Die Sammlung historischer Plakate im Institut fu r Lippische

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Die Sammlung historischer Plakate
im Institut fur Lippische Landeskunde
von Stefanie Lux-Althoff
Druckfassung in: Heimatland Lippe (1999), S. 52-55.
Die Plakatsammlung im Institut für Lippische Landeskunde umfaßt rund 3.000
Exemplare aus verschiedenen Zeitepochen:
— Plakate vor dem Ersten Weltkrieg
bzw. aus der Zeit des Ersten Weltkrieges (bis 1918)
— Plakate der Weimarer Republik
(1919-1922)
— Plakate
aus
der
Zeit
des
Nationalsozialismus (1933-1945)
— Plakate aus den Nachkriegsjahren
(1945-1950).
Den umfassendsten Teil der Sammlung
stellen die Plakate der nationalsozialistischen Zeit, annähernd genauso groß ist
der Anteil der Plakate aus der Zeit nach
dem 2. Weltkrieg.
Plakate können unterschiedlichen Zwecken dienen, wobei in den verschiedenen Zeitepochen je nach wirtschaftlicher oder politischer Lage im
Staat der eine oder andere Zweck mehr
in den Vordergrund trat. Zu allen Zeiten
seit Beginn der Verwendung von Plakaten als Massenmedium ab Ende des 19.
Jahrhunderts haben sie als Werbemittel
gedient, z.B. für bestimmte Produkte
oder Ereignisse. Werbeplakate haben
meistens einen hohen künstlerischen
Wert und wurden von bedeutenden zeitgenössischen Künstlern gestaltet.
Eine besonders wichtige Gruppe
bilden die politischen Plakate. Ihnen kam
vor allem in Kriegszeiten und politisch
unruhigen Phasen eine zentrale Bedeutung zu. Bereits im Ersten Weltkrieg
wurde das Plakat zu propagandistischen
Zwecken eingesetzt, seine Blütezeit erlebte das politische Plakat in der Weimarer Republik. Hier bedienten sich vor
allem die verschiedenen politischen Parteien des Plakates als Massenmedium. In
der gesamten Zeit des Nationalsozialismus einschließlich des Zweiten Weltkrieges war das politische Plakat eines
der wichtigsten Mittel zur Beeinflussung
der Bevölkerung. Auch politische Plakate
sind oftmals sehr kunstvoll gestaltet, sie
können aber auch lediglich Schlagworte
enthalten, zum Teil unterstützt von aggressiv wirkenden farblichen Kontrasten
(z.B. rot-schwarz).
Das Plakat anlässlich der Hünenring-Festspiele am
Hermannsdenkmal im Jahre 1911 ist das älteste
Exemplar in der Plakatsammlung des Instituts für
Lippische Landeskunde.
URL: http://www.llb-detmold.de/wir-ueber-uns/aus-unserer-arbeit/texte/1999-5.html
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Eine dritte wichtige Gruppe bilden die Informationsplakate. Sie informieren die Menschen zum einen über
bestimmte Sachverhalte und liefern Hintergrundwissen. Dies hatte auch wiederum in Kriegs- und Krisenzeiten eine
besondere Bedeutung, um breite Bevölkerungsschichten über bestimmte politische Entwicklungen zu informieren und
um Verordnungen und Bestimmungen
der Regierung bekannt zu geben. Das
lnformationsplakat widmet sich zum
anderen aber auch der Ankündigung von
Ereignissen, vor allem von politischen
Aufruf zur 9. und letzten Kriegsanleihe im Herbst
1918.
und kulturellen Veranstaltungen. In allen
oben genannten Zeitepochen sollten sie
die Menschen zur Teilnahme an bestimmten Aktivitäten animieren. lm Institut für Lippische Landeskunde liegt besonders aus den Nachkriegsjahren von
1945 bis 1950 eine Fülle von Plakaten
vor, die kulturelle Veranstaltungen im
Raum Lippe ankündigen. Dieses umfassende Angebot spiegelt das große Verlangen der Bevölkerung nach Abwechs-
lung und Zerstreuung nach den harten
Kriegsjahren wider. Informationsplakate
sind im allgemeinen sehr schlicht gehalten und bestehen meistens nur aus Text.
Die Übergänge zwischen den drei
hier genannten formalen Gruppen von
Plakaten sind teilweise fließend, ein
Werbeplakat kann gleichzeitig ein lnformationsplakat sein, ebenso kann ein
lnformationsplakat auch politisch beeinflussen.
Im folgenden soll nun dargelegt
werden, welche Schwerpunkte in der
Plakatsammlung des Instituts für Lippische Landeskunde in den verschiedenen
Zeitepochen vorhanden sind.
Das älteste Exemplar der Sammlung des Instituts stammt aus dem Jahre
1911 und ist ein Veranstaltungsplakat
für die Hünenring-Festspiele am Hermannsdenkmal in Detmold im Juli und
August des Jahres. Chronologisch folgt
eine kleine Gruppe von Exemplaren aus
dem Ersten Weltkrieg, bestehend aus
Plakaten anläßlich der Kriegsanleihe –
die Finanzierung des Krieges geschah
zum Teil durch die auf freiwilliger Basis
von der Bevölkerung geleisteten neun
„KriegsanIeihen“ – und aus Informationsplakaten zum Kriegsdienst sowie zur
Beschlagnahmung von Metallgegenständen.
Die sich anschließende Zeit der
Weimarer Republik ist in der Plakatsammlung des Instituts fast ausschließlich durch politische Plakate vertreten.
Dieses Übergewicht spiegelt die reale
Bedeutung des politischen Plakates in
der Weimarer Republik wider: die Zeit
von 1919 bis 1933 gilt als eine besondere
Blütezeit des künstlerisch gestalteten
politischen Plakats. Sehr stark vertreten
sind dabei die Wahlplakate, so auch in
der Sammlung des Instituts. Die zahlreichen Wahlen und Abstimmungen dieser
Jahre lösten eine vielseitige Propaganda
der vielen verschiedenen Parteien aus.
Die Plakate des Instituts dokumentieren
eindrucksvoll diese politisch so wechselhaften Jahre, neben Wahlplakaten diverser Parteien zu den zahlreichen Reichstagswahlen finden sich auch Plakate anläßlich der in dieser Zeit mehrfach stattgefundenen Volksentscheide, z.B. zur
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Wahl der Nationalversammlung 1919
oder zur Volksabstimmung über Oberschlesien im Jahre 1921.
In den ersten Jahren der Weima-
Plakat der Zentrums-Partei zur Landtagswahl
am 24. April 1932.
rer Republik orientierte sich die Plakatpropaganda der Parteien zumeist an
konkreten politischen Ereignissen [z.B.
VersaiIIer Friedensvertrag, Ruhrkampf,
Young-Plan), während sich späterhin
immer mehr ein Kampf der verschiedenen politischen Richtungen gegeneinander entwickelte.
Das Plakatspektrum des Instituts
aus der Weimarer Zeit umfaßt weiterhin
Informationsplakate zu verschiedenen
Themen wie etwa Bekanntmachungen
über die Situation im neuen Staat oder
militärische Angelegenheiten betreffend,
darüber hinaus etliche Plakate, die Veranstaltungen im kulturellen oder sportlichen Bereich ankündigen sowie einige
Werbeplakate.
Die in den Sammlungsbeständen
des Instituts vorhandenen zahlreichen
politischen Plakate der Weimarer Republik werden zur Zeit von der Verfasserin im Rahmen einer AB-Maßnahme des
Arbeitsamtes für eine Ausstellung aufbe-
reitet, die im Laufe des Jahres in den
Räumlichkeiten des Instituts präsentiert
werden wird.
Den größten Teil der Sammlung
des Instituts stellen die Plakate aus der
Zeit des Nationalsozialismus. Sie erstrecken sich über die verschiedensten Themenbereiche, allerdings läßt sich hier
keine genaue Abgrenzung der politischen
Plakate gegen die anderen beiden Plakattypen vornehmen, da zu dieser Zeit jedes
Ereignis und jederAnlaß politisch motiviert war. Das Themenspektrum umfaßt
WahIplakate zu verschiedenen Reichstagswahlen und Volksabstimmungen,
Plakate mit Hitler-Glorifizierungen, Informationsplakate zum Kriegsdienst und
zur Kriegsführung, Plakate der verschiedenen nationalsozialistischen Organisationen wie Winterhilfswerk, NS-Volkswohlfahrt, Nationalsozialistische Kriegsopferversorgung etc., desweiteren solche
der NS-Jugendorganisationen wie HitlerJugend und Bund Deutscher Mädchen
sowie Plakate der Deutschen Arbeitsfront und der von ihr ins Leben gerufenen Organisation „Kraft durch Freude“.
Darüberhinaus besitzt das Institut aus dieser Zeit zahlreiche Veranstaltungsplakate zu den verschiedensten
Ereignissen politischer, kultureller und
sportlicher Art sowie Plakate, die ausschließlich an bestimmte Bevölkerungsgruppen gerichtet waren, z.B. an Frauen
oder Landwirte.
Eine Besonderheit des Plakatbestandes des Instituts aus der NS-Zeit
stellt die nahezu komplette Ausgabe der
„Parole der Woche“ dar. Diese Wandzeitung wurde erstmals zur Reichstagswahl
im März 1936 von der Reichspropagandaleitung der NSDAP herausgebracht
und als neue Propagandaform für so
wirksam befunden, daß die Zeitung von
1936 bis 1943 wöchentlich erschien. Das
ca. 84 x 120 cm große Blatt hing in Behörden, Postämtern und an öffentlichen
Plätzen. Es war eine „Zeitung fürs Volk“,
die mit riesiger Schrift und aggressiven
bildlichen Darstellungen die nationalsozialistische Ideologie und Kriegspropaganda formelhaft verkürzt in das Bewußtsein der Leute bringen sollte.
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Ähnlich umfassend wie der Bereich des Nationalsozialismus ist der
Anteil der Plakate aus der Nachkriegszeit
im Institut für Lippische Landeskunde.
Bis auf einige wenige Informationsplakate zu verschiedenen Themen und ein
Wahlplakat besteht dieser Teil der
Sammlung ausschließlich aus Plakaten,
die kulturelle Veranstaltungen in Lippe,
zumeist in Detmold, ankündigen. Diese
Plakate belegen eindrucksvoll, mit welcher Intensität das kulturelle Leben im
Iippischen Raum kurz nach Beendigung
des Zweiten Weltkrieges wieder einsetzte und spiegeln, wie eingangs bereits
erwähnt, den Bedarf der Menschen an
derartigen Zerstreuungen wider.
Die Plakate kündigen alle möglichen Arten von kulturellen Veranstaltungen der Iippischen Kultureinrichtungen
wie Landestheater, Städtische Musikvereinigung Detmold, Nordwestdeutsche
Musikakademie, Detmolder Kulturbund
und Volkshochschule an: Angeboten
werden Theateraufführungen, Konzerte,
Ausstellungen, Vorträge und Diavorträge,
Filmvorführungen, Lesungen, Varietés
(meistens
durchgeführt
von
den
britischen Besatzern) und verschiedene
Aktivitäten
der
Kirche.
Diese
Veranstaltungen fanden in großem
Umfang in Lippe statt, daneben
existieren noch Plakate, die für besondere oder nur selten stattfindende Ereignisse werben wie z.B. Stadtjubiläen, Modenschauen oder Veranstaltungen für
Kinder. Dieser Komplex von Plakaten der
Nachkriegszeit schließt mit dem Jahre
1950. Die gesamte Plakatsammlung des
Instituts für Lippische Landeskunde ist
fotografisch erfaßt und katalogisiert
worden mit Angaben zu Maßen, dem für
den Entwurf verantwortlichen Künstler,
Ort der Drucklegung, genauer historischer Einordnung sowie Literaturangaben zu jedem einzelnen Plakat.
Werbeplakat der NS-Gemeinschaft „Kraft
durch Freude“, der Freizeitorganisation der
„Deutschen Arbeitsfront“.
Wünschenswert und notwendig
für die Zukunft wäre es, einen Teil der
Plakate restaurieren zu lassen, da einige
von ihnen in einem sehr schlechten Zustand sind. Vor allem die Plakate der
Nachkriegszeit sind, da meistens auf extrem dünnem Papier gedruckt, oftmals
stark beschädigt und müssten dringend
überarbeitet werden.
[Anmerkung: Die Plakatsammlung befindet sich nun in der Obhut der Lippischen
Landesbibliothek und kann hier eingesehen und benutzt werden.]
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