01.01.2013 Vorlesung Geriatrie Geriatrische Krankheitsmodelle und Beispiele B. Höltmann Geriatrische Klinik Kreiskrankenhaus Grevenbroich - St. Elisabeth Was ist Geriatrie ? J.Z.Charcot 1890 Die Bedeutung einer speziellen Lehre der Krankheiten des alten Patienten wird heute nicht mehr in Frage gestellt ..... Die Pathologie des Seniums, sie auch, ist verbunden mit Schwierigkeiten, die nur mittels einer langen Erfahrung und eines gewaltigen Wissens in ihren besonderen Merkmalen beherrscht werden kann. Und, meine Herren, dieser so interessante Teil der Medizin wurde sehr lange vernachlässigt. Heutzutage hat er sich endlich seine Autonomie erschlossen. 1 01.01.2013 Das Problem der wissenschaftlichen Evidenz Ausgrenzung des Alters Berücksichtigung älterer (>65 Jahre) in 8500 706 Randomisierten Studien Metaanalysen 3.5% 1.2% Studien zum Brustkrebs (Betroffene > 65J 50%) 9% Studien zum Herzinfarkt (Betroffene >75J 37%) 1966-1990 2% 1990-2000 9% 2 01.01.2013 Geriatrie und Wissenschaft ist die Geriatrische Medizin ein „antiwissenschaftliches“ Konzept ? Wenn wir nur das lehren, was wir sicher wissen, und nur das für Wissen halten, was in randomisierten Studien gezeigt werden kann, dann können wir nichts Relevantes über die Behandlung älterer Patienten sagen. James S. Goodwin NEJM 2000 Evidenzbasierte Medizin EM traut nur den Ergebnissen randomisierter Studien oder vorzugsweise Meta-Analysen solcher Studien. Doch Cave: Das Credo, daß die Methoden der EM der einzige Weg sind, die Wahrheit zu finden, ist selbst kein Satz einer empirischen Wissenschaft. EM ist nur ein Teilaspekt der medizinischen Wirklichkeit, wir können den Stein der Weisen nicht finden. Was ist, wenn uns überall pathologische Befunde begegnen? Limitationen der EM: EM kann nicht auf Multimorbidität ausgedehnt werden. EM wird oft einseitig ausgelegt sie liefert den Arzt ans Messer der Ökonomen. EM basierte Konzepte werden politisch und ökonomisch oft nicht umgesetzt, weil sie das Sozialbudget sprengen würden. 3 01.01.2013 Das Altersparadox der Pharmakotherapie Für die Population mit dem höchsten Medikamenten-verbrauch haben wir die geringste Evidenz hinsichtlich der Pharmawirkungen und der Risiko-Nutzen-Relationen Bis zu 60% der publizierten Studien schließen alte Patienten ungerechtfertigt aus (von der Vermarktung wird keiner ausgeschlossen) Woher soll die Evidenz kommen? Wer soll sie bezahlen? Bleibt Geriatrische Medizin ohne Evidenzbasierung ? 4 01.01.2013 Geriatrie als Heuristisches Verfahren Versuch und Irrtum ? Unter Versuch und Irrtum (englisch trial and error) versteht Edward Lee Thorndike eine Problemlösungsmethode, bei der so lange zulässige Lösungsmöglichkeiten probiert werden, bis die gewünschte Lösung gefunden wird. Dabei wird bewußt auch die Möglichkeit von Fehlschlägen in Kauf genommen. Wissenraum eines Fachgebietes Hypothetische Modelle Nosologie Empirische Modelle Theoretische Modelle Pathodynamik Symtomatologie Experimentelle Modelle Deontologie 5 01.01.2013 Problemlösungsmodell (ACCORD) von Petkoff mod. nach Mannebach Hypothetische Modelle Experimentelle Mod. Nosologie Ursachen Empirische Modelle Symtomatologie Deontologie Pathodynamik Strategische Ebene Kontext Theoretische Modelle Systemleistungen Reaktionen Werte - Ziele Lokalisationen Muster Prozesse Funktionen Taktische Ebene Handlungsoptionen Kankheitseinheiten Operative Ebene Manifestationen Zustandsgrössen Krankheitsstadien Prozeduren Lebenserwartung mit zunehmendem Lebensalter 18 16 Selbständige Lebensjahre Abhängige Lebensjahre 16.5 14 14.1 12 11.6 10 10 8 8.9 8.1 6 7.3 6.8 4 4.7 2 2.9 0 65-69 70-74 75-79 80-84 85+ Quelle: Cassel und Brody 1990 6 01.01.2013 Compression of Illness Hypothese Krankheitsfreie Lebensjahre und Lebenssalter Beispiele hypothetischer Einflüsse (Wright et al. NEJM 1998; 339: 380-386) Ausgangssituation 0 75 Elimination maligner Krankheiten 0 77 Elimination von Krankheiten des Bewegungssystems 0 75 5 Jahre 7 01.01.2013 Disability-Verlauf vor dem Tod Der Syndrombegriff 8 01.01.2013 Klassischer Syndrombegriff Spezifischer Krankheitsprozeß Multiple Phänomene Vollmondgesicht Stiernacken Osteoporose Kortison-Überschuß Stammfettsucht Proximale Muskelschwäche Hautschäden Geriatrischer Syndrombegriff Multiple Krankheitsprozesse Spezifisches Erscheinungsbild Demenz Dehydratation Senorische Schädigung Medikamenteneffekte Delirium - Syndrom Schlafstörungen Hohes Alter 9 01.01.2013 Geriatrische Syndrome Spezifische Zustände, in die ältere, gebrechliche Personen geraten können: infolge Zusammenwirkens mehrerer Erkrankungen und Schädigungen meist durch ein akutes Ereignis getriggert intermittierend oder kontinuierlich auftretend oft mit Verschlechterung von Körperfunktionen und Fähigkeiten einhergehend in der Regel nicht monokausal behandelbar Die sog. Geriatrischen I´s Immobilität Instabilität Inkontinenz Intelligenzminderung Infektanfälligkeit Iatrogenität Inflammation I………. Frailty (Gebrechlichkeit) 10 01.01.2013 Krankheitsverlauf im Alter Rapide Verschlechterung ohne Behandlung Hohe Prävalenz von Multimorbidität Atypische Präsentation Hohe Komplikationsraten Hoher Frührehabilitationsbedarf Hoher Wiedereingliederungsaufwand in das häusliche Umfeld Chronische Leiden im Alter 45-64j 65+ Gelenkverschleiß Bluthochdruck Hörverlust Herzkrankheiten Sinusitis Sehstörungen 25 24 14 13 18 6 47 % 38 % 28 % 27 % 18% 14% Orthopäd. WS Probleme 12 13% Arteriosklerose Diabetes Krampfadern 2 6 5 10% 8% 8% Hämorrhoiden Darmträgheit Harnwegsleiden 6 2 3 6% 6% 6% Quelle: Nat. Center for Health Statistics in U.S. Special Committee on Aging (1985) 11 01.01.2013 Multimorbidität Was bedeutet das für den medizinischen Alltag? Atypische Krankheitspräsentation Funktionsverlust (z.B Sturz, Verwirrtheit, Gewichtsabnahme) Irreführende Krankheitszeichen (z..B. Pneumonie ohne Fieber, mit niedrig. Leuko., Untertemperatur) Symptomverschiebung (z.B. Harnwegsinfekt als Subileus) Fehlen klinischer Zeichen (z.B. stummer Herzinfarkt, schmerzloser akuter Bauch, Pneumonie ohne Fieber) Simulation (z.B. COPD-Exacerbation als dekompensierte Herzinsuffizienz) Maskierung (z.B. periphere AVK, Aortenstenose, KHK durch Immobilität) 12 01.01.2013 Krankheiten und Funktionsstörungen interagieren und verstärken sich Destabilisierung des Organismus (Frailty) schleichender Funktionsverlust Verlust der Kompensationsfähigkeit Verlust der Adaptationsfähigkeit Kaskaden Insomnie - Sedativum - Müdigkeit - Sturz - Hüftfraktur Zirkulus vitiosus Delir - Flüssigkeitsdefizit - Exsikkose - Delir Komplexe Interaktionsmuster Beispiel-Kaskade Obstipation Obstipation Blähungen / Appetitlosigkeit Übelkeit Anorexie Dehydration Orthostase Incompliance Harnwegsinfekt Sturz 13 01.01.2013 Beispiel Circulus-vitiosus Verwirrtheit und Dehydration Krankheit Medikament Sonstige Verwirrtheit Verminderte Flüssigkeitsaufnahme Exsikkose Kumulation Azotämie Altersniere Gestörte renale Flüssigkeitsretention Diuretika Geriatrisches Therapiemodell im Team Arzt •Diagnostik, Therapie und Prävention von Krankheiten und Komplikationen •Prozeßsteuerung •Strukturierung •Verantwortung •Kosten •Globale Ziele •Überwachung Pflege •Beobachtung •Pflege •Prophylaxen •Grundhilfen •Aktivierung Therapeuten Diagnostik und KompensationsBehandlung von Strategien Schädigungen und Hilfsmittel Fähigkeitsstörungen Umfeld-Änderung „Rehabilitation“ Wiedererlangen von Fähigkeiten durch Übung Erhalten und Wiedergewinnen von Handlungsfähigkeit und sozialer Integration (orientiert am Bedürfnis des Pat.) 14 01.01.2013 Ziele der Geriatrie Lebensqualität - Erhalt /Verbesserung Wiederherstellung - Heilung Besserung von Krankheiten und Folgen Kompensation nicht besserbarer Störungen Palliation Soziale Reintegration - Umfeldplanung Risikoverminderung - Fehlerkorrektur Kleine Änderungen große Effekte „große Sprünge“ bei Erkrankung oder Funktionsverlust sind oft unwahrscheinlich „kleine Änderungen“ verschaffen Lebensqualität Fähigkeit zum Transfer entscheidet über Heimunterbringung oder Rückkehr nach Hause Fähigkeit der Daumenopposition kann zu selbständiger Nahrungsaufnahme führen 15 01.01.2013 Ageism „Rassismus gegen Ältere“ „Eine nicht mehr fortpflanzungfähige Gruppe, die ihren biologischen Zweck längst erfüllt hat, nicht mehr repariert und von der Natur auf Abruf gestellt wird, bildet die Mehrheit innerhalb einer Gesellschaft“ Zitat Frank Schirrmacher („Das Methusalem-Komplott“) 16 01.01.2013 „Nicht jeder Rentner muss fit sein für einen Rentner-AdventureUrlaub“ „Ich halte nichts davon, wenn 85jährige künstliche Hüftgelenke bezahlt bekommen“ Zitat Philipp Mißfelder (Vorsitzender der Jungen Union, 23 Jahre) „Die Generation der Älteren konsumiert auf unsere Kosten“ Zitat Katherina Reiche, CDU (32 Jahre) 17 01.01.2013 Alte Menschen erleiden auch Schäden durch ärztliches Handeln: Unwissenheit - Fehleinschätzung Gleichgültigkeit - Ignoranz Gedankenlosigkeit - Voreingenommenheit Zögerliche Entscheidungsfindung Behandlungsfehler Übersehene Probleme / Diagnosen n. Runge 2001 n=200 StuhlInkont. Mitgeteilt Gefunden 4 22 Dunkelziffer 82% Harn- Dekubitus Inkont. 17 56 3 24 70% 88% 18 01.01.2013 Geriatrische Klinik vs. Usual Care Geriatrische Behandlung – Die Kostenfrage A CONTROLLED TRIAL OF INPATIENT AND OUTPATIENT GERIATRIC EVALUATION AND MANAGEMENT (N Engl J Med 2002;346:905-12.) Cohen et al. Kein Unterschied im Überleben Im Vergleich zu Konventioneller internistischer Therapie höhere Initialkosten Diese werden im ersten Jahr mehr als ausgeglichen durch geringere Folgekosten Funktioneller und Kognitiver Verfall ist nach geriatrischer Therapie deutlich geringer als nach konventionell internistischer Behandlung – Die Lebensqualität ist erheblich besser. 19 01.01.2013 Besonderheiten der Pharmakotherapie im Alter Multimediation Minimum Anzahl der Medikamente 5‐10 Zusätzliche OTC Medikamente (bis zu 40%) Pflanzliche Medikamente bis zu 60% Typische Folgen der Multimedikation Stürze – Mortalität Interaktionsrisiko Verschreibungskaskaden Mangelhafte Adhärenz 20 01.01.2013 Alter und Multimedikation 1/3 derMenschen über 70 J. hat mindestens 5 chronische Erkrankungen. (Borchelt1995 Berliner Altenstudie ) >70jährige in Deutschland erhalten im Durchschnitt 3 verschiedene Arzneimittel/Tag. (AVR; Nink& Schröder2005) 35% der über 70jährigen erhalten 5 bis 8 verschiedene Arzneimittel / Tag 15 % erhalten mehr als 13 verschiedene Arzneimittel/Tag. (GEK Report; Glaeske& Janhsen2005) Die Gruppe der 80-85-Jährigen erhält die höchste Anzahl täglich einzunehmender Medikamente. (AVR; Nink& Schröder2005) Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAW) Bei über 60-Jährigen ist dieZahl der UAW mehr als doppelt so hoch wie bei Jüngeren Je höher die Zahl der Medikamente, desto häufiger UAW Bis zu 5 Pharmaka gleichzeitig --> Über 6 Pharmaka gleichzeitig --> 3,4% UAW 25,0% UAW Platt, Mühlberg: Pharmakotherapie im Alter (1999) 21 01.01.2013 Psychopharmaka und Hüftfraktur Psychotropic drug use and the risk of hip fracture. AU Ray WA, Griffin MR, Schaffner W, Baugh DK, Melton LJ 3rd SO N Engl J Med. 1987;316(7):363. Morbidität und Medikation 70+ 20-40% nehmen im Schnitt 5 Medikamente (Anderson et al. 1996; Jorgensen et al. 2001; Kennerfalk et al. 2002). Schlaganfall 9 8%Diabetes aller Verordnungen sind fragwürdig 12 5% aller KH-Aufnahmen wegen UAW Krebs 19 Herzkrankheiten 25 (Roughead et al. 1997) Hochdruck 48 20%Arthritis aller Todesfälle >75jähriger im Krankenhaus 58 (Ebbesen et al. 2001 Norwegen) 0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 über 70jährigen Amerikaner 1,33€ Kosten / Prozent 1,00€derArzneimittelausgaben durch UAW im Pflegeheim (Federal Interagency Forum on Aging-Related Statistics, 2000). 22 01.01.2013 Leitliniengerecht in die Multimedikation ? Für eine ältere multimorbide Frau mit COPD, Typ‐2‐Diabetes, Osteoporose, Hypertonie und Arthrose sind gemäß der führenden Leitlinien 12 Medikamente erforderlich. Die Krankenhaus-Entlassung 25% UAW in den ersten 14 Tagen zu Hause 20% UAW bei Entlassung ins Pflegeheim 58% hatten wichtige Informationen behalten 90% erhielten andere Medikamente 44% erhielten min. ein unnötiges Medikament 23 01.01.2013 Pharmakologische Größen Bewertung eines Medikaments Wirksamkeit, Effizienz, Effektivität Pharmakokinetik (ADME) Absorption Verteilung Elimination Metabolismus Pharmakodynamik Systemstabilität Fähigkeit zur Metabolisierung Elimination Kompensation Das ADME-Prinzip Absorption Distribution = Resorption im Intestinum = Verteilung Kompartimentüberwindung zum Beispiel der Bluthirnschranke, Plasmaprotein-Wechselwirkungen Metabolisierung (Leber und Intestinum) Elimination (Niere) 24 01.01.2013 Absorption Einfluß altersabhängiger Veränderungen des GI-Traktes • • • • • • • • • Schluckstörungen Xerostomie vermindertes Durstgefühl Säuresekretion im Magen Magenmotilität Peristaltik Speiseröhre - Darm Durchblutung des Dünndarms Resorbierende Schleimhautoberfläche Begleitende Nahrungsmittel Interaktionen auf der Ebene der Resorption Komplexbildungen Bisphosphonate und Kalziumionen in Mineralwasser oder Milch Antacida und Chinolon, Tetrazykline, Levothyroxin Inaktivierung Haloperidol – Schwarzer Tee PPI Säurehemmung ‐ Kalziumaufnahme 25 01.01.2013 ABC-Transporter P-GP-Pumpe (MDR1) Resorptionshemmung Arzneimittel können bei oraler Applikation auf Grund der Affinität zu MDR1 eine verminderte Bioverfügbarkeit aufweisen (Dabigatran, Colchizin). Interaktionspotential Inhibitoren können eine erhebliche Steigerung der Plasmakonzentrationen hervorrufen Makrolide und Kalziumantagonisten – Isoptin Induktoren können eine Reduktion der Bioverfügbarkeit bewirken. Johanniskraut, Rifampicin, Verteilungsraum im Alter ↓ Körperwasser ↓ Muskelmasse ↑ geringerer Verteilungsraum muskelbindender Medikamente Körperfett ↓ geringerer Verteilungsraum hydrophiler Medikamente erhöhter Verteilungsraum lipophiler Medikamente Plasmaproteine erhöhter Anteil freier Wirkstoffe 26 01.01.2013 Metabolismus im Alter Metabolische Clearence von Medikamenten im Alter kann reduziert sein, • Im Alter sinkt der Blutfluß, die Lebergröße und Masse und • die Leber ist das wesentliche Organ für den Metabolismus von Medikamenten Metabolisierungswege Phase I (-20-80%) (Hydroxylierung, Oxidation, Dealkylierung, Reduktion) wandelt Medikamente zu Metaboliten deren Wirkung <, = oder > ist als die der Ausgangssubstanz. CYP3A4 bei 50% aller Arzneimittel involviert Phase II (unbeeinflußt ?) wandelt Medikamente in inaktive Metaboliten um, die nicht akkumulieren. Medikamente, die nur einer Phase II Metabolisierung unterliegen, sollten bei alten Patienten bevorzugt werden. 27 01.01.2013 Nierenfunktion im Alter kritische Größe der Elimination • Alter und häufige Geriatrische Erkrankungen reduzieren die Nierenfunktion ↓ ↓ ↓ ↓ • Größe Anzahl der Nephrone Perfusion Tubulusfunktion Schätzung der Krea-Clearance durch Cockroft-Formel (Kreatininmessung ungeeignet) COCKROFT und GAULT Formel (Ideal weight in kg) (140 - age) _________________________ x (0.85 if female) (72) (serum creatinine in mg/dL) 28 01.01.2013 Kreatinin und Clearanceverlauf Prinzipien der Medikamenten‐Verordnung im Alter Pharmakogenetische und geschlechtsspezifische Risiken Risiken berücksichtigen 29 01.01.2013 CYP2D6-Genotyp-basierte Dosisempfehlungen für Antidepressiva in Prozent einer Standarddosis (mod. nach Kirchheiner, J., et al.Acta Psychiatr. Scand. 2001,104 Suppl. 173) Verträglichkeit von Betablockern, die überCYP2D6 abgebaut werden, ist geschlechtsspezifisch number 30 CYP2D6-dependent CYP2D6 + Metoprolol Carvedilol Nebivolol Propranolol 25 27 CYP2D6-independe nt 20 14 15 12 10 12 3 2 5 3 0 woman men CYP2D6 Sotalol Bisoprolol Atenolol 2 beta-blockers bisoprolol 3 sotalol propranolol 2 carvidolol metoprolol 5 4 other 5 0 15 7 atenolol 7 7 nebivolol 5 Thürmann et al, CP&T 2006 30 01.01.2013 UAWs Digitalis Alter und Geschlecht German Pharmacovigilance StudyGroup Geschlechtsspezifische Unterschiede von Digoxin bei der Behandlung von Herzinsuffizienz Rathore et al, NEJM 2002 31 01.01.2013 Digitalis-assoziierte UAWs 90 % der Patienten waren gewichtsbezogen überdosiert 73 % der Patienten wiesen Serumspiegel oberhalb des therapeutischen Bereichs auf Lt. DIG-Studie nur niedrigere Serumspiegel mit therapeutischem Nutzen belegt 60 % der UAWs bei Patienten mit Serumspiegeln im therapeutischen Bereich beruhten auf Interaktionen 42,4 % der UAWs wurden als vermeidbar eingestuft! Schmiedl et al, MedKlinik; 2007 GPS German Pharmacovigilance Study Group Gefahren der „Schulmedizin“ Beispiel: Digitalis Digitalis-Einnahme seit 20 Jahren chronische Intoxikationsfolgen Depression Appetitlosigkeit akute Intoxikationsfolgen Exsikkose Unterernährung AV-Block Harnwegsinfekt Niereninsuffizienz Muskelschwäche Delir Synkope Obstipation Fieber Sturz mit Hüftbruch Gehstörung akute Intox. Hospitalisierung Verwirrtheit 32 01.01.2013 Gesamtanzahl aller Patienten mit I3/I4-UAW durch Diuretika (C03*) Gesamtbevölkerung 2005 (Kreise HRO, DBR, OVP, HGW, Jena, Weimar, Weimar-Land und SHK ) (2000- Juni 2006) Alter Männer Frauen (n = 409.060) (n = 419.889) 90 Männer Frauen (n = 77) (n = 185) 85 80 75 70 65 60 55 50 45 40 35 30 25 20 15 10 5 0 30.000 20.000 10.000 0 10.000 20.000 30.000 40 30 20 10 0 10 20 30 40 Anzahl Thürmann et al, Fortschritt & Fortbildung in der Medizin; Band 31; 2007 Prinzipien der Medikamenten‐Verordnung im Alter Start mit der niedrigsten Dosis Start low – go slow ! 33 01.01.2013 (RALES) THE EFFECT OF SPIRONOLACTONE ON MORBIDITY AND MORTALITY IN PATIENTS WITH SEVERE HEART FAILURE B. PITT et al. (N Engl J Med 1999:341:709-17.) (Ontario Canada) Rates of Hyperkalemia after Publication of the Randomized Aldactone Evaluation Study David N. Juurlink Engl J Med 2004;351:543-51. Spironolacton Bestellungen Hyperkaliämie Hospitalaufnahme Hyperkaliämie Todesfälle Rezidiv Herzinsuffizienz 34 01.01.2013 RALES - wie konnte das passieren ? Studienvariable RALES Ontario Alter 65 J 78 J Betablocker 10% 50% Diabetes 20% 50% Anteil Männer 73% 50% Das klassische Dilemma des geriatrischen Patienten ("und der Medizin ? "): Die frühzeitige, unkritische Übertragung und Vermarktung wissenschaftlicher Ergebnisse in epidemiologische Maßstäbe. Genderproblem !!! 35 01.01.2013 Prinzipien der Medikamenten‐Verordnung im Alter Beachtung der Studienlage bei Neuerungen Wurden ältere Patienten und Frauen berücksichtigt? Prinzipien der Medikamenten‐Verordnung im Alter Vermeidung potentiell inadäquter Medikamente (PIM) Beer´s Liste, Priscus‐Liste 36 01.01.2013 PIM - Potenziell inadäquate Medikation für alte Menschen USA: Modif. de Beer‘s Liste "Potentially Inappropriate Medication“, z.B. Amitriptylin, Flurazepam, Indometacin. (Fick et al, Arch Intern Med 2003) Mit Beer‘s Liste widersprüchliche Angaben, ob das Vorhandensein von „PIM“das Risiko für Nebenwirkungen, Arztbesuche, Krankenhaus-aufenthalte, Morbidität und/oder Mortalität erhöht. (Fick et al, J Managed Care Pharm 2001; Fillenbaum et al, Am J Geriatr Pharmacother 2004; Page et al, Am J Geriatr Pharmacother2006) Priscus Liste in Deutschland – andere Arzneimittel, andere Verordnungsgewohnheiten. Limitations Beer-Liste Evidence base available What’s not covered • Dose-adjustments for kidney function • Drug-drug interactions • Therapeutic duplication Special populations within geriatrics Search strategy - missed information 37 01.01.2013 AGS Beers Criteria Website Criteria Full Article Editorial Perspective Beers Criteria Pocket Card Beers Criteria App Public Education Resources for Patients & Caregivers AGS Beers Criteria Summary 10 Medications Older Adults Should Avoid Avoiding Overmedication and Harmful Drug Reactions What to Do and What to Ask Your Healthcare Provider if a Medication You Take is Listed in the Beers Criteria My Medication Diary ‐ Printable Download Eldercare at Home: Using Medicines Safely ‐ Illustrated PowerPoint Presentation FREE Beers Criteria Apps 38 01.01.2013 PRISCUS-Liste Amann U, Schmedt N, Garbe E: Prescribing of potentially inappropriate medications for the elderly: an analysis based on the PRISCUS list. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(5): 69–75. DOI: 10.3238/arztebl.2012.0069 Interaktionen & beobachtete UAWs 163 Patienten (121 ♀) auf einer Geriatrischen Station Mittleres Alter 79,8 ±7,1 Jahre 14 (2-35) Arzneimittel / Tag Computergestütztes Screening mittels kommerzieller Software: ► UAWs mit einer Häufigkeit > 1 % ► angezeigte potenzielle Interaktionen Überwachung durch geriatrisch-klinisch-pharmakologisches Team Egger T et al. Drugs Aging 2003 39 01.01.2013 Risiko von UAWs bei alten Menschen – Einfluss inadäquater Medikation Retrospektive Analyse von 389 Patienten ≥75 Jahre, die zur stationären Aufnahme in die Innere Medizin kamen (USA) 27,5 % der Patienten erhielten „PIM“ 124 Patienten (32 %) erlitten eine UAW 12/131 UAWs(9,2 %) beruhten auf „PIM“ „PIM“waren nicht mit erhöhtem UAW-Risiko, verlängertem Krankenhausaufenthalt, erhöhten Pflegeaufwand oder erhöhter Mortalität assoziiert. Page et al, Am J GeriatrPharmacother2006 Risiko von UAWsbei alten Menschen –Einfluss inadäquater Medikation Interaktionen & beobachtete UAWs 60,7 % der im Mittel über 24 Tage hospitalisierten älteren Patienten erlitten eine UAW UAWs Interaktionen Computer 21 / Patient 12 / Patient Team 0,9 / Patient 0,15 / Patient Positiver präd. Wert 1,8 % 0,9 % Egger T et al. Drugs Aging 2003 40 01.01.2013 Prinzipien der Medikamenten‐Verordnung im Alter Verordnung von Medikamenten mit adäquater Halbwertszeit Cave Hypnotika‐Sedativa Schlafmittel - Wirkdauer HWZ zu kurz Weckreaktion HWZ zu lang Überhang Manchmal beides ZEIT IM BETT STUNDEN NACH AUFSTEHEN 41 01.01.2013 HALF-LIFE EFFECTS ON PLASMA LEVELS RELATIVE CONCENTRATION 400 ACCUMULATES NIGHT & DAY 350 300 250 200 150 HIGH AFTER WAKE 100 50 0 0 20 40 60 80 100 120 140 HOURS after first dose ( taken each bedtime ) HALF LIVES OF HYPNOTICS ~ 8 HOURS ~ 2 HOURS EXAMPLES: TEMAZEPAM LORAZEPAM OXAZEPAM TRIAZOLAM ZOLPIDEM ZALEPLON ~ 48 HOURS + HIGH EARLY LOW BEFORE WAKE SLEEP TIME DIAZEPAM FLURAZEPAM QUAZEPAM Prinzipien der Medikamenten‐Verordnung im Alter Vermeidung von Verschreibungskaskaden. Bei jedem neuen Symptom an eine UAW denken! 42 01.01.2013 Reaktionsmuster im Alter Hypotonie - Synkope Nierenversagen Kognitive Verschlechterung / Delir Mobilitätsstörung / Stürze Sturzdiurese / Inkontinenz / Restharn Oedemneigung / Erysipel Elektrolytverschiebungen Anorexie / Dysphagie / Adipsie –Komplex Tagesmüdigkeit / Schlafstörungen Verschreibungskaskaden Medikament Nebenwirkung wird als neue Krankheit interpretiert Neues Medikament Nebenwirkung Diuretikum Nichtst. Antirheumatikum Metoclopropamid Ca-Antagonist Schleifendiuretikum Xanthinoxidasehemmer Antihypertensivum Dopaminagonisten Diuretikum Makrolid Tolterodine 43 01.01.2013 Timolol Augentropfen Cave-AV-Block Patientin 82J mit leichter Demenz alleinlebend mit Hilfe der Nachbarn und Pflegedienst 1 Jahr 2W 1W 1W Beinschwellung Digitalis (0.1 mg Digoxin) Ramipril / Thiazid Diuretikum Rückenschmerzen COX-2-Hemmer Inappetenz Zunehmende Beinschwellung Rötung der Unterschenkel Makrolidantibiotikum Verwirrtheit / Sturz aus dem Bett Krankenhausaufnahme Delir Exsikkose Niereninsuff. Krea. 2.5 Digitalisintoxikation Harnwegsinfekt Restitutio nach 4 Tagen Krea. 1.4 Infusionsbehandlung Digoxin 3,5ng/dl Antibiotikatherapie Entlassung ins Heim auf Drängen der „Betreuenden“ Tochter 44 01.01.2013 Prinzipien der Medikamenten‐Verordnung im Alter Vermeidung oder Dosisreduktion von Medikamenten mit anticholinergem Potential muskarinerge Acethylcholinrezeptoren (mAchR) 5 genetisch klassifizierte Untergruppen M1 Kognition / Gedächtnis / Exekutivf. Hirnrinde, Hippocampus, Basalganglien Striatum M2 Herzfrequenz, Magensphinkter Herzmuskel, Glatte Muskulatur, Stammhirn M3 Blase / Darm / Bronchien Glatte Muskulatur, Auge M4 Cerebr. Vasodilatation Basales Vorderhirn Striatum M5 Dopaminfreisetzung Substantia Nigra, Auge 45 01.01.2013 Anticholinergika Nebenwirkungen Mundtrockenheit Darmatonie Harnverhalt (OTC Diphenhydramin) Tachykardie (unretardierte Spasmolytika) Kognitive Störungen Delir Bedeutung des Acetylcholins für Gehirnfunktionen Aufmerksamkeit (Bucci et al., 1998; Voytko et al., 1994) Lernen (Fine et al., 1997; Miranda 1999), Gedächtnis (Hasselmo et al., 1992;Sarter und Bruno 1997) Stressantwort (Newman et al., 2001), Schlaf (Jasper 1971; Jimenez 1996) Modulation sensorischer Information (Donoghue und Carrol, 1987) 46 01.01.2013 Medikamentengruppen mit anticholinergem Potential Spasmolytika Antihistaminika Bronchodilatatoren Antiarrhythmika Antihypertensiava Analgetika Kortikosteroide Muskelrelaxantien Psychotrope Medikamente 2 Medikamente bei 30% der Altenheimbewohner >5 Medikamente bei 5% der Altenheimbewohner US-Studie Anticholinerge Medikamenteneffekte auf die Hirnleistung Ancelin et al. BMJ 2006;332:455-459 n=30 n=297 47 01.01.2013 Eugeria Studie Anticholinergika 5,12 80% Die meisten Veränderungen waren rückläufig. Keine erhöhte Inzidenz von Demenz zeigte sich innerhalb einer Beobachtungszeit von 8 Jahren. fach erhöhtes Risiko eines MCI (Mildes kognitives Impairment) der Anwender zeigten Störungen in kognitiven Domänen (Reaktionszeit, Gedächtnis, Raumorientierung, Sprachaufgaben) Brit. Med. J. 2006 Karen Ritchie Eugeria Studie Fallbeispiel Dranginkontinenz 85jährige alleinlebende Patientin mit MCI klagt beim Hausarzt über Beinödeme HA verordnet ein Schleifendiuretikum die bisher latente Drang-Inkontinenz verstärkt sich erheblich ! HA verodnet Dridase die Patientin verliert allmählich die Fähigkeit ihren Haushalt zu versorgen und stürzt mehrfach ( ohne Verletzungen ) Einweisung in Neurologische Klinik zur Abklärung Demenz ohne Ergebnis Überweisung in Geriatrische Klinik zur Rehabilitation Absetzen der anticholinergen Medikation führt zu rascher Besserung der Gesamtsituation - Entlassung nach Hause 48 01.01.2013 Dual Use of Bladder Anticholinergics and Cholinesterase Inhibitors: Long-Term Functional and Cognitive Outcomes Sink et al. ADL-Score Verlust Kontrollgruppe: Oxibutiningruppe: 1.08 Punkte pro Quartal 1.60 Punkte pro Quartal CONCLUSION: In higher-functioning NH residents, dual use of ChIs and bladder anticholinergics may result in greater rates of functional decline than use of ChIs alone. J Am Geriatr Soc 56:847–853, 2008. Zentralnervöse Nebenwirkungen im Vergleich Trospiumchlorid Oxybutynin (Dridase) x Oxybut. transdermal Tolterodin (Detrusitol) Propiverin (Mictonorm) x x x x x x x x x x x x x ? x Solifenacin (Vesicur) Darifenacin (Emselex) ? x x x ? x x ? ? (x) Quelle: Fachinformationen der Hersteller 49 01.01.2013 Prinzipien der Medikamenten‐Verordnung im Alter Ist die Effizienz eines Medikamentes auch im Alter gegeben? Alter und Nutzen der Betablocker Alterskohorte nach Gottlieb et al. (N Engl J Med 1998;339:489-97.) < 70 NNT = 14 70-80 NNT = 12 >80 NNT = 10 0.4 0.5 0.6 0.7 0.8 0.9 1.0 1.1 1.2 Relatives Risiko 50 01.01.2013 Alter und Nutzen der ACE-Hemmer Metaanalyse nach Flather et al. Lancet 2000; 355: 1575–81 Altersklassen [J] < 55 55-64 65-74 75 - > 0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0 1.2 1.4 Odds-Ratio LIPID-Studie NNT (versus NNH?) (3514 Patienten nach Herzinfarkt oder Koronarereignis 65 – 75 Jahre) Endpunkt Todesfall Koronartod Herztod Myokardinfarkt Schlaganfall NNT Jung Alt 46 71 61 36 170 22 35 28 30 79 51 01.01.2013 Prinzipien der Medikamenten‐Verordnung im Alter Medikamente mit hohem Interaktionspotential meiden Drug‐Drug‐Interaktion Drug‐Disease‐Interaktion Nach OTC und Phytopharmaka fragen Lebensmittelinteraktionen Pharmakodynamische Interaktionen Cascorbi I: Drug interactions—principles, examples and clinical consequences. Dtsch Arztebl Int 2012; 109(33–34): 546–56. DOI: 10.3238/arztebl.2012.0546 52 01.01.2013 NSAID und Herzinfarktrisiko Increased risk of myocardial infarction as first manifestation of ischaemic heart disease and nonselective nonsteroidal antiinflammatory drugs C. J. Hawkey Odds-Ratio NSAID User vs. Controls 1,77 (1,03-3,03) 2,61 (1,38-4,95) vs. Community-Control vs. Hospital-Control Comm-Ctrl. und ASS user Hosp-Ctrl. und ASS user 5,00 (1,18-21,3) 7,66 (0,89-61,3) Rauchen Diabetes Postmyokardinfarkt NSAIDs 3,91 3,92 3,65 (2,5-6,04) (1,25-12,33) (1,5-6,0) British Journal of Clinical Pharmacology 2006 Interaktion Amiodaron mit Digitoxin Läer, Eur J Clin Pharmacol 1998 Eiweißbindung (98%) Anstieg des Digitalisserumspiegels 53 01.01.2013 Prinzipien der Medikamenten‐Verordnung im Alter Erkennen von typischen und atypischen Nebenwirkungen Amiodaron extrakardiale Nebenwirkungen (27% Therapieabbrüche) Hypo-, Hyperthyreose Lunge (Pneumonitis, Fibrose) ZNS Kopfschmerzen Kognitive Störungen Tremor - 38% Ataxie - 37% Insomnien Periphere Neuropathie Myopathie Transaminasenerhöhung, Hepatitis Corneaeinlagerungen Hautveränderungen 54 01.01.2013 Prinzipien der Medikamenten‐Verordnung im Alter Erkennen von und typischen Vergiftungssyndromen Toxidrome im Alter Hypertonie, Tachykardie, Tachypnoe, Hyperthermie Malignes Neuroleptikasyndrom Stupor, Koma, Bradyreflexie, Muskelrigidität Anticholinerges Syndrom Mydriasis, Mundtrockenheit, Darmatonie Serotonin‐Syndrom Hyperreflexie, Schwitzen, Hyperperistaltik Digitalisintoxikation Delir, Anorexie, Depression …. 55 01.01.2013 Serotoninsyndrom: Erscheinungsbild Serotonin-Syndrom – Auslöser Sternbach H. The serotonin syndrome Am J Psychiatry 1991;148:705-13. Auslösende Medikamente: Sertralin, fluoxetin, paroxetine, citalopram SSRI: Antidepressiva: MAO-Hemmer: Antikonvulsiva: Analgetika: Antiemetika: Migränemittel: Antibiotika: Nahrungsmittel: Phytopharmaka: Lithium Trazodon, Nefazodon, Clomipramin Venlafaxin Moclobemid Valproinsäure Fentanyl, Tramadol Ondansentron, Metoclopropamid Sumatriptan Linezolid, Ritonavir Tryptophan Johanniskraut, Ginseng Interaktionen: Tramadol – Mirtazapin / Moclobemid - SSRI 56 01.01.2013 Prinzipien der Medikamenten‐Verordnung im Alter Dysäquilibrium Syndrom und SIADH‐Syndrom Thiazide im Alter Antihypertensive Wirkung in niedrigen Dosen Diuretische Wirkung eher schwach (low ceiling diuretics) Wirkkurven der Thiazide und Analoga gleichartig. Lange Halbwertszeit - nächtliche Diurese verstärkt Elimination über die Leber Kontraindikation bei Nierensinsuffizienz Interaktionen mit Lithium, Curarederivaten, Zytostatika Sog. diabetogener Effekt, Lipidanstieg, Gichtanfälle Hohes Allergisierungspotential Übelkeit, Erbrechen, Thrombopenie, Agranulozytose 57 01.01.2013 Thiazidinduzierte Hyponatriämie Hyponatriämiehäufigkeit bei 13,7% keine sichere Dosisabhängigkeit Auftreten innerhalb der ersten 2-12 Tage Korrelation zum Alter Hyponatriämie meist asymptomatisch Symptome nur bei rascher Entwicklung oder Na< 125 mmol/l schwere Hyponatriämie bei 3,7% Natrium < 125 mmol/l "nur" bei 1% Risiko: Alter über 70 (3fach erhöhtes Risiko) Niedriges Körpergewicht Frauen (?) Veränderung des Serum-Natriums bei Einleitung einer Thiazidtherapie in Abhängigkeit vom Alter 58 01.01.2013 Akute Hyponatriämie unter Xipamid NaCl Plasmaspiegel Notfallaufnahme 140 120 Übelkeit Erbrechen Beinschwellung Paspertin Xipamid 100 Metformin Novalgin Temazepam (Musaril) Oxcarbazepin Tramal ret Lyrica 80 Lisinopril Bisoprolol Amlodipin . 30 . 29 . 28 . 27 . 26 . 25 . 24 . 23 . 22 . 21 r Ap ar M n b Fe Ja Therapieplan Amlodipin 5 mg Bisoprolol 5mg Lisinopril Lyrica Tramadol ret Musaril (Temazepam) Novalgin Timox 300 Metformin 850 1 1 1 1 0 0 25 1 1 0 0 0 1 1 1 25 0 0 0 0 1 1 0 0 25 1 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 Bedarfsmedikation Nifedipin 10 / Tramal long / Temgesic sl/ Neuverordnung eine Woche vor Aufnahme Xipamid 40mg (Ödeme) 1 0 0 0 Metoclopropamid nach 2 Tagen wg. Übelkeit b. Bed (V. auf Noro) 59 01.01.2013 SIADH - Syndrom Inadäquate ADH Ausschüttung führt zu Wasseretention und leichter Hyponatriämie Cave: häufig führt eine gleichzeitige Exsikkose zur Normalisierung des Natriumspiegels. Gefahr des akuten Lungenödems bei Rehydrierung durch exzessive orale Flüssigkeitszufuhr (z.B. Coloskopievorbereitung) SIADH - mit normalem Na Cave akute Wasservergiftung 82jähriger Patient mit Herzinsuffizienz und leichter agitierter Depression wird aufgenommen wegen Blutabgängen im Stuhl. 2 Stunden nach Beginn der Vorbereitung zur Koloskopie klagt der Patient über Dyspnoe, die sich rapide verschlechtert und auf der Intensivstation eine nichtinvasive Beatmung erfordert. Der Na-Wert fällt innerhalb weniger Stunden von 145 auf 120 mEq/L. 60 01.01.2013 Ursachen - Präzipitierende Faktoren Medikamente ( SSRIs, venlafaxine, chlorpropamide, carbamazepin, NSAIDs, barbiturate) Neuropsychiatrische Faktoren ( Hirntumor, Subarachnoidalblutung, Psychose, Meningitis) Postoperativ, speziell bei Schmerz oder Erbrechen Lungenerkrankungen (Pneumonie, Tuberculose, Akutes Asthma) Tumoren ( Lunge, Pankreas ..) Prinzipien der Medikamenten‐Verordnung im Alter Führen eines lesbaren Medikamentenplans Regelmäßige Revision und Analyse auf problematische Verordnungen 61 01.01.2013 Medikamentenplan Kommunikation – Patientenaufklärung - Verordnungsvorschrift Patientin 72 Jahre mit rezidivierenden Stürzen in fachkardiologischer Behandlung Insgesamt 720 mg Verapamil täglich plus Betablocker 62 01.01.2013 Schwindel - Präsynkope Der Alte Mensch im Generika - Chaos 77jähriger mit autoimmuner Hemmkörperhämophilie 63 01.01.2013 Prinzipien der Medikamenten‐Verordnung im Alter Die Situation der Altenheime Innerhalb der ersten 100 Tage nach Aufnahme erhalten 17% der Patienten Psychopharmaka – nach einem Jahr 24% Bewertung der Medikation von Altenheimbewohnern Bergen Studie 2003 Ruths et al. Qual Saf Health Care 2003;12:176–180 Altenheime Bewohneranzahl Bewohner mit möglichen Problemen Zahl der problematischen Verschreibungen 23 1354 1036 (76%) 2445 Problemhäufigkeiten Psychoaktive Medikamente 38% Nebenwirkungsrisiko Ungeeignetes Medikament Underuse 26% 20% 13% 64 01.01.2013 Folgen des Absetzens n=124 geriatrische Patienten - viermonatige Nachbeobachtungsphase Medikamente gestoppt Unerwünschte Folgen Ein großer Hospitalisierung 238 62 (100%) ( 26%) (30% der Pat.) Medikamente 26 ( 11%) Teil der kann abgesetzt werden. Art der Nebenwirkung Exacerbation d. Vorerkrkg. 88% Das Absetzen von Medikamenten zirkulatorisch 51% zentralnervös 18% nach einem starren Algorhythmus kann gravierende Folgen haben. Adverse events after discontinuing medications in elderly outpatients T. Graves, et al. Archives of Internal Medicine, Oct 1997; 157: 2205 - 2210. ZUSAMMENFASSUNG 65 01.01.2013 Medikamentenverordnung im Alter: Grundprinzipien Beginn mit der niedrigsten Dosis Langsame Dosissteigerung je nach Verträglichkeit Niemals zwei Medikamente gleichzeitig starten Arzneiverordnung im Alter (1/2) Medikamentenplan erstellen und einfordern Analyse des Medikamentenplans Absetzen unnötiger Medikamente Neue Symptome als Nebenwirkung auffassen Nichtpharmakologische Maßnahmen Sichere Alternativen suchen Dosis reduzieren oder steigern Medikamente mit bewiesener Effizienz verschreiben Kontrolle und Dokumentation der Wirkung Einsatz begrenzen 66 01.01.2013 Arzneiverordnung im Alter (2/2) Ist das Medikament notwendig Was ist der therapeutische Endpunkt Sind die Risiken höher als der Nutzen Behandelt es die Nebenwirkung eines anderen Medikaments Interagiert es mit Erkrankungen, Medikamenten Weiß der Patient wofür das Medikament gegeben wurde und welche Nebenwirkungen zu erwarten sind? Hat er einen lesbaren Therapieplan? Alte Menschen gibt’s heutzutage nicht mehr, die wir sehen sind von früher übriggeblieben. Carl Valentin 67 01.01.2013 Summary: AGS 2012 Beers Criteria Beers Criteria have come a long way since 1991 Are explicit criteria supported by evidence‐based literature Guidelines for identifying medications whose risks>benefits in older adults Not meant to supersede clinical judgment or individual patient values or needs The American Geriatrics Society gratefully acknowledges the support of the John A. Hartford Foundation, Retirement Research Foundation and Robert Wood Johnson Foundation. 68