Formen der Moralbegründung in der Sportethik Schriftliche Hausarbeit im Rahmen der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II dem staatlichen Prüfungsamt Dortmund vorgelegt von Kretschmann, Rolf Dortmund, November, 2005 Themensteller: Prof. Dr. Jörg Thiele Fachbereich 16: Kunst- und Sportwissenschaften Inhaltsverzeichnis 1. Einleitung............................................................................................ 8 2. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik ......................................................................................... 12 2.1 2.1.1 Der Begriff „Sportphilosophie“ ............................................ 12 2.1.2 Lexika und Nachschlagewerke........................................... 15 2.1.3 Eigenständige, sportphilosophische Literatur..................... 21 2.1.4 Selbstverständnis der Sportphilosophie ............................. 27 2.2 3. Sportphilosophie als sportwissenschaftliche Disziplin ............... 12 Sportethik als sportphilosophische Disziplin.............................. 35 2.2.1 Lexika und Nachschlagewerke........................................... 36 2.2.2 Eigenständige, sportethische Literatur ............................... 39 2.2.3 Sportethik als angewandte Ethik ........................................ 41 2.2.4 Selbstverständnis der Sportethik........................................ 45 Wege der Moralbegründung ............................................................. 48 3.1 Ethik vs. Moral........................................................................... 49 3.2 Moralbegründung und Metaethik............................................... 52 3.3 Zum Begriff der Moralbegründung oder die Frage „Warum moralisch sein?“ ........................................................................ 54 4. 3.4 Ebenen der Moralbegründung................................................... 56 3.5 Formen der Moralbegründung................................................... 61 Sportethische Ansätze...................................................................... 69 4.1 Co-existentiale Sportethik (Meinberg) ....................................... 72 4.1.1 Die „alte“ Sportethik............................................................ 72 4.1.2 Die „neue“, co-existentiale Sportethik................................. 74 4.2 Universalistische Diskursethik (Apel) ........................................ 79 5. 4.3 Vermittelnd-funktionale Sportethik (Court)................................. 83 4.4 Utilitaristische Sportethik (Pawlenka) ........................................ 88 4.4.1 Das utilitaristische Prinzip .................................................. 89 4.4.2 Der Utilitarismus als Medikament ohne Nebenwirkungen .. 90 Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen........................... 95 5.1 Co-existentiale Sportethik (Meinberg) ....................................... 96 5.1.1 Die Ethik des „dritten Weges“............................................. 96 5.1.2 „Co-Existenziales“ .............................................................. 98 5.1.3 Das „Neue“ im Vergleich zum „Alten“ ............................... 100 5.1.4 Geschlechtermoral ........................................................... 103 5.1.5 Doping.............................................................................. 105 5.1.6 Trainermoral..................................................................... 107 5.2 Universalistische Diskursethik (Apel) ...................................... 110 5.2.1 Grundprinzip der Diskursethik .......................................... 111 5.2.2 Sportliche Fairness als Verhaltensprinzip und Modell einer Ethik der Gerechtigkeit ............................................ 112 5.2.3 Agressionssublimation/ -kanalisation ............................... 114 5.2.4 Anerkennung einer ethischen Grundnorm als sinnnotwendige Voraussetzung der Argumentation ......... 116 5.3 Vermittelnd-funktionale Sportethik (Court)............................... 118 5.3.1 Systematik der vermittelnd-funktionalen Sportehik .......... 119 5.3.2 (Spiel-)Regeln .................................................................. 121 5.3.3 Humaner Sport, mündiger Athlet und Funktionalität......... 123 5.3.4 Foul .................................................................................. 126 5.3.5 Doping.............................................................................. 128 5.4 Utilitaristische Sportethik (Pawlenka) ...................................... 130 5.4.1 Utilitaristische Funktionalität ............................................. 130 5.4.2 Foul, Handspiel, Doping ................................................... 132 5.4.3 Kantische Ethik und Utilitarismus ..................................... 135 5.4.4 Affinität von Spitzensport und Utilitarismus ...................... 136 5.4.5 Einwand der Inkommensurabilität der Werte.................... 138 5.5 Ergebnisse .............................................................................. 139 6 Zusammenfassung und Ausblick.................................................... 150 7 Literaturverzeichnis ........................................................................ 156 Abbildungsverzeichnis Abb. 1: Versuch einer Modellbildung der Sportphilosophie nach Haag.. 29 Abb. 2: Sportphilosophie – Philosophie des Sports nach Rösch............ 31 Abb. 3: Integrativ-dynamisches Strukturmodell der Sportwissenschaften nach Niedermann ...................................................................... 32 Abb. 4: Das idealtypische Modell der Sportwissenschaft nach Hägele .. 33 Abb. 5: Philosophische Ethik nach Pieper & Thurnherr.......................... 44 Abb. 6: Verortung der Sportethik............................................................ 46 Abb. 7: Ebenen (Dimensionen) der Ethik nach Ott................................. 57 Abb. 8: Ebenen der Moralbegründung ................................................... 59 Abb. 9: Der „dritte Weg“ in der co-existentialen Sportethik .................... 97 Abb. 10: Co-Existenz in der co-existentialen Sportethik........................... 99 Abb. 11: „Alte“ Sportethik vs. „neue“, co-existentiale Sportethik ............ 102 Abb. 12: Geschlechterkomplementarität in der co-existentialen Sportethik................................................................................. 104 Abb. 13: Das Dopingverbot in der co-existentialen Sportethik ............... 106 Abb. 14: Die Trainermoral in der co-existentialen Sportethik ................. 109 Abb. 15: Das diskursethische Grundprinzip ........................................... 111 Abb. 16: Diskursethische Begründung der sportlichen Fairness als Modell für die allgemeine Fairness .......................................... 113 Abb. 17: Aggressionssublimation durch Sport in der Diskursethik ......... 115 Abb. 18: Anerkennung des diskursethischen Grundprinzips.................. 117 Abb. 19: Systematik der vermittelnd-funktionalen Sportethik ................. 120 Abb. 20: Spielregeln in der vermittelnd-funktionalen Sportethik ............. 122 Abb. 21: Humaner Sport, mündigen Athlet und Funktionalität in der vermittelnd-funktionalen Sportethik.......................................... 125 Abb. 22: Unfairness des Fouls in der vermittelnd-funktionalen Sportethik................................................................................. 127 Abb. 23: Das Dopingverbot in der vermittelnd-funktionalen Sportethik .. 129 Abb. 24: Utilitaristische Funktionalität .................................................... 131 Abb. 25: Moralische Verwerflichkeit des Fouls (Notbremse) in der utilitaristischen Sportethik ........................................................ 132 Abb. 26: Moralische Verwerflichkeit des Handspiels („Hand Gottes“) in der utilitaristischen Sportethik .............................................. 134 Abb. 27: Moralische Verwerflichkeit des Dopings in der utilitaristischen Sportethik................................................................................. 135 Abb. 28: Kantische Ethik vs. Utilitarismus .............................................. 136 Abb. 29: Affinität von Spitzensport und Utilitarismus.............................. 137 Abb. 30: Kommensurabilität der Werte in der utilitaristischen Sportethik................................................................................. 138 Tabellenverzeichnis Tab. 1: Prinzipien auf der ersten Ebene der Moralbegründung ........... 140 Tab. 2: Unmoralische Handlungen auf der ersten Ebene der Moralbegründung..................................................................... 141 Tab. 3: Formen der Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen.................................................................................. 144 Einleitung 1. 8 Einleitung „Warum moralisch sein?“. Diese Frage ist von zeitloser Relevanz und Diskussionswürdigkeit, sowohl in der allgemeinen Ethik als auch in den Bereichsethiken, der sog. angewandten Ethik. Die Beantwortung dieser Frage und ob sie überhaupt sinnvoll stellbar sei, wurde und wird kontrovers diskutiert1, was durchaus Neugier weckt bezüglich des Diskussionsinhaltes. Moralbegründung(en) und Begründbarkeit von Moral sind aber nicht nur aus Gründen der Kontroversität oder Aktualität einer genaueren Untersuchung zu unterziehen, sondern auch wegen des unmittelbaren Praxisbezuges bei der Anwendung einer moralischen Theorie. Denn moralisches Handeln, sofern es Normativa innerhalb Moraltheorien entsprechen und verwirklichen soll, wird nur einsichtig, insofern ein Grund bzw. Gründe2 für die Handlung bzw. den Handelnden ersichtlich sind. Zwar könnte man einwenden, dass moralische Prinzipien ihre Anwendung im praktischen Handeln finden können (und auch finden), völlig ohne Begründungshorizont. Jedoch geht es hier nicht darum, Moral zu beschreiben, wie es eine deskriptive Ethik tun würde, sondern ein bestimmtes System der Moral, eine Moraltheorie, zu etablieren, was nur geschehen kann, wenn die moralischen Normen den Handelnden einsichtig (geworden) sind.3 1 Siehe u.a. Bayertz (2002b). 2 Die Gründe, von denen ich hier spreche, sind nicht primär von psychologisch-hand- lungstheoretischer, sondern von (nahezu) rein philosophischer Natur, da die angestrebte Untersuchung ausschließlich auf Moraltheorien ausgerichtet ist. 3 Auch wenn sich deskriptive und normative Ethiken (weitestgehend) decken sollten, wird das (moralische) Handeln sinniger, wenn eine adäquate Begründung möglich ist. Einleitung 9 Innerhalb des Handlungsfeldes „Sport“ wird der Akteur4, sei er Sportler, Trainer, Funktionär, Fan oder Ähnliches, ohne Zweifel mit der Ausgangsfrage „Warum moralisch sein?“ konfrontiert, nur dass sie auf den Sport5 begrenzt ist. Die geplante Untersuchung ist somit ein Spezialfall der Ausgangsfrage und ist hier in der Variante „Warum im Handlungsfeld Sport moralisch sein?“ zu präzisieren. Und da wir uns nun im Bereich Sport bewegen, ist es nur sinnvoll die Sportethik als angewandte Ethik nach sportspezifischer moralischer Begründung in Regress zu nehmen. Hierzu wird es nötig sein, sportethische Ansätze in dem Maße zu skizzieren, als es dem Gegenstand dieser Untersuchung genüge tut und diese auf den Gehalt, sowohl qualitativ als auch quantitativ, ihrer (sportethischen) Moralbegründung zu analysieren, wobei vornehmlich eine nicht-wertende Darstellung als Zielvorstellung gilt. In einem ersten Schritt geht es um die Klärung des (Selbst-)Verständnisses der Sportethik und somit die Beantwortung der Frage „Was ist Sportethik?“.6 Mit dieser Frage geht die Frage nach dem (Selbst-)Verständnis der Sportphilosophie einher. Das Verhältnis von Sportethik, allgemeiner und angewandter Ethik, Philosophie, Sportwissenschaft(en) und Sportphilosophie soll herausgestellt werden, damit eine Verortung der Sportethik ermöglicht werden kann. Dies geschieht zwar in verhältnismäßig großem Umfang, doch ist dieser insofern angemessen, als dass eine Terrainabsteckung, die ja den unmittelbaren geistigen Zugang zu 4 Aus Gründen der einfacheren Lesbarkeit verwende ich hier und im Folgenden nur die maskuline Form, betone aber, dass sowohl das männliche als auch das weibliche Geschlecht gleichermaßen angesprochen ist. 5 Es wird hier nicht möglich sein, den Begriff „Sport“ zu analysieren und eventuelle Auswirkungen auf die sportethischen Ansätze zu diskutieren. 6 Eine derartige Klärung ist notwendig, um das Terrain abzustecken, in dem sich diese Arbeit bewegen wird. Einleitung 10 einer weitgehend unerschlossenen Thematik wie dieser bedeutet, notwendig erscheint. In einem zweiten Schritt sollen die sportethischen Ansätze von Meinberg (Co-existentiale Sportethik), Court (Vermittelnd-funktionale Sportethik), Apel (Diskursethik) und Pawlenka (Utilitarismus) kurz vorgestellt werden. Die Auswahl gerade dieser sportmoralischen Theorien gründet sich in Gehalt und Umfang besagter Theorien. Andere Ansätze sind nur rudimentär bzw. fragmentarisch ausgearbeitet. Die zu behandelnden Autoren sind Sportwissenschaftler, mit Ausnahme von Apel, der in der (akademischen) Philosophie zu Hause ist, allerdings einen umfangreichen und wirkungsmächtigen allgemeinethischen Ansatz durch Anwendung auf den Sport auch in der Sportwissenschaft, genauer Sportethik, etabliert hat. Möglicherweise lässt sich sogar eine sportwissenschaftliche von einer philosophischen Argumentation hinsichtlich der Begründung von Moral aufweisen.7 In einem dritten Schritt sollen mögliche Wege der Moralbegründung im Allgemeinen, d.h. losgelöst von spezifischen Moraltheorien, sowie Begründung im Generellen, soweit es der Sache dienlich ist, aufgezeigt werden. Es sollen Ebenen und die auf diesen Ebenen wieder zu findenden Formen der Moralbegründung unterschieden werden. Da die These der strukturellen Gleichheit von allgemeiner und moralischer bzw. ethischer Begründung vertreten wird (vgl. Nida-Rümelin, 2002, S. 32; S. 35), sollen auch ethikübergreifende Konzeptionen der Begründung und des Denkens generell herangezogen werden. In einem vierten Schritt sollen die bereits explizierten sportethischen Ansätze auf ihren moralbegründenden Gehalt hin untersucht werden. Dies geschieht anhand der Skizzierung und Analyse der jeweiligen Begrün- 7 Die Dichotomisierung in Sportwissenschaft und Philosophie ist nicht wertend, sondern rein analytisch zu verstehen. Einleitung 11 dungswege nach dem Kriterium der Exemplarität. Typische Begründungswege werden in vergleichender Absicht appliziert. Nicht berücksichtigt wird Literatur zur Sportethik bzw. Sportphilosophie aus dem englischen Sprachraum, da es umfangstechnische Gründe nicht erlauben. Allerdings findet sich bei aufkommender Bezugnahme ein entsprechender Literaturverweis. Diese Arbeit versteht sich als sportphilosophische Arbeit, da sie eine sportphilosophische Thematik vergegenständlicht. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 2. 12 Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik Wie sich Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik zueinander verhalten, ist abhängig von der (Wesens-)Bestimmung der Sportphilosophie und der Sportethik. Diese Bestimmung soll im Folgenden durchgeführt werden und in der gesuchten Verhältnisbestimmung münden. Das (Selbst-)Verständnis der Sportwissenschaft bleibt jedoch außen vor, da die intuitiv-allgemeine Verstehensweise für die Zwecke dieser Arbeit ausreicht.8 2.1 Sportphilosophie als sportwissenschaftliche Disziplin Nachfolgend werden der Begriff „Sportphilosophie“, Lexika und Nachschlagewerke der Sportwissenschaft und Philosophie sowie eigenständige, sportphilosophische Literatur untersucht, um der Frage, was Sportphilosophie denn sei, auf den Grund zu gehen, was in einer Verortung und Selbstverständnisklärung enden wird. 2.1.1 Der Begriff „Sportphilosophie“ Der Begriff „Sportphilosophie“ ist ein Kompositum, ein durch die Zusammensetzung zweier Wörter zustande gekommenes Wort.9 Nun könnte man meinen, dass die Bedeutung10 von „Sportphilosophie“ durch die vorherige Klärung der Begriffe „Sport“ und „Philosophie“ erschließbar wäre. Doch dies ist nur bedingt möglich. 8 Ebenfalls außen vor bleibt die Auseinandersetzung mit der Unterscheidung von „Sportwissenschaft“ und „Sportwissenschaften“. 9 Dass „Philosophie“ ethymologisch selbst ein Kompositum ist, ist an diese Stelle noch nicht von Bedeutung. 10 „Bedeutung“ ist hier im Sinne von Begriffsinhalt und nicht in Verbindung mit Wichtigkeit oder Gewichtung zu verstehen. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 13 Wirft man einen Blick auf andere Komposita, deren erstes Glied „Sport“ ist, so lässt sich feststellen, dass dieses erste Glied das zweite, folgende Glied auf einen Bereich, nämlich den des Sports, näher spezifiziert.11 So ist der Sportlehrer ein Lehrer, der den Sport lehrt, eine Sportgruppe eine Gruppe, die sich zusammen gefunden hat, um Sport zu treiben, Sportjournalismus die Form des Journalismus, die sich mit Sport beschäftigt und schließlich Sportphilosophie die Form der Philosophie, die den Sport zum Gegenstand hat. Doch mit diesem Postulat ist nur ein oberflächlicher Gemeinplatz besetzt, der nur die Regeln unserer Sprache verdeutlicht und nichts über den Inhalt der Begriffe „Sport“, „Philosophie“ oder „Sportphilosophie“ preisgibt.12 Man könnte aber immer noch annehmen, dass die Klärung der Einzelkomponenten von „Sportphilosophie“ auf dem Weg zu ihrem Verständnis Erfolg versprechend sei. Jedoch zeichnen sich „Sport“ und „Philosophie“ jeweils durch eine immense Bedeutungsvielfalt aus. Was unter „Sport“ denn zu verstehen sei, ist nicht eindeutig festgelegt. Der eine versteht unter „Sport“ jegliche oder gar nur eine spezifische Form von Bewegung, sei es nun Laufen oder Rennen, der andere denkt „Sport“ in Form von normierten Sportarten, ein Dritter mag „Sport“ ausschließlich oder nur primär als Wettkampf verstehen.13 Das Verständnis von „Sport“ gibt es nicht. Zu sprechen ist von mehreren Verständnisweisen. Gleiches gilt für „Philosophie“. Für den einen ist „Philosophie“ das Geschäft von langbärtigen, alten und weisen Männern, die über Dinge sprechen, die zwar tiefsinnig seien, aber doch nichts brächten, der andere versteht unter „Philosophie“ jegliche Form des gründlichen Nachdenkens, ein Dritter 11 12 Dies trifft natürlich auch Komposita, die nicht mit „Sport“ gebildet werden. Zu Komposita im Allgemeinen siehe u.a. Engel (1996, S. 519-522) oder Fischer & Uerpmann (1996, S. 81ff). 13 Die Beispiele sind willkürlich gewählt und es ließen sich noch viele weitere nennen. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 14 subsumiert „Philosophie“ unter „Aufklärung“. „Eine allgemein anerkannte Definition des Wortes Phil[osophie] gibt es nicht“ (Hügli & Lübcke, 2001, S. 491). Wir haben nun gesehen, dass sowohl unter „Sport“ als auch unter „Philosophie“ Ambiguität im Begriffsverständnis herrscht.14 Wenn wir nun das Kompositum „Sportphilosophie“ betrachten, leuchtet wohl ein, dass die zu erwartende Begriffspluralität, die sich aus den Kombinationsmöglichkeiten der verschiedenen Bedeutungen der einzelnen Glieder „Sport“ und „Philosophie“ zwangsläufig ergibt, weitaus „pluraler“ sein muss als die (bloß summierte) Begriffspluralität der Einzelglieder. Nun könnte man die verschiedenen Kombinationsmöglichkeiten aufzählen. Eine lange, um nicht zu sagen: schier endlose, Liste von möglichen Bedeutungen wäre die Folge. Diese Liste würde noch länger werden, wenn wir die Kombinationsmöglichkeiten im Hinblick auf „Philosophie“ als Kompositum, nämlich „philos“ und „sophia“, berücksichtigen. Was ich zu verdeutlichen versuche, ist, dass die Liste der Kombinationsmöglichkeiten weitaus länger ausfällt als eine Liste, die bloß die Bedeutungen der Einzelglieder additiv erfasst, was sich schlichtweg in Komplexität und Unüberschaubarkeit ausdrückt. Es gibt nun sechs Möglichkeiten, wie man nun dem Verständnis von „Sportphilosophie“ näher kommen könnte. Zum Ersten könnte man sich für einen Kandidaten auf der aus den Kombinationsmöglichkeiten der Bedeutungen der Einzelglieder des Kompositums entscheiden. Zum Zweiten könnte man die Begriffspluralität im Gesamten annehmen, was bedeuten würde, die vollständige Liste (mit eventuellen, zukünftigen Erweiterungen) unter „Sportphilosophie“ zu verstehen. Zum Dritten wäre 14 Eine Übersicht zur Begriffsvielfalt von „Sport“ lässt sich u.a. bei Röthig (1992a, S. 420), ein entsprechender Überblick zum Verständnis von „Philosophie“ u.a. bei Hügli & Lübcke (2001, S. 491f), nachlschlagen. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 15 es denkbar, nur ein Set aus Kandidaten der Liste zu generieren, d.h. eine Auswahl unter den Kandidaten auf der Liste zu treffen. Zum Vierten wäre es durchaus möglich eine Bedeutung (oder mehrere) für „Sportphilosophie“ anzunehmen, die nicht auf besagter Liste als Kandidat zur Verfügung steht. Zum Fünften könnte man ein aus den Listenkandidaten generiertes Set um einen oder mehrere Kandidaten außerhalb der Liste ergänzen. Zum Sechsten ist ein Verständnis denkbar, das ein Set (oder gar die Gesamtheit) der vorher genannten Wege als nebeneinander stehend annimmt. Das soeben Dargelegte dient nicht der Klassifizierung der folgenden Charakterisierung(en) bzw. Definition(en) der Sportphilosophie, sondern vielmehr einer ersten Orientierung, was die Bedingungen der Möglichkeit einer Verständnisklärung von „Sportphilosophie“ betrifft.15 Allerdings sei noch hinzugefügt, dass für die Komposita Sportwissenschaft und Sportethik (und auch andere denkbare Komposita mit dem ersten Glied „Sport“) Gleiches zutrifft.16 Eine spätere Analyse der Begriffs „Sportethik“ ist auf Grund selbiger Vorgehensweise und vergleichbarer Ergebnisse nicht mehr notwendig. 2.1.2 Lexika und Nachschlagewerke Sportphilosophie. Was könnte das nun sein? Im vorherigen Unterkapitel wurde formal dargelegt, welche Möglichkeiten bei der Synthetisierung 15 Auch auf die aus meiner Sicht primär normative Generierung des sog. „Selbstver- ständnisses“ der Sportphilosophie wird an dieser Stelle (noch) nicht angespielt. 16 Die sprachanalytische Vorgehensweise in diesem Kapitel beschränkte sich nur auf die synchrone Ebene und verzichtete auf die Einbeziehung der diachronen Ebene, da dies eine Komplexitätssteigerung bedeutet hätte, die der Intention der Untersuchung nicht ausreichend dienlich gewesen wäre. Zur Unterscheidung von „synchron“ und „diachron“ siehe u.a. Wolff (1994, S 20f) oder Fischer & Uerpmann (1996, S. 80f). Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 16 eines Verständnisses offen stehen.17 Der nächste Schritt wäre eine inhaltliche Füllung des Formalen. Alle Inhalte aufzuführen wäre aber ein langwieriges Verfahren und wird hier nicht beabsichtigt. Was aber beabsichtigt ist, ist die Analyse der vorgeschlagenen, faktisch bestehenden Inhalte in der wissenschaftlichen Literatur18. Man könnte nun fragen „Welche wissenschaftliche Literatur?“. Die Antwort würde lauten: „Literatur, die von Vertretern (Wissenschaftlern) eines Wissenschaftszweigs, also einer speziellen Wissenschaft, verfasst wurde“. Bei Blick auf den Begriff „Sportphilosophie“ liegt es nahe, die Literatur der Sportwissenschaft und der (akademischen)19 Philosophie zu Rate zu ziehen. Die Spezifizierung der Sportphilosophie soll nun zuerst anhand von Lexika und Nachschlagewerken aus den beiden Fachwissenschaften Sportwissenschaft und Philosophie, in bzw. zwischen denen man sie als verortet vermuten könnte, dann anhand der übrigen, eigenständigen20 Literatur, vorgenommen werden.21 17 Allerdings wurde eine sprachanalytische Perspektive eingenommen. 18 Unter wissenschaftliche Literatur verstehe ich jegliche zum wissenschaftlichen Diskurs veröffentliche Verschriftungen. „Wissenschaftlich“ mag hier in einer allgemeinen Bedeutung genüge tun. 19 Ich spreche hier von „akademisch“ um die Unterscheidung zur „Lebensphilosophie“, die (lebensphilosophischen) Praktikern jenseits akademischer Institutionen zugeschrieben werden kann, vorzunehmen. 20 21 „Eigenständig“ heißt hier „außerhalb des lexikalischen Kontextes“. Die Lexika und Nachschlagewerke wurden als erster Untersuchungsgegenstand gewählt, da sie meist nur verkürzte, überblicks- und stichwortartige Auskunft über einen Begriff bzw. ein(e) Thema(tik) liefern und eigenständige Literatur diese Auskunft in der Regel vertiefend ausführt. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 17 Werfen wir also einen Blick in die einschlägigen22 Lexika der Philosophie23 und suchen nach „Sportphilosophie“. Fehlanzeige! Sportphilosophie scheint also offensichtlich nicht in der Philosophie verortet zu sein. Werfen wir jetzt den nächsten Blick in sportwissenschaftliche Lexika. Im „Handbuch Sport“ (Carl, Kayser, Mechling & Preising, 1984a; 1984b), „Handlexikon Sportwissenschaft“ (Eberspächer, 1992) und „Lexikon der Sportwissenschaft“ (Schnabel & Thieß, 1993a; 1993b) findet sich keine Spur.24 In den anderen Lexika und Nachschlagewerken der Sportwissenschaft25 lässt sich „Sportphilosophie“ bzw. „Philosophie des Sports“26 finden. Zu bemerken ist, dass die Beiträge in „Sportwissenschaftliches Lexikon“ (Röthig, 2003) im Vergleich zur vorherigen Auflage (ebd., 1992b) in der Regel überarbeitet bzw. durch Beiträge anderer Autoren ersetzt wurden. Auf eine vermutbare Begriffsgeschichte aus einer diachronen Perspektive heraus gehe ich hier jedoch nicht ein. 22 Man möge unter „einschlägig“ „im wissenschaftlichen bzw. akademischen Diskurs in Gebrauch“ verstehen. 23 Diese sind: „Philosophisches Wörterbuch“ (Halder & Müller, 2000), „Metzler- Philosophie-Lexikon“ (Prechtl & Burkard, 1999) und „Philosophie-lexikon“ (Hügli & Lübcke, 2001). Ältere Werke kommen auf Grund der erst jungen Geschichte der Sportphilosophie nicht in Frage. 24 Zwar verwendet Willimczik (1992, S. 453) den Begriff „Sportphilosophie, aber unter dem Schlagwort „Sportwissenschaft/ Wissenschaftstheorie“ (ebd., S. 443-467) und ohne ihn zu erklären. 25 Hierzu zähle ich auch „Lexikon der Ethik im Sport“ (Grupe & Mieth, 1998), obwohl man einwenden könnte, dass es sich hierbei um kein allgemeines, sondern auf einen bestimmten Bereich bezogenes Nachschlagewerk der Sportwissenschaft handle. Doch eine Einschränkung auf allgemeine Nachschlagewerke scheint mir nicht sinnvoll. 26 Im Folgenden möchte ich „Sportphilosophie“ und „Philosophie des Sports“ gleichsetzen und auch nicht auf die impliziten Problematiken der beiden Begrifflichkeiten eingehenden. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 18 Auch sind die Beiträge von Lenk (1987, S. 471-475) in „Wörterbuch der Sportwissenschaft“ (Beyer, 1987) und Lenk (1992, S. 361-363) in „Sportwissenschaftliches Lexikon“ (Röthig, 1992b) vom Wortlaut her sehr ähnlich, ja sogar beinahe identisch, zumindest was die Semantik angeht, weshalb auf den zeitlich früher veröffentlichen Beitrag von Lenk (1987, S. 471-475) in der Darstellung verzichtet wird. Im Folgenden werden die (auf die für diese Arbeit relevanten Teile bereinigten) Passagen aus den sportwissenschaftlichen Lexika dargestellt und anschließend analysiert. „Sportphilosophie ist primär Philosophie des Sports“ (Wirkus, 1998, S. 518). Mit dieser Aussage ist wohl nichts gewonnen, da ich ja, wie bereits erwähnt, nicht auf die Varianten „Sportphilosophie“ und „Philosophie des Sports“ eingehe. Jedoch wird durch „primär“ suggeriert, dass „Sportphilosophie“ mehrere Aspekte oder Komponenten einschließt, die in einer ontologischen Hierarchie zu ordnen seien, d.h. dass ein Aspekt (oder eine Komponente) die dominierende Rolle innerhalb (bzw. der) Sportphilosophie einnimmt. „Problemfelder der Sportphilosophie“ (ebd.) sind: „Motive der hermeneutischen Geisteswissenschaften […] [,] der formalen Kulturphilosophie […] [,] lebensphilosophisch-irrationalistische Motive […] [,] phänomenologische Betrachtungsweise […] [und] sprachanalytische […] Ansätze“ (ebd.). Wirkus (ebd.) nennt hier fünf Problemfelder der Sportphilosophie, wobei anzunehmen ist, dass diese an Lenk (1987, S. 473f) angelehnt sind. „Die P[hilosophie des Sports] deutet den Sport als individuelles und soziales Phänomen sowie als pädagogischen Bereich von unterschiedlichen philosophischen Ansätzen her: Philosophische Anthropologie, Ästhetik, Ethik, Existenzphilosophie, Lebensphilosophie, Phänomeno- Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 19 logie, Sozialphilosophie und Kulturphilosophie untersuchen im Bereich des Sports das Spiel, Freizeitverhalten, die Erholung, Hygiene, Handlung, Leistung, Erziehung, die Mannschaft, den Breitensport, die Leib-SeeleProblematik (Leiblichkeit), persönlichkeitsbildende und ethische Werte sportlicher Tätigkeit, die Eigenweltlichkeit des Sports, die Frage nach Sinn oder Unsinn besonders des Spitzensports und vieles mehr“ (Lenk, 1992, S. 361). Aus Lenk (ebd.) geht hervor, dass die Sportphilosophie aus unterschiedlichen Perspektiven der Philosophie im Bereich des Sports unterschiedliche Themenfelder betrachtet und interpretiert. „Die P[hilosophie des Sports] ist eine neue Disziplin und entwickelte sich […] erst im letzten Jahrzehnt […]“ (ebd.) Die Sportphilosophie wird hier explizit als eine Disziplin der Sportwissenschaft deklariert und somit die Sportphilosophie in der Sportwissenschaft verortet. „[Sport philosophy is a] subdiscipline of sport science, […] which as specific philosophy and as subdiscipline of sport deals particularly with the investigation of the philosophical prerequisites and interpretations of sport in its various forms […]. Sport philosophy is connected to sport anthropology, sport psychology, sport sociology, and other subdisciplines of sport science (Haag & Haag, 2003, S. 495).27 Auch Haag & Haag (ebd.) charakterisieren die Sportphilosophie als Teildisziplin der Sportwissenschaft, aber auch als „specific philosophy“ (ebd.), was die Sportphilosophie sowohl in der Philosophie als auch in der 27 Die Vorlage in deutscher Sprache findet sich wohl in Haag (1991b, S. 157): „[Die Sportphilosophie] befasst sich insbesondere mit der Erforschung der philosophischen Voraussetzungen und Deutungen des Sports in seinen verschiedenen Ausprägungen“. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 20 Sportwissenschaft ansiedelt und die Verortung Lenks (1992, S. 361) erweitert. Wie bei Wirkus (1998, S. 518) suggeriert „particularly“ eine Aspekt- bzw. Komponentenhierarchie. „[I]nvestigation of the philosophical prerequisites and interpretations of sport in its various forms“ (Haag & Haag, 2003, S. 495) geht über die Perspektiveninterpretation Lenks (1992, S. 361) hinaus und schafft eine Metaebene, also quasi eine philosophische Untersuchung einer philosophischen Untersuchung mit dem Gegenstand Sport. Haag & Haag (2003, S. 495) betonen zusätzlich die Interdisziplinariät der Sportphilosophie zu den anderen sportwissenschaftlichen Teildisziplinen. “Unter einer systematischen Perspektive bezweckt die S[portphilosophie] ein begründetes System der Begriffe im Handlungsfeld Sport, insofern es als Problem erfahren wird. Als Integrationswissenschaft beziehen sich ihre Ansätze sowohl auf die Allgemeine Philosophie und ihre Teildisziplinen (Ethik, Ästhetik, Anthropologie, Wissenschaftstheorie, Sprachphilosophie, Sozialphilosophie) als auch auf andere sportwissenschaftliche Disziplinen und ihre jeweilige Mutterwissenschaft (Soziologie, Pädagogik, Psychologie, Medizin, Geschichte). Die Themen der S[portphilosophie] erstrecken sich daher von der Leib-Seele-Problematik (Leibl/Körper) bis zur wissenschaftstheoretischen Standortbestimmung der Sportwissenschaft und ihre Methoden von empirischen bis zu hermeneutischen Verfahren“ (Court, 2003, S. 528). Court (ebd.) eröffnet eine weitere Metaebene, nämlich die Begriffsanalyse und -verwendung, bindet diese aber an das Auftreten bzw. Wahrnehmen eines (Begriffs-)Problems. Sportphilosophie wird als „Integrationswissenschaft“ (ebd.) bezeichnet, die sich auf die Philosophie (einschließlich ihrer Teildisziplinen) und auf sportwissenschaftliche Disziplinen (Teildisziplinen der Sportwissenschaft) mit ihren Mutterwissenschaften bezieht. Court (ebd.) verortet die Sportphilosophie somit zwischen Philosophie und Sportwissenschaft. Die Themenfelder Lenks (1992, S. 361) werden um „Methoden“ und „Verfahren“ ergänzt. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 21 2.1.3 Eigenständige, sportphilosophische Literatur Der Terminus „eigenständige, sportphilosophische Literatur“ könnte missverstanden werden. Deshalb ist er an dieser Stelle zu klären, bevor die eigentliche Untersuchung besagter Literatur beginnen soll. Mit „eigenständig“ soll zum einen die Unterscheidung bzw. Abgrenzung zu Lexika und Nachschlagewerken, die geordnet nach Begriffen ebendiese zu erklären (v)ersuchen, zum Ausdruck gebracht werden. Zum anderen wird dem normativen Charakter der untersuchten Literatur Rechnung getragen. Damit meine ich den Umstand, dass, obwohl einige Titel28 den neutralen, deskriptiven Status suggerieren, was zum Teil durchaus stimmt, eine eigene, um nicht zu sagen: eigenständige, Position extrahiert wird. Konkret: Es wird nicht nur beschrieben, was Sportphilosophie ist, sondern auch, oder gar in erster Linie, was (bzw. wie) Sportphilosophie sein soll.29 Man könnte meinen, „Sportphilosophische Literatur“ müsse in der Gesamtheit einer wissenschaftlichen Verschriftlichung durchgehend philosophischer Natur sein. Doch in (Sammel-)Bänden, die unterschiedliche Autoren und/oder Themengebiete betrachten, ist es durchaus möglich (und zulässig wie auch sinnvoll), dass nur Teile innerhalb des Bandes genuin philosophische sind. Und wenn sich nun ein Autor mit dem Themengebiet Sportphilosophie, welches neben anderen Themengebieten steht, be- 28 „Einführung in das Studium der Sportwissenschaft“ (Rösch, 1978a), „Theorie und Themenfelder der Sportwissenschaft“ (Haag, Strauß & Heinze, 1989), „Einführung in das Studium der Sportwissenschaft“ (Haag, 1991a), „Theoriefelder der Sportwissenschaft“ (Haag & Strauß, 2003). 29 Dies mag wohl vornehmlich an der Unterentwickeltheit der Sportphilosophie liegen, welche weiter unten in diesem Abschnitt noch belegt wird. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 22 schäftigt, so kann man diesen Beitrag als „sportphilosophische Literatur“ bezeichnen.30 „Die Philosophie des Sports ist eine unterentwickelte Disziplin“ (Lenk, 1973, S. 7). Dies bestätigt auch Meinberg (1998, S. 501). „Eine systematische Philosophie des Sports und seiner Leistung gibt es bisher nicht“ (Lenk, 1974, S. 45). „Auch wenn nahezu zwanzig Jahre vergangen sind, seitdem Lenk dieses Urteil gefällt hat, darf es nach wie vor Aktualität beanspruchen“ (Court, 1991, S. 104). Denn die Sportphilosophie sei noch „im Werden begriffen […]“ (Thiele, 1996, S. 21). Die obigen Zitate belegen eindeutig, dass die Sportphilosophie noch weit entfernt ist, von einer durchweg systematisch er- bzw. aufgeschlossenen Disziplin.31 Rösch (1978b, S. 18) sieht eine anspruchsvolle Aufgabe darin, eine Sportphilosophie auszuarbeiten: „Es wäre zu anspruchsvoll, eine ‚Sportphilosophie’ oder ‚Philosophie des Sports’ als eine ernsthafte systematische und bis in die letzten wissenschaftstheoretischen Verästelungen und logischen Bezüge begründbare ‚Philosophie’ zu verstehen. Dazu sind eine Sportwissenschaft 30 Die Aneinanderreihung von „eigenständig“ und „sportphilosophisch“ impliziert des Weiteren die noch herauszuarbeitende Stellung der Sportphilosophie als eigenständige Disziplin. Ob in der Philosophie oder Sportwissenschaft angesiedelt, wird sich noch zeigen. 31 „Daß die Sportphilosophie noch eine junge Wissenschaftsdisziplin ist, heißt nicht, daß sie keine Ergebnisse vorzuweisen hat“ (Caysa, 1997, S. 7). Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 23 und erst recht eine Sportphilosophie zu jung und noch nicht genügend durchdacht“. Doch wie steht es nun mit der Verortung der Sportphilosophie innerhalb der eigenständigen, sportwissenschaftlichen Literatur?32 „Bezogen auf die allgemeine Philosophie ist die Sportphilosophie kein Thema“ (Thiele 1996, S. 21). So behauptet bereits Tiwald (1974, S. 15f), dass die Sportphilosophie „keine eigene philosophische Disziplin“ sei. Caysa (1997, S. 7) behauptet schlicht und einfach das Gegenteil: „Die Sportphilosophie ist eine philosophische Teildisziplin, die sich […] langsam und kaum beachtet im 20. Jahrhundert herausgebildet hat“. So sieht auch Court (1995, S. 17) die Sportphilosophie als „Bereichsphilosophie“ mit Blick auf das „Handlungsfeld Sport“. Schürmann (2003, S. 133) dagegen verortet die Sportphilosophie strikt in der Sportwissenschaft: „Die Sportphilosophie ist ein kleines [...] Theoriefeld der Sportwissenschaft […]. Die Verankerung der Sportphilosophie als Theoriefeld der Sportwissenschaft ist eine bemerkenswerte Besonderheit. […] Sportphilosophie [..] taucht traditionell im Kanon der akademischen Philosophie nicht auf, sodaß die Sportwissenschaft hier einen eigenständigen Beitrag zur Wissenschaftslandschaft leistet“. Tiwald (1974, S. 15f) geht ebenfalls diesen Weg: 32 Im Folgenden wird auf eine Trennung in Literatur der Sportwissenschaft und Literatur der Philosophie verzichtet, da eine eindeutige Zuordnung, wie sie in Abschnitt 2.1.2 durchführbar war, nur bedingt möglich und auch für den Erkenntnisfortschritt nicht förderlich scheint. Denn es wäre ja möglich, dass ein Sportwissenschaftler die Sportphilosophie in der Philosophie und ein Philosoph diese in der Sportwissenschaft heimisch erklären könnte. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 24 „Die Sportphilosophie ist [..] keine eigene philosophische Disziplin, auch keine eigene Wissenschaft, sondern ein integrierter Teil der Sportwissenschaft, der einerseits regulierende und kontrollierende Aufgaben hat, andererseits aber als Fragewissenschaft bestimmt ist“.33 Zwischen Sportwissenschaft und Philosophie (Sowohl-Als-Auch-Status) setzt Haag (1991b, S. 157)34 die Sportphilosophie: „Sportphilosophie ist einerseits spezielle und angewandte Philosophie (Intrabeziehungen) und andererseits Theoriefeld der Sportwissenschaft (Interbeziehungen)“. Drexel & Grupe (2003, S. 269) schließen sich Haag (ebd.) an: „Die Sportphilosophie ist eine Teil- und eine Grundlagendisziplin der Sportwissenschaft. Zugleich ist sie ein Teilgebiet der allgemeinen Philosophie, wenn auch keine besonders bedeutende“. Auch Lenk (1974, S. 126) sieht die Sportphilosophie auf beiden Seiten, sowohl auf der der Philosophie als auch auf der der Sportwissenschaft. Allerdings gesteht er der Sportphilosophie in der Philosophie nur einen geringen Stellenwert zu. „Sport als Thema der Philosophie ist Neuland“ (ebd.).35 33 Jedoch widerspricht sich Tiwald (ebd., S. 16) offensichtlich selbst, indem der Sport- philosophie als „[a]ngewandte Philosophie“ tituliert. Doch dies scheint mir nur eine ungenügend durchdachte Verwendung der hier verwendeten Begriffe zu sein. 34 Die Beiträge von Haag (1989), Haag (1991b), Haag (1995) und Haag (1996a) sind sinngemäß identisch, manchmal sogar im Wortlaut. In den von Haag zitierten Passagen sind stellvertretend für die Gesamtauffassung Haags und richten sich nicht nach Veröffentlichungsdatum, sondern eher nach dem Kriterium der Zitierbarkeit im Sinne von der Passgenauigkeit des Wortflusses und/ oder –bildes. 35 Vgl. Lenk (1983, S. 15). Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 25 Rufen wir uns noch einmal die Möglichkeiten einer Verortung der Sportphilosophie ins Gedächtnis. Zum einen könnte man die Sportphilosophie in der Philosophie, so wie es Caysa (1997, S. 7) und Court (1995, S. 17) tun, zum anderen in der Sportwissenschaft, so wie es Schürmann (2003, S. 133) und Tiwald (1974, S. 15f) tun, verorten. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, die Sportphilosophie sowohl in der Sportwissenschaft als auch in der Sportphilosophie anzusiedeln. Diesen Weg gehen Drexel & Grupe (2003, S. 269) und Lenk (1974, S. 126; 1983, S. 15). Nun existiert aber noch eine weitere Möglichkeit36, oder besser: Möglichkeiten: Sportphilosophie könnte zwischen Sportwissenschaft und Philosophie liegen. „Denkbar ist hier einerseits, Sportphilosophie als Anwendung allgemeiner philosophischer Einsichten auf den Bereich des Sports bzw. der Sportwissenschaft zu begreifen oder andererseits ein die allgemeine Philosophie generierendes Moment seitens der Sportphilosophie“ (Schürmann, 2003, S. 134f). Wenn Sportphilosophie als etwas, das Elemente der Sportwissenschaft und Elemente der Philosophie beinhaltet, verstanden wird, dann stünde sie derjenigen „Mutterwissenschaft“ näher, mit denen sie mehr gemein hätte. Und je mehr Elemente sie gemein hätte, desto näher würde sie der jeweiligen Mutterwissenschaft stehen. So könnte man die Sportphiloso- 36 Die zwar logisch mögliche Variante, dass Sportphilosophie weder in der Sportwissen- schaft noch in der Philosophie und auch nicht in beiden oder gar dazwischen heimisch sei, fällt wegen Unsinnigkeit weg. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 26 phie je nach Verständnis derselben an eine bestimmte Stelle im Raum zwischen Sportwissenschaft und Philosophie (an)setzten.37 Wie sieht es jetzt mit dem Gegenstand der Sportphilosophie aus? „Einer Philosophie des Sports stellt sich als Gegenstand der ‚Sport’ dar, so wie er sich als Phänomen beim Menschen und in der Gesellschaft vorfindet“ (Rösch, 1978b, S. 18.). Eine Definition wie diese krankt an der Unbestimmtheit des Wortes „Sport“. Hiermit ist also noch nicht viel gesagt. Dass Sportphilosophie irgendetwas mit Sport zu tun hat, ist bereits durch den Ausdruck ausgesagt und stellt eine Tautologie. Haag (1989, S. 100) nennt „[m]ögliche Themenbereiche“ bzw. „Teilbereiche der Sportphilosophie“ (ebd., S. 101): „Wissenschaftstheorie der Sportwissenschaft, Anthropologie, Philosophie der Leistung im Sport, Philosophie des Spiels, Ästhetik und Sport, Sozialphilosophie des Sports, Ethik und Sport, Bewegungsphilosophie (Kinephilosophie) (ebd., S. 116).38 Haag (1996a, S. 10) präzisiert die „Teilaspekte bzw. Themen der Sportphilosophie […]“ auf Teildisziplinen: „Anthropologie, Sozialphilosophie, Ästhetik, Ethik, Sprachphilosophie, Wissenschaftstheorie“ (aus 37 Eine Erweiterung dieses Modells wäre denkbar durch Hinzunahme weiterer (Mutter-) Wissenschaften, was mit einer mehrdimensionalen (räumlichen) Verortung verbunden wäre. 38 1995 (S. 13f) nennt Haag allerdings nur sieben statt der hier präsentierten acht. Die Wissenschaftstheorie wird ohne jegliche Erwähnung oder Angabe von Gründen nicht einbezogen. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 27 Intrabeziehungen) und „Bewegung […], Spiel, Leistung“ (aus Interbeziehungen) (ebd.). Haag (ebd.) charakterisiert die Sportphilosophie als „spezielle und angewandte Philosophie, eine Philosophie einer ‚realen’ Welt […]“. „Der Sport ist eine sehr komplexe und vielfältige reale Welt“ (ebd.). Haag versteht unter „realen Welten“ „Teilaspekte der Gesellschaft“ (ebd., S. 9), die da (beispielsweise) wären: „Natur“, „Technik“, „Recht“, „Religion“, „Staat“. Die Spezifizierung der Sportphilosophie als „spezielle und angewandte Philosophie“ (ebd.) bleibt aus meiner Sicht inhaltsleer. Was genau damit gemeint ist, bleibt Haag schuldig. Eine banale Interpretation von „angewandt“ im Sinne von Anwendung allgemeiner Theorien oder Prinzipien auf einen speziellen, spezifischen Gegenstand bzw. Sachverhalt oder einfach in einem speziellen Bereich bzw. Gebiet bietet sich hier wohl an. Doch ist eine Unterscheidung zur allgemeinen bzw. nichtangewandten Philosophie, was immer dies auch sein mag, impliziert, welche noch entwicklungsbedürftig ist. 2.1.4 Selbstverständnis der Sportphilosophie „Die Frage nach [dem] [..] Selbstverständnis der Sportphilosophie ist in sich gesehen schon eine philosophische Frage“ (Haag, 1989, S. 94). Unter „Selbstverständnis“ möchte ich zum einen die Anatomie der Sportphilosophie im Sinne eines systematischen Aufbaus verstanden haben. Zum anderen meine ich mit „Selbstverständnis“ eine Standortbestimmung im Sinne einer Verortung, welche die Sportphilosophie in Beziehung zu anderen Wissenschaftszweigen setzt. „Es ist von vornherein klärungsbedürftig und bereits eine der Hauptfragestellungen der Sportphilosophie, wo eine Philosophie des menschlichen Körpers und/oder eine Philosophie der (sportlichen) Bewegung systematisch zu verorten ist“ (Schürmann, 2003, S. 134). Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 28 Die Ausführungen dieses Unterkapitels lassen sich als anschauliche bzw. visualisierende Zusammenfassung oder Überbau des vorher Gesagten lesen. Natürlich existieren bereits verschiedene Modelle, welche ich nun in gebotener Kürze darlegen werde. 39 Zuerst ist die Sportphilosophie als „Humanwissenschaft“ (Haag, 1995, S. 10) zu identifizieren, d.h. sie beschäftigt sich mit dem Menschen. Haag (1996a, S. 10) versucht in einem „ganzheitliches Konzept der Sportphilosophie“ ebendiese zu modellieren: 39 Die Reihenfolge der Modelle ist willkürlich und richtet sich nicht nach ausgewählten Kriterien. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 29 Metaphysik Wissenschaftstheorie (Erkenntnistheorie) der Sportwissenschaft Anthropologie (Leib/ Körper) Philosophie des Spiels - Sozialphilosophie des Sports - Sprachphilosophie Ontologie - Philosophie der Leistung im Sport Ethik und Sport - Ästhetik und Sport - Bewegungsphilosophie (Kinephilosophie) Logik Lebensbereiche Staatsphilosophie - Wirtschaftsphilosophie - Sportphilosophie - Kunstphilosophie - Religionsphilosophie Abb. 1: Versuch einer Modellbildung der Sportphilosophie nach Haag (1989; 1991b) Diese Skizze richtet sich nach dem „Versuch einer Modellbildung für den Gegenstandsbereich der Sportphilosophie auf dem Hintergrund der allgemeinen Philosophie“ (Haag, 1989, S. 98) und der „Abb. B.25: Sportphilosophie I“ (ebd., 1991b, S. 158). Es handelt sich hierbei um eine Interpretation des Haagschen Versuches, da Pfeile ergänzt wurden. Eine dif- Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 30 ferenzierte Erläuterung, die einer tiefgehenderen Interpretation gleich käme, wird nicht vorgenommen, da auf der einen Seite Haag (1989; 1991b) selbst keine ausreichende Erläuterungen präsentiert40 und auf der anderen Seite eine weitergehende Erläuterung zur hier beabsichtigten Orientierung und dem Zweck dieser Arbeit nicht in hohem Maße zuträglich ist. Dies gilt auch für die nachfolgenden Modelldarstellungen. Dennoch möchte ich auf eine, wenn auch nur oberflächliche, Erläuterung nicht verzichten, die sich an Haag (1989, S. 99) orientieren: Haag (ebd.) unterscheidet mehrere Ebenen, auf denen unterschiedliche Bereich angesiedelt sind. So befindet sich die Sportphilosophie neben Staats-, Wirtschafts-, Kunst- und Religionsphilosophie auf derselben Ebene und strahlt in die Lebensbereiche des Menschen aus, die zur Bewegungsphilosophie überleiten. Auf derselben Ebene der Bewegungsphilosophie liegen die Sprachphilosophie und die Logik. Die Bewegungsphilosophie strahlt weiter aus in die Sozialphilosophie des Sports und die Ästhetik des Sports, welche beide mit der Ethik des Sports, welche ihrerseits auf die Bewegungsphilosophie ausstrahlt, auf einer Ebene liegen. Von Seiten der Metaphysik besteht eine Verbindung zur Wissenschaftstheorie der Sportwissenschaft, welche ihrerseits eine Verbindung zur Anthropologie aufstellt. Die Anthropologie strahlt dann weiter aus auf die Philosophie des Spiels und die Philosophie der Leistung im Sport, welche sich auf einer Ebene mit der Ontologie befinden, die41 von der Verbindung der Anthropologie profitiert. Rösch (1978b, S. 20) schlüsselt die Sportphilosophie in die Bereiche „Anthropologie“, „Ethik“ und „Philosophische ‚Kritik’ “ auf, die ihrerseits 40 So bleiben die Verbindungen der Ebenen (nahezu völlig) klärungsbedürftig. 41 Gemeint ist die Ebene. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 31 untergliedert werden, sich aber alle auf den „Menschen im Sport“ beziehen. Die Anthropologie bewegt sich in den „Grundkategorie[n]“ (ebd.) „Leiblichkeit“ (ebd.), „Bewegung“ (ebd.), „Spiel“ (ebd.) und „Leistung“. Die Ethik analysiert die „Grundhaltung[en]“ (ebd.) der „Regeln“ (ebd.), der „Fairness“ (ebd.), der „Ehrlichkeit“ (ebd.) und der „Freiheit“ (ebd.). Die philosophische Kritik bezieht sich auf „Problemfeld[er]“ (ebd.) der „Kommerzialisierung“ (ebd.), der „Politisierung“ (ebd.), von „Freizeit [und] Arbeit“ (ebd.) und von „Pseudokult(ur)“ (ebd.). Anthropologie Ethik Phil. „Kritik“ Grundkategorie Grundhaltung Problemfeld Leiblichkeit Bewegung Spiel Leistung Regeln Fairness Ehrlichkeit Freiheit Kommerzialisierung Politisierung Freizeit – Arbeit Pseudokult(ur) Menschen im Sport Abb. 2: Sportphilosophie – Philosophie des Sports nach Rösch (ebd.) Das Model von Niedermann (ebd), welches hier in der aktuellsten Version42 vorgestellt wird, hat den Menschen im sportlichen Handlungsfeld im Mittelpunkt, der umgeben ist von den „[S]portwissenschaftlichen Bereiche[n]“ (ebd., S. 11), von denen der hier relevante dieser ist: „Ethische, philosophische, religiöse, anthropologische Fragen des Sports“ (ebd.). 42 Das „Original“ ist zu finden in Niedermann (1976, S. 28). Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 32 Den äußeren Ring des Kreisdiagramms bilden die Bezugswissenschaften – man könnte auch von Mutterwissenschaften sprechen -, die den „Bezug zu anderen Wissenschaften“ (ebd.) der entsprechenden sportwissenschaftlichen Bereiche aufzeigen. Im Fall des Bereiches „Ethische, philosophische, religiöse, anthropologische Fragen des Sports“ (ebd.) sind die Bezugswissenschaften „Ethik, Philosophie, Religion, Anthropologie“ (ebd.). Abb. 3: Integrativ-dynamisches Strukturmodell der Sportwissenschaften nach Niedermann (1996, S. 10) Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 33 Bei Hägele (1996, S. 159) findet die Sportphilosophie zwar keinerlei Berücksichtigung, was aber nicht weiter tragisch ist, da sein Modell für Additives offen steht bzw. auszufüllende Lücken beinhaltet. In diesem Sinne habe ich mir erlaubt, die Sportphilosophie zu integrieren: Mutterwissenschaften Sportwissenschaft der Teildisziplinen Sportpä- Sportpsy- Sport- Sportso- Trainings- Sportphilo- sportwiss. dagogik chologie medizin ziologie Überbau lehre sophie … Theorie des Sports problemorientierte Interdisziplinarität problemorientierte Interdisziplinarität Theorie der Sportarten Sportwissenschaft der Sportarten Turnen Leichtathletik Fußball Schwimmen Bergsteigen … sportwiss. Basis Sportpraxis Abb. 4: Das idealtypische Modell der Sportwissenschaft nach Hägele (1996, S. 159) Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 34 Das Model von Hägele (ebd.) sieht die wechselseitige Beziehung von Sportphilosophie und deren Mutterwissenschaft der Philosophie. Die sportwissenschaftlichen Disziplinen und somit auch die Sportphilosophie strahlen auf die Theorie des Sports aus. Diese verschmilzt in Form interdisziplinarisch unter einer problemorientierten Perspektive mit der Theorie der Sportarten. Die aufgeführten Modelle bieten aus verschiedenen Sichtweisen eine Systematisierung bzw. Organisierung der Sportphilosophie. Und eben wegen der Perspektivenpluralität ist keines der Modelle (im Allgemeinen) als schlechter oder besser, oder gar als falsch zu bezeichnen. Sie stehen vielmehr nebeneinander im Status unterschiedlicher Blickwinkel. Haag, Strauß & Heinze (1989) und Haag (1991a) sehen die Sportphilosophie in Anlehnung an das so genannte „Sieben-Theoriefeld-Modell“ (Haag, 1979) als (bestehendes) Theoriefeld der Sportwissenschaft neben Sportmedizin, Sportbiomechanik, Sportpsychologie, Sportpädagogik, Sportsoziologie und Sportgeschichte.43 In der neuesten Auflistung der Theoriefelder der Sportwissenschaft von (Haag & Strauß, 2003) besteht die Sportphilosophie als Theoriefeld neben Sportmedizin, Sportbiomechanik, Bewegungswissenschaft, Trainings- wissenschaft, Sportinformatik, Sportpsychologie, Sportpädagogik, Sportsoziologie, Sportpolitik, Sportrecht, Ökonomie des Sports und Sportmanagement und Sportgeschichte. 43 Theoriefelder in der Entwicklung sind Sportinformation, Sportpolitik, Sportrecht, Ökonomie des Sports und Übungsstätten/ Geräte (Haag, Strauß & Heinze, 1989), wobei Übungsstätten/ Geräte von Schnabel (1993, S.16) „Sportstätten- und Gerätekunde“ genannt wird. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 35 „Die Sportphilosophie ist eine Teil- und eine Grundlagendisziplin der Sportwissenschaft. Zugleich ist sie ein Teilgebiet der allgemeinen Philosophie, wenn auch keine besonders bedeutende“ (Drexel & Grupe, 2003, S. 269). Die Sportphilosophie ist „eine junge und noch wenig entwickelte Einzeldisziplin in einer verhältnismäßig jungen Komplex-Wissenschaft“ (ebd., S. 294). Trotz ihrer Suche nach Antworten auf grundlegende Fragen des Sports und der Sportwissenschaft ist es ihr bislang nicht gelungen, eine ihr gebührende Rolle im Konzert der sportwissenschaftlichen Einzeldisziplinen zu spielen“ (ebd.). „Die Sportphilosophie ist ein kleines [...] Theoriefeld der Sportwissenschaft“ (Schürmann, 2003, S. 133), also eine Teildisziplin der Sportwissenschaft (vgl. u.a. Willimczik, 1992, S. 453), welche aber im Vergleich zu den anderen, etablierten Teildisziplinen (noch) eine untergeordnete Rolle spielt. Jedoch ist sie eine besondere Disziplin der Sportwissenschaft, da sie andere Disziplinen transzendiert und auf einer Metaebene sowie integratorisch betrachten kann. „Es ist überhaupt das Merkmal des Theoriefeldes der Sportphilosophie, daß es gleichsam ‚quer’ liegt zu den anderen Theoriefeldern, d.h. sportphilosophische Fragen können in jedem Zusammenhang gestellt werden“ (Haag, 1989, S. 94). „[M]an wird ihr als Gegenstand ein ‚Mehr’ zumuten müssen gegenüber der summierenden Aufzählung der Einzelerkenntnisse der anderen sportwissenschaftlichen Theoriefelder“ (Schürmann, 2003, S. 135). 2.2 Sportethik als sportphilosophische Disziplin Nachfolgend wird der Versuch unternommen, zu klären, was denn Sportethik sei und wie sie sich zur Sportphilosophie – dies schließt auch das Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 36 Verhältnis zu Sportwissenschaft und Philosophie ein – positionieren könnte. 2.2.1 Lexika und Nachschlagewerke Auf der Suche nach der Sportethik in philosophischen Lexika44 ist nach der weiter oben getätigten und bezeichnenden Feststellung, dass die Sportphilosophie dort nicht auffindbar ist, wohl zu erwarten, dass auch die Sportethik vergebens zu suchen sei. Diese Vermutung trifft auch zu. Allerdings gibt es eine einzige Ausnahme45: Das „Metzler-Philosophie-Lexikon“ (1999).46 Court (1999, S. 559f) schreibt dort: „[Die Sportethik] befasst sich mit der Analyse und Bewertung praktischer und theoretischer Implikationen moralischer Einstellungen und Handlungen im Sport. Da die eigentliche S[portethik] als Theorie der sportmoralischen Praxis einen metaethischen Überbau trägt, reicht ihr Gegenstandsgebiet von der Moral des einzelnen Athleten bis hin zu der Beschäftigung mit sportwissenschaftlichen Prozeduren“. 44 Es werden wieder die Werke „Philosophisches Wörterbuch“ (Halder & Müller, 2000), „Metzler-Philosophie-Lexikon“ (Prechtl & Burkard, 1999) und „Philosophielexikon“ (Hügli & Lübcke, 2001) und zusätzlich „Lexikon der Ethik“ (Höffe, 2002b) zu Rate gezogen. 45 Eine nicht unbedingt gängige, aber existierende Internetpräsenz ist m.E. zu erwähnen, da die Eigenschaft der absoluten Aktualität – zumindest im Potential – eine mögliche Vorwegnahme der zukünftigen literarischen Ausfertigungen bedeuten kann. So erscheint möglicherweise mit Zeitverzögerung die Sportethik bald auch in verschrifteten, philosophischen Lexika. Gemeint ist: „Phillex. Lexikon der Philosophie“ (Wiedemann, 2004). Hier lässt sich die Sportethik finden (ebd.), welche verlinkt ist zur Ethik im Allgemeinen und dort als angewandte Ethik neben Bioethik, Wirtschaftsethik, Wissenschaftsethik, Computerethik, Medienethik und Friedensethik auftaucht (ebd.). 46 Die mangelnde Präsenz der Sportethik in philosophischen Lexika hat auch Pawlenka (2004b, S. 10) schon aufgedeckt. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 37 Werfen wir nun einen Blick auf sportwissenschaftliche Lexika. So wie die Sportphilosophie fehlt, so fehlt bei Schnabel & Thieß (1993a; 1993b) auch die Sportethik. Beyer (1987) beinhaltet zwar einen Beitrag, der die Sportphilosophie behandelt, aber nach einem, der sich mit der Sportethik befasst, sucht man vergebens. Bei Haag & Haag (2003) ist zwar auch „sport philosophy“ zu finden, aber keine Sportethik als eigenständiger Beitrag. Es wird lediglich auf die Beziehung zwischen Sport und Ethik hingewiesen (ebd., S. 495). In Röthig (1992b) schrieben Court & Gerhardt (1992, S. 428f): „Die S[portethik] ist ein Spezialgebiet der Allgemeinen Ethik. Während diese sich als Theorie moralischen Handelns überhaupt versteht, geht es der S[portethik] um die Analyse und Bewertung moralischer Einstellungen und Vollzüge im Feld des Sports“. „Damit reicht ihr Gegenstandsbereich von der Moral des einzelnen Athleten über die Verantwortung sportlicher Organisationen bis hin zu der der sportwissenschaftlicher Prozeduren“ (ebd., S. 429).47 Die Sportethik sei eine „Bereichsethik“ (ebd.). „[A]uf ihrer Gegenstandsseite [unterscheidet man] die eigentliche S[portethik] als Theorie der sportmoralischen Praxis von der Metaethik (der S[portethik]), die nach den Bedingungen einer solchen Theorie überhaupt fragt“ (ebd., S. 428f). In Röthig (2003) schreibt Court (2003, S. 511), dass die „Sportethik als Spezialgebiet der allgemeinen Ethik [..] die Theorie der Moral von Sport und Sportwissenschaft“ sei. 47 Hier lässt sich eine wortwörtliche Übereinstimmung mit dem Artikel von Court (1999, S. 559f) feststellen. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 38 Meinberg (1998, S. 498) schreibt: „Die Sportethik ist das theoretische Instrument, das über die moralischen Dimensionen des Sports aufzuklären versucht; sie hat die sportmoralische Praxis zu ihrem Gegenstand […]“. „Ihr geht es also um eine Verbesserung der sportmoralischen Praxis […]“ (ebd.) und ihre Leitidee sei die Humanität (ebd.) Zur Verortung der Sportethik äußert sich Meinberg (ebd., S. 499) folgendermaßen: „Die Ethik des Sports wird im allgemeinen mit der Philosophie in Verbindung gebracht. Ihr ausgezeichneter Ort ist die praktische Philosophie […]“. Meinberg (ebd.) sieht die Sportethik also in erster Linie der Philosophie zugehörig. „Daß die Ethik primär in der Philosophie anzusiedeln ist, lässt sich kaum bestreiten. Dies gilt auch für die Sportethik, die als Bereichsethik an der allgemeinen Ethik partizipiert. Sie konkretisiert das Allgemeinethische im speziellen Kontext des Sports […]“. Auch betont Meinberg (ebd., S. 500) „nicht nur eine Verbindung zu anderen Disziplinen der Philosophie […], sondern auch zu anderen Bereichsethiken“. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 39 2.2.2 Eigenständige, sportethische Literatur Was vorher für die eigenständige, sportphilosophische Literatur zur Erklärung des Attributs „eigenständig“ gesagt wurde, gilt selbstverständlich auch für die hier zu untersuchende, eigenständige, sportethische Literatur.48 Rösch (1978b, S. 27) versteht unter Sportethik Grundhaltungen bezüglich der Anerkennung und Einhaltung von Regeln, zur Fairness, zur Ehrlichkeit und zur Freiheit. Bis auf die Freiheit sind die anderen Grundhaltungen selbsterklärend, zumindest in der basalen Bedeutung, die Rösch ihnen zuschreibt (vgl. ebd.). Nur die Freiheit wird nicht intuitiv einsichtig. Mit „Grundhaltung zur Freiheit“ meint Rösch (ebd.) die freie Entscheidung zur sportlichen Tätigkeit und die Warnung vor der Unfreiheit, d.h. „in den Zwang von Abhängigkeiten und gesteigerten Leistungserwartungen“ (ebd.) zu geraten. „Sportethik ist die Theorie der sportmoralischen Praxis“ (Meinberg, 1991, S. 41). „[D]ie Sportethik [hat] zu ihrem Objektbereich verschiedene Sportmoralen“ (ebd.). Meinberg (1989, S.19) glaubt, „daß sich allgemeine Grundfragen der Ethik in der Sportethik, spezifisch zugeschnitten, abspiegeln“ (ebd.) und hält die Sportethik für ein „eigenständiges Teilgebiet der Sportwissenschaft“ (ebd.). „Ihr Standort ist zwischen Philosophie und einzelwissenschaftlicher Forschung anzusiedeln […]“ (ebd.). 48 So zählen die Beiträge aus der „Einführung in die Sportwissenschaft“ (Rösch, 1978a), aus dem „Handbuch Sportphilosophie“ (Haag, 1996b) und aus dem „Lexikon der Ethik im Sport“ (Grupe & Mieth, 1998) aus den explizierten Gründen (auch) zur eigenständigen, sportethischen Literatur. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 40 Haag (1995, S. 160-164) unterteilt die Sportethik (in Anlehnung an Court & Gerhardt, 1992) in „Spitzensportethik“, „Freizeitsportethik“, „Gesundheitssportethik“ und „Ethik für Sport und Umwelt“. Niedermann (1996, S. 7) dagegen meint, „daß es eine selbständige und wirklich eigengesetzliche Sportethik nicht gibt […] [und] gar nicht geben kann“. Drexel & Gruppe (2003, S. 285) wiederum bezeichnen die Sportethik als „vergleichsweise besser entwickeltes Gebiet der Sportphilosophie“. „[M]an [sollte] zwischen heimischen Sportethiken, kombinierten und sportbetreffenden Ethiken unterscheiden“ (ebd.). Der Gegenstandsbereich der Sportethik „erstreckt sich von der individualethischen Ebene, die das moralisch richtige und gute Handeln der am Sport direkt oder indirekt Beteiligten (Sportler, Trainer, etc.) hinterfragt und begründet […], über die institutionenethische Ebene, die die Strukturen von Sport und Sportwissenschaft analysiert und bewertet, hin zur globalethischen Ebene, die die Einbettung und Rolle des Sports im gesamtgesellschaftlichen bzw. globalen Zusammenhang kritisch reflektiert“ (Pawlenka, 2004b, S. 10). „[Die Sport]ethik, [..] [ist] zwar genuin auf Praxis ausgerichtet [..], [bedient] sich jedoch in der kritischen Analyse und Normenbegründung der theoretischen Mittel der Philosophie [..]“ (ebd., S. 12). „Sportethik ist auch als praxisbezogener Teil der Sportphilosophie zu sehen […]“ (ebd., S. 13). So stellt sich auch bei der Sportethik wie bei der Sportphilosophie die Frage nach „ihrem systematischen Ort zwischen Philosophie und Sportwissenschaft“ (ebd., S. 12). Hinzu kommt noch die Frage nach dem Verhältnis von Sportphilosophie und Sportethik. Hier gibt es nun die Möglichkeit, dass Sportethik und Sportphilosophie nebeneinander als eigen- Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 41 ständige Disziplinen bestehen. Eine andere Möglichkeit, die ich favorisieren möchte, ist die, dass Sportethik eine Teildisziplin der Sportphilosophie sein könnte, womit die Klärung des systematischen Orts der Sportphilosophie auch zwangsläufig mit der Klärung des systematischen Ortes der Sportethik verbunden ist. 2.2.3 Sportethik als angewandte Ethik Mieth (1998, S. 146), Drexel & Grupe, (2003, S. 289) und Pawlenka (2004b, S. 10) klassieren die Sportethik als angewandte Ethik.49 „Die Sportethik als theoretische Reflexion der moralischen Dimensionen eines prägnanten Teilbereichs menschlichen Handelns, nämlich des Sports, zählt zu den Bereichsethiken und damit zur Angewandten Ethik (ebd). Doch was ist unter angewandter Ethik zu verstehen? Und was ist damit gemeint, die Sportethik als angewandte Ethik zu betrachten? Zur Beantwortung dieser Fragen, müssen wir (rein) philosophische Literatur konsultieren, da sich in der sportwissenschaftlichen Literatur (noch) nichts Brauchbares hinsichtlich dieser Thematik auffinden lässt. Angewandte Ethik ist eine „problemorientierte Ethik“ (Bayertz, 1991, S. 20) bzw. „problembezogene Ethik“ (ebd., S. 23). „Angewandte Ethik ist die Anwendung einer Ethik oder der von ihr explizierten Regeln auf aktuelle gesellschaftliche Probleme zu deren Klärung und Lösung. Als Anwendung einer Theorie ist sie nicht selbst eine Theorie, wenn wir unter Theorie ein System von Allaussagen oder Gesetzen verstehen. Sie ist, im weiten Sinn des Wortes, eine Kasuistik, 49 Mieth (1998, S. 146) verwendet „praktische Ethik“ und „angewandte Ethik“ synonym. Auf diese Nuance gehe ich hier nicht ein. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 42 eine Erörterung konkreter Fälle oder Situationen, für die unklar ist, welchen Regeln oder Gesichtspunkte[n] man in ihnen zu folgen hat“ (Steinvorth, 1999, S. 27).50 So ist die angewandte Ethik als “Intervention“ (Kettner, 2000, S. 8) als Reaktion auf „moralische Irritation […] in den betreffenden Bereichen“ (ebd.). „Die Angewandte Ethik reagiert mit Hilfe einer Vielzahl unterschiedlichster Bereichsethiken auf den durch die Moderne und ihrer zentralen Charakteristika (Individualisierung; Komplexität; Pluralisierung; Segmentierung; Entmoralisierung; Medialisierung u.a.) hervorgerufenen Verlust an gemeinsamen und geteilten moralischen Überzeugungen wie auf neue ethische Fragestellungen und die durch die entstehenden sittlichen Herausforderungen“ (Laubach, 2003, S. 1).51 „Der Angewandten Ethik geht es [also] um das konkrete Handeln und anstehende Entscheidungs- und Handlungsprobleme“ (ebd.). „Angewandte Ethik ist die [somit] von Moraltheorien geleitete Suche nach moralischen Regeln zur verbindlichen Lösung aktueller sozialer Probleme“ (Brudermüller, 1999, S. 9). Düwell, Hübenthal & Werner (2002, S. 244) verwenden „ ‚Angewandte Ethik’ als Sammelbezeichnungen für die verschiedenen ‚Bereichsspezifischen Ethiken’ “52, die da wären: Bioethik, Genethik, Kulturethik, 50 Wolf (1998, S. 146) spricht von der „moderne[n] Gestalt der traditionellen Kasuistik, allerdings […] in einem Feld stark umstrittener und konkurrierender Ansätze“. 51 Laubach stammt zwar aus der Theologie, doch seine eingänglichen Bemerkungen zur angewandten Ethik im Generellen bieten einen guten ersten Zugang zur angewandten Ethik. 52 Wolf (u.a.) (1988, S. 149) verwendet den Terminus „Bindestrich-Ethiken“. Nida- Rümelin (1996, S. 63) möchte „Angewandte Ethik“ durch „Bereichsethiken“ fortwährend Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 43 Medienethik, Medizinethik, Politische Ethik, Technikethik, Tierethik, Umweltethik, Wirtschaftsethik. Themenfelder der angewandten Ethik nach Thurnherr (2000) sind: Medizinethik, Bioethik, Tierethik, Ökologieethik, Sozialethik, politische Ethik, Rechtsethik, Wirtschaftsethik, Medienethik, Technikethik, Wissenschaftsethik, psychologische Ethik und Strebensethik. Pieper & Thurnherr (1998, S. 10) und Thurnherr (2000, S. 7) unterscheiden in der philosophischen Ethik die allgemeine von der angewandten Ethik. Unter allgemeiner Ethik verstehen Pieper & Thurnherr (1998, S. 10) die „klassische“53 Aufteilung der Ethik in die drei Bereiche „Deskriptive Ethik“, „Normative Ethik“ und „Metaethik“. Unter angewandter Ethik ordnen sie die pädagogische Ethik, die feministische Ethik, die philosophische Praxis, die Wissenschaftsethik, die mit der Technikethik und der evolutionären Ethik in (enger) Verbindung steht, die Sozialethik, die einen Komplexbereich mit der Rechtsethik, der politischen Ethik und der Wirtschaftsethik als auf einer Ebene gelegen, mit der Medienethik bildet, und die Bioethik, welche (enger) verbunden ist mit der Ökologieethik, der Tierethik und der Medizinethik, welche ihrerseits mit der psychologischen Ethik verknüpft ist. Pieper & Thurnherr (ebd., S. 8ff) betonen ausdrücklich, dass es sich nicht um „Subsumtionsverhältnisse, sondern lediglich um Zuordnungsverhältnisse“ handele.54 ersetzen. Wie Mieth (1998, S. 146) benutzen auch Siep & Ach (1996) sowie Singer (1994) den Ausdruck „praktische Ethik“. Ich werde all diese Begriffe synonym verwenden, vorrangig aber von angewandter Ethik bzw. Bereichsethik sprechen. 53 54 Hervorhebung meinerseits. Auch Friesen & Berr (2004, S. 21) wenden sich (implizit) gegen ein Subsumtions- modell. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 44 Philosophische Ethik Allgemeine Ethik Deskriptive Ethik Normative Ethik Angewandte Ethik Metaethik Pädagogische Ethik Sozialethik Feministische Ethik Bioethik Philosophische Praxis Ökologieethik Medizin- Tierethik ethik Psyochologische Ethik Rechtsethik Politische WirtschaftsEthik ethik Wissenschaftsethik Medienethik Technikethik Evolutionäre Ethik Abb. 5: Philosophische Ethik nach Pieper & Thurnherr (1998, S. 9) „Angewandte Ethik als philosophische Spezialdisziplin lässt sich nur in Anlehnung an den Begriff der allgemeinen Ethik und im Gesamtkontext der Disziplin Ethik definieren“ (Thurnherr, 2000, S. 7). Unter angewandter Ethik versteht man nun (in Anlehnung an Thurnherr, 2000, S. 14) zum einen die Anwendung bzw. Adaption allgemeinphilosophischer/ -ethischer Theoreme auf spezifische Anwendungsfelder/ -bereiche. Zum anderen meint angewandte Ethik den Bezug auf einen bestimmten ethischen Diskurs mit spezifischem Thema oder anders: die Bereichsethiken. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 45 Die Sportethik lässt sich also ohne Zögern als angewandte Ethik auszeichnen.55 2.2.4 Selbstverständnis der Sportethik „Die Identitätsbestimmung der Sportethik schließt Fragen nach ihrem Gegenstand, ihren Zielen, ihren Aufgaben, ihrer wissenschaftssystematischen Verortung und ihrer Systematik ein […]“ (Meinberg, 1998, S. 498). Das Ziel der Sportethik bzw. deren Aufgabe ist in einhelliger Meinung der maßgeblichen Autoren56 die Generierung bzw. Aufrechterhaltung eines humanen Sports. Was die Verortung betrifft, ist die Sportethik als sportphilosophische Disziplin abhängig von der Verortung der Sportphilosophie. Leider sieht es innerhalb der Wissenschaftslandschaft sehr dürftig, um nicht zu sagen: leer, aus, was systematische Modelle der Sportethik bezüglich des eigenen Aufbaus und das Verhältnis zur (Sport-)Philosophie betrifft. Im Niedermannschen „integrativ-dynamischen Modell der Sportwissenschaft“ (1996, S. 10) (be)stehen zwar Sportethik und Sportphilosophie nebeneinander, doch distanziert sich Niedermann (ebd., S. 7) von der Möglichkeit der Sportethik als eigenständige Disziplin. Jedoch ist anhand 55 Drexel & Grupe (2003, S. 289) fassen „die bislang bearbeiteten ethischen Themen der Sportphilosophie aus der Sicht der allgemeinen angewandten Ethik zusammen“ und teilen diese „bereichsspezifisch“ ein: medizinethisch, sozialethisch, erziehungsethisch, geschlechterethisch, wirtschaftsethisch, umweltethisch, politikethisch, tierethisch und medienethisch. Ob die Sportethik als angewandte Ethik nun nur sportspezifische Aspekte dieser Bereiche sind oder umgekehrt die Bereiche Aspekte der Sportethik sind, wird nicht klar. 56 Dies sind u.a. Court (1995, S. 367), Meinberg (1998, S. 498) und Pawlenka (2002, S. 17). Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 46 seiner Äußerungen nicht zu klären, welchen Status die Sportethik im Verhältnis zur Sportphilosophie nun hat. An diese Stelle wage ich selbst den naiven Versuch, eine (programmatische) modellhafte Verortung bzw. eine Systematik der Sportethik aufzustellen: andere sportphilosophische Disziplinen Sportwissenschaft(en) andere philosophische Disziplinen (akademische) Philosophie Sportphilosophie andere sportwissenschaftliche Disziplinen (Allgemeine)Ethik Angewandte Ethik Sportethik andere Bereichsethiken Abb. 6: Verortung der Sportethik Die Sportethik (be)steht also (in Anlehnung an Pawlenka, 2004b, S. 12) neben anderen Bereichethiken als angewandte Ethik und sportphilosophische Disziplin (neben anderen sportphilosophischen Disziplinen) zwischen Sportwissenschaft und Philosophie, genauer: zwischen Sportphilosophie und Allgemeiner Ethik.57 57 Man könnte auch in Anlehnung an die Denkfigur von Haag (1991b, S. 15) bezüglich der Sportphilosophie von einem „Sowohl-als-auch-Status“ sprechen. Zum Verhältnis von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik 47 Ob es nun eine primäre Ausrichtung zu einer der beiden Wissenschaften Sportwissenschaft oder Philosophie gibt (oder geben sollte), ist eine Frage, die zwar derzeit faktisch beantwortbar zu sein scheint58, aber in einer modellhaften (und auch normativen) Aufstellung zugunsten einer Ausrichtung zu beiden Seiten in gleichen Teilen nicht aufkommt.59 Nun gibt es verschieden Möglichkeiten, die Sportethik zu systematisieren: Erstens lässt sich die Unterscheidung in deskriptive, normative Ethik und Metaethik vornehmen. Auf diesen drei Ebenen lassen sich nun weitere Klassifizierungen vornehmen. So ließe sich auf der Ebene der normativen Ethik (in Anlehnung an Düwell, Hübenthal & Werner, 2002b) weiter unterteilen in teleologische, deontologische und schwach normative und kontextualistische Ansätze, welche ihrerseits wiederum jeweils in einzelne Richtungen (wie z.B. dem Utilitarismus als teleologischer Ansatz) differenziert werden können. Zweitens wäre eine problemorientierte bzw. (typische) Themenorientierung als Ordnungsmaßstab denkbar. So wären mögliche übergeordnete Themenbereiche (in Anlehnung an Pawlenka, 2004a) beispielsweise: Regeln, Fairness und Doping. Die Liste ist beliebig erweiterbar und ausdifferenzierbar, wobei zeitgenössische Strömungen der Politik und der Einzelwissenschaften beeinflussend wirken (können). Der Vollständigkeit seien noch die geschichtlich(-chronologische) und die hauptautorenspezifische Möglichkeit der Systematisierung erwähnt. 58 Bisher wurde ja gezeigt, dass rein philosophische Literatur, d.h. Literatur aus der akademischen Philosophie, die Sportethik (und auch Sportphilosophie) eher als Stiefkind behandeln. 59 Dies gilt auch für die Stellung der Sportethik (bzw. Sportphilosophie) zu anderen Disziplinen der Sportwissenschaft. Im Modell wird eine strukturelle Gleichwertigkeit propagiert. Wege der Moralbegründung 3. 48 Wege der Moralbegründung „Heute besteht nicht nur kein Konsens darüber, daß philosophische Begründung oder Rechtfertigung, die ihren Namen verdient, überhaupt möglich ist. Es kann nicht einmal ausgemacht gelten, daß selbst erfolgreiche Bemühungen um philosophische Begründung, um rationale Rechtfertigung in der Philosophie, zu wirklich sinnvollen, nützlichen Resultaten führen würden“ (Kuhlmann, 1987, S. 7). Die bezeichnende Aussage von Kuhlmann (ebd.) hat nicht nur in der allgemeinen Philosophie, sondern auch in der Ethik ihre Berechtigung. „Es ist gewiß nicht so klar, daß man moralische Urteile begründen kann […]“ (Tugendhat, 2001, S. 91). Ob Moralbegründbarkeit nun ein sinnvolles Unterfangen oder schlichtweg zu verwerfen sei, möchte ich hier nicht entscheiden und belasse ich als offene Frage. Ich führe nur eine Überlegung zur Rechtfertigung einer derartigen Untersuchung zur Moralbegründung an, wie sie von mir in Planung steht: Aus einem Erkenntnis(gewinn)interesse heraus ist der Schritt zur Begründung moralischen Handelns unabdingbar, selbst wenn es sich nur um einen Versuch handeln sollte, falls der Gegenstand der Moral sich als unbegründbar erweisen sollte. Würde man keinen solchen Versuch unternehmen, würde man nicht mehr aus besagtem Erkenntnisinteresse handeln, sondern moralische Normen in Forderung stellen, ohne deren Herkunft ersichtlich gemacht zu haben. Dies wäre gleichbedeutend mit dem Einstellen des Denkens an einem gewissen Punkt (hier: die moralischen Normen), obwohl ein Weiterdenken noch möglich wäre (hier: die Begründung moralischer Normen). Auch wenn das Ergebnis dieses Versuchs nur eine „löchrige“ Begründung hervorbringen sollte, so bietet diese möglicherweise folgenden Denkern einen Ansatzpunkt zum Stopfen der Löcher. Wege der Moralbegründung 49 Tugendhat (ebd., S. 92) behauptet, „daß die Begründungsbedürftigkeit von vornherein zu aller Moral gehört […]“. „Anerkannt wird, daß Normen und Prinzipien, die aufgrund ihrer Präskriptivität das Verhalten einschränken, etwas Begründungsbedürftiges sind“ (Ott, 2005, S. 63). „[D]ie Frage ist nicht nur, wie die einzelnen Urteile begründet sind, sondern wie eine Moral im ganzen (und das kann heißen: eine ganze Begründungskonzeption) begründet ist“ (Tugendhat, 2001, S. 92). „Begründungen in der Ethik sind nahezu immer ‚schwache Begründungen“ Birnbacher, 2003, S. 406), da die Begründungen nicht über jeden Zweifel erhaben sind, d.h. keine zwingenden Begründungen sind (ebd., S. 406ff). Außerdem ist zu bemerken: „Begründungen können fehlschlagen“ (Müller, 2003, S. 143) - ob und in wie fern wird hier jedoch nicht entschieden werden können. In diesem Kapitel werden die verschiedenen Wege der Moralbegründung aufgezeigt werden, d.h. die grundlegende Unterscheidung von Ethik und Moral sowie die Auseinanderhaltung der Ebenen und Formen der Moralbegründung werden erläutert. Auch werden der Begriff der Moralbegründung und das Verhältnis zur Metaethik näher beleuchtet. 3.1 Ethik vs. Moral „Vorschriften und Empfehlungen, wie wir handeln und leben sollen, bilden die Moral. Denken Philosophen über die Moral nach, nennt man das ‚Ethik’ “ (Tetens, 2004, S. 139). Im alltäglichen Gebrauch werden die Wörter „Ethik“ und „Moral“ weitestgehend synonym verwendet (vgl. u.a. Pieper, 2003, S. 27). „[E]s ist die Rede von ethischen Handlungen, ethischen Ansprüchen, ethischen Normen usf.“ (ebd.). Manchmal kommt es sogar zu einer Kombination beider Begriffe zu „ethisch-moralisch“, sobald man einen Wege der Moralbegründung 50 moralischen bzw. ethischen Aspekt eines Sachverhaltes oder einer Handlung kenntlich machen will. Betrachtet man die Herkunft des Wortes „Ethik“, so leuchtet einem die umgangssprachliche Synonymität von „Ethik“ und „Moral“ durchaus ein. Denn das (alt)griechische Wort „ethos“ und sein lateinisches Äquivalent „mos“ (im Singular) bzw. „mores“ (im Plural) bedeutet sowohl „Sitte“ als auch „Charakter“ (vgl. ebd., S. 26). „Von mos wiederum leitet sich das deutsche Wort Moral her, das ein Synonym für Sitte ist“ (ebd.). So bedeuten „ethos“ und „mos/ mores“ ursprünglich dasselbe, trennen sich aber im jetzigen Sprachgebrauch in „Ethik“ und „Moral.60 Durch die Ähnlichkeit des Schriftbildes wird der ethymologische Ursprung bereits deutlich. „Um jedoch die verschiedenen Reflexionsniveaus [, die ich als Ebenen der Moralbegründung kennzeichne,] von vornherein bereits sprachlich scharf gegeneinander abzugrenzen, ist man in der Ethikdiskussion weitgehend61 dazu übergangen, den Titel Ethik wie auch das Adjektiv ethisch ausschließlich der philosophischen Wissenschaft vom moralischen/ sittlichen Handeln des Menschen vorzubehalten“ (ebd., S. 27).62 Ethik „als Teilgebiet der Philosophie“ (Siep & Ach, 1996, S. 19) bzw. „Zweig der Philosophie“ (Frankera, 1994, S. 20) geht auf Aristoteles zurück (vgl. Düwell, Hübenthal & Werner, 2002a, S. 1; Höffe, 2002a, S. 58; Pieper, 2003, S. 24f). 60 Auf die gebräuchlichen Begriffe „Ethos“, „Sitte“, „Sittlichkeit“ und „Moralität“ gehe ich zur Vermeidung unnötiger Komplexität nicht näher ein. 61 Andersen (2000, S. 2) macht beispielsweise keinen Unterschied in der Verwendung von Ethik und Moral. 62 Zur Unterscheidung von Ethik und Moral siehe u.a. Ricken (1999, S. 13) und Birnbacher (2003, S. 2). Wege der Moralbegründung 51 „Die Ethik als eine Disziplin der Philosophie versteht sich als Wissenschaft vom moralischen Handeln“ (Pieper, 2003, S. 17). Die Ethik ist sozusagen die „philosophische Theorie der Moral“ (Birnbacher, 2003, S. 2) oder die „Philosophie der Moral, eine theoretische Reflexion der gelebten Moral“ (Kettner, 2002, S. 410). „Anstelle von Ethik gebraucht man auch die [..] Bezeichnung Moralphilosophie“ (Ricken, 1999, S. 14). „ ‚Ethik’ ist danach bedeutungsgleich mit ‚Moralphilosophie’ “ (Birnbacher, 2003, S. 2; Fischer, 2003, S. 31). „Sie operiert gegenüber der Ebene der Moral auf einer Metaebene […]“ (Birnbacher, 2003, S. 2). „ ‚Moral’ als ein beschreibend gebrauchter Begriff bezeichnet summarisch alle von einem Menschen oder einer Gesellschaft als richtig und wichtig anerkannten Normen und Ideale des guten und richtigen Sichverhaltens […] plus der […] Überzeugungen, die es ermöglichen, diesen Normen und Idealen einen […] Sinn zu geben, sie zu rechtfertigen oder gegebenenfalls auch kritisch zu modifizieren“ (Kettner, 2002, S. 410). „Moral [ist daher] [..] das komplexe und vielschichtige System von Regeln, Normen und Wertmaßstäben“ (Birnbacher, 2003, S. 2), welches den Gegenstand der Ethik bzw. der ethischen Betrachtung ausmacht (vgl. ebd.; Scarano, 2002, S. 25). „[..] Moral ist eben das, worum es in der Ethik geht“ (Fischer, 2003, S. 31). Die sprachliche Unterscheidung der Ethik von der Moral bzw. der Moral von der Ethik liegt ein funktionales Interesse zu Grunde: Zum einen wird eine genaue (sprachliche) Kennzeichnung der noch zu entwickelnden Ebenen der Moralbegründung erleichtert. Zum anderen ist eine zeitgemäße, wissenschaftliche (philosophische) Vokabularverwendung gewährleistet. Wege der Moralbegründung 3.2 52 Moralbegründung und Metaethik „Wie sich die Metaethik von anderen moralphilosophischen Disziplinen genau abgrenzen lässt und worin ihre Aufgaben und Methoden bestehen, darüber besteht in der Literatur keine Einigkeit“ (Scarano, 2002, S. 27). Das Verständnis von „Metaethik“ gibt es nicht. So wie bei den meisten um nicht zu sagen: so gut wie allen - Begriffen herrscht Begriffspluralität. Je nachdem, was man unter „Metaethik“ nun versteht, könnte man sagen, dass diese Arbeit von metaethischer Natur sei.63 Wenn man Metaethik in sprachanalytischer Tradition64 als philosophische Reflexion über die Sprache der Moral versteht, so wie es u.a. Kaulbach (1974) und Pauer-Studer (2003, S. 163) zu tun pflegen, wäre diese Untersuchung definitiv nicht von metaethischem Charakter. Siep & Ach (1996, S. 29) geben diese Definition: „Unter Metaethik versteht man eine Theorie der Bedeutung der moralischen Wörter und der moralischen Urteile und eine Theorie der Begründung von normativen Aussagen“. Höffe (2002c, S. 171) geht es in der Metaethik um die Fragen nach (erstens) der sprachlichen Bedeutung sittlicher Prädikate, (zweitens) der Unterscheidung ihrer sittlichen von der nichtsittlichen Verwendung und (drittens) um die Frage, ob und wie sittliche Urteile gerechtfertigt werden können. 63 Das (bisherige) sportwissenschaftliche Verständnis der Metaethik, wie es u.a. bei Meinberg (1991, S. 52-65) expliziert wird, lasse ich aus Gründen ungenügender Relevanz und Ausgereiftheit außer Acht. 64 Pieper (2003, S. 86) spricht hier von „angelsächsischer Metaethik“. Wege der Moralbegründung 53 Scarano (2002, S. 27-34) teilt die Metaethik in vier Teilgebiete: (1) Metaethische Semantik (sprachphilosophische Fragen) (2) Den entsprechenden Untersuchungen im Bereich der Philosophie des Geistes (Analyse moralischer Überzeugungen und moralischer Gefühle) (3) Ontologie (Status moralischer Eigenschaften und Existenz moralischer Tatsachen) (4) Moralische Epistemologie (Frage nach der Rechtfertigung und Begründbarkeit moralischer Urteile) Ohne eine Gewichtung der möglichen Ein- bzw. Abgrenzungen der Metaethik vorzunehmen, ist es wohl offensichtlich, dass diese Arbeit nur im Sinne der Frage nach der Rechtfertigung bzw. Begründung eine metatehische ist. Doch dies gilt auch nur eingeschränkt. Denn hier geht es um einen Vergleich von Urteilen bzw. Aussagen auf der Ebene der Moral und auf der Ebene der Ethik. „Metaethisch“ bezieht sich also nur auf den Bereich, der die Ebene der Ethik analysiert. Das Suffix „Meta“ drückt somit eine höhere Stufe der Reflexion aus.65 So unterscheidet Pieper (1985, S. 54; 2003, S.88f) „meta-moralisch“ und „meta-ethisch“. „[W]ie die Moral Gegenstand der Ethik ist, so ist die Ethik Gegenstand der Metaethik“ (Pieper, 1985, S. 54f; 2003, S. 87). „Sie [,die Metaethik,] macht keine Aussagen darüber, was wir tun sollen, was gut und was schlecht ist, ob eine gewisse Handlungsweise richtig oder falsch, verboten oder erlaubt ist, usw.“ (Grewendorf & Meggle, 1974, S. 7). 65 Am Unterschied von Objekt und Metasprache, der u.a. bei Albert (1961; 1990, S. 473) nachzulesen ist, wird die Verwendung von „Meta“ ebenfalls deutlich. Wege der Moralbegründung 54 So ließe sich also diese Arbeit, was die Reflexionsstufe, die über die bzw. eine Ethik hinaus geht, durchaus als metaethisch bezeichnen. 3.3 Zum Begriff der Moralbegründung oder die Frage „Warum moralisch sein?“ „Ethische Begründungen unterscheiden sich nicht von Begründungen in anderen Bereichen“ (Nida-Rümelin, 2002, S. 32). „Moralische Überzeugungen werden in der gleichen Weise begründet wie außermoralische“ (ebd., S. 35). Es besteht kein Unterschied bei der Begründung im Bereich von Ethik und Moral und anderen Bereichen, zumindest was die systematische Erfassung bzw. die Begründungsstrategien angeht. „Es ist [jedoch] umstritten, wie das Begründet-Sein im Bereich von Moral und Ethik zu verstehen ist“ (Ott, 2005, S. 63).66 Auf Grund der getroffenen Abgrenzung von Ethik zur Moral, lässt sich vermuten, dass Moralbegründung als Reflexion über die Moral sich auf der Ebene der Ethik abspielt und dass eine Ethikbegründung die Metaebene der Moralbegründung sei. Dies ist durchaus gerechtfertigt, da die Bezeichnungen (relativ) eindeutig sind. Aber wegen der historisch gewachsenen Bedeutung von „Moralbegründung“, die (in der Regel) keine Differenzierung der Ebenen Moral und Ethik vornimmt, behalte ich den Begriff „Moralbegründung“ bei, doch in der weiten Verwendung des Einbezugs aller denkbaren Ebenen im Bereich von Moral und Ethik. Denn durch die später präzisierten Ebenen ist eine sinnige Systematisierung der Moralbegründung gegeben. 66 Eine Abgrenzung der Begriffe „Grund“, „Begründung“, „Motiv(ation)“, „Legitimation“, „Rechtfertigung“ und „Argumentation“ wird nicht unternommen, ist aber in anderen Kontexten durchaus von großer Bedeutung. Wege der Moralbegründung 55 Die Frage nach der Moralbegründung könnte man paraphrasieren mit der Frage „Warum moralisch sein?“. Mit dieser Umschreibung geht man der Möglichkeit der Reduktion der Moralbegründung auf die ethische Ebene aus dem Weg, da die Frage „Warum moralisch sein?“ alle Ebenen der Moralbegründung einschießt. Bayertz (2002a, S. 11f; S. 13ff) gibt vier Arten an, die „W-Frage“ zu stellen: (1) „Warum soll ich moralisch sein?“ (ebd.). Hier wird auf die konkrete bzw. bestimmte Situation angespielt. (2) „Warum soll ich überhaupt moralisch sein?“ (ebd.). Hier geht es um die Einnahme des moralischen Standpunktes.67 (3) „Warum soll man moralisch sein?“ (ebd.). Hier wird die erste Art der Fragestellung auf die Allgemeinheit der potentiellen Akteure moralischen Handelns erweitert. (4) „Warum soll man moralisch handeln?“ (ebd.). Hier wird die Frage im Sinne einer „Praktisch-Werdens“ von Gründen interpretiert. Denn es ist etwas anderes, eine moralische Handlung für richtig und handlungswert anzusehen und diese Handlung auch ausbzw. durchzuführen. Nach Bayertz (ebd., S. 9; S. 20-32) reicht das Spektrum der Antworten von metaphysische Instanzen, dem allgemeinen Interesse, dem Eigeninteresse bis zur objektiven Vernunft.68 67 Zum moralischen Standpunkt siehe u.a. Beier (1974) und Misselhorn (2002, S. 414- 417). 68 Die von Bayertz (ebd.; 2002b) aufgeführten Autoren spare ich hier aus. Trotzdem sei hier noch der Hinweis auf eine Systematisierung allgemeiner Begründung gegeben: So Wege der Moralbegründung 56 Die Arten, die W-Frage zu stellen, bilden eine gute Möglichkeit, die Moralbegründungsproblematik zu systematisieren. Punkt zwei, der die Frage nach der Sinnhaftigkeit einer Ethik überhaupt in Frage stellt, schließe ich jedoch für diese Untersuchung aus, da diese Lesart bereits als affirmativ – zumindest in der Tendenz, antizipatorisch oder auch nur neigungstechnisch - beantwortet vorausgesetzt wird. Die W-Frage endet jedoch nicht nach einem Beantwortungsschritt, da ethische Theorien an und für sich bzw. die Begründung derer – man könnte von einer „ ‚Begründung von Begründung’ “ (Rothermund, 2003, S. 11) sprechen – die „Warum?“-Frage weitergehen lässt. „An welchem Punkt die Frage ‚Warum?’ zufrieden stellend beantwortet ist und verstummen muß, wird manchmal strittig sein“ (Müller, 2003, S. 166). Wo bzw. wann die „Warum?“-Frage verstummen wird bzw. muss wird sich anhand der zu untersuchenden Ansätze vermutlich noch zeigen. Nicht auszuschließen ist jedoch das Wegfallen dieser Problematik wegen geringfügiger Relevanz oder ungenügender Berücksichtigung seitens der sportethischen Ansätze. 3.4 Ebenen der Moralbegründung Der Unterschied zwischen der Ebene der Moral und der Ebene der Ethik (in Anlehnung an Pieper, 1985, S. 108) ist wohl klar geworden. Jetzt ist es an der Zeit auf der Grundlage dieser Unterscheidung die Ebenen der Moralbegründung zu veranschaulichen. unterscheidet Schnädelbach (1987, S. 70f) vier Begründungstypen: „theoretischer Kontext“ vs. „praktischer Kontext“, „subjektiv“ vs. „objektiv“ sowie deren mögliche Verschränkung. Wege der Moralbegründung 57 Um die Ebenen der Moralbegründung genauer bestimmen zu können, ist es vielleicht hilfreich, die Ebenen der Moral bzw. Ethik im Generellen, zu bestimmen. Ott (2003, S. 27f) unternimmt einen Versuch in dieser Hinsicht: 1. Deskriptive Ethik a. Entstehung und Sinn der Moral (evolutionäre Ethik, Anthropologie) b. Moralhistorie und –soziologie c. Moralentwicklung und Theorie der Moderne 2. Normenlogik 3. Metaethik (Bedeutungstheorie der Moralsprache) 4. Normative Ethiktheorien a. Moralprinzipien (und ggf. Grundmodell) b. Grundnormen (negative und positive Pflichten) c. Menschen- und Bürgerrechte d. Extension der ‚moral community’ 5. Angewandte Ethik (Umwelt, Wirtschaft, Technik, Medizin usw.) a. Praxisnormen (Grundsätze ‚mittlerer Reichweite’) b. Argumentationsräume (Bereichstopologien) 6. Querschnittsfragen anwendungsorientierter Ethik a. Verantwortungszuschreibungen b. Risikobeurteilungen c. Abwägungskonzepte d. Wert- und Normenkonflikte 7. Konzeptionen des guten Lebens (eudämonistische Ethik) 8. Urteile betreffs Maßnahmen, Einzelfällen, Themen usw. Abb. 7: Ebenen (Dimensionen) der Ethik nach Ott (ebd.) „Wer jede Ebene mitsamt ihren Untergliederungen auf eine begründete Weise inhaltlich bestimmen und konsistent aufeinander beziehen kann, der verfügt über eine ethische Theorie und kann sie im Konzert konkurrierender ethischer Theorien vertreten, d.h. erklären, warum er seine Konzeption für insgesamt vorzugswürdig hält“ (Ott, 2005, S. 28). Wege der Moralbegründung 58 „Die anthropologischen Voraussetzungen, die begrifflichen Festlegungen, die metaethische Position, die allgemeinethische Grundlage, die inhaltliche Bestimmung von Moralität, die Untergliederung in Bereichsethiken, die Reflexion auf die normative Dimension unterschiedlicher Praxisfelder und ein Anwendungsmodell ergeben eine Ethiktheorie“ (ebd.). Ott (ebd.) erhebt einen sehr hohen Anspruch an eine ethische Theorie. Es ist fragwürdig, ob dieser Anspruch nicht zu hoch ist. Ob die für diese Arbeit ausgewählten, sportethischen Ansätze im originären Zustand – und auch ethische Theorien aus der Philosophie - dem Ottschen Maßstab genügen können, ist fraglich. Auch der Ottsche Begriff (ebd., S. 27ff) der angewandten Ethik bleibt schleierhaft und ist vermutlich nur bedingt mit dem hier entworfenen zu vereinbaren. Dennoch gibt der von Ott (ebd.) präsentierte Entwurf eine Einsicht in die Komplexität einer ethischen Theorie und eröffnet einen Zugang zur (Genese der) Vollständigkeit einer Ethik. Der Ottsche Entwurf (ebd.) ist also für die Bestimmung der relevanten Ebenen der Moralbegründung nicht unbedingt von Nutzen. Dies liegt u.a. daran, dass sein Ebenenbegriff im Sinne eines Dimensionsbegriffes zu verstehen ist und hier ein Ebenenbegriff, der innerhalb einer Dimension operiert, vertreten wird. Die Ebenen der Moralbegründung sollen nun weiter erhellt werden: „Es ist […] zwischen der Ebene von Rechtfertigungsbemühungen und der Ebene des ‚Gegenstandes’ solcher Bemühungen zu unterscheiden. […] Zur Unterscheidung möchte ich […] den Gegenstand der Rechtfertigungsbemühungen ‚Moral’, die Ebene der Rechtfertigungsbemühungen selbst ‚Ethik’ nennen“ (Steigleder, 1992, S. 79).69 69 Siep (2004, S. 100) spricht in diesem Zusammenhang nur von „Ethikbegründung“ und trifft keine Unterscheidung zwischen der Ebene der Ethik und der der Moral. Wege der Moralbegründung 59 Ricken (1998, S. 11ff) nennt drei Ebenen moralischer Begründung: „moralische Urteile“, „Begründung der Wahl der Theorie“ und „Begründung der Theorie“ selbst. Forst (1999, S. 179) beschreibt “[d]rei Verwendungsweisen bzw. Ebenen“ der Moralbegründung: „Erstens kann ‚Moralbegründung’ sich auf die Frage beziehen, wie der moralische Standpunkt angemessen verstanden und expliziert werden soll: Was heißt es, auf moralisch gerechtfertigte Weise zu handeln? Hier wird einerseits eine vergleichende Untersuchung zwischen utilitaristischen, kantianischen, aristotelischen und anderen Moralkonzeptionen gefordert sein, und andererseits bedarf es einer Analyse der menschlichen Eigenschaften, die als Basis der Rekonstruktion des moralischen Standpunktes und moralischer Reflexion dienen“ (ebd.) „Zweitens kann mit ‚Moralbegründung’ die Rechtfertigung moralischer Normen bzw. Handlungsweisen gemäß des auf der ersten Ebene begründeten Verständnisses des moralischen Standpunktes gemeint sein: Welche Normen sind moralisch gerechtfertigt?“ (ebd., S. 180f) „Drittens wird ‚Moralbegründung’ in bezug auf die Frage nach dem ‚praktischen Grund der Moral’ oder den ‚Quellen der Normativität’ verwendet: Warum moralisch sein? Hierbei geht es darum, den ‚letzten’ Verpflichtungsgrund anzugeben, der Menschen dazu motiviert, überhaupt moralisch zu handeln bzw. sich als moralische Personen […] zu verstehen“ (ebd., S. 180). Ich möchte nun drei Ebenen der Moralbegründung (in Anlehnung an das vorher Beschriebene) postulieren: 1. Ebene: Begründung von (moralischen) Handlungen 2. Ebene: Begründung der Moral (Prinzipien, Maximen, etc.) 3. Ebene: Begründung der Ethik (Theorie im Ganzen, Abgrenzung, Einwände) Abb. 8: Ebenen der Moralbegründung Wege der Moralbegründung 60 Auf der ersten Ebene geht es um die Begründung von Handlungen, was die Identifikation einer (un-)moralischen Handlung mit einschließt. So könnte man das Lügen – als unmoralische Handlung - eines Kindes, der seine Eltern wegen der schlechten Noten auf seinem Schulzeugnis belügt, als moralisch verwerflich be- bzw. verurteilen in Referenz auf das neunte Gebot der Bibel.70 Auch die Referenz auf mehrere Gebote wäre hier denkbar. Auf der zweiten Ebene würde das „Lügengebot“ in einer Begründungsschuld stehen. „Handlungen können also durch moralische Normen gerechtfertigt werden, aber wodurch sind die Normen selber gerechtfertigt?“ (Pieper, 1979, S 35). Eine mögliche Begründung für das Lügengebot könnte sein: „Weil Gott das so gewollt hat.“. Oder nicht-theologisch: „Weil Dir sonst keiner etwas glaubt.“. Auf dieser Ebene ist auch eine komplexere Begründung möglich, d.h. eine Art Begründungsgeflecht bzw. eine komplexe(ere) Argumentation ist denkbar. Auf der dritten Ebene geht es um die Theorie im Ganzen, um das Geflecht der Begründungen, die auf Ebene zwei gefunden worden sind, d.h. wie die Begründungsstrategien sich zueinander verhalten und zu gewichten sind. Auch geht es um die Abgrenzung zu anderen Ethiken, d.h. um die Vorzüge der Ethik in Untersuchung im Vergleich zu anderen ethischen Theorien. „In der einen Theorie ist eine Entscheidung oder Empfehlung richtig, die in der anderen falsch ist“ (Vossenkuhl, 2003, S. 33). Auch geht 70 Die Wahl eines Beispiels, das nicht aus dem Sport stammt, beruht auf der allgemeinen Gültigkeit der Ebenen über den sportlichen Bereich hinaus und auf die Absicht, keine Begründungsversuche der sportethischen Ansätze vorwegzunehmen. Wege der Moralbegründung 61 es um die Diskussion bzw. Abwendung von Einwänden, die gegen die in Frage stehende Ethik hervorgebracht werden bzw. werden können. Was die Trennschärfe der einzelnen Ebenen angeht, ist zu erwarten, dass es zu Überschneidungen und/ oder grenzwertigen Fällen kommen wird. 3.5 Formen der Moralbegründung Auf jeder der drei Moralbegründungsebenen sind nun jeweils verschiedene Wege der Begründung begehbar. Diese Wege möchte ich Formen der Moralbegründung nennen. Doch welche Formen gibt es? Auf der ersten Ebene geht es vornehmlich um die Identifikation des Prinzips71, der Maxime, des Imperativs oder Ähnliches. Hier sind grundsätzlich zwei Formen zu erwarten. Erstens ist besagte Referenz auf ein Prinzip (oder Ähnliches) möglich. Zweitens ist die Referenz auf mehrere Prinzipien (oder Ähnliches) möglich. Bei dieser Variante ist zum einen die Anzahl der Referenzen und zum anderen deren Gewichtung zu klären. Auf der zweiten Ebene geht es darum, die Prinzipien (oder Ähnliches) selbst zu begründen. Pieper (1985, S. 108-115; 2003, S. 185-200) unterscheidet sechs Klassen moralischer Begründung: (1) „Bezugnahme auf ein Faktum“: Auf die Frage nach dem Grund des Handelns wird beispielsweise nach erbrachter Hilfeleistung eine Antwort des Typs „weil er/sie um Hilfe gerufen hat“ gegeben (vgl. ebd., 2003, S. 186). (2) „Bezugnahme auf Gefühle“: Auf die Frage nach dem Grund des Handelns wird beispielsweise 71 Die Identifikation der unmoralischen Handlung fällt hier nicht ins Gewicht. Wege der Moralbegründung 62 eine Antwort des Typs „weil ich nicht anders konnte und helfen musste“ gegeben (vgl. ebd., S. 189). (3) „Bezugnahme auf mögliche Folgen“: Auf die Frage nach dem Grund des Handelns wird beispielsweise eine Antwort des Typs „weil dadurch Leiden verhindern werden können“ gegeben (vgl. ebd., S. 191). (4) „Bezugnahme auf einen Moralkodex“: Auf die Frage nach dem Grund des Handelns wird beispielsweise eine Antwort des Typs „weil Ehrlichkeit eine Tugend ist“ gegeben (vgl. ebd., S. 195). (5) „Bezugnahme auf moralische Kompetenz“: Auf die Frage nach dem Grund des Handelns wird beispielsweise eine Antwort des Typs „weil der Vater/ die Mutter es so gesagt hat“ gegeben (vgl. ebd., S. 196). (6) „Bezugnahme auf das Gewissen“ Auf die Frage nach dem Grund des Handelns wird beispielsweise eine Antwort des Typs „weil mein Gewissen es mir gesagt hat“ gegeben (vgl. ebd., S. 197). „Im Unterschied zu moralischen Begründungen, vermittels derer einzelne Handlungen moralisch gerechtfertigt werden sollen, geht es in ethischen Begründungsgängen darum, moralisches Handeln und Urteilen schlechthin vom Begriff der Moralität her zu begründen und als sinnvoll einsichtig zu machen“ (ebd., S. 115; 2003, S. 200). In dieser großen Reichweite möchte ich diese Klassen jedoch nicht verstanden haben. Es reicht m.E. aus, eine Begrenzung auf einzelne Handlungen zwar zu unterlassen, aber eine Eingrenzung innerhalb des Standpunkts der Moral vorzunehmen. Pieper (ebd.) geht hier zu weit, da sie auf den zweiten Fall bei Bayertz (3.3), der die Frage nach der Einnahme des moralischen Standpunktes, also nach Ethik überhaupt, stellt. Dennoch ist es gut möglich, die Pieperschen Klassen (1985, S. 108- Wege der Moralbegründung 63 115; 2003, S. 185-2003) auf die ausgeschlossene Bayertzsche Interpretation der W-Frage anzuwenden. Doch dies ist hier nicht intendiert. Auf der zweiten Ebene stellt sich ebenfalls die Frage nach Hierarchisierung im Fall von gegebenenfalls mehreren in Frage kommenden Begründungsklassen oder – zumindest ist dies denkbar – falls innerhalb einer Begründungsklasse mehrere Begründungsversuche stattfinden oder gar beides. Dann würde sich die Frage erweitern. Die Wertigkeit der Klassen untereinander und die Wertigkeit der weiteren Begründung innerhalb der Klassen wären zu prüfen. Unterschiedliche Formen der Begründung sind hier zu erwarten. Lineare, zirkuläre, dogmatische, verschränkte oder Mischformen sind (in Anlehnung an Albert 1968, S. 13ff) in der Begründungsstruktur innerhalb dieser Ebene der Moralbegründung zu erwarten. Die Formen der Moralbegründungen werden voraussichtlich nur auf der zweiten und dritten Ebene anzutreffen sein, da die erste Ebene sich lediglich mit der Identifizierung der moralischen Verbots beschäftigt. Pieper (1985, S. 115-139; 2003, S. 200-233) unterscheidet auf der Ebene der Ethikbegründung sieben unterschiedliche Vorgehensweisen einer Ethik72: (1) „Logische Methode“: Hier geht es um die Entwicklung einer „Normenlogik oder Logik der Handlungsregeln“ (ebd., 2003, S. 200) in der in der Tradition von von Wright (1972), die Kalküle der deontischen Logik zur Bestimmung eines deontisch richtigen Urteils bereitstellt. 72 Die Methoden werden funktional verkürzt dargestellt. Wege der Moralbegründung 64 (2) „Diskursive Methode“: Im Diskurs sollen Konflikte in gemeinsamer Beratung gelöst werden. „Die diskursive Methode ist ein Verfahren, das angibt, wie man in der Alltagspraxis in Konfliktfällen vorgehen soll, um zu einer praktikablen, für alle Betroffenen verbindlichen Lösung zu gelangen“ (Pieper, 2003, S. 212). Die diskursive Methode wurde insbesondere entwickelt in der Werken von Lorenzen & Schwemmer (u.a. 1975) und Habermas (u.a. 1983). (3) „Dialektische Methode“: Die dialektische Methode ist quasi eine Vermittlung zwischen zwei unterschiedlichen, normativen Vorstellungen. In einem Dreischritt werden die zwei Ausgangsnormativa in einem „neuen“ fusioniert. Pieper (2003, S. 212-220) referiert auf Platon. (4) „Analogische Methode“: „Es werden ähnliche Situationen mitsamt den entsprechenden Handlungen zum Vergleich herangezogen“. Pieper (2003, S. 220222) referiert auf Aristoteles. (5) „Transzendentale Methode“: Die transzendentale Methode ist ein Letztbegründungsverfahren, das, in der Tradition von Kant, auf ein unbedingtes Gebot hinbzw. verweist (vgl. ebd., S. 223-225). (6) „Analytische Methode“: Die analytische Methode ist ein Verfahren in sprachanalytischer Tradition, welches das Sprechen über sowie die Sprache der Moral analysiert und auswertet (vgl. ebd., S. 226-229). (7) „Hermeneutische Methode“: Die hermeneutische Methode ist ein interpretatives Verfahren, das die Vor-Urteile des Interpretierenden zu (anderen) Theorien Wege der Moralbegründung 65 in der Verschmelzung zu der eigenen Theorie des Interpretierenden integriert. Es handelt sich wie bei der Dialektik um einen Dreischritt, der eigenes Vor-Verständnis mit einem Theoriegehalt zu einem „neuen“ Verständnis vereint (vgl. ebd., S. 229-232).73 Der Vergleich dieser Methoden spielt sich wohl auf der zweiten und dritten Ebene der Moralbegründung ab. Denn sowohl Begründungsversuche, die die Prinzipien (oder Ähnliches) als auch die Ethiktheorie im Ganzen bzw. die Gesamtheit der Prinzipien, Gegenargumente und Abgrenzungen vornehmen, bedienen sich Methoden dieser Art. Auf der dritten Ebene der Moralbegründung stellt sich nun die Frage, in wie vielen Schritten und wie komplex sich das Begründungsvorhaben darstellt. Im Grunde genommen, sind hier gleiche – oder zumindest ähnliche – Strukturen wie auf der zweiten Ebene zu erwarten, nur mit dem Unterschied, dass der Gegenstand der Begründung umfassender wird, d.h. dass andere Ethiktheorien, die bisher (wohl74) nicht in Anspruch genommen wurden, (spätestens) jetzt herangezogen werden. Es ist daher möglich, dass ein und dieselbe Handlung auf verschiedenen Prinzipien (oder Ähnliches) referiert, wobei bei Referenz auf dasselbe Prinzip (oder Ähnliches) wieder verschiedene Begründungsinstanzen bzw. –klassen oder –formen möglich sind. Die Möglichkeit unterschiedlicher Begründungen für eine Begründung der vorangehenden Ebene gilt selbst- 73 Der Ursprung der hermeneutischen Methode liegt hauptsächlich bei Heidegger (1963) und Gadamer (1965). Auf den „Hermeneutischen Zirkel“ gehe ich hier nicht ein. 74 Es ist durchaus möglich, dass eine Prinzipienerklärung zusätzlich und/ oder durch Abgrenzung durchgeführt wird. Wege der Moralbegründung 66 verständlich auch für die dritte Ebene der Moralbegründung. Auch eine Methodenvielfalt bzw. –kombination ist zu erwarten. Ob und welche der soeben skizzierten Formen der Moralbegründungen auf den entsprechenden Ebenen der Moralbegründung nachweisbar sind, wird sich im Laufe der Untersuchung der ausgewählten, sportethischen Ansätze zeigen. Es ist gut möglich, dass Formen, die an dieser Stelle (noch) nicht bedacht wurden, später ergänzt werden. Deshalb möchte ich antizipatorischer und vorbeugender Absicht einige Formen der (allgemeinen) Begründung anführen, die womöglich auf der einen oder anderen Ebene der Moralbegründung wieder zu finden sein werden. Die Darstellung erfolgt funktional verkürzt, da sich noch nicht sicher sagen lässt, ob ein Nutzen aus ihnen hervorgehen wird. Leisegang (1951, S. 61-442) beschreibt vier Denkformen75, die dem menschlichen Denken zu Grunde liegen76: (1) „Der Gedankenkreis“ (ebd., S. 61-142) bezeichnet die Denkform, bei der die Verknüpfung von einzelnen Denkinhalten einen Ring bzw. Kreis bildet. (2) „Der Kreis von Kreisen“ (ebd., S. 143-207) „besteht in einer dialektischen Folge von Urteilen, durch die das im Einzelurteil von dem Ganzen Abgetrennte wieder in das Ganze durch eine Kette von Urteilen eingefügt wird“ (ebd., S. 207). Ein Glied einer Gedan- 75 Das Kapitel „Antinomien“ (ebd., S. 316-354) versucht zwar, eine empirische, „experimentierende Denkform“ aufzuweisen, kommt aber zum Ergebnis, dass es diese gar nicht gebe. 76 Auf die Konzeption Posers (1999, S. 25-44), die im Wesentlichen auf Leisegang (1951) beruht und lediglich eine Interpretation Leisegangs darstellt, möchte ich verzichten. Wege der Moralbegründung 67 kenkette ist somit Ausgangs- und Endpunkt eines Gedankenkreises. (3) „Die Begriffspyramide“ (ebd., S. 208-286) bezeichnet die Denkform, die analytisch-deduktive Schlussform des Syllogismus in weitere Schlussketten organisiert. (4) „Die euklidisch-mathematische Denkform“ (ebd., S. 287-315) bezeichnet das Rückführen einer Gedankenkette auf „ein einziges Grundgesetz als Axiom“ (ebd., S. 315). Das “Münchhausen-Trilemma” (Albert, 1968, S. 13ff) besagt, dass menschliche Begründung nur auf drei Arten ablaufe: (1) Der „infinite[.] Regreß“ (ebd.) beschreibt eine Begründungsform, bei der eine Begründungsinstanz in einem nicht endenden Prozess auf die nächste Verweist. (2) Der „logische[.] Zirkel“ (ebd.) beschreibt eine Begründungsform, bei der das letzte Glied in der Begründungskette wieder auf das erste verweist. (3) Der „Abbruch des Verfahrens (Dogma)“ (ebd.) beschreibt ein Begründungsverfahren, bei dem die Begründungskette an einem Glied endet, welches in der Regel als Dogma bzw. Axiom nicht weiter hinterfragt wird. Topitsch (1988) unterscheidet in seiner Ideologiekritik vier Modellvorstellungen: (1) Die „soziomorphen [Modellvorstellung]“ (ebd.) sind Vorstellungen, die aus dem Bereich sozialer Strukturen, wie z. B. Gesellschaftsordnungen, in andere Bereiche übertragen werden. (2) Die „technomorphen [Modellvorstellung]“ (ebd.) sind Vorstellungen, die aus dem Bereich der Technik bzw. des Handwerks, Wege der Moralbegründung 68 wie z.B. ein Werkzeug oder dessen Gebrauch, in andere Bereiche übertragen werden. (3) Die „biomorphen Modellvorstellung“ (ebd.) sind Vorstellungen, die aus dem Bereich der Tier- und Pflanzenwelt, zu der der Mensch gegebenenfalls hinzuzufügen ist, wie z.B. ein Bienenvolk, auf andere Bereiche übertragen werden. (4) Die „ekstatisch-kathartischen Vorstellungen“ (ebd.) sind Vorstellungen, die aus dem Bereich der Erlebnisse, die den Geist scheinbar transzendieren oder in gewisser Weise „meta-physisch“ sind, wie z.B. Ekstase- und Trancezustände, in andere Bereiche übertragen werden. Es wird sich zeigen, ob und in wie fern bzw. weit Leisegang (1951, S. 61442), Albert (1968, S. 13ff) und Topitsch (1988, S. 4-11), die sich auch teilweise (offensichtlich) überschneiden77, auf die Begründungsversuche der sportethischen Ansätze anzuwenden sind. Die Anwendbarkeit auf die sportethischen Ansätze der Begründungsklassifikationen von Pieper (2003, S. 185-233) befindet sich ebenso auf dem Prüfstand. 77 So ist beispielsweise ein direkter Bezug des Gedankenkreises (Leisegang, 1951, S. 61-142) zum Zirkelschluss (Albert, 1968, S. 13ff) sowie zwischen der euklidisch-mathematischen Denkform (Leisegang, 1951, S. 287-315) und dem dogmatischen Abbruch des Verfahrens (Albert, 1968, S. 13ff) zu bemerken. Sportethische Ansätze 4. 69 Sportethische Ansätze „In der Sportphilosophie und Sportwissenschaft überhaupt fehlen elaborierte sportethische Konzepte an allen Ecken und Enden“ (Meinberg, 1996, S 150f). „Die Sportethik ist, streng geurteilt, weithin noch terra incognita“ (ebd, S. 151). Der Mangel an ausgearbeiteten sportethischen Konzepten, wie er unter anderem von Meinberg (1996, S. 150f) festgestellt wird, bedeutet aber nicht, dass es überhaupt keine (elaborierten) Konzepte gebe. Die so genannte „terra incognita“ (ebd., S. 151) hat also den Zusatz „incognita“ zumindest teilweise eingebüßt. Innerhalb der Sportwissenschaft – und bisher auch nur innerhalb der Sportwissenschaft - lassen sich mehrere Klassifizierungsversuche der vorhandenen sportethischen Ansätze sichten. 78 So sprechen Court & Gerhardt (1992, S. 429) vom Bestehen „Metaethischer (Meinberg), pragmatischer (Lenk, Franke), diskursethischer (Apel), formalistischer (De Wachter), materialwertethischer (Kuchler), funktionaler (Heringer & Gerhardt) Ansätze“. Court (1995) zählt wie folgt auf: „co-existentiale Sportethik“ (Meinberg, 1991), „institutionelle Sportethik“ (Lieber, 1988; Nitsch, 1989), „pragmatisierte Sportethik“ (Lenk, 1985; Franke, 1989), „normen- und wertethische Positionen“ (De Wachter, 1983; Kuchler, 1969), „vermittelnde Positionen“: „Herms“ (1986), darunter „funktionale Ansätze“: Apel“ (1988), „Drexel“ (1990), „Heringer“ (1990) und „Gerhardt“ (1991). 78 Die (Haupt-)Referenzwerke der mit Jahreszahlen versehenen Autoren lassen sich im Literaturverzeichnis dieser Arbeit wieder finden. Sportethische Ansätze 70 Die aktuellste Systematisierung von Pawlenka (2004b, S. 12) klassifiziert folgendermaßen: „Kantische Ethik (Gerhardt, 1991)“, „Diskursethik (Apel, 1988[a])“, „christliche Ethik (Mieth, 1985)“, „utilitaristische Ethik (Pawlenka 2002)“, „sprachanalytische (Drexel 1990)“, „anthropologische Ethik (Stygermeer 1999, Caysa 2003[.])“, „ ‚gemischte’ Positionen: pragmatisierte (Lenk, 1985, Franke, 1989), co-existentiale (Meinberg 1991), vermittelnd-funktionale Sportethik (Court 1995)“, „immanente Positionen (Heringer 1990)“. Bei Drexel & Gruppe (2003, S. 289) lässt sich sogar der Hinweis auf eine evolutionäre Ethik entdecken. Diese sei bei Reichholf (2001) zu finden. Die Problematik der Klassifizierung besteht nun darin, dass Systematisierungsversuche zum ersten am Eigenverständnis bzw. der Eigenklassifizierung/ -benennung, wie z. B. bei Pawlenka (2002)79, und zum zweiten an Bezeichnungen allgemeinethischer Richtungen – sofern eine Eigenklassifizierung nicht vorgenommen wurde - Orientierung bzw. Anleihe suchen können. Ein Beispiel für die zweite Variante wäre Gerhardt (1991) in der Systematik von Pawlenka (2004b, S. 12). Drittens sind ebenfalls anhand zentraler Begriffe oder Prinzipien Klassifikationen möglich, wie es z.B. bei Herms (1986) in der Systematik von Court (1995) der Fall ist. Da keine einheitliche Klassifizierung existiert, kommt es zu unterschiedlichen Bezeichnungen für ein und denselben Ansatz. So wird beispielsweise die „co-existentiale Sportethik“ (Meinberg, 1991) von Court & Gerhardt (1992, S. 429) als „metaethischer […] Ansatz“ klassifiziert. 79 Auch Segets (2002, S. 9), der selbst bei Pawlenka (2004b) (noch) nicht Berück- sichtigung findet, klassifiziert sich selbst als vermittelnd-funktionaler Ansatz in der Folge von Court (1995). Sportethische Ansätze 71 Die Auswahl der in dieser Arbeit zu untersuchenden sportethischen Theorien, nämlich die „co-existentiale Sportethik“ (Meinberg, 1991), die „universalistische Diskursethik“ (Apel, 1988a), die „vermittelnd-funktionale Sportethik“ (Court, 1995) und die „utilitaristische Sportethik“ (Pawlenka, 2002), ist begründet im Umfang80 sowie im Gehalt des jeweiligen Ansatzes. So kommen andere Ansätze als rudimentär bzw. fragmentär nicht in Frage. Um Einheitlichkeit zu gewähren, werden die nachfolgend dargestellten sportethischen Ansätze auf Grund ihrer Eigenklassifikation, die bereits aus ihrem (Unter-)Titel hervorgeht, in chronologischer Reihenfolge (nach Veröffentlichungsdatum) aufgeführt. Der Entwurf Apels (1988a.) stellt eine Besonderheit dar, da ein aus der allgemeinen Philosophie bzw. Ethik stammende Theorie der Moral auf den Sport angewandt wird. Deshalb werden die bezüglich der Entwicklungsgeschichte durchaus relevanten Schriften81, die den Sport als Aufgabenfeld auch nicht antizipatorisch thematisieren, in der folgenden Darstellung nicht berücksichtigt, werden jedoch in der späteren Analyse wohl teilweise herangezogen. Auch werden die Beiträge von Meinberg (1998a; 1989b), die seine Konzeption der Sportethik bereits antizipieren und teilweise vorwegnehmen, aus Gründen der Unausgereiftheit und Unvollständigkeit im Vergleich zur elaborierten Endversion (ebd., 1991) nicht behandelt. Selbiges gilt für die Beiträge von Court (1991) und Pawlenka (2001). 80 Mit Umfang ist sowohl der tatsächlich veröffentlichte Text als auch die Reichweite der Theorie gemeint. Bei Apel fasst das umfangsspezifische Kriterium insofern, als dass auch Veröffentlichungen jenseits des rein sportwissenschaftlichen Diskurses hinzugezählt werden. 81 Apel (1988a, S. 106) gibt hierzu selbst eine Zusammenstellung dieser Beiträge an. Sportethische Ansätze 72 Der (Hoch-)Leistungssport als vorrangiges Untersuchungsfeld ist – entweder explizit und/ oder implizit - das gemeinsame Moment dieser sportethischen Ansätze. Es wird auf den Konjunktiv bei indirekten Zitaten verzichtet, um dadurch die m.E. durch den Konjunktiv - zumindest potentiell - suggerierte Skepsis, die meist auch mit Nichteinverständnis einhergeht, auszuschließen. 4.1 Co-existentiale Sportethik (Meinberg) Die von Meinberg (1991) so genannte co-existentiale Ethik bedarf zum Zwecke ihrer Erklärung der Klärung des ihr inne wohnenden Begriffes „coexistential“ und der Erläuterung der „alten“ Sportethik, da die „neue“, coexistentiale Sportethik sich in Abgrenzung zu dieser zu erklären sucht. Hierzu werden die Charakteristika der „neuen“ Sportethik anhand des Begriffs „co-existential“ verdeutlicht. Im Vorhinein sei noch erwähnt, dass es Meinberg (ebd.) darum geht, eine „zeitgemäße Ethik des Sports“ (ebd., S. 67) zu entwickeln und keine für alle Zeit gültige. 4.1.1 Die „alte“ Sportethik Durch das Adjektiv „alt“ wird ein zeitliches „(da)vor“ gekennzeichnet. Auf die Frage „Wovor?“ lässt sich zweifelsfrei die Geburtsstunde der coexistentialen Sportethik als Antwort nennen. Die Frage, welchen Zeitraum denn die „alte“ Sportethik einnehme, beantwortet Meinberg (ebd., S. 26) mit dem „20. Jahrhundert“, genauer „seit Ende der 60er Jahre“. Sportethische Ansätze 73 Meinberg (ebd., S. 26-40) zählt dreizehn82 Charakteristika der „alten“ Sportethik auf: (1) Sie ist „vergangenheitsorientiert“ (ebd., S. 27) und legitimiert die Sportmoral durch die Geschichte bzw. geschichtliche Erfahrung(swerte) (ebd.). (2) Sie ist auf Grund ihrer Körperbezogenheit eine „somatische Ethik“ (ebd.).83 (3) Sie ist verknüpft mit der Theorie der Leibeserziehung, was zu einer Pädagogisierung der Sportethik führt (ebd., S. 29). „In der Figur des Sportlehrers versinnbildlicht sich das Zusammen von sportlicher und pädagogischer Moral, eine für die alte Sportethik ganz typische Grundstellung“ (ebd., S. 32). (4) Sie übernimmt „christliche Haltungen und Wertkomplexe“ (ebd., S. 32) und steht somit auf einem „moraltheologischem […] Fundament“ (ebd.). (5) Sie unterhält keinerlei Beziehung zur praktischen Philosophie bzw. zur allgemeinen Ethik (ebd.).84 (6) Sie „hat sich nie auf sich selbst besonnen“ (ebd.), d.h. eine Eigen-/ Selbstreflexion findet nicht statt. 82 Die ursprüngliche Nummerierung Meinbergs (ebd.) sieht vierzehn Punkte vor, unterschlägt jedoch den elften. Dies bedeutet für die hier dargestellte Aufzählung, dass ab dem elften Punkt die Nummerierung nicht mehr mit dem Original übereinstimmt, was aber der logischen Fortführung der Nummerierung zu gute kommt. 83 Meinberg (ebd., S. 29) betont den wechselseitigen Zusammenhang von Gesundheits-, Sexual- und Sportethik, die allesamt als somatische Ethiken klassifiziert werden. 84 Court (1995, S. 26) sieht hier das Fehlen an „allgemeinethischen Begründungen“ verwurzelt. Sportethische Ansätze 74 (7) Sie versäumt systematische Überlegungen zu einer Verhältnisbestimmung von Anthropologie und Ethik (ebd., S. 33).85 (8) Sie ignoriert empirische Ergebnisse der Einzelwissenschaften (ebd.). (9) „[S]ie ist normativ angelegt“ (ebd.), „primär eine appellative Idealmoral“ (ebd.). (10) Sie ist „von Grund auf und im wesentlichen eine Tugendethik“ (ebd.), „ist essentiell eine Fairneßethik“ (ebd., S. 36), d.h. Fairness ist die „unumstrittene Höchsttugend des Sports“ (ebd., S. 35). Und da die Fairnessethik „individualethisch“ (ebd., S. 36) ausgelegt ist, ist auch die Sportethik eine Individualethik (ebd.). (11) Sie „ist primär Begründung und Lehre des sportspezifischen Ethos“ (ebd.), d.h. sie gibt einen Katalog von Verhaltensregeln vor, der sich an den Sporttreibenden (bzw. sein Ethos) richtet.86 (12) Sie ist eindeutig maskulin ausgerichtet (ebd., S. 37), d.h. es besteht „eine Art Zwei-Klassen-Moral“ (ebd.), in der die Männer die oberste Klasse stellen. (13) Sie „ist [..] in erster Linie eine agonale Sportethik“ (ebd., S. 38), welche den Wettkampfsport und –sportler favorisiert und moralisiert. 4.1.2 Die „neue“, co-existentiale Sportethik Das Adjektiv „neu“ wird nur sinnig, wenn man das Komplement „alt“ und dessen Bezugspunkt kennt. Hart formuliert: Ohne „alt“ kein „neu“ und umgekehrt. 85 Allerdings gesteht Meinberg (ebd.) die Existenz bestimmter anthropologischer Auffassungen in Form von Menschenbildern ein. 86 Ich verzichte hier auf den Beleg des besagten Katalogs und verbleibe mit dem Hinweis, dass dieser den Zehn Geboten angelehnt zu sein scheint, was Meinberg (ebd.) auch zugesteht. Sportethische Ansätze 75 Was mit „neu“ als Zusatz zur co-existentialen Sportethik ausgedrückt werden soll ist zum einen, dass ab einem gewählten Zeitpunkt, der möglichst gegenwartsnah sein sollte, ein gedanklicher Schnitt gemacht wird und etwas Neues beginnt. In diesem Fall ist dies die „neue“, coexistentiale Sportethik. Ein Zeitraum wird somit in (Zeit-)Abschnitte strukturiert, wobei der mit „neu“ bezeichnete Abschnitt der kleinere sein wird. Zum anderen wird eine Änderung zum „Alten“ ausgedrückt. Im Fall der co-existentialen Sportethik wird nun geklärt werden, wobei es sich bei dieser (Ver-)Änderung handelt. Es gilt also in Erfahrung zu bringen, was unter „co-existential“ denn hier zu verstehen sei. Als erster flüchtiger Zugang sei vorgeschoben, dass unter „Co-Existenz“ das gleichzeitige Vorhandensein zweier Dinge verstanden wird. Meinberg (ebd., S. 41-52) expliziert das Co-Existentiale der co-existentialen Sportethik wie folgt87: (1) „Die hier anzubahnende Sportethik co-existiert mit traditionellen ethisch orientierten Konzepten“ (ebd., S. 42). „[C]o-existenzial ist die Sportethik, sofern in ihr Altes und Neues zusammengehen“ (ebd.). Somit meint „alt“ in „ ‚alte’ Sportethik“ nicht veraltet im Sinne von „völlig zu verabschieden“, da die „neue“ Sportethik der „alten“ bedarf. Es geht vielmehr um eine Fusion von Gedankengut. Doch wird nicht zu gleichen Teilen fusioniert, sondern nur die „brauchbaren“ Teile des „Alten“ werden übernommen. (2) „Die Sportethik als Theorie co-existiert mit der Praxis der Sporttreibenden“ (ebd.). Die Praxis und die Theorie stehen in einem wechselseitigen Verhältnis. Die Sportethik 87 Meinberg (ebd.) verwendet eine Buchstaben-Nummerierung, von der ich aus Gründen der Einheitlichkeit absehe. Sportethische Ansätze 76 „co-existiert mit der Praxis, insofern sie sich von deren Probleme anstecken läßt, von ihnen Ausgang nimmt und sofern sie ihre Einsichten den Praktikern offeriert“ (ebd.). Meinberg (ebd.) legt also Augenmerk auf die Beratungsfunktion der ethischen Theorie. (3) Die Sportethik co-existiert mit der Philosophie (ebd., S. 43). Denn „[d]ie ethische Frage: was sollen wir tun? Hat ihre Heimat in der Philosophie“ (ebd.). Die co-existentiale Sportethik tritt nun in Dialog mit den Teilgebieten der Philosophie: Vornehmlich mit der Ethik und der philosophischen Anthropologie, aber auch mit der Sozialphilosophie, der Geschichtsphilosophie und der Metaphysik (ebd., S. 44). (4) Die Sportethik co-existiert mit den Ergebnissen bzw. Einsichten der Einzelwissenschaften (ebd.). „Hilfreich ist dann u.a. die Rücksichtnahme auf die Verarbeitung von soziologischen, psychologischen, biologisch-verhaltenswissenschaftlichen Ergebnissen – und nicht zu verachten sind Erkenntnisse der empirischen Kulturanthropologie und Ethnologie“ (ebd.). (5) Die Sportethik co-existiert mit anderen Bereichsethiken (ebd.). Hier werden „Sexualethik“ (ebd.), „Gesundheitsethik“ (ebd.), „pädagogische [und] politische Ethik“ genannt. Meinberg (ebd.) verweist aber auf ein größeres Spektrum an Bereichsethiken88, das er an späterer Stelle benennen möchte.89 88 Meinberg (1991) verwendet „Bereichsethik“ und „Spezialethik“ gleichbedeutend. 89 Diese Benennungen bleibt Meinberg jedoch weitestgehend schuldig. Sportethische Ansätze 77 (6) „Die Ethik des Sports ist auf die Co-Existenz von Seins- und Sollensanalysen angewiesen“ (ebd., S. 46). Zum einen findet sich hier der Bezug zu empirischen Erkenntnissen (der Einzelwissenschaften) wieder, welcher um eine normative Komponente ergänzt bzw. erweitert wird. Zum anderen verlässt Meinberg hier die Ebene der Interbeziehungen von Sportethik zu x. Bisher wurde eine Co-Existenz der Sportethik zu etwas anderem außerhalb der Sportethik offenbart. Doch jetzt befinden wir uns auf der Intraebene der Sportethik, wo eine Co-Existenz von Sein und Sollen aufgezeigt wird. Auch könnte man eine konsequente Weiterführung von Punkt drei annehmen, da Seins- und Sollensanalysen in der Philosophie beheimatet sind. (7) Es besteht eine Co-Existenz von „Sittlichkeit und Moralität“ (ebd.). Sittlichkeit und Moralität sollen hierbei gleich gewichtet sein. Meinberg (ebd.) erläutert die beiden Begriffe folgendermaßen: „Während die Sittlichkeit auf das tatsächlich gelebte Sein ausgerichtet ist, hat die Moralität ihren Fixpunkt im abstrakten Sollen“ (ebd.). Diesen Punkt könnte man als Explikat der Co-Existenz von Sein und Sollen identifizieren, da Sittlichkeit das Sein, und Moralität das Sollen, veranschaulicht. Auch hier lässt sich die Überlegung anstellen, ob Intra-, Interebene oder beides gemeint ist/ sind. Es ließe sich auch die Verknüpfung zu Punkt zwei ziehen, da man Sittlichkeit der Praxis und Moralität der Theorie zuschreiben könnte. (8) Die formale Ethik (in der Tradition Kants) als auch die materiale Ethik (in der Tradition Schelers, Hartmanns und Reiners) coexistieren in der Sportethik (ebd., S. 47). „Die co-existenziale Ethik vermeidet auch in dieser wichtigen Frage eine einseitige Zuordnung“ (ebd.). „Nicht das ‚Entweder-Oder’, sondern das Sportethische Ansätze 78 ‚Sowohl-Als Auch’ ist für sie maßgebend“ (ebd.). Es ist offensichtlich, dass ein Bezug zu Punkt drei vorliegt und die Frage nach der Intraebene, insofern es um formalistische und materialistische Positionierungen in der Sportethik geht, und nach der Interebene, insofern es um die Positionierung der co-existentialen Sportethik bezüglich philosophischer Ethiktheorien geht, auf ein Weiteres zu stellen ist. (9) Die Co-Existenz von Individual- und Institutionenethik wird wie in Punkt acht mit dem Mittelweg des „Sowohl- Als Auch“ (ebd.) erklärt, wobei auf die Charakteristik des Individualethischen der „alten“ Sportethik hingewiesen wird (ebd., S. 47). Meinberg führt an dieser Stelle den Begriff „Makrosportethik“ (ebd., S. 48) ein, welcher die co-existentiale Sportethik näher beschreiben soll. Hiermit ist der im Vergleich zur „alten“ Sportethik, einer „Mikrosportethik“, welche nur das Individuum im Auge hat, erweiterte Adressatenbereich, nämlich „Organisationen und Strukturen“ (ebd.) angesprochen. (10) Der Mensch ist ein „Geschöpf der Co-Existenz“ (ebd., S 49). Das Ego co-existiert mit dem Alter. „Ego wird sich nur als solches in seiner Identität gewiß durch Abgrenzung von Alter“ (ebd., S. 50). „Die co-existentiale Ethik hat ihren Backround in einer coexistentialen Anthropologie“ (ebd.). Der Mensch ist ein offenes, un-eindeutiges, ambivalentes, gebrochenes und bedürftiges Wesen der Co-Existenz (ebd.). Was damit aber genau gemeint sein soll, bleibt unklar. Es bleibt einzig und allein der Hinweis auf die Co-Existenz der „verschiedenen sportiven Lebensweisen“ (ebd., S. 51). Co-Existenz wird zusätzlich als „Leitwert, eine das Empirische transzendierende Idee“ (ebd.) tituliert, was eine Dimensionserweiterung des Begriffs „Co-Existenz“ und seiner bisherigen Verwendungen bedeutet. Sportethische Ansätze 79 „Co-existential“ meint also zum einen das Nebeneinanderbestehen von Sportethik und etwas anderem außerhalb der Sportethik (Punkt eins bis fünf), wobei wechselseitige Beeinflussung intendiert ist. Allerdings scheint die Wechselseitigkeit zu einer Seite hin zu kippen. Die Sportethik scheint mehr zu nehmen als zu geben. „Co-existential“ meint zum anderen Nebeneinanderbestehen zweierlei Dinge innerhalb der Sportethik (Punkt sechs bis zehn), wobei hier ein Mittelweg, der „dritte Weg“ (ebd., S. 47), der das Mittel zweier Extrempositionen sein soll, begangen wird. In einer dimensionserweiternden Art und Weise wird „Co-Existenz“ als Leitwert deklariert, als etwas, das man generieren muss, eine Idee. Hart formuliert bedeutet co-existentiales Handeln, das Bewusstmachen der Extrempositionen innerhalb des Pluralismus und das Suchen, Finden und Begehen des so genannten „dritten Weges“, des Weges, der genau zwischen diesen steht. 4.2 Universalistische Diskursethik (Apel) Der Ansatz Apels (1988a; 1988b) entstammt im Ursprung der allgemeinen Philosophie, innerhalb derer eine Vielzahl von Schriften bezüglich des Diskursethik seitens Apels bestehen.90 Doch in den originären Ausführungen lässt sich der Begriff „Sport“ vergebens suchen. Grundlage der hier noch vorzustellenden Konzeption der Apelschen Diskursethik, die den Sport berücksichtigt und thematisiert, ist ein Beitrag Apels (ebd.), der die erste Tagung der Arbeitsgruppe Sportphilosophie (der Deutschen Vereinigung für Sportwissenschaft) im November 1986 in Osnabrück berei- 90 Eine Auswahl der relevanten Texte gibt Apel (1988, S. 106) selbst an. Hier soll die „transzendentalpragmatische Begründung der Diskursethik“ (ebd.) zu finden sein. Sportethische Ansätze 80 cherte und schließlich 1988 der breiten (sowohl sportwissenschaftlichen als auch philosophischen) Öffentlichkeit zugänglich gemacht wurde.91 Apel (1988a) geht in seinem Beitrag nicht von der Frage nach der Bedeutung der Diskursethik für den Sport aus, sondern nach der Bedeutung des Sports für die Diskursethik, genauer: deren Prinzipien und Anwendung (ebd., S. 105). Die Diskursethik stellt sich als „Zweistufenethik“ (ebd., S. 107) dar: (1) Auf der ersten Stufe (des Diskurses) findet deren Grundprinzip, sozusagen die Voraussetzung für verbindliche Normen, seine Anwendung. Dieses Grundprinzip besagt, dass „[n]ur solche Normen [..] letztlich rechtfertigbar [sind] […], die in einem argumentativen Diskurs […] von allen Beteiligten zwanglos akzeptiert werden“ (ebd.). Dieses Prinzip ist als „normatives Verfahrensprinzip der Problemlösung“ (ebd.) „in einer – kontrafaktisch antizipierten - idealen Kommunikationsgemeinschaft notwendigerweise schon aner- kannt“ (ebd.). Das Grundprinzip der ersten Stufe ist somit Voraussetzung eines Diskurses, insofern ein sinnvoller und fruchtbarer Diskurs ohne Anerkennung dieses Prinzips nicht möglich ist, und zugleich methodisches – oder wie Apel es nennt: „normatives“ (ebd.) (Verfahrens-)Prinzip, insofern es ein Kriterium liefert, an dem die 91 Den Zitationsnachweis führe ich im Folgenden für die Ausfertigung der sport- philosophischen Tagung. Sportethische Ansätze 81 Möglichkeit des Zustandekommens verbindlicher Normen gemessen werden kann. (2) Auf der zweiten Stufe gilt das soeben näher beleuchtete Grundprinzip der Diskursethik als „formales Verfahrensprinzip“ (ebd.), als „regulative Idee“ (ebd.). Im Prozess der Normenfindung und -begründung soll „die noch zu leistende Institutionalisierung der praktischen Diskurse“ (ebd.) - sofern kein realer Diskurs institutionalisierbar sein sollte - vom Individuum als Gedankenexperiment simuliert werden, so dass das Ergebnis in der Simulation des praktischen Diskurses dem Ergebnis eines realen Diskurses gleichen wird. Die „progressive Realisierung der Diskursethik [wird somit] in der Gesellschaft und im Bewusstsein der einzelnen zu messen [sein]“ (ebd., S. 108f). Festzuhalten sind also zwei Fallunterscheidungen: Zum ersten ist bei Nichtetablierbarkeit eines realen praktischen Diskurses die Imaginationsfähigkeit des Individuums gefragt. Zum anderen ist bei Existenz oder Genese eines praktischen Diskurses der praktische Diskurs selbst durchzuführen. Kurz: Auch wenn kein faktischer Diskurs zustande kommen sollte, soll(te) ein methodischer, fiktiver Diskurs durchgeführt werden. Kommen wir nun zur Bedeutung des Zusatzes „universalistisch“ (ebd., 1988a). Warum nicht einfach nur „Diskursethik“? Die Diskursethik wird von Apel (ebd., S. 107) als universalistische Prinzipienethik“ neben anderen universalistischen Prinzipienethiken klassiert. Allerdings unterstreicht Apel (ebd.) den entscheidenden Unterschied der Diskursethik im Vergleich zu den anderen universalistischen Prinzipienethiken: „Sie beansprucht nicht, aus ihrem als universalgültig unterstellten Prinzip auch universalgültige Normen oder Werte der Moral oder des Rechts […] deduzieren zu können“ (ebd.). Sportethische Ansätze 82 So meint Apel (ebd.) also mit „universalistisch“ das Grundprinzip der Diskursethik und ausdrücklich nicht die Normen, die in Folge der Anwendung dieses Grundprinzips generiert werden. Apel (ebd., S. 110) möchte „vom Fairness-Ideal des Sports her den Sinn des Grund-Prinzips der Diskursethik erhellen“. In einer in Relation zum Umfang des Gesamttextes sehr umfangreichen Auseinandersetzung kommt Apel (ebd., S. 110-129) zu dem Schluss, dass die Frage, „ob bzw. inwieweit die sportliche Fairness als Verfahrensprinzip auch zugleich ein Modell für das Grundprinzip einer universalistischen Diskursethik der Gerechtigkeit darstellt“ (ebd., S. 129), mit „nein“ zu beantworten ist. Jedoch weist er (ebd.) auf das Potential der „Möglichkeit einer Radikalisierung des in der sportlichen Fairness angelegten Gedankens der Gerechtigkeit“ (ebd.) hin und löst schließlich das Versprechen ein, die Bedeutung des Sports für die Diskursethik deutlich zu machen: „[D]ie Einübung der Fairness-Gesinnung im Sport [kann] eine Vorbedingung auf der Ebene der Verhaltens-Dispositionen schaffen“ (ebd., S. 134) und dadurch eine „anthropologisch-evolutionäre Funktion“ (ebd.) erfüllen. Durch die Kanalisierung bzw. Sublimation der im (Wettkampf-) Sport angelegten agonalen Aggression mittels besagter Radikalisierung der sportlichen Fairness als Gerechtigkeit ist sogar die „evolutionäre Überwindung des Krieges als einer Form agonaler Auseinandersetzung“ (ebd., S. 133) potentiell enthalten (ebd., S. 132f). Die „internationale Institutionalisierung eines fairen Wettkampf- und Höchstleistungssports“ (ebd., S. 133) bildet „sozusagen ein interkulturelles Sprungbrett für die Radikalisierung der sportlichen Fairness im Sinne der Fairness als Gerechtigkeit“ (ebd.). „Die Realisierung dieser Möglichkeit hängt natürlich nicht primär am Sport selbst“ (ebd., S. 134). So ist die Bedeutung des Sports für die univer- Sportethische Ansätze 83 salistische Diskursethik keine primäre, maßgebliche, aber eine, zwar sekundäre, doch (ge-)wichtige, die Vorbedingungen (in Form der Fairness-Gesinnung) für Verhaltens-Dispositionen schaffende Bedeutung. 4.3 Vermittelnd-funktionale Sportethik (Court) Ausgangspunkt Courts (1995, S. 233) ist die Verwirklichung der „Idee einer verbindlichen Sportethik“92. Sein Vorgehen lässt sich wie folgt skizzieren: Nach umfassender Darstellung der bestehenden sportethischen Ansätze einschließlich der Aufdeckung immanenter Kritikpunkte geht Court (ebd., S. 233-376) dazu über, ausgehend von den bisher präsentierten Ansätzen, seine eigene Konzeption zu entwickeln, die er als vermittelnd-funktionale Sportethik bezeichnet. Court (ebd., 1995) setzt sich den Leistungssport als (Haupt-)Adressatenfeld, wie unschwer aus dem Titel „Kritik ethischer Modelle des Leistungssports“ (ebd.) zu erkennen ist. Der Schlüssel zum Verständnis der Courtschen vermittelnd-funktionalen Sportethik liegt in den beiden Attributen „vermittelnd“ und „funktional“. „Das erste Attribut bezog sich auf die Methode und das zweite auf den inhaltlichen Zweck der Sportethik, die als Vorstufe einer verbindlichen integrativen Sportethik gedacht werden kann“ (ebd., S. 367). „Was […] als Methode der Vermittlung bezeichnet wird, ist nun nichts anders als der Versuch, unterschiedliche Auffassungen in der Idee eines begrifflich Ganzen zu integrieren“ (ebd., S.13). 92 Später (de)klassiert er jedoch die vermittelnd-funktionale Sportethik nur als „Vorform der verbindlichen Sportethik“ (ebd., S. 366). Sportethische Ansätze 84 Die Aufgabe der Vermittlung ist, „unhaltbare von haltbaren Aussagen der Sportethik abzutrennen, um diese in einer Synthese so weit wie möglich zu integrieren“ (ebd., S. 233). Doch dieses Unterfangen benötigt ein „inhaltliches Kriterium“ (ebd.). Dieses Kriterium ist mit dem zweiten Attribut „funktional“ verknüpft. „[D]ie Ansätze der Sportethik müssen sich an der Frage messen lassen, was sie zur Sicherung der Funktionsbedingungen fairen Sports beitragen“ (ebd., S. 233). Mit „funktional“ wird also intendiert, die sportethischen Ansätze anhand ihrer Tauglichkeit zur Sicherung des „ ‚höchste[n] Gut[s]’ der Sportethik“ (ebd., S. 366), nämlich „eines humanen Sports“ (ebd.), zu beurteilen. Court (ebd., S. 369) bezeichnet sein Vorgehen als einen „am Begriff der Funktion orientierte[n] dialektischer Vermittlungsprozeß, an dessen Ende die vermittelnd-funktionale Sportethik selbst steht“. „Die vermittelnd-funktionale Sportehik benennt den einheitlichen Zweck in der Vielheit: sie belässt den Einzeltheorien dort ihre methodische Freiheit, wo sie mit ihren eigenen Mitteln am gemeinsamen Ziel des humanen Sports mitwirken können“ (ebd., S. 372). Court (ebd.) verwendet den Funktionsbegriff jedoch in zweifacher Bedeutung: „Die[..] Synthetisierungsleistung [der Vermittlung] setzte eine Doppelung der Anwendung des Funktionsbegriffs voraus, weil es aus moralischer Sicht nicht ausreicht, die Sportethik lediglich auf ein reibungsloses Funktionieren bestimmter regelhaft vorgegebener Handlungsabläufe auszurichten: die bloße Funktion muß einem ‚höheren’ moralischen Kriterium, eben dem des humanen Sports, untergeordnet werden“. Zum einen wird das Kriterium für die Methode der Vermittlung angesprochen. Zum anderen das bloße Funktionieren im Sinne eines Sportethische Ansätze 85 reibungslosen Ablaufens, womit der vermittelnd-funktionalen Sportethik dieser Zusatz des reibungslosen Funktionierens zufällt. Ziel der vermittelnd-funktionalen Sportethik ist es, Kriterien dafür anzugeben, „wie ein humaner Sport, d. h. ein solcher, dem Begriffe wie Würde, Personalität, Selbstbestimmung, Freude oder auch Schönheit innewohnen, gestaltet und gesichert sein sollte“ (ebd., S. 367). Court (ebd., S. 366-376) nennt fünf Prinzipien, die die vermittelndfunktionale Sportethik konstituieren und die Verbindung zur allgemeinen Ethik herstellen sollen (ebd., S. 373)93: (1) Das „Prinzip der systematischen Geschichtlichkeit“ (ebd.) besagt, dass „die systematische und historische Begründung notwendig zusammengehören“ (ebd., S. 367) (und auch durchgeführt werden muß) und dass eine Besonderheit der vermittelnd-funktionalen Sportethik „die in ihrer Geschichte eingebettete systematische Begründungsstruktur“ (ebd.) ist. (2) Das „Prinzip des Vorrangs der Individual- vor der Sozialethik“ (ebd., S. 368) besagt, dass der Ursprung sportethischer Probleme nicht in den Institutionen oder Organisationen, sondern im Individuum, „im Akteur“ (ebd., S. 367), zu finden ist (ebd., S. 367f). (3) Das „Prinzip des [..] Vorzugs der Geltung vor der Genese“ (ebd., S. 368) besagt, „daß die Entwicklung einer falschen Handlung die Geltung ihrer richtigen Ausführung [nicht] aufhebt“ (ebd.) und dass 93 Die Reihenfolge der Aufzählung richtet sich nach der chronologischen Nennung bzw. Erläuterung im Fließtext Courts (ebd., S. 366-376). Obwohl Court (ebd., S. 373) die Aufzählungsreihenfolge variiert, ist keine Gewichtung der Prinzipien zu erkennen. Sportethische Ansätze 86 „das Individuum in Zweifelsfällen die Leistungsfähigkeit der Ethik danach bemisst, was es tun soll“ (auf der Ebene der Geltung) und nicht wie es dazu kommt, das „Richtige“ zu tun (auf der Ebene der Genese). (4) Das „Prinzip der Vermittlung von Inhalt und Methode“ (ebd., S. 369) meint (wiederholend) zum einen das Vorgehen der vermittelnd-funktionalen Sportethik, dass sie “Inhalt und Methode begründet aufeinander bezieht“ (ebd.), indem sie „Bestandteile anderer Deutungen entweder aus[schneidet] oder in das Gerüst einer verbindlichen Sportethik [integriert]“ (ebd.). Zum anderen benennt Court (ebd., S. 370) die „wissenschaftstheoretischen Kriterien der Kohärenz und Konsistenz“ (ebd.) sowie „wissenschaftspraktische[.] Kriterien, d. h. in der Anwendung“ (ebd.) zur Geltung kommenden Kriterien, als nähere Bestimmung dieses Prinzips.94 (5) Das „Prinzip des Vorrangs der Personfunktionalität“ (ebd., S. 373) besagt, dass die Funktionen des Sportlers geschützt werden müssen, was bedeuten soll, dass die Funktionen der Person geachtet werden müssen (ebd., S. 372), da der Mensch als selbst denkendes und entscheidendes, vernünftiges Wesen auch außerhalb des Sports vernünftig handelt (ebd.). Eine „allgemein[..] situativ-personale[.] Funktionsanalyse“ (ebd.) ist die Voraussetzung für eine systematische Konstitution der Sportethik. (ebd.). Zusätzlich zu den eben explizierten Prinzipien zählt Court (ebd., S. 366) vier weitere auf, die aber ohne Erläuterung bleiben: 94 Die Verbindung dieses Zusatzes mit dem eigentlichen Prinzip ist und bleibt aus meiner Sicht schleierhaft. Auch Beispiele für wissenschaftspraktische Kriterien fehlen vollends. Sportethische Ansätze 87 „[E]ine vollständige verbindliche Sportethik [wird] nicht auf die Prinzipien der individuellen Verantwortlichkeit, Eigenleistung, selbstbewussten Regelinterpretation und selbstbestimmten Regelanwendungen verzichten können“. Es ist nicht zu leugnen, dass Court (1995) dem Begriff der Fairness eine besondere hervorstechende Bedeutung innerhalb seiner Konzeption zuschreibt. Dies lässt sich zum einen aus dem üppigen Umfang des die Fairness behandelnden Textes, zum anderen aus dessen Inhalt heraus, erschließen. So wird Fairness als „innere Moral des Sports“ (ebd., S. 289) bezeichnet. Da die herkömmlichen Ansätze es nicht schaffen, die Fairness widerspruchslos in ihr Konzept zu integrieren, die vermittelnd-funktionale Sportethik dies aber vermag, kommt der Fairness ein besonderer Status in der vermittelnd-funktionalen Ethik zu. „Nur unter einer funktionalen Perspektive lassen sich Reichweite und Grenzen sportlicher Fairneß bestimmen und in ihren ethisch-anthropologischen Rahmen einordnen“ (ebd., S. 313). Court (ebd., S 369) präsentiert vier Phasen der Entwicklung einer systematischen, verbindlichen Sportethik: (1) „Abspaltung“ (2) „[A]dditive Zusammenfassung“ (3) „Integration“ (4) „Übergriff auf die Mutterdisziplinen“ (ebd., S. 376) Die Phase (1) nennt Court alternativ (ebd., S. 369) auch „Gründung“, während er die Phasen (2) und (3) unter „Dialektisierung“ (ebd.) zusammenfasst. Der vermittelnd-funktionaler Ansatz befindet sich im Übergang zur dritten Phase (ebd.). Sportethische Ansätze 88 „Und weil der Sport ein besonders anschauliches Feld menschlichen Handelns bietet, eröffnet seine Theorie auch gute Möglichkeiten für die allgemeine Ethik, an ihm exemplarisch ihre Leistungsfähigkeit zu testen“ (ebd., S. 375). Die weiter oben bereits erwähnte Verbindung zur allgemeinen Ethik durch die erläuterten Prinzipien erfährt eine Erweiterung durch die spezielle Eigenart des Sports, ein Bereich zu sein, in dem die allgemeine Ethik ein überschaubares Terrain für ihre Theoreme findet. Hier wird deutlich, was Court (ebd., S. 376) mit der vierten Phase der Entwicklung anstrebt: „Damit besitzt die Sportethik für die allgemeine Ethik prinzipiell sowohl eine Korrektur- als auch eine Bewährungsfunktion“ (ebd., S. 375). Zu diesen gesellen sich noch eine „Innovations- und Vorbildfunktion“ (ebd., S. 376). 4.4 Utilitaristische Sportethik (Pawlenka) Pawlenka (2002, S. 20) möchte ihre Ausarbeitung nur auf „die individualethische Ebene“, was „auf die utilitaristische Betrachtungsweise der Interaktion der Sportler im Wettkampfverlauf, d.h. das moralische Verhalten der Akteure während des Wettkampfes“, verweist, verstanden haben.95 Pawlenka (2002, S. 15) vertritt „die These einer gegenseitigen Affinität zwischen Utilitarismus und Spitzensport“. Diese besagt auf der einen Seite, „daß die utilitaristische Ethik – im Vergleich mit der Kantischen Ethik – den besonderen Handlungsumständen und charakteristischen Merk- 95 Zur Unterscheidung von individual-, institutionen- und globalethischer Ebene siehe Pawlenka (ebd., S. 20-23). Sportethische Ansätze 89 malen wettkampfsportlicher Eigenwelt in besonderer Weise gerecht wird“ (ebd., S. 15f). Und auf der anderen Seite besagt sie, „daß die Sonderwelt des Wettkampfsports umgekehrt dem Utilitarismus in besonderer Weise gerecht wird, da seine theoretischen Schwächen aufgrund der strukturellen Besonderheiten in diesem Lebensbereich entfallen“ (ebd., S. 16). „Die Anwendung des Utilitarismus auf den Spitzensport ist damit vergleichbar mit der Anwendung eines Medikaments ohne Nebenwirkungen“ (ebd., S. 127). 4.4.1 Das utilitaristische Prinzip Pawlenka (2002, S. 26) orientiert sich an den Vertretern des „klassischen“ Utilitarismus: Bentham (1992; 1996), Mill (1976; 1998) und Sidgwick (1909a; 1909b; 1981). Pawlenka (ebd., S. 35-45) nennt „vier Teilkriterien“, aus denen sich das „Kriterium für die Bestimmung der moralisch richtigen Handlung“ zusammensetzt: (1) Das „Konsequenzenprinzip“ (ebd., S. 35) besagt: „Handlungen sind von ihren Folgen her zu beurteilen“ (ebd.). „Handlungen [sind] nie an sich gut oder böse, sondern ihre moralische Beurteilung ergibt sich aus dem Wert der erwartbaren Handlungsfolgen, d.h. daraus, was die Handlungen voraussichtlich bewirken“ (ebd., S. 36f). (2) Das „Utilitätsprinzip“ (ebd., S. 37) besagt: „Der Maßstab zur Beurteilung der Folgen ist der Nutzen, den die Handlung bewirkt“ (ebd.). „Die moralische Beurteilung einer Handlung erfolgt also Sportethische Ansätze 90 aus einem Nutzenkalkül“ (ebd.), d.h. es wird Bilanz gezogen bzw. abgewogen, wie groß (oder gering) der Nutzen einer Handlung denn ist. (3) Das „Hedonismusprinzip“ (ebd.) besagt: „Der Nutzen bestimmt sich am Lustgewinn“ (ebd.). „[A]ls höchster Wert [gilt] die Erfüllung der menschlichen Interessen und Bedürfnisse, genauer derjenigen aller empfindungsfähigen Wesen“ (ebd., S. 37f). Das Nutzenkalkül bzw. die Bestimmung des Nutzens einer Handlung erhält durch das Hedonismusprinzip somit ein inhaltliches Kriterium, nämlich „das (menschliche) Glück“ (ebd., S. 38). (4) Das „Sozialprinzip“ (ebd., S. 39) besagt: „Es geht nicht [nur] um das Glück des Betroffenen selbst, sondern um das aller von der Handlung Betroffenen“ (ebd.). „Der zu errechnende Gesamtnutzen einer Handlung ergibt sich dabei durch Aufrechnen der jeweiligen Einzelnutzen“ (ebd., S. 40). Das „utilitaristische Prinzip“ (ebd.), welches sich aus den vier Teilprinzipien zusammensetzt, lässt sich nun wie folgt prägnant formulieren: „Danach ist diejenige Handlung moralisch richtig, d.h. erlaubt oder geboten, welche voraussichtlich das größte Glück aller von der Handlung Betroffenen herbeiführt“ (ebd., S. 40f). 4.4.2 Der Utilitarismus als Medikament ohne Nebenwirkungen Pawlenka (ebd., S. 336) versteht unter „Affinität“, einem Begriff aus der Chemie, „das Bestreben, zweier Reinstoffe sich zu verbinden“. Übertragen auf „die These einer gegenseitigen Affinität zwischen Utilitarismus und Spitzensport“ (ebd., S. 15) ist eine zwangsläufige Verschmelzung von Sportethische Ansätze 91 (Wettkampf-)Sport und Utilitarismus intendiert, die sozusagen von sich aus, ohne gekünsteltes Konstruieren, zustande kommt. Pawlenka (ebd., S. 127-202) geht nun wie folgt vor: Anhand ausgewählter Themenbereiche soll die Affinitätsthese belegt werden, was einher geht mit der Kontrastierung der Kantischen Ethik (vgl. ebd., S. 128). So ist die utilitaristische Sportethik der Kantischen (Sport-)Ethik in den Punkten der Empirieberücksichtigung und Realitätsnähe, Motivationsgenerierung zu moralisch richtigen Handlungen, Berücksichtigung der sinnlichen (Glücks-)Dimensionen des Menschen, der Instrumentalisierung von moralischen Normen, der Folgenorientierung von Handlungen und in der Strukturähnlichkeit mit der Zweckrationalität im kommerzialisierten und wettkampfspezifischen Spitzensports überlegen, was die Affinitätsthese weiter bekräftigt. „Der Vorteil der utilitaristischen Ethik liegt folglich, kurz gesagt in ihrer Praktikabilität, d.h. in der Implementierung moralischer Normen“ (ebd., S. 199). Nach Aufzeigen der Vorzüge der utilitaristischen Sportethik im Vergleich zur Kantischen (Sport-)Ethik gilt es jetzt für Pawlenka (ebd., S. 202-255) den Nachweis zu erbringen, dass die gegen den Utilitarismus (im Generellen) hervorgebrachten Einwände im Bereich des Spitzensports ihre Kraft vollends verlieren. Pawlenka (ebd.) diskutiert sechs Einwände gegen den Utilitarismus: (1) So verliert das Argument gegen den Handlungsutilitarismus, welches den Vorwurf der Möglichkeit (und Existenz) unmoralischer Sportethische Ansätze 92 Handlungen, die den Gesamtnutzen aber in keiner Weise mindern, vorträgt, im Kontext Spitzensport seine Kraft.96 „Als Ergebnis ist also festzuhalten, daß jeder Regelverstoß im medienrelevanten Leistungssport überwiegend schlechte Folgen zeitigen und aus handlungsutilitaristischer Sicht unter allen Umständen zu vermeiden ist“ (ebd., S. 215). (2) Der Vorwurf, dass der Utilitarismus eine „Philosophie für Schweine“ ist, welcher „die prinzipielle Gleichwertigkeit aller Freuden“ (ebd., S. 216) impliziert, wird von Pawlenka (ebd., S. 216-223) für den Spitzensport zurückgewiesen. Sie favorisiert den quantitativen Utilitarismus von Bentham (1992; 1996) auf Grund der Körperbezogenheit des Sports, die einen qualitativen Utilitarismus, der geistige Freuden höher bewertet als körperliche, als inadäquat kenntlich macht (vgl. ebd.). „In allen drei hier beschriebenen Merkmalen sportlicher Eigenwelt: dem Vorherrschen von sinnlich-körperlichen, physischanimalischen und intensiv-flüchtigen Erfahrungen, zeigt sich die Affinität des hedonistischen Glücksbegriffs, wie er BENTHAMS quantitativen Utilitarismus zugrunde liegt, zum Kontext Wettkampfsport“ (ebd., S. 220). (3) Der „Gerechtigkeitseinwand“ (ebd., S. 223) besagt, dass die Instrumentalisierung der Gerechtigkeit durch den Utilitarismus „die Selbstzweckhaftigkeit bzw. Unverfügbarkeit der Person nicht gewährleisten kann: Das Glück der Vielen kann [nicht] mit 96 Zur Unterscheidung von Handel- und Regelutilitarismus siehe Pawlenka (ebd., S. 203ff). Sportethische Ansätze 93 dem Leid der Wenigen verrechnet werden, [..] [damit] dadurch ein Maximum an Wohlergehen erzielt werden kann“ (ebd., S. 224). Der Vorwurf ließe sich in folgende Form bringen: Der Utilitarismus erlaubt, dass es einigen zum Wohl der anderen – zur Gesamtnutzenmaximierung - schlecht ergeht. Pawlenka (ebd., S. 223-238) weist diesen Vorwurf zurück. Doch ihre Ausführungen dazu sind bis auf das Postulat, dass der Gerechtigkeitseinwand auf der individuellen Ebene (im Wettkampfverlauf) entfällt, von verworrener Natur, weshalb ich an dieser Stelle keinen Versuch unternehme, die Unterscheidung „Nutzen Wettkampfverlauf“ (ebd., S. 230) und „Nutzen Wettkampfausgang“ (ebd.) in Verschränkung zur individualethischen und institutionenethischen Ebene (zudem mit dem Begriff der Fairness vermengt) überwiegend spekulativ darzustellen. Nur soviel: Der Clou der Abwendung des Einwandes ist, dass sich Ungerechtigkeit auf Grund des Wettkampfes in seiner Eigenschaft als Nullsummenspiel, d.h. dass Gewinn und Verlust in der Summe stets Null ergeben, gar nicht aufkommen kann (vgl. ebd., S. 236f). (4) Der Einwand der „Inkommensurabilität der Werte“ (ebd., S. 238) bezieht sich auf das Nutzenkalkül an sich. Er besagt, dass „die Intensität, Dauer, Gewissheit oder Ungewissheit, Nähe oder Ferne, die Folgenträchtigkeit, die Reinheit sowie die Anzahl der betroffenen Personen“ (ebd., S. 238f) nicht miteinander kompatibel, also inkommensurabel sind. Pawlenka (ebd., S. 238-245) entgeht diesem Vorwurf auf Grund der Eigenweltlichkeit des wettkampforientierten Sports, da sich die auf allgemeinethischer Ebene inkommensurablen Wertkategorien im Wettkampfsport als kommensurabel erweisen, weil ein universales, interpersonal gültiges Wertsystem für diesen charakteris- Sportethische Ansätze 94 tisch ist und zum quantitativen Utilitarismus von Bentham (1992; 1996), der eine einheitliche Maßeinheit des Nutzens vorgibt, durchaus affin ist (vgl. Pawlenka, 2002, S. 238-245). (5) Der Einwand, der das „Problem der Bestimmung der direkt bzw. indirekt von einer Handlung Betroffenen“ (ebd., S. 246) betrifft, wird von Pawlenka (ebd., S. 246-251) wegen des Wegfallens des Einbezugs der indirekt Beteiligten und der überschaubaren Anzahl der direkt Beteiligten im Kontext Wettkampfsport konsequent zurückgewiesen. (6) „Der Überforderungseinwand“ (ebd., S. 251), der eine Überforderung des Durchschnittsmenschen durch die utilitaristische Ethik beklagt, fällt auf Grund der Überschaubarkeit bzw. Einfachheit oder Praktikabilität im Wettkampfsport bei der Aufstellung bzw. Anwendung des Nutzenkalküls vollends weg. Zusammenfassend ist also festzuhalten, dass die Nebenwirkungen, also die Einwände gegen den Utilitarismus, des Medikaments Utilitarismus im Wettkampssport nicht auftreten: „Die Anwendung des Utilitarismus auf den Kontext Spitzensport ist vergleichbar mit der Anwendung eines Medikaments ohne Nebenwirkungen“ (ebd., S. 255). Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 5. 95 Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen Jetzt geht es ans Eingemachte: Im Anschluss werden die ausgewählten, sportethischen Ansätze von Meinberg (1991), Apel (1988a)97, Court (1995) und Pawlenka (2002) auf ihren moralbegründeten Gehalt hin durchleuchtet. D.h. es werden – in der Hoffnung, dies sei dem Vorhaben von erwartetem Nutzen - Begründungsversuche schematisch dargestellt, auf den entsprechenden Ebenen der Moralbegründung (Abb. 8) die Formen der Moralbegründung (vgl. 3.5) nachgewiesen und im Vergleich gegenüber gestellt. „Dadurch wird das ‚Begründetsein’ einer Ethik relativ zu anderen Ethiken zu beurteilen sein, mithin komparativisch ausfallen“ (Ott, 2005, S. 73). Aus Gründen des begrenzten Umfangs einer Arbeit wie dieser ist die Beschränkung der Untersuchung hinsichtlich der Moralbegründung auf zentrale Textstellen der jeweiligen sportwissenschaftlichen Ansätze notwendig. Deshalb sind die begangenen und sichtbar gemachten bzw. schematisierten Wege der sportethischen Moralbegründung als exemplarische, aber dennoch als typische Wege aufzufassen. Die Auswahl der Textstellen richtet sich nach den Kriterien des Vorhandenseins einer Begründungsstruktur und der Eigenschaft, ein Eckpunkt oder eine Konkretisierung bzw. ein. Anwendungsbeispiel in der jeweiligen Theorie zu sein. Es wird eine rein positive Darstellung gewählt, d.h. nicht nachweisbare Formen der (Moral-)Begründung werden erst in der die Ansätze vergleichenden Perspektive zur Sprache kommen. Auch hier werde ich aus den bereits erwähnten Gründen auf den Konjunktiv bei indirekten Zitaten verzichten. Ebenfalls ausgespart wird der 97 Wie bereits in Kapitel 4 angedeutet, wird nun das Analysespektrum auf rein philoso- phische Literatur erweitert. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 96 Literaturnachweis der entdeckten Formen der Moralbegründung, der bereits in Kapitel 3.5 geleistet wurde. 5.1 Co-existentiale Sportethik (Meinberg) Normative Aussagen (und auch die Nachweise zu deskriptiven Aussagen) werden überwiegend nicht begründet und stehen sozusagen im luftleeren Raum.98 Die wenigen für diese Analyse relevanten Passagen wurden aufgespürt und nach Themen in den folgenden Unterkapiteln sortiert. Zum Leidtragen des Meinbergschen Ansatzes ist davon auszugehen, dass die hier aufgeführten Begründungswege die im Wesentlichen einzigen seiner Konzeption darstellen. 5.1.1 Die Ethik des „dritten Weges“ (1) Die co-existenziale Ethik als Ethik des „dritten Weges“ (vgl. Meinberg, 1991, S. 45) geht den dritten Weg zwischen normativer und empirischer Betrachtungsweise. Denn die alleinige Begehung des Weges Richtung „normatives Vorgehen“ würde einerseits zu Realitätsferne und andererseits zu Überforderung führen (vgl. ebd.). Und das alleinige Begehen des Weges Richtung „Empirie“ würde ein bloßes Reproduzieren bzw. spiegeln von Ideologie(n) bzw. Realität bedeuten (vgl. ebd.). (2) Der dritte Weg wird auch bei den Polen materialer und formaler Ethik gesucht, weil zur Schlichtung sportmoralischer Probleme sowohl ein formaler Rahmen als auch materiale Ratschläge vonnöten sind (vgl. ebd., S. 47). 98 Dies gilt insbesondere für die zwar umfangreiche, aber begründungsleere Darlegung der „Leitbildproblematik“ (Meinberg, 1991, S. 165-172, S176ff). Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 97 (3) Der dritte Weg wird begangen, um „einseitige, zur dogmatischen Verhärtungen neigende Standpunkte“ (ebd.) zu vermeiden. C d A a1 a2 c Dritter Weg D b B A Materiale Ethik B Formale Ethik C Normative Betrachtungsweise D Empirische Betrachtungsweise a1 Vermeidung von Realitätsferne a2 Vermeidung von Überforderung b Schlichtung sportmoralischer Probleme c Vermeidung von bloßer Spiegelung der Ideologien bzw. Tatsachen d Vermeidung einseitiger, dogmatischer Verhärtungen Abb. 9: Der „dritte Weg“ in der co-existentialen Sportethik Der „dritte Weg“ als dialektische Methode ist auf der dritten Ebene der Moralbegründung nachweisbar, da Abgrenzungen zur normativen bzw. empirischen Betrachtungsweise und zur materialen bzw. formalen Ethik vorliegen. Der „dritte Weg“ als Prinzip ist der zweiten Ebene der Moralbegründung zuzuordnen, da er in diesem Fall als Handlungsreferenz aufzufassen ist. Die Begründung des dritten Weges durch die Vermeidung eines Dogmas lässt sich als Folgenbezugnahme entlarven. Die Begehung des dritten Weges zwischen materialer und formaler Ethik sowie zwischen normativer und empirischer Betrachtungsweise wird Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 98 ebenfalls begründet durch einen bzw. mehrere Folgenbezüge (a1, a2, b, c, d). Der Begründungsweg zum „dritten Weg“ ließe sich als eine Abart der Begriffspyramide betrachten, da sich zwar keine Syllogismen finden lassen, aber der „dritte Weg“ als Zentrum - sozusagen als Spitze der Pyramide der Begründungswege fungiert. 5.1.2 „Co-Existenziales“ Zum einen wird die Co-Existenz als (Namen gebendes) Prinzip (ebd., S. 49f), zum anderen als Leitwert (ebd., S. 163ff), begründet. (1) Die co-existenziale Sportethik kann auf den anthropologischen Verweis des Menschen als co-existentem Wesen zurückgreifen (vgl. ebd., S. 49). Zum einen existiert er mit anderen, die wiederum vor und/ oder nach ihm existieren (vgl. ebd.). Zum anderen ist das „Ego“ nicht ohne „Alter“ möglich – und umgekehrt (vgl. ebd.). (2) Co-Existenz als Leitwert wird einsichtig durch die Möglichkeit der (im fiktiven, aber nur formalen) Beispiel der Kollision von Fairness und missachtendem Verhalten im Wettkampfspiel (ebd., S. 163). „Co-Existenz ist [also] Faktum und Wert [zugleich]“ (ebd.). Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 99 Co-Existenz A B a1 b a2 c d A Leitwert B Prinzip a1 Beispiel der Kollision von Fairness und Missachtung a2 Co-Existenz als Faktum und Wert zugleich b Anthropologie c Ego <-> Alter d Existenz mit anderen, die vor und/ oder nach einem existieren Abb. 10: Co-Existenz in der co-existentialen Sportethik Co-Existenz befindet sich sowohl als Prinzip und als auch als Leitwert auf der zweiten Ebene der Moralbegründung. Die Ego-Alter-Beziehung (c) und der Verweis auf die Mitexistenz (d) sowie a1 sind als Bezug auf ein Faktum zu kennzeichnen. Eine (kleine) Begriffspyramide (im erweiterten Sinne99) ist erkennbar, jedoch in anderer Richtung. Die Pyramide bei der Begründung des dritten Weges ist eine „Bottom-Up-Pyramide“. Hier haben wir es mit einer „TopDown-Pyramide“ zu tun. Außerdem lassen sich zwei Gedankenkreise bzw. Zirkelschlüsse100 zwischen B und b sowie zwischen A und a2 aufspüren. 99 Siehe 5.1.1. 100 Im Folgenden spreche ich auf Grund der Strukturgleichheit (vgl. Kap. 4) nur noch von Gedankenkreisen. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 100 5.1.3 Das „Neue“ im Vergleich zum „Alten“ Die „neue“, co-existentiale Sportethik grenzt sich von der „alten“, überwiegend negativ besetzten, in bestimmten Punkten ab und hat somit auch bestimmte Vorzüge dieser gegenüber. (1) Ein Manko der „alten“ Sportethik ist die mangelnde Traditionssensibilisiertheit (vgl. ebd., S. 42). Die „neue“ Sportethik berücksichtigt die Tradition, indem sie diese modifiziert bzw. adaptiert (vgl. ebd.). (2) Die „alte“ Sportethik grenzt sich von der Philosophie aus (vgl. ebd., S. 42). Die „neue“ Sportethik co-existiert mit der Philosophie, weil die ethische Frage „Was soll ich tun“? (in Anlehnung an Kant) originär aus dieser stammt. (3) Die „alte“ Sportethik ist nur von individualethischer Natur (vgl. ebd., S. 47). Die „neue“ Sportethik geht dieser Verengung aus dem Weg, indem sie auch institutionenethisch vorgeht und Organisationen und Strukturen mit einbezieht (vgl. ebd., S. 48). (4) Die „alte“ Sportethik verpasst das Erkennen bzw. die systematische Reflexion der anthropologischen Grundlagen, die jeder Ethik innewohnen (ebd.). (5) Die „neue“ Sportethik bedeutet im Vergleich zur „alten“ zum einen eine Steigerung des Realitätsgehalts ihrer Erkenntnisse und bewirkt daher wirklichkeitsnahes Arbeiten (vgl. ebd., S. 169). Zum anderen bedeutet sie die Einbeziehung der Meinungen und (Eigen-)Erkenntnisse der Sporttreibenden. Nur so ist die „Rekonstruktionsarbeit von Leitbildern als Konkretisierungen von Menschenbildern“ (ebd.) möglich. (6) Das Manko der „alten“ Sportethik, in ihrer Konzipierung die Aktiven nicht zu berücksichtigen, ist korrekturbedürftig, weil ansonsten kein Verständnis der Ursachen und Hintergründe des moralischen Verhaltens der Sportler aufkommen kann und Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 101 moralisches Fehlverhalten dogmatisch verurteilt würde (vgl. ebd., S. 154). Der Sportler ist nicht völlig isoliert, sondern Teil eines Systems und hat ein soziales Umfeld, das ihn (moralisch) beeinflusst (vgl. ebd.). Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen alt neu A1 A2 B1 B2 C1 C2 D1 D2 E1 E2 g f a b c d e A1 Mangelnde Traditionsbewusstheit A2 Traditionssensibilität B1 Ausgrenzung der Philosophie B2 Co-Existenz mit der Philosophie C1 Verengung auf individualethische Ebene C2 Individualethische und institutionenethische Ebene D1 Fehlende systematische Reflexion anthropologischer Grundlagen D2 Leitbilder E1 Fehlende Einbeziehung der Aktiven E2 Einbeziehung der Aktiven a Ethik aus der Philosophie stammend b Menschenbilder c Steigerung des Realitätsgehalts d Wirklichkeitsnahes Arbeiten e Verständnis der Handlungsursachen und –hintergründe f Ausschluss dogmatischer Verurteilung von moralischen Fehlhandlungen g Mensch als Teil eines Systems mit sozialem Umfeld Abb. 11: „Alte“ Sportethik vs. „neue“, co-existentiale Sportethik 102 Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 103 Der Titel dieses Unterabschnittes lässt bereits die richtige Annahme aufkommen, dass der hier begangene Begründungsweg auf der dritten Ebene der Moralbegründung auffindbar sei bzw. ist. Es handelt sich hier um eine Art der diskursiven Methode. Zwar werden die betroffenen Akteure nicht unmittelbar in den Diskurs integriert. Doch wäre Diskurs zwischen der alten und neuen Sportethik denkbar. Die Bezugnahme auf ein Faktum lässt sich bei a, b und g, die Bezugnahme auf mögliche Folgen bei c, d, e und f nachweisen. Ein – wenn auch nur aus zwei Teilen bestehender – Gedankenkreis zwischen E2 und g ist sichtbar. 5.1.4 Geschlechtermoral In Abgrenzung zur „alten“ Sportethik, die als maskuline Ethik den Sportler zum Maß für die Sportlerin propagiert, vertritt die co-existenziale als zeitgemäße Sportethik mit dem Leitwert der Co-Existenz, der die gegenseitige Achtung der Geschlechter beinhaltet, und Bezug nimmt auf jüngere wissenschaftliche Studien mit dem Thema „Frau“, eine geschlechterneutrale Moral mit Geschlechterkomplementarität (vgl. ebd., S. 186f). Die Zeitgemäßheit der co-existentialen Sportethik wird zusätzlich verdeutlicht durch die (faktische) quantitative Zunahme der femininen Sportpraxis „sowie sich wandelnde Bewußtseinsprozesse“ (ebd., S. 186), die parallel dazu ablaufen. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen A1 B1 A2 B2 a B3 e d c 104 b1 b2 A1 „Alte“ Sportethik A2 Maskuline Moral B1 „Neue“ Sportethik B2 Zeitgemäße Sportethik B3 Geschlechterkomplementarität a Sportler als Maß für Sportlerinnen b1 Leitwert der Co-Existenz b2 Gegenseitige Achtung der Geschlechter c (Einzel-)Wissenschaftliche Erkenntnisse über das Thema „Frau(en)“ d Zunahme der femininen Sportpraxis e Sich wandelnde Bewusstseinsprozesse Abb. 12: Geschlechterkomplementarität in der co-existentialen Sportethik Der Begründungsweg der Geschlechtermoral sieht zum einen die Abgrenzung zur „alten“ Sportethik vor, beruft sich zum anderen auf den Leitwert der Co-Existenz und ist daher auf der zweiten und dritten Ebene der Moralbegründung zu analysieren. Die Form der diskursiven Methode, die in 5.1.3 dargestellt wurde, findet sich auch hier. Auch ist die hermeneutische Methode erkennbar, da aus der Interpretation der „alten“ maskulinen Sportethik aus dem eigenen (zeitgemäßen) Sinnhorizont heraus die „neue“, geschlechterneutrale Sportethik entsteht. Der Bezug auf ein Faktum ist bei A2, a, b2, c und d (auf der dritten Ebene der Moralbegründung) gegeben. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 105 Eine Top-Down-Begriffspyramide ist auf Seite der „alten“ Sportethik als auch auf Seite der „neuen“ zu erkennen. 5.1.5 Doping Die co-existentiale Ethik als somatische Ethik, die sich somit mit dem Körper befasst, setzt den Körper gleich mit (einem Stück) Natur, welche(s) wiederum zugleich auch Kultur ist (vgl. ebd., S. 173). Der Mensch hat nun (in Anlehnung an die Anthropologie Plessners und Gehlens) eine erste, „natürliche“ Natur und eine zweite, „künstliche“ Natur, welche die erste als Kultur prägt (vgl. ebd.). Der gedopte Athlet geht aus von einem mechanistischen Menschenbild, das Ausdruck findet in einer Geringschätzung des (eigenen) Vitalwertes, erhöhter Risikobereitschaft und einem gestörten (Selbst-)Vertrauensverhältnis bezüglich der eigenen Leistungsfähigkeit (vgl. ebd., S. 175f). Der gedopte Athlet ist ein gespaltenes Wesen, in dem erste und zweite Natur inkompatibel sind, was zu Defekten an der ersten Natur führt (vgl. ebd., S. 174f). Er tritt deshalb in Konflikt mit dem Leitbild des Homo Humanus, der als Leitbild in der Dopingdebatte unabdingbar ist, da er die Schaffung eines plausiblen ethischen Beurteilungsmaßstabes garantiert und die mögliche Befolgung der im Leitbild enthaltenen Normen beinhaltet (vgl. ebd., S.176f). Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen A1 B A2 a e b c f g h i C d D j k l E m n A1 Co-existentiale Sportethik A2 Somatische Ethik B Mechanistisches Menschenbild C Gedopter Athlet D Gedopter Athlet als gespaltenes Wesen E Konflikt mit dem Leitbild des Homo Humanus a Körper b Natur c Kultur d Unterscheidung der ersten und zweiten Kultur e Geringschätzung des Vitalwertes f Erhöhte Risikobereitschaft g Gestörtes (Selbst-)Vertrauensverhältnis h Widernatürliches Verhalten i Malträtieren der ersten Natur j Inkompatibilität der ersten mit der zweiten Natur k Defekte in der ersten Natur l Homo Humanus als das Leitbild der Dopingdebatte m Schaffung eines plausiblen ethischen Beurteilungsmaßstabes n Potentielle Befolgung der im Leitbild enthaltenen Normen Abb. 13: Das Dopingverbot in der co-existentialen Sportethik 106 Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 107 Die Dopingproblematik befindet sich auf der zweiten Ebene der Moralbegründung, insofern Doping, das auf der ersten Ebene anzusiedeln wäre, als nicht-moralische Handlung nicht vorkommt, sich aber ohne Widerspruch annehmen lässt. Meinberg (ebd., S. 173-178) wählt ein logisches Vorgehen, da sich aus den Begrifflichkeiten ein Dopingverbot ableiten lässt. Folgenbezüge sind auffindbar in D, E, h, i, j, k, m und n. Ein Gedankenkreis und ein Kreis von Kreisen findet sich bei der Verbindung von a, b, c, und d sowie bei B, C, e, f und g. D ist als Spitze einer Begriffspyramide, die sowohl mit „bottom-up“ (von A1 und B aus gesehen) und als „top-down“ (in Richtung E und j) zu kennzeichnen ist. Das mechanistische Menschenbild lässt sich als technomorphe Modellvorstellung interpretieren. 5.1.6 Trainermoral Die Dynamik des modernen Sports ist verbunden mit einschneidenden Änderungen des Selbstverständnisses des Trainers (Meinberg, 1991, S. 188ff). Denn der Trainerberuf ist ein Fulltime-Job und ist verbunden mit der permanenten Präsenz in der Öffentlichkeit durch (Massen-)Medien, deren Macht bzw. Beeinflussungsgehalt auf den Trainer gestiegen ist. Ebenso ist das Risiko einer Entlassung gestiegen und das Anforderungsprofil des Trainers hat sich geändert bzw. wurde erweitert (vgl. ebd.). Mit diesen Änderungen ist eine hohe Komplexität des Trainerberufs gegeben. Um dieser Komplexität gerecht zu werden, ist eine Vorbereitung des Trainers bereits in der Ausbildung notwendig (vgl. ebd., S. 202ff), welche einen Grundstein für die Berufsmoral als Trainermoral (und umgekehrt) legt. Die Trainermoral ist (notwendigerweise) mit der Verantwortung als anthropologische Konstitution der menschlichen Co-Existenz verknüpft, was mit dem Bezug auf die bereits explizierte Ego-Alter-Beziehung Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 108 begründet wird (vgl. ebd., S. 192). „Co-Existenz bedeutet immer ein Sichverhalten, ein Verhältnis“ (ebd.). Und so ist auch die Verantwortung zu verstehen (vgl. ebd., S. 193). Die Verantwortung des Trainers ist eine multiple, plurale Verantwortung, die sich in sachliche, soziale, institutionelle, moralische und pädagogische Verantwortung ausdifferenziert. Aus den beiden letztgenannten Verantwortungstypen leitet sich das potentielle angelegte pädagogische Handeln des Trainers ab, das ohne sein Zutun stattfinden kann (vgl. ebd., S.193-201). Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen A B g C D E I F G H K J a b 109 c d e f A Dynamik des modernen Sports B (Ver-)Änderung des Selbstverständnisses des Trainers C Komplexität des Trainerberufs D Vorbereitung auf die Komplexität in der Ausbildung E Trainermoral F Berufsmoral G Verantwortung als anthropologische Konstitution der menschlichen Co-Existenz H Sich-Verhalten bzw. Verhältnis I (Menschliche) Co-Existenz J Multiple bzw. plurale Verantwortung des Trainers K Potentiell nicht intendiertes pädagogisches Handeln des Trainers a Ego <-> Alter b Sachliche Verantwortung c Soziale Verantwortung d Pädagogische Verantwortung e Moralische Verantwortung f Institutionelle Verantwortung g Inhalt der Veränderung (Fulltime-Job, Sportöffentlichkeit, Medieneinfluss, Risiko und Anforderungsprofil) Abb. 14: Die Trainermoral in der co-existentialen Sportethik Die Begründung der Trainermoral ist auf der zweiten Ebene der Moralbegründung festzustellen. Die logische Methode wird hier im Ganzen angewandt. Zwischen G und H ist jedoch die analogische Methode im Vollzug. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 110 Ein großer Gedankenkreis mit den Gliedern F, E, G, J und K wird (mehr oder weniger deutlich) ersichtlich. F (oder auch die Verbindung von E und F) ist die Spitze einer Bottom-UpBegriffspyramide. 5.2 Universalistische Diskursethik (Apel) Die Besonderheit dieses Ansatzes als Anwendung eines genuin philosophischen Ansatzes auf den Bereich des Sports wurde bereits herausgestellt. Auf Grund des Anwendungscharakters sind Begründungsmuster in der relativ kurzen Abhandlung, die in erster Linie sportwissenschaftlicher Klientel gewidmet ist, kaum zu entdecken.101 Insofern kommt der Begründung des diskursethischen Prinzips in Anwendung auf den Sport nur eine geringe Beachtung entgegen und mündet in verkürzter Argumentation und in Verweisen auf rein philosophische Literatur (vgl. Apel, 1988a, S. 105). Trotzdem wird der Vollständigkeit wegen diese verkürzte bzw. unvollständige Begründung des diskursethischen Grundprinzips aufgenommen. Um der diskursethischen Theorie im Gesamten kein Unrecht anzutun, wird auf eine Rechtfertigung der reflexiven Letztbegründung (ebd., 1973, S. 358-435) im Ausschnitt der Rechtfertigung der Anerkennung des diskursethischen Prinzips – und auch dies nur Ausschnittsweise - eingegangen, um exemplarisch der Komplexität, Differenziertheit und Tiefgründigkeit der Argumentation im Kontext der akademischen Philosophie gerecht zu werden. Zuerst wird also die sportphilosophische Schrift (ebd., 1988a) und anschließend die rein philosophische Schrift (ebd., 1973) untersucht. 101 Doch zeichnet sich der Text im Ganzen durch Tiefe und logische Stringenz aus. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 111 5.2.1 Grundprinzip der Diskursethik Apel nennt die Begründung des Grundprinzips der Diskursethik, das besagt, dass die Akzeptanz von Normen nur bei Zustimmung aller Beteiligten eines (praktischen) Diskurses erfolgt, eine reflexive Letztbegründung, denn es wird notwendigerweise schon vor Eintreten in den Diskurs unter Annahme der kontrafaktischen, antizipierten idealen Komuikationsgesellschaft bereits anerkannt, da sich sonst ein performativer Selbstwiderspruch einstellt (vgl. ebd., 1988a, S. 107). Die Anerkennung der normativen Bedingung eines Diskurses bereits vor der Durchführung desselben ist also hintergehbar (vgl. ebd.). A b B a C D A Grundprinzip der Diskursethik B Reflexive Letztbegründung C Annahme der idealen Kommunikationsgesellschaft D Notwendige Anerkennung des Grundprinzips vor dem Diskurs a Vermeidung des performativen Selbstwiderspruchs b Nicht hintergehbare normative Bedingung des Diskurses Abb. 15: Das diskursethische Grundprinzip Diese Begründung des diskursethischen Grundprinzips befindet sich eben als Prinzipienbegründung eindeutig auf der zweiten Ebene der Moralbegründung. Die diskursive Methode findet sich zweifellos in A eben als Grundprinzip der Diskursethik wieder. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 112 Ein großer Kreis von Kreisen zeichnet sich ab, der aus zwei Gedankenkreisen (B, C, D und A, B, a, b) besteht. Bei a wird eine Folgenbezugnahme deutlich. 5.2.2 Sportliche Fairness als Verhaltensprinzip und Modell einer Ethik der Gerechtigkeit Zur Verhältnisbestimmung von sportlicher Fairness und allgemeiner Fairness ist zu sagen, dass spielkonstituive Regeln als regulative Regeln, die sich von den normalen Wettkampfregeln, welche hintergehbar sind, unterscheiden, moralisch relevant sind (vgl. ebd., S. 110-118). Durch Radikalisierung der sportlichen Fairness zur Gerechtigkeit (nach Diskussion zweier Einwände, dass Fairness die notwendige Bedingung sportlicher Wettkämpfe ist und dass die Fairness in der fiktiven Welt des Wettkampfsports eine Gleichnisfunktion für die indirekt und direkt Beteiligten ist) und die Feststellung, dass der Sport eine fiktive Welt innerhalb der Lebenswelt darstellt, ist das Verhältnis zur allgemeinen Fairness geklärt: Nur, wenn die sportliche Fairness zur Gerechtigkeit radikalisiert wird, kann sie als Modell für die allgemeine Fairness und Ethik der Gerechtigkeit wirken (vgl. ebd., S. 117-129). Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 113 a b1 (de Wachter) b2 A3 A1 c C D (Searle) A2 B A1 Sportliche Fairness A2 Allgemeine Fairness A3 Gerechtigkeit B Sport als fiktive Welt innerhalb der Lebenswelt C Spielkonstituive Regeln als moralisch relevant D Hintergehbarkeit von Spielregeln a Radikalisierung b1 Einwand der notwendigen Bedingung von Fairness für den Wettkampf b2 Einwand der Gleichnisfunktion von sportlicher Fairness und allgemeiner Fairness c Beispiel von Schach und Body-Check zur Unterscheidung von Spielregeln und spielkonstituiven Regeln Abb. 16: Diskursethische Begründung der sportlichen Fairness als Modell für die allgemeine Fairness Die Begründung dafür, dass sportliche Fairness sehr wohl als Modell für die allgemeine Fairness einer Gerechtigkeitsethik dienen kann, lässt sich sowohl auf der zweiten als auch auf der dritten Ebene der Moralbegründung einordnen. Denn die Hintergehbarkeit von Spielregeln wird auf der Grundlage der Auseinandersetzung mit Searle (1971) vorgenommen, wozu die Diskussion der Einwände gegen die Radikalisierung der sportlichen Fairness als Gerechtigkeit, von denen einer auf de Wachter (1983) zurückgeht, hinzukommt. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 114 Die Zuordnung zu methodischen Vorgehensweisen scheint nicht ganz einfach durchführbar zu sein und wird erst auf den zweiten Blick ersichtlich. Die analogische Methode ist in der Verhältnisbestimmung von A1 und A2 nachweisbar. Die diskursive Methode wird in b1 und b2 sowie bei D einsichtig. Die analytische Methode ist in der Auseinandersetzung mit Searle (1971) zu entdecken. Bei Einbeziehung der Gerechtigkeit in der Verhältnisbestimmung von allgemeiner und sportlicher Fairness handelt es sich um einen Grenzfall, der nicht eindeutig bestimmt werden kann. Denn man könnte einerseits die logische Methode wegen der logischen Folge der Begrifflichkeiten und andererseits die hermeneutische Methode wegen der Interpretationsleistung an der Gerechtigkeit bzw. der (sportlichen und allgemeinen) Fairness annehmen. Es ist also plausibel, beide Methoden in ein und derselben Begründungsfigur zu vermuten. A1 ließe sich als die Spitze einer Bottom-Up-Begriffspyramide kennzeichnen. B ist als Bezug auf ein Faktum zu identifizieren. 5.2.3 Agressionssublimation/ -kanalisation In Anlehnung an die Fan-Ideologie (oder besser: Hooligan-Ideologie), in der die Fans (Hooligans) die Differenzen unter Einsatz von Gewalt austragen, jedoch im „normalen“ Leben Gewalt verabscheuen und durchaus moralisch handeln, möchte Apel (1988a, S. 128-134) die anthropologisch-evolutionäre Funktion des Leistungssports als Mittelweg zwischen absoluter Gewaltverneinung und- bejaung in der Sublimation bzw. Kanalisation von Gewalt verstanden haben. Im praktischen Diskurs sollen die institutionellen Rahmenbedingungen für die im Wettkampf einübbare Fairness zur Gewaltsublimation/ -kanalisation postuliert werden (vgl. ebd.). Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen e D d 115 A Sublimation/ Kanalisation der Gewalt im Sport B Anthropologisch-evolutionäre Funktion des Sports B A a b c C C Fan-Ideologie D Praktischer Diskurs a Anthropologischer Mittelweg b Absolute Ablehnung der Gewalt c Gewaltaffirmation d Einübbare Fairness im Wettkampf e Institutionelle Rahmenbedingungen Abb. 17: Aggressionssublimation durch Sport in der Diskursethik Dieses Begründungsgeflecht befindet sich auf der zweiten Ebene der Moralbegründung. Eine eindeutige Zuordnung ist jedoch nicht ganz einfach, da hier gewalttätige Handlungen (eindeutig auf der ersten Ebene der Moralbegründung), die aus dem Aggressionspotential des Menschen heraus zustande kommen, im Leistungsport sublimiert werden sollen, was eine Strategie zur Vorbeugung von unmoralischen Handlungen hervorbringt, aber keinen Verweis auf ein begründendes Prinzip oder Ähnliches. Doch ließe sich eine Verknüpfung zum Fairnessprinzip anstellen, dass in dieser Begründungsstruktur herangezogen wird. Indirekt wird auch ein Bezug zum Grundprinzip über die Einbindung des praktischen Diskurses hergestellt. Daher ist eine Zuordnung zur zweiten Ebene der Moralbegründung ebenfalls gerechtfertigt. Die analogische Methode ist deutlich in der Referenz auf die Fan-Ideologie (C) erkennbar. In a wird die dialektische Methode gekennzeichnet durch die Vermittlung zweier anthropologischer Extreme (b und c). Die diskursive Methode ist in D zu finden. A ist die Spitze einer Bottom-Up-Begriffspyramide. Ein Gedankenkreis ist mit den Stationen A, d, D und E gegeben. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 116 5.2.4 Anerkennung einer ethischen Grundnorm als sinnnotwendige Voraussetzung der Argumentation Moralischer Grundnormen (einschließlich dem Willen zur Argumentation) als Voraussetzung des Diskurses bzw. jeglicher sinnvollen Argumentation in einer kritischen Kommunikationsgesellschaft sind notwendig anerkennungsbedürftig, da sich nur so ein sinnvolles Argumentieren im Diskurs, der unbedingt ist, d.h. nicht auf Empirisches Rücksicht zu nehmen hat, einstellen kann (vgl. ebd., 1973, S. 415-423). Die Anerkennung des Grundprinzips wird zusätzlich zurückgeführt auf die Bedingungen der Möglichkeit des Erkennens von Fakten, des gültigen Selbstverständnisses und jeglichen Argumentierens überhaupt, die102 in einem apriorischen Perfekt münden, welches auf das Grundprinzip bzw. dessen Anerkennung, die den modalen Charakter eines Sollen trägt, in Anlehnung an Kant als Faktum der Vernunft ausgezeichnet wird (vgl. ebd.). Das Begründungsgeflecht ließe sich in der Begründung des diskursethischen Prinzips (Abb. 15) bei D ansetzen. 102 Gemeint sind die Bedingungen der Möglichkeit. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen B A 117 E Kant D C F f G h e a b c d g A Anerkennung moralischer Normen als Grundlage einer Argumentation B Faktum der Vernunft C Bedingung(en) der Möglichkeit D Apriorisches Perfekt E Diskurs F Sinn G Kritische Kommunikationsgemeinschaft a Gütiges Selbstverständnis b Empirisch-wissenschaftliche Feststellung von Fakten c Jegliche Argumentation d Wille zum Argumentieren e Modaler Charakter des Sollens f Unbedingtheit g Einwand der alleinigen Begründungsfähigkeit von hypothetischen Imperativen h Einwand der Nichtableitbarkeit von Normen aus der Tatsache der Anerkennung von diskursvorgesetzten Grundnormen Abb. 18: Anerkennung des diskursethischen Grundprinzips Die differenzierte(re) Begründung des diskursethischen Grundprinzips ist zum einen auf der zweiten Ebene und zum anderen auf der dritten Ebene der Moralbegründung angesiedelt, da eine (hauptsächliche) Anlehnung an Kant sichtbar wird und Einwände intensiv diskutiert und zurückgewiesen werden. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 118 Die transzendentale Methode wird im Bezug auf Kant (vornehmlich B) und auch bei f deutlich. Die diskursive Methode ist eindeutig in E auffindbar. Die hermeneutische Methode ließe sich in F entdecken, da dort Sinn(igkeit) (F) aus der Selbstinterpretation heraus zu einer neuen Selbstinterpretation führt. Eine Bottom-Up-Begriffspyramide lässt sich mit A als Spitze erkennen. Als großer Kreis von Kreisen ist das gesamte Begründungsgeflecht zu bezeichnen. Mehrere Gedankenkreise – sowohl große als auch kleine werden in der Abbildung (Abb. 18) sichtbar.103 5.3 Vermittelnd-funktionale Sportethik (Court) Der Ansatz von Court (1995) ist, was die Nachzeichnung der bedeutenden bzw. typischen Begründungswege betrifft, sehr komplex und undurchsichtig. Begründungen einzelner Elemente der (Gesamt-)Theorie sind über das ganze Werk verteilt. Das Aufspüren aller Begründungsfragmente ist eine zeitaufwendige, akribische Arbeit, die die Rahmenbedingungen dieser Untersuchung sprengen würde. Deshalb werden die Begründungswege nur innerhalb begrenzter, ausgewählter Textabschnitte – und dort auch nicht in voller Differenzierung - erfolgen, wobei in Kauf genommen wird, dass eventuelle Versatzstücke an anderer nicht berücksichtigter Stelle nicht in die Darstellung aufgenommen werden (können) und möglicherweise ein unvollständiges Bild der Begründungsabsicht liefern (könnten). Doch dieser Tatbestand ist dem Unternehmen des Aufzeigens typischer Begründungswege keineswegs abträglich, da sich diese in den entsprechenden Textstellen durchaus in vollständiger Gewichtung und gesamten Spektrum zeigen. 103 Auf Grund der zahlreichen Kombinationsmöglichkeiten der Stationen erspare ich mir deren Aufzählung. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 119 5.3.1 Systematik der vermittelnd-funktionalen Sportehik Um die im Anschluss begutachteten Begründungswege in der Theorie Courts (ebd.) besser einordnen zu können, bietet es sich an, eine schematische Systematik zur Orientierung voranzustellen, in dem ebenfalls ein „globaler“, die gesamte Theorie betreffender Begründungsweg ersichtlich wird. Die Konzeption Courts (ebd.) zeichnet sich dadurch aus, dass unter der Methode der Vermittlung, die die Synthese der brauchbaren Teile der bestehenden sportethischen Ansätze meint, und dem Kriterium der Funktionalität, das die Sicherung des fairen Sports intendiert, die bereits bestehenden104 sportethischen Ansätze integriert oder im Fall der pragmatisierten Sportethik vollends verworfen werden. Um Vollständigkeit und Bewährung beanspruchen zu können, werden Anwendungsbeispiele genannt und Prinzipien postuliert. 104 Natürlich können Ansätze (zeitlich) nach der Entwicklung der vermittelnd-funktionalen Sportethik nicht auftauchen. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen a A b B c C d D 120 e E F h f/g i A Funktionaler Ansatz (Gerhardt) B Co-existentiale Ansatz (Meinberg) C Institutionelle Sportethik (Lieber, Nitsch) D Pragmatisierte Sportethik (Lenk, Franke) E Funktionale Ansätze (Apel, Heringer, Gerhardt) F Vermittelnd-funktionale Sportethik a Fairness <-> Regelbefolgung b Wille zur Regeleinhaltung c Verantwortung d Verwerfen der pragmatisierten Sportethik e Regelinterpretation/ -einhaltung aus vernünftiger Überlegung f Funktionalitätskriterium der Sicherung fairen Sports g Methode der Vermittlung als Synthese der bestehenden Theorien h Prinzipien der vermittelnd-funktionalen Ethik i Anwendungsbeispiele Abb. 19: Systematik der vermittelnd-funktionalen Sportethik Die systematische Begründung der vermittelnd-funktionalen Sportethik befindet sich, mit Ausnahme der Prinzipien105 (h), die sich sowohl (vornehmlich) auf der zweiten als auch auf der dritten Ebene der Moralbegründung einordnen lassen, auf der dritten Ebene der Moralbegründung. 105 Die Prinzipien wurden in 4.3 dargelegt. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 121 Als der ersten Ebene zugehörig ließe sich jegliche (moralische bzw. moralisch relevante) Handlung annehmen, wobei dieser Allgemeinplatz in den Anwendungsbeispielen seine Konkretisierung(en) u.a. im Doping oder im Foulspiel, was in den folgenden Abschnitten dargestellt wurde, findet. Der Begründungsweg von A nach F, der die anderen sportethischen Theorien streift, lässt sich als dialektische, diskursive und hermeneutische Methode (in fünf Schritten) interpretieren, da die Merkmale dieser Methoden hier allesamt zutreffen. Der Gedankenkreis und ein Kreis von Kreisen, allerdings verschachtelt, sind auf dem Weg von A nach F ausfindig zu machen. Zwischen den einzelnen Stationen lässt sich bei a, b und d die logische Methode, bei c der Bezug auf ein Gefühl, nämlich die Verantwortung gegenüber jemandem bzw. etwas (ebd., S. 189ff) und bei e die transzendentale Methode mit Hinblick auf die Vernunft feststellen. Von F aus gesehen lässt sich eine Top-Down-Begriffspyramide zu den Prinzipien (h) und den Anwendungsbeispielen, die selbst mit dem gesamten Begründungsweg von A nach F verschränkt sind, konstruieren. 5.3.2 (Spiel-)Regeln Die (Spiel-)Regeln werden von Court (1995, S. 270-285) einerseits im Sinne der Entscheidung zur Einhaltung bzw. Brechung ihrer selbst und andererseits im Sinne der Bestimmung der Regeln als moralisch begründet. Die Regeln erhalten moralischen Status dadurch, dass sie ihrem Wesen nach als potentielles Handlungsmuster moralische Begründungsfähigkeit aufweisen, die an ein situationsbedingtes Faktum die Moralität der Regeln bindet und die eigene Ansicht als Begründungs- bzw. Entscheidungsinstanz zur Regelbefolgung/ -übertretung in Anspruch nimmt. Die eigene Einsicht geht zurück auf die Urteilskraft bei Kant (VIII, S. 275), die sich in bestimmende und reflektierende Urteilskraft untergliedern lässt (Court, 1995, S. 276f). Ebenso ist die eigene Einsicht gebunden an Überlegungen bezüglich eines moralischen Vorbehaltes, also einem außerhalb des Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 122 Bereichs Sport liegendem höheren Grund, der gegebenenfalls die Entscheidung zur Regelbrechung übernimmt (vgl. ebd., S. 275-278). Die Entwicklung des Courtschen Theorems (ebd.) spielt sich gleichzeitig mit der Auseinandersetzung mit den Theorien von Apel (1988), Heringer (1990) und Gerhardt (1991) ab. In der Systematik der vermittelnd-funktionalen Sportethik (Abb. 19) lassen sich Überlegungen zu den (Spiel-)Regeln im Raum um e, E und F ansetzen. A B D C f E F G H e a d b I A (Spiel-)Regeln B Regelübertretung C Regelbefolgung D Potentielles Handlungsmuster E Freiwilligkeit F Moralische Begründungsfähigkeit G Eigene Einsicht H Urteilskraft I Moralischer Vorbehalt a Bestimmende Urteilskraft b Reflektierende Urteilskraft c Beispiel für moralischen Vorbehalt d Kant e Apel, Heringer, Gerhardt f Situationsbedingtheit c Abb. 20: Spielregeln in der vermittelnd-funktionalen Sportethik Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 123 Auf der ersten Ebene der Moralbegründung ist die Regelübertretung bzw. –einhaltung zu nennen. Auf der zweiten Ebene der Moralbegründung ist die eigene Einsicht bzw. das Geflecht darum – und darunter in besonderem Maße die Situationsbedingtheit (f) - zu setzen. Die dritte Ebene der Moralbegründung ist in die gesamte Argumentation eingeflochten, d.h. Bezüge zu den funktionalen Ansätzen werden fortlaufend hergestellt. Die diskursive und die hermeneutische Methode106 sind in der gesamten Argumentation gegenwärtig, da der vermittelnd-funktionale Ansatz in Auseinandersetzung mit anderen Theorien (d, e) entwickelt wird. Die transzendentale Methode wird deutlich im Bezug auf die eigene Einsicht (G), die mit der Urteilkraft (H) in Verbindung gebracht wird. Die hermeneutische Methode ist außerdem bei f kenntlich zu machen, da jede Situation neu interpretiert werden muss. Der Bezug auf ein Faktum ist bei I und c festzustellen. Ein Kreis von Kreisen ist zwischen A, E und G offensichtlich. Insgesamt lässt sich ein großes Geflecht ineinander verwobener Strukturen erkennen, das den Systemcharakter der systematischen Begründung Courts bestätigt. 5.3.3 Humaner Sport , mündiger Athlet und Funktionalität Die folgenden Darlegungen sind eine Synthese der verstreuten Gedankengänge von Court in Bezug auf den humanen bzw. fairen Sport und dessen anthropologische Grundlegung. Der humane Sport – und das ist ein fairer Sport - als „höchstes Gut“ (Court, 1995, S. 19) wird getragen vom Ideal des mündigen Athleten, der sich an seiner Eigenleistung misst (vgl. ebd., S13; S. 233). Das Verhältnis 106 Siehe 5.3.1. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 124 von Freiheit und Zwang drückt sich aus bei den idealisierten Leitbildern des mündigen Athleten auf der einen und dem manipulierten Athleten auf der anderen Seite, der sich selbst als Mängelwesen einschätzt (vgl. ebd.). Der mündige Athlet ist auf Grund der Leitfrage „Was soll ich tun?“ mit der Anthropologie verknüpft, die als begriffliche Selbstauslegung des Menschen zu verstehen ist (ebd.). Der mündige und der manipulierte Athlet werden anthropologisch unter Bezugnahme auf den anthropologischen Sinn des Sports vermittelt (vgl. ebd.). Das Resultat der Vermittlung, die zwischen den Extremen schlichten soll, ist die Kanalisierung der natürlichen Gewalt des Menschen, die einher geht mit einer bestimmten Artung der betroffenen Institutionen, was mit dem Erhalt der Funktionsbedingungen eben derselben verbunden ist. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 125 C A E B b j c F D a I i d G H g h e f A Humaner Sport B „Höchstes Gut“ C Fairer Sport D Funktionalität E Mündiger Athlet F Manipulierter Athlet G Anthropologie H Kanalisierung der natürlichen Gewalt des Menschen I Sicherung der Bedingungen des fairen Sports a Inhaltliches Kriterium der Vermittlung b Eigenleistung c Freiheit <-> Zwang d Vermittlung e Anthropologischer Sinn des Sports f Begriffliche Selbstauslegung des Menschen g Bestimmte Artung der Institutionen h Erhalt der Funktionsbedingungen i Leitfrage „Was soll ich tun?“ j Selbsteinschätzung als Mängelwesen Abb. 21: Humaner Sport, mündigen Athlet und Funktionalität in der vermittelnd-funktionalen Sportethik Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 126 Das Begründungsgeflecht, das den humanen Sport als fairen Sport und als höchstes Gut des Sportphilosophie bzw. Sportethik unter Bezug auf den mündigen Athleten herausstellen will, befindet sich auf der zweiten Ebene der Moralbegründung und lässt sich als großer Kreis von Kreisen (über die Stationen A, G, H, h und D gehend) identifizieren. Ein Gedankenkreis lässt sich zwischen A, B und C, zwischen B, D und I, zwischen D, a und d sowie zwischen E, F, G, und H deutlich erkennen. Die hermeneutische Methode ist in f wieder zu finden, da Selbstinterpretation ein Selbstverständnis des Menschen erschließt. Die dialektische Methode ist in der Vermittlung (d) zwischen mündigem (E) und manipuliertem Athleten (F) aufweisbar. 5.3.4 Foul Court (ebd., S. 319-324) möchte das Foul und auch den Spezialfall des taktischen Fouls, das so genannte „faire“ Foul, als unfaire und damit auch unmoralische Handlung auszeichnen. Unter Foul versteht Court (ebd., S. 319) Handlungen, die gegen (Spiel)Regeln verstoßen oder den „Spielwitz“ suspendieren. Fouls sind unfair, da sie als Regelverletzungen den Sinn des Spiels untergraben und der Funktionalität im Sinne der Regel- sowie der Personfunktionalität gegenläufig sind (ebd., S.319-324). Jedoch sind Häufungen von Regelverletzungen ein Indiz dafür, dass es (gute) Gründe gibt, eine Regeländerung vorzunehmen, die ihrerseits als Kontroll- bzw. Steuerungsorgan auf die Funktionalität einwirken kann (vgl. ebd., S. 322f). Das Gefühl der Rechtmäßigkeit von taktischen Fouls wiegt weitaus weniger als die Aufrechterhaltung der Funktionalität (vgl. ebd., S. 324). In der Systematik der vermittelnd-funktionalen Sportethik (Abb.19) wird eine Einbindung in erster Linie an die Anwendungsbeispiele sinnig. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 127 a A2 A1 c d b B D E C A1 Foul A2 Taktisches Foul B Konstitution des Sinns eines Spiels durch Regeln C Funktionalität D Häufung unfairer Handlungen als Indiz für die Existenz von (guten) Gründen für eine Regeländerung E Regeländerung a Regelverstöße und Spielwitzsuspendierungen b Unfairness c Unterordnung des Gefühls der Rechtmäßigkeit des taktischen Fouls gegenüber der Funktionalität d Heringer Abb. 22: Unfairness des Fouls in der vermittelnd-funktionalen Sportethik Die erste Ebene der Moralbegründung wird eindeutig besetzt vom Foul(spiel) bzw. von der Funktionalität und der (Un-)Fairness. Die Begründung der generellen Unfairness des Fouls liegt sowohl auf der zweiten als auch auf der dritten Ebene der Moralbegründung, da einerseits die prinzipielle Unfairness des Fouls begründet wird und andererseits zu diesem Zweck eine Abgrenzung zu Heringers Ansatz (1990) durchgeführt wird. Die logische Methode ist hier vorzufinden, da sich das Ergebnis der Kennzeichnung des Fouls als unfair aus den Begrifflichkeiten logisch ergibt. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 128 Die hier vorliegende Begründung ist äquivalent mit einem großen Kreis von Kreisen. Gedankenkreise sind nachweisbar über die Stationen B, C, b (kleiner Kreis) und über b, D, E, C und B (großer Kreis). 5.3.5 Doping Die Begründung des Dopingverbots erfolgt bei Court (1995, S. 330-336) in Bezugnahme auf die Gesundheit und die Chancengleichheit, wobei letztere nur unter der Annahme, dass Doping nicht gesundheitsgefährdend ist, das Hauptargument stellt (vgl. ebd.). In diesem Fall wird unter Abwendung des Einwandes, dass es gar keine Chancengleichheit (im Sport) geben kann, unter Bezugnahme auf die Vorbildfunktion des (Wettkampf-)Sports, in Auseinandersetzung mit Siep (1993) auf die Fairness als spielfunktionale Fairness in Abgrenzung zu Loland (1991) referiert, was mit dem Ergebnis endet, dass der Sinn des Sports unter anthropologischen Annahmen der freiwillige Wettkampf unter Nutzung der natürlichen Anlagen des Menschen ist (vgl. ebd.). Im Fall der Gesundheitsgefährdung des Dopings ist nach Abwägung langfristiger Folgen in Referenz auf utilitaristische Nutzenkalkulationen von Franke (1989) die Gesundheit als Wert über die Leistung(smaximierung) zu stellen. Die Legalisierung von Doping würde die Suspendierung der Freiwilligkeit zum sportlichen Handeln bedeuten, was auf den (anthropologischen) Sinn des (Wettkampf-)Sports verweist. Die Dopingproblematik ist innerhalb der Systematik der vermittelndfunktionalen Sportethik (Abb. 19) wie das Foul in den Anwendungsbeispielen zu finden. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 129 b A B D C c d a i E F h e f H G g A Dopingverbot B Gesundheit C Chancengleichheit D Freiwilligkeit E Höher-Bewertung der Gesundheit gegenüber der Leistung F Fairness G Sinn des Sports H Anthropologie a Dopingverbot als Erleichterung für die Freiwilligkeit zum Sporttreiben b Vermeidung der Suspendierung der Freiwilligkeit c Utilitaristische Folgenabschätzung d Gesundheitsgefährdung e Keine Gesundheitsgefährdung f Spielfunktionale Fairness g Freiwilliger Wettkampf unter Einsatz der natürlichen Anlagen als Sinn des Sports h Vorbildfunktion i Einwand der kollektiven, volitiven Gesundheitsgefährdung Abb. 23: Das Dopingverbot in der vermittelnd-funktionalen Sportethik Die Fairness und die Chancengleichheit sind auf der ersten Ebene der Moralbegründung zu finden. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 130 Die Dopingverbotsbegründung befindet sich auf der zweiten Ebene der Moralbegründung, insofern die Chancengleichheit bzw. der Fall der Gesundheitsgefährdung für das Doping auf der ersten Ebene der Moralbegründung weiter begründet werden, und auf der dritten Ebene der Moralbegründung, insofern andere Theorien abgegrenzt und Einwände abgewendet werden. Die diskursive Methode findet sich hier, da die Theorien von Siep (1993), Loland (1991) und Franke (1989) abgehandelt werden. Die hermeneutische Methode wird in g ersichtlich, weil hier Anthropologie und (die Frage nach dem) Sinn des Sports interpretatorisch vermengt werden. Der Bezug auf mögliche Folgen wird in b und e sichtbar. Ein großer Gedankenkreis erstreckt sich über A, D, a, g, C und B. Eine Bottom-Up-Begriffspyramide, die von den Richtungen Freiwilligkeit, Chancengleichheit und Gesundheit gestützt wird, zeichnet sich ab. 5.4 Utilitaristische Sportethik (Pawlenka) Die jedes Detail aufspürende Durchforstung der Konzeption von Pawlenka (2002) ist wegen der Rahmenbedingungen dieser Arbeit nicht zu leisten. Doch ist auf Grund der aus meiner Sicht einfachen Strukturiertheit die Hauptargumentation mitsamt Begründung leicht einzugrenzen, was der im Folgenden dargestellten Auswahl repräsentativen Charakter zuweist. 5.4.1 Utilitaristische Funktionalität Die utilitaristische Funktionalität begründet sich in Abgrenzung zur reinen Funktionalität durch Transzendierung mit dem utilitaristischen Prinzip des größten Glücks in größter Zahl in den empirischen Interessen der Wettkampfteilnehmern und der darauf aufbauenden Instrumentalisierung von moralischen Normen unter Berücksichtigung der besonderen Handlungsumstände und Konstitutionsbedingungen des Sports in der Absicht, einen für alle Beteiligten spannenden und befriedigenden Wettkampfsport hervorzubringen (vgl. ebd., S. 332-335). Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen C D A b 131 B a c d A Utilitaristische Funktionalität B Reines Funktionieren C Spannender für alle Beteiligten befriedigender Wettkampsport D Prinzip des größten Glücks in größter Zahl a Instrumentalisierung von moralischen Normen b Empirische Interessen der Wettkampfteilnehmer c Besondere Handlungsumstände im Sport d Konstitutionsbedingungen des Wettkampfsports Abb. 24: Utilitaristische Funktionalität Dieser Begründungsversuch befindet sich auf der zweiten Ebene der Moralbegründung, da das Verfahrenprinzip der Funktionalität in der utilitaristischen Sportethik gerechtfertigt wird. Auch die dritte Ebene der Moralbegründung ist angesprochen, da sich ein Bezug zur Theorie im Ganzen herstellen ließe. Entgegen der Erwartung, dass mit der Pawlenkischen (ebd., S. 333) Begrifflichkeit der Transzendierung durch das Prinzip des größten Glücks in größter Zahl auch mit der transzendentalen Methode begründet wird, ist der Schritt von B nach A als hermeneutische Methode aus dem Vor-Verständnis des besagten utilitaristischen Prinzips heraus gerechtfertigt. Als Bezug auf ein Faktum werden b und d ersichtlich. C ließe sich als Folgenbezug klassifizieren. Ein Gedankenkreis ließe sich zwischen C, a und f sowie zwischen C, A und a konstruieren. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 132 5.4.2 Foul, Handspiel, Doping Die Begründungen der moralischen Verwerflichkeit von Foul, Handspiel und Doping sind unter einen Punkt zusammengezogen, da eine starke Strukturähnlichkeit, oder besser: Strukturgleichheit, festzustellen ist. Pawlenka (ebd., S. 321ff) geht von der Situation der Notbremse aus, in der ein Verteidiger vor der Entscheidung steht, den gegnerischen Spieler, der nur noch den Torwart vor sich hätte, zu foulen oder nicht. Durch ein Foul sind Folgen zu erwarten, die die Kosten-Nutzen-Bilanz insgesamt negativer Ausfallen lassen als die Bilanz bei Unterlassung des Foulspiels, da bei alleiniger Berücksichtigung der direkt Beteiligten die (negative) Nutzenbilanz bei Foulbegehung und –nichtbegehung gleich ausfallen würde (vgl. ebd.). Erstens würde das Spiel langfristig wohl härter werden, zweitens könnten eventuelle Verletzungsschäden durch spielimmanente Sanktionen nicht ausgeglichen werden, und drittens könnte es zu Ausschreitungen auf den Zuschauertribünen kommen (vgl. ebd.). A a b c d A Negative Nutzenbilanz bei Foul (Notbremse) a Langfristiges Härter-Werden des Spiels b Mangelnde Kompensation möglicher Verletzungsschäden c Mögliche Zuschauerausschreitungen d Gleiche negative Nutzenbilanz bei Beschränkung auf direkt Beteiligte Abb. 25: Moralische Verwerflichkeit des Fouls (Notbremse) in der utilitaristischen Sportethik A ist die Spitze einer Bottom-Up-Begriffspyramide. Ein Folgenbezug lässt sich eindeutig bei a, b, und c nachweisen. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 133 Pawlenka (ebd., S. 323f) geht beim Fall des Handspiels von der Situation aus, in der ein Spieler (à la Maradona mit der „Hand Gottes“) unbemerkt ein Tor mit der Hand erzielen könnte. Das Handspiel würde eine negative Nutzenbilanz erzeugen, da durch mögliche Nachahmer das Handspiel zur Regel und damit den Spielwitz, der darin besteht, Tore mit dem Fuß zu erzielen, suspendieren bzw. pervertieren würde (vgl. ebd.). Zusätzlich könnte der wahre Sieger um den verdienten Sieg gebracht werden, was eine Schmälerung des Wettkampfausgangsnutzens (und somit auch des Gesamtnutzens) bedeuten würde, da in diesem Fall die Nutzenbilanz negativer ausfällt als bei einer regulären Sieger-Gewinner-Nutzenbilanz (vgl. ebd.). Des Weiteren wäre ein nachhaltiger Schaden, der in der Schädigung des Rufs des Sports bestünde, zu erwarten, so wie es bei Maradonas Handspiel der Fall war, weil dessen Handspiel noch lange in den Köpfen der Fans nachhallte (vgl. ebd.). Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 134 D A B C a c e b d A Mögliche Nachahmer B Mögliches Um-den-Sieg-bringen des wahren Siegers C Nachhaltige Rufschädigung des Sports D Negative Nutzenbilanz a Regelmäßigkeit des Handspiels b Verlust des Witzes des Spiels c Schmälerung des Wettkampfausgangsnutzen d Negativere Nutzenbilanz im Vergleich nur regulären Sieger-Verlierer-Nutzenbilanz e Beispiel des „Nachhalls“ von Maradonas Handspiel Abb. 26: Moralische Verwerflichkeit des Handspiels („Hand Gottes“) in der utilitaristischen Sportethik D ist die Spitze einer Bottom-Up-Begriffspyramide. A, B, C, a, b sind Bezugnahmen auf mögliche Folgen. Pawlenka (ebd., S. 324-327) kennzeichnet das Doping als moralisch verwerfliche Handlung unter Bezug auf die Gesundheitsgefährdung und das zu erwartende erschütterte bzw. zerstörte Vertrauen in einen sauberen Sport, das folgenschwere Veränderungen in der Sportpraxis mit sich brächte und sogar die selbst bestimmte Teilnahme bzw. die Freiwilligkeit zum Sport einschränken könnte, was, alles zusammen genommen, die Nutzenbilanz eindeutig ins Negative fallen ließe. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen A a d 135 A Negative Nutzenbilanz a Zerstörtes Vertrauen b Folgenschwere Veränderungen der Sportpraxis c Verhinderung der Freiwilligkeit zum Sport d Gesundheitsgefährdung b c Abb. 27: Moralische Verwerflichkeit des Dopings in der utilitaristischen Sportethik D ist die Spitze einer Bottom-Up-Begriffspyramide. Ein Folgenbezug ist bei a, b, c und d zu erkennen. Die erste Ebene der Moralbegründung ist durch die jeweiligen Handlungen des Fouls, des Handspiels und des Dopings besetzt, wozu sich das utilitaristische Prinzip (immanent) gesellt. Die Begründungen des jeweiligen moralischen Verbotes dieser Handlungen sind auf der zweiten Ebene der Moralbegründung anzusetzen. 5.4.3 Kantische Ethik und Utilitarismus Die utilitaristische Ethik stellt sich im Handlungsfeld (Spitzen-)Sport als der kantischen Ethik überlegen heraus, da sie Realitätsnähe durch Empiriebezug verspricht, weil sie anthropologische Bezüge auf das Interesse bzw. das Streben nach Glück und dessen Erreichbarkeitsgarantiertheit und Sinnlichkeitsbezug beinhaltet, womit die Synthese von Theorie und Praxis, Individual- und Sozialethik sowie von Normativität und Deskriptivität geleistet werden kann (vgl. ebd., S. 130-175). Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen Kantische Ethik 136 Utilitarismus A1 A2 B1 B2 C1 C2 D1 D2 A1 Realitätsferne in der Begründung A2 Realitätsnähe durch Empiriebezug B1 Fehlender Bezug zur Eigenweltlichkeit des Sports und Interessen der Beteiligten B2 Anthropologischer Bezug auf die Interessen der Beteiligten: Streben nach Glück C1 Moralischer Heroismus bzw. Unerreichbarkeit des Glücks C2 Erreichbarkeit des Glücks durch Sinnlichkeitsbezug D1 Rein individualethisches, normatives und theoretisches Interesse D2 Synthese von Theorie und Praxis, Individual- und Sozialethik sowie von Normativität und Deskriptivität Abb. 28: Kantische Ethik vs. Utilitarismus Die Begründung der Affinitätsthese lässt sich auf der dritten Ebene der Moralbegründung ansiedeln, da hier die Theorie im Ganzen eine Abgrenzung zur kantischen Ethik erfährt, wobei auch eine Anlehnung an Schwier (1996) (C1) zu beobachten ist. Wie bei Gegenüberstellung von „alter“ und „neuer“ Sportethik (5.1.3) wird hier die diskursive Methode verwendet, die die beiden in Frage stehenden Ethiken in den Diskurs setzt. D2 ließe sich als Spitze einer Bottom-Up-Begriffspyramide ansehen. A2 und C2 sind als Folgenbezüge anzusehen. B2 ist ein Bezug auf ein Faktum. 5.4.4 Affinität von Spitzensport und Utilitarismus Die Affinitätsthese von Spitzensport und Utilitarismus ist begründet auf die Eigenweltlichkeit des Sports, d.h. Sport und Utilitarismus sind sich gegenüber affin in den Punkten des erfolgsbezogenen Realisierungs- und Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 137 Kalkulationsinteresses, der egoistischen Motivationsstruktur, wobei altruistische Handlungsweisen ausgeblendet werden, der Folgenorientiertheit der Wettkampfstruktur und der Ökonomie, wobei auf die Gemeinsamkeit des Realismus bzw. der Zweckrationalität (Instrumentalisierung von Normen) angespielt wird (vgl. Pawlenka, 2002, S. 175-202). Die Explikation der Affinitätsthese geht einher mit der Abgrenzung zur kantischen Ethik bzw. dem Herausstellen deren Inadäquatheit im Hinblick auf den Wettkampfsport. A Kant a b c g d f A Affinität von Spitzensport und Utilitarismus a Erfolgsorientiertes Realisierungs- und Kalkulationsinteresse b Egoistische Handlungsstruktur c Folgenorientiertheit der Wettkampfstruktur d Ökonomie e Realismus f Zweckrationalität g Ausblendung altruistischer Handlungsabsichten e Abb. 29: Affinität von Spitzensport und Utilitarismus Die Begründung der Affinitätsthese lässt sich auf der dritten Ebene der Moralbegründung ansiedeln, da hier die Theorie im Ganzen eine Absicherung und eine Abgrenzung zur kantischen Ethik erfährt. Die diskursive Methode findet ihre Anwendung in der Auseinandersetzung mit der kantischen Ethik. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 138 Die analogische Methode wird durch die Punkte a, b, c und d ersichtlich, da hier die gemeinschaftliche Struktur vom Wettkampfsport zum Utilitarismus hin proklamiert wird. A ist die Spitze einer Bottom-Up-Begriffspyramide. 5.4.5 Einwand der Inkommensurabilität der Werte Der Einwand der Inkommensurabilität der Werte, der dem Utilitarismus eine nicht mögliche Nutzenkalkulation auf Grund der kategorial verschiedenen Wertträger des Nutzens vorwirft, ist im Bereich des (Wettkampf-)Sports dessen Eigenweltlichkeitscharakters und der damit verbundenen „Trivialisierung der Handlungsbedingungen“ (ebd., S. 241) wegen nicht zutreffend (vgl. ebd., S. 238-245), da dem Sport eine Codierung auf Sieg und Niederlage, in der nur der Sieg zählt, die Bemessung des Sieges nach Leistung, die quantitative Leistungsmessung und die Erzeugung von Leid nach einer Niederlage sowie Freude nach einem Sieg zugrunde liegen. A B C a1 a3 A Kommensurabilität der Werte B Eigenweltlichkeit des Sports C Trivialisierung der Handlungsbedingungen a1 Codierung in Sieg und Niederlage a2 Bemessung des Sieges an Leistung a3 Freude/ Leiderzeugung durch Sieg/ Niederlage b Quantitative Leistungsmessung a2 b Abb. 30: Kommensurabilität der Werte in der utilitaristischen Sportethik Die Einordnung der Begründung der Kommensurabiliät der Werte im (Wettkampf-)Sport wird erst nach Erläuterung einsichtig. Die dritte Ebene der Moralbegründung wird hier favorisiert, da sich die Abwendung des Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 139 Inkommensurabilitätseinwandes gegen das utilitaristische Prinzip bzw. dessen Rechtfertigung richtet. Hier haben wir es mit der logischen Methode zu tun, insofern sich aus der die Eigenweltlichkeit des Sports konstituierenden Bedingungen die Kommensurabilität der Werte in dieser Eigenwelt logisch (er)folgen lassen. A ist die Spitze einer Botttom-Up-Begriffspyramide. 5.5 Ergebnisse Eingangs sei das Vergleichsziel der Darstellungen der Moralbegründungen innerhalb der analysierten sportethischen Ansätze expliziert: Ziel ist es nicht, die eine oder andere Theorie anhand der Plausibilität oder Qualität bzw. der Überzeugungskraft ihrer Begründungsstruktur zu favorisieren. Allerdings können die impliziten Schlüsse des einen oder anderen Lesers, die diese Thematik betreffen, nicht ausgeschlossen werden. Vornehmlich ist ein nicht-wertender Vergleich der Begründungsstrukturen intendiert. In der überblickenden Schau der untersuchten sportethischen Ansätze in ihrem verschrifteten Ganzen lässt sich wohl oder übel feststellen, dass die erste Ebene der Moralbegründung, insofern die Identifikation einer moralisch verwerflichen Handlung angesprochen wird, nur selten frequentiert wird. So findet sich bei Meinberg (1991) nur das Doping, bei Apel (1988a) nur das gewalttätige Handeln, wobei dieses aber nicht rein sportbezogen zu verstehen ist, bei Court (1995) die (Spiel-)Regeln bzw. der Verstoß gegen diese, das Foul und das Doping und bei Pawlenka (2002) das Foul, das Handspiel und das Doping. Es ergibt sich die banale Erkenntnis, dass die einzelnen Ansätze (auf der ersten Ebene der Moralbegründung) auf ihre konstituierenden Prinzipien verweisen, die da wären: Co-Existentialität, diskursethisches Grundprinzip, (vermittelnde) Funktionalität, utilitaristisches Prinzip sowie Fairness, Gerechtigkeit und Chancengleichheit. Die Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 140 jeweilige Begründung (der Prinzipien) findet auf der zweiten und /oder der dritten Ebene ihre Geltung. Meinberg - Co-Existentialität - Chancengleichheit Apel -Diskursethisches (Grund-)Prinzip - Fairness - Gerechtigkeit Court - (Vermittelnde) Funktionalität - Fairness Pawlenka - Utilitaristisches Prinzip - Utilitaristische Funktionalität Tab. 1: Prinzipien auf der ersten Ebene der Moralbegründung Die entsprechenden Abschnitte der Begründungsstränge der moralischen Verwerflichkeit um diese gekennzeichneten unmoralischen Handlungen sind im Verhältnis zur Gesamttheorie als marginal zu sehen. Hieraus lässt sich schließen, dass das Hauptziel dieser sportethischen Ansätze nicht das Aufzeigen von unmoralischen Handlungen ist und dass diese nur exemplarisch zum Verdeutlichen der Vorgehensweise, die an die jeweilige Theorie gebunden ist, vorgesehen sind. So schreibt z.B. Apel (1988a, S.110): „Auf diese Weise werden keine konkreten Vorschläge für institutionell oder individuell bezogene Normen im Bereich des Sports zustande kommen […]“. Aus meiner Sicht wäre eine tiefgehendere, differenziertere und in der Anzahl der Auseinandersetzung höhere Beschäftigung mit konkreten Handlungsgeboten bzw. –verboten wünschenswert. So spricht beispielsweise Pawlenka (2002, S. 321f) von einer ganz speziellen Art des Fouls, wobei nicht klar wird, ob andere Foularten wie z.B. das von Court (1995, S. 319324) (an)diskutierte taktische Foul eine gleichartige Klassifikation als unmoralische Handlung mitsamt Begründungsstruktur aufweisen. Ein Vergleich zwischen den einzelnen Theorien ist - zumindest was die erste Ebene der Moralbegründungen betrifft - auf Grund der fehlenden Übereinstimmung der Auszeichnung(en) von unmoralischen Handlungen Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 141 im Sport nur in dem Maße möglich, als dass eine Aufzählung der in betreffenden Handlungen vorgenommen wird, wodurch der Nachweis typischer Handlungen mit innewohnendem Begründungsbedarf, wahrscheinlich durch die Begründungsnot des öffentlichen Diskurses der in Frage stehenden Handlungen ausgelöst, zwar nicht vollständig, aber zumindest in Teilen, erbracht sein könnte. Meinberg Doping Apel (Gewalttätige Handlungen) Court (Spiel-)Regeln Foul Doping Pawlenka Foul Handspiel Doping Tab. 2: Unmoralische Handlungen auf der ersten Ebene der Moralbegründung Was den Vergleich betrifft, ist dieser nur möglich, als dass es Kriterien gibt, an denen sich ein Vergleich orientieren kann. Auf den ersten Blick könnte man annehmen, dass das Dopingverbot bei drei von vier Ansätzen eine Begründung erfährt und dass man gegebenenfalls mit der Zusatzannahme bei Apel (1988a), dass Doping eine gewalttätige Handlung sei, die den immanenten Aggressionstrieb des Menschen verkörpere, aus „drei von vier“ „vier von vier“ machen könnte. Doch dieses gekünstelte Vorgehen ist aus Gründen der Vernünftigkeit eines Vergleichs bzw. der Vergleichbarkeit überhaupt abzulehnen. Abgesehen davon, würde sich ein solches Vorgehen wohl nicht mit der Intention Apels vereinbaren lassen. Die Inhaltleere Apels (ebd.) – wozu sich die sehr marginale Besetzung seitens der anderen Ansätze gesellt - hinsichtlich der ersten Ebene der Moralbegründung unterbindet also einen derartigen Vergleich der sportethischen Ansätze, da die Frage nach dem „Was?“, also nach der unmoralischen Handlung – man könnte auch sagen: Norm – nicht von allen sportethischen Theorien in sinnvoller, vergleichbarer Weise beantwortet wird. Daher (und dem zusätzlichen Mangel an gekennzeichneten, unmoralischen Handlungen) fällt auch in eingeschränkter Vergleich auf Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 142 Begründungsgeflechte, die die erste Ebene der Moralbegründung explizit mit einbeziehen, weg. Doch auch die Exemplarität selbst lässt einen Vergleich anhand der Ebenen der Moralbegründung nicht zu. Denn bei Court wurden weitere konkretisierende Beispiele aus der tatsächlichen Lebenswelt107 auf Kosten der Exemplarität ausgespart. So auch die Diskussion weiterer Einwände bei Pawlenka. Der Vergleich lässt sich also nicht an dem Kriterium der vollständigen Ausnutzung der Begründungsebenen ziehen. Auch der Vergleich anhand der konstituierenden Prinzipien würde sich als unsinnig erweisen, da die die jeweilige Theorie konstituierenden Prinzipien (direkt oder indirekt) diese erste Ebene permanent besetzen, weshalb auf diesen Aspekt der Einordnung in der Analyse verzichtet wurde. Die mangelnde Trennschärfe der Ebenen in den skizzierten Begründungsgeflechten wirkt ebenfalls hinderlich. Was bleibt, ist die Feststellung, dass alle Ansätze das Spektrum der Begründungebenen der Moral ausnutzen, nur in unterschiedlichem Maße und in unterschiedlicher Frequentierung. Ein Vergleich in dieser Hinsicht, also die Frage, wie oft welche Ebenen und/ oder in welchem Maße berücksichtigt werden, ist auf Grund der Einschränkung auf exemplarischtypische und markante Eckpunkte der Ansätze ebenfalls außer sinniger Reichweite. Doch eben der Zugang der Exemplarität gekoppelt an die Eckpunkte birgt den Schlüssel zum Vergleich. Die Formen der Moralbegründung innerhalb der entsprechenden Begründungsstruktur werden gerade wegen der Exemplarität und Bedeutung der ihr zugrunde liegenden Passagen als für die jeweilige sportethische Theorie typische einsichtig. Daher geht es nun darum, die Verwendung und die Häufigkeit der aufgedeckten Formen in 107 Dies sind die Beispiele der „Reiter-Komission“ und die Fälle „Krabbe I und II“ (Court, 1995, S. 347-353). Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 143 den Begründungsstrukturen bzw. -geflechten in vergleichender Art und Weise – sozusagen als Ergebnis - darzustellen. Die Möglichkeit, dass einzelne Formen Ebenen zugeordnet werden können ist ebenfalls zu verwerfen, da wegen mangelnder Trennschärfe der Ebenen der Moralbegründung, d.h. Begründungstrukturen und deren Bestandteile können den Ebenen nicht eindeutig zugeordnet werden, eine mögliche Zuordnung von bestimmten Formen der Moralbegründung auf bestimmte Ebenen der Moralbegründung in einer bestimmten sportethischen Theorie entfällt. Die Formen der Moralbegründung sind also nicht auf bestimmte Ebenen der Moralbegründung festgelegt, sondern durchdringen alle Ebenen gleichermaßen. Wie oft welche Form der Moralbegründung in den analysierten Begründungsstrukturen der sportethischen Ansätze vorkommt, lässt sich tabellarisch festhalten108: 108 Bei der Anzahl der Gedankenkreise wurde bei Apel auf Grund der Beliebigkeit der Kombinationsmöglichkeiten bei der Begründung der Anerkennung des diskursethischen Grundprinzips (5.2.4; Abb.18) der Pauschalwert von vier angenommen. Auch auf die Unterscheidung von Bottom-Up- und Top-Down-Begriffspyramide sowie auf ein differenziertes Eingehen auf die diskursive Methode oder die Größe von Gedankenkreisen wird verzichtet, da diese nicht ins Gewicht fällt bzw. dieser Arbeit nicht weiter zuträglich ist. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen Meinberg Apel Court Pawlenka A 11 1 2 3 B 16 1 2 16 C 2 1 5 1 D 2 4 3 3 A Bezugnahme auf ein Faktum B Bezugnahme auf Folgen C Logische Methode D Diskursive Methode E Dialektische Methode F Analogische Methode G Transzendentale Methode H Analytische Methode I Hermeneutische Methode J Gedankenkreis K Kreis von Kreisen L Begriffspyramide E 1 1 2 x F 1 2 x 4 G x 3 2 x 144 H x 1 x x I 1 1 4 1 J 6 6 8 2 K 2 3 4 x L 4 3 1 6 Tab. 3: Formen der Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen Doch welche Schlüsse lassen sich aus einer Tabelle wie dieser ziehen? Vor dem Versuch, diese Frage zu beantworten, sollten noch einige Dinge gesagt werden. Zum Ersten sind auf Grund der positiven Darstellung die nicht nachweisbaren Formen der Moralbegründung nicht visualisiert worden, was aber nicht heißt, dass dieser Umstand außer Acht gelassen werden sollte. Von den vorgestellten 24 Formen (3.5) ließen sich nur 12 – genau die Hälfte – entdecken. Hieraus folgt, dass die in Frage stehenden sportethischen Ansätze nicht die volle Bandbreite der möglichen Formen für sich beanspruchen. Man könnte nun annehmen, dies wäre ein Indiz dafür, dass die Sportethik generell, weil eben die gewichtigsten sportethischen Theorien diese Eigenschaft tragen, nur die Formen (gewinnbringend) verwenden kann, die hier verwendet wurden. Doch dies bleibt im Bereich der Spekulation. Nur die Analyse der übrigen und auch zukünftigen sportethischen Theorien kann dies widerlegen oder erhärten. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 145 Zum Zweiten sind einige Denkformen in einem solchen Ausmaße basal109, als dass sie in jedem Begründungsversuch an fast jeder Stelle interpretierbar sind. Dies trifft zu für die euklidisch-mathematische Denkform und den dogmatischen Abbruch, die sich in ihrer Struktur sehr ähneln (vgl. 3.5). Formen wie diese eignen sich wohl mehr als Instrument einer Untersuchung, wenn eine Theorie in ihrer gesamten Komplexität bzw. Globalität oder in ihren letztbegründenden Schritten unter dem Focus steht, was hier nicht der Fall war, da es sich „nur“ um einzelne - aber bedeutende - Versatzstücke handelt(e). Ähnliches gilt für die Bezugnahme auf einen Moralkodex. Jegliche moralische Handlungsbegründung ließe sich auf einen solchen Bezug hin interpretieren. So könnte man das (moralische) Dopingverbot in der Weise interpretieren, als dass der Kodex gelte, der von einer bestimmten Sportethik (implizit oder explizit) postuliert wird bzw. wurde. Eine solche weite Interpretation wirkt zwar gekünstelt, kann aber durchaus plausibel werden. Denn man könnte auf die Frage „Warum hast du so und so gehandelt?“ die Antwort „Weil die sportethische Konzeption x das so sagt.“ geben, obwohl diese sich selbst nicht als Kodex versteht. Daher wurde die Bezugnahme auf einen Moralkodex in dieser Untersuchung ausgeblendet. Zum Dritten fallen die Formen der technomorphen Modellvorstellung (5.1.5) und die der Bezugnahme auf ein Gefühl (5.3.1) in der summierenden Darstellung weg, da diese Formen zwar an entsprechender Stelle nachweisbar waren, aber keine tragende Rolle zu einer Begründung gespielt haben. Nach diesen eingehenden Bemerkungen können wir nun einen Blick auf die Tabelle werfen. 109 Mancher würde auch sagen: trivial. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 146 Was die Bezugnahme auf ein Faktum betrifft, ist ein im Vergleich zu den anderen Theorien eine große Häufigkeit dieses Bezugs bei Meinberg festzustellen. Dies ist nicht weiter überraschend, da es sich bei der coexistentialen Sportethik im Überwiegenden um eine deskriptive Ethik handelt (vgl. Court, 1995, S. 34). Eine quantitativ hohe Folgenbezugnahme ist sowohl bei Meinberg als auch bei Pawlenka ersichtlich. Da die utilitaristische Sportethik in ihrer Konzeption auf mögliche Folgen zur Nutzenkalkulation referiert, war dieses Ergebnis zu erwarten. Der hohe Wert bei Meinberg ist insofern nicht überraschend, da auf Grund des hohen Empiriegehalts der coexistentialen Ethik als hauptsächlich deskriptive Ethik eine Folgenabschätzung, die ohne empirische Befunde gar nicht möglich wäre, immanent bzw. potentiell angelegt ist. Die logische Methode wurde häufig(er) von Court angewendet. Die diskursive Methode wurde in allen Ansätzen aufgespürt, wobei es keinen signifikanten quantitativen Unterschied zwischen den jeweiligen Ansätzen gibt. Da die Diskursethik allein des Namens wegen schon vorbelastet zu sein scheint, ist es auch nicht überraschend, dass bei ihr die diskursive Methode am Häufigsten auftrat. Die dialektische Methode wurde mit Ausnahme der utilitaristischen Sportethik, die nicht auf diese Methode zurückgriff, gleichermaßen verwendet. Dass hier die vermittelnd-funktionale Sportethik die dialektische Methode wegen der offenkundigen Verwandtschaft von Vermittlung und Dialektik am Häufigsten benutzte, ist nicht verwunderlich. Die analogische Methode wurde häufig(er) von Pawlenka und überhaupt nicht von Court benutzt. Die transzendentale Methode fand nur bei Apel und Court ihren Nachweis, wohingegen die analytische Methode ausschließlich bei Apel zu finden war. Die hermeneutische Methode wurde am Häufigsten von Court angewendet und findet sich bei allen sportethischen Ansätzen. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 147 Der Gedankenkreis wird von Pawlenka anscheinend gemieden, da er in der utilitaristischen Sportethik nur marginal vertreten war. So auch der Kreis von Kreisen, der dort gar nicht auftauchte. Die Begriffspyramide jedoch trat dort häufig(er) zum Vorschein, während sie in der vermittelndfunktionalen Sportethik nur einmal anzutreffen war. Festzuhalten als offensichtliches wie simples Ergebnis, das in tabellarischer Form anschaulich gemacht wurde, ist nun, dass einzelne Ansätze bestimmte Formen in einem bestimmten Maß bevorzugen bzw. meiden und dass einige Formen überhaupt keinen Nachweis finden. An dieser Stelle möchte bzw. muss ich erneut darauf hinweisen, dass es sich bei dieser Analyse nur um ausgewählte, typische Begründungsversuche handelt, diese aber als die für die jeweilige sportethische Theorie typischen Begründungswege bzw. –formen anzunehmen sind. Insofern sagen die tabellarisch aufgeführten Zahlen über die gesamten Begründungsversuche der vollständigen Theorie nicht allzu viel aus. Dennoch gilt ein gewonnenes Pauschalurteil der Existenz typischer Begründungsformen als Indiz für den möglichen Fund weiterer Begründungsformen, die sich mit den als typisch erwiesenen - zumindest in der Erwartung - decken werden. Das Pauschalurteil wird nämlich dadurch zum Pauschalurteil, als dass bei den einzelnen sportethischen Ansätzen eine unterschiedliche Anzahl von Begründungsversuchen untersucht wurde und somit ein quantitativer Vergleich zwangsläufig hinkt. Hinzu kommt noch die Tatsache, dass den einzelnen Begründungsversuchen innerhalb der entsprechenden Konzeption unterschiedliche Bedeutung bzw. Gewichtung zuteil wird. Außerdem ist ein unterschiedlicher Grad von Komplexität bzw. Einfachheit sowohl in der Struktur als auch in der Tiefe der Gedanken(punkte) präsent. Indiz hierfür ist sowohl die Anzahl der Gedankenpunkte als auch die Anzahl der Querverbindungen zwischen diesen. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 148 So ließe sich diagnostizieren, dass die co-existentiale Sportethik mit Ausnahme der Begründungsgeflechte des Dopings (5.1.5; Abb. 13) und der Trainermoral (5.1.6; Abb. 14) eher bzw. mehr einfach als komplex ist. Die Diskursethik zeichnet sich zwar in der sportwissenschaftlichen Veröffentlichung (1988a) unter Ausnahme der Aggressionssublimation (5.2.3; Abb. 17) von nicht sehr großer Komplexität aus, ist aber weitaus tiefer bzw. tiefgründiger als die Konzeption von Meinberg. Was die Anerkennung des diskursethischen Prinzips (5.2.4; Abb. 18) angeht, welche der rein philosophischen Literatur entnommen ist, so ist ein Höchstmaß an Komplexität festzustellen. Die vermittelnd-funktionale Sportethik zeugt durchgehend von sehr hoher Komplexität, ist aber nicht ganz so tiefgründig wie die (rein philosophische) Begründung der Diskursethik. Die utilitaristische Sportethik ist in ihren Begründungen ähnlich einfach aufgebaut wie die co-existentiale Konzeption. Hier stellt nur die utilitaristische Funktionalität (5.4.1; Abb. 24) die Ausnahme, wobei die Dopingals auch die Trainermoralbegründung bei Meinberg im Vergleich signifikant110 komplexer wirken, was jedoch nicht die Tiefe angeht, da hier der Pawlenkische Ansatz (im Ganzen der Begründungsversuche) überlegen ist. Noch einmal: Es geht nur um den Auf- bzw. Nachweis von Moralbegründungswegen und nicht um den Vorzug der einen oder anderen Theorie. Was nun die Frage nach eine vermeintlichen Besonderheit einer philosophischen Begründung in der diskursethischen Konzeption Apels betrifft, ist zu sagen, dass sie, was die sportwissenschaftliche Seite des 110 Die streng mathematische Sicht ist hier nicht intendiert. Lediglich die Deutlichkeit bzw. Offensichtlichkeit soll betont werden. Moralbegründung in den sportethischen Ansätzen 149 Literaturbezugs angeht, eine im Vergleich zu den anderen sportethischen Ansätzen zwar tiefgehende, aber einfache Begründungsstruktur aufweist, die sie mit diesen Ansätzen – mit Ausnahme der vermittelnd-funktionalen Sportethik, die durchweg komplex erscheint - gemein hat. Aber bei Hinzunahme der rein philosophischen Literatur wird ein Höchstmaß der Komplexität erreicht, das der Konzeption von Court in nichts nachsteht und diese, was die Tiefgründigkeit streift, m.E. sogar übertrifft. Und eben diese Tiefe ist der Punkt, in der die vermeintliche Besonderheit der Begründung der diskursethischen Konzeption zu sehen ist, wenn man von der Verwendung typischer Formen der Begründung, die ja für jede Theorie im einzelnen nachgewiesen wurden, absieht. Des Weiteren ist der Umstand, dass die erste Ebene der Moralbegründung bewusst ausgeblendet und nur eine Verfahrensweise zur Genese moralischer Normen postuliert wird als Besonderheit der Diskursethik zu nennen. Die Unterscheidung von sportwissenschaftlicher und philosophischer Begründung ist insofern hinfällig, als dass Begründungsstrukturen universal sind. Spezifische Begründungswege kommen nicht wegen der (Eigenoder Fremd-)Verortung einzelner Autoren zu bestimmten Wissenschaftszweigen oder tradierten Begrifflichkeiten zustande, sondern sind in ihrer Verschiedenheit, was aus dieser Untersuchung ersichtlich wurde, auf die Spezifik unterschiedlicher Ansätze zurückzuführen. Sowohl der Ansatz von Apel als auch der von Pawlenka wenden eine philosophische Ethik auf den Bereich Sport an. Zusammenfassung und Ausblick 6 150 Zusammenfassung und Ausblick Ziel dieser Arbeit war es, ausgewählte, sportethische Ansätze auf ihren moralbegründenden Gehalt hin zu untersuchen. Um das Gebiet abzustecken, auf dem sich eine derartige Untersuchung ablaufen könnte, war die Klärung des Begriffs „Sportethik“ notwendig, um zu wissen, wovon bzw. worüber überhaupt gesprochen wird. Die Verhältnisbestimmung von Sportwissenschaft, Sportphilosophie und Sportethik war der erste Zugang zum Gegenstand dieser Untersuchung und mündete in einer Bestandsaufnahme der marginal ausgeprägten Sportphilosophie und Sportethik anhand der verfügbaren Literatur. So wurde die Sportethik als angewandte Ethik und sportphilosophische Disziplin zwischen Sportphilosophie (als sportwissenschaftliche Disziplin) und akademischer Philosophie (2.2.4; Abb. 6) verortet. Der Begriff der Moralbegründung ist traditionell mit der Frage „Warum moralisch sein?“ verbunden, weshalb trotz der Unterscheidung von Ethik und Moral ebendieser tradierte Begriff übernommen wurde, jedoch in weitem Sinne. So wurden drei Ebenen der Moralbegründung (3.3; Abb.8) postuliert, von denen die erste Ebene die (un-)moralische Handlung bzw. die Prinzipien oder Ähnliches benennt, die zweite Ebene diese Prinzipien oder Ähnliches begründet und die dritte Ebene die Gesamtheit der Theorie, Abgrenzungen und Einwände diskutiert. Zur Vervollständigung des Analyseinstrumentariums wurden in Anlehnung an Pieper (2003), Leisegang (1951), Albert (1968) und Topitsch (1988) Formen der Moralbegründung vorgeschlagen (3.4), die quer zu den Ebenen der Moralbegründung liegen und auf diesen zu finden sind. Nach Darstellung der ausgewählten, sportethischen Theorien, deren Auswahl durch Umfang und Gehalt gerechtfertigt wurde, wurden diese auf das Vorkommen der bereits präsentierten Formen der Moralbegründung und auf die Besetzung der Ebenen der Moralbegründung untersucht. Dies geschah anhand einer weiteren Auswahl, nämlich die Beschränkung auf Zusammenfassung und Ausblick 151 markante, typische Eckpunkte und Passagen der jeweiligen sportethischen Theorie. Als (nicht unbedingt überraschendes, aber hiermit verifiziertes) Ergebnis der Untersuchung ist festzuhalten, dass in den ausgewählten, sportethischen Ansätzen im überblickenden Vergleich durchaus die Feststellung erwächst, dass bestimmte Formen von den einzelnen Theorien gemieden bzw. bevorzugt werden und dass einige Formen überhaupt nicht zur Anwendung kommen (5.5; Tab. 2). Ein Vergleich anhand der quantitativen Besetzung der Ebenen scheitert. Die Formen der Moralbegründung sind nicht signifikant auf bestimmte Ebenen der Moralbegründung festgelegt. Die vermeintliche Besonderheit einer philosophischen Begründung im Ansatz von Apel ist zurückzuweisen. Die verschiedenen Begründungsgeflechte der einzelnen sportethischen Ansätze zeichnen sich durch einen unterschiedlichen Grad an Komplexität aus. So sind die Ansätze von Meinberg und Pawlenka sowie der sportphilosophische Teil Apels eher einfacher gestrickt, während der rein philosophische Teil Apels und der Ansatz von Court hoch komplex erscheinen. Doch was ist mit dieser Untersuchung gewonnen? Um diese Frage beantworten zu können, ist es zunächst einmal sinnvoll, zu klären, was nicht gewonnen ist, was wiederum mit einer Problematisierung einher geht und womit auch ein Ansatzpunkt für nachfolgende Unersuchungen gesetzt ist. Eine alle existierenden Ansätze der Sportethik umfassende Untersuchung wurde nicht geleistet. Dies liegt zum einen daran, dass eine an Kriterien orientierte Auswahl stattfand und zum anderen an Gründen des begrenzten Umfangs, die diese Arbeit limitieren, wobei Letzteres als universal gültige Relativierung im Folgenden nicht mehr Erwähnung findet. Eine solche umfassende Untersuchung würde wohl einer Lebensaufgabe gleichkommen, wozu noch die Ungewissheit ihrer Sinnhaftigkeit hinzu käme. Zusammenfassung und Ausblick 152 Die ausgewählten, sportethischen Ansätze wurden ihrerseits wiederum einer weiteren Auswahl unterzogen, d.h. dass es sich bei den untersuchten Begründungsgeflechten nur um die Theorie in ihrer Gesamtheit stellvertretende Passagen handelt, was schlicht und einfach bedeutet, dass eine gewisse Fülle an existierenden Schriftstücken, die Anlass zu Folgeuntersuchungen bieten könnten, nicht berücksichtigt wurde. Die untersuchten sportethischen Ansätze stehen zwar ihrem Namen nach für eine bestimmte Richtung. Doch sind diese Richtungen auf Grund der (noch) mangelnden Entwicklung der Sportethik (im deutschsprachigen Raum) (vgl. Meinberg, 1998, S. 501) nicht weiter ausdifferenziert und haben noch keine Traditionen ausgebildet.111 Einzelne Richtungen sind also bisher an Namen gebunden, die sozusagen direkt für den jeweiligen Ansatz stehen. Court (1995, S. 16) spricht hier von „ ‚Einzelkämpfer[n]’ “. So ist bei fortschreitender Entwicklung der Sportethik und Herausbildung bzw. Ausdifferenzierung unterschiedlicher Traditionen möglicherweise auch innerhalb derselben Tradition ein unterschiedliches Vorgehen und somit auch unterschiedliche Formen der Moralbegründung zu erkennen.112 Ähnliches gilt für die ausgewählten, typischen Passagen bzw. Begründungen. Denn es ist nicht wegdiskutierbar, dass in den Auslassungen weitere Begründungswege bzw. –formen ersichtlich werden, die bisher keine Berücksichtigung fanden, sich aber nicht als typisch auszeichnen lassen, wobei zuzustehen ist, dass der Schluss auf typische Begründungsformen durchaus strittig sein kann. Was das Postulat der Ebenen der Moralbegründung betrifft, so ist zuzugeben, dass ihm eine analytische Funktion zuzubilligen ist, die einen 111 Eine Ausnahme bildet hier Segets (2002), der sich als vermittelnd-funktionaler Ansatz versteht, aber eine ökologische Ausrichtung hat. 112 Eine Weiterentwicklung bzw. Revision des eigenen Ansatzes seitens der maßgeb- lichen Autoren findet (leider) (noch) nicht statt. Zusammenfassung und Ausblick 153 systematisierenden Durchblick ermöglicht, aber einem Vergleich in formeller Hinsicht nicht leisten kann. Die Formen der Moralbegründung selbst sind, wie es der Name schon vermuten lässt, als rein deskriptiv zu verstehen. Es geht also nur um die Form113, nicht um den Inhalt, womit hier mit der Untersuchung der inhaltlichen Füllung der Formen eine zukünftige Untersuchungsaufgabe zur Qualität der Begründung bzw. der Überzeugungskraft, die in dieser Arbeit nicht bewerkstelligt wurde, aufgezeigt ist. Offen ist allerdings die Frage, ob und/ oder in wie fern ein formeller Begründungsnachweis Qualitätsmerkmal in der beschriebenen Hinsicht sein kann. Die Auswahl des Instrumentariums, d.h. die Formen der Moralbegründung, sind nicht als verbindlich anzusehen. Es handelt sich hierbei nur um einen Vorschlag, der sich aus der einschlägigen Literatur ergeben hat. Eine Ausdifferenzierung wie sie beispielsweise bei der Gedankenpyramide in „bottom-up“ und „top-down“ oder bei der weiten und engen Sicht der diskursiven Methode durchgeführt wurde, ist generell denkbar, jedoch nicht in gleicher Art und Weise. Eine mögliche Variante zur Formengenerierung wäre eine an die Argumenttheorie angelehnte Klassifizierung. So meint Ott (2005, S. 68), dass Argumentieren gleich Begründen sei.114 Auch eine inhaltlich angereicherte Bestimmung von Formen wäre denkbar. Dies käme einer kategorialen Klassifizierung gleich, die möglicher- bzw. beispielsweise auf die Anthropologie oder auf Wahrheitstheorien verweist. Eine mögliche Dimensionserweiterung, die die Handlungstheorie berührt, könnte in einer temporalen Unterscheidung gesucht werden. So könnte man Begründungswege in den Kategorien „ante actu“, „in actu“ und „post 113 Die Frage „Wie?“ - und nicht „Womit?“ - steht hierfür ein. 114 Eine brauchbare und anschauliche Einführung in die Argumenttheorie findet sich u.a. bei Schleichert (2001). Zusammenfassung und Ausblick 154 actu“ auf (wie auch immer geartete) Formen der Moralbegründung hin analysieren. „Wir leben längst miteinander im Einvernehmen über viele konkrete moralische Beurteilungen, bevor wir anfangen, die Moral anhand allgemeiner Prinzipien zu begründen und zu systematisieren“ (Tetens, 2004, S. 169). Würde man Tetens (ebd.) folgen, ist im Bereich der Moralbegründung nur eine „post actu“-Variante möglich, wohingegen „ante actu“- und „in actu“Begründungen als illusionär zu kennzeichnen wären. Eine Untersuchung wie diese – so wie jegliche Untersuchung - kann keine absolute Objektivität beanspruchen. Denn in (jeglicher) Darstellungsform fließt ein interpretatorisches Moment seitens des Autors – zumindest unbewusst – mit ein. Trotzdem wurde versucht, die ausgewählten Begründungsflechte so objektiv als möglich darzustellen, was das Subjektivitätsmoment, das auch bei Auswahl für die Untersuchung relevanten Passagen (und auch in globaler Sicht in der gesamten Arbeit) eine Rolle spielt(e), allerdings nicht völlig ausschließen kann. Eine fehlerhafte bzw. unvollständige Darstellung ist auf Grund des Untersuchungsdesigns und/ oder möglicher Missverständnisse meinerseits zumindest im Potential immanent.115 So könnte ein Gedankengang falsch verstanden worden sein und/ oder eine bestimmte Art der Darstellung eine bestimmtes Analyseergebnis bereits implizieren. In diesem Zusammenhang lässt sich die (offene) Frage stellen, wie differenziert eine Darstellung bzw. Untersuchung einer Begründungsstruktur denn sein müsse.116 115 Dies gilt insbesondere für implizite Gedankengänge und Gewichtungen innerhalb eines Gedankenganges. 116 Wann die (offene) Frage „Warum?“ (vgl. 3.3) im Kontext der Moralbegründung ver- stummen kann bzw. muss, wird hiermit ebenso angesprochen. Zusammenfassung und Ausblick 155 Ein weiterer Ansatzpunkt besteht in der Frage, ob ein bestimmtes Selbstverständnis einer sportethischen Theorie sich auf die Verwendung von (bestimmten) Formen der Moralbegründung auswirkt oder nicht.117 In diesem Zusammenhang ließe sich ebenfalls nach einer variablen Begründungsstruktur bei Aufhebung der Begrenzung auf den Leistungs- bzw. Wettkampfsport, der allen hier thematisierten sportethischen Ansätzen gemein ist, suchen und eventuell auch finden. Ein gewaltiges Forschungspotential steht somit am Ende dieser Untersuchung. Denn es bleiben „Löcher“ (vgl. Kap. 4) sowohl innerhalb dieser Arbeit als auch in der Sportethik selbst zu stopfen, wozu nun - explizit wie implizit - einige Denkansätze gegeben wurden. Denjenigen, die dem Glauben unterliegen, dass hier nichts Neues, was heißen mag: keine neue(n) Erkenntnis(e), in die Welt gebracht wurde, d.h. dass wir am Ende nichts Neues wissen, sei zugestanden oder entgegnet, dass wir (wohl weitestgehend) nichts Neues wissen, aber die Dinge, die wir – oft aber auch nur unbewusst, indirekt oder versteckt – schon wussten, jetzt besser wissen. Kurz formuliert: Wir wissen zwar nichts Neues, aber wir wissen es besser. 117 Das Verständnis der Frage „Warum moralisch sein (im Sport)?“ ist hier inbegriffen. Literaturverzeichnis 7 156 Literaturverzeichnis Albert, H. (1961). Ethik und Metaethik. Archiv für Philosophie, 11, 28-63. Albert, H. (1968). Traktat über kritische Vernunft (Die Einheit der Gesellschaftswissenschaften, Studien in den Grenzbereichen der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften, 9). 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