Ludwig–Maximilians–Universität München – Fakultät für Physik E1 – Mechanik Musterlösung Übungsblatt 7 WS 2014 / 2015 Prof. Dr. Hermann Gaub Aufgabe 1 Ein dünner Bleistift der Länge l = 20cm wird auf seine Spitze gestellt und dann sanft losgelassen. Er fällt ohne zu rutschen auf die Unterlage. Mit welcher Winkelgeschwindigkeit φ˙0 in Grad pro Sekunde trifft er auf die horizontale Unterlage auf? (Hinweis: Das Trägheitsmoment eines um sein Ende rotierenden Stabes ist Θ = 13 ml2 ) R (Zusatzauf gabe: Berechnen Sie per Hand das Trägheitsmoment: Θ = dm r2 ) Lösung: Ansatz :Energieerhaltung: Epot + Erot = E 0 pot + E 0 rot (1) Die Translation steckt hier schon im Massenträgheitsmoment, die Drehachse (Drehpunkt am Boden) wird nicht bewegt. Zum Zeitpunkt t = 0 gilt: l Epot = mg ; Erot = 0 (2) 2 Am Ende (der Stab ist dünn): 1 1 2 Epot = 0; Erot = Θφ̇2 = ml2 φ˙0 2 6 (3) Eingesetzt in die Energiebilanz ergibt das: r φ˙0 = l 1 2 ˙2 ml φ0 = mg 6 2 (4) 3g = 12.13s−1 = 695o /s l (5) Aufgabe 2 Ein homogener Zylinder mit der Masse m1 und dem Radius R sei reibungsfrei gelagert. Eine Schnur sei um den Zylinder gewickelt und mit der Masse m2 verbunden, die sich auf der reibungsfreien schiefen Ebene mit der Neigung θ befinde. Das System werde aus der Ruhe losgelassen, wenn sich die Masse m2 in der Höhe h über dem unteren Ende der Ebene befindet. a) Welche Kräfte wirken auf die Masse m2 ? b) Stellen Sie die Bewegungsgleichung für m2 auf und berechnen Sie die Endgeschwindigkeit, die der Körper bei h = 0 hat. 1 m1 R m2 h ϑ c) Bestimmen Sie die Geschwindigkeit des Körpers bei h = 0 mit Hilfe eines Energieansatzes und vergleichen das Ergebnis mit b) d) Diskutieren sie Extremfälle in den Variablen m1 und θ. Lösung: a) Hangabtriebskraft: Fk = m2 g sin θ ẍ Drehmoment (Seilkraft): M = I ω̇ = I R = FS R Trägheit: F = m2 a = m2 ẍ b) Bewegungsgleichung: m2 ẍ = m2 g sin θ − g sin θ mit I = 12 mR2 folgt ẍ = 1+ m1 Es gilt: v = at und q 2xges vEnde = a a = x = 1 at2 q 2 2a sinh θ = 2 2 c) m2 gh = 12 m2 vEnde + 14 m1 vEnde I ẍ R2 2m2 r g sin θ 2 1+ m1 2m2 ⇒ h sin θ = r 2gh m 1+ 2m1 2 vEnde = r 2gh m 1+ 2m1 2 d) Ist m1 = 0, so handelt es sich im Prinzip um √ einen Körper der Masse m2 , der entlang einer schiefen Ebene herunterrutscht. vEnde = 2gh, was von θ unabhängig ist. Für m1 → ∞ geht vEnde → 0. Der Körper m2 bewegt sich gar nicht. Aufgabe 3 Zwei Massen (mA und mB ) sind durch ein Seil der Länge L verbunden und liegen reibungsfrei v0 mA L mB auf einem Tisch. Das System wird bei straffem Seil rotiert und so losgelassen, dass mA zunächst ruht und mB sich mit der Geschwindigkeit v0 senkrecht zum Seil bewegt. a) Welche Art von Bewegung wird das System ausführen (qualitativ)? b) Bestimmen Sie die Schwerpunktbewegung und transformieren Sie die Anfangsgeschwindigkeiten ins Schwerpunktsystem. c) Wie groß ist die Zugkraft im Seil? 2 d) Berechnen Sie die in b) und c) bestimmten Größen für mA = mB = 2kg, v0 = 3m/s, l = 0,5m. Lösung: ~ ges = const. Im a) Nach t0 = 0 wird keine äußere Kraft ausgeübt. Also p~ges = const und L Schwerpunktssystem ist p~ges = 0, also nur Rotation um Schwerpunkt. B v0 b) vSP = mm A +mB SP = − mB v0 ; vA mA +mB SP = v − vB 0 mB v0 mA +mB mB l mA +mB von mA entfernt. B v0 mA +mB ω= = = mm = vl0 mB l A +mB 2 mB v02 Bl Zentripetalkraft: FZ = mA ω 2 rA = mA vl0 mAm+m = mmAA+m B B l c) Der Schwerpunkt ist rA = SP vA rA SP vB rB d) mA = mB = 2kg, v0 = 3m/s und l = 0,5m vSP = 2kg·3m/s 2kg+2kg = 1,5m/s SP = − 2kg·3m/s = −1,5m/s vA 2kg+2kg rA = 2kg·0,5m 2kg+2kg = 0,25m 2kg·2kg (3m/s)2 FZ = 2kg+2kg 0,5m = ⇒ SP = 3m/s − vB 2kg·3m/s 2kg+2kg = 1,5m/s rB = 0,25m 18N Aufgabe 4 (*) Ein Zug (Masse: m = 100t) beschleunigt entlang des Äquators, um die Erde zum Stillstand zu bringen. In welche Richtung muss er fahren? Welche Endgeschwindigkeit relativ zur Erde muss er besitzen? Rechnen Sie erst klassisch, dann relativistisch. Warum kann der Beschleunigungsvorgang nicht zu Ende gebracht werden? (MErde = 5.974 · 1024 kg, RErde = 6370km , ΘKugel = 25 M R2 ) ~ rel = ~r × p~rel , wobei es (Hinweis: Der relativistische Drehimpuls lässt sich so schreiben: L senkrecht zur Bewegung keine Längenkontraktion gibt) Lösung: Klassisch: Drehimpulserhaltung: LErde = Θω = LZug = mRErde v (6) Aufgelöst nach v: v= Θω m 2MErde RErde ω = = 1, 67 · 1024 mRErde] 5m s (7) Relativistisch: Drehimpulserhaltung: mRErde v LErde = Θω = LZug = mRErde γv = q 2 1 − vc2 Mit vklass = LErde mRErde (8) : v vklass = q 2 1 − vc2 r v2 v 1− 2 = c vklass 3 (9) (10) m 1 = v2( s v=c 1 2 vklass + 1 ) c2 2 vklass ≈ c · (1 − 1, 45 · 10−32 ) 2 c2 + vklass (11) (12) Die Endgeschwindigkeit müsste also sehr knapp Lichtgeschwindigkeit sein. Zu dem Punkt warum, das nicht funktionieren kann: Der Zug kann nicht bis zu dieser Geschwindigkeit beschleunigen, weil er vorher abhebt. Grenze hierfür ist die sogenannte erste kosmische Geschwindigkeit, die Kreisbahngeschwindigkeit. Sie lässt sich über ein einfaches Kräftegleichgewicht herleiten: FZ = FG (13) m v2 = GM m RE rde RErde r km GM v= = 7, 815 RErde s (14) (15) Der Zug schwebt bei dieser Geschwindigkeit über dem Erdboden und kann nicht weiter beschleunigen. Fällt er durch Reibung wieder auf den Boden, hebt er ab dieser Geschwindigkeit sofort wieder ab. 4