Ökonomische Bewertung: Hintergrund und Methodenüberblick Prof. Dr. Frank Wätzold (Brandenburgische Technische Universität Cottbus) Vilm 8.11.2011 SEITE 1 Einleitung SEITE 2 Einleitung 1. Vom Dessert zur Ökonomie: Ableitung von Angebots- und Nachfragekurve für Eiskugeln 2. Wie es zum Marktergebnis kommt und warum dies eine gesellschaftlich optimale Lösung darstellt! 3. Vom Eis zum Schmetterling: Warum versagt der Markt bei der Bereitstellung von Umweltgütern? 4. Wie können wir dann aus ökonomischer Sicht die optimale Menge von Umweltgütern bestimmen? 5. Der „total economic value“ von Umweltgütern 6. Ein Überblick über ökonomische Bewertungsmethoden SEITE 3 1. Vom Dessert zur Ökonomie: Ableitung von Angebots- und Nachfragekurve für Eiskugeln Fangen wir mit der Nachfragekurve für Eiskugeln an … SEITE 4 1. Vom Dessert zur Ökonomie: Ableitung von Angebots- und Nachfragekurve für Eiskugeln Quelle: Mankiw/Taylor: Economics (2006, p.66) WICHTIG: Man kann die Nachfragekurve auch als die Kurve der marginalen Zahlungsbereitschaft ansehen oder als Grenznutzenkurve für Eiskugeln SEITE 5 1. Vom Dessert zur Ökonomie: Ableitung von Angebots- und Nachfragekurve für Eiskugeln Quelle: Mankiw/Taylor: Economics (2006, p. 71), bitte kleinen Fehler beachten, es müsste oben supplied und nicht demanded heißen WICHTIG: Wenn man davon ausgeht, dass Produzenten nur dann etwas anbieten, wenn sie es kostendeckend produzieren können, dann kann man kann die Angebotskurve auch als die Kurve der Grenzkosten für die Produktion von Eiskugeln ansehen. SEITE 6 1. Vom Dessert zur Ökonomie: Ableitung von Angebots- und Nachfragekurve für Eiskugeln Um von der Nachfrage einer einzelnen Person und dem Angebot eines einzelnen Produzenten zum Marktergebnis zu kommen, müssen noch die individuellen Angebots- und Nachfragekurven aggregiert werden. Wichtig ist festzuhalten, dass wir mit den Angebots- und Nachfragekurven gleichzeitig die Grenzkosten- und Grenznutzenkurven haben. SEITE 7 2. Wie es zum Marktergebnis kommt und warum dies eine gesellschaftlich optimale Lösung darstellt! Quelle: Mankiw/Taylor: Economics (2006, p.75) Das Marktergebnis, d.h. die gleichgewichtige produzierte Menge und der Preis zu dem diese Menge verkauft werden kann, werden über den Schnittpunkt der Angebots- und Nachfragekurve bestimmt. SEITE 8 2. Wie es zum Marktergebnis kommt und warum dies eine gesellschaftlich optimale Lösung darstellt! Quelle: Mankiw/Taylor: Economics (2006, p.75) Das Marktergebnis ist optimal, weil bei einer produzierten Menge links von der Gleichgewichtsmenge der Grenznutzen jeder produzierten Eiskugel die Grenzkosten übersteigen, also wäre mehr Produktion besser, und bei einer produzierten Menge rechts von der Gleichgewichtsmenge es genau umgekehrt ist, damit wäre weniger Produktion besser SEITE 9 3. Vom Eis zum Schmetterling: Warum versagt der Markt bei der Bereitstellung von Umweltgütern? Märkte führen jedoch nicht immer zur optimalen Bereitstellung der Menge eines Gutes, sondern es gibt verschiedene Formen von Marktversagen. Eine Form des Marktversagens, die für Naturschutzgüter oft relevant ist, liegt vor, wenn ein Gut ein öffentliches Gut ist. Ein öffentliches Gut ist über die Kriterien der Nicht-Ausschließbarkeit und NichtRivalität gekennzeichnet. Wichtig für das Marktversagen ist das Kriterium der Nicht-Ausschließbarkeit. Dies erlaubt Nutzern die sog. Schwarzfahrerposition einzunehmen, d.h. nicht für ein Gut zu bezahlen, in der Hoffnung, dass Andere das Gut bereitstellen. Wenn viele Individuen die Schwarzfahrerposition einnehmen, dann wird das Gut nicht bereitgestellt, obwohl es gesellschaftlich optimal wäre (Marktversagen). Die wirtschaftspolitische Schlussfolgerung aus diesen Überlegungen ist, dass dann der Staat (auf welche Weise auch immer) dafür sorgen muss, dass das Gut bereit gestellt wird. SEITE 10 4. Wie können wir dann aus ökonomischer Sicht die optimale Menge von Umweltgütern bestimmen? Idee: das Marktergebnis wird „nachgestellt“, indem wir die Grenzkosten und den Grenznutzen für die Bereitstellung unterschiedlicher Mengen eines Umweltgutes bestimmen. Dann kann über den Schnittpunkt der Angebots- und Nachfragekurve (bzw. dem Vergleich Grenznutzen und Grenzkosten) die „optimale Menge“ des Umweltgutes bestimmt werden pc Sc Dc pc* qc* SEITE 11 qc 4. Wie können wir dann aus ökonomischer Sicht die optimale Menge von Umweltgütern bestimmen? Sehr ambitioniertes Vorgehen, viele Studien der Praxis weniger ambitioniert: Z. B. Kosten-Nutzen-Analysen vergleichen nur einzelne Projekte, die unterschiedliche Mengen eines Umweltgutes (z.B. drei Renaturierungsprojekte unterschiedlicher Größe) bereit stellen. € Sc Dc qc3 SEITE 12 qc1 qc2 qc 4. Wie können wir dann aus ökonomischer Sicht die optimale Menge von Umweltgütern bestimmen? Viele andere Studien fokussieren auf die Nachfrageseite, dies sind die typischen „Bewertungsstudien“. Hier wird die „Nachfrage nach Umweltgütern“ abgeschätzt, die Umweltgüter bekommen einen Preis. € Dc qc3 qc1 qc2 qc WICHTIG: Eine Studie, die allein die Nachfrageseite betrachtet, kann keine Aussage darüber treffen, ob etwas gemacht werden soll oder nicht. WICHTIG: Eine ökonomisch vernünftige Betrachtung beschränkt sich auf die Bewertung marginaler Veränderungen von Umweltgütern! SEITE 13 4. Wie können wir dann aus ökonomischer Sicht die optimale Menge von Umweltgütern bestimmen? Andere (allerdings weniger) Studien fokussieren sich auf die Abschätzung der (Grenz-)kosten der Bereitstellung von Umweltgütern. Diese wird aus meiner Sicht oft unterschätzt, da die Abschätzung der (minimalen!) Kosten nicht trivial ist. € Sc qc SEITE 14 4. Wie können wir dann aus ökonomischer Sicht die optimale Menge von Umweltgütern bestimmen? Sc1 pc Sc Dc pc1* pc* qc1* qc* qc Im Folgenden werde ich mich überblicksartig mit den Methoden zur Bestimmung der Nachfrage-/Grenznutzenkurve beschäftigen. SEITE 15 5. Der „total economic value“ von Umweltgütern Um die Bestimmung der Grenznutzen eines Umweltgutes vornehmen zu können, ist es sinnvoll, sich zuerst einen Überblick über mögliche Nutzen zu schaffen. SEITE 16 5. Der „total economic value“ von Umweltgütern Quelle: TEEB 2010, S. 195. SEITE 17 6. Ein Überblick über ökonomische Bewertungsmethoden I. Marktanalyse (Marktbewertungsmethoden) Bei den Marktbewertungsmethoden werden drei übergeordnete Ansätze unterschieden: 1. Preisbasierte Ansätze – sie beruhen direkt auf Marktpreisen; 2. Kostenbasierte Ansätze – sie beruhen auf Schätzungen der Kosten, die entstehen würden, wenn die von Ökosystemen erbrachten Dienstleistungen auf künstliche Weise (neu) bereitgestellt werden müssten; 3. Produktionsfunktionsbasierte Ansätze – sie werten die Umwelt als Produktionsfaktor. Allgemeiner Vorteil: sie basieren (häufig) auf Marktdaten und damit auf „wirklichen Präferenzen“, außerdem sind Marktdaten (oft) leicht zu erheben. Allgemeiner Nachteil: sie decken nur (einen Teil der) „use values“ ab. Damit markieren sie eine Untergrenze der Bewertung. SEITE 18 6. Ein Überblick über ökonomische Bewertungsmethoden II. Methoden der offenbarten Präferenzen (revealed preferences): Diese leiten Werte aus Daten ab, die auf wirklichem (vergangenem) Verhalten beruhen. Reisekostenmethode: wird vor allem für Bestimmung des Erholungswertes verwendet, der mit Biodiversität und Ökosystemdienstleistungen verbunden ist. Hedonischer Preisansatz nutzt Informationen über die implizite Nachfrage nach einem Umweltattribut, die über gehandelte Güter offenbart wird. Allgemeiner Vorteil: auch basieren die Ergebnisse auf Marktdaten bzw. gezeigten Präferenzen Allgemeiner Nachteil: sie decken wiederum nur (einen Teil der) „use values“ ab. Damit markieren sie eine Untergrenze der Bewertung. Manchmal ist auch die Datenerhebung und Auswertung aufwändig. SEITE 19 6. Ein Überblick über ökonomische Bewertungsmethoden III. Methoden der geäußerten Präferenzen (stated preferences): In Befragungen werden Zahlungsbereitschaften für geschehene oder geplante Umweltveränderungen erhoben Kontingente Bewertungsmethode: nutzt Fragebögen, um zu erfahren, wie viel Menschen zu zahlen bereit wären, um Ökosysteme – und die durch sie bereitgestellten Dienstleistungen – zu schützen oder ihren Zustand zu verbessern. Choice Experimente: Befragte werden mit zwei oder mehr Alternativen konfrontiert, die gemeinsame Attribute der zu bewertenden Dienstleistungen aufweisen, aber in unterschiedlicher Ausprägung Allgemeiner Vorteil: es werden dadurch auch non-use values erfasst Allgemeiner Nachteil: mögliche strategische Antworten bzw. Unverständnis der Entscheidungssituation SEITE 20 6. Ein Überblick über ökonomische Bewertungsmethoden IV. Benefit transfer: Übertragung von Nutzeninformationen auf andere Orte Allgemeiner Vorteil: teure Studien nicht nötig Allgemeiner Nachteil: Probleme der Übertragung SEITE 21 Zusammenfassung § Einführungsvortrag: 2 Themen § Ökonomischer Hintergrund für Bewertungsstudien § Überblick über Bewertungsstudien SEITE 22