Islamische Sonderformen und ihre Abgrenzungen Protokoll zur Sitzung am 08.01.2014 des Seminars „Vielfalt des Islam Traditionen und Entwicklungen“ bei Herrn Dr. Kirste Protokollanten: Daniel Schmitz und Lars Hülsmann Die Gottes-Erkenntnis kann man nicht durch Suchen erlangen, aber nur die Suchenden erlangen sie. Bayezid Bastami (Bistami), 803-875, persischer Mystiker aus: Hossein Kazemzadeh-Iranschähr (Hg.): Leben und Sprüche der Sufi-Meister des Islam. Berlin: Dagyeli 2005, S. 174 Nachtrag Sufismus und Mystik Als erste Sonderform wurde noch ein Nachtrag zum letzten Themenblock der Islamischen Mystik gemacht, wobei insbesondere die Bearbeitung für den Religionsunterricht im Vordergrund stand, hierbei sind vor allem vier Vorgehensweisen interessant: 1. Zunächst könnte die christliche Mystik erarbeitet werden, um darüber eine Gemeinsamkeit von Christentum und Islam zu erkennen. 2. Insgesamt ist bei der Bearbeitung von mystischen Themen der Einstieg über Zitate, Anekdoten und Kurzgeschichten zu beachten, da ein Sachtext die Ideen der Mystik schlechter vermittelt. 3. Auch mystische Zitate verschiedener Religionen können helfen, die interreligiösen Gemeinsamkeiten von Mystik erfahrbar zu machen. 4. Mystik arbeitet auch viel mit Symbolen, Gesten und Mantren, so ist die Rose religionsübergreifend mystisch belegt (im Islam, in Indien, die Lutherrose). Der indische Tanz besteht eigentlich nur aus Bedeutungsgesten, die islamischen drehenden Derwische deuten die Verbindung von Himmel und Erde an, und die verschiedenen Gebetshaltungen in der katholischen Kirche haben auch mystischen Bedeutungsgehalt und sowohl im Islam als auch im Katholizismus gibt es Gebetsketten bzw. Rosenkränze. Wichtig ist außerdem, dass in allen Religionen zwei Typen von Mystik vorkommen, die Persönlichkeits- und die Unendlichkeitsmystik, wobei beide Themen auch sehr erotisch sein können (siehe Marienfrömmigkeit). Auch Luther wurde durch den großen Mystiker Bernhard von Clairvaux beeinflusst, aber der Protestantismus drängte die Mystik an den Rand, da es in der Mystik um die unmittelbare erfahrungsbezogene Gottesverbindung geht, die ekstatische Elemente haben kann. Es ist das Auslöschen des Ich, ein „Heraustreten“, welches mit dem protestantischen ernsten Denkansatz des Hörens auf das Wort der Bibel schwierig zu vereinbaren ist. Weitere Informationen zum Sufismus bietet die Textzusammenstellung: Islamische Mystik / Sufismus: Literaturvorstellung auf der Seminarseite. Wichtig zur Einarbeitung sind die Texte von Annemarie Schimmel oder von Idries Shah. Die Zusammenstellung bietet auch ein Version der sehr bekannten Sufigeschichte: „Die Blinden und die Sache mit dem Elefanten“ Zur Stellung Luthers und der Reformation zum Islam ist der Text der EKD zu empfehlen, da hier sowohl die positiven als auch die Schattenseiten des deutschen Reformators beleuchtet werden. Sonderformen des Islam Hauptquelle: Eger, Ralf (Hrsg.): Kleines Islam-Lexikon. Geschichte-Alltag-Kultur. in: Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung: Band 383. Bonn, 2003. 1. Sunnitische Sonderformen a. Salafismus: Anhänger eines idealisierten Urislams; sie gehören zu den konservativsten Muslimen, die nur Mohammed und den Koran als Auslegungsnorm festhalten und hier an einer alten Auslegung. Männer machen hierbei die Theologie, Frauen das Haus und sonst nichts. Größte Einflüsse hatten hierbei: Abd al-ʿAzīz Ibn Bāz (gestorben 1999) und Muḥammad al-ʿUṯaymīn (gestorben 2001), sowie Muḥammad Nāṣir ad-Dīn al-Albānī (gestorben 1999). Trotzdem muss man drei Arten von Salafismus unterscheiden: 1 i. „Puristen, welche allein auf die Vermittlung des "wahren" Islam bedacht sind und dabei keine politischen Ziele verfolgen. Sie lehnen die Anwendung von Gewalt ab. Politische Salafisten, welche die Errichtung einer gottgefälligen Gesellschaftsordnung durch Einführung eines islamischen Staats anstreben. Dschihadistische Salafisten, welche den islamischen Gottesstaat unter Anwendung von Waffengewalt durchsetzen wollen. Sie sind in der klaren Minderheit.“ ii. iii. (Quelle:http://de.qantara.de/inhalt/wahhabiten-und-salafisten-gleiche-basis-unterschiedlichemittel, Abgerufen am 11.01.14 um 13:12 Uhr) b. Wahabismus: Ebenfalls ein konservativer Flügel des Islams, der sich auf dieselben Gelehrten beruft wie der Salafismus. Weiterhin halten sie dem Königshaus Saud die Treue und sind gegen die Heiligenverehrung und Gräberkulte in islamischen Ländern. Sie sehen mit dem Königshaus in Saudi-Arabien den einzig wahren Gottesstaat auf der Erde geschaffen, da sich die saudische Verfassung an der ersten Stadtverfassung von Medina nach Mohammed orientiert. Auch hier gibt es eine starke Unterdrückung der Frauen zum Teil sogar durch staatliche Sanktionen. (Quelle: siehe Salafismus) 2. Sunnitische und schiitische Sonderformen a. Mutazilismus: Anhänger eines Vorrangs des Denkens gegenüber der Ekstase und des rationalen Ansatzes bei der Auslegung des Korans. Sie haben Verbindungen zur griechischen Philosophie. (Quelle: http://textmaterial.blogspot.de/search?q=Reformen, Abgerufen am 11.01.14 um 13:24 Uhr) b. Alawiten: 10er Schiiten, die politisch eher liberal sind und eine starke Anhängerschaft in Syrien haben, so dass die Familie Assad als Kopf der Bath-Partei in Syrien an der Macht ist. Alawiten stehen im stärksten Gegensatz zu Wahabiten, was immer wieder für Konflikte im Mittleren Osten sorgt 3. Andere Religionen mit starkem Islambezug a. Drusen: Eigentlich Anhänger einer 6er-Schia. Diese Glaubensrichtung wird jedoch durch „Beimischung“ von Seelenwanderung und Reinkarnation nicht mehr zum eigentlichen Islam gezähltwird. Hier können auch Frauen in religiösen Fragen eine Rolle spielen. b. Ahmadiyya: Glaubensgemeinschaft, die sich selbst als islamisch versteht, wobei die meisten Muslime dem widersprechen, da sich der Gründer Mirza Ghulam Ahmad selbst als neuer Prophet verstand und damit Mohammed als letztem Propheten widersprochen wird. Konservative aber pazifistische Glaubensgemeinschaft, die auch andere Religionen anerkennt. c. Yeziden: Vorislamische kurdische Glaubensgemeinschaft, die islamische Traditionen mit ihren eigenen Traditionen vermischt hat. d. Alewiten / Aleviten: Der Alevismus versteht sich selbst als eigene Religion, in der Ali, dem Schwiegersohn Mohammeds, eine höhere Stellung eingeräumt wird als im klassischen Islam. Sie lehnen die fünf Säulen des Islams ab, haben aber ein liberaleres Frauenbild und kein Problem mit Alkoholkonsum. e. Baha‘i: Universalreligion, die sich nach ihrem Gründer Baha’ullah nennt. Gott wird als Gott aller Religionen angesehen, so dass auch Adam, Abraham, Moses, Zarathustra, Krishna, Siddhartha Gautama, Jesus Christus, Mohammed, der Bab und Baha'ullah selbst als Manifestationen Gottes gelten. Weitere Quellen: • • Neben Wikipedia zum Einstieg Knappe umfassende Beschreibung islamischer Sonderformen und gute grundsätzliche Orientierung zum Islam in: Heine, Peter: Der Islam, erschlossen und kommentiert. Düsseldorf: Patmos 2007, 395 S., Abb., ausführlicher Index (Großformat) – wird leider nicht mehr aufgelegt: • http://www.patmos.de/der-islam-p-1802.html?osCsid=0d470f6b03578f0fa8aaa639c3c114ef Affolderbach, Martin/Geisler, Ralf: Die Yeziden. In: EZW-Texte Band 192, Berlin 2007. TU-DO/WiSe 2013/14/Protokoll-08-01-14-islam-Sonderformen 2