwanderung Fische führen in Fließgewässern longitudinale Wanderungen durch Dabei werden die Wanderungen aus 1. Laichwanderung 2. Nahrungswanderung 3. Kompensationswanderung 4. Wanderung zu den Winterruheplätzen 5. Wechsel zwischen Teillebensräumen Einleitung / Fragestellung - Ziele Bisher Untersuchungen überwiegend an WKA > 1 MW Aktuell Untersuchungsbedarf auch an WKA < 1 MW / Meta-Rhithral In diesem EpiZusammenhang bestand das Ziel der Obere - / Untere Untersuchung darin, die Auswirkungen auf Fische zu Hypo-Rhithral Forellenregion Äschenregion untersuchen, welche die Kaplanturbine einer Kleinwasserkraftanlage mit geringerEpi-Potamal Fallhöhe passieren. Barbenregion Untersuchung / Die Wasserkraftanlage Möhnebogen Die WKA Möhnebogen (Bj. 2002) befindet sich ca. 8 km unterhalb der Möhnetalsperre am Möhnefluss. • Walzenwehr • Fischaufstieg (Rauhgerinne – Beckenpass) 250 l/s • Eigentümer ist die Möhnebogen GmbH (Stadtwerke Arnsberg und Aggerkette GmbH / Dr. Walters) Untersuchung / Die Wasserkraftanlage Möhnebogen • 20 mm Schutzrechen • Kaplan-Schachtturbine 170 kW installierte elektrische Leistung • regelbares Leit- und Laufrad • vierflügliges Laufrad, 2,30 m Ø Drehzahl bei Volllast 125 U/min = 16,35 m/s • Schluckvermögen max. 12 m³/s • Höhenunterschied Ober- zu Unterwasser = 2,0 m Untersuchung / Ergebnisse Verletzungsarten Durchtrennungen, Quetschungen, Schuppenverletzungen Untersuchung / Ergebnisse Verletzungsarten Hämatome, Wirbelbrüche und Wirbelverformungen Untersuchung / Ergebnisse Häufige letale Verletzungsarten der Forellen • Teil – und Volldurchtrennung • Schlagverletzungen • Schädigung der Wirbelsäule • Quetschungen • Schädigung von Niere und Milz (Blutungen) Häufige nicht letale Verletzungsarten der Forellen • flächige Schuppenverluste > 10 % Körperoberfläche (< 10 % wurde nicht bewertet) verursachten Infekte verzögerte Mortalität • Hämatome in der Rückenmuskulatur verursachen u. a. Nekrosen • • Infektion verletzter Hautstellen verzögerte Mortalität v. Mortalität Untersuchung / Ergebnisse Häufige letale Verletzungsarten der Aale • Teil – und Volldurchtrennung • Schädigung der Wirbelsäule • Quetschungen Häufige nicht letale Verletzungsarten der Aale • Kratzer auf der Haut Folgen ? • Schädigung der Wirbelsäule • Quetschungen verzögerte Mortalität verzögerte Mortalität Untersuchung / Ergebnisse Schädigungsraten in Abhängigkeit zur Turbinenleistung Verletzungs- und Mortalitätsraten prozentuale Häufigkeit 100% 7,4 6,2 6,3 7,2 3,7 7,4 10,2 8,2 8,3 15,1 0 14,7 75% tot 50% 86,4 86,5 88,9 geschädigt 81,5 76,7 85,3 25% 0% Rbf. 10 - 12 Rbf. 10 - 12 Rbf. 15 - 18 Rbf. 15 - 18 Aal 15 - 20 Aal 15 - 20 cm (RB 4) cm (RB 7) cm (RB 3) cm (RB 6) cm (Aal 5) cm (Aal 8) 80% 100% 80% 100% Versuchsgruppe 80% 100% ohne Schäden Untersuchung / Ergebnisse Gesamtschädigung in Abhängigkeit zur Turbinenleistung Gesamt-Schädigung 25 23,3 prozentuale Häufigkeit 20 15 18,5 14,7 13,6 13,5 11,1 10 5 0 RB 4 10 - 12 cm (80%) RB 7 10 - 12 cm (100%) RB 3 15- 18 cm (80%) RB 6 15- 18 cm (100%) Versuchsgruppe Aal 5 15 - 20 cm (80%) Aal 8 15 - 20 cm (100%) Untersuchung / Ergebnisse • Fischattrappen (tote Objekte) sind geeignet, bestimmte Verletzungsarten und Schadensraten zu ermitteln. • Die Bewegungsleistung von Fischen beim Durchschwimmen der Turbine ist gering. Fische können auf Grund der hohen Fließgeschwindigkeiten (> 2 m/s) keine optimale Schwimmposition einhalten um Hindernissen aktiv zu entgehen. • Die Körperform und Elastizität der Fische hat Einfluss auf die Schädigung. • Die Steigerung der Laufradleistung erhöht nicht generell das Verletzungsrisiko von Fischen. Durch die Veränderung des Auslastungsgrades der Turbine (Turbineneinstellung) werden fischschädliche Parameter sowohl positiv wie auch negativ beeinflusst: positiv: größere Spaltmaße im Verhältnis zur Fischlänge, mehr Durchfluss negativ: größere Wahrscheinlichkeit mit dem Laufrad zu kollidieren, höhere Aufprallgeschwindigkeit des Fischkörpers Untersuchung / Ergebnisse • An dieser WKA keine Schädigung der Fische durch Scherkräfte (= Verformung / Teil – und Volldurchtrennungen) und Druckunterschiede / Kavitation (= Schädigung der Schwimmblase). • Verletzungen entstanden durch Kontakt mit starren und / oder beweglichen Bauteilen der Turbine (mechanische Schäden). • Die Höhe der Nenn-Leistung einer WKA sagt nichts über die mögliche Schadensraten aus. Ausschlaggebend sind vielmehr Fallhöhe, Beaufschlagung, Spaltmaße, Umdrehungsgeschwindigkeit des Laufrades und die Fischlängen. • Auch ein beweglicher Leitschaufelapparat verursacht Verletzungen (Quetschungen mit Hämatombildung). Untersuchung / Ergebnisse • Viele Schäden / Verletzungen wurden erst während der Hälterphase sichtbar. Bei der Schadensbewertung ist daher eine Hälterung notwendig! • Auch äußerlich völlig unversehrte Fische hatten teilweise „versteckte“ Verletzungen (Hämatome). • Verzögerte Mortalität war generell gering (0,3 % Forelle / 1,5 % Aal) und setzt bei den Forellen (bis zum 5. Tag) früher ein als bei Aalen (bis zum 14. Tag). • Prädation durch Raubfische und fischfressende Vögel im Unterwasser der WKA kann Fischmortalität deutlich erhöhen. Untersuchung / Ergebnisse Fazit • die Ergebnisse gelten für die WKA Möhnebogen sowie Kleinwasserkraftanlagen mit vergleichbarer Bau- und Betriebsart. Sie können ebenfalls auf Francisturbinen mit vergleichbaren Parametern übertragen werden. • die Untersuchungsergebnisse mit den genannten Arten können auf andere Salmoniden sowie auf Neunaugen übertragen werden. • Die Untersuchung bestätigt, dass durch die Turbineneinstellung Einfluss auf die Schadensraten abwandernder Fisch genommen werden kann. • Beispielsweise würde die zeitlich begrenzte Verringerung der Turbinenleistung (80 % statt 100 %) die Schädigung abwandernder Smolts deutlich reduzieren. • Sollen hingegen gezielt abwandernde Aale und Neunaugen geschützt werden, empfiehlt sich das Betreiben der Anlage unter Volllast. Ausblick Die Untersuchungen lieferten auch Hinweise auf Möglichkeiten zum Fischschutz innerhalb der Anlagengeometrie ! Fische, die den Schutzrechen durchschwimmen, passieren nicht sofort die Turbine sondern suchen Strömungsschatten auf. Ausblick Idee eines Ableitsystems innerhalb des Turbinenkanals Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit