ZOLLVEREIN® Das Magazin

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DAS MAGAZIN
STANDORTENTWICKLUNG
AB HERBST 2017:
DESIGNSTADT ZOLLVEREIN
KREATIVE UMNUTZUNG:
NEUES LEBEN IN ALTEN HALLEN
SPEZIAL
IMMOBI
LIE
N
INHALT
16
IMPRESSUM
RAUM FÜR
KREATIVE
UNTERNEHMEN
SPEZIAL
IMMOBI
LIE
HERAUSGEBER
Stiftung Zollverein
Bullmannaue 11, 45327 Essen
Das Kammgebäude auf der
Kokerei wird derzeit für
Unternehmen aus der Kreativwirtschaft ertüchtigt. Der
erste Mieter zieht Ende
2015 ein.
N
RAG Montan Immobilien GmbH
Im Welterbe 1–8, 45141 Essen
CHEFREDAKTION
04
ZOLLVEREIN IST ...
... EIN VIELSCHICHTIGER ORT
12
D ie Immobilienexperten Hermann Marth
(Stiftung Zollverein) und Prof. Dr. Hans-Peter
Noll (RAG Montan Immobilien GmbH) erklären,
was den Standort ausmacht.
REDAKTION
EIN HERZ
FÜR ZOLLVEREIN
Delia Bösch
Ute Durchholz
Humanitas-Gesellschafter
Thomas Pilgrim bezieht
mit seiner Firma eine neue
Zentrale – in einem alten
Stellwerk auf dem KokereiGelände.
DIE ZUKUNFT
HAT GERADE ERST BEGONNEN
D ie künftige Ausgestaltung des Zollverein-Areals
basiert auf einer städtebaulichen Vision, die Neubauten harmonisch in das Industrie-Ensemble integriert
und mit neuen Nutzungen Perspektiven für künftige
Generationen sichert.
Guido Schweiß-Gerwin
Markt1 Verlagsgesellschaft mbH
Markt 1, 45127 Essen
Fon: 0201 1095-195
E-Mail: [email protected]
TEXT
18
„ZOLLVEREIN IST
DER RICHTIGE STANDORT“
Prof. Kurt Mehnert erklärt, was der
Folkwang-Neubau auf Zollverein für die
Hochschule, den Standort und die
Stadt Essen bedeutet.
Jessica Buschmann
Carola Dietz
Heike Reinhold
Patrick Torma
GRAFIK
Stephanie Globert
HERSTELLUNG UND DRUCK
lm intermedia gmbh
FOTONACHWEISE
(SEITENANGABEN)
Titel: Thomas Willemsen
14
GANZ
NACH PLAN
Die ehemalige Sauger- und Kompressoren­
halle steuert auf eine Wiedergeburt als
Eventhalle zu. Ende 2015 wird die neue
Convention Hall eröffnet.
20
WELTERBEARCHITEKTEN
Zollverein ist eine UNESCO-Welterbe­stätte,
die sich als moderner Kultur- und Wirtschaftsstandort neu definiert und weiter
entwickelt.
Jochen Tack, Stiftung Zollverein (2, 3, 6, 7, 14, 15, 16,17);
Kandalowski, Folkwang (2,12); Architekt Thorsten Czech,
Bochum (3,18); Matthias Duschner, Stiftung Zollverein (3, 20);
RAG Montan Immobilien (4); Frank Vinken, Stiftung Zollverein
(5); Stefan Funke, CP/COMPARTNER (8,9); Kölbl & Kruse (10,
11); Claudia Dreysse (17); Sandy Klama, Stiftung Zollverein (19);
Patrick Torma (19); Thomas Willemsen, Stiftung Zollverein
(21, 22); TelekomStreetGigs, Markus Nass (22)
ZOLLVEREIN ® DAS MAGAZIN
3
AUFTAKT
ZOLLVEREIN IST …
Das UNESCO-Welterbe Zollverein ist ein sehr vielschichtiger Standort. Die Immobilienexperten
Hermann Marth, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Zollverein, und Prof. Dr. Hans-Peter Noll,
Geschäftsführer der RAG Montan Immobilien GmbH, erklären, was den Standort ausmacht.
… EIN HOCHSCHULSTANDORT
HERMANN MARTH: „Als Stiftung Zollverein sind wir hoch erfreut, dass der
­ reativ- und Wirtschaftsstandort Zollverein durch den Neubau für den FachK
bereich Gestaltung der Folkwang Universität der Künste eine weitere
­Belebung des Geländes, eine Steigerung der Attraktivität und eine Profilierung des Standortes als innovativer Bildungscampus erfährt. 600 Studenten werden hier lernen, forschen und sich weiterbilden. Gründungswillige
Absolventen finden hier ebenso einen Platz wie Forschungseinheiten,
Spin-Offs und innovative Projekte.“
ZUR PERSON
… EIN HISTORISCHER ORT UND DENKMAL
… EINE EVENTLOCATION
HERMANN MARTH: „Das Welterbe Zollverein mit seiner Zentralschachtanlage
Zollverein XII, der Gründerschachtanlage 1/2/8 sowie der Zentralkokerei
Zollverein war im industrialisierten Ruhrgebiet, also in der Zeit, als der
Pott noch kochte, ein Ort der Superlative. Heute legt Zollverein ein Zeugnis
für diese Epoche ab, denn sie ist weltweit die einzige Anlage, in der die
Menschen die Abläufe dieses Industriezweigs nahezu vollständig – von
der Förderung der Kohle bis zur Produktion des Brennstoffes Koks –
nachverfolgen können. Der Denkmalpfad ZOLLVEREIN®, der durch die
historischen Originalanlagen führt, und das Ruhr Museum als erstes
Museum für das ganze Ruhrgebiet erzählen die bewegte und bewegende
Geschichte einer einzigartigen Region.“
HERMANN MARTH: „Mit mehr als 15.000 m2 Veranstaltungsfläche hat sich das
Welterbe Zollverein zu einer festen Größe in den bundesweiten Event­
locations entwickelt. Die beeindruckenden Gebäude des Welterbes mit
einzigartiger Architektur und außergewöhnlicher Atmosphäre erfüllen
alle Anforderungen für Events fast jeder Größenordnung. Darüber hinaus
verfügt Zollverein über professionelle Location-Anbieter, die jede Veranstaltung zum Erlebnis machen. Deshalb hat die Stiftung Zollverein 2013
zusammen mit sieben weiteren Institutionen die Interessengemeinschaft
ZOLLVEREIN® Convention aus der Taufe gehoben, eine gemeinsame Initiative zur Vermarktung der Eventlocation Zollverein. Mit der ­Convention
Hall wird nun eine Lücke geschlossen, denn künftig können auch Veranstaltungen mit mehr als 2.000 Personen realisiert werden.“
… EIN NAHERHOLUNGSGEBIET
… EIN IMMOBILIENSTANDORT
ZUR PERSON
Professor Dr. Hans-Peter Noll, geboren 1959
in D­ atteln (Westfalen), ist Vorsitzender der
Geschäftsführung der RAG Montan Immobilien GmbH, Essen. Darüber hinaus ist er
Honorarprofessor am Geographischen
Institut der Ruhr-Universität Bochum mit
den Schwerpunkten Wandel altindustrieller
­Regionen, Strukturwandel, Ruhrgebiet,
Großbritannien und USA, sowie Lehrbeauftragter an der RWTH International Academy
Aachen. Außerdem ist Hans-Peter Noll
Mitglied i­m Direktorium des Instituts für
Berg- und Energierecht der Ruhr-Universität
Bochum sowie Vorstandsmitglied der
Stiftung Industriedenkmalpflege und
Geschichtskultur, Dortmund.
4
HERMANN MARTH: „Das UNESCO-Welterbe Zollverein mit dem ZOLLVEREIN®
Park markiert die Mitte des Ruhrgebiets und zugleich das Herz des Emscher Landschaftsparks, dessen Konzept während der Internationalen
Bauausstellung (IBA) Emscher Park entwickelt wurde. Wo früher Gestein
als Abfallprodukt der Kohleförderung gelagert wurde, hat sich die Natur
ihr Terrain zurückerobert. Grundlage für die Landschaftsgestaltung des
ZOLLVEREIN® Parks ist der Masterplan „Industrielandschaft Zollverein“,
entwickelt von dem Landschaftsarchitekten Henri Bava. Seit 2006 wird
diese besondere Verbindung von Natur und Industriearchitektur gepflegt
und kontinuierlich weiterentwickelt. Neue Wege für Fußgänger, Jogger
und Radfahrer erschließen das Areal, auf dem sich gestaltete Grünflächen
und dschungelartiger Industriewald kontrastreich abwechseln. Spielplätze wurden angelegt, entworfen von Kindern und Jugendlichen.“
HANS-PETER NOLL: „Im Sinne eines nachhaltigen Flächenmanagements
l­eisten wir beispielsweise mit dem Projekt ‚Bienen in der Stadt‘ einen Beitrag zur Artenvielfalt in der Region. Die RAG Montan Immobilien GmbH
fördert gemeinsam mit dem Kooperationspartner NABU die Biodiversität
auf ehemaligen Industriebrachen. Auf den Grünflächen des UNESCOWelterbes Zollverein haben wir insgesamt vier Bienenvölker angesiedelt,
die hier echten Welterbe-Honig produzieren.“
Hermann Marth, geboren 1953 in
Paderborn, ist Vorstandsvorsitzender
der Stiftung Zollverein. Er begann seine
berufliche Laufbahn 1983 nach dem
2. Juristischen Staatsexamen bei der
STEAG in Essen. 1988 wechselte er zum
Krupp Konzern, bevor er 1993 Partner in
einer Sozietät für Unternehmensplanung
in Frankfurt wurde. In den Jahren 1995
bis 2006 arbeitete Hermann Marth in
verschiedenen Positionen für die RAG AG,
zuletzt als langjähriger Vorsitzender des
Vorstands der RAG Immobilien AG.
2007 wurde er zum Vorsitzenden des
Stiftungsrats der Stiftung Zollverein
gewählt und ist seit 2008 Vorstands­
vorsitzender der Stiftung Zollverein.
HERMANN MARTH: „Zollverein ist ein vitaler und einzigartiger Standort, der
über seine touristische und kulturelle Anziehungskraft hinaus immer
­größere wirtschaftliche Bedeutung erlangt. Schon heute erleben die Nachbarn, Anwohner und Unternehmen die wirtschaftlichen Impulse sowie die
positiven Effekte, die weit über den Standort hinaus strahlen und zu einer
starken Identifikation mit dem gesamten Stadtquartier beitragen.“
HANS-PETER NOLL: „Das Welterbe Zollverein ist ein Standort, der sich aus
sich heraus um den historischen Nukleus von Schacht XII entwickelt. ­Die
Bausteine erstrecken sich vom klassischen Kunstgewerbe bis zu modernem Design, vom kleinen Büro bis zur Unternehmenszentrale, vom Imbissstand bis zur erlesenen Gastronomie. Seine Strahlkraft zieht sich weit
über die umliegenden Stadtteile in die gesamte Metropolregion Ruhr. Hier
wird man in Zukunft arbeiten und leben, und das in einem einzigartigen
Ambiente mit einer eindrucksvollen industriehistorischen Kulisse und
grünem Umfeld. Nachhaltige Quartiersentwicklung geht hier einher mit
neuer Wirtschaftskraft. Auf der Kokerei entsteht derzeit ein 72.000 m2 großer Standort für Büroimmobilien: aus meiner Sicht ein idealer Standort
für Nutzer und Mieter aus dem Bereich Dienstleistung, Handel, Finanzwirtschaft, Kreativwirtschaft – aber auch für Unternehmen, die sich mit
­Themen rund um den Strukturwandel beschäftigen.“
ZOLLVEREIN ® DAS MAGAZIN
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TITELSTORY
DIE ZUKUNFT
HAT GERADE ERST
BEGONNEN
Auf dem ehemaligen Materiallagerplatz
entsteht die Designstadt Zollverein, die im
Süden von der Schachtanlage 1/2/8 und dem
neuen Hotel begrenzt wird. Der Neubau des
Fachbereichs Gestaltung der Folkwang
Universität der Künste wird den nördlichen
Abschluss bilden.
Das UNESCO-Welterbe Zollverein
im Essener Norden ist ein Ort,
der auf einzigartige Weise Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft
vereint. Die künftige Ausgestaltung des Areals basiert auf einer
städtebaulichen Vision, die Neubauten harmonisch in das bestehende denkmalgeschützte IndustrieEnsemble integriert und mit neuen
Nutzungen Perspektiven für
künftige Generationen sichert.
Wenn im Wintersemester
2017/2018 die ersten von insgesamt
690 Studierenden und 45 Lehrkräfte
die Designstadt Zollverein zwischen
dem SANAA-Gebäude und dem neuen Universitätsgebäude des Fachbereichs Gestaltung der Folkwang Universität der Künste beziehen, dann
hat auf dem UNESCO-Welterbe Zollverein wieder eine neue Etappe der
Entwicklung begonnen. Erhalt durch
Umnutzung ist auf dem Areal von Beginn an das Gebot der Stunde. Das
ehemalige Zechen- und Kokereigelände hat in den zurückliegenden 165
Jahren mehrfach Gestalt und Bestimmung gewechselt. Von der ersten
Schachtanlage zur leistungsstärksten
Förderanlage der Welt. Von einer verbotenen Stadt zum offenen Welterbe.
Vom Pütt zum Zentrum für Kultur,
Tourismus und Wirtschaft. Ein weiterer großer Schritt steht jetzt bevor:
der symbolträchtige Wandel zum international renommier ten Universitätsstandort.
MIETVERTRAG ÜBER 20 JAHRE
Zukunftsweisend ist die Ansiedlung
des Fachbereichs Gestaltung der Folkwang Universität der Künste auf dem
Gelände des Welterbes Zollverein
ohne Frage: Ein Mietvertrag mit
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ZOLLVEREIN ® DAS MAGAZIN
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TITELSTORY
ERHALT DURCH UMNUTZUNG
[SCHACHT XII]
Einst galt sie als „schönste Zeche der Welt“:
Im Jahr 1847 gegründet, wurde die Zeche Zollverein zwischen 1928 und 1932 von den Architekten
Fritz Schupp und Martin Kremmer um die prägende Schachtanlage XII im Stil der Neuen Sachlichkeit erweitert. Der harmonisch durchgestaltete,
in zwei Achsen nach Prinzipien der Symmetrie
und Geometrie angeordnete Industriekomplex war
eine einmalige Musteranlage.
Es gilt, weniger
Flächen besser zu nutzen und
dabei darauf zu achten, mit wenig
Energie auszukommen. Fachleute
sprechen von Flächeneffizienz.
Sie entsteht, wenn Stadtplaner,
Architekten, Investoren und
Kommunen Hand in Hand arbeiten – motiviert von der Erkenntnis: Innovatives Planen und
Bauen ist wirtschaftlich und
steigert die Wohn- und Lebensqualität.
GARRELT DUIN
MINISTER FÜR WIRTSCHAFT,
ENERGIE, INDUSTRIE, MITTELSTAND
UND HANDWERK DES LANDES
NORDRHEIN-WESTFALEN
Die großartige
Architektur von Martin Kremmer
und Fritz Schupp zählt zurecht
zum Weltkulturerbe. Zeitgemäß
ergänzt wird die Industriekultur
zu einem pulsierendem Faktor
in unserer Stadt und zum Anziehungspunkt für viele. Zollverein
und Folkwang bilden hier eine
schöne, konstruktive und verlässliche Einheit. Zollverein
strahlt auf die gesamte Stadt.
Wir tun gut daran, den Standort
zu stärken.
REINHARD PASS
OBERBÜRGERMEISTER
DER STADT ESSEN
8
[KOKEREI]
Der Neubau für die Folkwang Universität
der Künste und der Hotelneubau sind
die ersten Bausteine für die Designstadt
Zollverein.
[SCHACHT 1/2/8]
einer Laufzeit von 20 Jahren für die
Nutzung des neuen Hochschulgebäudes durch die Folkwang Universität
wurde bereits unterzeichnet. Die Arbeiten für den Neubau des Fachbereichs können im Juli 2015 starten,
denn die Verträge zwischen dem
Land Nordrhein-Westfalen, der Hochschule und dem Käufer – der Welterbe Entwicklungsgesellschaft mbH
& Co. KG – wurden Ende September
2014 in Essen unterzeichnet. Bei
der Welterbe Entwicklungsgesellschaft
handelt es sich um eine Projektgesellschaft der Kölbl Kruse GmbH und
der RAG Montan Immobilien GmbH
(siehe auch Infokasten Seite 11), die
zwei Grundstücke mit einer Gesamtgröße von rund 13.500 Quadratmetern auf dem Welterbe erworben hat.
Verkäufer war das Land Nordrhein-
Westfalen, vertreten durch die landeseigene Gesellschaft NRW.URBAN.
Bis zum Sommer 2017 soll der Neubau für die Studierenden des Fachbereichs Gestaltung realisiert werden,
der die bereits seit 2010 von der
Hochschule genutzten Räume des
SANAA-Gebäudes ergänzt. Realisiert
wird der Bau nach Plänen des ersten
Preisträgers des bereits 2010 durchgeführten Architektenwettbewerbes,
dem Büro MGF-Architekten aus Stuttgart. Auf einem weiteren Teilgrundstück wird bis Ende 2017 ein Hotelneubau entstehen. Die Planungen
hierfür stammen aus dem Architekturbüro Kaspar Kraemer Architekten,
Köln. Insgesamt investiert die Welterbe Entwicklungsgesellschaft rund 50
Millionen Euro in die Projektentwicklung auf dem Zollverein-Areal.
NEUANFANG NACH ZOLLVEREINPRINZIPIEN
Das Büro Kaspar Kraemer, Köln, hat
einen Plan aufgestellt, der neben den
Hauptkomponenten – der Folkwang
Universität der Künste und einem
Hotel – auf der Fläche des ehemaligen Materiallagerplatzes eine Vision
für eine Designstadt Zollverein, inklusive eines Gewerbeparks, aufzeigt. Dabei war es den Planern ein besonderes
Anliegen, die bereits 2001 im Masterplan von Rem Koolhaas angelegten
baulichen Prinzipien der Zeche und
Kokerei Zollverein aufzunehmen und
fortzuschreiben, so dass sich die Neubauten an der Peripherie des Welterbe-Geländes nahtlos und harmonisch
in das Denkmal einfügen. Im Zuge der
Erweiterung entsteht ein zentraler
Platz, der im Süden von der Schachtanlage 1/2/8 und dem neuen Hotel begrenzt wird. Der Neubau des Fachbereichs Gestaltung der Folkwang
Universität der Künste wird den nördlichen Abschluss des Kreativen Dorfes
bilden. Architektonisch nimmt der
Baukörper die Formensprache von
Schacht XII und der Kokerei Zollverein
auf. Der viergeschossige Neubau-Komplex, bestehend aus unterschiedlich
großen Kuben mit eingeschnittenen
Höfen und einem Atrium, besetzt das
trapezförmige Grundstück nahezu
vollständig.
FUNKTIONALES RAUMKONZEPT
Die Struktur des Universitätsgebäudes
leitet sich aus den verschiedenen
Das Ende des Kohle- und Stahlzeitalters machte
letztlich jedoch auch vor Zollverein nicht Halt.
Am 23. Dezember 1986 fuhr die letzte Schicht
nach 135 Jahren Bergbaubetrieb ein. Erst wenige
Tage zuvor stellte die oberste Denkmalbehörde
des Landes Nordrhein-Westfalen Zollverein
Schacht XII unter Schutz und ebnete damit
den Weg für eine Entwicklung, die symbolhaft
für den Wandel im Ruhrgebiet steht. Erhalt
durch Umnutzung war damals wie heute das
Motto. Nachdem die einst „Verbotene Stadt“
schrittweise saniert und für die Öffentlichkeit
zugänglich gemacht worden war, entwickelte
sich das Areal weiter zu einem zukunftsweisenden Immobilienstandort.
Kultur- und Medienschaffende haben heute in
den Hallen ihre Ateliers und Büros, das Design
Zentrum Nordrhein-Westfalen zog 1997 in das
von Norman Foster umgestaltete ehemalige
Kesselhaus ein. Endgültig besiegelt wurde der
fortschreitende Erneuerungsprozess, als die
UNESCO im Dezember 2001 Zeche und Kokerei
Zollverein zum Welterbe ernannte. Der noch
im selben Jahr von Rem Koolhaas entwickelte
Masterplan für Zollverein wurde daraufhin
schrittweise umgesetzt, das größte Übertagegebäude – die Kohlenwäsche – zum neuen
RUHR.VISITORCENTER und Ruhr Museum
umgebaut. Als Essen und das Ruhrgebiet 2010
den Titel Kulturhauptstadt Europas trugen,
nahm die Anziehungskraft des Welterbes
weiter zu. Mittlerweile besuchen jährlich
mehr als eineinhalb Millionen Menschen die
Welterbestätte. Sie lernen die original erhaltenen Übertageanlagen von Zeche und Kokerei
– den Denkmalpfad ZOLLVEREIN® – kennen,
besuchen Dauer- und Sonderausstellungen
des Ruhr Museums und den ZOLLVEREIN®
Park. Das Industriedenkmal ist aus dem Leben
der Menschen nicht mehr wegzudenken. Und
schon bald wird das geschichtsträchtige
Gelände Alltag und Zukunft von Hunderten von
Folkwang-Studenten prägen.
ZOLLVEREIN ® DAS MAGAZIN
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TITELSTORY
Der Hochschulneubau besteht aus unterschiedlich großen Kuben mit eingeschnittenen
Höfen und einem Artrium. Architektonisch
orientiert sich der Baukörper am Baustil von
Schacht XII und Kokerei Zollverein.
charakter der umgebenden Bauten
auf und sorgt dafür, dass der Neubau
mit dem historischen Ensemble der
Schachtanlage 1/2/8 harmoniert.
Ein lichtdurchfluteter Innenhof stellt die Verbindungen
innerhalb des neuen Hochschulkomplexes her. Das Gebäude
erstreckt sich über vier Etagen.
Die gelungene
Wiedernutzbarmachung vieler
Hallen und Gebäude hat der Zeche
Zollverein neues Leben eingehaucht. Wo damals schwere
Maschinen dampften, rauchen
heute kreative Köpfe. Zollverein
hat sich zu einem Zentrum
für Kunst, Kultur und Design
entwickelt.
DR. WERNER MÜLLER
VORSITZENDER DES KURATORIUMS
DER STIFTUNG ZOLLVEREIN
Unser Ziel ist es,
den Wandel in unseren ehe­­maligen Bergbauregionen, in
unserer Heimat erfolgreich
und nachhaltig für die Menschen
und mit den Menschen zu
gestalten.
BERND TÖNJES
VORSTANDVORSITZENDER DER
RAG AKTIENGESELLSCHAFT
10
Anforderungen an die Hochschule ab.
Räume, in denen Seminarräume und
Ateliers Platz finden, wechseln einander mit weniger tiefen Raumstrukturen ab, in denen Büroräume und kleine Lehreinheiten angeordnet werden.
Ein über alle Etagen offener, atriumartiger Innenbereich mit Fluren und
Gängen lädt zum Aufenthalt, zu Begegnung und Austausch ein. Darüber
hinaus entstehen großzügige Flächen, in denen die in der Hochschule
entstehenden Arbeiten ausgestellt
werden können. Das Erdgeschoss
wird eine Vielzahl von Werkstätten
beheimaten und Raum für die zentrale Cafeteria ­
bieten. Die Verwaltung
des Fachbereichs befindet sich im
zentralen Eingangskubus. Von dort
aus bietet sich ein faszinierender
Blick auf den neuen Campus. Jede
Etage wird von einem Fachbereich
belegt: Während die künftigen Indus-
NEUBAUGÜRTEL BIETET RAUM
FÜR NEUE IDEEN
triedesigner im 1. Obergeschoss zu
finden sind, belegen die Fachbe­
reiche Fotografie und Kommunikationsdesign das 2. beziehungsweise 3.
Ober­geschoss. Die Studios der Fotografen mit hohem ­
Tageslichtbedarf
befinden sich in der 3. und 4. Etage.
Da der Stellplatzbedarf des Hochschulgebäudes nicht über Stellplätze
auf dem Grundstück abgedeckt werden kann, ist eine Vollunterkellerung
des Gebäudes mit ­
einer Tiefgarage
im Untergeschoss geplant. Die Zufahrt zur Garage erfolgt über die Arendahls Wiese.
HOTEL MIT INDUSTRIECHARME
Der längliche Baukörper des Hotels
schließt sich unmittelbar an die
Schachtanlage 1/2/8 an, ohne die
Sichtachse zwischen Schacht und
Folkwang Universität zu stören. Nach
Ansicht der Welterbe Entwicklungsgesellschaft entspricht eine Positionierung im 3-Sterne-Segment am
besten den Anforderungen der
Hauptzielgruppen. Angestrebt ist ein
Gästemix aus Freizeit- und Geschäftsreisenden sowie Besuchern der Folkwang Universität. Im Erdgeschoss
des Hotels entstehen neben Rezeption und Frühstücksraum ein groß­
zügiger Loungebereich und die Hotelküche. Die Zimmer für die Gäste
befinden sich in den oberen Etagen.
In einem ersten Bauabschnitt soll
eine Kapazität von 40 Zimmern realisiert werden. In weiteren Ausbaustufen ist eine Gesamtzahl von etwa
150 Zimmern angestrebt. Baukörper
und Fassade orientieren sich ebenfalls
an der Gestaltung von Schacht XII.
Die für Zollverein typisch rötliche
Farbe der Ziegel nimmt den Industrie-
Die Schachtanlage 1/2/8 ist jedoch
nicht der einzige Geländeabschnitt
des Welterbes, an dem die Zukunft
zu spüren ist. Im Südwesten des
Kokerei-Areals entstand unter der
­
Adresse „Im Welterbe 1–8“ der Unternehmenssitz der RAG Montan
Immobilien, der im Frühjahr 2012 bezogen werden konnte. Damit hat die
Um­gestaltung des Geländes zu einem
außergewöhnlichen Standort für
­
­Büroimmobilien begonnen. Die einzigartigen Adressen „Im Welterbe 9–24“
sind noch frei und suchen nach neuen
Nutzern. Das gesamte Neu­bauareal auf
der ehemaligen Kokereifläche umfasst
rund 35.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche für Büro­immobilien, die
architektonisch sowohl den Ansprüchen eines Welterbes als auch den
Bedürfnissen der künftigen Mieter
gerecht werden. Im ersten Baufeld
werden insgesamt 21.000 Quadratmeter Bruttogeschossfläche angeboten.
Parkplätze für Mitarbeiter, Kunden
und Geschäftspartner sind in ausreichender Zahl zentral vorhanden.
Darüber hinaus sind alle Gebäude
­
barrierefrei.
DIE IMMOBILIENENTWICKLER
Die Welterbe Entwicklungsgesellschaft
mbH & Co. KG ist eine Projektgesellschaft der Kölbl Kruse GmbH in
Kooperation mit der RAG Montan
Immobilien GmbH.
Das Essener Immobilienunternehmen Kölbl Kruse setzt seit bereits
15 Jahren bei Großprojekten an
Rhein und Ruhr städtebauliche
Akzente. Ende 2009 hat der Projektentwickler die Revitalisierung
der Essener Traditionsimmobilie
Glückaufhaus abgeschlossen.
Mit der Zentrale der RAG Montan
Immobilien errichtete Kölbl Kruse in
den Jahren 2010 bis 2012 den ersten
Neubau auf der Kokerei Zollverein.
Aktuell setzt das Unternehmen
den Bau für zwei Berufskollege –
der mit insgesamt 6.000 Schülern
eines der größten Schulzentren
Deutschlands sein wird – auf dem
Gelände des Dortmunder U sowie
das neue Headoffice für DB Schenker in der Essener Innenstadt um.
Die RAG Montan Immobilien GmbH
ist eine der größten Flächenentwicklungsgesellschaften im
Ruhrgebiet und im Saarland. Zu den
Erfolgsprojekten des Unternehmens
zählen unter anderem das Stadtquartier Mont Cenis in Herne, der
Zukunftsstandort Ewald in Herten
und der Technologie- und Gewerbepark Eurotec in Moers. Aktuell in
der Entwicklung befindet sich das
Kreativ.Quartier Lohberg auf
dem Areal der ehemaligen Zeche
Lohberg/Osterfeld in Dinslaken,
das Areal der ehemaligen Kokerei
Zollverein auf dem Welterbe
Zollverein in Essen sowie die Fläche
der Zeche und Kokerei Gneisenau in
Dortmund.
HEIKE REINHOLD
ZOLLVEREIN ® DAS MAGAZIN
11
IM GESPRÄCH
„ZOLLVEREIN IST DER RICHTIGE STANDORT“
hen funktionale Gesichtspunkte im Zentrum,
die in einer formalästhetischen Haltung umgesetzt werden. Genau das haben die Architekten Schupp und Kremmer mit dem Bau
von Zeche und Kokerei getan.
Mit der Hochschule wird auch diese Facette
des Welterbes weitergelebt. Die Folkwang
Universität der Künste mit ihrem gelebten interdisziplinären Ansatz ist ein sehr attraktiver
Player für den Standort Zollverein. Durch den
Fachbereich Gestaltung entsteht ein neuer Inspirationsraum, der den Standort mit Leben
erfüllen wird. Wir sind ein thematischer
Anker für Bildung und Kreativität.
Zollverein ist unter anderem auch die Heimat des
Red Dot Design Museums. Welche Ausstrahlung
hat Zollverein auf Sie als Designer selbst?
Als Kreativ- und Bildungsstandort hat sich das UNESCO-Welterbe Zollverein
in den zurückliegenden Jahren bereits einen Namen gemacht. Mit dem Neubau
für den Fachbereich Gestaltung der Folkwang Universität der Künste wird
ein weiteres Kapitel aufgeschlagen. Im Interview erklärt Prof. Kurt Mehnert,
Rektor der Folkwang Universität der Künste, was das für die Hochschule,
den Standort Zollverein und die Stadt Essen bedeutet.
Herr Prof. Mehnert, Sie haben 2007 die gestalterischen Studiengänge der Universität DuisburgEssen an die Folkwang Hochschule überführt. 2017,
zehn Jahre später, wird die Folkwang Universität
der Künste ihre neue Heimat auf Zollverein finden.
Sind Sie jetzt angekommen?
Ja, mir ist ein Stein vom Herzen gefallen, als vor
wenigen Wochen die Entscheidung bekannt
gegeben worden ist. Zuletzt hatte man das
Gefü­hl, die Gestalter hätten kein Zuhause mehr.
Das ist jetzt anders. Wir werden den Umzug von
Industrial Design, Kommunikationsdesign, Fotografie, den Kunst- und Designwissenschaften
sowie unseren Werkstätten nach Zollverein
nun mit aller Kraft vorantreiben.
12
Sie sind ja schon länger am Standort …
Ja, das SANAA-Gebäude war 2010 der Start
der Verortung der Hochschule auf dem
Zollverein-Gelände. Jetzt sollten wir den
­
Raum zwischen SANAA und dem Folkwang
Neubau mit weiterem Leben füllen, eine Campussituation erzeugen, eine Art Forschungsmeile entwickeln.
Was macht den Standort Zollverein so attraktiv für
die Folkwang Universität?
Alle anderen Standorte boten nicht annähernd diese Möglichkeiten. Gestaltung ist
eine Kombination aus Reflexion, Konzeption,
Idee und dessen Transformation. Dabei ste-
Zollverein ist der richtige Standort für Gestalter. Das hier mit dem Red Dot der bekannteste Designpreis in der internationalen Wahrnehmung verliehen wird, ist natürlich ein
weiteres gewichtiges Argument. Jetzt kommt
die Designausbildung hinzu. Damit sind
Geschichte, Gegenwart und Zukunft vereint.
Berlin ist seit 2005 die erste deutsche City of Design.
Sie haben dort studiert. Jetzt strebt Essen diesen
internationalen Titel an. Was macht Essen Ihrer
Meinung nach zu einem guten Designstandort?
Gegenfrage: Nimmt eine Stadt das Potenzial
auf, was Gestalter als Teil von ihr leisten
können? Und wie wird das sichtbar? Ich kann
diese Frage nicht beantworten. Das ist im
­Übrigen auch in Berlin nicht einfach ablesbar.
Design kann aber ein Instrument zur Profilierung einer Stadt sein. Es kommt immer auf
den Blickwinkel des Betrachters an, oder wie
dieser auch gelenkt wird. Ich kann Besuchern hier in Essen oder eben auch in Berlin
aus gestalterischer Sicht schöne und weniger
schöne Ecken zeigen. Im Übrigen hat jeder
eine andere Vorstellung von Design. Letztlich
geht es um ein intuitives Sich-Wohlfühlen in
einer Umgebung. Dass man sich willkommen
und wohl fühlt und sich zurecht findet.
Design­­parkbänke und Designabfalleimer an
sich machen eine Stadt nicht zur Designstadt.
Aber wenn solche Instrumente dazu führen,
dass eine Identifikation mit der Stadt, ein Zu­
gehörigkeitsgefühl und daraus resultierend
gemeinschaftliches verantwortliches Handeln
entsteht, dann hat es funktioniert. Design
kann mithelfen eine positive Haltung aller
Bürger für ihre Stadt zu erzeugen und das
überträgt sich auf die Gäste.
Und? Fühlen Sie sich in Essen wohl?
Ja, aber was macht eine Stadt lebenswert? Ich
fühle mich auch in Berlin wohl. Essen ist als
Teil des Ruhrgebietes zu sehen. Hier haben
wir ein wahnsinniges kulturelles Angebot
und tolle Menschen die „geradeaus“ denken
und sprechen. Aber 53 Städte und Gemeinden sind schwieriger unter einen Hut zu bringen als eine. Vielleicht liegt darin auch die
Chance. Aber es braucht auch große Projekte
wie RUHR.2010, die nach außen eine große
Strahlkraft und nach innen Zusammenhalt erzeugen. In diesem Spannungsbogen kann
man sich einbringen und gut leben.
Noch einmal zurück zur Hochschule. Gibt es ein
‚Design made in Essen’? Wenn ja, wie sieht es aus?
ZUR PERSON
Prof. Kurt Mehnert,
Jahrgang 1959, ist seit
April 2009 Rektor der
heutigen Folkwang
Universität der Künste.
Der an der Hochschule
der Künste in Berlin
ausgebildete DiplomDesigner ist Inhaber von
Mehnert Corporate Design
und wurde 1994 erstmals
für eine Professur an die
Hochschule Anhalt in
Dessau. 2002 wechselte
er an die Universität
Duisburg-Essen als
Professor für Konzept
und Entwurf im
Studiengang Industrial
Design. Als Dekan
überführte Kurt Mehnert
2007 die gestalterischen
Studiengänge an die
Folkwang Hochschule.
Design kann man meiner Meinung nach generell nicht mehr auf einen Ort beziehen,
wie zum Beispiel in der jüngeren Geschichte
Dessau oder Ulm. Die Ausbildung bei der
Folkwang Universität hat in aller Welt einen
hervorragenden Ruf und wird auch mit der
Stadt Essen in Verbindung gebracht. Immerhin haben wir über 30 Prozent Studierende
aus dem Ausland. Sie sind unsere Kulturbotschafter in aller Welt. Auf ihre Frage zurückkommend würde ich sagen, eine Gestalterin
oder ein Gestalter unserer Hochschule ist
neben den gestalterischen/künstlerischen
Fähigkeiten insbesondere an der Konzeptionsstärke und interdisziplinären Haltung erkennbar.
DAS GESPRÄCH FÜHRTE
GUIDO SCHWEISS-GERWIN
ZOLLVEREIN ® DAS MAGAZIN
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ZOLLVEREIN IST EINE EVENTLOCATION
1
1
D ie ehemalige Sauger- und
Kompressorhalle wird zum
Veranstaltungsort umgebaut.
2
Im Untergeschoss entsteht
ein atmosphärischer Club für
After-Show-Partys.
3
S patenstich: Hermann
Marth, Vorstandsvorsitzender
Stiftung Zollverein, mit
NRW-Bauminister Michael
Groschek und Mitinvestor
Claus Dürscheidt (v.l.).
2
GANZ NACH PLAN
3
Mit ihrer industriellen Prägung bieten sich die Bestandsgebäude auf der so genannten „weißen Seite“
der Kokerei Zollverein nicht nur als Werkstätten und Gewerbestandorte für klein- und mittelständische
Betriebe an. So ist die ehemalige Gassauger- und Kompressorenhalle geradezu prädestiniert, Eventhalle
der Extraklasse zu werden. Ende 2015 wird die neue Convention Hall eröffnet.
„Mit dieser einzigartigen
Veranstaltungshalle schaffen wir das
Auditorium, das schon Rem Koolhaas
in seinem Masterplan für Zollverein
vorgesehen hat“, erklärt Claus
Dürscheidt, der auch das Casino Zollverein auf Schacht XII mitbegründet
hat. Mit einer privaten Investorengruppe baut er nun die einstige Sauger- und Kompressorenhalle zur
Convention Hall um. Rund sechs Millionen Euro fließen in den Ausbau
des denkmalgeschützten Gebäudes
aus Backstein und Stahlbeton. Damit
bekommt Zollverein einen Veranstaltungsort, 16 Meter hoch und 5.700
Quadratmeter groß, der, so die Investoren, „beste Chancen hat, ein Zent-
14
rum für Weltmessen und weitere Großereignisse zu werden“. Dafür haben
Dürscheidt und sein Team einen umfangreichen Nutzungsplan entwickelt.
Mit Foyer, Bühne und großem Veranstaltungsbereich im 1. Obergeschoss
ist die Halle ideal für Konzerte, Ausstellungen und Messen. Bis zu 2.700
Stehplätze sind möglich, beziehungsweise Sitzplätze für insgesamt 1.500
Personen. Das Untergeschoss der Halle bietet Raum für weitere 900 Gäste.
Hier sollen ein Club für Aftershow-Partys sowie ein Bar- und Loungebereich
entstehen, sodass Full Service-Veranstaltungen wie Galas, Konferenzen,
Clubevents oder Mitgliederversammlungen ideal präsentiert werden. Zu
den Kompetenzen zählen Organisation
und Catering ebenso wie Technik, Gestaltung und Dekoration.
ORIGINALITÄT ALS DENKMAL ERHALTEN
Beim Aus- und Umbau der Halle ist es
Mitinvestor Dürscheidt besonders
wichtig, ihren besonderen Charme
und ihre Originalität als Denkmal zu
erhalten. Deshalb werden auch nur
die Maschinen im Mittelteil der Halle
entfernt, die restlichen, original erhaltenen Sauger und Kompressoren
bleiben – geschützt durch Glasvitrinen – erhalten. Claus Dürscheidt
möchte „den Charakter des Raumes
samt seiner Geschichte mit modernen Inhalten verschmelzen.“ Wie gut
das funktionieren kann, hat er bereits mehrfach unter Beweis gestellt,
auf Zollverein selbst als Mitbegründer des Casinos oder auch als Initiator der legendären Konzerthalle
„Zeche Bochum“, wo schon in den
1970-er Jahren spätere Superstars wie
Tina Turner oder Herbert Grönemeyer
auftraten. Es gilt, die Potenziale der
einstigen Industriebauten zu definieren und zu erschließen. So wird die
Gassauger- und Kompressorenhalle
mehr als 20 Jahre nach ihrer Stilllegung
im Jahr 1993 zur neuen Convention
Hall auf dem Kultur- und Wirtschaftsstandort Zollverein eine der wenigen
privat geführten Konzert- und Veranstaltungsadressen Deutschlands.
Für den Vorstandsvorsitzenden der
Stiftung Zollverein, Hermann Marth,
ist die Convention Hall jedenfalls „ein
wichtiger Schritt, um auf dem Welterbe das Eventbusiness weiter auszubauen“. Der nordrhein-westfälische
Bauminister Michael Groschek sieht
in der Convention Hall sogar ein
positives Signal für das gesamte
Ruhr­
gebiet: „Der Strukturwandel
von der Montanindustrie zum Dienstleistungs- und Veranstaltungssektor
schreitet voran“, betonte Groschek
beim symbolischen Spatenstich zum
Umbau der Halle im Juni dieses Jahres. Auf jeden Fall schließt die Convention Hall eine Lücke im Eventlocation-Angebot an Rhein und Ruhr.
Und in der zukünftigen Entwicklung
des UNESCO-Welterbes Zollverein
hat sie durchaus Potenzial, einen
neuen Meilenstein zu markieren,
wenn sie Ende 2015 eröffnet.
Stadt, Land,
Bund, EU und Regionalverband
Ruhr haben in den vergangenen
20 Jahren auf dem Welterbe-­
Zollverein rund 300 Millionen
Euro i­ nvestiert. Das geschah in
der ­Erwartung, dass sich auch
­private Investoren auf Zollverein
engagieren. Das tun sie, und ­
das ist gut so.
MICHAEL GROSCHEK
MINISTER FÜR BAUEN, WOHNEN,
STADTENTWICKLUNG UND VERKEHR DES
LANDES NORDRHEIN-WESTFALEN
CAROLA DIETZ
ZOLLVEREIN ® DAS MAGAZIN
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ZOLLVEREIN IST EIN ARBEITSRAUM
RAUM FÜR KREATIVE UNTERNEHMEN
Seinen Namen verdankt das Kammgebäude auf der sogenannten „weißen Seite“ der Kokerei seiner Form,
denn wie die Zinken eines Kammes gliedern sich die sieben, quaderförmigen Hallen des Baukomplexes
an einen durchgehenden, 200 Meter langen Gang. Dort eröffnet sich dem Besucher ein Blick in das
Innere einer einzigartigen Architektur. Bis 1993 als Betriebsmittelgebäude der Kokerei genutzt, wird der
Gebäudetrakt derzeit für Unternehmen aus der Kreativwirtschaft ertüchtigt. Der erste Mieter zieht
Ende 2015 ein.
Am rechen Bildrand gut zu erkennen: Hintereinander
stehen die sieben quaderförmigen Hallen – angeordnet
wie die Zinken eines Kammes. Hier siedeln sich ab dem
kommenden Jahr innovative Unternehmen an.
Der großzügige Gebäude- Gründerzentrum Triple Z auf dem
komplex, ab 1957 in Anlehnung des ehemaligen Zollverein Schacht 4/5/11
neusachlichen Stils der Schachtanla- in Essen-Katernberg niedergelassen –
ge Zollverein XII erbaut, bietet insge- mit Erfolg: Denn MMID wächst
samt 570 Quadratmeter Büro- und bis
dynamisch, sodass das Produktentzu 1300 Quadratmeter Werkfläche. wicklungsbüro nun größere RäumInsbesondere die einstigen Hallen lichkeiten benötigt.
von Schutzgaserzeugung, Pumpenhaus und Stützpunktwerkstatt eignen
IDEALE RÄUMLICHKEITEN
sich mit einer Raumhöhe von acht
Metern ideal als loftartige Präsentations- und Atelierräume, denn große „Zollverein ist und bleibt für uns die
Fensterflächen sorgen für Licht und richtige Adresse. Wir schätzen hier die
Ambiente. Das Schalthaus soll als Nähe zu unseren Kunden und besonBüro­gebäude von Dienstleistungsun- ders auch zu den Universitäten, da wir
hochtalentierte Mitarbeiter mit besonternehmen genutzt werden.
deren Spezialisierungen brauchen“,
„Wir haben uns bewusst dafür ent- betont Müller. Ein Umzug weg von
schieden, das Kammgebäude für kre- ­Zollverein? Unvorstellbar! Die Entwickative mittelständische Betriebe zu lung des Kammgebäudes kommt für
entwickeln“, erklärt Philipp Brügge- ihn gerade zur richtigen Zeit. Die Büros
mann, Standortentwickler bei der und Werkhallen dort sind für sein
Stiftung Zollverein. Mit Blick auf die U­nternehmen ideal geeignet – als Schuweitere Entwicklung der Bestands­
gebäude auf der Kokerei hat das
Kammgebäude eine Pionieraufgabe:
„Unsere Perspektive ist ein vitaler
Wirtschaftsstandort mit gewachsenem und urbanen Charakter, der sich
durch Nutzungsvielfalt und dynamischen Wandel auszeichnet. Die zu erwartenden Spin-offs und Ausgründungen des Fachbereichs Gestaltung
der ab 2017 auf Zollverein ansässigen
Folkwang Universität der Künste werden auf der Kokerei geeignete Räume
finden und zudem positive Effekte in
den umliegenden Stadtteilen haben“,
so Brüggemann weiter.
Eine Perspektive, die auch Nils Müller, Geschäftsführer des Essener Produktentwicklungsbüros MMID, sieht:
„Das Kammgebäude besitzt eine fantastische Atmosphäre und bietet uns
den Raum, den wir zum Wachsen
brauchen.“ Das niederländische Unternehmen hat sich bereits vor dreieinhalb Jahren entschieden, seinen
Deutschland-Standort auf Zollverein
zu gründen und sich zunächst im
16
lungsräume genauso wie als Showroom für die innovative Produktvielfalt,
die MMID entwickelt – vom Getränkeautomaten über einen bedienerfreundlichen Alarmsender für Senioren bis
zum wasserdichten Gehäuse für eine
elektronische Duschsteuerung.
Mit ihrer exponierten Lage an der
Hauptzufahrt zur Kokerei sowie ihrer
markanten Architektur ist das Kammgebäude Impulsgeber für den Standort und bietet Räume für Handwerker,
Designer, Fotografen, Werbeagenturen und interessante Manufakturen.
Die Stiftung Zollverein stellt das
Kammgebäude im vierten Quartal
2015, nach der energetischen Sanierung, zur Verfügung. Zu den ersten
Mietern wird Nils Müller mit seinem
rund 30-köpfigen Team gehören.
CAROLA DIETZ
Im Frühsommer 2014 war die Ausstellung „Produktive Stadtlandschaften” des M:AI Museum für
Architektur und Ingenieruskunst NRW im Kammgebäude zu sehen.
ZOLLVEREIN ® DAS MAGAZIN
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ZOLLVEREIN IST EIN UNTERNEHMENSSTANDORT
2
1
EIN HERZ FÜR ZOLLVEREIN
Geboren und aufgewachsen im Schatten der Zollverein-Fördergerüste: Der Werdegang von Thomas
Pilgrim ist auf das Engste mit dem heutigen UNESCO-Welterbe verknüpft. Als er seine Arbeit in der
Unfallambulanz des nahegelegenen St. Vincenz-Krankenhauses aufnahm, gehörten verletzte ZollvereinBergleute zu seinen ersten Patienten. Auch 30 Jahre später betreut er mit seinen Pflegediensten der
Humanitas GmbH ehemalige Bergbauangehörige, mittlerweile an fünf Standorten in NRW. 2015 bezieht
seine Firma eine neue Zentrale – in einem alten Stellwerk auf dem Kokerei-Gelände.
1,5 Millionen Euro investiert Humanitas-Gesellschafter Thomas Pilgrim
in Sanierung und Ausbau. Für Außenstehende ist es ein Beispiel für
privates Engagement auf dem Zoll­
ver­ein-Areal, für den eingefleischten
Katernberger ist es eine Herzensangelegenheit: „Ich bin in der Nachbarschaft groß geworden und habe mein
gesamtes Leben hier im Essener
Norden verbracht. Selbiges gilt für
einen Großteil unserer Kundinnen
­
und Kunden. Insofern ist der Umzug
nach Zollverein ein echtes Standort­
bekenntnis.“
„HIER GEHÖRE ICH HIN“
Für Thomas Pilgrim
schließt sich damit ein Kreis. Der
Business-Standort Zollverein steht
dagegen vor einer Premiere: Denn
nach der Gesundheitsforschung mit
dem seit 2006 ansässige Erwin L.
Hahn-Institut, das die klinische
An­wendung der Hochfeld-Magnetresonanztomographie untersucht, erweitert sich das Branchenspektrum
nun um die Pflege der Menschen
von heute.
18
AM RANDE DER RINGPROMENADE
Wo einst der Schienenverkehr geregelt wurde, wird künftig die Pflege
von beinahe 1.000 Menschen in der
Metropole Ruhr koordiniert. Das alte
Stellwerk, das wie ein Bindeglied am
Rande der Ringpromenade zwischen
Schacht 1/2/8 und der Kokerei liegt,
dient der Humanitas GmbH künftig
als Hauptverwaltung. Auch die ambulante Pflege für den Standort Essen
wird auf Zollverein untergebracht.
Insgesamt werden 60 Mitarbeiter der
Humanitas auf dem Gelände beschäftigt sein, weshalb das bestehende
Gebäude um einen angrenzenden
­
Neubau erweitert und sich die Nutzfläche auf rund 600 Quadratmetern
somit verdoppeln wird. Der Neubau
sowie der Umbau wird von dem
Essener Architekten Thorsten Czech
aus der Architektengemeinschaft
HCH, Bochum, realisiert.
Bereits in einem Jahr, so hoffen
Thomas Pilgrim und Oliver Aitcheson, Geschäftsführer bei Humanitas,
könnte die Immobilie bezugsfertig
sein. Eine architektonische Herausforderung, denn schließlich müssen
Alt und Neu in Einklang gebracht werden. „Wir arbeiten sehr eng und sehr
gut mit der Stiftung Zollverein und
der Denkmalbehörde in Düsseldorf
zusammen“, betont Oliver Aitcheson.
Thomas Pilgrim nickt: „Unser Ziel ist
3
1
D er künftige Sitz der Humanitas in der
Animation: Das alte Stellwerk wird saniert
und um einen Neubau ergänzt.
2
N och liegt das Stellwerk im Dornröschenschlaf. Doch schon im kommenden Jahr
werden hier 60 Menschen ihre Arbeit aufnehmen.
3
F ür Thomas Pilgrim ist der Umzug auf
das Zollverein-Areal eine Herzensan­
gelegenheit.
es, möglichst viel zu erhalten.“ Die
Stellwerker-Schränke mit ihrem rauen
Charme werden restauriert und bleiben ebenso erhalten wie die alten
Schalttafeln im Treppenaufgang zum
komplett verglasten Obergeschoss.
Von dort hat man eine atemberaubende Aussicht auf das Welterbe-Gelände. Ende 2015 kommen Mitarbeiter
und Gäste in diesen Genuss. Noch genießt ihn Thomas Pilgrim exklusiv.
Der Unternehmer mit der tiefen Heimatverbundenheit lässt den Blick
schweifen. Und sagt dann aus voller
Überzeugung: „Hier gehöre ich hin.“
ZUR PERSON
1993 gründete der examinierte
Krankenpfleger Thomas Pilgrim
in Essen den Ambulanten
Kranken- und Altenpflegedienst
Humanitas. Mit zunächst fünf
Mitarbeitern versorgte der
Pflegedienst schon im ersten
Jahr fast dreißig kranke und alte
Menschen in ihrer gewohnten
häuslichen Umgebung. Heute
gehört Humanitas mit fast 200
Mitarbeitern und insgesamt
ca. 1000 betreuten Kundinnen
und Kunden rund um die Standorte in Essen, Münster, Recklinghausen, Bochum und Gelsenkirchen
zu den größten, privaten Pflegediensten in Nordrhein-Westfalen.
PATRICK TORMA
ZOLLVEREIN ® DAS MAGAZIN
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AUF DEM WELTERBE
1
D ie Kohlenwäsche wurde von den
Architekten Fritz Schupp und Martin
Kremmer geplant.
2
D ie Idee für die berühmte Rolltreppe
stammt von Rem Koolhaas, diese orientiert
sich an der Form der historischen
Bandbrücken.
3
D en Umbau des ehemaligen Kesselhauses
zum heutigen Red Dot Design Museum
planten die Büros Norman Foster sowie
Böll und Krabel.
2
1
3
WELTERBE-ARCHITEKTEN
Zollverein ist eine UNESCO-Welterbestätte, die sich als moderner Kultur- und Wirtschaftsstandort neu
definiert und weiter entwickelt. Eine wichtige Rolle spielen nicht zuletzt die Architekten und Baumeister.
Große Namen wie Rem Koolhaas oder Norman Foster und das renommierte Architekturbüro Heinrich Böll
aus Essen haben das Areal seit Stilllegung der Zeche 1986 und der Kokerei Zollverein 1993 mit weg­
weisenden Neu- und Umbauten für die Neunutzung der einst größten Steinkohlezeche Europas geprägt.
Ohne Zweifel: Die Essener
Schachtanlage Zeche Zollverein XII
war nicht nur die größte, modernste
und leistungsfähigste, sondern auch
„die schönste Zeche der Welt“. Die
Einmaligkeit des komplett erhaltenen
Ensembles von Bauten und Maschinerie ist viel beschrieben worden:
Mit seiner sachlichen, strengen Architektur, die sich als „gebautes Design“ durch die gelungene Verbindung von technischer Funktionalität
und ästhetischer Gestaltung auszeichnet und dem Bauhaus-Gedanken „form follows function“ folgt. Sie
ist vor allem den Architekten Fritz
Schupp und Martin Kremmer zu verdanken, die Ende der 1920er-Jahre
20
die Zentralschachtanlage Zollverein
XII planten – in einer Formensprache
komplett aus einem Guss, die Zollverein Schacht XII bereits bei Inbetriebnahme den Ruf als Meisterwerk, Vorzeige-Zeche und Paradebeispiel für
einen Industriebau einbrachte, der den
technischen Fortschritt der Zeit wie
kein anderer symbolisiert. Noch heute
besticht die symmetrische Anordnung
der 20 Gebäude auf zwei Blickachsen.
Knappe 30 Jahre später entwickelte
Schupp auch die Kokerei Zollverein in
funktionaler Anbindung zu Schacht
XII. Er übernahm die schlichte Formensprache der Zechenarchitektur
und konstruierte kubische Bauten mit
Fassaden aus Stahlfachwerk und roten
Ziegeln. Zeche wie Kokerei zeichnen
sich durch eine Architektur aus, die
bis heute wie ein Gesamtkunstwerk
wirkt und zu den wertvollsten Zeugnissen der deutschen Industrie-Architektur zählt.
HOMMAGE AN DIE ARCHITEKTUR
2001 zum UNESCO-Welterbe ernannt,
ist Zollverein heute weit mehr als ein
Industriedenkmal mit jährlich 1,5 Millionen Besuchern, nämlich ein lebendiger Kultur- und auch Wirtschaftsstandort, der dem Wandel des
Ruhrgebiets kontinuierlich Rechnung
trägt. Das 100 Hektar große Areal
steckt voller Geschichten, neuer Ideen
und Möglichkeiten. Zum Programm
seiner zukünftigen Entwicklung, gesteuert von der Stiftung Zollverein
und der RAG Montan ­
Immobilien
GmbH, gehören die Um- und Neunutzung von Bestandsgebäuden, der
weitere Ausbau der Infrastruktur des
Geländes, die Vermarktung von Neubauflächen und Neubauten sowie die
Ansiedlung passender Unternehmen.
Neben der Aufgabe, das Welterbe
touristisch wie auch als Plattform für
Bildung, Kunst und Kultur zu etablieren, liegt der Fokus auf dem weiteren
Ausbau zu einem innovativen Standort für Design. Das Welterbe Zollverein soll sich als l­ebendiges Stadtquartier etablieren – eine Aufgabe, die
nicht zuletzt von der Leistung der Architekten und bauausführenden Unternehmen mitgetragen wird. Die
Standortent­
wicklung wird somit
auch zu einer Hommage an die historische Industrie-Architektur.
PROJEKTARCHITEKTUR AUF
­INTERNATIONALEM NIVEAU
Aufbauend auf Leitlinien der Internationalen Bauausstellung (IBA) ­
Emscher
Park zwischen 1989 und 1999 hat Rem
Koolhaas mit seinem Rotterdamer Office for Metropolitan Architecture
(OMA) den städtebaulichen Masterplan
für die Zukunft des Welterbes aufgestellt. Der weltweit tätige Architekt und
Stadtplaner sah Zollverein als einen Ort,
dessen historischer Zeugnischarakter
genauso wichtig ist wie seine dynamische Entwicklung – und legte damit den
Grundstein für die Umgestaltung des
UNESCO-Welterbes in einen integrierten Kultur- und Wirtschaftsstandort.
Seit 20 ­Jahren schon
bauen w
­ ir, mein Büro, meine Kollegen
und ich, am Welterbe Zollverein.
Unsere Arbeit ist vielfach öffentlich
­diskutiert worden. Für mich ist eines
klar: Die Bauten Zollvereins können
auf Dauer keine still­gelegten
Monumente der Vergangenheit sein.
Das lässt ihre bauliche S­ ubstanz
nicht zu, sie würden zerfallen. Die
Kohlen­wäsche zum Beispiel ist durch
ihre n­ eue Nutzung als Ruhr Museum
eines der öffentlichsten und be­
kanntesten Gebäude des Ruhrgebiets
ge­worden. Gerade das wird ihren
dauerhaften Erhalt sichern.
HEINRICH BÖLL
ARCHITEKT
Neben dem Pritzker-Preisträger
Rem Koolhaas stellten sich weitere
renommierte Architekten dem Welterbe. Der Entwurf für die Nutzung
des ehemaligen Kesselhauses als
Design Zentrum NRW stammt von
ZOLLVEREIN ® DAS MAGAZIN
21
AUF DEM WELTERBE
1
2
D ie besondere Atmosphäre
der Mischanlage ist der ideale Ort für Konzerte – zum
Beispiel Placebo.
E ines der neueren Gebäude
auf dem Zollverein- Gelände: Der Kubus des japanischen Büros SANAA.
Der Ingenieur
stellt die verschiedenen
Bauten der Zeche, Behälter,
Eisengerüste, Massivbauten
nebeneinander in der
Reihenfolge ihrer betrieb­
lichen Funktion. Sache
des Architekten ist es, sie
zusammen zu ordnen.
Das geschieht durch Ab­
wägen der Massen und Verhältnisse und durch Wahl
des geeigneten Materials.
[...] Der Techniker wird
zwar bestimmen, wo Rohrleitungen notwendig sind
und wohin sie führen
müssen. Der Architekt aber
wird ihren Verlauf regeln
und ihnen die Form geben,
durch die ein ruhiger
Gesamteindruck nach
Möglichkeit gewahrt
bleibt.
FRITZ SCHUPP UND
MARTIN KREMMER, 1927
22
2
dem britischen Architekten Norman
Foster; der 34 Meter hohe Kubus als
größtes neues Gebäude auf Zollverein ist von dem japanischen Büro
SANAA, ebenfalls einem PritzkerPreisträger, entworfen worden; die
vielfach prämierte Innen- und Ausstellungsarchitektur der Kohlenwäsche entwickelte das Stuttgarter Büro
H. G. Merz Architekten.
Die Essener Architekten Heinrich
Böll und Hans Krabel waren seit 1989
mit der denkmalgerechten Sanierung
der Übertagebauten auf Zollverein
Schacht XII für die Weiternutzung
­beauftragt und haben Halle für Halle
– die ursprünglich lediglich als Witterungsschutz vorgesehen waren –
für neue Nutzungen saniert. Neben
der Arbeit an den Bestandsgebäuden
realisierten sie auch Anbauten wie
die Rolltreppen zur Kohlenwäsche,
die als neuer Zugang in das Ruhr
Museum und Besucherzentrum in
Zusammenarbeit mit dem Rotterdamer Büro Office for Metropolitan Architecture entwickelt wurde. Böll war
zudem Projektarchitekt für SANAA
und setzte den Entwurf um. Aktuell
arbeitet das Büro Böll unter anderem
an der Sanierung des ­
ehemaligen
Fördermaschinenhauses und seiner
neuen Nutzung als angesagter Gastronomie-Treffpunkt auf Schacht XII.
EINZIGARTIGE NEUBAUTEN MIT HOHEN
ANSPRÜCHEN
Neben den sanierten Bestandsgebäuden prägen moderne Neubauten den
Zukunftsstandort Zollverein, so der
neue zentralisierte Unternehmenssitz der RAG Montan Immobilien
selbst, realisiert vom Hagener Architekturbüro Bahl. Das markante Gebäude mit seinen zwei gleich hohen
Baukörpern und dem gläsernen Verbindungsbauteil bildet städtebaulich
den westlichen Abschluss des historischen Kokerei-Geländes und versteht
sich zugleich als Startsignal für dessen gewerbliche Entwicklung. Dabei
unterliegt das Bauen auf dem Welterbe hohen Ansprüchen. Die RAG
Montan Immobilien führte deshalb in
enger Abstimmung zwischen den planenden Architekten, der Stadt Essen,
den zuständigen Denkmalschutz­
behörden und der Stiftung Zollverein
ein zweistufiges Werkstattverfahren
durch. Namhafte Architekturbüros erarbeiteten Entwürfe für Büroneubauten auf rund drei Hektar Fläche im
Südwesten der Kokerei. Dort entstehen einzigartige Immobilien, die
dem Welterbe-Status angemessen
sind und die Geschichte des Geländes
fortschreiben.
CAROLA DIETZ
1. ESSEN DESIGN WEEKS:
ERLEBEN SIE ESSENS
KREATIVE SEITE –
32 VERANSTALTUNGEN
IN 6 WOCHEN
# 20.10. BIS 30.11.2014
Die Essen Design Weeks sind eine Initiative der EWG – Essener
Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH in Zusammenarbeit mit
dem Kulturbüro der Stadt Essen und der Stiftung Zollverein.
Weitere Infos: www.essendesignweeks.de
CP/COMPARTNER · 2014 Foto: © Matthias Duschner / Stiftung Zollverein
1
Kokerei
„Verbotene Stadt“ bis zur
Stilllegung der Zeche am 23.12.1986
100ha
Fläche
Heute:
Denkmalpfad:
365 Tage
150.000
im Jahr geöffnet
362 Tage
65
im Jahr mit Besucherservice
und Veranstaltungen
Gebäude
geführte Besucher
im Denkmalpfad ZOLLVEREIN®
mehr als
800
3,5 km
200
mehr als 200 technische Anlagen und Maschinen
12.000 Tonnen
verwertbare Steinkohle pro Tag gefördert
24 Std.
Arbeit an 365 Tagen im Jahr auf der Kokerei
130
Ringpromenade
Größte, leistungsfähigste,
modernste Zeche der Welt
Größte Zentralkokerei Europas
20
ca.
ausgebildete Gästeführer
Kunstwerke
Wahrzeichen und Symbol für den
Wandel der Region
Wirtschaftsstandort:
39
Unternehmen
950
2,7 km
Führungen
pro Monat
Arbeitsplätze
23
9
verschiedene
Führungsformate
Sprachen
Eventlocation:
Mehrfach als Eventlocation ausgezeichnet;
Ungewöhnlichste
Eislauf-Location Deutschlands
Bandbrücken
13,2 km
Rohrleitungen
Ruhr Museum:
1
Museum für das
gesamte Ruhrgebiet
Wir sind auf Facebook!
Zusammen mit 15.000 Fans
www.zollverein.de
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