Schnecken - PaläoPower

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PALÄOPOWER Thema
Schnecken
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Schnecken: altsteinzeitlicher und
moderner Genuss
Schnecken sind Teil der Altsteinzeit-Ernährung.
Die Freude am Weinbergschneckengenuss ist auch
aus dem antiken Rom bekannt. In den Klöstern des
Mittelalters waren sie als Fastenspeise beliebt – da sie
nicht als Fleisch galten - und in Frankreich sind sie
noch heute Teil der Gourmet-Küche.
Weinbergschnecken stehen inzwischen unter Naturschutz und dürfen daher nicht im
Freiland eingesammelt werden. Eine gute Bezugsquelle sind daher Schnecken aus
ökologischer Freilandzucht.
Interview mit: Birgit Seeger,
Genießer-Schnecken
Birgit Seeger aus Heusenstamm in der Nähe von
Frankfurt/Main hat sich mit ihren „Genießer-Schnecken“ einer
solchen Zucht mit Herz und Sachverstand verschrieben. Sie
hegt und pflegt ihre Weinbergschnecken und verwandelt sie in
köstliche Nahrung. Für PaläoPower gab sie im Gespräch mit
Dr. Sabine Paul einen Einblick in die Highlights ihrer
Schneckenzucht.
Sabine Paul: Was begeistert Sie daran, Schnecken zu
züchten?
Birgit Seeger: Ich bin fasziniert von der Einzigartigkeit der
Schnecken. Es macht mir Spaß, die Tiere aufzunehmen, sie zu
pflegen und zu umsorgen, am Ende ein leckeres Produkt zu
genießen und meine Begeisterung auch anderen Menschen weiter zu geben. Und Sie
glauben es kaum: Es ist ein Nahrungsmittel für alle Generationen – ein kleines, fünfjähriges
Mädchen stand schon voller Begeisterung an meinem Tisch und wollte die Schnecken
probieren, 20jährige interessieren sich für die nahrhafte Schneckenküche und 70jährige
genießen in vollen Zügen.
PaläoPower Thema: Schnecken - 1
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Sabine Paul: Was ist das Besondere an Ihren Genießer-Schnecken?
Birgit Seeger: Meine Schnecken sind gesund, sehr zart und lecker und stammen aus
ökologischer Zucht. Sie erhalten keine Zufütterung für schnelles Wachstum, nur reine
Naturprodukte. Ja, und es ist auch ein Produkt aus der Region für die Region.
Sabine Paul: Welche Schnecken-Eigenschaft gefällt Ihnen besonders gut?
Birgit Seeger: Dass sie besonders gut schmecken.
Die Schnecken sind aber auch unglaublich neugierig
und erkunden ihr Umfeld. Wenn man sie auf die Hand
setzt, kommen sie aus ihrem Schneckenhaus,
strecken die Fühler aus und machen sich auf den
Weg. Man glaubt gar nicht, wie schnell sie sein
können. Mit sechs bis sieben Zentimetern pro Minute
kommen sie voran und sind schneller aus dem
Blickfeld verschwunden, als man denkt.
Sabine Paul: Was ist die größte Schwierigkeit bei der Schneckenzucht?
Birgit Seeger: Die Schnecken müssen in der Freilandzucht vor ihren natürlichen Feinden
geschützt werden, also vor Vögeln, Insekten, Füchsen, Kröten. Einen Schutz vor Vögeln
erreiche ich zum Beispiel mit einer dichten Bepflanzung, in der sich die Schnecken
verstecken können. Sie müssen auch artgerecht gehalten werden. Dazu benötigen sie eine
feuchte, schattige Umgebung und genug frische Pflanzen zum Fressen. Gerade im Sommer
ist es wichtig, dass ausreichend Feuchtigkeit vorhanden ist, sonst verstecken sich die
Schnecken in ihrem Haus und wachsen nicht weiter.
Sabine Paul: Welche Nahrung lieben Ihre Schnecken am meisten?
Birgit Seeger: Schnecken
sind Pflanzenfresser und sie
lieben vor allem die großen,
saftigen Blätter von Raps.
Aber auch Klee und
Löwenzahn stehen hoch im
Kurs.
Manchmal nehmen sie auch
Kräuter zu sich – und sie
lieben es, wenn ich ihnen
frisch aus meinem
Obstbaumgarten Äpfel vorbei
bringe.
PaläoPower Thema: Schnecken - 2
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Sabine Paul: Wie viele Schnecken setzten Sie im Frühjahr aus – und wie viele können
Sie im Herbst wieder einsammeln?
Birgit Seeger: Ich setzte etwa 24.000 Babyschnecken im Frühjahr aus. Ich habe schnell den
Versuch aufgegeben, sie im Herbst zu zählen. Aber ich kann Ihnen verraten, dass in der
Summe etwa 100 Kilogramm Schnecken auf die Waage kommen. Bei einem
Durchschnittsgewicht von 15-20 Gramm sind das dann 5.000 bis knapp 7.000 Schnecken.
Sabine Paul: Wie werden die Schnecken dann weiter verarbeitet zu Produkten, die
man bei Ihnen kaufen oder bestellen kann?
Birgit Seeger: Nach dem Einsammeln im Herbst werden sie
bei kühleren Temperaturen in eine Art Winterschlaf geschickt.
In dieser Form, also lebend, werden sie von einigen
Spitzenköchen angefordert. Die meisten Schnecken werden
aber im Winterschlafzustand ganz kurz blanchiert. Danach sind
sie tot, werden aus dem Schneckenhaus entfernt, gewaschen
und in einem Gemüse-, Kalb- oder Weißweinfond ca. 1-2
Stunden gekocht. Sie werden dann zur Einzelentnahme
tiefgefroren oder in Gläsern mit Fond angeboten. Wir
verarbeiten die Schnecken auch in Blätterteigpastetchen oder
Waffelhäuschen, mit Kräuterbutter oder als Brotaufstrich.
Sabine Paul: Was ist Ihr persönliches LieblingsSchnecken-Gericht?
Birgit Seeger: Oh, das ist gar nicht so einfach zu beantworten
– es gibt so viele leckere Schneckengerichte. Im Moment ist
mein Favorit „Schnecken Mailänder-Art auf Pasta“. Die Soße
nach Mailänder Art wird mit meinen Weinbergschnecken,
Sardellen, Zwiebeln, Petersilie, Fenchelsamen, Weißwein,
Knoblauch und Olivenöl zubereitet. Das schmeckt ganz
köstlich.
Sabine Paul: Herzlichen Dank Frau Seeger, dass wir einen Blick in die Geheimnisse Ihrer
Genießer-Schnecken-Zucht werfen durften. Aus eigener Erfahrung kann ich Ihre Schnecken
wärmstens empfehlen – das Aroma und die Zartheit sprechen für die artgerechte Haltung
und Ihre umsichtige Pflege bei der Aufzucht.
PaläoPower Thema: Schnecken - 3
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Steckbrief Weinbergschnecke (Helix pomatia)
•
Weinbergschnecken spielten immer eine Rolle als Nahrungsmittel und in früheren
Zeiten auch zur Herstellung von Salben und Schmerzlinderung.
•
Schnecken gehören zu den Weichtieren (ebenso wie Muscheln und Tintenfische),
aber nur ihnen ist der Schritt an Land gelungen.
•
Die Schale der Weinbergschnecken besteht zu über 98% aus Kalk, der mit der
Nahrung aufgenommen wird oder aus dem Untergrund gelöst wird – daher
bevorzugen Weinbergschnecken kalkreiche Böden.
•
Weinbergschnecken wandern oft an Mauern, Zäunen oder Baumstämmen entlang.
Fallen sie herunter, wird das Gehäuse teilweise beschädigt. Die Reparatur
beschädigter Gehäuse erfolgt innerhalb weniger Stunden.
•
Der abgesonderte Schleim schützt einerseits vor Austrocknung, dient andererseits
der Fortbewegung – und hat im Gegensatz zu den Nacktschnecken bei
Weinbergschnecken keine Ekelstoffe, die gegen Fraßfeinde schützen könnten.
•
Der Blutfarbstoff der Weinbergschnecke enthält Kupfer – daher ist das
Schneckenblut, das Sauerstoff gebunden hat blau, solches ohne Sauerstoff farblos.
•
Schnecken sind Zwitter. Im Lauf ihres Lebens scheinen die Funktionen zu wechseln:
jüngere Tiere übernehmen vornehmlich die männliche Funktion, ältere die Tiere die
weibliche.
•
Die Begattung, meist in der ersten Junihälfte, zieht sich mit einleitendem Liebesspiel,
dem Ausstoßen eines Liebespfeils zur Steigerung der Erregung über ein zweites
Liebesspiel, Begattungsversuche und abschließende Übertragung der
Spermien über mehrere Stunden hinweg.
•
Bei Temperaturen um 8°C werden
Weinbergschnecken fressunlustig und bereiten
sich auf die Winterruhe vor. Nach der
Darmentleerung wird ein Kalkdeckel gebildet,
der das Gehäuse verschließt. Die Winterhöhlen
liegen meist in der Erde. Im Experiment
überlebten Weinbergschnecken sogar
kurzfristig Extremtemperaturen von -100°C.
PaläoPower Thema: Schnecken - 4
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Bezug von Schnecken aus ökologischer Freilandhaltung
Genießer-Schnecken
Birgit Seeger
Im Sommerfeld 47
63150 Heusenstamm
www.geniesser-schnecken.de
Leckere Schnecken-Rezeptideen
•
Auf der Website der Genießer-Schnecken
(www.genießer-schnecken.de) und
•
In der PaläoPower Steinzeitküche 2.0, z.B. im Modul
2 “Wärmende Wintergerichte”: www.palaeo-power.de
•
Schneckenkochbuch. Gerd Wolfgang Sievers, Ulrike
Köb. Stocker-Verlag 2005
Quellen:
• Kilias, R. 2004. Die Weinbergschnecke. Westarp Wissenschaften-Verlagsgesellschaft,
Hohenwarsleben
• Perera, N., et al. 2011. People of the ancient rainforest: late Pleistocene foragers at the
Batadomba-lena rockshelter, Sri Lanka. J Hum Evol 61(3):254-269
Bildnachweis:
• Weinbergschnecke: © BlickReflex.de, www.fotolia.com
• Fragezeichen: © beermedia, www.fotolia.com
• Rasende Weinbergschnecke: © Smileus, www.fotolia.com
• Weinbergschnecke auf grünem Blatt: © Christa Eder, www.fotolia.com
• Weinbergschnecke zubereitet: © Christian Jung, www.fotolia.com
• Rezept: © Butch, www.fotolia.com
Stand: Dezember 2012
PaläoPower Thema: Schnecken - 5
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