Marchegg 2010 Teilnehmer Skriptum im Rahmen der Lehrveranstaltung „Freilanddidaktik in Biologie und Umweltkunde“ Eds.: Erich Eder, Peter Pany, Eva Ursprung & Christian Kasper Universität Wien, 2010 1 Teilnehmer Stefan Schilcher Teilnehmer Robin Eggersdorfer Lukas Sternberg Philipp Glaser Lukas Kräftner Kurs 1: 17. – 21. April 2010 Sabine Onz Eva Ursprung Anna Raab Teresa Reiter Peter Pany Katja Leidenfrost Theresa Hunstorfer Martina Sesar Erich Eder Veronika Brandl Cornelia Gastinger Eva Fleig Szilveszter Cseke Julia Satorina Claudia Schatzer Thomas Kreisberger 2 Sarah Csokai Teilnehmer Desirée Küng Teilnehmer Sebastian Sieghart Christian Kasper Miriam Trappl Eva Duchon Bernhard Schneller Kurs 2: 1. – 5. Mai 2010 Elisabeth Hannesschläger M(arl)ene Hölzl Ingrid Leidenfrost Jacqueline Scheibstock Csokai Nina Amelin Alexandra Roither Marina Findeis Rosa-Maria Kastl-Killinger Anneliese Müller Amelin Nicole Eder Hans-Jörg Schaumberger 1 Sabine Chvosta Vorwort Jedes Mal was Neues von Erich Eder Das war heuer das 24. Jahr, in dem ich in Marchegg mit dabei war. Langsam wird es fad, könnte man denken!? Nein. Ganz abgesehen von der jedes einzelne Mal einmaligen menschlichen Konstellation dieser Lehrveranstaltung – die Erinnerung an die Zeit mit euch (in beiden Kursen!) lässt mir auch heuer wieder besondere Freude und innere Wärme aufsteigen – hält diese Lehrveranstaltung auch in didaktischer Hinsicht nahezu jedes Jahr ganz besondere Überraschungen bereit. Vielleicht ist es nicht ganz fair, aber erlaubt mir, ausnahmsweise zwei Gruppen (aus den heuer durchwegs sehr erfreulichen studentischen Beiträgen) besonders hervorzuheben: „CSI Marchegg“ mit Eva & Sabine und „Lebensraum Baum“ mit Mene und Lisi. Wow. Beide Themen, Abwehrmechanismen der Pflanzen und der Baum als Lebensraum, sind ja sonst nicht unbedingt die großen „Reißer“. Wie die beiden Gruppen aber diese Themen angegangen sind, hat mir imponiert. Nicht nur die Kreativität, auch der Humor und die fachlich souveräne Gelassenheit der Bearbeiterinnen waren beeindruckend. Aber lest ihre eigenen Schilderungen in diesem Skriptum. Das nachhaltigste Erlebnis, das ich heuer hatte, war jedenfalls die Ersteigung (oder sagt man Erseilung?) der alten Weide. Vielleicht auch wegen meiner Höhenangst ;-)… Völlig ohne Erläuterungen begriff ich das große Potenzial, das das Leben auf einem Baum birgt. Allein die perfekte Durchsichigkeit der Wasseroberfläche von da oben (wir Menschen leiden ja unter dem Totalreflexionswinkel) macht intuitiv klar, wieso z.B. ein Eisvogel eine erhöhte Warte zum Jagen wählt. Die enorme Vielfalt der Nischen (im räumlichen und ökologischen Sinn) auf diesem alten Baum erschloss sich mir ohne Worte. Und so ist es wohl auch den SchülerInnen ergangen… Freilanddidaktik vom Feinsten! Docendo discimus – die Wahrheit dieses Satzes erlebe ich in Marchegg jedes Jahr aufs Neue: Danke euch allen, für alles, was ich auch heuer wieder mit und von euch lernen konnte! Erich 4 Der legendäre Herr Brenner (Gebietsbetreuer WWF-Reservat) an seinem Stammplatz... Inhaltsverzeichnis Das Grünzeug schlägt zurück p. 6 Eva Maria Fleig & Sabine Onz (Marchegg I) Die Waffen der Pflanzen p. 15 p. 22 p. 36 p. 48 p. 58 Die beinlosen Wanderer p. 134 Amphibien p. 142 Amphibien p. 159 Désirée Küng & Bernhard Schneller (Marchegg II) p. 72 Teresa Reiter & Katja Leidenfrost (Marchegg I) Schnitzeljagd auf Umwegen p. 118 Philipp Glaser & Lukas Sternberg (Marchegg I) Eva Duchon & Miriam Trappl (Marchegg II) Tierspuren Die Fische der March Jacqueline Scheibstock & Sarah Csokai & Nina Amelin (M. II) Anna Raab & Claudia Schatzer (Marchegg I) Paaren, Warnen und Tarnen p. 109 Julia Satorina & Theresa Hunstorfer (Marchegg I) Marlene Hölzl & Elisabeth Hannesschläger (Marchegg II) Signale im Tier- und Pflanzenreich Was lebt im Tümpel? Rosa-Maria Kastl-Killinger & Anneliese Müller (Marchegg II) Cornelia Gastinger & Stefan Schilcher (Marchegg I) Lebensraum Baum p. 95 Robin Eggerstorfer, Lukas Kräftner & Thomas Kreisberger (M. I) Sabine Chvosta & Ingrid Leidenfrost (Marchegg II) Der Baum als Lebensraum Evertebraten Reptilien p. 168 Szilveszter Cseke, Martina Sesar & Veronika Brandl (Marchegg I) p. 82 Nicole Eder, Marina Findeis & Alexandra Roither (Marchegg II) Reptilien p. 181 Hans-Jörg Schaumberger &Sebastian Sieghart (Marchegg II) Feedback p. 196 der Schulklassen Hinweis: Es handelt sich um studentische Arbeiten, für deren Inhalt die jeweiligen AutorInnen verantwortlich sind. 5 Eva Maria Fleig & Sabine Onz Abwehrmechanismen von Pflanzen Das Grünzeug schlägt zurück von Eva Maria Fleig & Sabine Onz Was kann ein Baum schon tun, wenn eine Raupe an ihm knabbert? Oder allgemeiner, wie schützen sich Pflanzen davor von Pflanzenfressern (Herbivoren) gefressen oder Schmarotzern, Bakterien, Pilzen oder Viren befallen zu werden? „Weltweit gibt es ca. 260.000 Pflanzenarten. Etwa doppelt so viele Insektenarten haben Pflanzen zum Fressen gern. Ohne ein üppiges Arsenal mechanischer, biochemischer Waffen und ökologischer Tricks wäre die Pflanzenpracht längst weggefressen.“i SchülerInnen der Unter- und Oberstufe AHS für diese Fragen zu sensibilisieren ist Gegenstand dieser Unterrichtseinheit. Fachlicher Teil Pflanzen haben im Laufe der Zeit eine Fülle von Abwehrmechanismen entwickelt, die sicherstellen, dass sie in ihrem ökologischen Umfeld weitgehend ungestört wachsen und sich vermehren können. Das Grünzeug schlägt zurück Grundsätzlich werden in der Literatur die bisher bekannten Abwehrmechanismen, nach dem Mechanismus ihrer Wirkung, in die Gruppe der anatomisch-mechanischen und der chemischen Abwehrmechanismen eingeteilt. Viele Pflanzen verfügen über mehrere Abwehrstrategien, die je nach Befall zur Anwendung kommen. Auch biologische Abwehrmechanismen bei denen andere Organismen, als die gegenständliche Pflanze selbst beteiligt sind, sind bekannt.ii;iii Die genannten Hauptgruppen der Wirkungsmechanismen werden je nachdem ob die Abwehr immer vorbeugend (konstitutiv) vorhanden ist oder erst durch „feindlichen“ Angriff aktiviert (induziert) wird, weiter differenziert. Mechanische Abwehrmechanismen Zu den mechanischen Abwehrmechanismen bei Pflanzen zählen unter anderem; eine widerstandsfähige Epidermis z.T. mit wachsartigen Einlagerungen oder bei Bäumen die Borke, die neben Schutz vor Verdunstung auch Schutz vor Fressfeinden (Herbivoren) bieten kann. Weit verbreitet und allgemein bekannt sind mechanische Abwehrmechanismen bei Pflanzen in Form von Dornen (Umgebildete Pflanzenorgane) und Stacheln (Ausstülpungen der Epidermis) wie z.B. bei Rosaceen, Beberitze und Robinien. Die Funktion von Pflanzenhaaren (Trichome) ist vielfältig. Sie dienen als Schutz vor Kälte, Hitze und Austrocknung, der Verbreitung von Samen und auch vor Tierfraß. Borstenhaare mit verkieselten 5 Eva Maria Fleig & Sabine Onz Zellwänden erschweren beispielsweise Herbivoren das Hochklettern an Pflanzen, wie denen der Familie der Raublattgewäche (Boraginaceae). Andere Pflanzen wiederum nutzen Klimmhaare zum Wachsen an geeigneten Stützen, was aber nicht bedeutet, dass diese Klimmhaare nicht auch zur Abwehr kleinerer Pflanzenfresser dienen können. Eine spezielle Art von Pflanzenhaaren sind die sogenannten Brennhaare der Brennnessel (Urtica diocia). Sie kombinieren mechanische und chemische Abwehr miteinander. Die Trichome der Brennnessel verfügen über eine Verjüngung am oberen Ende des Haares an der ein „Köpfchen“ angesetzt ist. Bei Berührung des Brennhaares bricht das „Köpfchen“ an der verjüngten Stelle und setzt neben dem mechanischen Reiz, durch das starre Brennhaar, ein Gemisch aus Histamin, Ameisensäure, Acetylcholin, Serotonin und anderen Bestandteilen frei, welchen es dann die bekannten Hauterscheinungen verursacht. Das Grünzeug schlägt zurück Chemische Abwehrmechanismen Während mechanische Abwehrmechanismen bei Pflanzen meistens mit bloßem Auge erkennbar sind, sind chemische Abwehrstrategien häufig nicht auf den ersten Blick sichtbar, was ein Grund dafür ist, dass viele Verteidigungsmechanismen bis heute unerforscht bzw. Gegenstand der aktuellen Forschung sind (vgl. MPI für Chemische Ökologie der Universität Jena). Einer der bekanntesten chemischen Abwehrstoffe bei Pflanzen sind Milchsäfte z.B. von Schöllkraut (Chelidonium majus), Löwenzahn (Taraxacum officinale), Mohngewächse (Papaveraceae) und Wolfsmilchgewächsen (Euphorbiaceae), die bei Kontakt mit Sauerstoff an der Luft polymerisieren und den saugend-stechenden Insekten beispielsweise die Mundwerkzeuge verkleben und in einigen Fällen zusätzlich giftig für die Herbivoren sind. Auch der Einsatz von Gift zur Abwehr von Feinden ist im Pflanzenreich weit verbreitet. Maiglöckchen (Convallaria majalis), Waldmeister (Galium odoratum), Herbstzeitlosen (Colchicum autumnale), Robine (Robinia pseudacazia), gefleckter Aronstab (Arum maculatum) und Tollkirsche (Atropa bella-donna) enthalten stark giftige Substanzen wie z-B. Alkaloide, cyanogene Glycoside und Terpenoide, die grundsätzlich giftig sind oder bei Zerstörung der Zellwände (durch Fraß) in Kontakt mit, Enzymen gelangen die, die cyanogenen Gycoside in Keton und Blausäure umwandeln. Neben oder statt Giftstoffen verfügen Pflanzen auch über andere Substanzen, die sie für potentielle Interessenten, ungenießbar 6 Eva Maria Fleig & Sabine Onz machen. Duftstoffe wie ätherische Öle im Kerbel (Anthriscus cerefollium) oder Abbauprodukte des Allicins im Bärlauch (Allium ursinum), im Acker- (Allium ampeloprasum) und im Schlangenlauch (Allium scorodoprasum) wirken auf viele Herbivoren abstoßend.. Bitterstoffe wie im Hopfen (Humulus lupulus), vor allem in den ganz jungen Sprosstrieben konzentriert, schützen diese Wachstumszonen der Pflanzen vor frühzeitigem Fraß. Gerbstoffe wie Tannine in Hopfen und in Wallnussblättern stören die Verdauung der Pflanzenfresser, indem sie Proteine deaktivieren und sich somit negativ auf den Allgemeinzustand der Tiere auswirken. Diese Art der Duft-, Gift- oder Gebstoffe sind in der Regel dauerhaft und immer einsatzbereit in bestimmten Pflanzenteilen vorhanden – es handelt sich also um direkt wirkende, konstitutive Abwehrmechanismen, die zumeist auf eine Vielzahl von Organismen abstoßend oder sogar tödlich wirken können. Von ganz besonders hoher Spezifität sind dagegen einige induktiv – nur bei konkretem Befall - wirksame sekundäre Pflanzeninhaltstoffe.iv;v So kann die Flatter-Ulme (Ulmus laevis) den Kleber des Ulmenblattkäfers erkennen, der seine Eier auf den Ulmenblättern befestigt. Bereits einen Tag später sendet der Baum chemische Signale aus, die Erzwespen anlocken, die ihrerseits Eier in die bereits befestigten Eier des Ulmenblattkäfers ablegen, um so die Reifung der Käfereier zu verhindern. Durch den genannten Duftstoff werden zusätzlich Raubwanzen angelockt, die die Käferbrut als Nahrung nutzen. Das Grünzeug schlägt zurück Auch Weißkohlpflanzen senden, bei Befall mit Kohlweißlingraupen, chemische Hilferufe in Form von Signalmolekülen. Schlupfwespen reagieren auf diese Signale, spüren die Raupen auf und legen ihre Eier in die Raupe. Die Raupen werden in weiterer Folge durch die Schlupfwespenlarven von innen her aufgefressen und getötet.vi Die zuvor genannten Beispiele zeigen die hohe Variabilität der pflanzlichen Abwehrmechanismen, die sich im Laufe der Evolution entwickelt haben. Zu beachten ist in diesem Zusammenhang auch, dass jede Art von Pflanzenabwehr, Stoffwechsel- und Energieressourcen der Pflanze aufbraucht, die dann für andere Funktionen, wie Wachstum und Vermehrung u.U. nicht mehr zur Verfügung stehen. Je nach „Bedrohungsart- und -grad“ kann die Feindabwehr - im Vergleich zur Steigerung des Wachstums oder der Fortpflanzung - das momentan erfolgreichere Überlebenskonzept einer Art darstellen. Didaktik Didaktische Reduktion Raffiniert, vielseitig, messerscharf, wohl schmeckend, tödlich, unscheinbar, wunderschön, sie locken, warnen und wehren sichvii – die Welt der Pflanzen ist unglaublich spannend und das wollten wir die Kinder erleben lassen und gleichzeitig all ihre Sinne für diese (pflanzliche)Welt schärfen. 7 Eva Maria Fleig & Sabine Onz Aufgrund der Vielfalt unseres Themas war es für uns wichtig zu entscheiden, welche Inhalte konkret vermittelt werden sollen. Die SchülerInnen sollen… die oben genannten Mechanismen live an Pflanzen kennen lernen folgenden ökologischen Zusammenhang herstellen können „Was für ein Art abschreckend wirkt oder gar tödlich sein kann, ist für ein andere der perfekte Lebensraum.“ Das Grünzeug schlägt zurück erkennen, dass alles miteinander zusammenhängt und voneinander abhängt. erfahren, dass die Evolution ihre Finger im Spiel hat „Die Pflanzen haben sich die Abwehrstrategien nicht spontan überlegt, sondern diese Mechanismen haben sich im Laufe der Zeit entwickelt, einen Vorteil an diesem Standort dargestellt und sich daher durchgesetzt.“ 8 Eva Maria Fleig & Sabine Onz Das Grünzeug schlägt zurück Da wir zwei unterschiedliche Schulstufen erwarteten, haben wir zwei didaktische Einstiegskonzepte in die Materie entwickelt, die das Interesse und den Forschungsdrang der jeweiligen Altersgruppe aktivieren sollte: Didaktisches Konzept Oberstufe Das Grünzeug schlägt zurück. Den Tätern auf der Spur. Folgendes Szenario erwartet die SchülerInnen der fünften Klasse, an unserer Station: SZENE: Wir befinden uns in der Pathologie. Auf einem Tisch – zugedeckt – liegt das Opfer - ein Hase, der schwer hergenommen wurde. Wir bilden mit den SchülerInnen das Ermittler-Team, das versucht den Tathergang zu rekonstruieren und sich auf Spurensuche begibt. Fakten werden im Brainstorming gemeinsam gesammelt. Welche Verletzungen stammen woher? Kratzer – Dornen, Stacheln, Äste.... Verklebte Barthaare – Harz, Milchsaft... 9 Eva Maria Fleig & Sabine Onz Hautreaktionen (Quaddeln) – Brennhaare... Tod durch Gift – giftige Pflanzen... Dies führt uns zu einem Täterprofil, das unweigerlich ins pflanzliche Milieu führt. So erarbeiten die SchülerInnen schnell und spielerisch einen Überblick über die Verteidigungsstrategien der Pflanzen. Danach werden sie in SRF-Teams eingeteilt (S steht für Sehen, R für Riechen und F für Fühlen) und es geht es zum Tatort, der von uns zuvor fachmännisch abgeriegelt wurde. Die Aufgabenstellung lautet: Finde mindestens 5 Pflanzen, die sichtbare (S-Team) oder fühlbare Verteidigungsmechanismen (FTeam) besitzen oder auffällig riechen (R-Team)! Um das „Fühlerlebnis“ voll auskosten zu können wurde abwechselnd einem Schüler/einer Schülerin die Augen verbunden. Nun wird es ernst. Die SchülerInnen führen die Gruppe zu den, von ihnen markierten Das Grünzeug schlägt zurück Pflanzen hin und begründen, warum sie diese ausgewählt haben, welche speziellen Abwehrmechanismen sie erkennen und gegen wen sich die Verteidigung richten könnte. Theorien werden aufgestellt, wir fügen spannende, bildreiche (Merk)-geschichten hinzu und so wird vor Ort Wissen kreativ, direkt und nachhaltig (v)ermittelt und verankert. Am Ende dieses Rundgangs sollen die SchülerInnen eine Brennnessel ins „Labor“ zurück mitnehmen, um die Brennhaare genau unterm Binokular anschauen zu können und bei genügend Zeit und ruhiger Hand mit einer Pinzette sogar ein Brennhaar abbrechen, eine Beobachtung die aus Erfahrung immer sehr gut ankommt. Während die einen, die mitgenommenen Pflanzen unterm Binokular untersuchen, dürfen die anderen SchülerInnen eine Postkarte kreieren, die sie an sich selbst schreiben. Auf der einen Seite fasst eine von uns erstellet Tabelle die wesentlichen Abwehrstrategien zusammen, die wir ihnen als „Send-Home-Message“ und Erinnerung zusenden, auf der anderen Seite sind der Kreativität der SchülerInnen keine Grenzen gesetzt. Die großen Vorteile an dieser Form der „Zusammenfassung“ sind: das Handout fällt weg, sie beschäftigen sich ein paar Tage später noch einmal mit dem Thema sie werden erinnert, wie (schön) der Ausflug nach Marchegg war und müssen vielleicht den Eltern , der Oma erklären, was es mit den Abwehrmechanismen von Pflanzen auf sich hat. 10 Eva Maria Fleig & Sabine Onz Didaktisches Konzept Unterstufe Bei der Unterstufe bleibt das Konzept weitgehend gleich, nur haben wir als Einstieg statt dem CSI-Aufhänger ein kleines Rollenspiel gewählt. Es dient dazu, dass sich die Kinder in die Situation der Pflanzen hineinversetzen und sie selbstständig erkennen welchen Einflüssen und Stressfaktoren Pflanzen ausgesetzt sind. Spielerisch wird ermittelt, welch raffinierte Tricks Pflanzen in vielen Millionen Jahren entwickelt haben, um sich erfolgreich fortzupflanzen und zu bestehen. Ein Kind darf eine Pflanze spielen, die anderen sind die Tiere des Waldes, z.B. ein Hase, eine Raupe, ein Rehkitz oder ein Schneckerl - je nach Wunsch und Verlangen. Ein Tier nach dem anderen kommt nun zur Pflanze und äußert seine Bedürfnisse (Anknabbern, ganz Auffressen, sich drauflegen). Welche Strategie könnte eine Pflanze haben, um sich zu wehren und sich zu schützen – Flucht und Versteck suchen fallen offensichtlich aus. Nachdem die wichtigsten Punkte herausgearbeitet wurden, kommt es auch hier bald zum Ortswechsel und die Kinder dürfen – mit Markierungsfähnchen und einer konkreten Aufgabenstellung – ausschwärmen und sehen, riechen und fühlen (SRF-Teams). Wie bei der Oberstufe werden nach 10 Minuten gemeinsam Das Grünzeug schlägt zurück die markierten Pflanzen besprochen und genügend Raum für den Brennnesseltrick (Entwaffnung der Brennnessel durch Abknicken der Brennhaare) und anschließender Untersuchung der Brennhaare unterm Binokular gelassen. Wir nehmen an, dass speziell bei den Jüngeren die Postkarte sehr gut ankommen wird. Sie können ihrer Kreativität freien Lauf lassen, malen oder die kennengelernten Pflanzenteile drauf kleben – vor allem bei der Brennnessel freut sich der Briefträger. 11 Eva Maria Fleig & Sabine Onz Reflexion „Wer hat an der Uhr gedreht, ist es wirklich schon so spät?“ oder Sabines Sonntagskrise. Eine erste kleine Erlösung nach der Organisationsbesprechung: wir haben doch 40 Minuten Zeit (statt den anfänglich angekündigten 20 Minuten.) Und dennoch kämpften wir am Montag mit der Zeit. Nach der ersten Feedbackrunde nahmen wir uns den Ratschlag zu Herzen weiter zu reduzieren. So besprachen wir am Dienstag gemütlich 6 Pflanzen statt der 14 am Vortag, als wir dem Bedürfnis erlegen sind, alle markierten Pflanzen besprechen zu wollen. Den positiven Effekt, von weniger Information, gezielt und bunt verpackt, bemerkten wir am 2. Tag sofort. Auch nahmen wir uns am zweiten Tag zurück und ließen die SchülerInnen mehr zu Wort kommen – was uns beiden manchmal nicht leicht fiel, weil es doch sooo viele spannende Gegebenheiten und Geschichten gibt! Aber durch die Informationsreduktion hatten wir am Ende auch genug Zeit die Brennnesseln unterm Binokular anzuschauen, die Postkarten zu gestalten und die angefangen Diskussionen in Ruhe zu Ende zu bringen. Der CSI-Appetizer kam super an, vor allem weil nicht weit von unserer Station ein echter toter Hase lag, an denen die SchülerInnen vorbei mussten und das erhöhte natürlich die Dramatik immens. Das Grünzeug schlägt zurück Energiebündel dazu zu bringen, sich voll und ganz aufs Thema zu konzentrieren. Zum Rollenspiel kam es nicht, da kurzfristig bekannt wurde, dass auch am zweiten Tag eine 5. Klasse nach Marchegg kommen wird. Wir hatten viel Material (Bücher, Karten zum Austeilen, Bilder) mit nach Marchegg genommen, das aber in den Tagen brav versteckt in der Kiste blieb, weil wir sofort begriffen, dass das Naturerlebnis oberste Priorität hat. Außerdem wollten wir den Vorteil „Biologieunterricht unter freiem Himmel“ optimal ausnutzen. Es war immer schön, wenn die SchülerInnen ihr Vorwissen mit einbrachten und mit leuchtenden Augen von ihren Erlebnissen erzählten und es sich zu einer anregenden Diskussion entwickelte inmitten von Schlehen, Labkraut und Brennnesseln. Die SchülerInnen waren überrascht, wie viel essbare Pflanzen es gibt -vor allem die Gruppen kurz vor der Mittagspause haben sich eine Vorspeise, bestehend aus einem Mix von Hopfen, Lauch und Kerbel und Brennnessel gegönnt. Wir konnten hier sehr gut erkennen, dass bei Aktivierung der Geschmacksknospen und der Riechzellen die Aufmerksamkeit gebündelt und die gehörten Informationen gut verankert wurden. Sabine und ich haben uns schon in der Vorbereitung wunderbar ergänzt und waren auch in Aktion ein eingespieltes Team. Augen verbinden: einfach und genial! Und eine Möglichkeit sowohl ruhige Schüler aus der Reserve zu locken als auch aufgeweckte 12 Eva Maria Fleig & Sabine Onz Das Grünzeug schlägt zurück Literatur i Zusammenfassung May the Marchegg-energyflow always be with you! DIE ZEIT 24.02.2005 Nr.9; http://www.zeit.de/2005/09/NPflanzenabwehr ii Schaller, Andreas (2002): Die Abwehr von Fressfeinden: Selbstverteidigung im Pflanzenreich in Vierteljahrsschrift der naturforschenden Gesellschaft in Zürich 147/7; 141-150 iii Attenborough, D. (1995) Das geheime Leben der Pflanzen. Wie Pflanzen sich orientieren, verständigen, fortbewegen, ums Überleben kämpfen – eine neue Sicht der Pflanzenwelt. Scherz, Wien. iv Bethge, Philip (2006): Die Pflanzenflüsterer Internet-Artikel, http://spiegel.de/spiegel/print/d-47360762.html v BIOMAX (2005): Kontrollierter Vielfraß – wie Pflanzen ihre Schädlinge austricksen in BIOMAX 17/2005 Max-Planck Gesellschaft München vi BIOMAX (1999): Aufregende Chemie – Verteidigungsstrategien im Pflanzenreich in BIOMAX Ausgabe 7/1999 Max-PlanckGesellschaft München vii Arzt, V. (2009): Kluge Pflanzen. Wie sie locken und lügen, sich warnen und wehren und Hilfe holen bei Gefahr. C. Bertelsmann Verlag, München. 13 Sabine Chvosta & Ingrid Leidenfrost Die Waffen der Pflanzen von Sabine Chvosta und Ingrid Leidenfrost Fachliches Einleitung: Im Gegensatz zu Tieren sind Pflanzen sessile, an ihren Standort gebundene Lebensformen und können daher bei Bedrohung durch Fraß- oder Trampelfeinde nicht flüchten. Um allzu großen Hunger großer und kleiner Pflanzenfresser dennoch etwas entgegen zu setzten, besitzen viele Pflanzen artspezifische Abwehrstrategien, wobei es sich um mechanische – wie z.B.: Stacheln- oder chemische –z.B.: Gifte- Mechanismen handeln kann. Ihr Verständnis ist von wirtschaftlichem Interesse, weil weltweit erhebliche Teile der Ernte durch Insektenfraß (13 %) und Pflanzenkrankheiten (12 %) vernichtet werden (http://de.wikipedia.org/wiki/Pflanzliche_Abwehr_von_Herbivoren, 2010) Die Angelegenheit ist allerdings etwas komplexer und muss vor allem auch im trophischen und evulotiven Kontext behandelt werden. Betrachtet man einerseits die Nahrungszusammenhänge, so sind tierische Organismen unbedingt von den Primärproduzenten Pflanzen als Nahrungsgrundlage abhängig, da sie selbst keine Photosynthese um Biomasse aus Kohlendioxid, Nährstoffen und Sonnenenergie aufzubauen betreiben. Die Waffen der Pflanzen Im Laufe der Entwicklungsgeschichte hatten Pflanzen, die aufgrund ihrer mechanischen oder chemischen Eigenschaften weniger gern gefressen wurden einen Vorteil gegenüber Artgenossen und anderen Arten ohne diese Eigenschaften. Stacheln, Dornen, Einlagerung von Kieselsäure, Bitterstoffe, Milchsäfte oder Gifte wurden daher positiv selektiert. Pflanzenfresser mussten sich allerdings trotzdem von Pflanzen ernähren um zu überleben. Individuen, die z.B.: mit Pflanzengiften besser zu Recht kamen waren wiederum ihren Artgenossen gegenüber im Vorteil. Dieses gegenseitige Wettrüsten kennen Evolutionsbiologen auch unter dem Begriff „ Koevolution“. Im weitesten Sinn beschreibt der Begriff Koevolution sehr komplexe Wechselbeziehungen, die zu einer reziproken evolutionären Anpassung zwischen zwei Arten führen: Durch die Veränderung einer Art wird ein Selektionsdruck auf eine andere Art ausgeübt, und diese Gegenanpassung fördert wieder die evolutionäre Abwandlung der ersten Art. Koevolution ist somit auch eine Art evolutiver Wettlauf von Anpassung und Gegenanpassung (Campel, 1998.) Die Koevolution führt in den meisten Ökosystemen zu einer Situation, in der die Pflanzen und ihre Herbivoren überleben können (http://de.wikipedia.org/wiki/Pflanzliche_Abwehr_von_Herbivoren, 2010). Ein spannendes auch am Exkursionsstandort Marchegg anzutreffendes Beispiel ist die Osterluzei (Aristolochia clematis) und der Osterluzeifalter, dessen Raupe sich von der giftigen Pflanze ernährt. Die Osterluzei ist eine alte Heilpflanze, an deren Abwehrstrategie mittels Giftstoffen sich der Osterluzeifalter 15 Sabine Chvosta & Ingrid Leidenfrost perfekt angepasst hat. Die Raupen vertragen die Giftstoffe sehr gut und schützen das Tier vor Fressfeinden. Vergiftungen des Menschen mit der Pflanze sind allerdings kaum zu befürchten und auch nicht bekannt. (Vielfalt Leben/ Folder Osterluzeifalter, 2010). Die Waffen: Im Folgenden möchten wir die verschiedenen Abwehrstrategien der Pflanzen systematisch behandeln, wobei darauf hingewiesen werden muss, dass sich Pflanzen auch auf verschiedenen Ebenen schützen. So können mechanische mit chemischen Mechanismen kombiniert sein und verschiedene Schutzmechanismen an einer Pflanze Phytophage unterschiedlicher Größe betreffen. Die Waffen der Pflanzen An diesen Punkt wollen wir auch vorweg nehmen, dass Abwehrstrategien nicht nur rein dem Schutz der Pflanze dienen können, sondern in vielen Fällen auch noch andere Funktionen wie z.B.: die Anlockung von Bestäubern erfüllen. Mechanische Abwehrmechanismen Stacheln: Bestehen nur aus Oberhaut und Rindengewebe und sind daher nie von Nerven (Gefäßbündeln) durchzogen. Sie sind meist leicht abbrechbare, stechend-spitze Gebilde an Zweigachsen oder Blättern Da sie keine umgebildeten Organe sind, ist ihre Verteilung auf der Pflanze nicht gesetzmäßig. (n.. Fischer et al.1994) Dornen: Bestehen aus Oberhaut und Rindengewebe und sind daher von Gefäßbündeln durchzogene umgewandelte Pflanzenorgane. Der Ursprung dieser harten stechend- spitzen Gebilde ist different. 16 Sabine Chvosta & Ingrid Leidenfrost Dornen können umgewandelte Sprossachsen, Blätter, Nebenblätter oder Wurzeln sein. Ihre Identität ist durch ihre Stellung zu erkennen. Sprossdornen findet man beim Weissdorn (Crategus sp.), wobei es sich hier um umgewandelte Kurzsprossen handelt und bei der Schlehe (Prunus spinosa). Die Beberitze (Berberis vulgaris) bildet Blattdornen, bei der Robinie (Robinia pseudacacia) werden die Nebenblätter zu so genannten Stipulardornen. Es kann auch nur ein austretender Blattnerv einen Dorn bilden, wie es bei manchen Disteln der Fall ist. (n. Fischer et al, 1994); Trichome: Haare behindern kleine Pflanzenfresser an der Pflanze hochzuklettern, können aber auch gleichzeitig einen UV Schutz darstellen. Ein Spezialfall sind die Brennhaare der Brennessel, die eine Kombination aus mechanischen und chemischen Abwehrmechanismen darstellen: Die Spitze der Brennharre bricht bei Berührung ab; der verbleibende Schaft wirkt wie eine Injektionskanüle, aus der irritierende Substanzen wie Histamin, Acetylcholin und Ameisensäure freigesetzt werden. Als physikalische Barriere gegen Blattfraß wirken verkieselte oder verholzte Zellwände. Chemische Abwehrmechanismen: Prinzipiell zählt die Einlagerung von Bitterstoffen und Giften zu den chemischen Verteidigungsstrategien von Pflanzen. Die Waffen der Pflanzen untersucht werden. Hinweise auf chemische Abwehrmechanismen liefern auch in der Pflanze enthaltene Milchsäfte. Die chemische Basis bilden zahlreiche Sekundärmetabolite (auch sekundäre Pflanzenstoffe genannt), die als Nebenprodukte normaler Stoffwechselvorgänge anfallen. Einige uns gut bekannte Drogen wie das Morphium des Klatschmohns und das Nikotin der Tabakpflanze sind wahrscheinlich chemische Abwehrmittel gegen Herbivorie (n. Campell, 1998) Ätherische Öle: Diese für uns meist gut riechenden und schmeckenden (und daher auch in der Küche verwendeten) Pflanzeninhaltsstoffe können den Pflanzen auch dazu dienen Bestäuber anzulocken, sich vor Bakterien oder Pilzerkrankungen zu schützen und Fraßschädlingen möglicherweise unangenehm schmecken. Ätherische Öle werden in Öldrüsen von Pflanzen gebildet und im Pflanzengewebe gespeichert. Sie befinden sich in Blüten, Blättern, Samen, Fruchtschalen, Wurzeln, Harzen, Rinden oder im Holz. Manche Pflanzen liefern aus verschiedenen Pflanzenteilen ätherische Öle, die sich in ihrer chemischen Zusammensetzung sehr stark unterscheiden, z.B. Zimtrinden- und Zimtblätteröl. (http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84therische_%C3%96le, 2010) Milchsäfte beginnen, sobald sie mit Luft in Kontakt geraten klebrig zu werden wodurch die Mundwerkzeuge kleiner Phytophager unbrauchbar gemacht werden. Diese sind bei Pflanzen aber schwer zu erkennen und müssen erst durch einen genauen Geruchs (dazu muss der Pflanzenteil gut zwischen den Fingern zerrieben werden) - und Geschmackstest (haben wir nicht mit den Schülern und Schülerinnen durchgeführt!) 17 Sabine Chvosta & Ingrid Leidenfrost Standort Au Nun wollen wir kurz auf die vorgefundenen Pflanzen und ihre Schutzmechanismen eingehen. Schlehe (Prunus spinosa) - Dornen Weißdorn (Crataegus sp.) - Dornen Hundsrose (Rosa canina) - Stacheln Brombeere (Rubus sectio Rubus ) - Stacheln Klettlabkraut (Galium aparine) - Hakenborsten Osterluzei (Aristolochia clematitis) – chemische Abwehrstoffe Schöllkraut (Chelidonium majus) - Milchsaft Löwenzahn (Taraxacum sect. Ruderalia) - Milchsaft Wolfsmilch (Euphorbia cyparissius) – Milchsaft, chemische Abwehrstoffe Bärlauch (Allium ursinum) - chemische Abwehrstoffe Schlangenlauch (Allium scorodoprasum) - chemische Abwehrstoffe Echter Kerbel (Anthriscus cerefolium) - chemische Abwehrstoffe Lauchkraut (Alliaria petiolata) - chemische Abwehrstoffe Brennessel (Urtica dioica) – Brennhaare, chemische Abwehrstoffe Taubnessel (Lamium sp.) - chemische Abwehrstoffe Didaktik Anknüpfungspunkte für die didaktische Aufbereitung unseres Themas bildeten einerseits die Protokolle aus den vergangenen Kursen und die Inputs der Lehrveranstalter. Aus den Protokollen erfuhren wir einiges über die am Standort vorkommenden Pflanzen und ihrer Abwehrmechanismen und für uns interessante Informationen über verschiedene Möglichkeiten die Schüler und Die Waffen der Pflanzen Schülerinnen an das Thema heranzuführen. Aufgrund der positiven Reflexionen und Berichten der StudentInnen der letzten Jahre entschieden wir uns folgende Aspekte in unser Programm aufzunehmen: mechanische Abwehr am Beispiel Stacheln und Dornen sowie deren Unterschied, das Brennhaar der Brennnessel als kombinierte Abwehrstrategie und chemische Abwehr durch sekundäre Pflanzeninhaltsstoffe anhand ätherische Öle und des Milchsaft des Löwenzahns. Um die Eigenaktivität der Schüler und Schülerinnen zu fördern, sollten sie auch die Umgebung auf der Suche nach Pflanzen mit Abwehrstrategien erkunden. Für den Besprechungstermin mit Erich und Peter erarbeiteten wir ein Grundkonzept aus den oben angeführten Ideen. Wir formulierten dafür folgende Lehrziele: Was sind Abwehrstrategien von Pflanzen? Warum und vor wem müssen sich Pflanzen schützen? Wie ist Pflanzenabwehr erstanden und welche evolutiven Mechanismen spielen dabei eine Rolle? Unser Konzept gliederte sich grob in Einstieg, Erarbeitungsphase und Festigungsphase. Wesentlich erschien uns ein spannender, motivierender Einstieg und so tauften wir unsere Station „Die Waffen der Pflanzen“. Als „Maskottchen“ plante ich meinen Kugelkaktus auf die Exkursion mitzunehmen. Nach einer kurzen Vorstellung (Sabine, Ingrid, Kaktus) sollte anhand einiger Leitfragen (Wozu braucht eine Pflanze Waffen? Welche Waffen kennt ihr?) die grundlegenden Inhalte des Themas mit den Schülern und Schülerinnen in Form eines Lehrer- Schüler Gesprächs andiskutieren Als Hilfestellung für die Erarbeitung der Einstiegsfragen dachten wir an Vergleiche zum Tierreich zu ziehen und mitgebrachte Bilder von Igel, Nesseltier und 18 Sabine Chvosta & Ingrid Leidenfrost Schlange im Großformat herzuzeigen. Für die Erarbeitungsphase fertigten wir ein Arbeitsblatt an, das zugleich ein Buchstabenrätsel mit Lösungswort darstellt und sich in 5 Bereiche gliedert: Vergleich Stachel/ Dorn; Der Milchsaft des Löwenzahns, Das Brennnesselhaar der Brennnessel, Ätherische Öle und nach eine Suche im umliegenden Gelände nach Pflanzen mit Abwehrmechanismen. Die einzelnen Bereiche sollten dann kurz inhaltlich erläutert werden. Unsere Absicht war die Schüler und Schülerinnen möglichst viel selbst erforschen zu lassen und sie so oft wie möglich zum mitdenken und mitmachen zu motivieren. Informationen und didaktische Anregungen zu den einzelnen Aufgabenstellungen wurden den im Literaturverzeichnis angegeben Quellen entnommen. Unser Programm endete mit einer kurzen Abschlussbesprechung, die eine Zusammenfassung und Rekapitulierung der erarbeiteten Inhalte darstellen sollte. Der zeitlichen Rahmen wurde von uns mit gut 45 Minuten veranschlagt. Da uns seitens der Lehrveranstaltungsleiter im Zuge unserer Konzeptvorstellung geraten wurde die Schüler und Schülerinnen nur gut inhaltlich vorbereitet ins Gelände zu schicken, entschieden wir uns für folgende Reihenfolge der einzelnen Themen: Vergleich Stachel/ Dorn; Der Milchsaft des Löwenzahns, Das Brennnesselhaar der Brennnessel, Ätherische Öle und nach eine Suche im umliegenden Gelände nach Pflanzen mit Abwehrmechanismen. Für unsere Station wurden noch folgende Materialien benötigt: Indikatorpapier, Binokular, Pipette, Objektträger, Filmdöschen für Die Waffen der Pflanzen die Geruchsprobe, Bestimmungsbücher, einige Küchenkräuter und einen Kugelkaktus. Bis auf das Binokular nahmen wurden alle Utensilien von zu Hause mitgenommen. Natürlich beteiligten wir uns auch am Projekt Sammelalbum und fertigten eine Sammelkarte unserer Station an. Aufgrund der von den früheren Kursen erarbeiteten Pflanzenlisten waren wir zuversichtlich alle in unserem Programm vorkommenden Arten vor Ort zu finden. Unsere faunistische Bestandsaufnahme im Umfeld der zoologischen Station verlief dann auch durchaus positiv: Samstagabend war uns klar, dass wir alle interessanten Abwehrmechanismen vor Ort mit den Schülern und Schülerinnen entdecken werden können. Den Sonntag nutzen wir noch um uns einen geeigneten, von möglichst vielen Abwehrmechanismen umringten Standort für unsere Station zu suchen und uns fachlich noch mehr in das Thema einzulesen. Leider war in der Bibliothek wenig spezifische Literatur zu finden. Vorzubereiten waren auch noch die Geruchsproben, wobei wir die Filmdöschen noch nummerierten und mit zerschnittenen Pflanzenteilen befüllten. Reflexion 1. Tag: 5 Schülergruppen mit 2 bis 3 Schüler und Schülerinnen der 7 Klasse eines Oberstufengymnasiums besuchten unsere Station. Mehr wussten wir über Schülern und Schülerinnen nicht, daher versuchten wir gleich zu Beginn ihr Vorwissen und ihre Motivation dem Thema gegenüber abzuklären. Die Vormittagsgruppen zeigten sich zwar höflich interessiert aber 19 Sabine Chvosta & Ingrid Leidenfrost nicht sehr wissend und wir hatten schon in der Einstiegsphase große Schwierigkeiten inhaltliche Anknüpfungspunkte vor allem im Bezug auf die von uns gerade für die Oberstufenklasse als wesentlich angesehenen Lehrinhalte (evolutive Aspekte der Abwehrstrategien) zu finden. Zumindest die 3. Gruppe hatte dann schon etwas von Evolution gehört, da sie soeben die Station Algen, Moose und Farne besucht hatten. Das fand ich persönlich schade, da sich mein Interesse am Schulfach Biologie sehr positiv entwickelt hatte als uns die Evolutionstheorie erörtert wurde. Die von uns vorbereiteten Arbeitsunterlagen erwiesen sich dann auch als ungeschickt und zu umfangreich, um sie in den mit den anderen Stationen vereinbarten 40 Minuten komplett durchzumachen. Als wir sie mit den Schülern ausprobierten konnten wir nur durch ständige Hilfestellungen das Programm beschleunigen. Einige Punkte waren dabei für die Schüler und Schülerinnen (wir fragten sie danach) sehr interessant andere weniger. Positiv bewertet wurden der Geruchstest und das Brennnesselexperiment. Als nicht so interessant wurden die beiden anderen Arbeitsaufträge (Vergleich Stachel/Dorn und auch der Versuch mit Milchsaft des Löwenzahns funktionierte nicht wirklich) bewertet. Von dem von uns geplanten selbständigen Arbeiten mit den Arbeitsunterlagen waren die Schüler und Schülerinnen allerdings weit entfernt und nur durch unsere beständige Anleitung kamen wir im Programm voran. Für die Erkundung der Umgebung auf der Suche nach Abwehrmechanismen blieb nur mehr wenig Zeit und somit gelangte der Standortbezogene Aspekt leider sehr ins Hintertreffen. Um unser didaktisches Konzept zu verbessern und zeitlich zu Die Waffen der Pflanzen optimieren entschieden wir uns ab dem Nachmittag die Reihenfolge der einzelnen Arbeitspunkte dahingehend zu verändern, dass wir gleich nach der Einstiegsphase die Geländesuche anknüpften mit einer kurzen Zwischenbesprechung und dann ohne Arbeitsblatt den Geruchstest und das Brenneselexperiment durchzuführen. Unserer Meinung nach war dieser Aufbau auch spannender und wissenschaftlich logischer, da die Schüler und Schülerinnen ja zuerst die Pflanzen sammelten und dann untersuchten. Ähnlich waren die Rückmeldungen auch bei der abendlichen Besprechung. Die Anregung das Biokular gegen ein anderes in der zoologischen Station vorhandenes Modell mit höherer Auflösung zu tauschen verwirklichten wir prompt. Am 2. Tag behielten wir unser verändertes Konzept bei, mit Ausnahme der auf die Unterstufenklasse adaptierten Einstiegssequenz. Wir konzentrierten uns im Anfangsgespräch auf mehr anschauliche, bildhafte Vergleiche, betitelten die Abwehrmechanismen immer wieder als Waffen, stellten uns gemeinsam eine Wiese vor und überlegten welche Vorteile eine bewaffnete Pflanze ihren Artgenossen gegenüber hat (wird weniger gefressen und hat mehr Nachkommen) und ließen sie die Dornen des Kaktus berühren. Die Geländesuche funktionierte nach der kurzen Einschulung immer sehr gut und die Schüler und Schülerinnen betätigten sich mit Begeisterung als Feldforscher. Da sich unser Standort ja inmitten von Abwehrstrategien befand konnten auch immer alle Mechanismen, mit ein paar kleinen Tipps von unserer Seite entdeckt werden. Highlight war die Untersuchung der Trichome der Brennnessel und es war fast schwierig die Konzentration der 20 Sabine Chvosta & Ingrid Leidenfrost Schüler und Schülerinnen wieder vom Biokular auf ein anderes Thema zu lenken. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass für Schüler und Schülerinnen der eigenständig forschende Aspekt am spannendsten und lehrreichsten war. Ich denke, es ist unumgänglich Biologie auch im Freiland zu unterrichten und meine in dieser Lehrveranstaltung einen guten Einstieg gefunden zu haben. Viele grundlegende Lehrinhalte können ja sogar direkt vor der Haustür angesprochen werden, so finden sich Brenneseln nicht nur in der nährstoffreichen Au, sondern auch als „Kulturfolger“ am Rande jeder Hundewiese. Darüber hinaus ist natürlich eine Exkursion eine auflockernde und einprägsame Abwechslung des Schüleralltags und ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass ich vor Ort gelerntes wesentlich länger und effizienter im Gedächtnis behalten habe. Die Waffen der Pflanzen https://www.uni-hohenheim.de/www260/pdf/NFGZ%202002.pdf (Zugriff am 15.6.2010) http://www.kopernikusschule.de/WPU-WEBMikroskopie/Mikroskopie-15.htm (Zugriff am 15.6.2010) http://www.vielfaltleben.at/Folder 15.6.2010) Osterluzeifalter (Zugriff am http://de.wikipedia.org/wiki/Pflanzliche_Abwehr_von_Herbivoren (Zugriff am 15.6.2010) Literatur Campell N.(1998): Biologie, Spektrum Akademischer Verlag GmbH Heidelberg Fischer M., Oswald K., Adler W. (1994): Exkursionsflora für Österreich, Liechtenstein, Südtirol. Linz, Österreich: Land Oberösterreich, OÖ Landesmuseum. http://de.wikipedia.org/wiki/%C3%84therische_%C3%96le (Zugriff am 15.6.2010) http://www.bossert-bcs.de/biologie/waffen/index.htm (Zugriff am 15.6.2010) 21 Cornelia Gastinger & Stefan Schilcher Der Baum als Lebensraum Von der Krone bis zu den Wurzeln, über die Äste und den Stamm, was ein Baum alles bieten kann … von Cornelia Gastinger und Stefan Schilcher Fachliches Der Baum und seine Bewohner Der Baum bietet vielen Lebewesen sowohl Lebensraum als auch Nahrung. Er bietet ein buntes Mosaik an Lebenszonen. In den Baumkronen bauen die Vögel ihre Nester und nutzen die Äste als Singwarte, spannen die Spinnen ihre Fangnetze aus, suchen Eichhörnchen und Vögel nach Früchten und Raupen von blattfressenden Schmetterlingsarten. Unter der Borke und im Splintholz leben Pilze, Käfer und andere Insekten, die beispielsweise den Spechten als Nahrung dienen. Der Stamm dient den Kletterpflanzen als Lebensgrundlage. Die am Boden liegende Laubstreu wird von Millionen Insekten, Schnecken, Asseln und Pilzen befallen und zersetzt. Regenwürmer ziehen die verrotteten Pflanzenteile in das Erdreich, wo Bakterien und Pilze sie weiter aufschließen und ihre Nährstoffe freisetzen. Auch alte hohle Bäume Baum als Lebensraum dienen verschiedenen Tieren als Wohnstätte und totes morsches Holz wird von vielen Lebewesen bewohnt und zersetzt. Es folgen Beschreibungen der von uns ausgewählten Tiere und Pflanzen, die wir im Zuge der zoologischen Station Marchegg den Schülern näher gebracht haben… Vögel Die Gesänge der Vögel sind aus einem Wald nicht wegzudenken. Amsel, Drossel, Fink und Star und die ganze Vogelschar zwitschern fröhlich auf den Ästen der Bäume zur Kommunikation, zum Anlocken der Partner oder zur Markierung ihres Reviers. Weibchen erhalten durch den Gesang des Männchens Hinweise auf Leistungsfähigkeit und Gesundheitszustand des Bewerbers. Jedes Jahr kommen an die 100 Störche in die Marchauen um zu nisten. Im Naturschutzgebiet Marchauen gibt es sehr viele Anlaufstellen für die Störche um ihre riesigen Nester zu bauen. Feldsperlinge nisten in den Nestern von Störchen, Reihern oder Adlern und nutzen die abschreckende Wirkung dieser großen Vögel auf ihre Räuber. Auch die Spechte sind auf den Bäumen zu finden. Allerdings picken sie mit ihren Spitzen Schnäbel Insekten aus der Baumrinde bzw. Borke oder aus morschem Holz. Sie klettern förmlich Baumstämme 22 Cornelia Gastinger & Stefan Schilcher hinauf und suchen sich hohle Stellen, wo sie mit ihren Schnäbeln die Stämme abklopfen. Borkenkäfer Die Borkenkäfer spielen durch ihre Funktion als Primärkonsumenten bzw. Destruenten eine wichtige Rolle im Ökosystem Wald. In Europa gibt es ca. 150 Arten, davon sind etwa 95 heimisch. Die Tiere sind kleine bis mittelgroße, etwa 1 bis 9 mm lange, dunkelbraune oder auch schwarze Käfer. Sie sind sehr gute Flieger und schwärmen teilweise im Frühjahr (März/April) bzw. im Gebirge erst im Mai aus. Je nach Lebensraum wird zwischen Rindenbrütern (Rinde/Splint) und Holzbrütern (Holzkörper) unter-schieden. Die Rindenbrüter sind gefürchtete Schädlinge der Holzindustrie da sich ihre Larven durch die Rinde des Baumes fressen und dadurch ein Absterben des Stammes bewirken. Besondere Nadelholzschädlinge sind die Buchdrucker (Ips typographus) sowie die Kupferstecher (Pityogenes chalcographus) in Fichtenwäldern. Einige der oben genannten Arten neigen nach trockenen und warmen Jahren zur Massenvermehrung, und sind einmal in den Wald eingebracht, nur mehr durch Schlägerung der Bäume und Verbrennung des Holzes zu bekämpfen. Für den Wald ist es daher wichtig auf natürliche Weise hemmend auf die Entwicklung der Borkenkäfer einzuwirken. Es ist Baum als Lebensraum daher notwendig auf einen artenreichen Baumbestand zu achten, da Monokulturen die Ausbreitung der Käfer nur fördern würde, sowie erkrankte Bäume in forstlich angelegten Monokulturen frühzeitig aus dem Baumbestand zu entfernen um die anderen Bäume zu schützen und eine weitere großflächige Verbreitung zu verhindern. Schnecken Sehr häufig vertreten in den Marchegger Auen sind die Weinbergschnecken, die Spanischen Wegschnecken und die Leopardenschnecken. Die Bedeutung der Bäume für Schnecken zeigt sich dahingehend, dass Schnecken diese als Schutz vor dem Hochwasser beispielsweise aufsuchen. Moose Aufsitzerpflanzen (Epiphyten): Wo Wuchsraum am Boden begrenzt oder zu schattig ist, wachsen die Epiphyten wie das Moos (aber auch Farne) auf Bäumen oder anderen pflanzlichen Trägern, ohne diesen unmittelbar zu schaden. Die Moospflanzen gehören zu den Sporenpflanzen mit rund 16.000 Arten und werden in zwei Klassen unterteilt, erstens die Laubmoose und zweitens die Lebermoose. Sie sind auf dem Land, in Form eines Polsters wachsende nur wenige Zentimeter hohe grüne Pflanzen. Sie besitzen die erstaunliche Fähigkeit sich ausschließlich von anorganischen Stoffen zu ernähren. Weiteres haben Moose 23 Cornelia Gastinger & Stefan Schilcher wurzelähnliche Organe, die Rhizoiden, mit denen sie sich auf ihrer Unterlage, z.B. an den Bäumen, verankern. Als eine der einfachsten Landpflanzen besitzen die Moose einen Generationswechsel. Für die geschlechtliche Fortpflanzung der Moose ist Wasser unbedingt erforderlich, daher auch der meist feuchte Lebensraum. Die Moosdecke an den Bäumen und im Wald spielt für den Wasserhaushalt einer Landschaft eine wichtige Rolle. Durch ein großes Wasserrückhaltevermögen wirken sie ausgleichend zwischen den Regenfällen und der Verdunstung, sind somit förderlich für das Klima des Waldes. Moose siedeln sich an sehr feuchten und sonnenreichen Stellen an. An schief gewachsenen Bäumen findet man Moose immer an der oben gelegenen Seite des Stammes, da dort das Wasser abrinnt und die Sonne drauf scheint. Auch auf Steinen kann man beobachten, dass sich Moose immer an der lichtreichsten Stelle befinden. Kletterpflanzen Baum als Lebensraum dem Baum Schaden zuzufügen. Es gibt krautige und verholzende Pflanzen. Die verholzenden Kletterpflanzen heißen auch Lianen. Flechten Bei den Pflanzen bieten die Flechten ein bekanntes Beispiel für Symbiose. Sie stellen eine dauerhafte enge Verbindung aus zwei Organismenarten, aus einer Alge und einem Pilz, dar. Der Pilz gibt der Flechte ihre Form, befestigt sie am Substrat und verhindert, dass die Alge durch raschen Wasserverlust austrocknet. Die Alge wiederum ernährt den Pilz mit den Produkten ihrer Photosynthese, mit den für den Pilz notwendigen Kohlenhydraten. Die Flechten scheiden besondere Substanzen ab und besiedeln alle möglichen, oft sehr lebensfeindliche Substrate, was weder der Alge noch dem Pilz allein möglich wäre. Die Vorteile für die Alge sind jedoch weniger offensichtlich und manche Arten können sogar unabhängig leben. Bei einigen Flechtensymbiosen dringt der Pilz mit Saugfortsätzen (Haustorien) in die Algenzelle ein. Diese Form der Symbiose könnte also einer parasitischen Wechselbeziehung entspringen, die die Alge schließlich zu ihrem Vorteil genutzt hat. Kletterpflanzen nutzen Baumstämme um sich dem Sonnenlicht, das im Wald am stärksten auf die Baumkrone strahlt und in die untersten Schichten des Waldes immer mehr abnimmt, zu nähern. Sie streben danach, schnell in die Höhe bzw. Länge zu wachsen als z.B. in ein Festigungsgewebe zu investieren und Stamm und Äste auszubilden. Sie „krallen“ sich mit ihren Ranken an der äußeren Rinde fest ohne 24 Cornelia Gastinger & Stefan Schilcher Auf der Rinde von Bäumen (und auf Gestein) leben unter anderem Krustenflechten. Sie sind grünlich, gelb bis grau, flach und sehr fest mit dem Untergrund verbunden. Der Begriff Symbiose bedeutet im Allgemeinen Leben in Gemeinschaft. Es handelt sich um eine zweckmäßige Verbindung, von der alle Partner profitieren. In Gemeinschaft können verschiedene Arten Fähigkeiten erlangen, die sie allein nicht besitzen. Pilze (und Misteln) Manche Pilze (und Bakterien) leben saprophytisch, d.h. sie nutzen Ausscheidungen lebender oder Überreste abgestorbener Pflanzen und Tiere. Sie bauen tote organische Substanzen ab und bilden anorganische Nährstoffe. Sie nehmen daher einen wichtigen Platz als Destruenten (Reduzenten, Zersetzer) im Ökosystem ein. Pilze leben aber auch als Parasiten (als sog. Vollschmarotzer) indem sie lebende Organismen befallen und ihnen Nährstoffe entziehen. Zahlreiche Pilze befallen lebende Pflanzen. Ihr Mycel wuchert auf der Oberfläche oder im Inneren des Wirtes. Die Hyphen dringen in die lebenden Zellen ein und entziehen ihnen dort die nötigen Stoffe. Durch diese Lebensweise schädigen sie ihren Wirt, töten ihn aber meist nicht. Diese Pilze leben also ausschließlich von fremder organischer Substanz und sind so an ihren Wirt angepasst, dass sie ohne ihn nicht leben könnten. Es sind lediglich die Fortpflanzungsorgane gut entwickelt um eine rasche und effiziente Ausbreitung der Sporen zu erreichen. Baum als Lebensraum Misteln sind sogenannte Halbschmarotzer verschiedener Bäume (z.B. Pappeln, Obstbäume, Nadelhölzer), da sie mit ihren entwickelten grünen Blättern selbst in der Lage sind Photosynthese zu betreiben und zu assimilieren. Diese parasitische Pflanze entnimmt mit besonderen Saugwurzeln, den Senkern, den leitenden Gefäßen der Bäume Wasser und Nährstoffe. Sie wird durch Vögel verbreitet, die sich von den Beeren ernähren und durch Kot die Samen auf den Bäumen verteilen. Mykorrhiza Hierbei handelt es sich um eine Symbiose zwischen den Baumwurzeln und Pilzen. Zahlreiche Pilze entwickeln sich in Verbindung mit höheren Pflanzen und bilden eine Pilzwurzel. Bei vielen Waldbäumen sind Wurzelenden der obersten Bodenschicht, welche sehr humusreich aber nährsalzarm ist, von einem Filz von Pilzfäden umgeben. Der Pilz legt sich entweder wie ein Mantel um die Wurzel, dann spricht man von ektotropher Mykorrhiza, wie es bei Bäumen der kühlen, gemäßigten Klimazonen vorkommt, oder er dringt in die tieferen Schichten ein, lebt im Inneren der Wurzel und entsendet lange Zellfäden in die Umgebung, dann spricht man von endotropher Mykorrhiza (z.B. bei Orchideen und Heidekrautgewächsen). Pilzfäden dringen also auch in die Wurzeln 25 Cornelia Gastinger & Stefan Schilcher ein, ersetzen somit an diesen Stellen die Wurzelhaare und übernehmen ihre Aufgabe. Der Pilz erhält organische Nährstoffe (Kohlenhydrate) aus der Wurzel und versorgt seinerseits den Baum mit Wasser und Mineralstoffe. Zudem vergrößert er erheblich die Austauschfläche der Pflanze mit dem Boden und verbessert die Abwehr gegen Infektionskrankheiten. Mykorrhiza kann durch starke Stickstoffdüngung (z.B. durch Stickstoffoxide aus Emissionen) geschädigt werden. Totholz als Lebensraum für viele Lebewesen Totholz ist ein charakteristisches Merkmal natürlicher Wälder. Es handelt sich hierbei um abgestorbene Bäume oder Teile davon. Dieses morsche Holz zersetzt sich relativ rasch und hat eine große Bedeutung für den Lebensraum und das Ökosystem Wald. Je mehr Totholz vorhanden ist, desto artenreicher ist der Wald. Rund ein Fünftel aller Waldtiere, auch über 2500 Pilzarten, eine unbestimmte Anzahl an Pflanzen, Flechten, Bakterien und Algen hängen in irgendeiner Weise vom Totholz ab. Die Totholzbestände sind jedoch in den vergangenen Jahrzehnten immer mehr zurückgegangen. Die Menge an totem Holz hängt von der Wüchsigkeit des Standortes, der Baum als Lebensraum Zersetzungsgeschwindigkeit des Holzes und von der Bewirtschaftungsform ab. In unseren mitteleuropäischen Wirtschaftswäldern gibt es nur wenig Totholz-Bestand mit etwa 5-10 m³ pro Hektar. Im Vergleich gibt es in alten Waldbeständen bis zu 400 m³ pro Hektar davon. Der Rückgang lässt sich dadurch erklären, dass Holz früher in jeder Form als wichtiger Energieträger zum Kochen und Heizen verwendet wurde. Durch tiefe Holzpreise und häufig unrentable Forstwirtschaft steigen die Totholz-Bestände wieder an. Zerfallsprozess von Totholz Zuerst beginnt sich die Borke durch fortschreitenden Befall vom Stamm zu lösen. Weiteres befallen verschiedene Insektenarten (wie Käfer, Fliegen, Mücken, Holzwespen und Ameisen) Spinnen, Steinläufer, Schnurfüßer und Schnecken, das Holz. Der äußere Teil des Holzkörpers (Bast und Splint) wird von Pilzen und Bakterien schnell abgebaut. Aus diesem Grund ist dieser Bereich des Totholzes entsprechend kurzlebig. Anschließend wird der innere Holzkörper von Pilzen durchdrungen, die das Kernholz für viele Insektenarten interessant machen. Die große Insektenvielfalt lockt wiederum Räuber an (z.B. Spechte). Mit zunehmender Zersetzung wird das Holz allmählich zu Mulm umgewandelt. So kann es von Asseln und Würmern besiedelt werden. 26 Cornelia Gastinger & Stefan Schilcher Totholz bietet zahlreichen Tierarten Unterschlupf, Deckung, Schlafplatz, Überwinterungsort und Brutgelegenheit. Diese Tiere sind nicht direkt am Abbau beteiligt. Die kleine Waldameise siedelt ausschließlich in Totholz. In ihren Kolonien leben wiederum 20 spezialisierte Käferarten. Grabwespen und Wildbienen bringen ihre Brut in vermoderten Stämmen unter. In gut durchfeuchteten Stammteilen finden Molche, Salamander, Frösche, Kröten und Schnecken Unterschlupf. Greifvögel nutzen Dürrständer als Ansitz für die Jagd. In den Wänden alter Höhlen von Spechten leben die am meisten gefährdeten Großinsekten Mitteleuropas. Auch Säugetiere, besonders Siebenschläfer und Fledermausarten, sind auf Baumhöhlen angewiesen. Steinläufer Steinläufer sind harmlose Gliederfüßer (Arthropoda) und gehören der Ordnung der Hundertfüßer (Chilopoda) an. Sie leben unter Steinen, Laubstreu, Borken und in morschem (Tot-)Holz. Sie ähneln kleinen Riesenläufern, doch sie haben nur 15 Beinpaare. Die Augen sind aus mehreren punktförmigen Einzelaugen (Ocellen) zusammengesetzt. Die häufigste Art in Europa Lithobius forficatus wird 3 cm lang und ernährt sich räuberisch von Asseln, Insekten und Würmern. Dieses Tier besitzt auch giftige Stacheln sowie Drüsenporen, aus denen ein Wehrsekret abgegeben werden kann. Baum als Lebensraum Schnurfüßer Die Schnurfüßer (Julidae) sind Doppelfüßer (Diplopoda) mit einem zylindrischen Körper. Sie besitzen ringförmige Segmente, die ersten drei Ringe tragen jeweils nur ein Beinpaar, die restlichen Körperringe tragen je zwei Beinpaare. Es werden maximal 130 Beinpaare gebildet, 1000 Füße hat jedoch kein Vertreter dieser Familie. Werden diese Tiere gestört, dann rollen sie sich zu einer Kugel zusammen. Schnurfüßer besitzen an den Seiten liegende Drüsen und können ein giftiges, übel riechendes Sekret zur Abwehr ausscheiden. Sie sind wichtig für unsere Böden, ernähren sich von Laubstreu, totem Holz und Pilzen und sind dadurch wesentlich an der Bildung von Humus beteiligt. Durch ihren Körperbau und die daraus resultierende Art der Fortbewegung, wie sie sich durch den Untergrund fressen, werden sie auch „Bulldozer“ genannt. Sie werden sogar mehrere Jahre alt. Asseln Diese Tiere gehören zur Klasse der Höheren Krebse und unterscheiden sich nicht nur im Aussehen von den „klassischen“ Krebsen, sondern entwickeln sich im Gegensatz ohne Metamorphose, wodurch die Jungen früh den Erwachsenen ähneln. 27 Cornelia Gastinger & Stefan Schilcher Die Ordnung der Asseln (Isopoda) zeigt sehr unterschiedliche Lebensweisen und weist eine große Artenvielfalt (ca. 10.000 Arten) auf. Asseln sind grundsätzlich Pflanzenfresser und ernähren sich von Laub, Pilzen und anderen abgestorbenen Pflanzenresten. Auch diese Tiere sind nützliche Humusbildner. Man findet sie hinter Regalen, unter Blumentöpfen und Steinen, im Allgemeinen an feuchten Stellen, so auch in Totholz. Asseln haben also das Wasser verlassen und leben nun an Land. Sie besitzen daher Kiemen. Die Kiemen sitzen an den hinteren Beinen. Insgesamt haben Asseln sieben Laufbeinpaare und ihr Körper ist vom Rücken zum Bauch abgeplattet. Ameisen Ameisen sind nicht nur im Totholz vertreten (sie siedeln lediglich darin, sind nicht am Abbau beteiligt), sondern begeben sich auf den Blättern der Bäume auf die Suche nach Blattläusen. Blattläuse wandeln nämlich Pflanzensäfte in nährstoffreichen Honigtau (Zucker) um und werden deshalb oft von Ameisen aufgesucht. Manche Ameisenarten steuern die Honigtauabgabe selbst (durch Melken der Blattläuse) oder leben mit den Blattläusen zusammen und verteidigen sie gegen Feinde. Laufkäfer Die Familie der Laufkäfer (Carabidae) umfasst ca. 600 heimische Arten, weltweit sind es rund 25.000. Das Erscheinungsbild der Käfer ist gestreckt mit dunkler, oft Baum als Lebensraum metallisch glänzender Körperfärbung mit langen Laufbeinen, die einer schnellen Fortbewegung dienen. Die meisten Arten leben räuberisch, manche von ihnen können bei Gefahr aus der Hinterleibsdrüse ein stinkendes Sekret absondern um sich gegen ihre Fressfeinde zu wehren. Die sehr schnellen Käfer sind meistens nachtaktiv und halten sich tagsüber unter Rinden, Steinen, Laub oder im Totholz verborgen. Sowohl die Larven als auch die Käfer ernähren sich von lebenden Insekten sowie von Schnecken und Würmern. Nur sehr wenige Arten leben von Aas oder Pflanzen. Kleinere Arten der Laufkäufer können auch in die Gänge der Borkenkäfer eindringen und deren Larven fressen. Aus diesem Grund besitzt der Laufkäfer einen hohen Stellenwert als natürlicher Feind des Borkenkäfers und sorgt somit für das natürliche Gleichgewicht im Wald. Weiß- und Braunfäule Bei der Weiß- und Braunfäule handelt es sich um verschiedene Arten der Holzfäule. Mit Hilfe diverser Pilze werden die unterschiedlichen Holzsubstanzen abgebaut. Bei der Weißfäule wird vom Pilz der Ligninanteil und die Cellulose im Holz angegriffen und zerstört. Dieser Prozess kann schon am lebenden Stamm auftreten, meist jedoch ist er am Totholz zu finden. Bedingt durch eine zwingend hohe Holzfeuchte ist das 28 Cornelia Gastinger & Stefan Schilcher Baum als Lebensraum Erscheinungsbild der Weißfäule eine weißliche Zerfaserung des Holzes. Bei der Braunfäule wiederum wird vom Pilz die Zellulose im Holz angegriffen und zersetzt. Dieser Prozess benötigt nicht die gleich hohe Holzfeuchtigkeit wie bei der Weißfäule, bewirkt aber durch die Zersetzung des Hauptbestandteils des Holzes, dass dieser seine Festigkeit und Tragfähigkeit verliert und in würfeligem Bruch zerfällt. Die bräunliche Farbe entsteht durch die weitgehende Erhaltung des Lignins bei der Zersetzung durch die Braunfäule. Die beiden Holzfäulnisarten besitzen eine große Bedeutung für den Baum in seiner „dritten Dimension“ als Totholz. Denn diese beiden Fäulnisarten sowie Kleinstlebewesen sorgen als Destruenten dafür, dass der Baum zersetzt wird und in den Nährstoffkreislauf übergeht. 29 Cornelia Gastinger & Stefan Schilcher Baum als Lebensraum Didaktik In der Kürze liegt die Würze, in der Prägnanz die Akzeptanz Didaktische Reduktion Als wir das Thema „Der Baum als Lebensraum“ per Zufall zugewiesen bekommen haben, mussten wir uns von Grund auf überlegen wie wir den Schülern dieses Thema erlebnisreich und praxisnah näher bringen konnten. Der erste Gedanke von uns war, dass wir unser Thema womöglich nicht spannend genug rüber bringen konnten, da wir den Schülern weder heiß begehrte Amphibien noch Reptilien als Anschauungsobjekte präsentieren konnten. Jener Gedanke verschwandt jedoch als wir uns näher mit diesem Themenbereich auseinandergesetzt hatten und durch viele Tipps und Hinweise seitens der Professoren ein Grundkonzept entwickelten. Uns war klar, dass es Schülern darum geht, dass sie Dinge selbst erkunden und anfassen können. Unser erster Anlauf erwies sich allerdings als zu theoretisch. Wir bereiteten eine fundierte theoretische Grundlage vor, welche wir den Schülern vermitteln wollten. Nach erstem Feedback des Kollegiums wurde uns bewusst, dass unsere biologische Station Marchegg kein Klassenzimmer sein sollte. Wir entwickelten ein neues Konzept um die Praxis komplett in den Vordergrund zu rücken und die Schüler 30 Cornelia Gastinger & Stefan Schilcher selbst die Natur entdecken zu lassen, um die uns umgebende Natur wirklich zu nutzen. Nach jedem Stationsbesuch nahmen wir das Feedback seitens des Beobachters sehr ernst und versuchten gleich sowohl den Ablauf als auch den zu vermittelnden Inhalt anzupassen. Von Mal zu Mal gelang es uns die Station zu verbessern und den Schülern ein erlebnisorientiertes Forschen zu bieten. Bis es schlussendlich dazu kam, dass es etwas chaotisch zuging, was in diesem Fall durchaus didaktisch wertvoll war. Das von uns durchdachte Konzept wurde nicht nur durch unsere Anpassungen und Verbesserungen verändert, sondern auch durch Baum als Lebensraum spontane Schülerreaktionen auf das ökologische Umfeld unserer Station beeinflusst. So war es von unserer Seite notwendig auf diese Interessensblitze der Schüler (Bsp.: Plötzlich sprang ein Frosch in den kleinen Tümpel neben unserer Station) einzugehen und nicht einfach zu ignorieren und nach Plan zwanghaft vorzugehen. Selbst unseren ersten gut ausgewählten Standort entlang der March mussten wir kurzfristig aufgrund des steigenden Hochwasserstandes in die Nähe des Hauses verlegen. Durch Flexibilität konnten wir das Beste aus unserem neuen Standort herausholen und auch dort genügend Anschauungsmaterial organisieren. Wir fanden zahlreiche mit Moos bewachsene Bäume, Flechten, Baumschwämme, Lianen und Kletterpflanzen sowie einen Totholzstamm vor. Lehrziele Uns als Lehrende war es wichtig, dass die Schüler Erkenntnisse über zentrale biologische Prinzipien und Zusammenhänge erwerben, sowie Kreisläufe und Abhängigkeiten der Natur begreifen. Weiteres sollen die Schüler die Abhängigkeit des Menschen von der Natur begreifen lernen und dadurch nachhaltiges Denken und Handeln zum Schutz unserer Lebensgrundlage gefördert werden. Ein weiteres Lehrziel ist der Erwerb eines biologischen Grundverständnisses und das Erkennen naturwissenschaftlicher Normen und Werte sowie das Übernehmen von Verantwortung. Es soll die soziale Kompetenz gefördert werden, indem die Schüler den Wald als Team entdecken. Außerdem soll Wissenschaftskompetenz 31 Cornelia Gastinger & Stefan Schilcher erworben werden, indem sie an erstes wissenschaftliches Denken durch praktische wissenschaftliche Methoden herangeführt werden. Methoden Unser erstes Grundkonzept sah den Ablauf unserer Station „Der Baum als Lebensraum“ wie folgt vor: Einführend betrachteten wir zusammen mit den Schülern die Stockwerke des Waldes. Wir tasteten uns von oben nach unten heran und besprachen die Tiere und Pflanzen der einzelnen Stockwerke. Ein selbst erstelltes Vogelquiz soll ein paar Vögel der Au charakterisieren. Darauf Bezug nehmend sollten die Schüler überlegen welche Rolle der Baum für die Vögel spielt. Nach diesem kleinen Einstieg verteilten wir Arbeitsblätter, welche mit vielen Fachbegriffen wie Symbiose, Saprophyten, Parasiten, Mykorrhiza usw. bestückt waren. Es stellte sich schnell heraus, dass diese mit Widerwillen seitens der Schüler bearbeitet wurden. Im ersten Durchlauf erklärten wir Baum als Lebensraum ihnen anhand von Anschauungsmaterial eines Mooses und Fraßspuren von Borkenkäfern wie diese den Baum nutzen. Diese Veranschaulichung war sehr durch Frontalunterricht geprägt und ähnelte eher dem Unterricht im Klassenzimmer, als dass erforschendes Lernen und Entdecken der Schüler berücksichtigt wurde. Das Beispiel für Flechten wurde den Schülern mehr oder weniger von uns auf dem Tablett serviert anstatt sie es selbst finden zu lassen. Unsere ersten praktischen Versuche waren die Betrachtungen der Fäulnisarten am Totholz. Nach dem ersten detailierten Feedback durch den Beobachter, begannen wir sukzessiv unser Grundkonzept umzustellen, indem wir von Gruppe zu Gruppe bestimmte Punkte (z.B. die Arbeitsblätter oder das Vogelquiz) wegfallen ließen und an dieser Stelle die Schüler und die Praxis immer mehr in den Vordergrund stellten. Dieser stetig voranschreitende Prozess ging soweit, dass wir am zweiten Tag des Stationenbetriebs unser geplantes Konzept komplett verwarfen und aufbauend auf die ausführliche Feedbackrunde ein neues Konzept erstellten. Dieses Konzept war sogar für uns so neu, dass wir selbst gespannt waren welche Veränderungen wir seitens der Schüler zu erwarten hatten. Schließlich gelang es uns in den letzten beiden Durchgängen eine rein praxis- und schülerorientierte Station mitten in der Natur zu gestalten. Wir begannen zunächst mit den Schülern den Vogelgesängen im Wald zu lauschen und führten sie an die einzelnen Lebenszonen eines Baumes heran. Wir ließen die Schüler nicht einmal mehr hinsetzen, da sie auf diese Weise schnell ermüdeten und gelangweilt erschienen. 32 Cornelia Gastinger & Stefan Schilcher Außerdem sollte dadurch die Klassenzimmer-Atmosphäre durchbrochen werden. Die Schüler durften von Beginn an alles anfassen und ertasten, was schnell großes Interesse in ihnen weckte. So gingen wir weiter zum Moos, zu den Kletterpflanzen und zum Totholz, welches sie zertreten und durchwühlen durften. Dies löste selbst bei etwas zurückgehaltenen Schülern Euphorie aus. Diese Euphorie nutzten wir, um den Schülern das Totholz als Lebensraum näher zu bringen. Sie durften auch selbst Tiere einfangen und diese in einem Lupenglas beobachten. Der Spaßfaktor insgesamt war sehr groß und wir hatten den Eindruck, dass wir es geschafft haben, den Baum als Lebensraum zu vermitteln. Reflexion: Was hat geklappt, was hat nicht geklappt? Durch den ersten Schock über den Unwillen der Schüler, unser Arbeitsblatt zu bearbeiten war uns schnell klar, dass wir dieses nicht weiter einsetzen werden. Auch das Vogelquiz kam nicht so gut an, wie wir uns das vorgestellt hatten und ließen es mit der Zeit dann auch weg. Den Zwang die Kinder wie im Klassenzimmer zu unterrichten legten wir schnell ab, denn Langeweile war den Schülern aufs Gesicht geschrieben. Überraschender Weise kam auch das Binokular nicht allzugut an, wobei man dazu sagen muss, dass von uns nicht immer darauf eingegangen wurde. Das Totholz einfach als totes, morsches Holz zu präsentieren stellte die Schüler nicht zufrieden und wurde mit Kopfnicken quittiert. Durch die radikale Umstellung unseres Konzepts brachten wir die Praxis nach und nach Baum als Lebensraum ein. Die Schüler nahmen dies sehr positiv auf und gaben uns das Gefühl als hätten sie Spaß daran. Das Moos anzugreifen, die Lianen vom Baumstamm zu lösen, die Flechten selbst im Wald zu entdecken, auf das Totholz einzutreten und es zu durchwühlen, Tiere darin zu finden sowie faulendes Holz mit der Hand zu zerbröckeln war für sie ein Erlebnis und brachte uns die Bestätigung, dass unser neues Konzept ein Erfolg war und eine Weiterentwicklung unsererseits bedeutete. Kurzes Resümee „Unsere Station in Marchegg wirkte anfangs auf die Schüler wie das Verhalten der Würfelnatter, zuerst versuchten sie sich tot zu stellen, zeigten wenig Reaktion und waren desinteressiert. Es gelang uns durch den Praxisschwerpunkt die Schüler für uns zu gewinnen, sodass sie sich nicht mehr in Abwehrhaltung begeben mussten.“ 33 Cornelia Gastinger & Stefan Schilcher Baum als Lebensraum Literatur Bücher: Bayrhuber H., U. Kull (hrsg.), 2002, Linder Biologie 1, Wien: E. Dorner GmbH. Campbell N.A., J.B. Reece, 2009, Biologie, München: Pearson Studium. Websites: http://www.chili-balkon.de/viecher/julidae.htm Zugriff am 15.06.2010 http://www.hausgarten.net/gartenpflege/schaedlingekrankheiten/asseln.html Zugriff am 16.06.2010 Harde W., E. Möhn (überarb. u. erw.), 1992, Der Kosmos Käferführer, Wien: Buchgemeinschaft Donauland. k.A., 2002, Die große La Rousse Natur Enzyklopädie, Bindlach: Gondrom Verlag GmbH. Sitte P., E.W. Weiler, 2002, Straßburger – Lehrbuch der Botanik für Hochschulen, Berlin: Spektrum-Akademischer Verlag. http://www.sdw-nrw.de/infos/lebensraumbaum.htm Zugriff am 17.07.2010 http://www.waldwissen.net/themen/waldoekologie/waldoeko systeme/wsl_lebensraum_totholz_DE Zugriff am 16.06.2010 Stinglwagner G., u.a., 2005, Das Kosmos Wald- und Forstlexikon, Stuttgart: Frankh-Kosmos-Verlag. Svensson L., Ch. Barthel (Übers.), 1999, Der neue KosmosVogelführer, Stuttgart: Kosmos-Naturführer. Zahradnik J., 2002, Der Kosmos Insektenführer, Stuttgart: Kosmos Naturklassiker. 34 Cornelia Gastinger & Stefan Schilcher Baum als Lebensraum Bildquellen Fachliches Comic-Baum: http://www.schulbilder.org/baum-t13951.jpg Storch: http://www.picswiss.ch/Vogel/storch2.jpg Borkenkäferlarven: http://www.natur-umtriberg.de/Bilder/Insekten/BorkenkaeferLarve8151.jpg Leopardenschnecke: http://www.insektenfotos.de/Limax%20maximus%20%28Le opardenschnecke%29_011.jpg Moos: http://www.hicker.de/data/media/164/alterbaum_10265.jpg Flechte: http://www.pilzepilze.de/extern/roswitha/Flechte_gelb.jpg Mykorrhiza: http://www.waldwissen.net/themen/waldoekologie/pilze_flec hten/wsl_mykorrhiza_lebensgemeinschaft_wurzel.jpg Totholz: http://www3.lanuv.nrw.de/static/infosysteme/naturerlebnisfu ehrer/frames/herten/image/01_2_6a_totholz.jpg Steinläufer: http://www.natur.winterthur.ch/upload/pict/n_steinlaeufer.jpg Schnurfüßer: http://tolweb.org/onlinecontributors/app?page=ViewImageData&ser vice=external&sp=33466 Asseln: http://www.schilditreff.de/archives/asseln.jpg Laufkäfer: http://home.arcor.de/bjoern.doering/digifotos/macro_bjodo/Laufkaefer.jpg Weißfäule: http://www.waechtershaeuser.de/baum/botanik/image/weissf.jpg Braunfäule: http://www.pariseksaniert.de/holzschutz/holzschaedlinge/pflanzlich/bilder/braunfaeule_ klein_1.jpg Didaktik Stationsplatz: eigenes Foto Baumstamm mit Moos: eigenes Foto 35 Marlene Hölzl & Elisabeth Hannesschläger von Marlene Hölzl & Elisabeth Hannesschläger Fachliches Der Baum Ein Baum ist nicht eine isolierte, für sich stehende, einzelne Pflanze, sondern erweist sich bei genauerer Betrachtung als ganzer Lebensraum für viele weitere Pflanzen, Pilze und Tiere. So steht nicht nur der Baum in Beziehung zu seiner Umgebung, sondern auch auf und in dem Baum selbst gibt es ein komplexes Geflecht von Lebensgemeinschaften. Nicht nur die Wuchsform von Bäumen spielt eine große Rolle für diese Lebensgemeinschaften (3-dimensional; bietet eine völlig neue Perspektive), sondern auch die 4. Dimension – die Zeit – ist ein Lebensraum Baum entscheidender Faktor. Totholz ist ebenfalls ein wichtiger Lebensraum für unzählige weitere Lebewesen. In unserem speziellen Fall handelte es sich bei unserem Baum um eine Silberweide (Salix alba) – ein typischer Baum der sogenannten „weichen Au“. Als Bewohner der Au weist die Weide einige Anpassungen an diesen Lebensraum auf: Sie ist schnellwüchsig, ihr Holz ist weich und die Äste besonders biegsam, was sie bei regelmäßigen Überschwemmungen vor zu großem Schaden bewahrt. Sollte dennoch einer der Äste abbrechen, ist dieser Steckling sofort wieder fähig zu wurzeln. Auf unserer Silberweide (Salix alba) vorkommenden Arten: Tiere • • • • • • • • • Schaumzikadenlarven (Aphrophoridae) Diverse Spinnen (Arachnida) Ameisen (Formicidae) Schlammfliege (Sialis sp.) (Wald)baumläufer (Certhiidae, Certhia familiaris) Kleiber (Sitta europeae) Schnirkelschnecke (Cepaea sp.) Weinbergschnecke (Helix pomatia) Teichmuschel (Anodonta) Vögel, die im Umkreis unseres Baums zu hören waren: • ZilpZalp (Phylloscopus collybita) 36 Marlene Hölzl & Elisabeth Hannesschläger • • • • • • Buntspecht (Dendrocopos major) Pirol (Oriolus oriolus) Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla) Kohlmeise (Parus major) Blaumeise (Parus caeruleus) Kuckuck (Cuculus canorus) Pflanzen: • • • • Mistel (Viscum album) Brennnessel (Urtica dioica) Kletten-Labkraut (Galium aparine) Junge Esche (Fraxinus sp.) Lebensraum Baum • • Gelbe Krustenflechte/verschiedene Flechten (Lichen) Moose Pilze: • Baumschwamm (Fomitopsidaceae) (Lebens-)Spuren: • Spechtlöcher • Geöffnete Walnußschale • Fischschuppen Markante Arten in der Nähe unseres Baumes: Tiere: • • Gelsen!! (Culicidae) Aufgedunsener Güster bjoerkna) (Blicca Pflanzen: • Sommerknotenblume aestivum) (Leucojum Pilze: • Getigerter Sägeblättling (Lentinus tigrinus) 37 Marlene Hölzl & Elisabeth Hannesschläger Pflanzen, die von uns näher behandelt wurden: Mistel (Viscum album, Santalaceae) Allgemein Misteln sind immergrüne Halbschmarotzer, die auf Bäumen oder Sträuchern leben. Ein Halbschmarotzer ist eine parasitische Blütenpflanze, die ihren Wirtspflanzen mit Hilfe spezieller Saugorgane (Haustorien) Wasser und Nährsalze entzieht. Im Gegensatz zu Vollschmarotzern besitzen sie die Fähigkeit, Photosynthese zu betreiben. Sie können die den Wirten entnommenen Stoffe selbst zu organischen Kohlenstoffverbindungen weiterverarbeiten. Es werden drei äußerlich verschiedenen Unterarten unterschieden, die ganz unterschiedliche Wirtsansprüche haben. Die häufigste wächst auf verschiedenen Laubgehölzen, die zweite ist auf Nadelgehölzen der Gattung Pinus (Kiefer) zu Hause und die letzte hat sich auf die Gattung Abies (Tanne) spezialisiert. Äußeres Erscheinungsbild Misteln können bis zu einem Meter groß werden. Die Blätter sind 35 cm lang, gegenständig, lederig zum Grund verschmälert. Die Zweige der Mistel sind ebenso, wie die Blätter grünlich gefärbt. Die Pflanze ist zweihäusig und blüht zwischen März und April. Die Blüten sind gelblich, meist vierzählig geknäuelt und sitzend. Die Lebensraum Baum Früchte sind weiße - gelbliche, etwa erbsengroße Beeren mit einem Samen im klebrigen Fleisch, die erst während des Winters heranreifen. Verbreitung Verbreitet werden Misteln von Vögeln (Endozoochorie). Diese fressen die klebrigen Beeren und scheiden die unverdauten Samen gemeinsam mit dem Kot und Resten des klebrigen Nährgewebes wieder aus. Landen die Samen auf einem Baum, bilden sie eine Haftscheibe auf der Rinde aus der kurz nach der Keimung ein Saugfortsatz (Haustorium) in den Ast des Wirtes hineinwächst. Dieser entwickelt sich im Laufe der Zeit zu einer Primärwurzel und im folgenden Jahr zu Senkerwurzeln, die bis in das Leitungsgewebe des Wirtes eindringen. Damit stellt der Keimling sein Wachstum für das laufende Jahr ein. Erst im darauf folgenden Jahr treiben die ersten Blätter der Mistel aus. Bis dahin hat sie auch die Versorgungsbahnen des Baumes angezapft. Der Baum versucht den Parasiten zu überwallen, wodurch sich die Äste verdicken. Nach fünf Jahren blüht die Mistel das erste Mal. Männliche und weibliche Blüten sind auf unterschiedlichen Pflanzen zu finden. Nur aus den weiblichen Blüten bilden sich später die weißen Früchte. Dies erklärt, warum auch Mistelkugeln ohne Beeren vorkommen. Mythologie Um die Mistel ranken sich viele Mythen. Als Zutat des berühmten Zaubertrankes im Comic „Asterix und Obelix“, der den Galliern unbeschreibliche Kräfte verlieh, ist die Mistel beinahe jedem ein Begriff. 38 Marlene Hölzl & Elisabeth Hannesschläger Der wissenschaftliche Name „Viscum Album“ bedeutet übersetzt soviel wie „Vogelleim“. Schon die alten Römer verwendeten die klebrigen Beeren, um Leim herzustellen. Leider wurde (wird!) dieser Leim auch für den Vogelfang eingesetzt. Durch ihre immergrünen Blätter, stellt die Mistel ein Symbol der Ewigkeit dar. Flechten Flechten sind Doppelorganismen, die aus einer Pilz- und einer Algenart aufgebaut sind. Der Pilz und die Alge bilden eine Lebensgemeinschaft, die sehr empfindlich auf schädliche Einflüsse reagiert, da sie Wasser und Nährstoffe direkt aus der Luft über die Oberfläche aufnimmt. Dies ist der Grund dafür, warum Flechten als Bioindikatoren für Luftverschmutzung herangezogen werden können. Von den Pilzen können Flechten in der Regel durch die Langlebigkeit der Fruchtkörper und die Existenz eines dauernd sichtbaren „Körpers“, eines so genannten Lagers, unterschieden werden. Von den Moosen weichen sie gewöhnlich durch das Fehlen frischer grüner Farbtöne und von Sporenkapseln ab. Die Farben von Flechten reichen von weiß über leuchtendes Gelb, tiefrot, olivgrün, braun bis zu tiefschwarz. Die Pilzkomponente der Flechten besteht meist aus einem Ascomyceten. Einzellige Grünalgen oder Cyanobakterien, bilden in der Regel die phototrophen Partner. Nach der Wuchsform und der Auflagefläche des Lagers, unterscheidet man Krusten-, Laub-, Bart- u. Strauchflechten Lebensraum Baum Auf unserem Baum konnten wir Laub- und Krustenflechten entdecken, wobei die einzige von uns eindeutig identifizierte Flechte die Gewöhnliche Gelbflechte war. Gewöhnliche Gelbflechte (Xanthoria parietina) Die Gewöhnliche Gelbflechte, auch Gelbe Baumflechte genannt, ist eine gelbe bis gelborange breitlappige Laubflechte mit orangen Apothecien. Das Lager ist orangegelb bis hellgelb. Durch die großen, gelben, anliegenden Lappen ohne Sorale und die meist vorhandenen Apothecien ist sie gut erkenntlich. Die Flechte ist auf Rinden, altem Holz, Mauern und Gesteinen zu finden. Sie kann als eine der wenigen Flechten auf den verschiedensten Standorten vorkommen. Aufgrund des enthaltenen Farbstoffs Parietin, wurde die Flechte zum Gelb- und Braunfärben genutzt. Pilze Pilze bilden neben Tieren und Pflanzen ein eigenständiges Reich. Sie werden fälschlicherweise, aufgrund ihrer seßhaften Lebensweise, oftmals dem Pflanzenreich zugeordnet. Aus Untersuchungen geht jedoch hervor, dass die nächsten Verwandten der Pilze, die Tiere und nicht die Pflanzen sind. Die Zellwände der 39 Marlene Hölzl & Elisabeth Hannesschläger Pilze sind aus dem Polysaccharid Chitin aufgebaut, dass sich auch im Außenskelett von Insekten befindet. Pilze sind heterotrophe Organismen, die ihre Nahrung von organischen Nährstoffen ihrer Umgebung durch Absorption aufnehmen. Pilze besitzen keine Chloroplasten und sind daher nicht in der Lage, Photosynthese zu betreiben. Sie leben entweder sapotroph, parasitisch oder mit anderen Organismen in Symbiose. Die Basisdiomyceten, denen unter anderem die Baumschwämme angehören, zählen zu den wichtigsten Zersetzer von Holz und anderen organischen Materialien. Viele Baumschwämme leben als Parasiten an geschwächten oder geschädigten Bäumen und zersetzen das Holz weiter, wenn der Baum abgestorben ist. Getigerte Sägeblättling (Lentinus tigrinus) Der Getigerte Sägeblättling ist ein holzbewohnender Saprophyt, der auf Laubhölzern vorkommt. Häufig werden Pappel- und Weidenarten besiedelt. So wie in unserem Fall liegen die besiedelten Lebensraum Baum Bäume oftmals dicht am Wasser. Der Pilz kommt besonders häufig auf verschiedene Auwaldtypen vor, außerhalb der Auwälder kann der Getiegerte Sägeblättling in Parkanlagen, an Wegrändern und ähnlichen Standorten gefunden werden. Getigerter Sägeblättling in der Umgebung unseres Baumes Tiere Um auf einem Baum leben zu können, sind auch bei Tieren verschiedene Anpassungen nötig. Eine davon ist Flugfähigkeit womit wir bei den wohl bekanntesten Baumbewohnern, den Vögeln wären. Wir werden hier auf 2 Familien eingehen, die auch tatsächlich auf unserem Baum anzutreffen waren. (Spechtlöcher und Baumläufernest) Spechte (Picidae) Es gibt bei uns in Österreich 10 heimische Spechtarten, die mit etwas Übung relativ leicht voneinander unterschieden werden können. Der größte davon ist der Schwarzspecht, unverkennbar auf Grund seiner Größe und der schwarzen Färbung. Dann kommen die sogenannten „Bodenspechte“ Grau- und Grünspecht mit einer grüngrauen Färbung. Weiters gibt es den grau-braunen Wendehals, den Dreizehenspecht, wo die Männchen einen gelben Scheitel aufweisen und dann noch weitere 5 Spechtarten mit einer Kombination aus weiß-rot-schwarzem Gefieder (Buntspecht, Mittelspecht, Blutspecht, Kleinspecht und Weißrückenspecht). Der bekannteste 40 Marlene Hölzl & Elisabeth Hannesschläger davon ist wohl der Buntspecht (Dendrocopus major). Er läßt sich von den anderen dadurch unterscheiden, dass er der einzige ist, bei dem sich der schwarze Kreis hinter dem Auge schließt. Der Buntspecht ist der häufigste einheimische Specht, er kommt in Laub- Nadelwäldern, Streuobstwiesen, Gärten sowie Auwäldern vor. Er ist ein klassischer Höhlenbrüter – die Höhlen, die der Buntspecht zimmert dienen später auch zahlreichen anderen Höhlenbrütern. Den typischen Trommelwirbel setzt der Specht zur Revierabgrenzung ein. Nahrungssuchende Spechte legen mit ihrem kräftigen Schnabel hackend holzbewohnende Insekten und deren Larven frei, die sie dann mit der langen, klebrigen Zunge herausholen. Im Winter ernten Buntspechte Zapfen und klemmen sie in Rindenspalten ein um sie bearbeiten und sie Samen fressen zu können. Der typische „Kicks, kicks“-Ruf des Buntspechts ist grundsätzlich leicht zu erkennen. Auf unserem Baum befanden sich auf einigen abgestorbenen Ästen unzählige Spechtfraßlöcher, die von unten nicht so gut zu sehen waren. Durch das Erklettern des Baumes konnten die Schüler_innen diese jedoch gut sehen nahezu bei jeder Gruppe konnten wir auf Spechtrufe in der Umgebung hinweisen. Lebensraum Baum entdeckt sie eher auf Grund ihrer huschenden, ruckartigen Bewegungen die etwas an Mäuse erinnern. Baumläufer klettern auf der Suche nach Insekten meist spiralig Stämme und Äste empor und sich dann oben angekommen wieder zum Fuße des nächsten Baumes zu fliegen. Anders als der Kleiber, können Baumläufer nicht kopfabwärts klettern. Erst 1820 wurde entdeckt, dass es bei uns zwei Baumläufer Arten gibt. Da sich der Waldbaumläufer (Certhia familiaris) vom Gartenbaumläufer (Certhia brachydactyla) in der Zeichnung kaum unterscheidet sind die beiden im Freiland nur sehr schwer zu unterscheiden. Am besten gelingt dies über den Gesang. Baumläufer bauen ihre Nester unter abstehender Baumrinde. Auch auf unserem Baum konnten wir über die Tage hinweg immer wieder Baumläufer beobachten. Wir nehmen an, dass ein Baumläuferpaar auf unserer Weide nistete, da man ein Tier immer wieder beim Verschwinden in einem Rindenschlitz beobachten konnte. Da der Ast jedoch nicht unmittelbar bei unserer Aufstiegsstelle, sondern ein paar Meter davon entfernt war, wurden die Baumläufer zum Glück nicht allzusehr gestört. Schaumzikaden (Aphrophoridae) Baumläufer (Certhiidae) Baumläufer sind kleine, braun-weiß gefleckte Vögel mit einem spitzen, schwach nach unten gebogenen Schnabel und steifen Steuerfedern. Durch ihre gute Tarnung sind sie schwer zu sehen, man Ein weiteres Phänomen unseres Baumes, das die Schüler_innen erforschen konnten, war der ständige, leichte „Regen“ unter dem Baum. Die kleinen Tröpfchen, die man immer wieder spürte, stammten von den Larven einer Schaumzikadenart. Schaumzikaden sind meist unauffällig strohfarben, bräunlich oder schwarz gefärbt – im Gegensatz zu den Blutzikaden (Cercopidae), 41 Marlene Hölzl & Elisabeth Hannesschläger die auffallend schwarz-rot gezeichnet sind. Von den Zwergzikaden (Cicadellidae) unterscheiden sie sich durch ihre runden, wenig bedornten Hinterschienen. Ihr namensgebendes Merkmal ist, dass die Larven in selbst erzeugten Schaumhüllen, dem sogenannten „Kuckucksspeichel“, leben. Diese ernähren sich von zuckerhaltigen, jedoch wenig eiweißreichen Pflanzensäften – sie saugen deshalb eine große Menge an Pflanzensaft um ihren Eiweßbedarf zu decken und scheiden den Rest wieder aus, welcher dann von Zeit zu Zeit vom Baum tropft. Fachdidaktik Schon nach kurzer Beschäftigung mit unserem Thema wurde uns bewusst, wie komplex und umfangreich dieses ist. Ein Baum ist Lebensraum für viele Tiere, Pflanzen und Pilze. Für uns stellte sich nun die Frage, wie wir den Schüler_innen in kurzer Zeit diesen komplexen Lebensraum, so realitätsnahe wie möglich näher bringen könnten. Schon bald kamen wir auf den Gedanken, dass es für die Kinder sicher faszinierend wäre, den Baum einmal aus einer anderen Perspektive, nämlich der ihrer Bewohner_innen, erforschen zu können. Aber wie sollten wir das anstellen? Von einem Baumhaus über andere, zum Teil sehr witzige Ideen, kamen wir schlussendlich zum Entschluss, den Baum mit einem Seil und Steigklemmen, gesichert in einem Klettergurt zu erklimmen. Da Lisi als Zweitfach Bewegung und Sport studiert und Mene bereits seit längerer Zeit in einem Klettergarten arbeitet, sowie eine Ausbildung zur Sporkletterlehrerin abgeschlossen hat, waren das fachliche Hintergrundwissen und das benötigte Material für unsere Lebensraum Baum Baumkletteraktion gesichert. Nach einem Versuchsnachmittag auf den Steinhofgründen, bei dem die Umsetzung eigentlich auf Anhieb klappte, blickten wir voller Vorfreude den Tagen in Marchegg entgegen. Vor Ort machten wir uns auf die Suche nach einem geeigneten Baum. Diese Suche erwies sich als äußerst schwierig, da viele der Bäume zu dünn waren oder sich ihre Äste in unerreichbaren Höhen befanden. Außer den „technischen“ Anforderungen für den Aufbau einer optimalen und sicheren Seilstation (Richtige Höhe und richtiger Durchmesser der tragenden Äste, Möglichkeit zu redundanten Absichern des Abseilpunkts) sollte der gesuchte Baum ja zusätzlich eine gewisse Bandbreite an interessanten Details (Misteln, Fraßspuren, Vogelnester, Totholz im Umkreis...) bieten und sich nicht allzu weit weg von den anderen Stationen befinden. Wir wurden schließlich fündig: Direkt in Wassernähe stand eine wunderschöne Silberweide, die dicke, ausladende Äste hatte und in deren Mitte durch die Überschwemmungen auf einem kleinen Plateau Brennnesseln, junge Eschen und andere Pflanzen wuchsen. Weiters waren eine Menge Misteln, Baumschwämme, sowie viele verschiedene Lebens- und Fraßspuren von Tieren zu finden. In ca. 6m Höhe konnten wir eine optimale Seilstation aufbauen, die wir am ersten Abend noch getestet haben. Aufbau der Station am ersten Abend 42 Marlene Hölzl & Elisabeth Hannesschläger Lebensraum Baum Didaktische Reduktion Beschreibung der Station Im Vordergrund stand bei unserer Station „Lebensraum Baum“ das Erleben und eigenständige Erforschen. Durch eine Seilkonstruktion (Redundant gesicherter Umlenkpunkt eines Kletterseils ca. 6 m hoch im Baum, sodass die Schüler_innen an zwei Seilenden emporklettern können + ein Seil zum Ablassen in der Mitte) die von uns am Baum angebracht wurde, hatten die Schüler_innen die Möglichkeit gesichert in einem Klettergurt und mit Hilfe von Steigklemmen den Baum zu „erklettern“. Dies ermöglichte es ihnen, den Baum aus einer neuen Perspektive zu erleben, sich gedanklich in seine Bewohner_innen hineinzuversetzen, sowie Pflanzen, Pilze und Tiere zu entdecken, die vom Boden aus nicht gut zu sehen waren. Je nach Gruppengröße nutzten wir bereits den Weg zu unserer Station, mit den Kindern und Jugendlichen kurz den Lebensraum Au zu erarbeiten. Fragen wie: Was charakterisiert diesen Lebensraum, welche Bäume kommen in diesem Lebensraum vor, welche Anpassungen an diesen Lebensraum haben die Pflanzen einer Au entwickelt, standen hierbei im Vordergrund. Bei unserer Station angekommen entdeckten die Jugendlichen natürlich sofort die im Baum hängenden Seile und die Klettergurte – da uns bewusst war, dass dieser „abenteuerliche“ Aspekt unserer Station sofort ihre ganze Aufmerksamkeit auf sich ziehen würde, sind wir meist anfangs 43 Marlene Hölzl & Elisabeth Hannesschläger gleich darauf eingegangen, dass jede/r freiwillig die Möglichkeit haben wird, auf den Baum zu klettern um vorerst die Neugierde zu stillen. Danach haben wir in einer kleinen Einführung die Schüler_innen gedanklich auf das Thema „Baum als Lebensraum“ eingestimmt – wir haben beispielsweise mit ihnen über den Lebensraum Auwald gesprochen, gemeinsam festgestellt, wie biegsam die Äste der Silberweide sind oder haben ihnen eine in der Rinde steckende Muschel gezeigt. Diese gedankliche Basis, die hier anfangs geschaffen wurde, ermöglichte es den Jugendlichen dann meist schon sich eigenständig gewisse Zusammenhänge zu erklären, beispielsweise, wie die Brennnesseln und die anderen Pflanzen auf die Weide gekommen sind (Überschwemmungen). Nach dieser „Aufwärmphase“ haben wir jedem der Jugendlichen ein Clipboard mit Arbeitsblatt ausgeteilt, das wir dann kurz mit ihnen durchgesprochen haben. Weiters haben wir sie auf die verschiedenen Arbeitsmaterialien (Insektengläschen, Lupe, Ferngläser, Bestimmungsbücher, etc.) hingewiesen, bevor dann der/die Erste zum Klettern fertiggemacht wurde. Das Arbeitsblatt hatte unter anderem die Funktion, den Schüler_innen einen Leitfaden zu Verfügung zu stellen, der aber dennoch zu selbständigem Arbeiten animiert, da es für uns sehr wichtig war, absolute Sicherheit beim Klettern zu gewährleisten, und so über kurze Zeiträume beide von uns bei der Seilstation gefragt waren. Meist ist eine von uns voraus geklettert, um die Bewegung vorzuzeigen und dann die Schüler oben empfangen und auch wieder abseilen zu können, während die zweite unten die Gurte kontrollierte und noch bei den ersten Aufstiegsbewegungen mithalf. War ein/e Schüler/in oben angekommen, haben wir ein wenig Zeit zum Verschnaufen und zum Umschauen gegeben, da meist während dem Klettern selber die Umgebung kaum wahrgenommen wird. Oft Lebensraum Baum kamen dann von den Kindern selbst Anregungen für Gespräche wie „Wow, da unten im Wasser liegt ein toter Fisch – den hat man von unten gar nicht gesehen.“ Generell haben wir uns am Baum je nach Zeit und Interesse mit den Schüler_innen über die Baumbewohner und den Vorteil der veränderten Perspektive, sowie über die Spechtlöcher, die Baumschwämme, die Misteln oder die Schaumzikaden unterhalten. Oft haben wir ihnen auch eine der Fischschuppen, die wir auf dem Ast gefunden haben, in die Hand gegeben und haben sie gefragt, was sie glauben, was das ist und wie es auf den Baum gekommen ist. Während jeweils eine von uns diese Betreuung direkt am Baum unternommen hat, war die zweite am Boden unterstützend für die restlichen Jugendlichen da – 44 Marlene Hölzl & Elisabeth Hannesschläger so konnten Fragen gleich beantwortet werden bzw. den wenigen Kindern, die sich nicht auf den Baum trauten, die meisten Inhalte auch vom Boden aus vermittelt werden (wir hatten beispielsweise das Glück, eine sehr tief hängende Mistel auf unserem Baum zu haben, die sich gut für Anschauungszwecke eignete). Zum Abschluß blieb leider nur selten genug Zeit für eine ausführliche Abschlußrunde, allerdings bekam jede/r Jugendliche einen Button mit unserem Baummotiv und die Sammelkarten unserer Station, wobei sie 4 aus 8 verschiedenen ziehen durften. Eine von uns begleitete die Gruppe dann zurück zur nächsten Station wo wir in den meisten Fällen, wenn es die Zeit erlaubte, noch einen Abstecher zu den Hochwassermarken unter der Brücke machten. Lebensraum Baum Reflexion Für uns waren die Tage in Marchegg eine sehr wichtige und zugleich schöne Erfahrung. Uns wurde wieder einmal vor Augen geführt, wie sehr uns die Biologie, vor allem aber die Natur fasziniert. Die Teamarbeit und die Arbeit mit den Kindern bereitete uns große Freude. Sehr spannend fanden wir es, die unterschiedlichen Charaktere zu beobachten und uns jedes Mal auf Neue auf diese einzustellen. Manche Kinder waren quirlig, andere still und zurückhaltend, manche stellten Fragen, bei anderen hatten wir das Gefühl sie seien mit den Gedanken eher woanders. Aber nichtsdestotrotz hatte jeder dieser Charaktere etwas für sich und genau das machte die Arbeit schön und abwechslungsreich.. Die Gruppengröße der Kinder, war in Bezug auf die zur Verfügung stehende Zeit, gut gewählt. Es waren zwei Gruppen dabei, die unsere Station zu fünft besuchten, was natürlich für 45 min schon etwas knapp wurde. Im Großen und Ganzem war dies aber auch kein Problem. Wir haben unser Programm flexibel an die Gruppen angepasst. Vermutlich ist uns das so problemlos gelungen, weil wir uns kein allzu strenges Konzept zurechtgelegt hatten. Wir hatten ein grobes Konzept vorbereitet, dass wir den Kindern ohne Zwang und Druck vermitteln wollten. Dort wo es zeitmäßig möglich war, alles unterzubringen, haben wir das gemacht. In anderen Fällen ließen wir bestimmte Punkte, die uns nicht so wichtig erschienen, einfach weg. Großen Wert legten wir darauf, Dinge, die unmittelbar auf oder rund um unseren Baum passierten, aufzugreifen und zu thematisieren. Dies weckte die Aufmerksamkeit der Kinder und stellte einen unmittelbaren Bezug zum Lebensraum Baum her. 45 Marlene Hölzl & Elisabeth Hannesschläger Nun zum Wesentlichen, dem Baumklettern. Die Freude in den Augen der Kinder, die sich trauten den Baum zu erklimmen, war nicht zu übersehen. Sie strahlten über das ganze Gesicht und erzählten den Kolleg_innen voller Stolz ihre Erlebnisse. Für uns war somit ein großer Teil unseres Lehrziels erfüllt. Es war schön zu sehen, wie sehr sich die Kinder für die Natur begeistern ließen. Ein wichtiger Punkt dabei war sicherlich die Tatsache, dass wir beide von den Vorgängen und den Tieren rund um unseren Baum, vor allem aber von „unserem“ Baum selbst, der fast wie für unseren Auftrag mit Requisiten bestückt schien, erstaunt und fasziniert waren. Da Sicherheit für uns ein wichtiger Aspekt war und wir diesbezüglich ein große Verantwortung zu tragen hatten - vor allem wenn wir die Kinder am Seil umhängen mußten, um sie wieder abseilen zu können - gab es für uns einige kurze Momente der Anspannung. Aber durch die tolle Mitarbeit der Kinder, die gut abgestimmte Zusammenarbeit unter uns, höchste Konzentration und Aufmerksamkeit, konnten wir alle Situationen am und um den Baum, ohne Schwierigkeiten meistern. Eine besonders schöne Erfahrung war der Besuch einer Gruppe von gehörlosen Kindern am zweiten Tag. Trotz der Schwierigkeit der Sprachbarriere (die Gruppe hatte zwar eine Dolmetscherin, welche allerdings nicht mit auf den Baum kommen und logischerweise nur per Sichtkontakt vermitteln konnte) und der relativ großen Gruppe (5 Kinder) konnten wir es jedem Kind ermöglichen, auf den Baum zu klettern. Zwar hatte in diesem Fall auf Grund der erschwerten Kommunikationsbedingungen sicherlich die Vermittlung von einer großen Fülle an Fachwissen ein wenig zu leiden, allerdings gaben wir uns große Mühe uns auf diese speziellen Bedürfnisse einzustellen und hatten große Freude an der Arbeit mit den Lebensraum Baum gebärdensprachigen Kindern. Zusätzlich war es schön für uns zu sehen, wie begeisterungsfähig gerade diese Kinder waren und wie dankbar sie sich für unsere Bemühungen, mit ein wenig Gebärdensprachkenntnissen und wortwörtlich mit Händen und Füßen mit ihnen zu kommunizieren, zeigten. Zusammenfassung Lehrziele 1. Den Schüler_innen zu vermitteln, dass ein Baum keine einzelne, isolierte Pflanze ist, sondern ein Lebensraum in/auf dem ein komplexes Gefüge von anderen Pflanzen, Pilzen und Tieren zu finden ist. 2. Den Schüler_innen zu ermöglichen, diese Lebensgemeinschaft zu erforschen und Zusammenhänge zu erkennen. (Symbiosen, Parasitismus...) 3. Die Vermittlung von Kenntnissen über eine ausgewählte Anzahl an Arten, die auch tatsächlich auf dem Baum vorkommen und für die Schüler_innen erlebbar sind. Methode Nach einem kurzem Lehrer-Schüler Gespräch, bei dem wir versuchten, gemeinsam mit den Schüler_innen, den Lebensraum Au bzw. unseren Baum kurz zu charakterisieren, begannen wir unmittelbar mit dem Baumklettern. Die Schüler_innen, die gerade nicht zum Klettern an der Reihe waren, erhielten von uns ein 46 Marlene Hölzl & Elisabeth Hannesschläger Arbeitsblatt, mit unterschiedlichen Aufträgen. Zur Erarbeitung des Arbeitsblattes, konnten sich die Schüler_innen frei um den Baum bewegen. Wir stellten Lupen, Ferngläser, Bücher, Insektengläser und Stifte zum Lösen der Fragen zur Verfügung. Die Reihenfolge, in der die Schüler_innen die Fragen beantworten sollten, konnte von ihnen selbst gewählt werden. Uns war klar, dass es den Schüler_innen in der kurzen Zeit kaum möglich war, alle Fragen zu beantworten, deshalb war es uns ein Anliegen, sie frei wählen zu lassen. Wir wollten damit gewährleisten, dass die Schüler_innen nur jene Fragen bearbeiteten, die ihnen in diesem Zusammenhang wichtig erschienen. Ein Problem war die natürliche Reaktion der Kinder, die am Boden gearbeitet haben, immer Lebensraum Baum wieder zu den anderen Kindern beim Baumklettern hinaufzusehen und sich dadurch von ihrem Arbeitsblatt ablenken zu lassen. Wir versuchten dann die Kinder mit anderen faszinierenden Dingen rund um unseren Baum abzulenken, was uns zum Teil auch gelungen ist. Eine gute Alternative für die Kinder am Boden, wäre die Arbeit mit einem „Exhalator“ (Behältnis mit dem Insekten durch Saugen aus dem Totholz geholt werden können) gewesen, den wir für den zweiten Tag auch mit in unser Programm nehmen wollten. Leider war dieser nicht auffindbar und so behielten wir unser Konzept bei. Am zweiten Tag funktionierte jedoch alles um einiges besser - dies lag vielleicht weniger an uns, als vielmehr an der Wissbegierigkeit der 1. Klasse. Literatur Campbell, N. A. & Reece, B. J. (2003): Biologie. Spektrum Akademischer Verlag, Berlin. Harz, K. (1999): Bäume und Sträucher. Blätter, Blüten, Früchte der heimischen Arten. BLV Verlagsgesellschaft, München. Stichmann-Marny, U. & Stichmann, W. & Kretzschmar, E. (1996): Der große Kosmos Naturführer. Tiere und Pflanzen. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart. Svensson, L. & Grant, P. J. (1999): Der neue Kosmos Vogelführer. Alle Arten Europas, Nordafrikas und Vorderasiens. Franckh-Kosmos Verlag, Stuttgart. Wirth, V. & Düll R. (2000): Farbatlas Flechten und Moose. Ulmer, Stuttgart. 47 Anna Raab & Claudia Schatzer Signale im Tier- und Pflanzenreich • Landkärtchen (Araschnia levana) Gefundene Pflanzen: • Taubnessel (Lamium maculatum) • Apfel (Malus sylvestris) • Löwenzahn (Taraxatum) • Weißdorn (Crataegus laevigata) im Tier- und Pflanzenreich Funktion und Eigenschaften von Raab Anna & Claudia Schatzer Fachliches Gefundene Tiere: • Rotbauchunke (Bombina bombina) • Laubfrosch (Hyla arborea) • Marienkäfer (Coccinellidae) • Feldwespe (Polistinae) • Schwebfliege (Syrphidae) • Osterluzeifalter (Zerynthia polyxena) • Tagpfauenauge (Inachis io) • Waldbrettspiel (Pararge aegeria) • Großer Kohlweißling (Pieris brassicae) • Segelfalter (Iphiclides podalirius) • Zitronenfalter (Gonepterys rhami) Definition Signal: Ein Signal ist ein Umweltreiz. Um diesen Reiz wahrzunehmen benötigen Tiere bestimmte Rezeptoren /Einrichtungen, diese bilden eine Brücke zwischen der Umwelt und dem Organismus. Aus botanischer Sicht dienen Signale als Werbemittel um potentielle Bestäuber (Insekten, Vögel...)anzulocken. Sender-Empfänger-Prinzip: Bei dieser Art der Kommunikation ist der Sender verantwortlich für das Aussenden einer Botschaft, welche in einer bestimmten Signalform verpackt ist. Dabei muss gewährleistet sein, dass die ankommende Information vom Empfänger wahrgenommen und verstanden werden kann. Der Sinn an dieser Form der Kommunikation ist die Spezifität der beteiligten Individuen und die Sicherheit die dabei entsteht. Einteilung der Signale: • Optisch • Akustisch • Chemisch Funktion der Signale: a)Warnen 48 Anna Raab & Claudia Schatzer b)Tarnen/Täuschen c)Anlocken a) Warnen Gemeinsamkeit: rot-schwarze bzw. gelb- schwarze Färbung; immer nur in Kombination effektiv Unter Warnfarben versteht man die Kombination zwischen den Farben rot, gelb, orange mit schwarz. Rot-Schwarze Warntracht: Marienkäfer (Coccinella septempuncata) Der Marienkäfer ist durch eine auffällige rot-schwarz Pigmentierung gekennzeichnet. Er verwendet sein Muster zur Abschreckung. Bei einem Angriff durch einen Feind lässt er sich von Ästen Fallen und stellt sich tot. Dabei entlassen sie zwischen Schenkel und Schiene aus feinsten Poren Schreckblut – dabei handelt es sich um giftige Blutflüssigkeit. Rotbauchunke (Bombina bombina) Sie trägt eine Orange-Schwarze Warntracht, jedoch nicht wie der Marienkäfer auf der Oberseite, sondern auf ihrem Bauch. Von oben ist sie perfekt getarnt durch Braun-Töne, wird sie jedoch von einem Feind aufgespürt dreht sie sich auf den Rücken und präsentiert ihm ihren Rot-Schwarz gefärbten Bauch Kahnstellung Zum weiteren Schutz produzieren Unken ein Sekret, Signale im Tier- und Pflanzenreich dass Reiz- und Giftstoffe beinhaltet. Beim Menschen verursachen diese Augen- und Schleimhautirritationen. Gelb-Schwarze Warntracht: Schwebfliege (Syrphidae) Mit ihrer Färbung imitiert die Schwebfliege eine Wespe und versucht auf diese Weise mögliche Fressfeinde abzuschrecken. Diese sollen glauben eine Wespe vor sich zu haben, die in der Lage ist zu stechen. Das Phänomen Mimikry beschreibt das Kopieren bestehender Muster zu eingenem Nutzen. b) Tarnen/Täuschen Laubfrosch (Hyla arborea) Der Laubfrosch ist durch seine grüne Färbung perfekt an seinen Lebensraum angepasst. Er verschmilzt praktisch mit dem grünen Laub der Bäume und dem Gras. Die gute Tarnung erlaubt ihm einen besonders lauten und dominanten Ruf, da er von den Fressfeinden nicht gesehen werden kann. Die Rufe sind sehr schnell und in aufeinanderfolgenden Serien, sehr häufig auch Rufserien im Chor. Tagpfauenauge (Inachis io) Wie jeder Schmetterling hat auch das Tagpfauenauge viele Fressfeinde wie z.B. Vögel. Getarnte Tiere haben eine gute Chance „übersehen“ zu werden. Das Tagpfauenauge hat 49 Anna Raab & Claudia Schatzer Signale im Tier- und Pflanzenreich eine bräunlich unscheinbare Flügelunterseite. Die Flügeloberseite ist auffällig gefärbt und mit einem Augenmuster versehen. Kommt dem Tier ein Fressfeind zu nahe, öffnet es überraschend die Flügeldecken und präsentiert die bunten auffälligen Augenflecke. Diese imitierten das Auge eines Feindes, welches Vögel verwirrt und abschreckt. Zitronenfalter (Gonepterys rhami) Hier sieht man wieder das Prinzip der Täuschung, die Flügelunterseite ist grünlich gefärbt durch die Flügeladerung sieht der Falter aus wie ein Blatt. Osterluzeifalter (Zerynthia polyxena) Seine rot-gelb-schwarze Färbung der Flügeldecken gibt den Hinweis auf Giftigkeit und soll Fressfeinde warnen. Der Schmetterling legt seine Eier auf der Osterluzei, welche giftig ist. Die Raupen schlüpfen und fressen das Blattmaterial, wobei der Giftstoff im Körper angereichtert wird. Über die Puppe wird das Gift in die Imago eingebaut, wodurch auch diese für Fressfeinde ungenießbar wird. Diese Pflanze enthält Giftstoffe. c) Anlocken Auch Pflanzen senden Signale aus um Bestäuber anzulocken. Die Reizmittel sind meist optische Signale, Lockmittel sind chemisch. Viele Pflanzen nutzen die Tierbestäubung zum Übertragen des Pollens auf die Narbe. Um den passenden Bestäuber anzulocken verwenden sie unterschiedliche Farben und als Belohnung wird Nektar und Pollen angeboten. Blütenfarbe: Sie ist ein optisches Signal und dient der Anlockung. Die Farbe kommt durch Anthocyane, Carotinoide und andere Farbstoffe in den Plastiden zustande. Viele Pflanzen sind auf bestimmte Tiere spezialisiert, welche bestimmte Farben bevorzugt ansteuern: Violett und Blau lockt Bienen und Hummeln an Rot, Rosa, Orange, Gelb lockt Schmetterlinge, Bienen und Hummeln Blütenform: auf den Bestäuber abgestimmt Röhrenblüten: Schmetterlinge Tellerblüten: Bienen Lippenblüten: Hummeln Landkärtchen (Araschnia levana) Besitzt keine Augenflecken, doch wieder dasselbe Konzept, zuerst Tarnen (Flügelunterseite) dann warnen (Flügeloberseite). Taubnessel (Lamium maculatum) Die Taubnessel zählt zu den Lippenblütlern, welche lange Kronröhren aufweisen. Der Nektar ist am Blütenboden 50 Anna Raab & Claudia Schatzer lokalisiert und die Staubblätter befinden sich oft an der Unterseite des Käppchens. Durch die blau-violette Färbung werden bevorzugt Hummeln angelockt, die auf der Suche nach Nektar die Staubblätter mit dem Rücken berühren und den Pollen aufnehmen. Löwenzahn (Taraxatum) Die Blüte des Löwenzahns ist aus einer großen Anzahl von Einzelblüten aufgebaut, die zusammen einen breiten Korb bilden. Die satte Gelbfärbung lockt vor allem Bienen an. Nektar: Der Nektar dient als Belohnung für die Blütenbesucher. Er wird von Pflanzen gebildet um Ressourcen zu sparen. Am Beispiel der Taubnessel befinden sich die Nektarien am Grund der Kelchblätter. Wenn eine Hummel ihren Saugrüssel in die Blüte steckt, berührt der fertile Teil den Kopf der Hummel. So wird der Pollen der Pflanze verbreitet und die Hummel gelangt an den Nektar. Signale im Tier- und Pflanzenreich Bildnachweis: Marienkäfer: http://ostseekueste.files.wordpress.com/2009/08/marienkc3a4fer1.jpg Rotbauchunke: http://www.goethe.lb.bw.schule.de/faecher/biologie/biologie/klasse06/amphibien/ rotbauchunke-Dateien/rotadu1-2.jpg Schwebfliege http://www.artenschutz.klausroggel.de/insekten/bilder/schwebfliege03b.jpg Laubfrosch: http://www.naturfoto.cz/bilder/andere/laubfrosch-9282.jpg Tagpfauenauge: http://www.rotholl.at/fotos/11229/big/tagpfauenauge.jpg Osterluzeifalter: http://www.boga.unibe.ch/boga/de/home/garten/nutz_heilpflanzen/heilpflanzen/co ntentParagraph/04/image/Osterluzeifalter-380.jpg Landkärtchen: http://www.schmetterling-raupe.de/bild/bild0400.jpg Löwenzahn http://www.stadtlohnestern.de/sitten/pfingsten/pfingstbrauch/images/loewenzahn_park.jpg Taubnessel: http://www.naturalium.de/Bluetenpflanzen/L%20Gefl%20Taubnessel.jpg http://lh4.ggpht.com/_PJB4F8zWNl0/Shoj6L29e8I/AAAAAAAAB_c/eJzNXZw WXCE/Hummel+%281%29.jpg Blütenduft: ist ein weiteres Signal der Pflanzen chemisches Signal. Der Duft soll darauf hinweisen, dass ausreichend Nektar vorhanden ist und Bestäuber für ihr Kommen ausreichend belohnt werden. 51 Anna Raab & Claudia Schatzer Didaktik Das Thema „Signale im Tier- und Pflanzenreich“ ist so enorm umfassend und vielfältig, dass wir sehr darauf achten mussten, die SchülerInnen nicht mit der Fülle an Information zu überfordern. Noch in Wien haben wir uns ein umfangreiches Konzept zu Recht gelegt und den genauen Ablauf unserer Station fixiert. Dazu ist zu sagen, dass unser didaktischer Ablauf stark davon abhängig war, welche Tiere und Pflanzen wir in Marchegg vorfinden werden. Wir waren uns bewusst, dass wir in dieser Hinsicht sehr flexibel sein mussten. a) Didaktische Reduktion geplantes Konzept Wir teilten unsere Stationszeit in drei wesentliche Phasen ein: 1. Einstieg 2. Erarbeitung 3. Zusammenfassung Zu Beginn wollten wir die Kinder sensibilisieren, indem wir direkt fragten, welche Signale sie kennen, wahrnehmen und benutzen. Dies Signale im Tier- und Pflanzenreich führten wir vor der Hütte, also entfernt von unserer eigentlichen Station durch. Als Hilfestellung nannten wir die Bereiche Verkehr, Schule und dem Umgang mit Freunden. Die Antworten die wir erhofften, waren Stoppschilder, Pfeifen, Hupen, Zeichen usw. Anschließend wollten wir die Beispiele zusammenfassen und in die Kategorien optisch, akustisch und chemisch einordnen und somit die unterschiedlichen Siganltypen festlegen. Um die Erarbeitungsphase einzuleiten, wollten wir dann gemeinsam mit den SchülerInnen zu unserer Station gehen, wo sie dann verschiedene Signalbeispiele aus dem Tier- und Pflanzenreich vorfinden werden. Auf dem Weg dort hin war unser Vorhaben jeweils 2 SchülerInnen genau hören zu lassen und die anderen sollten auf optische Auffälligkeiten achten. Diese wollten wir dann, neben den vorbereiteten Organismen, bei der Station besprechen und auf ihre Aufgabe untersuchen. Wir nahmen uns vor, bei unserem Stand drei Funktionskreise von Signalen vorzustellen, sodass die SchülerInnen nicht nur die Signaltypen, sondern auch die Verwendung kennen lernen. Der erste war das Warnen, welches wir wiederum in Warnfarbe und Schreckzeichen untergliederten. Als Beispiele dazu wählten wir die Tieflandunke (Bombina bombina) den Siebenpunkt- Marienkäfer (Coccinella septempunctata) mit den Warnfarben rot und schwarz. Für die Warnkombination gelb-schwarz hofften wir passende Schmetterlinge zu finden, wie den Osterluzeifalter (Zerynthia polyxena). Zu den Schreckzeichen wollten wir Edelfalter mit Augenflecken präsentieren, vor allem das Tagpfauenauge (Inachis io). Natürlich war es uns wichtig, noch weitere Tiere zu finden, die den Funktionskreis Warnen veranschaulichen. Als zweite Untergliederung der Benutzung von Signalen, legten wir die Kategorie anlocken fest. Hierzu bezogen wir uns vor allem auf die Blütenpflanzen, die in Marchegg zu finden waren. Es war uns 52 Anna Raab & Claudia Schatzer wichtig, den SchülerInnen zu vermitteln, welche Mechanismen Blüten benutzen um mögliche Bestäuber anzulocken. Die Kinder sollten verschiedene Farben, Muster, Formen und Düfte kennenlernen und dazu die Vielfalt an Bestäubungsmechanismen verstehen. Zur Funktion Anlocken zählten wir auch noch das Partneranlocken bei Vögeln, Fröschen, Kröten etc, Territorialverhalten, Revierabgrenzung und Lautäußerung als Zeitvertreib. Wichtig war uns zusätzlich, dass die SchülerInnen merkten, dass zum Anlocken von Tier- und Plfanzenarten optische, akustische und chemische Siganle verwendet werden. Als dritten und letzten Funktionskreis der Signalverwendung setzten wir Tarnen und Täuschen fest. Hierzu wollten wir das Phänomen Mimikry anhand der Schwebfliege (Syrphidae) und Wespe (Vespinae) erläutern. Für das Phänomen der Tarnung, bzw. dem Fehlen von Signalen dachten wir an die Flügelunterseiten verschiedener Schmetterlinge und an den Laubfrosch (Hyla arborea), den wir versteckt in grünem Pflanzenmaterial zeigen wollten. Nachdem wir mit den SchülerInnen die unterschiedlichen Funktionskreise der Signalverwendung anhand der Beispiele durchbepsrochen haben, ist es uns wichtig, die Ergebnisse nochmals zusammenzufassen und Variation der Signaltypen zur festigen. Bei der Sicherung hofften wir, den SchülerInnen vermitteln zu können, wie optische, akustische und chemische Signale in welchen Zusammenhänge eingesetzt werden. Weiters haben wir ein Arbeitsblatt vorbereitet, das den Kindern eine Sammlung der Ergebnisse ermöglichen soll. Neben der Nennung de Signaltypen optisch, akustisch und chemisch, wollten wir von ihnen die Skizzierung eines Warnmusters, Schreckzeichens und einer Blüte mit ihren Besonderheiten. Die letzte Frage beschäftigte sich mit dem Begriff Mimikry, der anhand eines Beispiels erklärt werden sollte. Signale im Tier- und Pflanzenreich Auf der Rückseite stellten wir noch ein Kreuzworträtsel zu Verfügung, dass sich mit dem Signalthema beschäftigt. Konzept vor Ort Tag 1: Nach der Einteilung, die von uns am Sonntag vorgenommen wurde, durften wir unsere Station mit drei Schülergruppen durchgehen und versuchen ihnen das Thema Signale zu näher zu bringen. Bei der ersten Gruppe waren wir noch sehr unsicher, vielleicht auch deshalb, weil wir beide noch keine Erfahrung in der direkten LehrerSchüler Situation hatten. Wir versuchten unser Konzept umzusetzen, was eigentlich unserer Meinung sehr gut funktionierte. Nach der geplanten Einleitung und nach dem kleinen Spaziergang zu unserer Station, hatten wir den Eindruck, dass die SchülerInnen sehr interessiert sind. Vor Ort besprachen wir nacheinander die Signalfunktionen mit den vorbereiteten Objekten: •Warnen: Unsere Tiere waren der Marienkäfer (rot-schwarz, gelbschwarz), die Tieflandunke, der Osterluzeifalter und das Tagpfauenauge. Zuerst ließen wir die SchülerInnen die Tiere anschauen und sie sollten gemeinsam herausfinden, was sie sehen, d.h. das Tier selbst, die Muster und Farben. Wir warteten kurz und fingen dann mit dem Marienkäfer an. Zuerst fragten wir sie, um was es sich hierbei handle und welche Farben sie erkennen können. Die Antworten kamen eigentlich immer sehr rasch. Wir erklärten im Anschluss zusammenfassend warum gerade rot-schwarz und dass diese Kombination für Warnung steht. Als nächstes besprachen wir gemeinsam die Rotbauchunke und welche Parallelen zum Marienkäfer erkennbar sind. Die Schüler erklärten uns, dass die Farben ähnlich sind und beide rot und schwarz verwenden. Als drittes Tier ließen wir die Kinder den Osterluzeifalter 53 Anna Raab & Claudia Schatzer Signale im Tier- und Pflanzenreich welche Farben verwendet werden und wie diese angeordnet sind. Auch dies funktionierte sehr gut. Wir fassten wieder zusammen und erzählten in dem Zusammenhang auch, dass die Raupe die Blätter der giftigen Osterluzei frisst und der Giftstoff auch noch im Imago zu finden ist. Zusammenfassend erklärten wir den SchülerInnen nochmals, welche Warnfarben eingesetzt werden und dass diese der Abschreckung von Fressfeinden dienen und die Ungenießbarkeit symbolisieren. Als weiteres Warnzeichen führten wir dann den Begriff Schreckzeichen ein und ließen die SchülerInnen das Tagpfauenauge untersuchen. Sie erklärten uns, dass es Flecken auf der Flügeloberseite hat, die wie Augen aussehen. Hier hackten wir dann ein und versuchten die Kinder anzuleiten, was diese Augen darstellen könnten und wozu sie dienen sollen. Wir erklärten ihnen, dass es eine Imitation ist und ein Vogel abgeschreckt wird, weil er glaubt der Schmetterling selbst sei ein Raubvogel. Das Konzept wurde unserer Meinung verstanden. Als weiteren Vertreter für kleinere Augenflecken hatten wir dann noch das Waldbrettspiel. Nachdem wir den ersten Themenschwerpunkt durchgegangen waren, gingen wir zum nächsten über, nämlich dem •Anlocken: Vorbereitet haben wir Blüten des Löwenzahns (Taraxacum sect. Ruderalia) und wilden Apfel (Malus sylvestris) sowie der Taubnessel (Lamium) und Traubenkirsche (Prunus padus). Wir teilten die Blumen aus und gaben die Anweisung, dass sie nach der Beobachtung, die Farben, den Duft und die Formen der einzelnen Objekte beschreiben sollen und etwaige Unterschiede auflisten. Nach kurzer Zeit begannen wir mit der Besprechung, wobei wir den meist bekannten Löwenzahn heranzogen. Wir forderten eine Beschreibung der Blüte, als Antwort kam meist nur die Farbe gelb. Die SchülerInnen hatten Schwierigkeiten, die Blüten genau zu besprechen und sie sollten uns genau das Muster der Flügel erklären, 54 Anna Raab & Claudia Schatzer beschreiben, also fragten wir gezielt nach, was die Form und den Duft betraf. Nach einiger Zeit und vielen Andeutungen unsererseits, kam dann irgendwann tellerförmig, gut für Bestäuber usw. Ähnlich war es auch bei den folgenden Exemplaren. Dass die Traubenkirsche gut riecht und in der Mitte gelb gefärbt ist, wurde erst nach Aufforderung erkannt. Abschließend erklärten wir den Kindern, dass die Blüten unterschiedlich gefärbt sind, verschieden duften und geformt sind, weil sie damit selektiv Bestäuber anlocken wollen. Zusätzlich gingen wir auch kurz auf das Anlocken im Tierreich ein, auf den Vogelgesang und das Froschgequake, hatten dazu aber keine Beispiele vorbereitet. Nach einer Zusammenfassung des Gesehen, um nochmals die Unterschiede hervorzuheben gingen wir zum Thema Signalloskeit und Mimikry über. •Tarnen-Täuschen: Unsere vorbereiteten Objekte waren der Laubfrosch, den wir in einem kleinen Terrarium gemeinsam mit Blattmaterial hatten, sodass er kaum sichtbar ist und die Schwebfliege zum Vergleich zur Wespe. Wie gehabt ließen wir die Kinder zuerst schauen und erfragten dann die Tiere. Den Laubfrosch fanden sie sofort und konnten uns auch sagen, warum er grün ist und wo er lebt. Bei dem Phänomen der Mimikry mussten wir etwas mithelfen, wer wer ist und warum dies so ist. Aber zum Schluss verstanden sie, warum die Schwebfliege wie die Wespe aussieht und welchen Zweck die Signalkopie hat. Am Ende der Vorstellung und der Besprechung teilten wir unser Arbeitsblatt aus, dass das Gehörte nochmals vertiefen sollte und eine Zusammenfassung der wichtigsten vorgestellten Signale war. Leider war die Zeit schon sehr knapp, sodass wir den SchülerInnen mehr oder weniger ansagten, was sie wo hinschreiben und hineinzeichen sollen. Diese Lösung war bei der ersten Gruppe äußerst Signale im Tier- und Pflanzenreich unbefriedigend, da wir mit dem Arbeitsblatt auf keinen Fall den geplanten Effekt erzielten. Bei der zweiten SchülerInnengruppe die zu uns kam, gingen wir unser Programm wie vorhin durch, nur bearbeiteten wir das Arbeitsblatt portionsweise, sodass immer nach einem Block, die passende Frage beantwortet wurde. Aber auch diese Variante kam nicht so gut an, da die wir SchülerInnen immer wieder aus ihrer Forschungsrolle rissen und somit unser Stationenbetrieb etwas holprig und ungeordnet wurde. Vor allem auch deshalb, weil die Geschwindigkeit der Kinder beim Zeichnen sehr unterschiedlich war. Auch hier machten wir den Fehler, dass wir ihnen die Antworten ansagten. Bei der dritten Gruppe entschieden wir, dass Arbeitsblatt gar nicht auszugeben und uns ganz auf unsere Lehrerrolle zu konzentrieren. Mit dieser Lösung waren wir dann am zufriedensten und beschlossen auch für den zweiten Tag auf die Kopien zu verzichten. Tag 2: Aufgrund der Kritik am Vortag stellten wir unser Konzept um und versuchten von einem Lehrervortrag auf Forschendes eigenständiges Lernen der SchülerInnen umzusteigen. Die drei Funktionskreise blieben bestehen und gliederten den Tisch in drei Bereiche. Etwas entfernt auf einer Bank standen die von uns gewählten Objekte (gleich wie am Vortag). Genau wie zuvor begannen wir mit der Einleitung, welche Signale sie kennen und wie sie die Typen beschreiben wurden. Dabei waren wir überrascht um wie viel wissbegieriger und motivierter die Schulgruppe im Vergleich zum Vortag war. Am Weg zur Station unterhielten wir uns über die Vogelstimmen der Umgebung und warum sie singen. Auch hier bemerkten wir, dass die SchülerInnen schon einiges an Vorwissen hatten. 55 Anna Raab & Claudia Schatzer Bei der Station angekommen erklärten wir ihnen unsere Aufgabe, dass sie die einzelnen Objekte gemeinsam ansehen sollen, darüber diskutieren was sie erkennen und dann einer der Funktionen zuordnen, die das Signal bezwecken könnte. Wir hielten uns dabei völlig im Hintergrund und auf Fragen zuckten wir mit den Schultern oder verwiesen sie darauf mit den Kollegen zu sprechen und deren Meinung einzuholen. Dieses Konzept funktionierte sehr gut, vor allem auch deshalb, weil wir das Gefühl hatten, dass die Kinder bemüht und konzentriert arbeiteten. Nachdem die Zuordnung abgeschlossen war, machten wir uns an die Besprechung. Wir ließen uns von den SchülerInnen erklären, um welches Objekt es sich handle, warum es zu dieser Kategorie zählt und welche Merkmale sie erkennen. Es war wirklich erstaunlich zu bemerken, auf was die Kinder draufkommen, wenn sie genug Zeit zum eigenständigen Handeln haben. Die Warnfarben waren kein Problem, die Blüten auch nicht. Bei Tarnen und Täuschen befand sich auch die Tieflandunke aufgrund ihrer brauen Farbe. Dies hatten wir bei unseren Vorbereitungen gar nicht bemerkt, dass sie sich tarnt und auch warnt. Ebenso fanden wir die Schwebfliege beim Warnen, was natürlich aufgrund der Färbung richtig ist. Insgesamt konnten wir feststellen, dass die Kinder die Zusammenhänge gut verstanden und auch richtig Interpretierten. Nach einer Zusammenfassung unsererseits und der Erklärung was das Sender-Empfänger Prinzip ist, blieb uns noch Zeit übrig. Da die Gruppen mit 3 SchülerInnen kleiner waren als am Vortag und wir genügend Käscher zu Verfügung hatten, schickten wir die Kinder auf Schmetterlingsjagd. Dies machte ihnen großen Spaß und sie fingen uns sogar noch einen Perlmuttfalter und einen Segelfalter. Das Arbeitsblatt verwendeten wir auch hier nicht mehr, einerseits weil wir mit dem Einsatz nicht zufrieden waren und andererseits hatten wir das Gefühl, die Kinder damit zu unterfordern. Signale im Tier- und Pflanzenreich Gesamtreflexion Eigentlich hat alles funktioniert und die SchülerInnen waren interessiert bei der Sache. Wir stellten unser Konzept um und erzielten damit größere Erfolge als am Vortag, waren sicherer und entspannter, weil wir nicht so viel zu reden hatten. Die Arbeitsblätter wurden von uns nicht mehr verwendet, weil sie nicht so gut ins Konzept passten und eher störend waren. Ansonsten waren wir gut vorbereitet und konnten auf Fragen eingehen. Selbstreflexion Anna: Für mich war der direkt Kontakt mit den Kindern die wertvollste Erfahrung, vor allem weil sie nicht mit jenem in einem Klassenzimmer vergleichbar ist. Interessant war es auch SchülerInnen unterschiedlichen Bildungsniveaus anzutreffen, dadurch lernte ich flexibel zu sein und mich anzupassen. Als Lehrerin sollte man in der Lage sein, das Niveau der zu Unterrichtenden einzuschätzen, um sie optimal zu unterstützen. In dieser Hinsicht hat die Lehrveranstaltung genau den Punkt getroffen. Wir wussten im Vorfeld nicht, wie gut die SchülerInnen Bescheid wissen und welchen Standard sie gewohnt sind. Dadurch wurden wir als Lehrende aufgefordert flexibel zu sein. Flexibel mussten wir auch in der Planung unserer Station sein, was die Tiere und Pflanzen betrifft. Es ist immer gut viel vorzubereiten, wenn man dann auch bewusst das Unwichtigere streichen kann. Für mich war es durchaus eine Herausforderung vom geplanten Konzept abzulassen, da dieses doch ein wenig Sicherheit gibt. Alles in allem waren die Erfahrungen durchaus positiv und ich bin davon überzeugt, viel für meine Zukunft gelernt zu haben. 56 Anna Raab & Claudia Schatzer Selbstreflektion Claudia Eigentlich hatte ich keine Ahnung was auf mich zu kommt. Mit dem Thema konnte ich zu Beginn nicht richtig etwas anfangen, ich wusste nicht genau wie „Signale im Tier und Pflanzenreich“ umsetzten soll, damit das Ganze nicht zu trocken wird und uns die Schüler halb einschlafen. Doch ich glaube wird haben es ganz passabel gemeistert. Wir haben uns mehr vorgenommen als wir dann eigentlich umsetzten konnten. Aber das war uns von vorne herein klar, dass wir nicht mal die Hälfte von dem vorgenommen schaffen. Für mich war es kein Problem vom geplanten abzuweichen, dabei musste man halt immer die Uhr im Auge behalten, da man sonst etwas zu lang brauchte oder schon so viel wissen vorhanden war, das man einige Dinge einfach überspringen konnte. Als wir bei einer Gruppe viel zu früh fertig waren, beschlossen wird einfach die Kinder Schmetterlinge fangen zu lassen, die waren gleich mit Begeisterung dabei und flitzten den Schmetterlingen hinterher, anschließend bestimmten wir die Tiere und ließen sie wieder frei. Ein bisschen schade war, dass wir nur so kleine Gruppen hatten. Wenn jetzt nur Freundinnen in einer Gruppe waren, war es etwas mühsam. Weiters war es schade, dass statt der angekündigten ersten Klasse noch eine fünfte nach Marchegg kam. Hier war aber deutlich zu sehen wie verschieden der Wissenstand der Schüler ist. Jetzt nicht nur auf beide Schulklassen bezogen sondern auch innerhalb einer Klasse selbst. Im Großen und Ganzen hatte ich sehr viel Spaß in Marchegg und ich möchte diese Erfahrung nicht missen. Auch wenn es manchmal anstrengend war, war es eine schöne Abwechslung zum hektischen Unialltag. Wie ich gesagt habe, diese 5 Tage Marchegg waren wie Ferien. Signale im Tier- und Pflanzenreich b) Lehrziel Wichtig war es uns, das die SchülerInnen einen Überblick bekommen, welche Signaltypen verwendet werden, also optisch, akustisch, chemisch. Sie sollten Beispiele dazu kennen lernen und diese auch richtig deuten. Bei der Warnung sind uns die Farben rot, gelb in Kombination mit schwarz wichtig gewesen. Blüten benutzen verschiedene Farben, Formen und Gerüche um das bereite Spektrum potentieller Bestäuber ausnutzen zu können. Ein weiterer wichtiger Punkt ist das Sender-Empfänger Prinzip, das sein Signal eine Information von einem Organismus zum anderen transportiert. Dazu brauchen beide Vorrichtungen zum Senden und Entpacken. Als letzten Punkt brachten wir den Begriff Mimikry und welche Funktion dahinter steckt. Als Lehrmethode ließen wir die SchülerInnen Beispiele aus dem Tierund Pflanzenreich untersuchen und die Beobachtungen erklären. Es war uns wichtig, dass die Kinder selbst forschen und Ideen entwickeln, warum es zur Ausbildung verschiedener Signaltypen kommt und welche Strategien angewendet werden. Literatur Lunau, K. (2002): Warnen, Tarnen, Täuschen. Mimikry und andere Überlebensstrategien in der Natur. - Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt: 184pp. Bruns, H. (1952): Warn- und Tarntrachten im Tierreich.- Kosmos, Stuttgart: 76pp. Bruns, H. (1958): Schutztrachten im Tierreich.- Die neue Brehm Bücherei, Wittenberg Lutherstadt, Ziemsen: 107 S. Kappeler, Peter M. (2009): Verhaltensbiologie.- Springer-Lehrbuch, Berlin: 605 S. Merkel, Friedrich W. (1980): Orientierung im Tierreich.- Fischer, Stuttgart: 279pp. http://www.uni-duesseldorf.de/MathNat/Zoologie/zoodidak.htm (7.4.2010) http://www.schmetterlingspark.de/farben.htm (29.3.2010) http://www.biologiezentrum.at/pdf_frei_remote/STAPFIA_0047_0053-0070.pdf (13.4.2009) 57 Eva Duchon & Miriam Trappl Signale in der Tier- und Pflanzenwelt Paaren, Warnen und Tarnen Eva Duchon & Miriam Trappl Fachliches Signale in der Tierwelt Artenliste : Marchegg, Mai 2010 Arthropoda Arachnida Lycosidae (Wolfsspinne) Opilionida Phalangiidae (Weberknecht) Lepidoptera Nymphalidae (Fleckenfalter u. Augenfalter) Araschnia levana (Landkärtchen) Papilionidae (Schwalbenschwänze u. Apollofalter) Anthocharis cardamines (Aurorafalter) Zerynthia polyxena (Osterluzeifalter) Coleoptera Cerambycidae (Bockkäfer) Clytra arietis (Widderbock) Meloidae (Ölkäfer) Signale in der Tier- u. Pflanzenwelt Pyrochroidae (Feuerkäfer) Heteroptera Hymenoptera (Hautflügler) Apoidea (echte Bienen) Apis mellifera (Honigbiene) Bombus (Hummel) Vespidae Amphibia Anura Bombina (Unken) Bombina bombina (Rotbauchunke) Rana (Frösche) Rana dalmatina (Springfrosch) 58 Eva Duchon & Miriam Trappl Signale im Tierreich Kommunikation im Tierreich findet in den verschiedensten Bereichen Anwendung. Signalgebung und Verhalten sind ein Mittel, Tiergesellschaften zusammenzuhalten. Sie sind wichtig um soziale Strukturen aufrecht zu erhalten, wichtig für die räumliche Aufteilung und spielen eine Rolle bei der Reproduktion. Wer ist beteiligt ? ‐ Ein Tier (sendet das Signal aus, wertet zurückkommendes Signal aus) ‐ Artgenossen (Paarungspartner, Konkurrenten, etc.) ‐ Artfremdes Tier (Warnrufe, Kommunikation mit Prädatoren) ‐ Tiere und Pflanzen (Pflanzen können Signale aussenden, die Insekten anlocken) Signale sind nicht immer ehrlich, da der Sender einen Vorteil daraus gewinnen will. Warnen und Tarnen Im Tierreich werden leuchtende Farben oft als Warnsignal verwendet. Giftige und gefährliche Spezies nutzen ihre optische Auffälligkeit, um energiezehrenden Konfrontationen aus dem Weg zu gehen. Giftige oder ungenießbare Lebewesen wie Marienkäfer oder Wespe tragen in der Natur zu diesem Zweck besonders auffällige Farben oder Zeichnungen. Dabei dominieren rot-schwarze oder gelbschwarze Körperfärbungen. Nach dem Prinzip „trail and error“ lernen potentielle Fressfeinde Tiere mit einer solchen Warntracht in Zukunft zu meiden. Signale in der Tier- u. Pflanzenwelt Beim Biologischen Phänomen Mimikry kommt es zu einer Art „Betrug“ in der zwischenartlichen Kommunikation, da ungefährliche Arten dieselben Farbsignale verwenden, wie deren gefährlichen Vorbilder. Mimikry ist also die Nachahmung eines ungenießbaren oder wehrhaften Vorbildes. Auch unser gefangener Widderbock ( Clytra arietis ) signalisiert mit seiner schwarz-gelben Zeichnung Gefahr, um sich damit zu schützen ohne selbst giftig zu sein. Eine andere Strategie ist es, Signale möglichst zu vermeiden. Um Fressfeinde abzuwehren Tarnen sich viele Arten. Hier bedienen sich Lebewesen besondere Verhaltensweisen (z.B. Ruhestellung) und spezifische Farbanpassungen ( z.B.: Tarnkleid), um in ihrer natürlichen Umwelt möglichst nicht entdeckt zu werden. Auch Lauerräuber wie Spinnen tarnen sich um so spät als möglich von ihrer Beute entdeckt zu werden. Lug und Trug im Tierreich Betrug kommt im Tierreich auf vielfältige Art vor. Junge Männchen täuschen vor Weibchen zu sein um nicht angegriffen zu werden oder Vögel geben falsche Alarmrufe um an Nahrungsquelle zu kommen. Tiere bluffen indem sie ihr Fell (Federn) aufstellen um sich größer darzustellen. Durch unterbrochene Musterungen kann die wirkliche Körpergröße aber auch verschleiert werden. Nachteile der Signalaussendung : Z.B. Laubfroschmännchen ruft um sein Territorium abzustecken. Primär wird das Weibchen angelockt, aber es können auch Sattelitenmännchen das Weibchen abfangen. 59 Eva Duchon & Miriam Trappl Sie haben einen Konkurrenzvorteil weil das Männchen seine Kräfte beim langen Rufen verbraucht hat. Der Springfrosch (Rana dalmatina) begibt sich oft schon vor dem Grasfrosch als erste Amphibienart auf die Wanderung zum Laichgewässer. Er hat einen schlanken Körper mit langen Beinen, die in Ruhe hinten fast überkreuzt sind. Das unterscheidet ihn vom Grasfrosch mit kürzeren Beinen„Braunfrösche“ sind bei ihrer Lebensweise auf dem Boden und im Laub gut gegen Predatoren geschützt. Auge und Ohren verraten auch ein gut getarntes Tier. Darum verschwinden die Augen des Springfroschs in einem schwarzen Streifen im unauffälligen Gesamtmuster. Unterschiedliche Lebewesen nehmen ihre Umwelt verschieden wahr. Blüten und ihre Besucher sind in ihrer Erscheinung und deren Wahrnehmung gut aufeinander abgestimmt. Mehr als ein Drittel der Pflanzlichen Nahrungsmittelproduktion hängt von Insekten ab, damit steht die Honigbiene auf Platz 3 der bedeutendsten Nutztiere des Menschen, nach Rind und Schwein. Insekten nehmen olfaktorische Signale sehr gut wahr, darum besitzen Blüten eine Fülle unterschiedlicher Düfte. Diese werden von Vögeln allerdings kaum wahrgenommen, darum zeigen Vogelblumen keine auffälligen Duftmuster. Rote Früchte werden von Vögeln gefressen. Die Biene sieht die Farbe rot nicht, sie nimmt weiße und Gelbe Blüten wahr, und Pflanzen die Lichtwellen im UV-Bereich absorbieren. Kommunikation der Bienen Honigbienen bilden Staaten mit strenger Arbeitsteilung, und kommunizieren auf hohem Niveau. Bienen kommunizieren über Signale in der Tier- u. Pflanzenwelt eine Tanzsprache über Richtung und Ausgiebigkeit einer gefunden Futterquelle. Es gibt 2 verschiedene Tanzformen: Rundtanz: Findet die Biene eine Futterquelle, welche weniger als 100 Meter vom Bienenstock entfernt ist, so führt sie den Rundtanz vor. Dabei läuft die Biene abwechselnd linksund rechtsherum in einem Kreis. Je ergiebiger die Futterquelle ist, desto lebhafter und länger tanzt die Biene. Es wird jedoch keine Richtungsangabe übermittelt. Schwänzeltanz: Bei weiter entfernt liegenden Futterquellen wird der Schwänzeltanz aufgeführt. Die Biene läuft ein kurzes Stück gerade aus und kehrt auf einem Bogen zum Ausgangspunkt zurück. Jetzt schwänzelt die Biene auf der geraden Strecke. Schwänzeln heißt seinen Hinterleib rhythmisch hinund herbewegen. Der Bogen zurück wird abwechselnd nach links und nach rechts ausgeführt. 60 Eva Duchon & Miriam Trappl Der Winkel der Geraden zur Senkrechten entspricht dem Winkel zur Sonne, den die Bienen einhalten müssen, um zur Futterquelle zu kommen. Je länger sie schwänzelt umso weiter ist die Futterquelle entfernt. Andere Bienen laufen der tanzenden Biene hinterher, um die Information aufzunehmen. Dabei prägen sie sich auch den Geruch der gesammelten Nahrung ein, um gezielt zu den richtigen Blüten zu fliegen. Didaktik: Miriam Vorbereitung Das Thema Signale im Tier- und Pflanzenreich stellte sich von Anfang an als sehr umfangreich dar. Wir betrieben sehr intensive Literaturrecherche, jedoch war es schwierig für mein Kollegin und mich uns tatsächlich auf ein Thema innerhalb des Themas festzulegen. Dieser Umstand löste sich von selbst als eine Kollegin meine Gruppe verließ und ich mit Eva eine neue Lehrpartnerin, inklusive Themenbereich Blütenökologie, zugewiesen bekam. Unsere großen thematischen Bereiche waren somit: ‐ Blütenökologie und blütenbesuchende Insekten, spezielle die Honigbiene ‐ Tarnen und Warnen Wir hatten ein sehr offenes Konzept mit verschiedenen methodischen Punkten, die wir wahlweise abgestimmt auf die jeweilige Schülergruppe einsetzten. Keine Einheit war wie die andere. Welche Tiere wir besprachen, ob wir tanzten, Tiere fingen oder malten bestimmten letzten Endes die Schüler. Auch das Signale in der Tier- u. Pflanzenwelt Teamteaching mit Eva funktionierte sehr gut. Wir hatten keine Probleme uns gegenseitig Raum zu lassen, so war die Redezeit gerecht aufgeteilt, und ich habe das unterrichten zu zweit wirklich als Unterstützung empfunden. In Marchegg Eva und ich fingen in den ersten beiden Tagen alle Insekten die uns unter kamen. Tiere mit auffälliger Zeichnung oder auch unauffälliger Tarntracht wurden bestimmt und für die Schulklassen aufbewahrt. Es war durchwegs regnerisch, darum bekamen wir leider wenige Insekten zu Gesicht, vor allem Schmetterlinge fingen wir erst mit den Schülern gemeinsam ein. Die Folgenden Methodischen Highlights bildeten die Eckpfeiler unserer didaktischen Arbeit Schwänzeltanz Wir haben den Schwänzeltanz der Bienen gemeinsam mit den Schülern getanzt. Ein Schüler war die Sammelbiene und lernte mit uns zuerst den Rundtanz, danach den Schwänzeltanz. Die Anderen Bienen (Schüler) setzten nach einigen Runden ein, sodass am Ende ein munteres Bienenvolk über die Wiese tanzte. Der inhaltliche Aspekt wurde natürlich nicht vergessen, wir stellten durch Fragen sicher, ob die Schüler auch den Nutzen der Tänze für die Biene erfasst haben. Wir entschieden intuitiv mit welchen Schülergruppen wir tanzten, und hatten so die Schüler beim Tanzen immer mit Begeisterung bei der Sache. Als Lehrer spielt man allerdings die Rolle eines 61 Eva Duchon & Miriam Trappl Animators und wird möglicherweise von den Schülern etwas verwundert beäugt. So eine Unterrichtseinlage muss zum Charakter des Lehrers passen. Wenn man nicht so weit gehen möchte, bzw. nicht im Freiland ist, könnten sich die Kinder die Tänze auch alleine erarbeiten. Farbwahrnehmung der Biene Um den Schülern zu veranschaulichen wie eine Biene sieht bastelten wir einen Filter mit roter Folie, und ließen die Schüler auf die Blumenwiese, bzw. auf meine rot-weiße Regenjacke blicken. Rot wurde vom Rot des Filters verschluckt. Weiß und Gelb waren sehr gut zu sehen. Signale in der Tier- u. Pflanzenwelt Wir hatten Kärtchen für die unterschiedlichsten Insekten in großen Mengen vorbereitet. Das Abzeichnen funktionierte sowohl mit den 1.Klässlern als auch mit der 7.Klasse. Es waren allerdings gerade 2 Kärtchen möglich, nicht ca. 5 wie wir geplant hatten. Keschern und Sammeln Die 1te Klasse ist sehr aktiv und forschend unterwegs. Darum ist Frontalunterricht keine Option. Wir ließen sie mit den Schmetterlingsnetzen keschern. Aufgabe war einzufangen was sie finden, wir bestimmten es gemeinsam mit ihnen und jeder Schüler verewigte sein Tier auf einem Kärtchen. Zusätzlich betonten wir bei den Funden die Angepasstheit an den Lebensraum und lenkten die Aufmerksamkeit auf Tarn oder Warnfärbungen. Je nach Schülergruppe lag der Fokus auf unterschiedlichen Aktivitäten, aber die Tiere auf unserer Station bildeten die Grundlage. Wir sahen uns mit den Schülern die Tiere an und gaben dabei unser Wissen weiter. Sammelkärtchen Wir wählten für unsere Sammelkärtchen Bilder der vorhandenen Tiere, und die Schüler sollten malerisch „mitschreiben“. Auf den einzelnen Bildern sollte jeweils das Auffällige Tarn- oder Warnmerkmal eingezeichnet werden. Beim Springfrosch der Augenstreifen, bei der Unke die Warnfärbung auf der Bauchunterseite, bei dem Schmetterlingen die Augenzeichnung, usw.. 1.Klasse vs. 7.Klasse Die beiden Klassen waren sehr verschieden. In der 7. Klasse kann man die Schüler auch im Gespräch packen, wir thematisierten besonders Signale bei der Balz, Werbeverhalten und sexuelle Selektion. Die erste Klasse muss aktiv unterhalten werden, am liebsten machen sie alles selber. Sie waren sehr wissbegierig, hatten viel Vorwissen 62 Eva Duchon & Miriam Trappl Signale in der Tier- u. Pflanzenwelt und man konnte sie richtig begeistern. Es ist allerdings auch anstrengender sie im Zaum zu halten. Am meisten hat mich dieser Unterschied beeindruckt, diese Altersklassen brauchen völlig unterschiedlichen Unterricht. Signale in der Pflanzenwelt Nicht nur die Tiere, sonder auch Pflanzen senden unterschiedliche Signale aus. Ihr Beweggrund ist ganz simple: Vermehrung und somit Arterhaltung. Um ihren Pollen zu vertragen müssen die Pflanzen Tiere anlocken durch: - Reizmittel: Farbe, Form, Duft Farbe und Blütenform wird von Insekten auf kurzer Distanz gesehen. Der Blütenduft kann schon z.T. kilometerweit wahrgenommen werden. - Lockmittel: Pollen, Nektar Der Pollen oder Blütenstaub ist ein mikroskopisch kleines Gebilde, der in den Antheren gebildet wird, bestehend aus den Pollenkörnern (Mikrosporen). Eine einzelne Mikrospore ist nicht ein Pollen, sondern ein Pollenkorn. Nektar ist eine wässrige Flüssigkeit, die reich an unterschiedlichsten Zuckern wie Saccharose, Glucose und Fructose ist. (es ist eine zw. 25-75 % zuckerhaltige Flüssigkeit). Weiters enthält er auch Mineralstoffe und Duftstoffe. Um Tiere (z.B. Insekten, wie Bienen und Hummeln etc.) anzulocken, wird Nektar in Drüsen, den Nektarien, gebildet. Die Nektarien 63 Eva Duchon & Miriam Trappl können an unterschiedlichsten Teilen der Pflanze sitzen (z.B. außerhalb der Blüte am Blattstil.) Die Blüte ist für uns Menschen ein Inbegriff von Schönheit und hat für die Pflanze eine ganz praktische Funktion: Die Blüte ist das Geschlechtsorgan der Pflanze. Auffallend gefärbte Blüten locken Insekten zur Bestäubung (Zoophilie) an, denn sie signalisieren den Tieren, die Nahrung suchen, dass Pollen oder Nektar vorhanden sind. Die Insekten transportieren den Mikrosporen weiter und bedingen dadurch die Bestäubung. Manche Pflanzen brauchen keine Tiere dazu sondern nützen den Wind zur Verbreitung der Pollen (Anemophilie). Diese Pflanzen, zum Beispiel Haselnusssträucher, Birken und Gräser, haben deshalb keine farbigen Blütenblätter. Ihre Blüten sind unauffällig und einfach gestaltet, so dass der Wind den Pollen ganz leicht in die Welt tragen kann. Signale in der Tier- u. Pflanzenwelt Gezeigte Objekte während des Unterrichts: Lamium purpureum Purpurrote Taubnessel Durch die Blütenform besondern von Fluginsekten angeflogen; Auf Lippe sind Saftmale um Nektarien anzuzeigen. Die Blüten sind homogame, nektarführende Lippenblumen; sie werden durch Apoidea bestäubt Vergleichbar mit uns Menschen lassen sich Bienen in erster Linie von der Farbe und Form der Blüte leiten. Deshalb scheuen viele Pflanzen keinen Aufwand, um mit auffälligen optischen ``Werbeflächen`` auf sich aufmerksam zu machen. Es gibt nur wenige rein rote Blumen, da diese Farbe von Bienen nicht gesehen werden kann. (z.B.: Rotklee, von Bienen häufig besucht; es ist eine Mischung aus Blau und Rot). Komplett rein rote Blüten senden ihre Signale an Schmetterlinge (Tagfalter). Ranunculus ficaria Scharbockskraut Gelbe Färbung der Blütenblätter ist sehr beliebt bei Honigbienen und Hummeln. Objekte 64 Eva Duchon & Miriam Trappl Leucojum aestivum Sommer-Knotenblume auffällige Blütenform Malus sylvestris Holzapfel Rosiger Duft; Blütenstand Signale in der Tier- u. Pflanzenwelt Symphytum officinale Gemeiner Beinwell Hummelblume; auffällige Blütenform; wird oft von Nektarfressern heimgesucht. Aristolochia clematis Osterluzei Auffällige Blütenform; Besuch des Osterluzeifalters 65 Eva Duchon & Miriam Trappl Signale in der Tier- u. Pflanzenwelt Weiters besprachen wir auch noch die unterschiedlichsten Einstiegsmöglichkeiten in den Unterricht, was wir alles an Materialien mitnehmen müssen nach Marchegg, was wir tun, wenn gewisse Tier/Pflanzenarten nicht vorhanden sind und welche didaktischen Methoden wir anwenden. Es kam der Tag der Abreise, jedoch nur Miriam und ich fuhren nach Marchegg, da aus gesundheitlichen Gründen Amra nicht mitfahren konnte. Schnell mussten wir noch einmal unser Konzept überarbeiten und gingen – leicht entmutigt – auf die Suche nach passenden Objekten, um den Schülern unser Thema veranschaulichen zu können. Didaktik: Eva Vorbereitung Ursprünglich wäre ich in der Gruppe “Blütenökologie” gewesen mit meiner Studienkollegin Elisabeth Bleier, jedoch durch Überschneidungen mit anderen Pflichtlehrveranstaltungen, wurde ich kurzfristig in die Gruppe „Signale in der Tier und Pflanzenwelt“ gesteckt. Meine neuen Gruppenmitglieder Amra und Miriam waren sehr nett und warfen deren Konzept, durch mich, noch einmal komplett über den Haufen. Wir machten uns aus, dass ich mich auf die Pflanzenwelt und die beiden anderen, sich auf das Tierreich konzentrieren sollten. Nach dem ersten Tag, an dem wir nur tierische Beispiele gesucht hatten, waren kaum sehenswerte Beispiele dabei und auf mein Spezialthema – Blütenökologie – konnten wir überhaupt nicht eingehen. Fertig, müde und leicht verzweifelt endete der Tag. Gott sei Dank, wurden Miriam und ich an Tag 2 vieler guter Beispiele (Wespen-Mimikri, Rotbauchunke, Osterluzeifalter etc.) fündig und wir schöpften neuen Mut. Unser Fachvortrag vor unseren Mitstudenten Sonntagabend, war zwar nicht so wie wir ihn geplant hatten, da uns die Gelsen dabei fast auffraßen. Ich konnte auch in den Augen meiner Kollegen sehen, dass sie lieber jeden Moment von diesem Platz verschwinden möchten - Prof. Hödl, Herr Eder und Tutoren mit eingeschlossen. Nach dem Fachvortrag gingen wir beide noch einmal auf die Suche nach Objekten und fertigten ein Plakat für unseren „Stand“. Ich zeichnete alle Sinne hinauf um auf die unterschiedlichsten Signale, wie Duft, Farbe, Geräusch, aufmerksam zu machen. 66 Eva Duchon & Miriam Trappl Signale in der Tier- u. Pflanzenwelt Auch unser Slogan „Warnen und Tarnen“ stand in Blockbuchstaben darauf, um den Kindern direkt einen Richtung zu geben, warum wir genau diese Objekte ausgewählt haben und weshalb wir z.B. den Laubfrosch so in einem Terrarium präpariert haben (um auf sein Tarnvermögen hinzuweisen). Didaktische Methoden und Hilfsmittel Bienentanz Schon bei unserer ersten Vorbesprechung einigten wir – damals noch 3 – uns auf den Bienentanz, um unsere geplante Unterrichtsstunde ein bisschen aufzulockern und um ein wenig „Spaß“ mit einzubauen. Wir entschieden uns für den Rundtanz und den Schwänzeltanz. Es sollte immer eine Lehrerin (Miriam) den Bienentanz erklären und dann einen Schüler/eine Schülerin auswählen, die den anderen Schülern alias Bienen den z.B. Rundtanz vortanzt. Danach steigen alle anderen „Bienen“ inklusive Lehrerinnen mit in den Tanz ein. Der Schwänzeltanz kam bei den Schülern - durch die Bank unglaublich gut an. Manche mussten Miriam und ich anfangs mehr motivieren mitzutanzen, jedoch als alle in Bewegung waren, konnten viele gar nicht mehr aufhören. Es war sozusagen unser kleines Highlight der Stunde, auf das wir uns jedes Mal wieder sehr freuten. 67 Eva Duchon & Miriam Trappl Rotlichtfolie Wir wollten ebenfalls die Idee des Rotlichtmilieu nutzen um zu zeigen, warum bestimmte Farben bei manchen Insekten so beliebt sind bzw. das Rot nicht von Bienen gesehen werden kann. Unter dem Motto: „Du bist jetzt eine Biene!“ ließen wir die SchülerInnen durch diese Folie hindurchblicken auf ein Feld von Scharbockskraut (gelbe Farbe) und auf Miriams Jacke (rote Farbe). Tatsächlich konnten die Schüler das Gelb sehr gut sehen, jedoch Miriams Jacke schlecht. Auch bei diesem Teil der Unterrichtsstunde, konnte ich die Begeisterung und Überraschung der SchülerInnen spüren, was mich sehr freute, da ich ursprünglich dieser „Übung“ eher skeptisch gegenüber stand. Signale in der Tier- u. Pflanzenwelt Osterluzeifalters malten die Kinder auf ihre Kärtchen und klebten diese in ihr Sammelalbum. Die 1. Klasse machte dies mit viel mehr Begeisterung als die 7. Die Älteren waren nicht ganz so leicht dafür zu begeistern. Das Riechen Um teilweise die Sinne der Schüler auszuschalten, verband ich ihnen daher die Augen und ließ sie an Malus sylvestris riechen. Ich wollte, dass die Schüler auf den „Rosengruch“ kommen, um ihnen so zu zeigen, dass der Apfelbaum zu den Rosengewächsen Rosacea gehört. Kescher und Lupenbecher Frei nach dem Motto „learning by doing“ ließen wir die Kinder in der Gegend herumlaufen, Falter, Käfer, Spinnen etc. fangen, und diese danach in Lupengläser präparieren. Dabei erzählten wir ihnen, was sie da gefangen haben, gaben Tipps für das richtige Keschern und wie man am besten die Objekte – ohne dass sie entwischen oder sterben – in die Gefäße bekommt. Sammelalbumkärtchen Von diesen Kärtchen hielt ich am Anfang auch nicht viel – vor allem bei der 7. Klasse, glaubte ich wenig daran, dass sie sich diese Kärtchen behalten würden. Wir ließen die SchülerInnen eine Rotbauchunke beobachten und den Bauch davon zeichnen. Auch die schöne Färbung des 68 Eva Duchon & Miriam Trappl 1.Tag: 7. Klasse Es gab ein paar Schwierigkeiten mit der Verständigung, da sehr viele Migranten in dieser Klasse waren. Wie bereits erwähnt funktionierten der Bienentanz und die Rotlichtfolien-Übung sehr gut, jedoch beim Zeichnen war eher wenig Begeisterung zu spüren. Der Wissensstand der Klasse war auf unterschiedlichstem Niveau, was das Unterrichten eher schwieriger machte, da manche SchülerInnen schon über einiges Bescheid wussten (z.B. Zoophilie), jedoch anderen SchülerInnen wiederum nicht einmal eine Honigbiene erkennen konnten. Am Vormittag besuchte Miriam und mich bei unserer 2. Unterrichtsstunde Prof. Hödl und erklärte, dass wir „die Schülern mit zuviel Information überhäufen und daher zu viel reden“ würden. Wir nahmen uns diese Kritik zu Herzen und änderten spontan unsere Stunde, ließen die Kinder mehr Signale in der Tier- u. Pflanzenwelt herumrennen, anschauen, angreifen und keschern, und ernteten so positives Feedback am Abend. 2.Tag: 1. Klasse Die Kleinen waren total begeistert, liebten das Zeichnen, tanzen, riechen, angreifen etc. und vor allem das Keschern! Viele rannten total begeistert durch die Gegend, mit einem Kescher bewaffnet, und fingen viele wunderschöne Falter (Osterlutzei, Aurorafalter etc.) Die Sammelkärtchen waren total beliebt und beim Schwänzeltanz blühten viele so richtig auf. Es war ein Spaß den SchülerInnen zu zuschauen und Miriam und ich hielten uns bei der ersten Klasse sehr zurück, ließen die Schüler hauptsächlich agieren und beantworteten eher deren Fragen „Was ist das?!“. Reflexion über LV Marchegg war unglaublich – es hat mir meine Schwachstellen aufgezeigt und mich dazu veranlasst, viele Bestimmungsbücher zu kaufen und in die Natur hinauszugehen, um die unterschiedlichsten Pflanzen zu bestimmen. Ich war in einer unglaublichen Gruppe, Miriam war total nett und auf meiner Wellenlänge – es war schön mit ihr zu unterrichten, und wir machten gutes Teamteaching. 69 Eva Duchon & Miriam Trappl Überhaupt, war die gesamt Truppe ein Wahnsinn und ich freue mich darauf sie bald wieder zu sehen. Am letzten Tag wollte ich überhaupt noch nicht heim! Grundsätzlich ist learning by doing und Anschauen und Angreifen einfach die beste Möglichkeit etwas zu lernen und zu verinnerlichen. Deshalb war für mich Marchegg auch so lehrreich. Die Tutoren und Herr Eder waren alle fachlich sehr kompetent und halfen uns Studenten wo sie nur konnten. Sie gaben uns nicht das Gefühl, dass sie uns bewerten würden – es war mehr ein Ausflug unter Kollegen und wenn sie etwas sagten, war es mehr ein gut gemeinter Ratschlag – aber niemals Kritik! Ich habe mich in unsere Gruppe sehr wohl gefühlt, viel gelernt und einiges von Marchegg mitgenommen. Dafür bin ich sehr dankbar, und bin froh, Teil dieser Marchegglehrveranstaltung gewesen zu sein und danke Eva, Düdlü und Erich für die schöne Zeit. Literatur Bücher: Agosta, C. Willaim: Dialog der Düfte – Chemische Kommunikation, Heidelberg; Berlin; Oxford; : Spektrum, Akad. Verlag., 1994Campbell, Neil u. Reece, Jane: Biologie; 8., aktualisierte Auflage; 2009; S. 995 ff. Bellmann, Heiko: Der neue Kosmos-Insektenführer, Stuttgart: Franchk-Kosmos Verlags-GmbH, 1999. Signale in der Tier- u. Pflanzenwelt Bertsch, Andreas: Blüten – lockende Signale, Ravensburg: Otto Maier Verlag, 1975Fischer, Manfred u Oswald, Karl: Exkursionsfauna für Österreich, Lichtenstein und Südtirol, 3.Auflage, 2008 Jacobs, Werner / Renner, Maximilian: Biologie und Ökologie der Insekten - Ein Taschenlexikon, Spektrum Akademischer Verlag, 1988 Lunau, Klaus: Warnen, Tarnen, Täuschen – Mimikry und andere Überlebensstrategien in der Natur, Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2002. Manfred A. Fischer, Wolfgang Adler, Karl Oswald: Exkursionsflora für Österreich, Lichtenstein und Südtirol, Land Öberösterreich- Oberösterreichisches Landesmuseum, 2005 Overy, Angela: Sex im Garten. Die raffinierten Verführungskünste der Pflanzen; 2000 Schaefer Matthias: Brohmer: Fauna von Deutschland, Wiebelsheim: Quelle & Meyer Verlag, 2006, 22. Auflage Schmid, Ulrich: Geheime Signale- Die spektakulären Sinne der Tiere, Stuttgart: Kosmos Verlags- GmbH & Co, 2004. Uexküll von, Jakob/ Kriszat, Georg: Streifzüge durch die Umwelten von Tieren und Menschen – Ein Bilderbuch unsichtbarer Welten, Bedeutungslehre, Frankfurt am Main: S.Fischer Verlag GmbH, 1970. Wagenitz, Gerhard: Wörterbuch der Botanik, 2.Auflage, 2003, S. 254 f Witzany, Günther: Biocommunication and natural genome editing. Springer Science+Business Media B.V., 2010. 70 Eva Duchon & Miriam Trappl Signale in der Tier- u. Pflanzenwelt Websites: http://de.wikipedia.org/wiki/Purpurrote_Taubnessel; Zugriff am: 13.6.2010 http://de.wikipedia.org/wiki/Scharbockskraut; Zugriff am: 13.6.2010 http://de.wikipedia.org/wiki/Sommer-Knotenblume; Zugriff am: 13.6.2010 http://www.google.at/imgres?imgurl=http://flora.nhm-wien.ac.at/Bilder-G-O/Leucojumaestivum.jpg&imgrefurl=http://flora.nhm-wien.ac.at/Seiten-Arten/Leucojumaestivum.htm&usg=__owDXTXNXxi5MUqBQ_XwuV3eIWPo=&h=450&w=60 0&sz=25&hl=de&start=8&um=1&itbs=1&tbnid=5f_vFzCpZFZfFM:&tbnh=101 &tbnw=135&prev=/images%3Fq%3Dsommerknotenblume%26um%3D1%26hl %3Dde%26sa%3DN%26tbs%3Disch:1; Zugriff am 13.6.2010 http://www.google.at/imgres?imgurl=http://www.therampantgardener.co.uk/Malus_sylvest risflowers.jpg&imgrefurl=http://www.therampantgardener.co.uk/malus_sylvestriscrab_apple.html&usg=__2m7QUWMJyhaelMLhmbpyvdVdHM=&h=600&w=450&sz=90&hl=de&start=6&um=1&itbs=1&tbnid=D DHdvWtBugoBxM:&tbnh=135&tbnw=101&prev=/images%3Fq%3Dmalus%2B sylvestris%26um%3D1%26hl%3Dde%26tbs%3Disch:1; Zugriff am 15.6.2010 http://www.google.at/imgres?imgurl=http://www.awl.ch/heilpflanzen/symphytum_officinal e/beinwell.jpg&imgrefurl=http://www.awl.ch/heilpflanzen/symphytum_officinal e/index.htm&h=393&w=570&sz=62&tbnid=GUOOGTA4SpjsM:&tbnh=92&tbnw=134&prev=/images%3Fq%3Dgemeiner%2Bbeinwell&hl=d e&usg=__GZQq8cU238ZIXVaytlJHy2ddMuk=&sa=X&ei=WwEaTJuJHsKhOL Xc3OwK&ved=0CB0Q9QEwAg; Zugriff am 14.6.2010 http://www.univie.ac.at/stv-biologie/pdf/KommunikationTierreich.pdf; Zugriff am: 12.6.2010 http://de.wikipedia.org/wiki/Nektar_(Botanik); Zugriff am 14.6.2010 71 Teresa Reiter & Katja Leidenfrost Bedeutung der Pflanzen für die Tierwelt am Beispiel der Tierspuren von Teresa Reiter & Katja Leidenfrost Fachlicher Teil Die Bedeutung der Pflanzen für die Tierwelt Jeder Biologe weiß, dass es ohne Pflanzen keine Tiere geben würde. Doch welche Bedeutung haben die Pflanzen nun wirklich für die Tierwelt? Setzt man sich intensiver mit dieser Thematik auseinander, erkennt man, wie viele Bereiche des Lebens durch die Existenz der Pflanzen gedeckt werden. Doch was braucht ein Tier nun alles zum Überleben? Jedes Tier muss atmen, das heißt, jedes Tier braucht den von den Pflanzen produzierten Sauerstoff, um Energie zum Leben zu bekommen. Außerdem ernähren sich sehr viele Tiere von Pflanzen. Es gibt keine Pflanze, egal ob lebend oder tot, und nicht einmal einen einzigen Teil der Pflanze, egal ob Wurzel, Stamm, Blätter oder Knospen, der nicht irgendeinem Tier als Nahrungsquelle dient. Im weiteren Sinnen ernähren sich Fleischfresser, von Pflanzenfressern. Das bedeutet, die Pflanze ist ein direkter oder indirekter Energielieferant für Tiere. Weiters liefert die Pflanze so auch das organische Material für den Zellbau tierischer Zellen. Doch die Pflanze hat auch eine große ökologische Bedeutung. Für viele Tiere dienen sie als Wohnort oder Behausung, sie liefern Material für den Bau ihrer Wohnungen, ermöglichen Tierspuren Unterschlupf, bieten Plätze zum Fangen von Beute, zum Balzen,… Eine einzige Pflanze, z.B. ein Baum, kann viele verschiedenen Tiere beherbergen und ernähren. Es gibt aber auch Pflanzen, z.B. Orchideen, die nur einen spezifischen Nahrungsgrund für eine einzige Art bieten. Allgemein kann man also sagen, dass es nicht nur ohne Pflanzen keine Tiere, sondern auch keine Pflanze ohne Tiere gibt. Wenn man sich in der Natur umsieht, könnte man meinen, es gäbe viel mehr Pflanzen als Tiere. Betrachtet man die Biomasse bezogen auf die Gesamtfläche der Erde, würde man sogar richtig liegen. Betrachtet man jedoch die Arten, so liegen die Tiere weit vor den Pflanzen. In Österreich gibt es etwa 10x so viele Tier- wie Pflanzenarten. Doch warum sehen wir dann hauptsächlich Pflanzen und nur so wenige Tiere? Der Grund ist, dass die Artendichte der Tiere oft geringer ist. Viele Tiere sind auch sehr klein und deshalb schwer zu finden. Außerdem verfügen sie über viele verschiedene Lebensräume: Erdboden, Wasser, Luft, ja sogar Holz oder sie leben als Parasiten in anderen Lebewesen. Ein anderer Grund ist noch, dass Tiere oft sehr scheu sind. Sowohl Jäger als auch Gejagte müssen sich gut verstecken bzw. tarnen können. Die Nachtaktivität ist eine weitere Strategie, um möglichst nicht gesehen zu werden. Diese Tiere brauchen dafür unter Tags ein umso besseres Versteck. Wie kann man nun mehr über Tiere, deren Aufenthaltsorte oder Lebensweise erfahren? Am besten man macht sich auf die Suche nach Tierspuren. Das Spurenlesen ist jedoch ein sehr komplexes Thema. Heute haben Tierspuren für die meisten Menschen nicht mehr die Bedeutung, die sie früher, zur Zeit unserer steinzeitlichen Jäger- und Sammlervorfahren hatten. Wer damals kein guter Spurenleser war, musste wohl oder übel verhungern. Da das Fleisch 72 Teresa Reiter & Katja Leidenfrost in der heutigen, modernen Gesellschaft aus dem Supermarkt kommt, spielt die Kenntnis von Tierspuren keine wirkliche Rolle mehr. Nur Jäger, Gärtner, Zoologen und Förster sind noch daran interessiert und haben Kenntnisse darüber. Jäger und Förster müssen Spuren erkennen können, um den Wildbestand richtig einzuschätzen. Für Forscher und Zoologen geben Tierspuren Aufschluss über Verhaltensweisen der Tiere und ermöglichen eine zielgerichtete Beobachtung. Auch die Kartierung von Säugetieren und viele Artenschutzprojekte weltweit stützen sich teilweise aufs Spurenlesen. Tierspuren Was sind Tierspuren überhaupt? Allgemein kann man sagen, dass zu den Tierspuren alles zählt, was ein Tier in seiner Umwelt hinterlässt. Grob kann man sie einteilen in: Fährten, Fraßspuren, Behausungen (Nester und Baue), sowie Losungen und Exkremente. Daneben gibt es noch eine Menge anderer Spuren wie z.B.: Skelettreste, Zahn-, Feder-, Haar- und Schalenfunde, Fegespuren, Gallen, Minen, Gespinste, Duft- und Sichtmarkierungen des Territoriums,… Fährten: Einen einfachen Pfoten- oder Hufabdruck bezeichnet man als Trittsiegel. Kann man die Trittsiegel über mehrere Schritte verfolgen, so spricht man von einer Fährte. Bei den Vögeln werden häufig die Ausdrücke Geläufe oder Tritt gebraucht. Am besten Tierspuren findet man Fährten auf weichem und/oder feuchtem Untergrund wie Schnee, Schlamm und Sand (Abb. 1). Abbildung 1: Rehfährte Anhand von Fährten kann man allerhand über das Tier erfahren. Anhand von einzelnen Trittsiegeln (Größe, Vorhandensein von Schwimmhäuten oder Afterklauen, Anzahl der Zehen…) bzw. der typischen Anordnung der Trittsiegel (z.B. beim Hasen) kann man oft schon das Tier bestimmen. Die Trittsiegel geben auch Auskunft über die Fußanatomie des Tieres (Abb. 2). Säugetiere können in drei Gruppen geteilt werden: • Sohlengänger: treten mit der ganzen Fußsohle auf und jede Extremität hat 5 Zehen. Diesen Fußtyp findet man v.a. bei Insektenfressern (z.B. Igel), bei einigen Raubtieren (z.B. Dachs, Bär) und den Primaten. • Zehengänger: treten nur mit den Zehen auf, da die Mittelfußknochen aufgerichtet sind. Meistens drücken sich Zehen- und Hauptballen ab. Die Anzahl der Zehen ist meistens verringert. Diesen Fußtyp findet man v.a. bei Raubtieren. Auch Vögel treten mit den Zehen auf. • Zehenspitzengänger: haben auch aufgerichtete Zehenknochen. Hier ist die Zehenanzahl noch mehr verringert. Die Endglieder sind mit kräftigen Hornscheiden, 73 Teresa Reiter & Katja Leidenfrost Tierspuren den Hufen, ausgestattet. Paarhufer (z.B. Hirsch, Reh, Schwein, Gemse) treten nur mehr mit den Spitzen der Zehen 3 und 4 auf. Bei Unpaarhufern (z.B. Pferd) ist nur noch die Zehe Nummer 3 vorhanden. Abbildung 3: oben - ziehendes Reh; unten - flüchtendes Reh Vögel bewegen sich hüpfend oder laufend fort. Beim Hüpfen liegen die Tritte nebeneinander, während sie beim Laufen hintereinander liegen. Abbildung 2: Fußanatomie Die Anordnung der einzelnen Trittsiegel verrät auch viel über die Bewegungs- oder Gangart. Im Gang stehen die einzelnen Abdrücke in geringem Abstand zueinander und die Hinterfüße werden mehr oder weniger genau in die Abdrücke der Vorderfüße gesetzt. Dadurch entstehen zwei Reihen von Abdrücken nebeneinander. Im Trab ist die Spur ähnlich wie im Gang. Die Abdrücke sind jedoch der Länge nach weiter auseinander, die Schrittbreite (Abstand zwischen linken und rechten Läufen) wird schmäler. Beim Galopp setzen die Tiere die Hinterfüße vor den Vorderfüßen ab und es wird jeder Fuß für sich abgedrückt (Abb. 3). Fraßspuren: Überreste von diversen Mahlzeiten findet man überall in der Natur. Fraßspuren sind Spuren, die Tiere an Pflanzen oder Tieren hinterlassen von denen sie sich ernährt haben. Spuren an Bäumen, Sträuchern, Kräutern, Obst,… geben Aufschluss über pflanzenfressende Tierarten. An allen Teilen der Pflanzen (Wurzel, Stamm, Äste, Blätter, Knospen) bzw. an allen unterschiedlichen Pflanzenarten können verschiedenen Fraßspuren unterschieden werden. Säuger hinterlassen Nagespuren, Vögel Abbildung 4: Fichtenzapfen: a ‐ Eichhörnchen; b ‐ Maus Pickspuren. Je nach Fraßbild lässt sich oft der Täter identifizieren. Durch Unterschiede im Gebiss, der Technik, der bevorzugten Nahrung, der Plätze der Fraßspuren,... bekommt man 74 Teresa Reiter & Katja Leidenfrost Informationen, um welches Tier es sich handeln könnte. So kann man z.B. an der Art, in der eine Nuss geknackt oder ein Zapfen bearbeitet wurde, feststellen, welches Tier sich davon ernährt hat: Mäuse fressen hauptsächlich an vor Feinden geschützten Plätzen am Boden und nagen jede einzelne Zapfenschuppe fein säuberlich ab. Sie hinterlassen eine glatte Zapfenspindel und einen Haufen Schuppen. Eichhörnchen nagen die Schuppen nur an und reißen sie dann ab, wodurch eine rauhe Spindel übrig bleibt (Abb. 4). Der Kreuzschnabel reißt mit seinem Schnabel die Schuppen der Länge nach auf und holt mit seiner beweglichen Zunge die Samen heraus, während der Buntspecht die Zapfen in einer Astgabel einklemmt und dann die Samen heraushackt. Den leergefressenen Zapfen wirft er zu Boden. Unter einem Baum mit einer sogenannten „Spechtschmiede“ findet man oft viele Zapfen. Auch die Höhe von Fraßspuren an Pflanzen kann Hinweise auf den Täter geben. Kleine Nagetiere und der Biber nagen den Stamm eher im unteren Bereich an, Rehe und Hirsche fressen die Rinde in 1,5-2m Höhe und Eichhörnchen nagen an den Ästen in der Baumkrone (Abb. 5). Tierspuren Abbildung 5: Fraßspuren am Baum Eine spezielle Nagetechnik findet man beim Biber. Dieser reine Pflanzenfresser nagt breite Stämme sanduhrförmig an und fällt so die Bäume, um an die frischen Zweige und Knospen des Baumes zu gelangen. An den Fraßspuren an der Rinde kann man die 2 großen Nagezähne gut erkennen (Abb. 6). 75 Teresa Reiter & Katja Leidenfrost Tierspuren verrät etwas über den Jäger, z.B. ob die Rupfung am Boden oder in erhöhtem Gelände, in Deckung oder in freiem Feld stattgefunden hat. Abgenagte Knochen müssen nicht immer nur auf Raubtiere hindeuten. Krähen und Füchse verschleppen oft größere Knochen, lassen sie irgendwo liegen und Mäuse benagen sie dann weiter. Sie decken so teilweise ihren Kalkbedarf. Insekten hinterlassen ihre Fraßspuren an Holz, Rinde und Blättern. Bekannt sind vor allem die Fraßbilder der Borkenkäfer (Abb. 7). Behausungen – Neste und Bauten: Die wenigsten Tiere haben einen festen Bau, in dem sie das ganze Jahr über leben. Meistens werden sie errichtet, wenn die Jungen aufgezogen werden Abbildung 6: Fraßspur Biber Reste von Raubtiermahlzeiten, wie Risse und Rupfungen, findet man seltener. Überreste von der Mahlzeit, wie z.B. Haare, Federn, Knochen und Schalen, können Aufschluss über den Jäger geben. So unterscheidet z.B. bei Federfunden durch der Zustand des Kiels über den Jäger: Von Raubtieren gerissene Vögel werden mit den Zähnen gerupft. Die Kiele sind abgebissen und stark zerfranst. Raubvögel knicken die Kiele bei der Rupfung bzw. zupfen die Federn aus, wodurch der Kiel meist schön erhalten bleibt. Auch der Fundort oder wenn eine Unterkunft über den Abbildung 7: Borkenkäfer und Fraßspur vom Specht Winter gebraucht wird. Behausungen kann man in allen Bereichen der Vegetation und im Boden finden. Sie sind oft so spezifisch, dass ein Rückschluss bis auf die Art möglich ist. Dachs, Fuchs, Maulwurf oder Wühlmaus haben unterirdische Baue mit einfachen bis teils sehr komplizierten Gangsystemen, die oft in Vorrats- oder Schlafkammern enden. Die Größe der Eingangsröhre, die Steilheit der Eingänge sowie Haare und Kot am Eingangsbereich geben Hinweise auf den Baubenutzer. Während Dachs- und Fuchsgänge steil abfallende Einstiegsröhren haben, liegen die 76 Teresa Reiter & Katja Leidenfrost Tierspuren Eingänge in den Kaninchenbau oft waagrecht. Manchmal sind auch dass das Nest mit Lehm ausgekleidet ist (Abb. 8). Untermieter einquartiert, deren Wohnbedürfnisse sich mit denen der Auch Eichhörnchen haben ihre Nester, den Kobel, hoch oben im Bauer decken (z.B. Füchse in Dachsbauten, wobei der Fuchs immer Baum. Es gibt jedoch auch Vögel, die Baumhöhlen bewohnen, wie in den Bau des Dachs einzieht). Fuchs- und Dachsbau kann man z.B. Spechte und Meisen. Kleiber, Fledermaus und Siebenschläfer dadurch unterscheiden, dass der Dachsbau sehr rein ist, während der besiedeln oft verlassene Höhlen. Fuchsbau oft streng riecht und am Eingang Kot sowie Beutereste zu Als Beispiele für Nester aus dem Insektenreich seien Wespennester finden sind. Man unterscheidet weiter Baue auf der Erde. Dazu und Ameisenhaufen genannt. zählen Nester und Mulden bodenbrütender Vogelarten sowie Lager von Säugetieren. Hasen verstecken sich in kleinen Mulden am Losungen und Exkremente: Boden, den Sassen. Die Schlafplätze von Rehen kann man dadurch Als Losung bezeichnet man Tierkot. Auch wenn es keine erkennen, dass sie meist überdacht sind und der Platz frei von verlockende Spur ist, Abbildung 8: a ‐ Nest Rotkehlche; b ‐ Nest Elster; c ‐ Spechthöhle Gräsern und Laub ist, da sie sich nur auf Erde, also den ist sie sehr nackten Boden, legen. Kleine Nester über der Erde, vorwiegend in aussagekräftig. Anhand der Losung kann man die Kräutern, Büschen und Sträuchern, werden von Kleinvögeln und Ernährungsgewohnheiten der Tiere erkennen, aber auch Zwerg- oder Haselmaus bewohnt. Die Nester bestehen meistens aus Informationen über ihre Lebensweise und ihr Verhalten bekommen. langen Grashalmen. Größere Vögel bauen ihre Nester in höheren Bei Säugern kann man aufgrund der Form, des Geruchs, der Farbe Büschen oder Bäumen. Jede Vogelart baut ganz spezifische Nester. und der Konsistenz sagen, ob der Kot von Fleisch- oder Sie halten die Nestform und –größe mit mathematischer Genauigkeit Pflanzenfressern stammt. Die Losung von Pflanzenfressern ist meist ein, sodass man die Bewohner oft leicht zuordnen kann. Die vollkommen entwässert und hat eine charakteristische Kugel-, Bauweise ist ihnen angeboren. Oft kann man auch am verwendeten Walzen- oder Bohnenform. Meist findet man viele kleine Material erkennen, um welchen Vogel es sich handelt. Hier einige „Bämmerl“ auf einem Haufen. Außerdem lässt der Kot oft Beispiele: Die Mönchsgrasmücke oder das Rotkehlchen bauen ihr Pflanzenreste erkennen. Er ist dadurch grünlich bis dunkelbraun Nest in sicheren Sträuchern. Das Baumaterial sind lange Gräser und oder fast schwarz gefärbt. Fleischfresser haben längliche, das Nest ist meist zwischen zwei Ästen aufgehängt. Die Elster baut spindelförmige oder schnurartig gekrümmte Losungen. Ihre ein schlampiges Nest aus kurzen Ästen, das sich meist in einer Konsistenz ist oft breiiger. Die Farbe ist heller und oft hat der Kot Astgabel befindet. Außerdem sind die Nester oft überdacht. einen sehr strengen Geruch, während der der Pflanzenfresser kaum Singdrosseln bauen ihr Nest ebenfalls in Astgabeln. Als Baumaterial riecht. Mitunter ist sogar eine Unterscheidung zwischen Männchen verwenden sie Gräser, dünne Zweige und Moos. Charakteristisch ist, und Weibchen möglich. 77 Teresa Reiter & Katja Leidenfrost Tierspuren Der Kot der Vögel sieht ganz anders aus. Vögel haben eine Kloake, in die Darm- und Harnröhre gemeinsam münden. Somit wird der breiig weiße Urin gemeinsam mit dem Kot ausgeschieden. Skelettreste: Auch Skelettreste verraten Abbildung 9: Skelett Rehbock einiges über die Lebensweise des Tieres (Abb. 9). Vor allem das Gebiss kann hilfreich und nützlich sein, in Bezug auf die Ernährungsgewohnheiten. Fleischfresser haben scharfe und spitze Zähen. Vor allem die Eckzähne sind als Reißzähne stark ausgebildet. Das Gebiss der Pflanzenfresser zeichnet sich dadurch aus, dass sie sehr hochkronige Backenzähne mit breiter Kaufläche besitzen, die sogenannten Mahlzähne. Diese werden mit der Zeit stark abgenutzt, weshalb sie oft auch zur Altersbestimmung verwendet werden. Die Schneidezähne von Nagetieren sind zu starken, wurzellosen Nagezähnen umgebildet. Im Gebiss der Insektenfresser findet man viele kleine spitze und kegelförmige Zähne. Fachdidaktik Didaktisches Grundkonzept Unser Grundkonzept bezog sich vor allem darauf, die Schüler/innen zum eigenen bzw. selbstständigen Arbeiten und Forschen zu motivieren. Wir wollten, dass sie auf Tierspuren aufmerksam werden und in Zukunft auch etwas damit anfangen können. Ein weiterer Schwerpunkt für uns war, dass wir den Schüler/innen einen Überblick über die wichtigsten Tierspuren geben wollten. Unser Konzept wurde immer wieder geändert und neu adaptiert, denn wir sind dann in Marchegg während der Vorbereitung noch auf so einiges gekommen und selbst das haben wir dann in weiterer Folge wieder verändert. a) Didaktische Reduktion: Aufbereitung für die Schüler/innen Bezüglich des Plans unserer Station konnten wir uns erst vor Ort so richtig Gedanken machen, weil wir erst schauen mussten, was wir an Tierspuren finden würden und wo diese Plätze sind. Zuerst wollten wir auf dem Gehweg vom Bahntunnel weg bis zur March gehen und dort die Stationen machen, weil wir auf der „Straße“ tolle Fährten fanden, jedoch mussten wir leider am nächsten Tag feststellen, dass diese von einem Auto überrollt wurden. Ein weiterer Grund für die Wahl dieses Stationsbereiches war auch, dass wir dort große Spechtlöcher, Bibernagespuren sowie Biberrutschen, aufgebrochene Muscheln (wahrscheinlich von einem Fischotter) und tolle Holzkäferspuren fanden. Leider meinte es das Hochwasser der March nicht recht gut mit uns, denn der Gehweg dorthin war bereits am nächsten Tag ziemlich überschwemmt und selbst mit Gummistiefel nicht mehr erreichbar. Darum entschieden 78 Teresa Reiter & Katja Leidenfrost wir uns dann für einen anderen Standort und entdeckten bei einer kleinen Wanderung durch den Auwald ebenfalls tolle neue Tierspuren. Wir fanden 2 verschiedene Vogelnester (Elster, Rotkehlchen), viele Fährten (Reh, Dachs, Hund), Kot (Fleischfresser, Pflanzenfresser), Dachsbaue, Sassen, einen Rehschlafplatz, Scheuerstellen, Skelette (Dachs, Rehbock, Hase) und legten zusätzlich noch angenagtes Biberholz ans Wasser. Als wir dann die (für uns wichtigsten) Spuren mit Luftballons (im Umkreis von ca. 5m) markierten, gingen wir die Strecke noch öfters ab, um auch das Zeitmanagement zu berücksichtigen. Schlussendlich waren wir dann mit unserer Planung und Station sehr zufrieden. Wir überlegten weiters, ob wir den Schüler/innen irgendeine Erinnerung an die Tierspuren in Marchegg mitgeben könnten. Nach langem Hin und Her und der dortigen Vielzahl an leeren Weinbergschneckenhäusern, bastelten wir dann aus diesen Schneckenhäusern schöne Schlüsselanhänger, auf die wir „Marchegg ‘10“ schrieben. Jede/r Schüler /in durfte (aber musste natürlich nicht) sich eines mitnehmen, was auch beinahe jeder tat und es schien, als würden sie sich darüber freuen. Tierspuren beim Dachsskelett Einsammeln b) Reflexion: Was hat geklappt? Was hat nicht geklappt? Unser erstes didaktisches Konzept war leider sehr theoriebelastet und fand in diesem typischen Lehrer-Schüler-Gespräch statt, zudem von unseren Seiten immer wieder Fragen gestellt wurden, die schon eine Lenkung auf die richtige Antwort beinhalteten. Der erste Tag mit den Schülern einer 5. Klasse verlief so, dass wir zuerst mittels eines Plakates, wo verschiedene Tierspuren versteckt waren, eine Einführung in das Thema gaben. Dann ließen wir die Gruppe gemeinsam nach Tierspuren im Wald suchen (es waren Luftballons zur Kennzeichnung einer Spur angebracht), wobei wir zwei der Gruppe gefolgt sind und so wurde es eher zu einer gemeinsamen Suchaktion. Ein Lehrer-Schüler-Gespräch zog sich sozusagen durch die gesamten 35 Minuten. Wir merkten, dass die Schüler/innen dadurch ihr selbstständiges Suchen bzw. Forschen nicht verwirklichen konnten. Am zweiten Tag konnten wir schon einiges verbessern und ich denke, dass sich das Endresultat schon echt sehen lassen konnte. Wir hatten uns überlegt (und auch den Tipp bekommen), dass wir die Schüler/innen noch viel mehr zum selbstständigen Forschen bringen sollten. Deswegen haben wir dann „Spur-Detektiv-Pässe“ 79 Teresa Reiter & Katja Leidenfrost gebastelt, die den Schüler/innen sozusagen als Forscherpässe dienten und in denen sie ihre Spurenfunde dokumentieren sollten. Dabei mussten sie mindesten 4 Tierspuren finden (egal wo und was) und folgendes dokumentieren: a) Welche Tierspur hast du gefunden? b) Von welchem Tier? c) Was hat das Tier hier gemacht und wozu? Der zweite Tag verlief dann also so, dass wir den Schüler/innen (wieder einer 5. Klasse) mittels des Plakates eine kurze Einführung gaben und dann mit ihnen gemeinsam die Strecke durch den Wald bis ans andere Ende unserer Station gingen, wodurch sie gleich den Weg kannten und sehen konnten, wo sich circa die Luftballons befanden. Wir gaben ihnen dann dort ihre Pässe und 15 Minuten Zeit um selber (alleine) auf die Spurensuche zu gehen. Katja und ich warteten inzwischen am Treffpunkt. Das funktionierte sehr gut und zu meiner Überraschung gingen wirklich die meisten Schüler/innen alleine auf die Suche. Auch für Katja und mich war es eine sehr angenehme Entlastung. Danach kamen die Schüler/innen wieder und wir ließen uns von ihnen auf dem Weg zurück die Spuren zeigen und sprachen sie mit ihnen kurz durch (kurzer theoretischer Input). Tierspuren Methode: Die theoretische Einführung als Lehrer-Schüler-Gespräch, also ein gemeinsames Erarbeiten was Tierspuren sind, welche es gibt und vor allem was sie aussagen können. Die Tierspurensuche als offene Unterrichtsmethode, bei der die Schüler/innen Zeit haben um frei zu arbeiten. Die abschließende Besprechung der Spuren als Frontalunterricht bzw. ebenfalls als Lehrer-Schüler-Gespräch. Abschließend wollen wir noch anmerken, dass diese Lehrveranstaltung unserer Meinung nach wirklich sehr viel bringt, denn jeder von uns konnte sich sicherlich so einiges an Fachwissen, wie auch an didaktischen Bereicherungen mitnehmen. Stets in Erinnerung behalten wir unsere traditionellen Feedback-Runden, als auch Feedback-Feedback-Runden (und die dabei fast entstandene Feedback-Feedback-Feedback-Runde ;-) c) kurze Zusammenfassung: Was war das Lehrziel? Was war die Methode? Lehrziel: Die Schüler/innen zum Eigentätigkeit und zum selbstständigen Forschen animieren! Sie sollten einen Überblick über die wichtigsten Tierspuren bekommen und auch erfahren, was alles Tierspuren sein können. Wir wollten ihnen die Augen für die Natur mit ihren Tierspuren öffnen, damit sie darauf aufmerksam werden und auch in Zukunft genauer hinschauen. 80 Teresa Reiter & Katja Leidenfrost Tierspuren Literatur Bang, P. & Dahlström, P. (2000). Tierspuren, BLVBestimmungsbuch Hecker, F. (2006). Welche Tierspur ist das? Stuttgart: Kosmos Richarz, K. (2006). Tierspuren, Stuttgart: Ulmer Ohnesorge, G. (1995). Tierspuren und Fährten in Feld und Wald, Augsburg: Naturbuchverlag Bouchner, M. (1982). Der Kosmos-Spurenführer, Spuren und Fährten, Stuttgart: Frankh´sche Verlagshandlung 81 Nicole Eder, Marina Findeis & Alexandra Roither TIERSPUREN Schnitzeljagd auf Umwegen von Nicole Eder, Marina Findeis & Alexandra Roither Fachliches Was ist eine Tierspur? Im Allgemeinen bezeichnet man mit dem Begriff „Tierspur“ alle großen und kleinen Beweise, die uns sagen, WO, WELCHES Tier, eventuell auch WANN gewesen ist. Sie kann Auskunft über die Existenz, das Verhalten, Populationsgrößen und die Ernährung geben. Neben dem Jäger, dem Bauern oder dem Gärtner ist die „Kunst des Spurenlesens“ vor allem für Naturvölker von erheblicher Bedeutung, da ihr Überleben von einer erfolgreichen Jagd abhängt. Grundsätzlich werden Tierspuren in folgende Spurenarten zusammengefasst: Fährten/Trittsiegel, Fraßspuren, Losung/Kot, Gewölle/Speiballen, Bauten/Nester/Verstecke und sonstige Spuren (z.B. Federn, Eier, Fegen …). Eine Fährte/ein Trittsiegel ist ein Abdruck eines Fußes, Hufs, einer Pfote oder einem Lauf eines Tieres. Unterscheidungsmerkmale sind: Anzahl und Stellung der Zehen, vorhandene Krallen, sowie Gangart, Bewegungsgeschwindigkeit und -zweck (z.B. Flucht, Angriff, Spiel, …). Man muss dabei besonders die Art des Untergrunds (z.B. Sand, Schnee, Erde), dessen Beschaffenheit (z.B. weiche, hart, …), das Alter des Abdruckes und die Umweltbedingungen beachten. Tierspuren Die Nahrungssuche und –aufnahme zählt zu den wichtigsten Tätigkeiten im Leben eines Tieres. Da jede Tierart individuelle Fraßspuren hinterlässt, kann anhand dieser erkannt werden, um welches Tier es sich genau handelt. Es gibt beispielsweise Fraßspuren an Nüssen, Früchten oder Pflanzen. Auch der Tierkot/die Losung zählt zu den wichtigsten Hinweisen, die uns Tiere über sich hinterlassen können. Er dient als Indiz nicht nur dafür, welches Tier an einer Fundstelle gewesen ist und was es gefressen, sondern man kann dadurch auch sehr viel über die Lebensweise einer Tierart erfahren (Pflanzen- oder Fleischfresser,…). Als Gewölle/Speiballen bezeichnet man die ausgespieenen, unverdaulichen Überreste der Nahrung von Greif- und Eulenvögeln. Jede Tierart hat in ihrem Territorium zumindest zeitweise irgendeine Art von Behausung, ob es nun Bauten, Nester oder Verstecke sind. Diese bieten Schutz vor Feinden, der Witterung, dienen der Jungenaufzucht und als Schlafplatz, können Tagesverstecke oder Überwinterungsmöglichkeiten sein. Je nach Größe, Form, Baumaterial und Platzwahl sind die Bauten/Nester/Verstecke sehr unterschiedlich. Man findet einfache Liegeplätze auf dem Boden bis hin zu kompliziert verzweigten und teilweise mehrere Etagen beinhaltende Wohnbauten. Tierspuren findet man überall und sie sind es wert, dass man sich näher mit ihnen beschäftigt. Im folgenden Abschnitt werden Themen unseres Spurenpakurs erläutert. …………….. 82 Nicole Eder, Marina Findeis & Alexandra Roither Spurensuche: Fraßspur des Bibers Klasse: Säugetiere (Mammalia) Unterklasse: Höhere Säugetiere (Eutheria) Ordnung: Nagetiere (Rodentia) Unterordnung: Biberverwandte (Castorimorpha) Familie: Biber (Castoridae) Europäischer Biber (Castor fiber): Größe: Gewicht: ca. 80–100cm (Kopf-Rumpf-Länge) ca. 30- 40 cm (Schwanzlänge) ca. 15 – 30 kg Besondere und äußere Merkmale: • größtes Nagetier in Europa, zweitgrößtes weltweit • meist dunkelbraun mit dichter Unterwolle und steifen Granenhaaren • plumpe Gestalt, hinten deutlich dicker als vorne • die kleinen Vorderpfoten dienen dem Greifen, Hinterzehen durch Schwimmhäute verbunden • Nagezähne: gelb-orange, ragen weit hervor • Schwanz (=Kelle) ist breit, abgeplattet, schuppenbedeckt und unbehaart • Geschlechter sind äußerlich nicht bzw. kaum unterscheidbar • wird oft mit der Biberratte (Nutria) verwechselt, diese hat jedoch im Vergleich zum Biber meist ein gelb-bräunliches Tierspuren Balg, wobei oft auch Variationen möglich sind, weiters ist sie viel kleiner (ca. 45-65 cm) und leichter (ca. 6-10 kg) Fortpflanzung: • Biber leben in monogamer Dauerehe • mit ca. 2-3 Jahren geschlechtsreif • Paarungszeit ist von Dezember bis April • Tragzeit sind ca. 105 bis 107 Tage • Anzahl der Jungen liegt ca. bei 2-5 • Junge kommen behaart und sehend auf die Welt • Junge werden nach ca. 2,5 – 3 Monaten recht schnell aus der „Mutterstube“ gebissen und auf sich alleine gestellt, deshalb auch relativ große und schnelle Verbreitung Ernährung: • Sommer: Wasserpflanzen und deren Wurzeln, sowie fast alle Uferpflanzen seines Lebensraumes, Schilfstängel, Krautpflanzen, Gräser, Triebe, Rinde, geschrotetes Holz von Weichhölzern, wie Erlen, Weiden und Pappeln • Winter: hauptsächlich Rinde • in der Nähe von Landwirtschaften frisst er auch Klee, Mais, Getreide oder Fallobst • für den Winter legt er Vorräte unter Wasser an Spuren des Bibers: • Losung: 2- 2,5, cm lang, ca. 2 cm dick, kugelig mit Pflanzen und Holzresten, wird immer im Wasser abgesetzt • Tritt und Spur: meistens 4 Zehenabdrücke, Krallen der Vorderpfoten fast immer erkennbar, auf weichem Boden 83 Nicole Eder, Marina Findeis & Alexandra Roither Tierspuren kann man gelegentlich Schwimmhautreste der Hinterpfoten erkennen, oft auch Schleifspur der Kelle in der Spurmitte Revierzeichen: Biberspuren, Staudämme, Nagespuren, Biberkanäle • • • • Charakteristische Kennung des Bibers: Der Biber dreht beim Fällen des Baumes den Kopf auf die Seite und beginnt, zu nagen. Dadurch entsteht eine ganz charakteristische einförmige Einkerbung im unteren Bereich des Baumes. • • • vorwiegend dämmerungs- und nachtaktiv guter Schwimmer und Taucher (bis zu 20 Minuten) als Warnsignal: lautes Aufschlagen der Kelle aufs Wasser In steilen Uferpartien von stehenden Gewässern gräbt er Baue, die er mit Pflanzenteilen und Spänen auspolstert In flachem Wasser baut er mächtige Burgen (bis zu 15 m Durchmesser und einige Meter hoch) aus Zweigen, Ästen und Reisig, Eingänge immer unter Wasser Funktion der Staudämme: Regulierung des Wasserstandes – IN MARCHEGG BAUEN BIBER KEINE BURGEN ODER DÄMME, DA GENÜGEND WASSER VORHANDEN IST Wissenswertes und Ökologisches: • Biber wurden in Europa bis auf Restvorkommen an der Rhone, in Norwegen und in Russland ausgerottet. Gründe: - Verwendung des Bibergeil (Drüsensekret, dem wundersame Kräfte zugeschrieben wurden) - Nutzung als Fastenspeise (die katholische Kirche zählte den Biber aufgrund des schuppigen Schwanzes lange Zeit zu den Fischen) - Pelzgewinnung • In den letzten Jahrzehnten wurden er jedoch wieder erfolgreich angesiedelt. Heute sind fast alle Donau Nebenflüsse von Bibern besiedelt, die Biberaktivität ist meist auf den unmittelbaren Lebensraum bzw. Uferbereich begrenzt Lebensweise: • bewohnt Flussauen Durch ihre Grabtätigkeit können sie in Zivilisationslandschaften teilweise erhebliche Schäden 84 Nicole Eder, Marina Findeis & Alexandra Roither anrichten, jedoch NICHT in der Forstwirtschaft, forstliche Schäden (durch das Fällen der Bäume) sind eher selten Sie bereichern jedoch kleinere Bachsysteme durch ihre Dammbaue und ihre Baumfällerei, da sie dadurch Stillwasserzonen schaffen, die Wasserfläche vergrößern und das Waldkronendach lichten. Dadurch wird natürlich auch Platz für andere Arten geschaffen. nahezu vollständiges Skelett von einem Reh: Vergleich: Raubtiere vs. Fluchttiere Raubtiere: Allgemeiner Körperbau: Raubtiere haben oft einen kraftvollen Körperbau, der aber dennoch wendig und geschmeidig sein muss, um Beute fangen zu können. Beute können sie jedoch nur fangen, wenn sie sich schnell bewegen können – ihr ganzes Skelett ist darauf ausgelegt. Elle und Speiche sind miteinander verwachsen, wobei die Elle und das Wadenbein besonders kräftig ausgebildet sind. Raubtiere sind entweder Sohlen- oder Zehengänger. Zehengänger sind beispielsweise Füchse, Sohlengänger Bären oder Dachse. Allen Raubtieren gemeinsam ist der verwachsene Handwurzelknochen und das nur rudimentär vorhandene Schlüsselbein. Weiters haben die meisten Raubtiere Krallen an ihren Zehen Gebiss und Schädel: Tierspuren Zahnformel: Incisivi (Schneidezähne) 3/3 Canini (Eckzähne) 1/1 Prämolare (Vorbackenzähne) 4/4 Molare (Backenzähne) 3/3 In der Regel sind die Eckzähne, auch Fangzähne genannt, extrem verlängert und erinnern von der Form an Dolche. Die meisten Arten besitzen je 6 kleine Schneidezähne im Ober- und Unterkiefer. Charakteristisch für alle Landraubtiere ist die so genannte Brechschere. Diese besteht aus 2 scharfen Reißzähnen, die dazu dient, um Fleisch zu zerschneiden. Bei manchen Säugetieren, wie beispielsweise der Hyäne, ist sie sogar so kräftig, dass man damit Knochen aufbrechen kann. Die restlichen Backenzähne sind bei manchen Arten sogar reduziert. Charakteristisch sind die beiden Jochbögen, eine große Schläfengrube und die Verbindung von Augenhöhle zum Schläfenfenster. Unter- und Oberkiefer sind so fest miteinander verankert, dass er sich nur auf- und abwärts bewegen kann, Seitwärtsbewegungen wie bei Pflanzenfressern sind jedoch nicht möglich. Die Augen der Raubtiere sind oft nebeneinander am Schädel angebracht, was eine Fokussierung ermöglicht. Fluchttiere: Allgemeines zum Körperbau: Fluchttiere haben oft einen lang gestreckten Gesichtsschädel. Dieser ist oft sehr wuchtig und wird fast ausschließlich vom Oberkiefer 85 Nicole Eder, Marina Findeis & Alexandra Roither gebildet. Die Augen liegen oft seitlich am Kopf, was ihnen dabei hilft, rundum zu sehen und eventuelle Räuber früh zu erkennen. Die Ohren sind oft lang und sehr beweglich, was ihnen ebenfalls ein Früherkennen eines potentiellen Räubers ermöglicht. Tierspuren Eine Besonderheit in Marchegg ist beispielsweise das Feldreh. Normalerweise flüchten Rehe in den Wald, wenn sie Gefahr wittern. In Marchegg gibt es eine bestimmte Art von Rehen – die Feldrehe – die bei Gefahr nicht in den Wald, sondern aufs Feld flüchten. Ein weiteres charakteristisches Merkmal der Fluchttiere ist die Reduktion der Zehenanzahl, das heißt sie sind Spitzengänger. Sie haben nur mehr eine funktionstüchtige Zehe,, nämlich die Mittelzehe die anderen 3 sind zurückgebildet, jedoch als Griffelbeine erhalten. Rund um diese Zehe bildet sich der so genannte Hufschuh, der das letzte Zehenglied vollständig ummantelt. Ist dies der Fall, spricht man von Unpaarhufern. Beispiel hierfür ist Pferd. Im Unterschied dazu sind die 3. und die 4. Zehe besonders stark entwickelt und dient als Auftritt. Beispiele hierfür sind Rehe oder Schweine. Gebiss und Schädel: Bei karnivoren Säugetieren sind die Eckzähne fast genauso groß wie die Schneidezähne. Diese sind sehr breit und können dadurch gut Pflanzen „abschneiden“. Die Eckzähne sind jedoch reduziert bis fast fehlend. Die molarisierten Prämolaren und Backenzähne dienen dazu, die Nahrung zu zermahlen (=Mahlzähne). Diese sind statt der Reißzähne (wie bei Fleischfressern) ausgebildet. Die raue Oberfläche der Zähne ermöglicht das Zerkleinern von Gras und anderen Pflanzen. Anders als bei Fleischfressern sind transversale Kaubewegungen möglich. Oft kommen zahnfreie Abschnitte vor (wie beispielsweise die Hornplatte bei Rehen). Gewölle der Waldohreule Alle Tiere müssen unverdauliche Bestandteile ihrer Nahrung irgendwie loswerden. Dies passiert in der Regel durch Kot/Losung. Eulen- , Krähen- und Greifvögel verschlingen ihre Beute oft im Ganzen. Die unverdaulichen Bestandteile der Nahrung (Federn, Fell, Knochen, Panzer, ect.) können nicht in Form von Kot ausgeschieden werden. Diese Vögel haben im Laufe der Evolution eine spezielle Strategie entwickelt um diese Nahrungsreste dennoch ausscheiden zu können. Ihr Magen ist in zwei Teile aufgeteilt, den Muskel- und 86 Nicole Eder, Marina Findeis & Alexandra Roither den Drüsenmagen. Die verdauliche Nahrung wandert in den Drüsenmagen, wird dort verarbeitet und dann in Form von Kot ausgeschieden. Die unverdaulichen Reste der Nahrung (Federn, Knochen, ect.) gelangen in den Muskelmagen, werden dort eingeschleimt, zusammengepresst und gesammelt. Zwei bis drei mal am Tag werden diese Speiballen, auch Gewölle genannt, ausgespien. Das Gewölle von Eulen- und Greifvögeln ist meist walzenförmig. Die Magensäure von Eulenvögeln ist relativ schwach und deshalb kann man in deren Gewölle oft gut erhaltene Überreste finden. Greifvögel rupfen und zerkleinern ihre Beute vor dem Fressen und verfügen zudem über einen weitaus aggressiveren Magensaft, deshalb kann man in den Gewöllen dieser Tiere oft keine kompletten Knochen oder ähnliches finden. Kot besteht im Allgemeinen ebenso aus unverdaulichen Nahrungsteilen wie Haaren, Federn, Chitinpanzern, abgestoßenen Darmzellen und Schleim. Die Größe, die Form, die Konsistenz, die Farbe und der Geruch können Aufschluss über die jeweilige Tierart geben. Es muss nur beachtet werden, dass bestimmte Witterungseinflüsse den Kot verändern können, was eine Bestimmung wiederum nicht immer einfach macht. Die Losung von Pflanzenfressern findet man am häufigsten, da die Nahrung verhältnismäßig arm an Nährstoffen ist. Dadurch müssen Pflanzenfresser umso mehr Nahrung aufnehmen, was dem entsprechend zu häufigerer Ausscheidung führt. Der Kot ist aufgrund dessen eher körnig und trocken-hart. Tierspuren Die Losung von Fleischfressern findet man erheblich seltener, da diese aufgrund ihrer eiweißreichen Nahrung weniger fressen müssen. Der Kot enthält Reste von Haaren und Knochen und ist demnach länglich-walzig und normalerweise kräftig. Die Losung von Insektenfressern ist gekennzeichnet durch einen hohen Anteil an Chitin – der Kot ist länglich und leicht bröselig. Fraßspur eines Spechtes Klasse: Ordnung: Familie: Vögel (Aves) Spechtvögel (Piciformes) Spechte (Picidae) Spechte haben einen gestreckten Körperbau. Besonders auffallend ist der starke, meißelförmige Schnabel, der bei einigen Spechtarten fast so lange wie der Kopf ist. In diesem Schnabel besitzt der Vogel eine hornige Zunge, die mit Widerhaken am Ende versehen ist. Mit Hilfe dieser beiden Körpermerkmale sind Spechte fähig, mit erheblichem Kraftaufwand und Ausdauer gegen Baumstämme zu klopfen. Dabei zerkleinern sie das Holz in Späne und hämmern sich so Rillen, aus denen sie mit der widerstandsfähigen Zunge Insekten oder andere Tiere herausholen. Das Klopfen hat jedoch auch den 87 Nicole Eder, Marina Findeis & Alexandra Roither Zweck, ihr Revier zu markieren oder Geschlechtspartner anzulocken (=Trommeln/ Balzverhalten). Die Flügel sind abgerundet, der Schwanz oft keilförmig. Dieser dient als Stütze beim hinaufklettern auf den Baum. Die Füße sind sehr kurz. Spechte verbringen die meiste Zeit damit, am Baum zu klettern oder zu hüpfen, nur ungern fliegen sie weitere Strecken. Tierspuren Der große Buntspecht hackt oft Vertiefungen, in denen er Tannenzapfen oder Nüsse festkeilt, während er sie bearbeitet. Die so genannten Spechtschmieden erkennt man stets an den Resten der bearbeiteten Nahrung, die entweder noch im Loch sind oder darunter liegen. In fast allen Gebieten der Erde sind Spechte zu finden. Meist leben sie einzeln, nur teilweise findet man sie paarweise, zum Beispiel in der Brutzeit, in der sich auch größere Gruppen zusammen finden. Spechte sind Höhlenbrüter und legen in die von sich selbst angefertigten Höhlen 3 bis 8 weiße Eier, die dann von beiden Geschlechtern ausgebrütet werden. in Österreich häufig vorkommende Arten Erkennung anhand ihrer Spuren: - Dreizehenspecht (Picoides tridactylus): Die Schnabelspitze ist zusammengedrückt und hinterlässt dadurch schmale Spuren auf dem Stamm. - Schwarzspecht (Dryocopus martius): An den Seiten des Loches und den Spänen, die der Schwarzspecht „produziert“, sieht man die Schnabelmarken recht deutlich. Auch Baumstümpfe und ältere Stämme werden vom Schwarzspecht fast vollständig zerhackt und gesplittert. - Buntspecht (Dendrocopus major): Didaktisches Nach langem hin und her waren unsere unzähligen Gedanken und Ideen endlich geordnet und zu einem soliden, freilanddidaktischem Unterrichtskonzept fusioniert. Unser Plan sah vor, eine Art „Schnitzeljagd“ mit den Kindern zu veranstalten. Zuerst machten wir mit ihnen ein Brainstorming um sämtliche Tierspuren, die ihnen einfallen, gedanklich zu sammeln. 88 Nicole Eder, Marina Findeis & Alexandra Roither Tierspuren Anschließend gab unsere Gruppe den Schülerinnen und Schülern noch eine kurze Einführung in das Thema „Tierspuren“, die auf allgemeinen Informationen basierte. Wir erzählten ihnen wie man Spuren erkennt, was man alles aus den Spuren herauslesen kann (z.B. die Größe eines Tieres, ob es Herdentier oder Einzelgänger, Pflanzenoder Fleischfresser war, …) und wozu man sich überhaupt mit Tierspuren beschäftigt. Dann erklärten wir ihnen das Prinzip unseres Stationsablaufes. Wir suchten schon am Tag der Ankunft in Marchegg fleißig nach den verschiedensten Tierspuren in der umgebenden Au. Schließlich einigten sich dann unsere Gruppemitglieder auf fünf prominente Spuren bestehend aus einer Fraßspur eines Bibers, einem Gewölle, einem fast vollständigem Rehskelett, tote Fledermäusen und Spuren eines Spechtes. Erstes Konzept: Wir hätten also bei unserer ersten Tierspur, einem von einem Biber angenagten Baum, begonnen. Dort wollten wir ursprünglich zwei verschieden farbige Wegweiser aufstellen, die in verschiedene Richtungen weisen. Auf jedem Wegweiser würde ein Tiernamen stehen (bei unserer ersten Spur waren beispielsweise die Begriffe „Biber“ und „Fischotter“ geplant) und die Kinder anweisen sich in der Gruppe für ein Tier zu entscheiden, von dem sie glauben, dass es diese Spur hinterlassen hat. Nachdem sie sich gemeinsam entschieden hätten, sollten sie nun dem Wegweiser, der eine bestimmte Farbe haben sollte, folgen und sich immer weitere, gleichfarbige Wegweiser halten um, wenn sie den richtigen Weg ausgewählt hätten, zur zweiten Spur zu kommen. Wenn die Schülerinnen und Schüler jedoch den falschen Weg gewählt hätten, dann würden zu einem Umschlag mit der sich darin befindlichen Botschaft „falsch“ kommen und müssten wieder zurück zur vorherigen Ausgangsspur gehen. Beim 89 Nicole Eder, Marina Findeis & Alexandra Roither Wählen des richtigen Weges würden sie dann zur zweiten Spur kommen, dem Gewölle einer Waldohreule. Die Kinder sollten dort zum einen zwei weitere anders farbige Wegweiser finden und zum anderen ein Kuvert mit einem Buchstaben darin finden, wie bei jeder weiteren Spur auch. Nach der Entscheidung der Kinder, egal ob richtig oder falsch, würden wir ihnen natürlich auch noch erklären, warum diese Spur von diesem bestimmten Tier stammt oder nicht. Am Ende sollten die Kinder aus den Einzelbuchstaben in den Umschlägen ein Lösungswort bilden. Als Preis gäbe es dann Süßigkeiten und ein von uns angefertigtes Bestimmungsheft. Wir wussten natürlich, dass uns sowohl eine Oberstufe als auch eine Unterstufe besuchen würde. Am Ende sollte dann jede Gruppe der Unterstufe noch zusätzlich eine Urkunde bekommen, die wir zu Hause vorbereitet hatten. So weit - so gut. Wir hatten alles vorbereitet. Wegweiser, Urkunden, Lösungswörter und Bestimmungshefte waren fertig gebastelt. Es musste vor Ort dann nur noch alles zurechtgelegt und passend zu den gefundenen Spuren beschriftet und ausgefüllt werden. Während dieser Arbeiten vor Ort bemerkten wir dann aber einige didaktische Unstimmigkeiten. Das Problem war folgendes: wir konnten den Kindern den fachlichen Hintergrund zu einer Spur ja nicht schon vor ihrer Entscheidung liefern, da wir sie ihnen ja dadurch abgenommen hätten. Folglich mussten wir die Informationen danach liefern. Das wäre kein Problem, wenn sie sich für den falschen Weg entscheiden würden. Da sie ohnehin zur Spur zurückgehen müssten um den anderen Weg zu wählen. Somit gäbe es dann unsere Erklärung direkt bei der betreffenden Spur. Das Problem entsteht nur dann, wenn sie sich gleich anfangs für den richtigen Weg entscheiden würden. Dieser führt sie zur zweiten Spur. Erst dort erfahren sie durch das Vorhandensein der nächsten Spur und durch das Kuvert mit einem Tierspuren Buchstaben darin, welches Tier die vorherige Spur hinterlassen hat. Die Erklärung zur ersten Spur könnte man ihnen also erst vor der zweiten Spur geben. Didaktisch wäre das ein völliger Schwachsinn. Zweites Konzept: Am Abend vor der Ankunft der ersten Schulklasse musste unsere Gruppe demnach ein völlig neues Konzept erarbeiten. Nach elendslangen Diskussionen und einer schlaflosen Nacht hatten wir unseren Plan dann umgekrempelt. Wir verzichteten auf die Irrwege. Von den zwei Wegweisern pro Spur blieb nur noch ein Schild übrig, indem wir einfach die Pfeilspitze abschnitten. Die Kuverts mit dem Buchstaben bzw. mit dem „leider falsch“- Kärtchen wurden direkt bei den Schildern angebracht. Die Pfeile, die von der einen Spur zur nächsten führten, wurden demontiert. Die Schülerinnen und Schüler mussten sich zwar noch immer beraten und für eine Lösung entscheiden, sowie einen Umschlag wählen, aber nicht zur nächsten Spur finden. Die zeigten wir ihnen anschließend. Somit konnten wir ihnen die Erklärung direkt bei der betreffenden Spur geben und das Gesagte auch veranschaulichen. Am darauffolgenden Tag traf also die Oberstufenklasse ein und es ging los. Wir hatten pro Gruppe, die immer zwischen 2 und 4 Schülerinnen und Schülern variierte, 40 Minuten Zeit. Eigentlich wollten wir unseren „Parkur“ einmal durchgehen und durchspielen, um die Zeit abschätzen zu können. Doch dafür war aufgrund unserer Konzeptänderungen keine Zeit mehr. Dadurch haben wir dann in der Praxis erfahren, was wir ansonsten bereits im Vorhinein gewusst hätten. Da die einzelnen Spuren weit voneinander entfernt lagen, waren wir in erster Linie nur damit beschäftigt, von einer Spur zur nächsten zu hetzen um die Zeit nicht zu überschreiten. Wir versuchten dann aber in der Hitze des Gefechtes das Beste daraus zu machen und 90 Nicole Eder, Marina Findeis & Alexandra Roither Tierspuren „jagten“ eine Gruppe nach der anderen von Spur zu Spur. Erstaunlicher Weise schien das die Kinder nicht so sehr zu stören wie uns. Es machte den Kindern trotzdem Spaß sich für ein Tier entscheiden zu müssen und dann das Kuvert zu öffnen um heraus zu finden, ob sie sich richtig entschieden hatten. Das Bestimmungsheft schien ihnen ebenso sehr zu gefallen. Trotz all der Hektik erklärten wir ihnen dann aber noch kurz das Heft, denn es war uns wichtig, dass sie mit Bestimmungsmaterialien auch umgehen lernten. Die Sammelkärtchen teilten wir auch aus. Der absolute Renner war natürlich nicht nur „die Süße in der schwarzen Jeans“, sondern auch die Süßigkeiten, die wir am Ende verteilten. Grundsätzlich waren wir einerseits beeindruckt, wie viel Vorwissen manche Schülerinnen und Schüler mitbrachten, andererseits geschockt, wie wenig bei manch anderen vorhanden war. Drittes Konzept: Aufgrund des schon erwähnten, problematischen Zeitmanagements wurde uns dann im anschließenden Feedback der Exkursionsleiter nahe gelegt, unser Konzept vielleicht doch noch einmal zu überdenken. Zuerst waren wir diesbezüglich nicht besonders begeistert, da uns die vorherige, diskussionsreiche Nacht noch immer in den Knochen lag. Aber da wir eigentlich der gleichen Meinung waren, rollten wir alles noch einmal neu auf und versuchten einzelne Ideenvorschläge des Feedbacks umzusetzen. Wir empfingen die Gruppen der Unterstufe ebenso wie die der Oberstufe. Anfangs fragten wir sie welche Tierspuren sie kennen und gaben ihnen eine kurze Einführung in das Thema. Anders als am Tag zuvor erklärten wir ihnen gleich danach das Bestimmungsheft, da sie es später anwenden sollten. Wegen der etwas zu großen Entfernung zwischen unseren ehemaligen Spurenstationen beschränkten wir uns nur 91 Nicole Eder, Marina Findeis & Alexandra Roither noch auf drei, die nicht weit voneinander entfernt lagen. Wir starteten mit dem Rehskelett, gingen anschließend zur Fraßspur des Bibers und dann weiter zum Gewölle. Danach ließen wir die Kinder in einem von uns begrenzten Bereich in der Au selbstständig nach Spuren suchen. Wir begleiteten sie dabei und standen ihnen unterstützend zur Seite, wenn sie fragen hatten. Sie gingen begeistert ans Werk und fanden teilweise Spuren, die nicht einmal wir zuvor entdeckt hatten. Die Arbeit mit dem Bestimmungsheft machte ihnen sichtlich die meiste Freude. Sie wendeten es gezielt und gekonnt an. Am Ende bekam jede Gruppe eine Urkunde überreicht, in die wir die Namen der Schülerinnen und Schüler eintrugen, Sammelkärtchen für ihr Sammelheft und natürlich, nicht zu vergessen, die Süßigkeiten. Abschließend sind wir der Meinung, dass das dritte Konzept zugegebenermaßen doch besser als die anderen beiden war. Didaktisch gesehen war die eigenständige Spurensuche der Kinder dann doch am effizientesten - besonders weil es Schülerinnen und Schüler der ersten Klasse waren. Bei der Oberstufenklasse wäre das selbstständige Arbeiten dann vielleicht doch nicht so begeistert angenommen worden, da die Schülerinnen und Schüler schon von Anfang an schwer zu Tierspuren motivieren waren. Wie auch immer, sind wir überaus zufrieden und denken, dass die Kinder viel an- und mitgenommen haben. • Lehrziele allgemein: • Neugierde ist der Schlüssel zu allem Wissen! Es erschien uns besonders wichtig die Neugierde für unser Thema zu wecken. • Förderung sozialer Kompetenzen! Das Arbeiten in der Gruppe ist für alle Gruppenmitglieder profitierend … • Die Natur kann so viel Spaß machen! Spuren findet man überall – man muss nur genau hinsehen. Die Schülerinnen und Schüler sollen lernen mit der Natur respektvoll umzugehen und sie bewusster wahrzunehmen. • Der Mensch ist nicht allein Naturschutz! Die Kinder sollen die Auswirkungen menschlicher Aktivitäten auf die Natur wahrnehmen. Sie sollen positive Emotionen für die Natur entwickeln. Beispiel: „Der Biber ernährt sich von Holz.“ Die Alltagsvorstellungen der Schülerinnen und Schüler sollen relativiert werden. 92 Nicole Eder, Marina Findeis & Alexandra Roither • Die Schülerinnen und Schüler sollen mit Bestimmungsmaterialen umgehen lernen. Sie sollen selbstständig Spuren bestimmen können. Lehrziele Oberstufe: • Die Schülerinnen und Schüler sollen wissen wie man den Begriff „Tierspur“ definiert. • Sie sollen mindestens 5 Spurenarten nennen können. • Sie sollen die Unterschiede zwischen einem Fleischfresserund einem Pflanzenfressergebiss, sowie die anatomischen Merkmale von Flucht- und Raubtieren kennen. • Die Schülerinnen und Schüler sollen Paar- und Unpaarhufer unterscheiden, ihre Merkmale beschreiben und Beispiele nennen können. Tierspuren • • • • Sie sollen wissen, warum ein Biber Bäume annagt bzw. fällt und anhand welchen Details man die Bissspur eines Bibers erkennen kann. Sie sollen ein Gewölle als solches bestimmen können und wissen, welche Vogelarten ein solches hinterlassen können. Die Schülerinnen und Schüler sollen Fledermäuse erkennen und diesbezüglich die Merkmale eines Insektenfressergebisses nennen können. Weiters sollen sie wissen, wie und wann Fledermäuse jagen. Die Schülerinnen und Schüler sollen die Bohrlöcher eines Spechtes erkennen können und wissen, warum er diese hinterlässt und wie er seine Nahrung aus den feinen Rissen der Borke und des Holzes holt. Lehrziele Unterstufe: • Die Schülerinnen und Schüler sollen wissen wie man den Begriff „Tierspur“ definiert. • Sie sollen mindestens 3 Spurenarten nennen können. • Sie sollen die Unterschiede zwischen einem Fleischfresser- und einem Pflanzenfressergebiss, sowie die anatomischen Merkmale von Fluchtund Raubtieren kennen. • Die Schülerinnen und Schüler sollen Paar- und Unpaarhufer unterscheiden, ihre Merkmale beschreiben und Beispiele nennen können. 93 Nicole Eder, Marina Findeis & Alexandra Roither Tierspuren • • • Sie sollen wissen, warum ein Biber Bäume annagt bzw. fällt und anhand welcher Details man die Bissspur eines Bibers erkennen kann. Sie sollen ein Gewölle als solches bestimmen können und wissen, welche Vogelarten so etwas hinterlassen. Was wir alles gelernt und mitgenommen haben: • Planung ist schön und gut – Flexibilität aber wichtiger! Als Lehrer muss man immer mit allem rechnen. Diesbezüglich erscheint uns die Kompetenz überaus wichtig zu sein und ist Grundlage für guten Unterricht. • Die Kinder stehen auf die Natur – auch wenn sie durchgejagt werden! Das Suchtpotential ist groß! • Spuren findet man überall – man muss nur genau hinsehen! Das haben nicht nur die Kinder erkannt, sondern auch wir. • Wir bekennen uns dazu, Naturjunkies geworden zu sein! Literatur - Barbosa, P. & M. R. Wagner (1989): Forest and Shade Tree Insects.Academic Press Inc., Kalifornien, 639pp. Hecker, Frank: Welche Spur ist das?. 125 Tierspuren und wer sie hinterlässt. Kosmos Verlag, 2006 Preben Bang und Preben Dahlström: Tierspuren. Fährten, Fraßspuren, Losungen, Gewölle u. a., Blv- Verlag, 3. Auflage, 2009 94 Robin Eggerstorfer, Lukas Kräftner & Thomas Kreisberger Evertebraten Bedeutung der Hydrologie der March am Beispiel der Evertebraten von Robin Eggerstorfer, Lukas Kräftner & Thomas Kreisberger Fachliches Mollusca Gastropoda: Schnecken sind eine sehr artenreiche Gruppe, die sowohl an Land, in Süß-, als auch in Salzwasser lebt. Während die marinen Vertreter Kiemenatmer sind, wurden die Kiemen der landlebenden, sowie im Süßwasser lebenden Arten in Lungen umgewandelt, was bedeutet, dass die Süßwasserschnecken dazu gezwungen sind, von Zeit zu Zeit an der Wasseroberfläche Luft zu holen. Schnecken sind vorwiegend Weidegänger, die mit Hilfe der Radula Algen vom Substrat abnagen. Spitzschlammschnecke: typische Teichschnecke mit spitz zulaufendem, turmförmigem, beige gefärbten Gehäuse (bis zu 8cm), vorwiegend Weidegänger, Detritusfresser, fressen auch Blätter und andere 95 Robin Eggerstorfer, Lukas Kräftner & Thomas Kreisberger weiche Pflanzenteile höherer Pflanzen, seltener Aas und Gallerte von Laich. Posthornschnecke: typische Teichschnecke mit posthornförmigem, rotbraunem Gehäuse (bis zu 5cm), Detritusfresser Evertebraten Culicidenlarven (=Stechmückenlarven) können die Atemrohre zusätzlich mit Zähnchen besetzt sein, mit denen das Aerenchym von Wasserpflanzen angebohrt werden kann, um so an Sauerstoff zu gelangen. Hexapoda Ursprünglich sind Insekten Landbewohner, aber zahlreiche Arten haben Wasser besiedelt. Da dieser Schritt sehr früh in der Evolution erfolgte, sind die Atemmechanismen sehr verschieden. Insekten, die nur kurzzeitig im Wasser leben, haben keine bestimmte Atemvorrichtung für das Leben unter Wasser ausgebildet. Sie können ihre Stigmen lange verschließen und somit das Eindringen von Wasser verhindern. Viele Insekten (vor allem Larven) können den gelösten Sauerstoff direkt aus dem Wasser über die Cuticula aufnehmen, wobei diese von Tracheen reichlich unterlagert und zu Tracheenkiemen vergrößert ist. Die Stigmen sind durch Vernarbung verschlossen. (Bsp. Köcherfliegenlarven (abdominal), Kleinlibellenlarven (3 Kiemenblättchen am caudalen Abdomen)) Permanent im Wasser lebende Imagines, aber auch einige Larven (vor allem von Diptera) veratmen meist aus der Atmosphäre aufgenommenen Sauerstoff, der als Vorrat am Körper unter Wasser mitgeführt wird. Dieser Luftvorrat muss aber von Zeit zu Zeit erneuert werden. Bei einigen Arten kann die Zahl der Stigmen auf zwei reduziert werden. Diese sitzen zum Teil auf einem, meist caudalen Atemrohr sitzen, das beim Auftauchen die Wasseroberfläche durchdringt. (Bsp. Wasserskorpion) Bei Bei wasserbewohnenden Insekten kann der Luftvorrat über das tracheale Fassungsvermögen hinausgehen. In diesem Fall wird Luft in Form einer silbrig glänzenden Blase außen am Körper mitgeführt, welche mehr oder weniger in direktem Kontakt mit dem Wasser steht. („Physikalische Kieme“) Diese Luftblase steht über Stigmen mit dem Tracheensystem in Kontakt, und wird so verbraucht, wobei der Vorrat in größeren Tiefen aufgrund des größeren Drucks schneller verbraucht wird, als in Oberflächennähe. Wenn der Gasvorrat schließlich verbraucht ist, muss das Tier auftauchen, um neue Luft, entweder über das caudale Ende, oder über ein Atemrohr aufzunehmen. Nachteil des mitgeführten Gasvorrats stellt der dadurch vergrößerte Auftrieb des Tieres dar, welches nun ständig abwärts schwimmen, bzw. sich festhalten muss. 96 Robin Eggerstorfer, Lukas Kräftner & Thomas Kreisberger Evertebraten ausgeglichen und der Partialdruck des Stickstoffs steht in einem ständigen Gleichgewicht mit dem Wasser, sodass die Wirkung der physikalischen Kieme permanent erhalten wird, und keine Notwendigkeit zur Regeneration der Luftblase besteht. Coleoptera (Käfer): Wie an Land stellen die Käfer auch in Gewässern eine sehr artenreich Gruppe dar, wobei eine Differenzierung bezüglich Nahrung, Atmung und Fortbewegung in Wasserkäfer und Schwimmkäfer vorzunehmen ist. Wasserkäfer: adulte Wasserkäfer ernähren sich (im Gegensatz zu ihren Larven) pflanzlich, die zur Fortbewegung dienenden Beinpaare sind, wenn überhaupt, nur spärlich behaart, und die Beinbewegung erfolgt alternierend. Sie besitzen ein offenes Tracheensystem, wobei die Luft, welche an der Oberfläche geholt werden muss, über ein Atemrohr am Vorderende des Tieres aufgenommen und anschließend am Bauch gespeichert wird. Bsp.: Kolbenwasserkäfer Eine Sonderform der physikalischen Kieme stellt die Plastronatmung dar, welche dem Tier erlaubt, gänzlich ohne Auftauchen unter Wasser leben zu können. Der Gasvorrat wird dabei zwischen dicht stehenden Cuticulafortsätzen festgehalten. Dieser kann, selbst bei großem Wasserdruck, nicht komprimiert werden kann. Die Sauerstoff – Partialdruckfdifferenz durch Sauerstoffverbrauch wird ständig Schwimmkäfer: adulte Schwimmkäfer sind, wie auch ihre Larven, Räuber, die ihre Beute mit dem oft zu Fangbeinen umgewandelten ersten Beinpaar fangen. Das der Fortbewegung dienende Beinpaar ist stark behaart, der Beinschlag erfolgt synchron. Schwimmkäfer besitzen, wie die Wasserkäfer, ein offenes Tracheensystem, wobei der Luftvorrat mit dem caudalen Ende aufgenommen und dorsal unter den Deckflügeln gespeichert wird. Bsp.: Gelbrandkäfer 97 Robin Eggerstorfer, Lukas Kräftner & Thomas Kreisberger Evertebraten Wasserskorpion (Nepa cinerea, Syn. Nepa rubra) Der Wasserskorpion scheint, rein optisch, mit den Skorpionen näher verwandt zu sein. Hier spielt einem die Evolution aber einen Streich. Tatsächlich ist er mit den Skorpionen genauso wenig verwandt, wie die Bettwanze. Der Wasserskorpion gehört zu den Wasserwanzen, genauer zu den Skorpionswanzen. Der vermeintliche Stachel im Hinterende ist ein etwa 10mm langes, starres Atemrohr, mit dem der Wasserskorpion Luft aus der Atmosphäre tankt. Hydrophobe Haare verhindern dabei das Eindringen von Wasser. Die aufgenommene Luft wird dann in Form einer Blase unter den Flügeln gespeichert und veratmet. Die Blase hat aber neben der Sauerstoffspeicherung noch eine weitere wesentliche Funktion. Durch den Auftrieb, den die Wanze durch die Luftblase erhält, kann sie an der Oberfläche schwimmen, ohne Gefahr zu laufen, abzusinken. Das vordere Beinpaar hat aber tatsächlich eine ähnliche Funktion wie jenes der Skorpione. Es dient nämlich als Fangbeinpaar und somit zum Fangen und Festhalten der Beute. Daraus geht unschwer hervor, dass Wasserskorpione räuberisch leben. Sie sitzen dabei meist regungslos im Schutze von ufernahen Pflanzen o.ä. Ist ein Beutetier in Reichweite, so dienen die Fangbeine zum raschen Festhalten der Beute, welches anschließend mit einem stechend-saugenden Mundwerkzeug angestochen und ausgesaugt wird. Zu den bevorzugten Beutetieren gehören Wasserinsekten, diverse Larven, aber auch kleinere Fische und Amphibien (wie z.B. Kaulquappen). Da der Wasserskorpion lauernd auf seine Beute wartet, muss es auch +/- gut getarnt sein. Er kann von hell bräunlich bis eher dunkel, fast schwarz gefärbt sein, hat einen ziemlich flachen Körperbau und erreicht ein maximale Körperlänge von fast 30mm. Das ermöglicht 98 Robin Eggerstorfer, Lukas Kräftner & Thomas Kreisberger es dieser Skorpionswanze, sich an andere Oberflächen anzuschmiegen (z.B. an braune Blätter, die im Wasser treiben) und dort auf Beute zu warten. Die Larve hat eine sehr ähnliche Art, zu jagen und ist auch im Körperbau dem adulten Tier schon relativ ähnlich. Nicht verwunderlich ist daher, dass es sich um eine hemimetabole Entwicklung handelt, also eine Entwicklung ohne Puppenstadium. Insgesamt werden 5 verschiedenen Larvenstadien durchlaufen, bevor das adulte Stadium erreicht ist. Dabei entwickelt sich auch der Flugapparat vollständig aus, ob und wann der Wasserskorpion aber tatsächlich zum Flug befähigt ist, ist bis heute noch nicht vollständig geklärt. Die meisten Autoren schreiben von Sichtungen einzelner weniger Flugfähiger Exemplare1,2,3. Manche Autoren schreiben auch von einer gänzlichen Flugunfähigkeit4. Wasserassel (Asellus aquaticus) Wie der Name, anders als beim Wasserskorpion, richtig erahnen lässt, gehört die Wasserassel zur Gruppe der Asseln, also zu den Krebstieren. Sie erreicht eine Länge von durchschnittlich 12mm, wobei die Männchen meist größer werden als die Weibchen. Die Wasserassel nimmt den Sauerstoff über (echte) Kiemen an den hinteren Beinen auf und muss daher nicht, wie z.B. einige im Wasser lebende Insekten, regelmäßig an die Wasseroberfläche, um Luft zu holen. Wasserasseln sind sehr widerstandsfähig, was die Wasserqualität betrifft. So kommen sie in oft stark verschmutzten Gewässern vor und dienen in der biologischen Evertebraten Wassergütebestimmung als Indikatororganismen für die Wassergüte 3 (=starke Verschmutzung, Asellus aquaticus:Saprobiewert si = 2.7, Indikationsgewicht gi=4) Sie leben meist am Grund des Gewässers und bewegen sich laufend fort. Dabei halten sie nach abgestorbenen Pflanzeteilen Ausschau, was ihre Nahrungsgrundlage darstellt. Bei der Paarung setzt sich das durchschnittlich um 3mm größere Männchen auf das Weibchen und verweilt dort mehrere Tage. Erst, wenn sich das Weibchen häutet und dadurch die Geschlechtsöffnung vergrößert wird, überträgt das Männchen sein Sperma mit dem vorderen Pleopoden (=erstes Beinpaar des Hinterleibes) und verlässt anschließend das Weibchen wieder. Im Zuge der Häutung des vorderen Körperabschnittes bildet das Weibchen einen Brutraum aus, in dem bis zu 100 Eier abgelegt werden, wobei die juvenilen Asseln im Brutraum schlüpfen. Urzeitkrebse Die Urzeitkrebse sind eine der phylogenetisch ältesten Tiergruppen. Die ältesten fossilen Funde von Urzeitkrebsen stammen aus einer Zeit vor mehr als 500 Millionen Jahren, also dem oberen Kambrium. Einige heute noch rezente Arten sind seit über 200 Millionen Jahren in ihrer Gestallt unverändert. Die Urzeitkrebse besiedeln extreme Standorte. Da sie in einen See nicht überleben würden, weil zu viele Fressfeinde vorhanden sind, kommen Urzeitkrebse nur in astatischen Gewässern vor (=sind nicht ganzjährig wasserführend). Diese Extremstandorte sind ein typisches Erscheinungsbild der Auen, allerdings zählen zu diesen Extrembiotopen nicht nur austrocknende Seen/Tümpel sondern auch 99 Robin Eggerstorfer, Lukas Kräftner & Thomas Kreisberger Pfützen, Überschwemmungsflächen oder Vertiefungen wie Fahrrinnen, in denen sich das Wasser nach einem Regenguss sammelt. Die kleine Wassermenge ermöglicht ein rasches Erwärmen durch die Sonneneinstrahlung und somit ein starkes Wachstum der Algen aber auch der Einzeller. Diese stellen wiederum eine Nahrungsquelle für die Nauplien (Larven) dar. Unter guten Bedingungen wachsen die Larven innerhalb von 5-8 Tagen heran und innerhalb weniger Tage bzw. Wochen bevor das Gewässer austrocknet sind die Nauplien herangewachsen und legen ihre Eier (Dauereier) ab. Die Lebensdauer der Urzeitkrebse ist in etwa 3 Monate, währenddessen die Dauereier mehrere Jahrzehnte unbeschadet überstehen können. Den Eiern kann weder extreme Hitze noch eisige Kälte oder ein saures Medium etwas anhaben und wenn die Umstände wieder günstig sind schlüpfen daraus die Nauplien. Zu den Urzeitkrebsen zählen: • Notostraca (Rückenschaler) • Conchostraca (Muschelschaler) • Anostraca (Feenkrebse) Während unserem Kurs haben wir allerdings viele Feenkrebse gefunden, sehr wenig Muschelschaler und überhaupt nur einen Rückenschaler. (Anmerkung: Knapp verpasst! Dieses folgende Foto entstand am 10. Juni – extremes Massenauftreten des Rückenschalers Triops cancriformis in unmittelbarer Nähe der biologischen Station Marchegg. ee) Evertebraten Feenkrebse (Anostraca) Die gegenwärtigen Feenkrebse (Bild unten: Eubranchipus (Siphonophanes) grubii) sind seit dem Jura bekannt. Auffallend sind ihr schildfreier Rücken sowie die gestielten Facettenaugen. Die Feenkrebse schwimmen mit dem Bauch nach oben (in Richtung des Lichteinfalls). Ihre 11 Paar Beinen dienen nicht nur der Fortbewegung und der Atmung, sondern filtrieren auch unentwegt Nahrungspartikel aus dem Wasser, welche dann über eine Bauchrinne zum Kopf transportiert werden. Geschlechtsreife Weibchen sind deutlich an den rötlichen Brutsäcken, wo sich die Eier befinden, erkennbar während man die Männchen am 100 Robin Eggerstorfer, Lukas Kräftner & Thomas Kreisberger größeren Kopf und den längeren Antennen erkennt. Die Antennen dienen zum festhalten des Weibchens während der Paarung. Durch die Antennen, welche artspezifisch sind, wird einen genaue Unterscheidung der Arten ermöglicht. In Österreich sind 8 verschiedene Feenkrebs-Arten bekannt. Trichoptera (Köcherfliegenlarven) Anhand der Kopf-Körperstellung werden die Köcherfliegenlarven in zwei Taxa eingeteilt. Bildet der Körper mit dem Kopf annähernd eine Gerade so bezeichnet man diese als campodeiden Larve. Hingegen wenn der Kopf in etwa im rechten Winkel zum Körper steht, werden die Larven als raupenförmig bezeichnet. Alle raupenförmigen Larven bauen einen Köcher. Grundstruktur dessen ist ein spinnennetzartiges Seidengerüst. Die Köcherfliegenlarve lässt aus ihrer Spinndrüse ein Sekret austreten, das im Wasser zu einem elastischen Faden erstarrt, welcher mit den Mundwerkzeugen und den Vorderbeinen verwoben wird. Im Laufe ihres Lebens beginnt die Larve mit den für ihre Art typischen Materialien das Seidengerüst außen zu belegen. Dabei sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt (Steinchen, Schneckenhäuser, teils noch bewohnt, Holzstücke, Blätter,…). Da die Larve den Köcher auch nicht während der 5-6 Häutungen, die sie durchmacht, verlässt, muss dieser immer größer werden. Die Larve baut dabei immer am Vorderende weiter. Der hintere und engere Teil wird dabei nicht mehr bewohnt. Im Allgemeinen bauen die Larven in schnellfließenden Gewässern die Köcher aus eher schweren Materialen wie Steinchen oder Sand, in langsam fließenden meist aus leichten Materialien wie Blätter und Holstückchen. Zur Atmung Evertebraten dienen meist fadenförmige Tracheenkiemen welche sich am Hinterleib je nach Art entweder in Rücken-, Bauch-, bzw. Seitenreihen angeordnet sind. Die raupenförmigen Larven sind Pflanzenfresser, die sich von Algen, Detritus und Pflanzenteilen ernähren. Die campodeiden Larven sind Raubtiere die sich frei bewegen und sich von kleinen Tierchen ernähren. Die meisten bauen zwischen Steinen oder Pflanzen netzartige Fangnetze unterschiedlicher Form, in denen die Nahrung mit der Strömung hinein getrieben wird. Viele Köcherfliegenlarven sind Zeigertiere für Güteklasse II, also mäßig verschmutze Gewässer. Die adulten Tiere sind an ihren dachförmig übereinander gestellten Flügeln zu erkennen. 101 Robin Eggerstorfer, Lukas Kräftner & Thomas Kreisberger Evertebraten Didaktische Zusammenfassung: Lehrziele: Wir haben versucht, die unten stehenden Lehrziele mittels Hypothesenbildung der Schüler zu erarbeiten. Folgende Punkte waren uns dabei wichtig: • Wo findet man die meisten Tier bzw. welche Typen (e.g. Räuber) finden sich wo? • Wie könnte sich das gefundene Tier ernähren? • Wie könnte es atmen? • Beobachte und beschreibe die Fortbewegung Methoden: Mittels eines von uns erstellten Fragebogens sollten nun die Schüler, mit einem Kescher bewaffnet, den Tümpel erforschen, eines der selbst gefangenen Tiere beobachten und die Punkte des Fragebogens beantworten. Der erste Arbeitsauftrag der Schüler war, das Tier zu skizzieren. Das hatte den Sinn, dass sie das Objekt bereits genau beobachten mussten und sich somit mit den folgenden Fragen schon indirekt beschäftigt hatten. Nach dem ersten Tag waren wir uns mehr oder weniger „einig“, dass wir am zweiten Tag eine neue Form des Fragebogens ausprobieren möchten. Die Zeichnung am Anfang sollte bleiben, jedoch die Fragen offener und kreativer gestaltet werden. Nach längerer Diskussion einigten wir uns darauf, zumindest bei der ersten Gruppe den Fragebogen-Neu auszuprobieren. Eine wesentliche Neuerung des zweiten Arbeitsblattes war auch, dass die Schüler_innen im Zuge einen kurzen Präsentation ihr Tier der Gruppe vorstellten. Das war zum 102 Robin Eggerstorfer, Lukas Kräftner & Thomas Kreisberger Evertebraten einen eine kleine Präsentationsübung und zum andern konnten sie so ihre Forschungsergebnisse ihren Mitschüler_innen zeigen. Am zweiten Tag versuchten wir auch, uns auf Distanz zu halten und so wenig wie möglich vor zu tragen. Wir sahen unsere Aufgabe eher darin, auftretenden Fragen und Problemstellungen nicht direkt zu beantworten, sondern Tipps und Hilfestellungen zu geben, mit welchen sie ans Ziel gelangen sollten. Im Zuge der Präsentation hatten die anderen Schüler die Möglichkeit, offene Fragen der Kolleg_innen mit unserer Unterstützung zu ergänzen. Didaktische Reduktion: Am ersten Tag war unser primäres Ziel, möglichst viel Wissen in die kleinen Köpfe zu stopfen. Uns wurde aber schnell bewusst, dass weniger oft mehr ist und durch die Umgestaltung des Fragebogens gingen wir von einem vortragenden Unterrichtsstil zu einem Unterricht des freien Forschens. Die positiven Effekte davon waren: 1. Die Schüler_innen waren interessierter 2. Durch das selbstständige Erarbeiten bauten die Schüler_innen ihren Wissenstand in die Ausarbeitung ein (d.h. da die Fragen sehr offen waren, bestand nicht oder kaum die Gefahr, die Kinder zu überfordern) 3. Durch das größere Augenmerk auf die Praxis hatten die Schüler auch mehr Spaß am Tun. 4. Und wir mussten auch weniger selbst vortragen. Eine Voraussetzung dafür ist, auf die unmöglichsten Fragen der Schüler_innen gefasst zu sein und deshalb ein gutes Basiswissen in diesem Bereich zu besitzen. Dadurch, dass an beiden Tagen zufälligerweise dieselbe Schulstufe (5.Klasse AHS) nach Marchegg kam, hatten wir den direkten Vergleich der beiden Tage. 103 Robin Eggerstorfer, Lukas Kräftner & Thomas Kreisberger Name des Tieres:____________________ Evertebraten Mein wirbelloses Tier 1. Zeichne in das Feld eine Skizze des beobachteten Tieres. Achte vor allem auf die Fortbewegungsorgane, Atemorgane und Organe zur Nahrungsaufnahme bzw. Jagd (zeichne diese mit einer anderen Farbe ein, damit man sie besser erkennen kann) 1. Schnapp dir den Kescher 2. Kreuze die richtigen Felder an: Atmung: Tracheenatmung Kiemenatmung Lungenatmung 3.Wo glaubst du lebt dieses Tier? Wie kommst du darauf? 2.Zeichne ein von dir gefangenes Tier 4. Jedes Tier braucht Sauerstoff? Wie kommt dein Tier zu diesem? Nahrungsaufnahme: Räuber: Lauerräuber aktiver Räuber Allesfresser Pflanzenfresser 5. Was könnte dein Tier fressen? Wie kommst du darauf? Fundort: Ufer Gewässergrund Freiwasser 7. Präsentiere dein Tier der ganzen Gruppe. Viel Spaß :-) 6.Was fällt dir bei der Bewegung deines Tieres auf? Beschreibe die Bewegung: 3. Sonstige Beobachtungen: 104 Robin Eggerstorfer, Lukas Kräftner & Thomas Kreisberger Reflexion Luki: Wenn man mit Studenten über Marchegg redet, so teilen sich diese in 2 Lager: die Einen, die von Marchegg schwärmen, die Anderen, denen Marchegg zu „urig“ und schmutzig ist. Ich selbst zähle mich zu den Erstgenannten! Marchegg war wirklich eine Bereicherung, und hat mir gezeigt, dass man Uni auch anders erleben kann: sehr persönlicher Umgang, nicht nur mit Studienkollegen, sondern auch mit Erich, Peter und Eva. Evertebraten Die Konsequenz unserer Umstellung war zweifelsohne, größere Aufmerksamkeit und Spaß bei den Schülern, die auch ohne unsere ständige Hilfe, bzw. „Vorrederei“ am Ende die wichtigsten Merkmale und Zusammenhänge bzgl. unseres Themas erfassen konnten. Dieser Lernerfolg zählt sicherlich mehr, als etwas frontal erzählt bekommen zu haben, und wird, so hoffe ich, auch länger nicht vergessen werden. Auch die Arbeit an sich, sowohl die in Marchegg, als auch die im Vorfeld, hat mir sehr Spaß gemacht. Tomi: Drei wesentliche Punkte, die ich aus dieser Lehrveranstaltung mitgenommen habe sind 1. Gut vorbereitet zu sein ist sicherlich kein Fehler, jedoch erfüllt sie nicht immer den Zweck, den man vordergründig im Sinn hatte. 2. Flexibilität ist ein muss 3. Forschendes Unterrichten rulez. Die Arbeit mit den Schülern war ein weiteres Highlight, dass ich so schnell nicht vergessen werde: waren unsere ersten Versuche noch eher vom Lehrer-Schüler Gespräch dominiert, so versuchten wir bei den Weiteren, ich meine sehr erfolgreich, die Schüler selbst in den Mittelpunkt zu stellen, sie selbst arbeiten und forschen zu lassen. Mein Team und ich waren anfangs nicht auf forschendes Unterrichten, sondern auf ein Lehrer-Schüler Gespräch vorbereitet. Schnell merkten wir jedoch (vor allem nach der zweiten, unserer wohl schlechtesten Unterrichtseinheit), dass unser bisheriges Konzept so nicht den gewünschten Erfolg und Spaß bei den Kindern versprach. Auch das zurecht eher negative Feedback gab uns die Motivation, dass Thema neu aufzuarbeiten und einen völlig neuen Zugang zu entwerfen. Zu diesem Zeitpunkt dachte ich mir: „Na 105 Robin Eggerstorfer, Lukas Kräftner & Thomas Kreisberger super, die ganze Vorbereitung fürn A***** “. Aber dem war nicht so. Denn die intensive Beschäftigung mit dem Thema und das lange Keschern nach immer mehr wirbellosen Tierarten, die die umliegenden Tümpel bewohnten, waren nicht nur unterhaltsam und überaus lehrreich, sondern machten uns in gewisser Weise zu Experten auf diesem Gebiet. Uns konnte quasi nichts mehr überraschen, was in oder auf den umliegenden Tümpeln wuselte. Im Nachhinein muss ich sagen, dass die erste Schulklasse sicher das schlechtere Los gezogen hatte, da fast alle Stationen noch unerprobt und mit Fehlern behaftet waren, die zweite Schulklasse hingegen Evertebraten schon die überarbeiteten Versionen der Stationen besuchen konnte. Nach dem Besuch dieser Lehrveranstaltung bin ich einmal mehr davon überzeugt, dass das praktische und forschende Lernen im Biologieunterricht eine zentrale Rolle einnehmen sollte. Vor allem, wenn man die Möglichkeit hat, nach draußen zu gehen, sollte man diese nutzten, da die Kinder, wenn der Stoff richtig aufbereitet wird, zum einen interessierter und zum anderen nachhaltiger lernen. Robin: 1.Tag Wir hatten ein „schönes“ Arbeitsblatt vorbereitet mit den Fragestellungen von denen wir uns eine Antwort von den SchülerInnen erhofften. Unser Ablauf wäre uns eigentlich ziemlich klar gewesen. Zuerst kurze Einführung über Wasserevertebraten und dann die SchülerInnen keschern zu lassen und im Anschluss dann die von den SchülerInnen gefangenen Tiere, aber vor allem auch unsere Prachtexemplare den 106 Robin Eggerstorfer, Lukas Kräftner & Thomas Kreisberger Kindern vorzuführen und ihnen die Atmung, Fortbewegung und die Nahrungsaufnahme zu erklären. Dazu hatten wir uns beim Bahntümpel unten die Kescher bereitgelegt und auf den Hochwasserschutzdamm eine kleine Station vorbereitet, wo die Einführung und der eigentliche Lernprozess stattfinden sollten. Bei der ersten Gruppe war dann sowieso alles ganz anders als wir uns das vorgestellt hätten. Wir redeten zu viel und zu schnell und die Arbeitsblätter kamen dann sowieso nicht zu Einsatz und wir waren froh dass noch kein Kritiker anwesend gewesen ist! Bei der zweiten Gruppe verlief alles in etwa gleich katastrophal. Hinzu kam jedoch noch, dass drei Mädchen aus dieser Gruppe nicht in den (schlammigen) Tümpel steigen und keschern wollten. Irgendwie war das auch nachvollziehbar, denn eine Schülerin hatte eine weiße Hose und Ballerinas an. So gingen 2 von uns hinauf auf die Station und quatschten die Mädchen über die Diversität der Wasserevertebraten zu, welche verständlicherweise nach 3 Minuten gelangweilt waren und nach 5 Minuten sowieso nicht mehr zuhorchten. Evertebraten Nach einer kurzen, jedoch nötigen Besprechung lief bei der 3 Gruppe dann alles nach „Plan“. Die Arbeitsblätter wurden eingesetzt, doch forschendes Lernen war unserer Station noch immer fremd. Nach der letzten Gruppe war mir klar, dass dieser Tag nicht so gelungen war, wie ich es mir gewünscht und vorgestellt hätte. Mir wurde bewusst, dass wir etwas ändern müssen und nach der Reflexion wurde ich noch bestärkt. 2.Tag Die am Abend noch mit der Hand geschriebenen Arbeitsblätter probierten wir bei der 1 Gruppe gleich aus. Wir hatten uns am Abend zuvor darauf geeinigt uns bei zumindest einer Gruppe etwas mehr im Hintergrund zu halten und die Kinder selbstständiger arbeiten zu lassen. Der Ablauf blieb circa gleich nur dass wir bewusst weniger redeten und die Kinder ausschließlich mit den selbstgefangenen Tieren sich beschäftigen und eines näher beobachten und am Ende der ganzen Gruppe vorstellten. Das schönste daran war wohl dass gleich in der 1.Gruppe ein Mädchen erkannte wie ein Schwimmkäfer atmet. Sie erklärte es uns, wie es selbst wir nicht besser machen hätten können. Was will man mehr? 107 Robin Eggerstorfer, Lukas Kräftner & Thomas Kreisberger Evertebraten Literatur • • • • • • • • • • • • • • • Dettner K./ Peters W. (2003) Lehrbuch der Entomologie, Gustav Fischer Verlag 1 http://de.wikipedia.org/wiki/Wasserskorpion 4 Wichard W, Arens W, Eisenbeis G (1995): Atlas zur Biologie der Wasserinsekten. Gustav Fischer Verlag http://www.hydrokosmos.de/winsekt/waskaef5.htm#Wasserskorpion 2 Ekkehard Wachmann, Wanzen - beobachten-kennenlernen (Neumann-Neudamm, 1989). 3 Karl-Heinz Zeitler, Insekten am Gewässer (Parey, 1990). http://de.wikipedia.org/wiki/Wasserwanzen http://de.wikipedia.org/wiki/Asseln Engelhardt, Wolfgang, 1989. Was lebt in Tümpel, Bach und Weiher? Kosmos Stuttgart http://www.bfv-nagoldtal.de/indikatororganismen.htm http://www.hydro-kosmos.de/winsekt/wasassl.htm Bellmann H., 2006, Kosmos-Atlas Spinnentiere Europas. Extra: Süßwasserkrebse, Asseln und Tausendfüßer, 3. Auflage, Kosmos-Verlag Eder E.,2003 Die Groß-Branchiopoden Österreichs ,Österreichische Akademie der Wissenschaften Engelhardt W., 1996 Was lebt in Tümpel, Bach und Weiher? 14. Auflage, Franckh-Kosmos Verlag http://www.urzeitkrebse.at/ 108 Rosi Kastl-Killinger & Anneli Müller Was lebt im Tümpel? Evertebraten in astatischen Gewässern von Anneliese Müller und Rosa-Maria Kastl-Killinger Fachliches Lebensraum Tümpel Wenn wir über den Tümpel sprechen, dann meinen wir damit ein periodisches Gewässer, welches also nicht zu jeder Zeit im Jahr, sonder oft nur ein paar Wochen oder Monate, Wasser führt. Man nennt diesen Lebensraum auch astatisches Gewässer. Wo wir solche Lachen oder Tümpel finden, kommt auf die Entstehungsweise an, wie beispielsweise im Frühjahr durch das Schmelzwasser, im Sommer durch starke Regenfälle oder dem Austreten von Grundwasser. Sehr oft entstehen Tümpel im Überschwemmungsbereich von hochwasserführenden Flüssen. Diese Situation haben wir in den March-Thaya Auen, welche für ihre Frühjahrs und Sommerhochwasser bekannt sind. Südlich von Marchegg befindet sich ein einziger Teil, an dem die March nicht durch Hochwasserschutzbauten eingeengt ist, die Lange Luss. Sie ist ein natürliches Was lebt im Tümpel? Retentionsbecken, welches mit 400 ha dem Hochwasser Platz zum ausbreiten bietet. Der Tümpel verfügt über eine geringe Wassersäule und hat keine Schichtung. Die Wassertemperatur ist extremen Schwankungen, je nach Tageszeit, ausgesetzt, Der Sauerstoffgehalt ist trotz dem Fehlen von Wasserpflanzen sehr beachtlich, da die eher dünne Wasserschicht eine große Wasseroberfläche, welche zur Diffusion dient, hat. Diese Gegebenheiten setzen voraus, dass im Tümpel nur auf diese Bedingungen spezialisierte Tiere überleben können. Die meisten Tümpel enthalten Einzeller, Wimperntierchen, Strudelwürmer, verschiedenen Larven, Wasserkäfer, Wasserwanzen und vieles mehr. Die für diese kurzlebigen Kleinstgewässer charakteristische Zeigerart sind aber die Groß Branchiopoden, welche besser bekannt sind als die Gruppe der Urzeitkrebse. Urzeitkrebse 109 Rosi Kastl-Killinger & Anneli Müller Was lebt im Tümpel? Die Gruppe der Groß Branchiopoden stellt lebende Fossilien aus dem Erdaltertum dar, da sich diese kleinen Überlebenskünstler seit damals weder in Gestalt noch in ihrer Lebensweise verändert haben. Der Grund für das Besiedeln von astatischen Gewässern ist das Auftreten räuberischer Knochenfische im Meer. Die jährliche Rückkehr der Urzeitkrebse in monatelang ausgetrocknete oder gefrorene Pfützen, bewältigen diese Spezialisten durch sogenannte Dauereier. Noch im Wasser entwickelt sich der Krebsembryo bis zum Gastrulastadium, dann folgen das Austrocknen des Gewässers und das Überdauern der Eier. Wenn der Tümpel wieder Wasser führt, schlüpfen kleine Naupliuslarven, welche durch den immensen Zeitdruck, welchem Bewohner periodischer Gewässer ausgesetzt sind, schon nach ca. 8 Tagen ein geschlechtsreifer Krebs entsteht. Wir unterscheiden 3 rezente Ordnungen von Urzeitkrebsen: − Anostraca ( Feenkrebse ) − Notostraca (Rückenschaler ) − Conchostraca ( Muschelschaler) Wir gehen in diesem Beitrag nur auf die von uns in Marchegg und Umgebung gefundenen Arten ein. − Euchbranchipus grubii (Dybowski, 1860) Häufigster Anostrake in Österreich, welcher schon im Frühjahr vorkommt. Wurde in sämtlichen Tümpeln rund um Marchegg gefunden. − Chirocephalus shadini ( Smirnov, 1928) Wurde im Naturdenkmal „Tümpelwiese beim Pulverturm“ im Marchegg gefunden. Anostraca (Feenkrebse ) Conchostraca (Muschelschaler) Die Feenkrebse tragen kein Rückenschild und besitzen gestielte Komplexaugen. Anostraca sind Rückenschwimmer, da sie ihren Bauch dem Licht zuwenden (Wasseroberfläche). Mit ihren Kiemenfüßen filtrieren sie Nahrung wie Kleinstplankton oder organische Schwebstoffe. Die Weibchen tragen charakteristische Brutsäcke, welche nach den Beinen anschließen. Notostraca ( Rückenschaler ) Wie der Name schon verrät, tragen diese Krebse einen Carapax (Panzer) und suchen mit dem Bauch nach unten am Gewässergrund nach Nahrung. Sie sind Allesfresser und machen sich manchmal auch über größere geschwächte Tiere wie Kaulquappen oder selbst Feenkrebse her. − Lepidurus apus (Linné, 1758) − Triops cancriformis ( Bosc, 1801) Sowohl Frühjahrs-als auch Sommerart in der Triops-Senke gefunden. Diese zirka 1cm großen Krebse besitzen eine zweiklapprige Schale und sind am Gewässergrund anzutreffen, sie graben sich auch bis zur Gänze in den Schlamm ein. Hiervon haben wir ein Exemplar in der Triops- Senke gefunden. 110 Rosi Kastl-Killinger & Anneli Müller Weitere Wasserevertebraten Mollusken (Weichtiere) Innerhalb der Mollusken waren extrem häufig Vertreter der Schnecken (Gastropoda) anzutreffen. Hierbei im Wesentlichen Posthornschnecken und Spitzschlammschnecken. Posthornschnecke (Planorbarius orbeus): Diese Wasserschnecken gehören zur Familie der Tellerschnecken. Charakteristisch ist das flach, dunkle, bis zu 4 cm große Gehäuse. Die Posthornschnecke ist eine Wasserlungenschnecke und muss zum Atmen auftauchen. Dabei wird Luft über die mit zahlreichen Blutgefäßen versehene Manteloberfläche aufgenommen. Allerdings kann diese Schnecke den Großteil ihrer Sauerstoffaufnahme direkt aus dem Wasser bewerkstelligen. Dies wird durch eine sekundäre Kieme in der Mantelhöhle ermöglicht. Sie ist eher in stehenden Gewässern anzutreffen. Spitzschlammschnecke (Lymnaea stagnalis): Diese Schnecke gehört zur Familie der Schlammschnecken und kann an ihrem spitz zusammenlaufenden, an der Basis sehr bauchigem, eher hellem, bis zu 6 cm langem Gehäuse erkannt werden.. Sie ist ebenfalls eine Wasserlungenschnecke und muss zum Atmen auftauchen.Vor allem in stehenden Gewässern und Flussauen anzutreffen. Was lebt im Tümpel? Beide Vertreter sind Allesfresser und raspeln mit der für Schnecken typischen Radula Algen von Steinen. Sie fressen aber auch organische Schwebstoffe oder Aas. Arthropoda (Gliedertiere) Die meisten gefundenen Evertebraten werden diesem Tierstamm zugerechnet. Crustacea (Krebstiere) Zu den Krebstieren gehören neben den bereits besprochenen Urzeitkrebsen auch die im Tümpel häufig zu sehenden Hüpferlinge (Cyclops) und Wasserasseln (Asselus). Cyclops (Hüpferlinge): Gehören zu den Ruderfußkrebsen (Copepoden) und sind die häufigsten Kleinkrebstiere in heimischen Gewässern. Dort ernähren sie sich von Plankton. Sie werden bis zu 1 mm lang, haben einen gegabelten Schwanz und bei Weibchen sind oft charakteristische Eisäcke am Körper zu erkennen. Die Atmung erfolgt über die Haut. Asselus aquaticus (Wasserassel): Ist an ihren 7 Segmenten mit je einem Beinpaar und den 2 Antennenpaaren zu erkennen. Sie lebt am Boden von Stillgewässern und ernährt sich vor allem von Pflanzenresten. Da sie sehr widerstandsfähig ist, soll selbst bei Frieren eines Gewässers Überlegen möglich sein. Vermehrtes Vorkommen ist Indikator für schlechte Wasserqualität.. Die Atmung erfolgt über Blattkiemen am Hinterleibsende. 111 Rosi Kastl-Killinger & Anneli Müller Was lebt im Tümpel? Insecta (Insekten) Nicht verwunderlich ist die große Diversität an im Wasser lebenden Insekten bzw. derer, die einen Teil ihrer Entwicklung im Wasser durchleben. Die Inesekten gelten als die artenreichste Tiergruppe schlechthin, mit bis jetzt rund 1 Million beschriebener Arten. Die am einfachsten sichtbaren charakteristischen Merkmale der Insekten sind der in drei Abschnitte gegliederte Körper: Kopf, Thorax (Brust) und Abdomen (Hinterleib), sowie 6 gegliederte Beinpaare am Thorax und 1-2 Flügelpaare. Coleptera (Käfer) Hier waren Vertreter der Schwimmund Wasserkäfer zu finden. Diese Unterscheidung, auf die wir auch unser Hauptaugenmerk legten, beruht vor darauf wie weit die Anpassung an das Leben im Wasser bereits fortgeschritten ist. Schwimmkäfer sind mit ihrem stromlinienförmigen Körper und den synchronen Ruderbewegungen mit den Beinen (zusätzliche Oberflächenvergrößerung für starken Antrieb durch Behaarung) sehr gut angepasst, Wasserkäfer wirken dagegen eher „ungeschickt“: sie rudern mit abwechselnden Beinbewegungen. Dytiscidae (Schwimmkäfer): Dytiscus marginalis (Gelbrandkäfer): Als einer der größten heimischen Schwimmkäfer (bis 3,5 cm) ist er an dem hellgelb umrandeten Halsschild zu erkennen. Er lebt räuberisch (beißend-kauende Mundwerkzeuge, für Käfer generell charakteristisch), die Atmung ist wie bei Insekten üblich mit Tracheen, Luftvorräte von der Wasseroberfläche werden unter den Flügeldecken mitgenommen. Besonders spannend war die Larve des Gelbrandkäfers, die auch ständig gekeschert wurde. Abgesehen von der beeindruckenden Größe, fallen die markanten, innen ausgehöhlten Madibel auf, mit Hilfe derer ihre Beute einfach ausgesaugt wird. Die räuberische Lebensweise ließ sich auch nicht verbergen, da andere sich im Becken befindende Tiere immer sofort angegriffen wurden. Die Atmung erfolgt bei der Larve über die Stigmen (Tracheenöffnungen) am Hinterleibsende – so hängt die Larve auch meist mit dem Abdomen an der Wasseroberfläche. Hydrophilidae (Wasserkäfer): Neben der gegenüber den Schwimmkäfern noch schlechteren Anpassung der adulten Tiere, ist auch die Larve der Wasserkäfer 112 Rosi Kastl-Killinger & Anneli Müller nicht so gut angepasst. Da sie keine Hohlgänge in den Madibeln hat, muss sie zum Verzehren der Beute an die Wasseroberfläche kommen und den Fang durch Sekretabgabe verdauen. Was lebt im Tümpel? Zwei sich paarende Wasserskorpione stellten zusätzlich eine Attraktion dar: Heteroptera (Wanzen): Wanzen kann man an ihren stechend-saugenden Mundwerkzeugen erkennen, aufgrund derer man auch auf ihre räuberische Lebensweise schließen kann. Des weitern ist ein Schild am Rücken und die Gliederung der Vorderflügel in einen zu 2/3 ledrigen und 1/3 häutigen Teil charakteristisch. Wasserläufer (Familie Gerridae): Lebt an der Wasseroberfläche, die Mittel- und Hinterbeine sind wesentlich länger als die Vorderbeine. Teichläufer (Familie Hydrometridae): Wasseroberfläche, alle Beine sehr lang und dünn, der Kopf ist stark verlängert. Schwimmwanze (Naucoridae): Lebt im Wasserkörper, käferartiger Habitus, kurze Vorderbeine – fungieren als klappmesserartige Fangbeine, Hinterbeine stark behaart. Wasserskorpion (Nepidae): Lebt im Wasserkörper, skorpionartige Fangbeiney und „Stachel“ am Hinterende = Atemrohr. Rückenschwimmer (Notonectidae): Lebt im Wasserkörper, scyhwimmt mit dem Rücken nach unten, lange Beine. Ruderwanze (Corixidae): Im Wasserkörper, schwimmt mit dem Rücken nach oben, Vorderbeine kurz. 113 Rosi Kastl-Killinger & Anneli Müller Trichoptera (Köcherfliegen): Ein häufiger und spannender Fang waren auch immer die Larven der Köcherfliegen: diese bilden die verschiedenartigesten Köcher aus Holstücken, Kieselsteinen, kleinen Schneckenhäusern, etc. , der auch nie ganz verlassen wird. Mit den Vorderbeinen kriechen die Larven am Boden vorwärts und ernähren sich von Detritus. Die Atmung erfolgt über Tracheenkiemen. Diptera (Zweiflügler): Zahlreiche Larven der Stechmücken (Culicidae) und Zuckmücken (Chironomidae) konnten beobachtet werden. Die Larven der Stechmücken hängen üblicherweise an der Wasseroberfläche und atmen atmosphärischen Sauerstoff, während die Zuckmückenlarven mithilfe einer Blutkieme und Hautatmung im freien Wasserkörper Sauerstoff aufnehmen können. Was lebt im Tümpel? Didaktik Die Vorbereitung vor Marchegg Schon einige Zeit vor dem Praktikum in Marchegg, versuchten wir ein Lehrkonzept aufzustellen. Dafür war klar, dass wir zunächst nach Literatur suchen mussten um uns ein wenig in das Gebiet einzuarbeiten. Hier waren sicherlich die Berichte voriger Jahrgänge sehr hilfreich. Nach einem ersten Überblick, was uns an diesem Standort an im Wasser lebenden Evertebraten erwarten würde, machten wir uns daran Ziele und Methoden festzulegen. Wir waren uns schnell einig, dass die Kinder vor allem Gelegenheit haben sollten zu keschern, also selbst aktiv zu werden, und dann auch selbstständig, unter unserer Anleitung, die verschiedenartigen Anpassungen und Besonderheiten der Tiere erarbeiten sollten. Ausschlaggebend für unser Konzept war auch das Zeitlimit, das uns anfangs als größtes Problem erschien. Um nach dem Keschern ein eher rasches Bestimmen der „Beute“ zu ermöglichen, fertigten wir Folien mit Bildern der wichtigsten bzw. häufigsten Tierarten an. Da trotzdem die Bestimmung aller unterschiedlichen Tiere zu zeitaufwendig erschien, einigten wir uns darauf, dass sich jedes Kind ein Tier aussuchen sollte, dieses dann mit Hilfe der Folien bestimmen und nach genauer Betrachtung – hierbei wollten wir zuvor einen kurzen Arbeitsauftrag geben: Was frisst das Tier, wie könnte es atmen, etc. – jenes Tier dann den 114 Rosi Kastl-Killinger & Anneli Müller anderen Kindern vorstellen. Noch verbleibende Zeit wollten wir darauf verwenden, interessante Tiere, die wir zuvor fangen und aufbewahren würden, den Kindern vorzustellen. Um einerseits mit der wenigen Zeit klarzukommen und andererseits um das Hantieren im Freiland möglichst praktisch zu handhaben, entschieden wir uns vorab gegen Plakate, das Zeichnen von Tieren und auch Fragebögen. Die Vorbereitung in Marchegg In Marchegg machten wir uns zuerst daran, in den unterschiedlichen Tümpel und Überschwemmungsresten nach Evertebraten zu keschern, um sie anschließend zu bestimmen. Seltene und/oder kompatible Tiere packten wir in ein Aquarium – so beispielsweise die Urzeitkrebse (von denen wir ein paar schöne Exemplare bei Lacken in der Nähe des Pulverturms fingen). Wegen der hohen Artenvielfalt beim Keschern im Tümpel gleich hinterm Haus, entschieden wir uns dafür, gleich dort unser Lager aufzuschlagen. Am Tag vor Anreise der ersten Schulklasse suchten wir dann noch alle nötigen Utensilien zusammen: Lupengläser, weiße Wannen, Kescher, sowie eine Bank als Sitzmöglichkeit beim Bestimmen und Beobachten der Tiere. Zusammenfassung des Konzepts, der Lehrziele und der Methodik Wie schon erwähnt ist für uns das selbständige, aktive Handeln der Kinder in der Natur sehr wichtig gewesen und um das forschende Lernen umzusetzen war unser Programm für die Kinder: Eigenständiges Keschern Was lebt im Tümpel? Erforschen und Beobachten der gefangen Tiere in Weißschalen Bestimmen der Tiere mittels von uns angefertigten Folien Erforschung eines Tieres nach Morphologie, Atmung und Nahrungserwerb Festigung des forschenden Lernens durch Abschlusspräsentationen Unsere Lehrziele waren sehr einfach und prägnant gesteckt. Wir wollten den SchülerInnen den besonderen Lebensraum Tümpel näherbringen, wobei wir hierzu als Beispiel die perfekt an astatische Gewässer angepassten Urzeitkrebse besprachen. Weiters war eine gewisse Artenkenntnis an Evertebraten in einem überschaubaren Rahmen ein weiteres wichtiges Ziel. Die SchülerInnen sollten Wasserkäfer, Wasserwanzen, Würmer, Schnecken, verschiedenste Larven, Krebse etc., unterscheiden können. Das Bestimmen von Tieren alleine, wäre didaktisch nicht sehr wertvoll und so formulierten wir als weitere Ziele, dass Erforschen der Fragen: „Wie atmen die Tiere?“, „Wie bewegen sie sich fort?“ und „Was und wie fressen die Tiere?“ und wie hängen alle Fragen miteinander zusammen. Reflexion über die Einheiten mit einer 7.Klasse und 1. Klasse Die SchülerInnen wussten rein Garnichts über Wasserinsekten oder Urzeitkrebse. Auf die Frage:“Wieso glaubt ihr heißen diese Tiere Urzeitkrebse?“ wurde geantwortet:„Weil sie wie eine Uhr aussehen…“ Niemand kannte die Urzeitkrebse als die seit Jahren übliche Beilage in Kinderzeitschriften wie Mickey Maus oder Ybbs. Dies verwunderte uns sehr. Das Keschern machte ihnen Spaß, auch 115 Rosi Kastl-Killinger & Anneli Müller wenn meine Kollegin und ich anfangs schwitzten, da alle SchülerInnen keine Gummistiefel hatten und wir erst als die Jugendlichen schon an unserer Station waren, in einem panikartigem Tempo 4 Paar auftreiben konnten. Das Beobachten der Tiere verlief ruhig und war unserer Meinung nach für sie ganz interessant. Nach dem Bestimmen der Tiere gelang aber in fast allen Gruppen das Kombinieren wie das Tier jetzt atmet, frisst und sich fortbewegt, jedoch ohne Hilfe nicht. Auch das präsentieren der Tiere war durch zu wenig Anleitung unserseits eher mittelmäßig. Fazit: Für eine 7. Klasse war zwar kein Wissen aber Interesse da, wobei sie sich sichtlich bemüht haben und das Arbeiten Was lebt im Tümpel? mit den Schülern, uns sehr wohl Spaß gemacht hat. Unser Feedback sprach genau die Punkte auf, die uns selber schon aufgefallen waren. Zuallererst konnte unsere Einleitung über den Lebensraum Tümpel ruhig gekürzt werden, da die Kinder vor dem Tümpeln so viel Input gar nicht aufnehmen konnten. Das Beschreiben der Tiere, welches den Kindern eher schwer fiel, sollte von unserer Seite durch ein Arbeitsblatt mit Leitfragen erleichtert werden. Am zweiten Tag war unser Programm mithilfe kleiner Arbeitsblätter wirklich erfolgreicher und die Kinder präsentierten ihre Tiere auf fantastische Weise. Die SchülerInnen sind sehr aufmerksam und finden eigentlich alle Zusammenhänge sehr schnell heraus. Bei der Atmung begeisterten uns Wortmeldungen wie: „Wow, Der Wasserskorpion besitzt einen Schnorchel!“ oder „coole Tauchausrüstung“. Das Arbeiten mit den Abbildungen auf den Schautafeln war auch mit der 1. Klasse kein Problem. Das Feedback fiel demnach auch sehr zufriedenstellend aus, aber das wichtigste war, dass wir mit uns zufrieden waren. 116 Rosi Kastl-Killinger & Anneli Müller Was lebt im Tümpel? Literatur Bücher: Eder, E. & W. Hödl (2003): Catalogus Novus Faunae Austriae, No.1. Die Groß-Branchiopoden Österreich Crustacea: Branchiopoda excl. Cladocera. (The large branchiopods of Austria, Crustacea: Branchiopoda excl. Cladocera). Vienna, Austria: Austrian Academy of Sciences Press. Biosystematics and Ecology Series 20, 56 pp. Engelhard, W. (2003): Was lebt in Tümpel, Bach und Weiher? Pflanzen und Tiere unserer Gewässer. Stuttgart, 15.Auflage Bellmann, H. (1999): Der neue Kosmos-Insektenführer Zahradník, J. (2002): Der Kosmos Insektenführer Websites: http://www.urzeitkrebse.at Zugriff am 14.6.2010 http://www.naturschutzbund.at/publikationen/hoedl.html Zugriff am 14.6.2010 http://www.hydro-kosmos.de http://www.mollbase.de/ Zugriff am 15.6.2010 (Bild: Lepidurus apus L., Notostraca) 117 Julia Satorina & Theresa Hunstorfer Bedeutung der Hydrologie der March am Beispiel der Fische Fische Die Fische der March und ihr Nutzungsaspekt von Julia Satorina & Theresa Hunstorfer Fachliches Interessantes zur March Die March ist ein typischer Tieflandfluss, der in zirka 1275 m am Südhang des Spieglitzer Schneebergs entspringt und nach 352 km an der Thebener Pforte (auch Hainburger Pforte) in die Donau mündet. Sie bildet die Landesgrenze zwischen Österreich und der Slowakei. Das durchschnittliche Gefälle liegt bei 3,24 Promille und sie hat ein Einzugsgebiet von 26.648 km². Im Jahresdurchschnitt führt die March 110m³ Wasser pro Sekunde. Aufgrund der Schneeschmelze im Mährischen Mittelgebirge sind Hochwässer zwischen Februar und Mai typisch, jedoch können im Unterlauf der March zusätzliche Hochwässer entstehen, die auf starke Niederschläge, kombiniert mit der hochwasserführenden Donau, zurückzuführen sind. Solche Rückstauhochwässer können bis zu 15 km stromaufwärts wirken und treten vorwiegend in den Sommermonaten August und September auf. Der Unterlauf der March zählt laut Fischgewässerklassifizierung zur Brachsenregion. Gekennzeichnet wird eine Brachsenregion durch niedrige Strömungsgeschwindigkeiten, sandig-schlammigen Untergrund, Sauerstoffarmut in Bodennähe und hohe Temperaturen. Der Übergang zwischen den verschiedenen Regionen (Forellen-, Äschen-, Barben- und Brachsenregion) ist fließend und daher ist es (NÖN Gänserndorf) 118 Julia Satorina & Theresa Hunstorfer auch durchaus möglich, in der March Fischarten zu entdecken, die für die Brachsenregion eigentlich untypisch sind. Fische zu verbringen, so zum Beispiel dem Schlammpeitzger, der sich bei Trockenperioden im Schlamm vergräbt und so überleben kann. Gewässertypen Hauptfluss: Die March selbst ist stark von menschlicher Hand geprägt. Durch Eingriffe des Menschen, wie Begradigungen, etc. wurden im Laufe der Geschichte immer wieder die für die Uferlandschaft wichtigen Mäander vom Hauptfluss getrennt und die Strömungsgeschwindigkeit erhöht. Trotzdem findet man in natürlich gelassenen Uferbereichen immer noch die typischen Totholzstrukturen und starke Bewachsung durch Wasserpflanzen, die den Fischarten Lebensraum, Nahrung und Laichplätze bieten. Offene Altarme: Die mit dem Hauptfluss in Verbindung stehenden Altarme beherbergen vor allem Fischarten, die während der Laichzeit und im Winter den planktonreichen Freiwasserbereich nutzen. Die sandig-kiesigen Uferbereiche und Sedimentbänke bieten optimale Möglichkeiten zur Eiablage. Abgetrennte Altarme: Dieser Bereich des Flusssystems kommuniziert nur bei Hochwässern mit dem Hauptfluss und bietet ideale Lebensbedingungen für diverse Fischarten. Der weiche Untergrund und der starke Pflanzenbewuchs bieten sowohl Schutz, als auch Nahrung. Verlandende Augewässer: Auweiher dieser Art, sind zur Gänze von der Flussdynamik abgetrennt und sind geprägt durch starke Wasserstandsschwankungen, Erwärmung und geringem Sauerstoffgehalt. Hier ist es nur wenigen Fischarten möglich, ihr Leben Wichtige Vertreter der Fischfauna der March – Biologie und Ökologie Insgesamt beheimatet die March in ihrem Unterlauf 48 Arten von Neunaugen und Fischen, die sich anhand ihrer Bindung an spezifische Habitate im Fluß-Au-Gewässersystem während ihres Lebens in sechs okölogische Gruppen einteilen lassen. 1) rhithrale Arten: Angehörige dieser Gruppe müssen zumindest während der Laichzeit in kältere und sauerstoffreichere Zubringer abwandern. 2) rheophil A Arten: Diese Arten sind strömungsliebend und verlassen zeitlebens den Hauptfluss nicht. 3) rheophil B Arten: Vertreter dieser Gruppe verbringen große Teile ihres Lebens im Hauptfluss, ziehen jedoch in der Laichzeit in die Altarme. 4) eurytope Arten: Diese Gruppe besitzt keine spezifische Habitatbindung, ist anpassungsfähig und zäh und kann zeitlebens dort verbleiben, wo sie sich befindet. 5) stagnophile Arten: Fischarten, die zu dieser Gruppe zählen, verbringen ihr Leben in den ruhigen, verlandenden Altarmen. 119 Julia Satorina & Theresa Hunstorfer Brachse – Abramis brama Merkmale: Ihr Körper ist hochrückig und seitlich stark abgeflacht. Die Brustflossen reichen bis zum Ansatz der Bauchflossen. Brachsen besitzen ein vorstülpbares Maul, mit welchem sie im weichen Schlamm nach Nahrung suchen können. Färbung: Der Rücken ist bleifarben bis schwärzlich und meist etwas grünlich, während die Flanken etwas heller, metallisch glänzen. Sein Bauch ist weißlich, mit Perlmutterglanz. Von ihrer Färbung kann man auch auf ihren Lebensraum schließen. Denn ein dunkler Rücken und ein heller Bauch deuten darauf hin, dass sich die Brachse eher in Bodennähe, als an der Wasseroberfläche aufhält. Ihre Färbung ist eine Tarnfarbe. So sind sie gegen Angreifer von oben unsichtbar, da ihr dunkler Rücken mit dem dunklen Untergrund „verschmilzt“ und ebenso tarnen sie sich mit ihrer hellen Bauchfarbe mit der hellen Wasseroberfläche vor Feinden, die von unten kommen. Vorkommen: Die Brachse ist ein typischer Vertreter der Brachsenregion. Sie lebt ausschließlich in größeren, nährstoffreichen Seen und langsam fließenden Gewässern. Fische Jungfische leben eher in kleinen Rudeln in der Uferzone, die erwachsenen in tieferen Wasser, von wo sie erst bei Einbruch der Dämmerung ins Flachwasser ziehen um dort nach Nahrung zu wühlen, wobei die sogenannten „Brachsenlöcher“ entstehen. Sonstiges: Die Brachse wird auch noch Brasse oder Blei genannt. Sie gehört zu den Cyprinidae, den Karpfenartigen (ca. 70% der Fische einer Brachsenregion gehören zu den Cyprinidae). Brachse Nerfling – Leuciscus idus Merkmale: Der Körper des Nerflings ist etwas hochrückig und seitlich abgeflacht. Sein Kopf ist klein und hat eine schräg nach oben gerichtete Mundspalte. Färbung: Sein Rücken ist grün- bis schwarzgrau, seine Flanken sind heller bis stark silberglänzend und sein Bauch ist weißlich. Die Rückenflosse und Schwanzflosse sind graublau, alle anderen Flossen sind rötlich. Vorkommen: 120 Julia Satorina & Theresa Hunstorfer Fische Er lebt in größeren Fließgewässern und Seen. Er ist ein Schwarmfisch, der sich meist in Wasseroberflächennähe aufhält (siehe Färbung!) und nur im Winter in tiefere Flußstellen zurückzieht. Karausche – Carassius carassius Sonstiges: Männchen bekommen in der Laichzeit von April bis Juni einen deutlich sichtbaren Laichausschlag (weißlicher Ausschlag mit leichter „Höcherbildung“ rau!). Die Weibchen streifen an den Männchen vorbei und fühlen den Laichausschlag, wodurch sie wissen, dass ein bereites Männchen in der Nähe ist. Leider ist der genaue Sinn und Zweck des Laichausschlages noch nicht 100%ig geklärt. Färbung: Ihr Rücken ist bräunlich, mit Grünglanz. Besonders ist der meist gut sichtbare dunkle Fleck auf der Schwanzwurzel. Nerfling Merkmale: Die Karausche besitzt einen hochrückigen, gedrungenen, abgeflachten Körper. Die Schwanzflosse ist leicht eingebuchtet. Vorkommen: Sie leben überwiegend in flachen, pflanzenreichen Tümpeln und Seen mit reichem Pflanzenbewuchs. Sonstiges: Die Karausche ist ein sehr anpassungsfähiger Fisch, der auch einen hohen Verschmutzungsgrad und Sauerstoffmangel erträgt. In der kalten Jahreszeit gräbt er sich in den Boden ein und verfällt in eine Art Winterschlaf. Wenn sein Wohngewässer auszutrocknen beginnt, verbirgt er sich im Schlamm. 121 Julia Satorina & Theresa Hunstorfer Fische Oberkiefer sitzen 6 kurze Bartfäden (4 vorne, 2 über den Mundwinkeln), mit denen er schmeckt und tastet. Dicht unter dem Auge in einer Hautfalte sitzt ein aufrichtbarer, zweispitziger Dorn (daher sein zweiter bekannter Name: Dorngrundel), den alle Cobitis-Arten besitzen. Färbung: Der Rücken ist schmutziggelb mit dunklen braunen Flecken, Strichen und Marmorierungen. Die Flanken sind sandfarben und unterhalb der Seitenmitte haben sie eine Längsreihe von 10-20 dunkelbraunen, hell umrandeten Flecken, die durch eine dünne, schwarze Längslinie verbunden sind. Darüber befindet sich noch eine Reihe ähnlicher kleinerer Flecken. Steinbeißer Karausche Vorkommen: Sie sind in klaren Fließgewässern und Seen mit Sand- oder Schlammgrund verbreitet. Sonstiges: Tagsüber gräbt sich der Steinbeißer in den Untergrund ein und wird erst mit der Dämmerung lebhaft. Steinbeißer – Cobitis taenia Merkmale: Der Steinbeißer besitzt einen langgestreckten, schmalen Körper, mit einer engen, unterständigen Mundspalte. An seinem Güster – Blicca bjoerkna Merkmale: 122 Julia Satorina & Theresa Hunstorfer Fische Der Güster hat einen hochrückigen und seitlich abgeflachten Körper, mit einer stumpfen Schnauze und einem halb unterständigem Mund. Die Brustflossen reichen nicht bis zum Ansatz der Bauchflossen. Färbung: Ihr Rücken ist grau- bis schwarzgrün und die Flanken sind etwas heller. Die Bauchseite ist weißlich bis rötlich und silberglänzend. Markant sind noch die rötlichen Ansätze der Brust- und Bauchflossen, der Rest der Flossen ist dunkelgrau. Vorkommen: Güster kommen hauptsächlich in Flachlandseen mit dichtem Pflanzenwuchs und in langsam fließenden Flüssen vor. Güster machen ca. 72% des Fischbestandes der March aus. Sonstiges: Der Güster ist ein Schwarmfisch, der sich meist in Bodennähe im Pflanzenbewuchs der Uferregion aufhhält. Meist trifft man den Güster in Gesellschaft der Brachse an. Im Winter zieht er sich in tiefere, ruhigere Lager zurück (z.B.: Altwässer). Männchen besitzen während der Laichzeit, wie auch z.B. der Nerfling, einen feinkörnigen, schwachen Laichausschlag. junger Güster Aus gegebenem Anlass, werden wir nun noch einen kleinen Exkurs in die „nicht ganz“ heimische Fischfauna machen. Denn am 17.4.2010 fingen wir, Theresa H. und Julia S., unseren ersten großen, und wir meinen wirklich großen (!), „Monsterfisch“. 123 Julia Satorina & Theresa Hunstorfer Fische Nach längerer Diskussion zwischen etwa 5-8 Fischern der March, welche alle sofort von Helmut per Walkie-Talkie über unseren Fang informiert wurden, haben wir uns entschieden, diesen riesigen Fisch als Tolstolob zu enttarnen (andere Meinungen gingen bis zum Marmorkarpfen, welcher aber in den letzten 10 Jahren erst einmal gefangen wurde etc.): Tolstolob, alias Silberkarpfen – Hypophthalmichthys militrix Merkmale: Der Tolstolob hat einen langgestreckten, dem Döbel ähnlichen Körper mit stumpfer, zwischen den Nasenlöchern eingedellter Schnauze. Sein Maul ist leicht unterständig. Seine Bauchseite ist abgerundet. Färbung: Sein rücken ist dunkelgrün bis grünschwarz. Die Flanken sind hellgrünlich und sein Bauch ist weißlich. Die Schuppen des Tolstolob sind dunkler umrandet. Vorkommen: Die optimale Wassertemperatur für den Tolstolob wäre eigentlich 22° - 26°C. Der Tolstolob lebt hauptsächlich in ruhigeren, tiefen Flüssen und Seen in den Ebenen Chinas, da die für die Lebensweise des Tolstolob optimale Wassertemperatur 22°-26°C beträgt. Die richtige ursprüngliche Verbreitung des Tolstolob ist allerdings kaum noch feststellbar, da er seit dem 10.Jahrhundert in China künstlich eingesetzt wird. Seit 1965 ist er in Deutschland verbreitet und letztendlich auch in Österreich angekommen. Sonstiges: Der Graskarpfen oder besser „Grasfisch“, verträgt auch tiefere Temperaturen, ist aber dennoch ein eher wärmeliebender Fisch. 124 Julia Satorina & Theresa Hunstorfer Fische 40 mm aufweisen muss, da auf diese Weise Klein- und Jungfische verschont bleiben. Daubeln ist jedoch nicht nur von Hütten aus möglich. Nach wie vor wird vereinzelt die Daubelfischerei von Zillen aus mit HandhebelDaubeln betrieben. Gängigere Methode ist dennoch das Fischen in den Hütten, das eine bequeme und entspannende Art des Zeitvertreibs darstellt. Laut Gesetz ist es den Fischern nicht erlaubt, eine Maximalfläche von 9 m² zu überschreiten, dennoch sind so manche nahezu wie kleine Wochenendhäuser eingerichtet und sehr komfortabel. Aufgrund der häufigen Hochwässer sind fast alle Hütten in einer beträchtlichen Höhe über dem Boden. Dennoch wurden beim Jahrtausend-Hochwasser im August 2002 viele der Fischerhütten stark beschädigt. In mühevoller Arbeit wurden sie von ihren Besitzern wieder auf Vordermann gebracht und haben nichts an Gemütlichkeit eingebüßt (siehe Bild unten). Daubelfischerei An der March wird traditionellerweise Fischerei mit Daubelnetzen betrieben. Diese schonende Art zu fischen prägt auch das Erscheinungsbild des Marchufers auf österreichischer Seite. Während nämlich das slowakische Ufer noch relativ unberührt erscheint, befinden sich am rechten österreichischen Ufer in geringem Abstand zueinander sehr gemütliche Fischerhütten. Die namensgebende Daubel ist ein Senknetz, das mittels Kurbel auf den Grund des Hauptflusses hinunter gelassen wird und von Zeit zu Zeit hochgehoben werden kann. Befindet sich ein Fisch im Netz, so wird dieser mit einem Käscher an Land geholt. Die Vorschriften besagen, dass das Netz der Daubel eine Mindestmaschenweite von 125 Julia Satorina & Theresa Hunstorfer Didaktik Lehrziele 1) Entstehung der Hochwässer an der March verstehen und ihre Auswirkungen für die Fischfauna abschätzen können. Fische die abenteuerliche Reise (Hochwasser!) zur Fischerhütte, die wir als Unterrichtsort gewählt hatten. Schon während des Fußmarsches machten wir einen kurzen Zwischenstopp bei einer alten Zille mit gutem Blick auf die Fischerhütte, erklärten dort das Daubelfischen, um die ungeteilte Aufmerksamkeit der Schüler/innen zu haben. Denn es war anzunehmen, dass die Aufmerksamkeit nach der Ankunft bei der Hütte nur noch den Fischen und nicht mehr uns gehören würde. 2) Den Körperbau des Fisches im Allgemeinen kennen, Körperteile benennen und ihre Aufgaben erklären können (Seitenlinienorgan, Schwimmblase, Barteln etc.). 3) Kenntnis der typischen Fischarten der March. 4) Ökologische Lebensräume der March kennen lernen und Fische anhand von Merkmalen ihrem spezifischen Lebensraum zuordnen lernen. 5) Charakteristika der March als Brachsenregion verstehen. 6) Kennenlernen der Daubelfischerei. Methoden Die 40minütige Einheit begann mit einer kurzen Einführung in die Entstehung der Hochwässer der March. Danach begaben wir uns mit den Kindern auf 126 Julia Satorina & Theresa Hunstorfer Endlich bei der Station angekommen, teilten wir sogleich die Arbeitsblätter aus und erläuterten noch in Kürze die Charakteristika einer Brachsenregion sowie die Gewässertypen der March. Nach der etwa fünfminütigen Einführung forderten wir die Schüler/innen auf die von uns bereits in den beiden vorangegangenen Tagen gefangenen Fische verschiedener Arten genau zu untersuchen und ihre Merkmale gemeinsam mit uns zu erarbeiten. Die Schüler/innen waren durchaus in der Lage, durch eigenständiges Forschen und Beobachten die Körperteile des Fisches zu erarbeiten Fische und anhand ihrer Merkmale (Farbe etc.) zu erkennen, wo genau im Hauptfluss die vorliegende Fischart lebt. Nach Beendigung der Forschungsarbeit boten wir den Kindern die Möglichkeit, das Daubelfischen selbst auszuprobieren und um die Wartezeit zwischen dem Hinunterlassen und Hochkurbeln der Daubel zu verkürzen, wurde die Zeit für die Ausarbeitung des Arbeitsblattes genutzt. 127 Julia Satorina & Theresa Hunstorfer Sobald wir einen Fisch im Netz hatten, wurde er von den Kindern mit uns gemeinsam aus dem Wasser geholt und bestimmt. Nach genauer Beobachtung durften ihn die Kinder wieder in die Freiheit entlassen. Fische antworten mussten. Die Gewinnergruppe wurde mit einer Siegerurkunde belohnt, die Verlierer erhielten ebenfalls eine Urkunde als Andenken. Didaktische Reduktion Die March ist ein Tieflandfluss, der durch das Schmelzwasser aus dem Mährischen Mittelgebirge im März und April gespeist wird und daher typischerweise in dieser Zeit Hochwasser führt. [Einleitung daher sind Gummistiefel notwendig] Der Grund für die großen Hochwässer der March ist jedoch die hochwasserführende Donau, die einen Rückstau des March-Wassers verursacht. Dies geschieht wie auch beim Jahrtausendhochwasser im Jahr 2002 meist im August, verursacht durch starke Niederschläge und das Schmelzwasser der Alpen, das die Donau speist [Schüler/innen sollen Vermutungen anstellen]. Überprüfung Um überprüfen zu können, ob die Schüler/innen von ihrer Arbeit mit dem lebenden Objekt etwas behalten haben, machten wir am Ende der Einheit ein kleines Abschlussquiz, bei dem zwei Gruppen gegeneinander um die Wette auf von uns vorbereitete Fragen Die March zählt laut Fischgewässerklassifizierung zur Brachsenregion und zeichnet sich durch eine geringe Strömunsgeschwindigkeit sowie hohe Temperaturen (16°C – 20°C) aus. Ebenfalls typisch für eine Brachsenregion sind ein sandigschlammiger Untergrund und Sauerstoffarmut in Bodennähe. Fische, die eine solche Region bewohnen, sind großteils sehr anpassungsfähig und zäh. Vor allem Cypriniden (Kapfenartige) finden hier artspezifische Lebensräume. Mit 72% ist der Güster die Art mit der höchsten Individuenzahl, gefolgt von der namensgebenden Brachse (15%) und der Laube (3%). 128 Julia Satorina & Theresa Hunstorfer Die March wird in vier Gewässertypen unterteilt, den Hauptfluss, der vor allem strömungsliebende Fischarten sowie Fische ohne Habitatbindung beherbergt, die großen, offenen Altarme, in denen die Fische sich nur außerhalb der Laichzeit befinden, die verlandenden Altarme, die nur bei Hochwasser mit dem Hauptfluss in Verbindung stehen sowie die Au-Weiher, die durch starke Temperaturschwankungen gekennzeichnet sind [kurzer Frontalunterricht]. In selbstständiger Forschungsarbeit erkundeten nun die Schüler/innen die Fische. Gleich zu Beginn ihrer Forschung sollten sie eine männliche Brachse von einer weiblichen unterscheiden. Dies ist aufgrund des gut spür-/sichtbaren Laichausschlags beim männlichen Exemplar keine Schwierigkeit gewesen und war ein durchaus interessantes Phänomen, das wir im Anschluss gleich erklärten. Im Gespräch mit uns werden die Flossen, die Kiemen, das Seitenlinienorgan, die Barteln etc. besprochen und wird die Funktion der einzelnen Körperteile erforscht. Anhand der Färbung können die Schüler/innen schnell erkennen, in welchem Lebensraum die Tiere leben. Neben der Brachse konnten wir einen Güster, einen Nerfling sowie eine Karausche und einen Steinbeißer als Lebendobjekte vorzeigen, was auch die Artenvielfalt sehr gut widerspiegelte. Das „Daubelfischen“ ist eine für die March typische Fischereiart, bei der ein Senknetz (Daubel) mit einer Kurbel auf den Grund des Flusses hinuntergelassen wird und von Zeit zu Zeit wieder hochgehoben werden kann. Es handelt sich hierbei um eine besonders schonende Art des Fischens, bei dem Klein- und Jungfische keinen Schaden nehmen, da die Netze eine Fische Mindestmaschenweite von 40mm aufweisen müssen [Schüler/innen haben die Möglichkeit selbst zu fischen]. Reflexion Dank Helmut Bay, den Besitzer der Fischerhütte, der uns diese während unseres gesamten Aufenthalts in Marchegg zur Verfügung gestellt hat, hatten wir die Möglichkeit, in den beiden Tagen vor dem Besuch der Schulklasse genügend Anschauungsmaterial zu sammeln. Es gelang uns, viele für die March typische Fischarten zu fangen und wir konnten somit die Schüler/innen für unsere Station begeistern. Allein schon die Anreise zu unserer Station durch das Hochwasser entpuppte sich als Abenteuer und machte den Kindern großen Spaß. 129 Julia Satorina & Theresa Hunstorfer Fische Die Gruppen, die unsere Station besuchten, zeigten sich hochinteressiert und begeisterungsfähig, und daher war es für uns ein Leichtes, das geplante Konzept durchzuführen. Die ausführlichen Recherchen, die wir im Vorfeld der Exkursion betrieben hatten, erleichterten uns ebenfalls die Arbeit Vorort mit den Kindern. Sowohl das Arbeitsblatt als auch das Quiz wurden von den Schülern/innen durchwegs positiv angenommen und wider all unserer Erwartungen wurden sogar von den Schülern/innen der 5. Klassen die Urkunde zur Erinnerung verlangt. Alles in Allem können wir mit unserer Station zufrieden sein. 130 Julia Satorina & Theresa Hunstorfer Fische Arbeitsblatt Neben der Fischerei mit der Angel, gibt es in Österreich in den 1. Schreibe die Zahlen zu den zugehörigen Begriffen: 2 Flüssen der und die Fischerei mit Senknetzen, den 3 . 4 1 Dabei wird ein Netz in das Wasser gesenkt und von Zeit zu Zeit . In der March wird die Daubelfischerei hauptsächlich von 5 Kiemendeckel Afterflosse Rückenflosse Schwanzflosse aus betrieben, allerdings kann man 6 7 Brustflosse Seitenlinienorgan Bauchflosse die Daubel auch als mobil einsetzen, oder auf einem langen, schmalen Boot, der sogenannten , montieren. Die Netze haben eine vorgeschriebene Maschenweite von , was verhindert, dass 2. Schreibe die Begriffe in die passenden Lücken des Textes: mit gefangen werden und andere Fische nicht werden. 131 Julia Satorina & Theresa Hunstorfer Fische Begriffe: hochgehoben Jung- und Kleinfische Donau Daubeln verletzt Fischerhütten March HandhebelDaubel Zille 40mm Der Schlammpeitzger ist die am häufigsten vorkommende Fischart der March. (72%) richtig falsch Die Fische der March lassen sich in 6 ökologische Gruppen unterteilen. (abhängig vom Stadium im Lebenszyklus) richtig falsch Eine Brachsenregion ist durch folgende Merkmale gekennzeichnet: richtig falsch richtig falsch Untergrund fein und schlammig Sauerstoffgehalt des Wassers ist gering Strömungsgeschwindigkeit ist gering 3. Kreuze an, ob die Aussagen richtig oder falsch sind: Barteln dienen als Tast- und Hörorgane. richtig falsch Barteltragende Fische leben hauptsächlich an der Wasseroberfläche. richtig falsch Die Karausche kann sich in der kalten Jahreszeit im Boden vergraben und in eine Art Winterschlaf verfallen. richtig falsch Der Steinbeißer besitzt 3 Paar Bartfäden. richtig falsch Die March ist gekennzeichnet durch einen hohen Anteil an Cyprinidae (Karpfenartige). 132 Julia Satorina & Theresa Hunstorfer Fische Literatur Bücher: Terofal, F. (1984): Süßwasserfische in europäischen Gewässern (“Die farbigen Naturführer”); Mosaik Verlag GmbH München Spindel, Th. et al. (1992): Die Fischfauna der österreichischtschechoslovakischen Grenzstreck der March samt ihrem Einzugsgebiet; Forschungsinstitut WWF Österreich Umweltbundesamt (1999): Fließende Grenzen. Lebensraum MarchThaya-Auen; Wien Spindler,Th. (1995): Fischfauna in Österreich; Umweltbundesamt Broschüren: Wolfram, G., Großschartner, M. & E. Eder (2007): Literaturstudie im Rahmen des Projektes "Gelsenregulierung March 2006/2007" des NÖ Landschaftsfonds. Regionalverband March Thaya Auen. 44 pp. Hg. OÖ. Landesfischereiverband; Leitfaden zur Angelfischerei; 2. Auflage Internetseiten: http://www.nordbahn.com/joomla/content/view/5/34/ http://www.fischundwasser.at http://www.march-thaya-auen.at/ 8969a61279018dd5b17e6b01a5968363/de/flussbau/index.html http://www.oefg1880.at 133 Jacqueline Scheibstock, Sarah Csokai & Nina Amelin Die beinlosen Wanderer Vom Wasser aufs Land – und zurück von Jacqueline Scheibstock, Sarah Csokai & Nina Amelin Fachliches Die Algen Algen waren die ersten Pflanzen auf der Erde. Sie entstanden durch Endosymbiose einer kernfreien Zelle und einer Bakterienzellen. Man unterscheide Algen nach ihren enthaltenen Farbpigmenten: Grün- / Braun- und Rotalgen. Sie können sowohl im Süß- als auch im Meerwasser leben, wobei sie in letzterem als Seetang bis zu 60m an Länge gewinnen können. Algen waren nicht nur die ersten Pflanzen und somit der erste Schritt in der Evolution, sondern sind auch ein Beispiel für die Entwicklung eines Vielzellerstadiums. Denn Die beinlosen Wanderer Algen kommen sowohl einzellig, als auch als Coenobien (Volvox Bild) oder gar als Vielzellige Pflanzen vor. Vor allem als Wasserpflanzen besitzen sie noch kein Festigungsgewebe und können nur ein schlecht ausgebildetes Wurzelwerk vorweisen. Da sie ihr Leben im Wasser fristen dienen ihnen Interzellularräume, welche mit Luft gefüllt sind, als Auftrieb um unter Wasser aufrecht stehen zu können. Da sich die Nährstoffe im umliegenden Wasser befinden und weniger im Boden nehmen sie alle Assimilate, statt über Wurzeln wie Landpflanzen, über ihre gesamte Körperoberfläche auf. Mit der Entstehung der Algen geht ebenso einher, dass durch ihre (erstmals) photosynthetische Aktivität vermehrt Sauerstoff in die Erdatmosphäre gelangt. Da Algen den gesamten Meer- und Süßwasserbereich besiedeln, hatten sie zur damaligen Zeit, in der noch mehr Wasser vorhanden war als heute, ein noch viel größeres Verbreitungsgebiet, welches sie auch nutzten. Durch die so in Mengen und stetig stattfindende Sauerstoffanreicherung begann sich die Atmosphäre zu erwärmen, das zuvor in Mengen vorhandene CO2 wurde veratmet und somit ergaben sich zufälligerweise optimale Umweltbedingungen für das Entstehen anderer Organismen. Was vor allem für den 2., den 3. und den 4. Schritt in unserer Station wichtig war, nämlich: für die Entstehung von Flechten, Moosen und Farnen. Denn sie stellen evolutiv gesehen die Vorreiter der Samenpflanzen dar. 134 Jacqueline Scheibstock, Sarah Csokai & Nina Amelin Dank dieser Pionierpflanzen war es möglich, dass sich Leben auf der Erde entwickeln konnte und wir heute genau da stehen wo wir sind. Die Flechten Bei der Flechte handelt es sich um eine Lebensgemeinschaft, welche Symbiose genannt wird, zwischen einem Pilz (Mykobiont) und einer Photosynthese betreibenden Pflanze, die Alge oder Cyanobakterien (Phytobiont). Unter Symbiose wird im Allgemeinen ein Zusammenleben von zwei Organismen verstanden, die sich gegenseitig keinen Schaden zufügen, sondern in dem beide einen Nutzen daraus ziehen. Im Fall der Flechten wird der chlorophyllfreie Pilz, der selbst nicht in der Lage ist, organische Substanzen wie Zucker und Stärke aus anorganischen Ausgangsstoffen, wie Kohlendioxid und Wasser, zu produzieren, von der Alge, die Photosynthese betreiben kann, mit diesen Stoffen versorgt. Doch auch die Alge profitiert von dem Zusammenleben. Da sie über kein Stützgewebe verfügt wird sie vom Gewebe des Pilzes umschlossen, so stützt er die Die beinlosen Wanderer Alge und gibt der Flechte Halt auf der Unterlage. Außerdem kann der Pilz Wasser und Minerale aufnehmen und bietet der Alge Schutz vor zu viel Licht, Trockenheit und Hitze. Es handelt sich hierbei um eine besondere Symbiose, eine sogenannte Hungersymbiose. Das Zusammenleben beider Partner funktioniert nur dann, wenn jede von ihnen schlechte Lebensbedingung vorfindet und nicht alleine existieren könnte. Wären die Bedingungen für einen der Partner gut und für den anderen schlecht, so würde der eine den anderen überwuchern und eine Symbiose könnte nicht stattfinden. Flechten können durch diese spezielle „Vereinigung“ Lebensräume besiedeln, die sonst für sie unbewohnbar wären: unterschiedlichste Unterlagen wie Erdböden, Gesteine sowie auch epiphytisch auf anderen Pflanzen (zB. Baumrinden). Sie finden sich in allen Klimazonen unserer Erde, auch in extremen Zonen wie arktische Tundra und Wüsten. Weltweit gibt es ca. 20.000 Flechtenarten, wobei sie immer nach ihrem Pilz benannt werden. Es können verschiedene Arten von Algen in einer Flechte vorkommen, jedoch immer nur eine Pilzart. Der Pilz bildet den Vegetationskörper der Flechten, wobei es sich um ein Geflecht aus Pilzfäden handelt, den sogenannten Hyphen, die das Lager bilden. Darin eingeschlossen befindet sich die Population der Algen. Nach der äußeren Erscheinung wird zwischen Krusten-, Blatt- und Strauchflechten unterschieden und auch die Farben sind äußerst variabel. Sie bevorzugen sehr saubere Luft, da schädliche Umwelteinflüsse die Symbiose stören. Bereits geringe Luftverschmutzungen hinterlassen bei den Flechten ihre Spuren durch Verfärbung und Wachstums- 135 Jacqueline Scheibstock, Sarah Csokai & Nina Amelin störungen. Deshalb spielen Flechten auch als Bioindikatoren eine große Rolle, da sie ein feines Messinstrument für Luftverschmutzung sind. Da sie im Allgemeinen sehr empfindlich gegenüber Veränderungen in ihrem Lebensraum sind, ist die Zahl der Flechten leider sehr gesunken, in manchen Gebieten ist sie sogar am aussterben. Die Moose Die ältesten fossilen Moose stammen aus dem Oberdevon und sind um die 400 Millionen Jahre alt. Sie werden in drei Gruppen unterteilt: Hornmoose, Lebermoose und Laubmoose. Moose sind primär Landpflanzen und jene wenigen Ausnahmen, welche untergetaucht leben, sind sicherlich sekundär in das Medium „Wasser“ zurückgekehrt. Die Lebensräume sind vielseitig. Auf der einen Seite bevorzugen sie schattige und feuchte Orte, wie Moore und Wälder, da sie über keine Epidermis und keine (oder einer nur sehr zarten) Cuticula verfügen. Sie könnten daher leicht austrocken. Andere wiederum entwickelten die Fähigkeit sich der Trockenheit zu stellen und eine Resistenz gegen jene zu entwickeln. Diese besiedeln nackte, der Sonne ausgesetzten Felsen, stellen Erstbesiedler aufgerissener Lehmböden dar oder spezialisierten Die beinlosen Wanderer sich auf Brandstellen. Viele Moose führen ein epiphytisches Leben und wachsen auf der Rinde von Bäumen. Genauso verschieden wie die Lebensräume ist ihr Aufbau. Lebermoose weisen neben thallösen Formen, die über einen lappig strukturierten Vegetationskörper, dem Thallus verfügen, welcher äußerst primitiv bis höchstkompliziert aufgebaut sein kann, bereits foliose (beblätterte) Arten auf. Die Laubmoose, die größte der Moos-Klassen, stehen an der Grenze zwischen Thallophyten und Kormophyten. Sie sind zwar in Spross und Blättchen gegliedert, jedoch dient der Spross ausschließlich der Stabilität und hat kaum Leitungsfunktion. Die Moose besitzen außerdem 136 Jacqueline Scheibstock, Sarah Csokai & Nina Amelin keine Wurzeln, sondern sogenannte Rhizoide, feine Zellfäden, die vorrangig der Verankerung dienen. Viele Moosarten verfügen lediglich über Atemöffnungen, welche sich nicht schließen können. Darüber hinaus finden sich jedoch schon Spaltöffnungen bei den Laubmoosen. Charakteristisch für diese Pflanzen ist der heteromorphe Generationswechsel mit Betonung auf dem Gametophyten (n). Dieser weist eine höhere anatomische und morphologische Differenzierung auf als der Sporophyt (2n), welcher nur kurzlebig und vollkommen abhängig vom Gametophyten ist. Ab den Farnen dominiert die diploide Generation. Die noch vorhandene Abhängigkeit der Moose an das Wasser zeigt sich in der Befruchtung. Die Spermatozoiden sind beweglich und benötigen Flüssigkeit (Regen, Tau) um zur Eizelle zu gelangen. Die Vegetative Vermehrung in Form von Brutkörpern spielt eine wesentliche Rolle bei diesen Pflanzen. Die beinlosen Wanderer Anpassungen an bestehende Umstände handelt. Dabei ist nichts gerichtet oder gesteuert. Es handelt sich um unwillkürliche Vorgänge, die von selbst stattfinden. Von äußerster Wichtigkeit war uns darüber hinaus, dass die SchülerInnen Evolution nicht als etwas Geradliniges oder als „Streben nach Höheren“ ansehen, weshalb ebenfalls angesprochen wurde, dass Pflanzen/Tiere sehr wohl wieder ins Wasser sekundär zurückkehren. Didaktik Ziel unserer Station war es den SchülerInnen Evolution anhand der Pflanzen zu übermitteln. Wie der gesamte Prozess der Entwicklung der Wasserpflanzen zu Landpflanzen vor sich ging, welche Probleme damit verbunden waren und welche Fähigkeiten dazu entwickelt werden mussten um jene zu bewältigen. Großes Augenmerk legten wir auf den Evolutionsgedanken und die Tatsache, dass es sich dabei einzig und allein um bewährte 137 Jacqueline Scheibstock, Sarah Csokai & Nina Amelin Um das zu veranschaulichen haben wir uns dafür entschieden mit einem Plakat zu beginnen. Auf diesem wurde die tierische und pflanzliche Evolution mehr oder weniger gegenüber gestellt. Der Grund lag darin, dass wir annahmen, dass für SchülerInnen die Vorgänge der Evolution anhand der Tiere eher „greifbarer“ zu verstehen sind als wenn wir direkt mit den Pflanzen einsteigen. Dem war dann auch so. Nach dieser Einleitung in das von uns genannte Thema „Die Reise der beinlosen Wanderer“ wurde mit dem ersten evolutionären Schritt der Pflanzen begonnen, nämlich den Algen. Um dies für die SchülerInnen der 1. und 7. Klasse nach dem Frontalvortrag mithilfe des Plakats interessanter zu gestalten hatten wir uns überlegt mit ihnen im nahe gelegenen Tümpel waten zu gehen. Dazu besorgten wir uns Watthosen und es durften jeweils ein bis zwei SchülerInnen in den Tümpel stampfen um Alge heraus zu keschern. Erfolgreich Die beinlosen Wanderer gekeschert, ging es dann weiter mit den Besonderheiten der Algen. Sogar Algensnacks wurden anschließend interessiert verspeist. Die Flechten waren als nächstes an der Reihe. Die vortragende Studentin ging mit den SchülerInnen Flechten suchen um sie ihnen anhand ihrer natürlichen Fundstücke besser erklären zu können. Die SchülerInnen stellten Fragen und waren darüber sehr erfreut ihre Fundstücke mit nach Hause nehmen zu dürfen. Es entstand ein regelrechter Wettkampf wer denn nicht die schönste und größte Flechte gefunden hatte. Ein Schüler meinte sogar: „Jetzt weiß ich endlich was das ist, dass ich da immer am Schulweg seh’!“ Nun folgten die Moose. Den SchülerInnen wurde die Augen zugebunden um ihnen den nächst besten adaptieren Evolutionsschritt anfangs nur fühlen zu lassen. Sie sollten erklären, wie sich dieses Stück Natur anfühlt und was ihnen spontan dazu einfällt. Wieder sehend überlegten sich die SchülerInnen mit der Studentin zusammen, welche Fähigkeiten eine Pflanze entwickeln muss um am Land leben zu können. Die erste Klasse bekam anschließend Kärtchen, in denen sie die wichtigsten Eigenschaften der Moose eintragen sollten um dieses anschließend in einem Sammelheft einzukleben. 138 Jacqueline Scheibstock, Sarah Csokai & Nina Amelin Und um das gesamte Erlebnis über Schmecken, Fühlen und Riechen noch zu festigen hatten wir zwei Plakate über die Algen und die Moose, den für uns „wichtigsten“ Schritten der pflanzlichen Evolution, angefertigt. Wir teilten den SchülerInnen kleine Kärtchen aus, auf welchen entweder eine Eigenschaft der einen Pflanze oder der anderen notiert war. Die Aufgabe der SchülerInnen umfasste nun diese korrekt zuzuordnen. Was in allen Fällen im Endeffekt zufriedenstellend gelöst wurde. Ab und zu gab es kleinere Missverständnisse und ein paar Unsicherheiten mussten noch beseitigen, aber im Großen und Ganzen hatten wir das Gefühl, dass unsere Message angekommen war. Das Dream-Team Die beinlosen Wanderer Reflexion Am Anfang waren wir über unser Thema überhaupt nicht glücklich, beinahe verzweifelt. Wir waren uns sicher, dass wir es nie schaffen würden, die Krypogamen unseren SchülerInnen schmackhaft zu machen. Trotz allen Zweifeln gingen wir sehr motiviert an die Sache heran. Es folgten Treffen um erste Ideen zu sammeln. Dadurch waren wir schon fachlich gut vorbereitet, als wir in Marchegg ankamen. Einige Vorstellungen mussten wir „live vor Ort“ gleich wieder streichen, da wir die Algen, Flechten und Moose nicht so vorfanden wie erwartet. Doch bei unserer Erkundung der Umgebung kamen laufend neue Eingebungen und es bereitete uns großen Spaß diese selbst auszuprobieren. Mit der Zeit waren wir immer zufriedener mit unserem Konzept und sogar unser Thema wuchs uns sehr ans Herz. Es kam sogar soweit, dass jeder von uns seine Pflanze verkörperte. Sehr gut vorbereitet und doch etwas nervös erwarteten wir am ersten Tag die ersten SchülerInnen, wir hatten ja keine Ahnung wie sie auf unsere Station reagieren würden. Eigentlich lief alles wie am Schnürchen, doch leider fehlte bei den Mädchen und Burschen der 7. Klasse teilweise die Begeisterung. Unser anschließendes Feedback haben wir uns sehr zu Herzen genommen und am nächsten Tag noch ein paar Veränderungen vorgenommen. Dies stellte sich als sehr produktiv heraus, da die ersten Klassen am nächsten Tag um einiges mehr an Euphorie aufbrachten, unseren Aktivitäten freudig nachgingen und unseren Worten interessiert lauschten. Der Unterschied zwischen der 7. und 1. Klasse war bei uns enorm, mit den jüngeren SchülerInnen konnten wir persönlich besser arbeiten und sie leichter für unser Thema faszinieren. Es war wirklich sehr interessant, diese Differenzen zu erleben. 139 Jacqueline Scheibstock, Sarah Csokai & Nina Amelin Überhaupt empfanden wir das Unterrichten im Freien als eine wahnsinnig tolle Erfahrung, die wir auf keinen Fall missen wollen würden. Außerhalb des Schulgebäudes zu sein, bedeutet Flexibilität aufzubringen, da nicht alles genau geplant werden kann. Schließlich kann einem die Natur immer einen Strich durch die Rechnung machen. Außerdem ist es extrem wichtig, dass über das nötige Wissen verfügt wird, da die Kinder im Freien unendlich viele verschiedene Eindrücken gewinnen und zu allem Fragen haben. Natürlich war der Erwerb von fachlichem Wissen ein wichtiger Bestandteil der Exkursion und wir haben alle extrem viel gelernt. Vor allem, dass die Biologie gelebt und erlebt werden muss um sie überhaupt verstehen und weitergeben zu können. Kenntnisse aus Büchern zu gewinnen ist nicht alles! Die uns am Anfang so unsympathischen Algen, Flechten und Moose sind uns so ans Herz gewachsen, dass keiner von uns mehr eine von diesen Pflanzen sehen kann ohne an die tolle Zeit in Marchegg zu denken. Die beinlosen Wanderer Außerdem ist durch unsere Teamarbeit eine wirklich tolle Freundschaft entstanden, die ohne diese Exkursion und das viele Zusammenarbeiten vielleicht nicht so tief wäre, wie sie heute glücklicherweise ist. Marchegg wird uns immer als eine äußerst wertvolle Erfahrung in Erinnerung bleiben, wo wir mit sehr viel Spaß und Freude am Fach gelernt haben! Literatur Kirschbaum, Ulrich & Düll, Ruprecht: Farbatlas Flechten und Moose. Verlag Eugen Ulmer, Stuttgart 2000 Engelhardt, Wolfgang: Was lebt in Tümpel, Bach und Weiher?: Pflanzen und Tiere unserer Gewässer ; von Wolfgang Engelhardt ; Verlag: Kosmos Naturführer ; 14. Auflage Elfrune Wendelberger: Pflanzen der Feuchtgebiete: Gewässer, Moore, Auen ; von Elfrune Wendelberger ; Verlag: Spektrum der Natur BLV Intensivführer 1986 140 Jacqueline Scheibstock, Sarah Csokai & Nina Amelin Leben und Umwelt ; von Manfred Driza und Georg Cholewa ; Verlag: Lehrbuch für Biologie und Umweltkunde Band 2 VNS Verlegergemeinschaft neues Schulbuch Die beinlosen Wanderer Schullerer Peter: Biologie und Umweltkunde: B&U; von Peter Schullerer, Peter Karl und Johann Burgstaller ; Verlag: Veritas 6. Schulstufe http://www.ijon.de/moose/ - Zugriff am 17.4.2010 141 Philipp Glaser & Lukas Sternberg Amphibien von Philipp Glaser & Lukas Sternberg Amphibien starke, alternierende seitwärts Krümmung ihre Körpers vorwärts, bedingt durch ihren seitlichen Ansatz der Extremitäten. Mit ca. 5800 Arten stellen die Anura die artenreichste Klasse innerhalb der Amphibien dar. Viele dieser Tiere sind schon besser an das Leben an Land angepasst. Oft erlauben kräftige Hinterbeine weite Sprünge, um sich schnell vor Feinden in Sicherheit zu bringen. Viele Vertreter sezernieren giftige Sekrete, da ihre weiche Haut keinen Schutz vor Angreifern bietet. Das Wort „amphibios“ bedeutet „auf beiden Seiten lebend“ in Anspielung auf die für die Fortpflanzung unumgängliche Rückkehr ins Wasser fast aller Tiere. Die Eier der Amphibien besitzen keine harte Schale und würden an Land sofort austrocknen. Auch die Larven, die sich aus den gallertigen Eiern entwickeln, sind an das Leben im Wasser angepasst. Sie atmen mit Kiemen, haben einen Schwanz, und früh in der Entwicklung noch keine Extremitäten. Fachliches Amphibien Allgemein Die Klasse der rezenten Amphibien (ca. 6500 Arten) umfasst 3 Ordnungen, die Urodela (Schwanzlurche), die Anura (Schwanzlose) und die nur in tropischen Wäldern lebenden wurmähnlichen Apoda (Beinlose). Die Klasse der Urodela (ca. 600 Arten) beinhaltet sowohl ausschließlich aquatisch lebende als auch rein terrestrisch lebende Tiere. Die meisten landlebenden Schwanzlurche bewegen sich durch Anura Die Besamung der Eier erfolgt erst bei der Abgabe der Eier ins Wasser. Nach wenigen Tagen quellen die Eier stark auf und Kaulquappen entwickeln sich. Sie besitzen Kiemen, einen Schwanz, und anfänglich keine Extremitäten. Erst nach einer Wachstumsphase, in der sie sich auch über ihren Dottersack, vegetarisch und/oder carnivor ernähren, beginnen sie mit der Metamorphose. Bei den Anuren bildet sich der Ruderschwanz zurück, sowie auch die Kiemen, die durch eine einfach gebaute Lunge ersetzt werden. Die Hinterbeine werden meist deutlich länger als die Vorderbeine, was eine laufenden, hüpfenden oder springenden Vorwärtsbewegung zur Folge hat. Zusätzlich kann es 142 Philipp Glaser & Lukas Sternberg an den Extremitäten Anpassungen geben, die das Eingraben, Klettern oder Schwimmen begünstigen. Je nach Art dauet es dann noch 1 bis 3 Jahre bis die Tiere geschlechtsreif werden. Die Haut ist glatt oder warzig, und besitzt eine Vielzahl an Drüsen um die Haut feucht zu halten. Dies ist für die Hautatmung unbedingt notwendig. Nach der Metamorphose ernähren sich Amphibien carnivor von Insekten, Mollusken, Spinnen. Die Trennung von Frosch – lange Hinterbeine, glatte, feuchte Haut, schlanker Körper – und Kröte – kurze Hinterbeine, warzige, trockene Haut, plumper Körper – ist im Volksmund üblich, kann jedoch nicht als striktes Unterscheidungskriterium herangezogen werden. Etwas leichter abzugrenzen sind hingegen die Unken (Gattung Bombina), eine stammesgeschichtlich sehr alte und ursprüngliche Gruppe. Sie zeichnen sich durch einen abgeflachten Körper mit warziger Oberseite aus. Der Bauch der Unken ist mit einem gelb bis rotem gesprenkelten Muster versehen. Urodela Schwanzlurche haben einen langgestreckten Körper und besitzen, wie der Name schon sagt, einen Schwanz. Dieser kann rund sein (Salamander), oder seitlich abgeflacht (Molche), und kann mit einem Hautsaum versehen sein. Alle in Europa vorkommenden Arten haben vier etwa gleichlange Extremitäten. Anders als bei den Anuren gibt es bei Urodelen eine indirekte innere Befruchtung. Das Männchen setzt ein Spermatophoren Paket ab, welches das Weibchen mit seiner Kloake aufnimmt. Bei ungünstigen äußeren Bedingungen kann das Weibchen die Spermatophore bis zu 2 Jahren aufbewahren. Amphibien Die meisten Schwanzlurche legen ihre Eier in Gewässer, es gibt jedoch auch lebend gebärende Vertreter (Alpensalamander). Die im Wasser lebenden Larven werden nicht als Kaulquappen bezeichnet. Sie ernähren sich karnivor, und bilden relativ rasch Vorderbeine aus. Bei manchen Arten fehlt die Metamorphose zum landlebenden adulten Tier. Dieses Phänomen nennt man Neotenie. Beispiele hierfür sind der Axolotl und der Grottenolm, die obwohl geschlechtsreif, Larvenmerkmale beibehalten. Adulte Urodelen atmen mit Lungen und ihrer Haut. Lungenlose, die nur über Haut und Kehlkopf atmen, kommen in Österreich nicht vor. Gefährdung Die Gefahren, denen Amphibien ausgesetzt sind, sind vielfältig. Auf der einen Seite steht der Verlust des Lebensraums durch Regulierung von Fließgewässern und Trockenlegungen von Feuchtbiotopen. Auch durch Senkung des Grundwasserspiegels durch intensive Bewässerung in der Landwirtschaft trocknen immer mehr kleine Gewässer aus. Viele adulte Tiere halten sich nach der Eiablage (z.B. Wechselkröte, Knoblauchkröte) in trockenen, landwirtschaftlich genutzten Wiesen auf, wo sie Erntemaschinen zum Opfer fallen. Aber Amphibien benötigen nicht nur Gewässer zur Eiablage, und Entwicklung, sondern auch Wälder und Wiesen als Sommer und Winterquartiere. Somit muss ein sinn- und wirkungsvoller Amphibienschutzplan nicht nur die Laichgewässer berücksichtigen, sondern auch die umliegenden Sommer und Winterquartiere, sowie die geeigneten und sicheren Korridoren zwischen ihnen. Amphibien reagieren außerdem sehr sensibel auf vom Menschen verursachte Verschmutzungen. Saurer Regen und eine erhöhte UVBestrahlung belasten die Tiere. Auch Pestizide und Dünger aus der 143 Philipp Glaser & Lukas Sternberg Landwirtschaft setzten den Tieren zu. Durch Pestizide wird ihr Nahrungsangebot reduziert, und es kommt zu einer Giftstoffanreicherung im Körper. Fische, die in Laichgewässern zur Zucht ausgesetzt werden, fressen die wehrlosen Eier und Larven der Amphibien. Eine der größten Gefahren bilden Straßen, die die Wanderwege der Amphibien kreuzen. Schon ein Verkehrsaufkommen von nur 10 Autos in der Stunde hat zur Folge, dass jedes zweite Amphib überfahren wird. Nicht zu unterschätzen sind auch zivilisationsbedingte Fallen, wie Kanalgitter, Bordsteine oder Weideroste, die für die Tiere unüberwindliche Hindernisse darstellen, oder zu tödlichen Fallen werden. Weltweit sorgt außerdem der Chytridpilz für ein Massensterben bei Amphibien. Schutz Wichtig ist es geeignete Wasser- und Landlebensräume zu erhalten und zu schaffen, in denen die Amphibien ohne Hindernisse wandern können. Schutz der bestehenden Populationen auf ihren Wanderungen durch Amphibienzäune oder Tunnels. Amphibienzäune müssen aber regelmäßig betreut werden, da die Tiere dann von Hand auf die andere Straßenseite gebracht werden müssen. Es muss auch bedacht werden, dass die Tiere nach dem Laichen wieder zurückwandern. Auch ein Nachtfahrverbot auf bestimmten Straßen, ist für die vor allem nachtaktiven Tiere eine sinnvolle Schutzmaßnahme. In Gebieten mit hohem Amphibienvorkommen ist es sinnvoll Bordsteine abzuflachen, damit die Tiere über sie hinwegklettern Amphibien können. Auch gibt es Amphibienleitern, die es den Tieren ermöglichen aus Fallen herauszuklettern. Wer direkt etwas für Amphibien tun will, kann einen eigenen Gartenteich anlegen. Am besten an einer sonnig bis halbschattigen Stelle ohne Fische. Gibt es dann auch noch genügend Versteckmöglichkeiten am Ufer, wird der Teich sicherlich bald mit Amphibien besetzt sein. Beschreibung der Arten Donau-Kammmolch Triturus cristatus dobrogicus Gesamtlänge: weibl. bis 13, männl. bis 12 cm 144 Philipp Glaser & Lukas Sternberg Der Donaukammmolch ist auffallend schlank und besitzt einen schmalen Kopf. Der Schwanz ist höchstens so lang wie Kopf und Rumpf zusammen und oben wie unten mit einem Hautsaum versehen. Während der Brunstzeit bilden die Männchen einen Kamm aus, welcher auf der Kopfoberseite beginnt und knapp vor der Schwanzwurzel endet. Beim Donaukammmolch ist dieser Kamm niedrig und wenig gezackt. Die Rückengrundfarbe ist hellbraun, rotbraun bis olivenfarben mit kleiner schwarzer Fleckung. Die Bauchseite und die Innenseite der Beine sind gelb bis orange gefärbt und mit runden schwarzen Flecken unterschiedlich dicht besetzt. Die Laichzeit beginnt kaum vor Mitte März und kann sich bis Ende Juni hinziehen. Das Weibchen verteilt über mehrere Wochen ca. 200-400 Eier in stehenden Gewässern. Die Eier haben einen Durchmesser von 1,8-2 mm. Die ovalen Hüllen messen etwa 4 x 3 mm. Kammmolche bevorzugen Altwässer, Teiche, Tümpel und Wassergräben die eine gewisse Größe aufweisen, nicht zu seicht und reichlich bepflanzt sein sollen. Der Donau-Kammmolch ist ein Bewohner des Tieflandes. Es ist etwa am Ende März im Wasser und bleibt dort bis etwa Ende August. Der Kammmolch frisst sowohl Lurchlarven und Laich, als auch Würmer, Kleinkrebse, Insekten und –larven, Wasserasseln, kleine Wasserschnecken udgl. Teichmolch Triturus vulgaris Amphibien Gesamtlänge: weibl. bis 9,5, männl. bis 11 cm Der Teichmolch ist der kleinste und zarteste unserer einheimischen Molche. Sein Körper ist relativ schlank und wein Kopf schmal. Das Männchen bildet in der Brunstzeit einen im Nacken beginnenden Kamm aus, der nach hinten zu allmählich ansteigt und ohne Unterbrechung in den oberen Schwanzsaum übergeht. Der Schwanz ist mindestens körperlang und die Zehen des Teichmolchmännchens sind in dieser Zeit von breiten Hautlappen umgeben. Die Grundfärbung es Rückens reicht von lehmfarben über verschiedene Braun- und Olivtöne bis ins Schwärzliche. Darauf finden sich rundliche dunkle Flecken, welche sich meist bei Weibchen zu längs des Rückens hinziehenden Wellenstreifen verdichten. Der Bauch ist gelblich bis intensiv orange gefärbt und trägt größere dunkle, meist rundliche Flecken. Auf der Kopfoberseite besitzt der Teichmolch fünf dunkle Längsstreifen. 145 Philipp Glaser & Lukas Sternberg Den Laich der Teichmolche findet man von April bis Juni, nur selten schon Ende März. Das Weibchen setzt in dieser Zeit etwa 100-300 Eier einzeln an flachen, verkrauteten Stellen stehender Gewässer ab. Die Eier sind lichtbraun bis grünlichgrau und aus ihnen schlüpfen nach 17-35 Tagen ca. 6 mm lange Larven. Manchmal im nächsten Frühjahr, meist jedoch 1-2 Monate nach dem Schlupf gehen die Teichmolche an Land, wo sie sich die folgenden 2-3 Jahr aufhalten, um dann zu ihrer ersten Paarung ins Wasser zurückzukehren. Der Teichmolch ist in Tiefen Regionen sehr häufig, wird mit zunehmender Höhe immer seltener und besiedelt vor allem Tümpel, kleinere Teiche und sonstige Kleingewässer, während er größere Weiher, Teiche und See, sowie Fließgewässer eher meidet. Er bevorzugt Wasserstellen mit üppiger Vegetation und ausreichender Besonnung. Die Erwärmung des Gewässers scheint für den Teichmolch eine wichtige Rolle zu spielen. Der Teichmolch frisst jegliches Kleingetier, also Kleinkrebse, Würmer, Wasserschnecken, Insekten und deren Larven, aber auch junge Lurchlarven. Die Zusammensetzung der Nahrung spielt eine wesentliche Rolle für die Färbung des Teichmolchs. Rotbauchunke Bombina bombina Kopf-Rumpf-Länge: bis 5 cm Amphibien In ihrem äußeren Erscheinungsbild stehen die Unke etwa zwischen den plump gebauten Kröten und den Fröschen. Der Kopf ist stets breiter als lang, das Trommelfell äußerlich nicht sichtbar und die Pupille herzförmig. Die Schwimmhäute reichen bis zu den Zehenspitzen. Die Oberseite der Rotbauchunke ist mit zahlreichen und unregelmäßig verstreuten Warzen bedeckt. Die Warzen sind rundlich und mit kleinen Hornhöckern besetzt. Ihre äußere Erscheinung ähnelt sehr jener der Gelbbauchunke. Die Männchen unterscheiden sich von denen der Gelbbauchunke vor allem durch den Besitz innerer Schallblasen und bilden während der Paarungszeit auf der Unterseite der Unterarme und auf der Innenseite des ersten und zweiten Fingers hornige Schwielen aus. Die Färbung der Oberseite ist Braun, Olivgrau oder Schwarzgrau. Am Rücken findet man im Regelfall dunkle Flecken sowie zwei hellere Flecken zwischen den Schultern. Die Unterseite zeigt auf grau- bis blauschwarzer Grundfärbung zahlreiche weiße Pünktchen und orange- bis kaminrote, inselartige Flecken, welche sich auf die Unterseite der Vorder- und Hinterbeine, sowie die Kehle fortsetzen. Die Finger- und Zehenspitzen sind weißlich oder schwarz gefärbt. Die Laichzeit dauert von Anfang April bis Ende Juli. Die Tiere sind in der Wahl des Laichortes relativ anspruchsvoll, da sie in temporären Wasseransammlungen nur dann zu finden sind, wenn diese in der Nähe eines größeren Teiches oder Altwassers, denen sie den Vorzug geben, liegen. Die Eier (60 -200) werden schraubenförmig um Pflanzen, Ästchen und Ähnlichem geheftet. Zuerst in losen Klümpchen zu rund 2 Dutzend, später in immer kleiner werdenden Portionen oder einzeln, verteilen sie ihre Eier, von denen auch viele zu Boden sinken und sich dort entwickeln. Von August bis in den Oktober, 2-3 Monate nach ihrem Schlupf, 146 Philipp Glaser & Lukas Sternberg findet man frisch verwandelte Rotbauchunken, die sich auch weiterhin im Gewässer aufhalten. Die Rotbauchunke ist ein Tieflandbewohner und wird nur äußerst selten in höheren Lagen angetroffen. Unken sind die ganze warme Jahreszeit über fast ausschließlich Wasserbewohner. Der Feindabwehr dient die Absonderung von Hautsekreten, welche beim Menschen Schleimhautentzündungen und schnupfenartige Symptome hervorrufen können. Wenn eine Unke an Land erschreckt wird, so nimmt sie eine Abwehrstellung ein: Sie biegt den Rücken kreuzhohl durch und zieht die Beine an und zeigt so teilweise ihre gefleckte Unterseite (Kahnstellung). Der Ruf des Männchens ist bei dieser Art auf Grund der Kehlblase deutlich lauter, außerdem ist die Frequenz der Einzelrufe wesentlich geringer (bei 18 °C ca. 18 mal/min). Sowohl Ruffolge als auf Rufdauer sind von der Wassertemperatur abhängig. Knoblauchkröte Pelobates fuscus Amphibien Die Knoblauchkröte ist ein stämmiger, untersetzt gebauter Lurch, ihre Stirne ist deutlich gewölbt, die Schnauze kurz und niedrig. Die senkrechten Pupillen, von außen nicht sichtbare Trommelfelle und das Fehlen von Schallblasen gelten als deutliche Merkmale, ebenso die nahezu glatte, nur mit kleinen, flachen Warzen besetzte Haut der Körperoberseite. Die Schwimmhäute erreichen die Zehenspitzen. Auffälligste Besonderheit ist die scharfe, hornige, dunkelgelb bis gelbbraun gefärbte Grabschwiele an der Unterseite der Hinterfüße jeweils vor den ersten Zehen. Die Färbung der Oberseite schwankt von hellgrau bis hellbraun mit oliv- bis kastanienbraunen Flecken. Dazwischen treten hell- oder dunkelrote, kleine Hautwärzchen auf. Im Frühjahr vor der Leichzeit erscheinen die Tiere wesentlich dunkler. Die Bauchseite der Knoblauchkröte ist einfärbig schmutzig weißlich oder auch dunkel gefleckt. Fortpflanzung Zwischen Ende März und Anfang Juni, meist aber im April und Mai, begibt sich das Knoblauchkrötenweibchen für längstens 1 Woche in sein Laichgewässer. Dort windet es eine Laichschnur durch spiraliges Aufwärtsschwimmen um Schilfhalme oder andere Pflanzenteile. Die Knoblauchkröte bevorzugt lockere, sandige, vegetationsarme Böden des Tief- und Hügellandes, findet sich dort aber auch auf Felder, in Gärten und feuchten Auwäldern. Sie lebt tagsüber in selbstgegrabenen, tiefen Löchern und Gängen und verlässt erst mit Anbruch der Nachtstunden diese Verstecke. Bei Gefahr vermögen sie die Tiere mit ihren Grabschwielen unerwartet rasch in lockeres Erdreich einzugraben. Zur Paarungszeit suchen die Knoblauchkröten dann stehende Gewässer auf. Kopf-Rumpf-Länge: weibl. bis 8 cm, männl. Bis 6,5 cm 147 Philipp Glaser & Lukas Sternberg Erdkröte Bufo bufo Kopf-Rumpf-Länge: weibl. bis 13 cm, männl. bis 8 cm Die Gestalt der Erdkröte erscheint plump und der Kopf ist fast so lang wie breit. Auf seiner Oberseite hinter den Augen liegen die beiden deutlich hervortretenden Ohrdrüsen. Neben den waagrechten Pupillen fällt die kupferfarbene Iris auf. An der Unterseite der Finger- und Zehengelenke befinden sich paarige kleine Höcker. Die Schwimmhäute reichen nur etwa bis zur Hälfte der längsten Zehe. Die Oberseite des Körpers, der Beine und des Kopfes ist dicht mit walzen- bis kegelförmigen Tuberkeln besetzt. Die Unterseite trägt Amphibien zahlreiche kleiner, flache Warzen. Die Färbung ist recht unterschiedlich und reicht von schmutzig gelb- bist rötlichbraun. Männchen sind meist braungrau bis schwarzbraun. Die Körperunterseite ist schmutzig weißlich bis gelblich gefärbt. Von März bis April und manchmal sogar schon Ende Februar laichen die Erdkrötenweibchen. Innerhalb einer Population erfolgt das Ablaichen auffallend gleichzeitig innerhalb einer Woche. Bevorzugt werden nicht zu seichte stehende Gewässer mit Uferbewuchs. Das Weibchen legt seine Eier in Form zweier gleichzeitig austretender Schnüre von 3-5 m Länge. Nach 2-3 Wochen schlüpfen die Larven. Im Frühjahr findet man sie praktisch in allen Gewässern. Die Weibchen verlassen nach dem Ablaichen den Laichplatz und begeben sich rasch in ihre Sommerquartiere. Etwas Später wandern auch die Männchen ab. Von Mai bis August sind die Erdkröten vorwiegend in der Dämmerung und nachts wider im Wald, aber auch in Wiesen, Feldern und Gärten zu finden. Im August beginnt die Herbstwanderung. Die Tiere ziehen im Laufe des Septembers in die „Warteräume“ und graben sich dort in der ersten Oktoberhälfte in den lockeren Waldboden zur Winterruhe ein. Die Paarungsrufe der Erdkrötenmännchen sind recht selten zu hören und sehr leise. Viel häufiger stoßen die Erdkröten Rufe zur Abwehr der Klammerung durch andere brünstige Männchen und Schreckrufe beim Ergreifen aus. 148 Philipp Glaser & Lukas Sternberg Wechselkröte Bufo viridis, Pseudepidalea viridis Kopf-Rumpf-Länge: 8 bis 9 cm Die Wechselkröte wirkt weniger plump als die Erdkröte. Die Ohrdrüsen stehen etwa parallel, sind vorne deutlich breiter als hinten, nierenförmig und nur wenig erhaben. Das Trommelfell ist etwa halb so groß wie das Auge und deutlich sichtbar. Die Pupille steht waagrecht. Männchen besitzen eine an der Kehle befindliche große Schallblase. Die Gelenke der Finger und Zehen sind an der Unterseite mit deutlichen, aber einfachen Höckern versehen. Die Amphibien Schwimmhäute der Füße erstrecken sich bis zur Hälfte der längsten Zehe und erreichen deren Spitzen als Hautsaum. Die Oberseite des Körpers und der Beine ist mit rundlichen, flachen Warzen nur gering besetzt. Die Haut der Unterseite trägt zahlreiche, dicht gedrängte, kleine, flache Wärzchen. Die Rückengrundfärbung der Wechselkröte reicht von schmutzig-weiß bis hellgrau, unterbrochen von grünen oft ncoh dunkel gesäumten Flecken, und vornehmlich an den Flanken können kleine rosenrote Warzen stehen. Den Laich der Wechselkröte findet man von Anfang April bis in den Juli. Die Weibchen legen bei warmem Wetter ihre Laichschnurpaare entweder frei auf den Boden oder locker zwischen Wasserpflanzen in etwa 15-30 cm tiefes Wasser ab. Sie bevorzugen dabei größere stehende Gewässer mit flachen Ufern. Nach 3-5 Tagen kommen die Larven frei. 2-3 Monate nach dem Schlupf gehen die metamorphosierten Tiere an Land. Die Wechselkröte ist eine in der Regel dämmerungs- und nachtaktive Bewohnerin des waldarmen, eher trockenen Busch-, Gras- und Ödlandes. Während des Tages verbirgt sie sich unter Steinen und Wurzeln bzw. gräbt sich in Röhren in das lockere Erdreich, wo sie überwintert. Nur zur Fortpflanzung sucht die Wechselkröte Wasserstellen auf. Sehr deutlich unterscheidet sich die Wechselkröte von der Erdkröte in den Bewegungen. Sie ist gewandter und flinker und kann auch rech gut springen, schwimmen und klettern. In der Paarungszeit stößt die Wechselkröte einen Ruf aus, der als lang anhaltendes melodisches Trillern (ähnlich einer Grille) wahrgenommen wird. 149 Philipp Glaser & Lukas Sternberg Laubfrosch Hyla arborea Kopf-Rumpf-Länge: bis 5 cm Amphibien Der Laubfrosch ist ein geschmeidiger, mäßig schlanker Froschlurch. Sein Kopf ist deutlich breiter als lang. Das Trommelfell etwas kleiner als das mit einer waagrechten Pupille versehene Auge, liegt unter einer Falte verborgen. Die Haut der Körberoberseite ist vollkommen glatt, die Unterseite mit zahlreichen winzigen Wärzchen besetzt. Die Schwimmhäute reichen bis über die Hälfte der längsten Zehe hinaus. Das markanteste Merkmal des Laubfrosches ist der Besitz von Haftscheiben an Finger- und Zehenspitzen, die ihm ein ausgezeichnetes Klettervermögen verleihen. Das Männchen verfügt über eine kehlständige Schallblase. Die Färbung der Oberseite des Laubfrosches ist äußerst veränderlich im Regelfall ist sie jedoch einheitlich laubgrün. Die Unterseite ist gelblich-weiß und von der Oberseite durch einen dunkelbraunen, oben weißlich gesäumten Streifen getrennt. Dieser Streifen beginnt hinter den äußeren Nasenöffnungen und zieht über Auge und Trommelfell bis zu den Oberschenkeln. Vor der Einlenkung der Hinterbeine bildet er eine nach innen gerichtete Einbuchtung, die Hüftschlinge. Der Laubfrosch laicht von April bis in den Juni. Das Weibchen erscheint meist spät abends am Laichplatz – bevorzugt von Gebüsch umstanden, stark verkrautete, stehende Gewässer, und legt etwa 600-1000 Eier in 2-5 Klumpen ab, die an ufernahen Pflanzen knapp unter der Wasseroberfläche angeheftet werden oder zu Boden sinken. Jeder dieser Klumpen mit etwa 3 cm Durchmesser enthält an die 70-300 Eier. Nach 8-15 Tagen schlüpfen die Larven. Im Juli und August, 8-13 Wochen nach dem Schlupf, findet man die frisch metamorphisierten schon typischen kleinen Laubfrösche oft zahlreich in Gewässernähe. Der vorwiegend abend- und nachtaktive Laubfrosch bevorzugt das Pflanzengewirr der vegetationsreichen Uferzonen größerer 150 Philipp Glaser & Lukas Sternberg Gewässer mit steinig-kiesigem Untergrund. Im Allgemeinen kommt er oberhalb von 600 m Höhe kaum noch vor. Laubfrösche halten sich nur zur Paarungszeit im Wasser auf wo sie ihre Laichballen ablegen. Die Rufe der Laubfrösche ertönen April bis Ende Juni und sind auffallend grell und in rascher Folge. Diese Chöre, die sehr weit zu hören sind, setzen meist in der Dämmerung ein und sind bis weit in die Nacht zu vernehmen. Moorfrosch Rana arvalis Kopf-Rumpf-Länge: bis 8 cm Der Moorfrosch ist verhältnismäßig schlank und besitzt eine spitze Schnauze. In Österreich kommen zwei Moorfroschrassen vor – der Moorfrosch und der Balkan-Moorfrosch. Die gut ausgebildeten Schwimmhäute erreichen nicht das Endglied der längsten Zehe. Der Fersenhöcker ist sehr deutlich und scharfkantig. Die Körperoberseite ist glatt und trägt zwei deutliche Drüsenlängswülste, die verhältnismäßig nahe beieinander liegen. Die Färbung und Zeichnung der beiden Moorfroschrassen ist in der Regel ähnlich. Amphibien Die Oberseite ist braun bis gräulich, doch kann eine dunkelbraune Fleckung insbesondere an den Flanken hinzutreten. Nahezu immer vorhanden ist der dunkelbraune Schläfenfleck und ein heller, dunkel gesäumter Rückenlängsstreifen. Die Bauchseite ist zeichnungslos, schmutzig-weiß bis gelblich. Besonders charakteristisch sind die himmelblaue Rückenfärbung der Männchen und die Bildung von schwarzen Schwielen auf der Innenseite des ersten Fingers während der Brunstzeit. Die Schenkel sind außen quergebändert. Der Moorfrosch des nördlichen Waldviertels laicht von März bis Ende April in nicht zu flachen Randzonen von Tümpeln und Teichen. Die Weibchen legen jeweils 800-2000 Eier in 1-2 lockeren Ballen ab. Nach 2-3 Wochen verlassen die Larven ihre Hüllen. Von Juni bis August verlassen die frisch verwandelten Jungfrösche, deren Fersenhöcker schon durch seine besondere relative Größe auffällt, das Wasser und sind zunächst auch am Tage aktiv. Beide in Österreich vorkommenden Moorfroschrassen bewohnen Auen entlang von Flussläufen und Teichen, feuchten Wiesen und Moorgebieten. Das Wasser sucht der Moorfrosch nur während der Paarungszeit auf. Moorfrösche sind äußerst scheu. Selbst während der Verpaarung tauchen sie bei der geringsten Störung sofort ab. Außerhalb der Paarungszeit an Land sind sie in erster Linie dämmerungs- bis nachtaktiv, wobei dies besonders für ältere Tiere charakteristisch ist. 151 Philipp Glaser & Lukas Sternberg Springfrosch Rana dalmatina Kopf-Rumpf-Länge: bis 9 cm Wie der Name schon andeutet besitzt der nur 6 bis 9 cm große Vertreter der Braunfrösche eine ausgezeichnete Sprungkraft. Bis zu 2m weit reichen seine Sprünge, was auch an seinen langen Hinterbeinen zu erkennen ist. Der schlanke Körper, die spitze Schnauze, die lehmfarbene bis rotbraune Färbung der Oberseite, mit leichter brauner Zeichnung und seine gelben Flanken kennzeichnen ihn. Bauch und Kehle sind meist weißlich und ohne Zeichnung. Wie bei allen Braunfröschen ist die Pupille wagrecht. In Österreich kommt der Springfrosch nur im Flachland vor. Da er trockene Gebiete bevorzugt, ist er im Osten Österreichs weit verbreitet. In den Alpinen Gebieten ist sein Vorkommen auf die Täler beschränkt, wobei er in Tirol und Vorarlberg gar nicht vorkommt. Als Lebensraum bevorzugt er Laubwälder und Flußauen, wo er in der dichten Krautschicht ideale Lebensbedingungen vorfindet. Der Springfrosch ist vorwiegend nachtaktiv und ernährt sich von Insekten, Spinnen und Weichtieren. Als Laichgewässer dienen ihm größere, mitteltiefe Gewässer wie Altarme, Seen und Teiche. Schon sehr früh im Jahr (Februar-März), sucht er seine Laichgewässer auf. Die Weibchen verlassen die Amphibien Gewässer gleich nach der Eiablage, während die Männchen meist noch einige Wochen vor Ort bleiben, ehe sie sich auch in die Sommerquartiere zurückziehen. Die Rufe der Männchen klingen wie „wog…wog…wog“. Der Laich wird an dünnen Zweigen im Wasser befestigt, sodass der Laichballen (500-1800Eier) wie aufgespießt aussieht. Nach ca. 3 Wochen schlüpfen die Kaulquappen, und Juni bis Juli verlassen die ca. 2cm großen Jungfrösche das Wasser. Nach 2 bis 3 Jahren sind auch sie geschlechtsreif. Wasserfösche Pelophylax Die Gattung Pelophylax (Wasserfrösche) besteht in Österreich aus drei Arten. Dem kleinen Wasserfrosch, dem Seefrosch und dem aus Hybridisierung zwischen den beiden Arten entstandenen Teichfrosch. Ihre gemeinsamen Merkmale sind die zwei seitlichen Schallblasen – in Europa einzigartig – die ihnen sehr laute Rufe ermöglichen. Die Grundfärbung aller drei Arten ist grün, kann aber auch bräunlich oder gräulich sein, mit schwarzen Rückenflecken und manchmal hellen Streifen auf dem Rücken. Die Pupille ist 152 Philipp Glaser & Lukas Sternberg waagrecht, die Augen stehen weit oben am Kopf, als Anpassung an ihre aquatische Lebensweise. Die Schnauze ist breit und rund. Wie der Name schon andeutet, sind die Wasserfrösche sehr stark an aquatische Lebensräume gebunden, und besiedeln sowohl stehende als auch fließende Gewässer. Trotzdem wandern vor allem Jungfrösche in verregneten Nächten sehr weit und besiedeln so neue Gewässer. Wasserfrösche sind tag- und nachtaktiv, sitzen dabei meist an Land in Ufernähe, um bei Gefahr ins Wasser springen zu können. See- und Teichfrosch überwintern sogar unter Wasser im Bodenschlamm, während sich der Kleine Wasserfrosch Verstecke an Land sucht. Sie gelten als gierige Fresser, die alles fressen was sie erwischen. Dabei machen sie auch vor Kannibalismus nicht halt. Der normale Speiseplan besteht aus Schnecken, Würmern, Spinnen, Insekten und anderen kleineren Amphibien. Im April suchen sie dann ihre Laichgewässer auf, wo die Männchen Reviere besetzen und diese gegen Artgenossen verteidigen. Im Mai wird dann der Laich in mehreren Ballen an Wasserpflanzen angeheftet. Die kleinen Arten legen ca. 3000 Eier, die großen Arten bis zu 15000 Eier. Nach wenigen Tagen oder Wochen schlüpfen die Kaulquappen, die von Juli bis Oktober an Land gehen. Besonders juvenile Tiere, der drei Arten, sind oft schwer voneinander zu unterscheiden, deshalb sind hier einige der wichtigsten Unterscheidungsmerkmale beschrieben. Größe und Färbung: besonders bei juvenilen Tieren schwierig o Seefrösche werden bis zu 16 cm groß (Kopf-Rumpf), und weisen meist eine olivbraune, graue bis braune Färbung auf. Amphibien Weiters haben sie eine helle Schnauzenseite und dunkelbraune Rückenflecken. o Der Kleine Wasserfrosch wird nur 7cm groß, und ist meist grasgrün, mit leichten Variationen ins bläuliche oder gelbliche. Seine Rückenflecken sind schwarz, und er besitzt häufig gelbliche Flecken am hinteren Oberschenkel. Seine Augen sind verhältnismäßig viel größer als die des Seefrosches. o Der Teichfrosch besitzt als Hybrid Merkmale von beiden Eltern. Er ist ca. 10-12cm lang, meist grün, kann aber auch bräunlich gefärbt sein Form des inneren Fersenhöckers: o Beim Seefrosch ist der innere Fersenhöcker sehr flach und rechtsschief. Die erste Zehe ist sehr lang. o Der Kleine Wasserfrosch besitzt eine kurze erste Zehe und einen halbkreisförmigen hohen Fersenhöcker. o Der Fersenhöcker des Teichfrosches ist entweder leicht rechtsschief und hoch, oder flach und gerade. Rufe: o Der Seefrosch gibt laute quakende Einzelrufe als Revierruf von sich, sein Paarungsruf besteht aus einer Serie von lauten keckernden Rufen, die an Lachen erinnern. o Der kleine Wasserfrosch ist aufgrund seiner Größe der leiseste unter den Wasserfröschen. Sein Paarungsruf besteht aus einem schnarrenden Intervallruf (3-5) der immer lauter wird. Seine Revierrufe sind ebenfalls Einzelrufe. o Der Teichfrosch gibt verschiedene schnarrende oder knurrende Einzelrufe von sich. 153 Philipp Glaser & Lukas Sternberg Lebensraum: o Der Seefrosch lebt in Seen, Flüssen und anderen Gewässern in flachen, offenen Landschaften, aber nicht im Gebirge. o Der Kleine Wasserfrosch hingegen bevorzugt kleine vegetationsreiche Gewässer in Wäldern, Moore, Au- und Bruchwälder im Flach- und Hügelland. o Der Teichfrosch ist anspruchslos, und besiedelt sowohl große als auch kleine Gewässer, oft in Verbindung mit einer Elternart. In Österreich ist er der häufigste Vertreter aus der Wasserfroschgruppe. Didaktik Planung & Entwicklung Bei der Vorbesprechung waren wir sehr froh das Thema „Amphibien“ ergattert zu haben, da wir uns beide für diese Tiere interessieren. Auch bei der Planung eines Konzepts waren wir uns schnell einig. Der erste Entwurf, welchen wir auch beim Einzelgespräch mit Erich präsentierten, sah folgenden Ablauf und Lehrziele vor: Ablauf: 1. Jedes Kind erhält ein Tier (wenn mögl. gleiche Art) + richtigen Umgang erklären; Kinder versuchen gemeinsam die wichtigsten Merkmale ihrer Tiere zu beschreiben Haut, Schwanz, Augen, Farbe, Beinlänge, Zähne, Fingern usw. Amphibien 2. Dann weitere Tiere präsentieren + vorgefertigte Kärtchen mit Tiernamen Kinder sollen den Tieren Namen zuordnen + begründen danach Auflösung der Namen und gemeinsam besprechen warum Namen zu dem jeweiligen Tier passt 3. Aufteilung der Tiere in Schwanzlurche Molche; Froschlurche Kröten, Frösche, Unken Gemeinsamen Merkmale der Tiergruppen mit Kindern fragend erarbeiten: - Unterschiede bezügl. Fortbewegung; Erscheinung; Lebensraum; Lebensweise - Ergänzungen durch uns über Themen wie Laich (mit Bildern); Nahrung; Feinde usw 4. Ev. bei genügend Zeit und Tieren Vorgefertigten Bestimmungsschlüssel präsentieren und erklären und 2-3 neue Individuen (viell. auch neue Art) zeigen und von den Schülern bestimmen lassen + jedes Kind bekommt einen eigenen Aphibienschlüssel Lehr- und Lernziele: • • • • • • • Berührungsängste nehmen Korrekten Umgang üben Genaues Beobachten lernen Lernen mit eigenen Worten zu Beschreiben Die wichtigsten Unterschiede zw. Kröten, Fröschen, Unken und Molche kennen Zusammenhänge zwischen Morphologie – Lebensraum und Lebensweise der Tiere erkennen Kennen lernen eines Bestimmungsschlüssels 154 Philipp Glaser & Lukas Sternberg Zu diesem ersten Konzept meinte Erich, dass es ihm ganz gut gefällt, wir aber den Punkt „Amphibienschlüssel“ auf jeden Fall streichen sollten, da wir die Kinder niemals dafür begeistern könnten und es zu lange dauern würde. Weiters sollten wir die Punkte „Artenschutz, Gefährdung“ und „Lebensraum – sowohl Land als auch Wasser“ in unser Konzept aufnehmen. Wir passten unser Konzept also an und bereiteten im Vorfeld Namenskärtchen, Stichwortkärtchen und Pantomimekärtchen vor. Die Namenskärtchen sollten die Schüler später selbstständig den Tieren zuordnen. Die Stichwortkärtchen enthielten ebenfalls den Namen eines Tiers und dessen wichtigste Merkmale und Besonderheiten. Diese Stichwortkärtchen sollten uns im fachlichen Bereich helfen und für die Schüler eine kleine Zusammenfassung zu Amphibien jedem Tier darstellen. Über die genaue Verwendung und Positionierung dieser Kärtchen waren wir uns im Vorfeld noch nicht einig. Als weiteren Punkt hatten wir zum Abschluss unserer Station ein kleines Pantomimespiel geplant. Dazu hatten wir ebenfalls Kärtchen mit den Namen der Tiere und einigen Vorschlägen zur pantomimischen Darstellung vorbereitet. Im Nachhinein kann ich sagen, dass wir kein Einziges dieser vielen Kärtchen bei unserer Station verwendet haben. Einzig und allein die Stichwortkärtchen waren praktisch um die wichtigsten Merkmale und Besonderheiten der verschiedenen Tiere nochmals zu wiederholen. Man kann also sagen, dass eine ordentliche und genaue Vorbereitung der Station zwar bestimmt kein Nachteil ist, man aber damit rechnen muss, dass man viele Ideen erst vor Ort hat, wenn man das vorhandene Arbeitsmaterial kennt. Andererseits wäre es bestimmt besser gewesen sich im Vorfeld fachlich intensiver vorzubereiten, da dadurch die Arbeit im Feld deutlich erleichtert würde und man sich natürlich auch bei der Arbeit mit den Schulklassen noch kompetenter und selbstbewusster präsentieren könnte. In Marchegg angekommen hat sich also in Bezug auf unser Konzept also noch einiges getan. Die ersten beiden Tage verbrachten Lukas und ich hauptsächlich auf der Suche nach Amphibien. Da wir sehr erfolgreich waren fehlten uns am Abend des zweiten Tages nur noch 2 Arten (Knoblauchkröte und Teichmolch) der zu erwartenden Tiere. 155 Philipp Glaser & Lukas Sternberg Wir bauten unsere Station auf, welche unter anderem auch einen „Krötenzaun“ beinhaltete. Nun einigten wir uns auf ein paar wenige Fixpunkte im Ablauf unserer Station und wollten durch hohe Flexibilität gut auf die Interessen der Schüler eingehen können. 1. Tag mit Schülerbesuch Der Stationseinstieg sah folgendermaßen aus: jeder Schüler erhielt einen Becher mit Laich, Kaulquappen oder Beidem darin; nun sollten die Schüler beschreiben was sie sehen und erzählen was sie dazu wissen. In diesem Zusammenhang besprachen wir die Entwicklung von der Kaulquappe zum adulten Tier und die Unterschiede zwischen Frosch/Kröte und Kaulquappe, sowie die Bedeutung der Metamorphose für den Lebensraum der Amphibien. Nun folgte eine Erhebung des Wissenstands der Schüler über Amphibien durch fragend entwickelnden Unterricht (Atmung, Kreislauf, Temperaturregulation usw). Danach erklärten und demonstrierten wir den richtigen Umgang mit den Tieren und teilten darauf jedem Kind ein Tier aus. Nun besprachen wir die wichtigsten Merkmale dieser Tiere wiederum durch gezielte Fragen und versuchten die Kinder darauf aufmerksam zu machen, dass es oft deutliche Zusammenhänge zwischen der Morphologie und dem Lebensraum bzw. der Lebensweise eines Tieres gibt. Diese Zusammenhänge versuchten wir auch bei der Vorstellung der restlichen Tiere kurz anzusprechen, wobei wir darauf achteten, besonders auf die Fragen der Schüler einzugehen. Schließlich wurden wir am Vortag nochmals darauf Amphibien aufmerksam gemacht, dass es besonders wichtig sei situationsbezogen zu unterrichten und jedes Interesse eines Schülers sofort zu nutzen. Den Abschluss unserer Station gestalteten wir mit der Vorstellung unseres Krötenzauns und einem Gespräch über Gefährdung, Schutz und Lebensraum der Amphibien. Im Großen und Ganzen waren wir mit unserer Station nach dem ersten Tag zufrieden und bekamen auch ein durchaus positives Feedback. Jedoch wurden uns folgende Empfehlungen für den nächsten Tag nahe gelegt: • • • Kürzere Einleitung Allgemeines Wissen über Amphibien in der Schule besprechen Mehr forschendes Lernen für die Schüler + mehr Arbeiten mit den Tieren Weniger fragenden Untereicht – dadurch mehr forschen für die Kinder und weniger Arbeit für uns Diese Empfehlungen nahmen wir uns zu Herzen und beschlossen den Schülern am nächsten Tag ein kleines Arbeitsblatt ausfüllen zu lassen. Dieses Arbeitsblatt enthielt vier einfache Aufgaben: • • • • Was fällt dir an der Haut auf? Beschreibe die Beine/Füße des Tieres Wie fühlt sich dein Tier an? Gib deinem Tier einen Namen Durch diesen Umgang sollten die Schüler lernen das Tier genauer zu betrachten und es mit eigenen Worten zu beschreiten. Weiters 156 Philipp Glaser & Lukas Sternberg hofften wir durch die Beschreibungen der Kinder wiederum einige gute Impulse für das folgende Gespräch zu erhalten. 2. Tag mit Schülerbesuch Wie auch alle anderen Gruppen waren wir am zweiten Tag etwas überrascht als es plötzlich hieß, dass statt der ersten eine fünfte Klasse kommt. Unsere Am Vortag formulierten „Forschungsfragen“ waren eigentlich für jüngere Kinder gedacht, aber wir haben uns dazu entschlossen es trotzdem so auszuprobieren. Und es hat sich gelohnt. Den Einstieg mit dem Laich und den Kaulquappen haben wir genauso gemacht wie am Vortag. Danach haben wir den SchülerInnen den richtigen Umgang mit den Tieren gezeigt und sie dann mit ihrem Arbeitsblatt „alleine gelassen“. Wir haben versucht uns etwas abseits zu positionieren, und nur bei konkreten Fragen zu helfen. Natürlich haben wir auch immer geholfen wenn es Probleme mit allzu wehrhaften Tieren gab. Anfangs war es gar nicht so leicht sich zurückzuhalten und die SchülerInnen selbst arbeiten zu lassen. Vor allem wenn sich die Gruppe nicht einig war, und sich dann die falsche Meinung durchgesetzt hat ist es uns sehr schwer gefallen nicht zu intervenieren. Nach ca. 10 Minuten haben wir dann gemeinsam mit den SchülerInnen die Ergebnisse besprochen, und dabei versucht noch zusätzliche Informationen einfließen zu lassen. Es war also eine Art forschendes Lernen mit anschließender fragendentwickelnder Nachbesprechung. Das Arbeitsblatt wurde pro Gruppe immer 2-mal ausgefüllt. Einmal mit einer Kröte Amphibien (Wechselkröte: ist groß und deshalb leicht zu halten) und einmal mit einem Frosch (Laubfrosch: ist der Attraktivste). Da die Zeit nicht ausreichend war um alle Tiere mit dem Arbeitsblatt durchzugehen haben wir die restlichen Tiere dann noch kurz präsentiert und dabei immer versucht, die schon im Arbeitsblatt beobachteten Merkmale hervorzuheben. Nach der ersten Gruppe waren wir ein wenig entsetzt um wie viel weniger Information, im Vergleich zum vorherigen Tag, wir verkündet hatten. Dafür waren wir uns sicher, dass die SchülerInnen das was sie gesehen und geforscht hatten sich auch merken würden. Die Informationsmenge vom ersten Tag ist sicherlich zu groß gewesen, vor allem wenn man berücksichtigt, dass die SchülerInnen ja auch noch bei anderen Stationen waren. Wir hatten zwar weniger Informationen transportiert, dafür ist davon mehr hängen geblieben. Das ist wohl eine der wichtigsten Erkenntnisse dieser Exkursion, dass weniger oft mehr ist. Lehrziel Die Eingangs formulierten Lehrziele wurden unserer Meinung nach ziemlich gut erfüllt. Alle SchülerInnen die zu uns gekommen sind hatten mindestens ein Amphib in der Hand, und mussten, vor allem am zweiten Tag, diese auch genauer beschreiben. Durch unseren großen „Jagderfolg“ konnten wir auch an vielen Beispielen die Unterschiede zwischen Fröschen, Kröten und Molchen sehr gut demonstrieren, und auch die Zusammenhänge zwischen Morphologie und Lebensraum verständlich machen. 157 Philipp Glaser & Lukas Sternberg Amphibien Literatur Brychta, H. B. Baumgartner, C. Hödl, W.(1999). Amphibien und Reptilien. In: Fließende Grenzen. Lebensraum March-Thaya-Auen. (S. 224-236). Wien: Umweltbundesamt Cabela, a. & Tiedemann F. (1985). Atlas der Amphibien und Reptilien Österreichs. Wien: Ferdinand Berger & Söhne Verlag Engelhardt, W. (2008). Was lebt in Tümpel, Bach und Weiher? Pflanzen und Tiere unserer Gewässer. Stuttgart: Kosmos Verlag Grillitsch, B. & H. (1983). Lurche Niederösterreichs. (1.Auflage). Wien: Facultas. und Kriechtiere Hofrichter, R. (Hrsg.). (1998). Amphibien: Evolution, Anatomie, Physiologie, Ökologie und Verbreitung, Verhalten, Bedrohung und Gefährdung. Augsburg: Naturbuchverlag Rainer, G. (Hrsg.). (1996). Die Amphibien und Reptilien Deutschlands. Jena: Gustav Fischer Verlag www.herpetofauna.at www.amphibien.at 158 Désirée Küng & Bernhard Schneller Amphibien von Désirée Küng & Bernhard Schneller 1. Fachlicher Teil: Wortbedeutung: Amphibien leitet sich aus den griechischen Wörtern „amphi“ = auf beiden Seiten und „bios“ = Leben ab. Somit bedeutet das Wort „auf beiden Seiten lebend“ oder „doppellebig“. Einfach ausgedrückt heißt dies, dass Amphibien sowohl im Wasser als auch an Land leben. Allgemeines: Vor ca. 370 Millionen Jahren wagten die Amphibien als erste Wirbeltiere den Schritt ans Land. Die vorherrschende Theorie besagt, dass sie sich aus den Quastenflossern (Latimeria) entwickelt haben. Es gibt verschiedenste Erklärungen warum die Amphibien das Meer verließen. Eine besagt, dass es zu dieser Zeit an Land nur so von Insekten wimmelte, also ein sehr großes Nahrungsangebot vorlag, und zudem ein sehr hoher Raubdruck im Wasser vorherrschte. Zum erfolgreichen Übergang von der aquatischen zur teils terrestrischen Lebensweise waren natürlich einige Anpassungen nötig. Zum einen mussten die Extremitäten der Tiere mit der Fortbewegung außerhalb der Wassersäule, also gegen die Amphibien Schwerkraft, zurechtkommen. Weiters musste die Atmung umgestellt werden (Kiemenatmung zu Lungenatmung). Amphibien sind wechselwarme Tiere. Dies bedeutet, dass die Körpertemperatur an die Umgebungstemperatur angepasst wird. Aus diesem Grund findet man sie oft an sonnigen Plätzen um sich aufzuwärmen, zugleich müssen sie aber auch schattige/feuchte Plätze aufsuchen um ihre empfindliche Haut vor dem Austrocknen zu schützen. Systematik der Amphibien Stamm: Chordata (Chordatiere) Unterstamm: Vertebrata (Wirbeltiere) Überklasse: Gnathostomata (Kiefermäuler) Reihe: Tetrapoda (Landwirbeltiere) Klasse: Amphibien Heute unterteilt man Amphibien in 3 Ordnungen: • Schwanzlurche (Caudata) o zu ihnen zählen die Molche und Salamander (besitzen einen Schwanz, daher auch der Name) • Froschlurche (Anura) o hierzu gehören die Frösche, Kröten und Unken (besitzen KEINEN Schwanz) im Unterschied zu den echten Fröschen (Rana) besitzen die Kröten (Bufo) 159 Désirée Küng & Bernhard Schneller • eine trockene, bewarzte Haut. Weiters fehlen den Fröschen große Ohrdrüsen (Parotiden) hinter den Augen. die Unken (Bombina) gehören zu den Scheibenzünglern. Ihre Zunge ist mit dem Mundhöhlenboden verwachsen, kann deshalb nicht herausgeschnellt werden. Blindwühlen (Gymnophiona) (nur in den Tropen verbreitet; besitzen keine Gliedmaßen) Entwicklung Im Allgemeinen durchlaufen alle Amphibien die gleichen Entwicklungsstadien. Amphibien gehören zu den Anamnia, das heißt ihre Eier besitzen keine Schale, deswegen müssen sie im Wasser abgelegt werden, um sie vor Austrocknung zu schützen. Bei den Froschlurchen findet eine äußere Befruchtung der Eier statt. Das bedeutet, dass die Eier zuerst vom Weibchen abgelegt und dann anschließend vom Männchen besamt und befruchtet werden. Bei den Schwanzlurchen erfolgt die Besamung durch indirekte Spermatophorenübertragung (Samenpäckchen). Hierbei fächert das Männchen dem Weibchen Pheromone mit Hilfe seines Schwanzes zu. Zeigt sich das Weibchen dann paarungsbereit, folgt es dem Männchen „im Gänsemarsch“. Das Spermatophorenpaket wird dann vom Männchen abgelegt. Anschließend folgt ihm das Weibchen so weit, bis es mit seiner Kloake über dem Päckchen stehen bleibt, welches dann aufgenommen wird. Die befruchteten Eier werden sowohl bei den Froschlurchen als auch bei den Amphibien Schwanzlurchen als Laich bezeichnet. Bei Fröschen und Unken wird der Laich in Form von Ballen abgelegt, bei den Kröten in Schnüren und bei den Schwanzlurchen wird jedes Ei einzeln in ein Blatt „eingewickelt“. Eine Ausnahme stellt hier der Alpensalamander (Salamandra atra) dar, da dieser lebendgebärend ist. Er bringt alle 2-3 Jahre 4-5 voll entwickelte Jungtiere zur Welt. Diese besitzen sogar auch schon Lungen, sind also an Land sofort lebensfähig. Aus dem Laich entwickeln sich dann die Kaulquappen (=Larvenstadium). Besitzen diese nach einigen Tagen immer noch äußere Kiemen, so handelt es sich um die Kaulquappen der Schwanzlurche. Die Kaulquappen, bei denen es sich um eine nicht geschlechtsreife Jugendform der Tiere handelt, atmen über Kiemen und die Haut. Die Kaulquappen besitzen alle einen Schwanz. Bei der Metamorphose (= Umwandlung zum Adulttier), welche hormongesteuert ist, wird dieser bei den Froschlurchen zurückgebildet und rückresorbiert. Zudem werden die Gliedmaßen gebildet. Bei den Froschlurchen zuerst die Hinterbeine, bei den Schwanzlurchen zuerst die Vorderbeine. Kaulquappen atmen mittels Kiemen (Anpassung an das aquatische Leben). Da die Adulttiere jedoch auch terrestrisch leben, müssen sie ihre Atmung dementsprechend anpassen. Hierfür werden die Kiemen zurückgebildet und durch Lungen ersetzt, jedoch sollte man darauf hinweisen, dass einige wenige Arten im Adultstadium die Kiemenatmung beibehalten (z.B. Axolotl). Die Lungenatmung wird durch Hautatmung unterstützt. Manche Amphibien können bis zu 60 % des O2 über die Haut aufnehmen. Bei der Winterstarre (Torpor), erfolgt die Atmung ausschließlich über die Haut. Weiters ist zu sagen, dass alle Amphibien vier Finger und fünf Zehen besitzen. 160 Désirée Küng & Bernhard Schneller Nahrung Im Gegensatz zu den Schwanzlurchen sind die Kaulquappen der Froschlurche rein herbivor. Adulte Amphibien ernähren sich hauptsächlich von Insekten. Ihre größten Feinde stellen Spinnentiere, Vögel, Reptilien und leider auch der Mensch dar. 2. Fachdidaktischer Teil: Vorbereitung: 1. Konzept: Amphibien Wir trafen uns ein paar Mal vor der Vorbesprechung um ein gutes Konzept für Marchegg vorweisen zu können. Wir lasen uns ins Thema ein und vermieden es absichtlich die Skripten der Vorjahre anzuschauen, da wir der Meinung waren, dass dies uns zu sehr beeinflussen würden. Für unsere Station hatten wir uns dann eigentlich etwas wirklich Tolles ausgedacht. Wir dachten, es wäre eine gute Idee, am Anfang ein kleines Puzzle zu machen. Jeder Schüler sollte ein Puzzlestück ziehen und insgesamt sollten 3 Bilder entstehen, auf denen je ein Entwicklungsstadium der Amphibien abgebildet war. Durch dieses Puzzlespiel, sollten 3 Gruppen entstehen und jede dieser Gruppen sollte dann das, was auf dem Bild zu sehen war, suchen. Wenn sie es gefunden haben sollten, sollten sie gemeinsam überlegen um was genau es sich handeln könnte. Wofür bestimmte Eigenschaften gut wären. Danach wollten wir eigentlich, dass jede Gruppe das selbst Erarbeitete präsentiert. Für den Schluss hatten wir uns noch ein paar Fragen ausgedacht und jeder der eine Frage beantworten könnte, würde ein Haribo-Fröschchen als „Belohnung“ bekommen. Wir gingen mit einem guten Gefühl zur Vorbesprechung, was wir dabei jedoch nicht berücksichtigt hatten, war, dass sich nicht die ganze Klasse, sondern nur 3-4 Schüler pro Gruppe an unserer Station befinden 161 Désirée Küng & Bernhard Schneller würden. Unser Konzept war deshalb komplett nutzlos und Erich wies uns darauf hin, dass es ohne Papier (Puzzle) besser wäre. Wir mussten uns also etwas Neues überlegen. Dieses Mal bezogen wir die Skripten aus den Vorjahren in unsere Konzeptplanung mit ein, welche sehr hilfreich waren. Wir saßen uns einige Male in gemütlicher Atmosphäre zusammen und diskutierten darüber, wie wir das Thema jetzt am Besten rüberbringen konnten. Schließlich kamen wir zu dem Entschluss, dass den Kern unserer Station lebende Exemplare bilden sollten. Uns war zudem wichtig, dass die Schüler selbstständig beobachten und Hypothesen aufstellen konnten. Das ganze sollte nicht zu steif und trocken über die Bühne gehen, sondern den Schülern als ein spannendes Erlebnis im Gedächtnis bleiben. Vorbereitung vor Ort: Schon während der Fahrt besprachen wir, wie wir die Tiere am Besten einfangen können. Wir freuten uns wirklich schon sehr darauf. Das erste Highlight erwartete uns schon bei der Ankunft. Kaum aus dem Auto ausgestiegen konnten wir einen Springfrosch fangen. Erich erklärte uns darauf gleich wie wir die Amphibien am Besten halten sollten. Nachdem das Quartier bezogen wurde, machten wir uns gleich mit Keschern und Gummistiefel bewaffnet auf den Weg. Amphibien Innerhalb kürzester Zeit fingen wir zwei Rotbauchunken. Am späteren Nachmittag konnten wir dann auch noch zwei Wasserfrösche fangen. Zu unserer Überraschung sahen wir keine Laubfrösche, Kröten und Molche. Am Abend machten wir uns nochmals mit Eva auf den Weg. Sie half uns dabei unser „Schaumaterial“ um zwei Laubfrösche und eine Knoblauchkröte zu bereichern. Nach diesem erfolgreichen Tag hofften wir natürlich auch, dass wir noch ein paar Molche und Kröten finden würden. Leider war dem aber nicht so. Weder Kröten, noch Molche ließen sich blicken, doch dafür konnten wir noch zwei Laubfrösche und jeweils einen Springfrosch, Rotbauchunke und Wasserfrosch einfangen. Wir waren doch recht enttäuscht, dass wir keine Kröten und Molche hatten. Eine Frage stellten wir uns jedoch noch: „Wo stellen wir unsere Station auf?“ Unsere Entscheidung war schnell getroffen. Ca. 100 m vom Haus entfernt, wo wir zuvor schon einen Großteil unserer Tiere eingefangen hatten, befanden sich mehrere kleine Tümpel, welche leicht zugänglich waren. Außerdem repräsentierten sie den typischen Lebensraum der Amphibien. 162 Désirée Küng & Bernhard Schneller Der Tag der Wahrheit: Am dritten Tag war es dann soweit. Leicht angespannt aber hoch motiviert erwarten wir die Schüler der 7. Klasse eines Gymnasiums, begleitet von Peter Pany. Nachdem die Schüler in Gruppen eingeteilt wurden, machten wir uns auf den Weg zu unserem Standort. Dort angekommen blickten die Schüler misstrauisch in die Terrarien. Dies war eigentlich bei jeder Gruppe der Fall und stellte einen guten Einstieg dar, da die Schüler uns sagen sollten, bei welcher Station sie sich befinden. Alle Gruppen erkannten, dass es sich um Amphibien handelt. Wir wollten den Schülern nicht einfach theoretisch erklären, was Amphibien sind und was diesen faszinierenden Tierstamm auszeichnet, sondern sie sollten selber Amphibien durch Anfassen, Beobachten und Nachdenken Antworten finden. Anfangs sollten sie uns erzählen, was sie schon über die Tiere wussten. Anschließend ging es ans Eingemachte. Das Halten der Amphibien war an der Reihe. Anfangs noch ein wenig eingeschüchtert, doch später recht motiviert und begeistert, fassten fast alle Schüler die Tiere an. Wir erklärten ihnen natürlich zuvor wie man sie halten sollte (entweder an den Vordergliedmaßen nahe der Achsel, oder an den Hintergliedmaßen ohne die Eingeweide zu verletzen). Da die Schüler nun die Tiere in den Händen hielten, konnten wir sie durch gezielte Fragen dazu bringen, Zusammenhänge zu erkennen und Erklärungen zu finden. Fragen wie: Wie fühlt sich die Haut an? Wo glaubt ihr wird dieser Frosch leben? Wozu könnten diese Haftscheiben gut sein? usw. führten die Schüler zum selbstständigen Nachdenken und Forschen. Ehrlich gesagt waren wir über den Wissensstand der Siebtklässler enttäuscht. Manche erkannten nicht einmal die Kaulquappen. Doch eine Gruppe war faszinierend, da zwei Schüler sehr viel über Biologie wussten. Sie erkannten auch die meisten Tiere und vor allem stellten sie selbstständig Hypothesen auf. Nach der ersten Gruppe gab uns Walter einen guten Tipp. Wir sollten die Schüler gegen Schluss unserer Station am angrenzenden Tümpel nach Amphibien suchen lassen. Den ganzen Tag saß ein Laubfrosch an derselben Stelle, Unken waren sowieso überall zu sehen und auch zwei Wasserfrösche suchten immer wieder die gleichen Plätze auf. Die Schüler waren ehrgeizig am Werk und freuten sich sehr, wenn sie die Tiere erspäht hatten. Anfangs wollten wir die Schüler eigentlich bestimmte Merkmale der Tiere zeichnen lassen. Dies funktionierte aber nicht besonders gut, denn ersten wollten die meisten die Tiere halten und zweitens brauchte es einfach zu viel Zeit. Deshalb verwarfen wir 163 Désirée Küng & Bernhard Schneller diesen Plan ziemlich schnell wieder. Zum Abschluss unserer Station bekamen die Schüler noch Haribo-Frösche und ein kleines Handout auf dem die wichtigsten Fakten zu den Amphibien enthalten waren. Bei der Nachbesprechung mit Eva, Erich und Christian bekamen wir eigentlich fast nur positive Kritik. Unsere Station sei gut, so wie sie sei, wir sollten aber ein wenig auf unseren Dialekt achten, da uns anscheinend einige Schüler nicht verstanden hätten (für uns unverständlich). Auch sollten wir keine Scheu davor haben, die Schüler einfach zeichnen zu lassen. Wir waren sehr über die positive Kritik erfreut und versuchten natürlich am zweiten Tag die Verbesserungsvorschläge umzusetzen. Zweiter Unterrichtstag: Nach dem ersten eigentlich sehr erfolgreichen Tag versuchten wir natürlich es am zweiten Tag noch besser zu machen. Wir freuten uns schon sehr auf die Schüler der 1. Klasse, in der, wie vorher angekündigt worden war, ein paar gehörlose Kinder dabei waren. Da Mene und ich jeweils ein Semester die österreichische Gebärdensprache erlernt hatten, versuchten wir die Gruppeneinteilung so zu machen, dass jene mit den Amphibien gehörlosen Schülern sowohl die Amphibienals auch die Lebensraum-Baum-Stationen besuchen können. Leider half mir das bisschen Gebärdensprache nicht wirklich und ich war sehr erleichtert, dass zusätzlich noch eine Übersetzerin dabei war. Wir hatten uns eigentlich vorgenommen, dass wir an diesem Tag die Kinder zeichnen lassen würden. Doch leider ging das einfach nicht. Die Schüler waren so begeistert von den Amphibien, dass wir uns entschieden die Schüler doch nicht zeichnen zu lassen. Wir empfanden es besser, dass die Schüler die Amphibien in die Hände nehmen und sie gemeinsam spielerisch auf die Antworten hin arbeiten. Die Kinder der 1. Klasse waren wirklich super. Sie arbeiteten voll mit und sie antworteten auf unsere Fragen gleich darauf los. Wir hatten das Gefühl, dass sie im Vergleich zu den Schülern aus der 7. Klasse keine Angst davor hatten, eine falsche Antwort zu geben. Außerdem waren wir über den Wissenstand der 1. Klässler wirklich beeindruckt. Auf die Fragen: Was genau seht ihr hier? Um was für ein Thema könnte es sich handeln? Kamen immer sehr schnell die Antworten. Den zweiten Tag fanden wir um ein Stück besser, als den ersten. Das lag aber weniger an unserer Station, sondern allem voran an der Motivation der Schüler. Werden Amphibien bald ausgestorben sein? Zurzeit kommt es weltweit zu einem alarmierenden Artensterben unter den Amphibien. Grund dafür ist eine Pilzerkrankung, die Chytridiomykose, hervorgerufen durch den Pilz Batrachochytrium 164 Désirée Küng & Bernhard Schneller dendrobatidis. Auch in den March-Auen wurde der Pilz leider schon festgestellt. Höchstwahrscheinlich wurde er aus Afrika in andere Länder eingeschleppt und konnte sich dadurch immer weiter verbreiten. Erstmals wurde die Krankheit 1998 entdeckt und man untersuchte den Erreger. Es handelt sich dabei um einen saprotroph lebenden Pilz der jedoch auch das Keratin in der Amphibienhaut zersetzt. Da bei Kaulquappen nur das Mundfeld verhornt ist, findet man ihn fast ausschließlich bei adulten Tieren. Es gibt noch Unstimmigkeiten darüber, wie der Pilz die Amphibien tötet. Zum einen könnte die Funktion der Haut (Atmung, Stoffwechsel, Wasserhaushalt) gestört werden, was auch Sinn macht, denn der Pilz zersetzt nun einem einen Hauptbestandteil der Haut, und andererseits könnten die Tiere durch ein vom Pilz produziertes Toxin vergiftet werden. Im Internet fanden wir eine Seite (http://www.amphibians.org/newsletter/ACAP.pdf) auf der die Krankheit wie folgt beschrieben wird: „In fact, there is growing consensus among scientists that the spread of chytridiomycosis has driven and will continue to drive amphibian species to extinction at a rate unprecedented in any taxonomic group in human history.” (Mehr und mehr Wissenschafter sind übereinstimmend zur Überzeugung gelangt, Amphibien dass die Ausbreitung der Chytridiomykose Amphibien zum Aussterben von Amphibien geführt hat und dass dieser Prozess in einem Tempo weiter gehen wird, welches die Menschheit noch bei keiner anderen taxonomischen Gruppe erlebt hat.) Die Aussage steht wirklich für sich selbst. Der Grund weshalb wir dieses Thema hier erwähnen, ist dass wir die Leute auf diese Epidemie aufmerksam machen möchten da wir auch einen persönlichen Bezug dazu haben. Unsere Knoblauchkröte lag am Morgen des dritten Tages tot in ihrem Terrarium. Bei näherer Betrachtung viel uns auf, dass ihre Haut komisch aussah. Darauf sahen sich Eva und Walter das Tier auch noch an und klärten uns über die Chytridiomykose auf. Ob unsere Kröte nun wirklich mit dem Pilz infiziert war, ist uns bis heute leider nicht bekannt, aber das Tier wurde zur weiteren Untersuchung auf die Universität mitgenommen. Die Ironie, man könnte hier jedoch schon fast von Sarkasmus reden, der ganzen Sache ist, dass leider wahrscheinlich genau jene Menschen, welche die Amphibien schützen und erforschen wollen, nämlich die Herpetologen, für die Weiterverbreitung des Pilzes zum Teil mitverantwortlich sind. Den größten Einfluss auf die rasante Ausbreitung des Pilzes hat jedoch der Haustierhandel mit tropischen Fröschen. Bei Reisen in andere Länder sollte man auf jeden Fall immer neue, oder zumindest desinfizierte Kleidung, Stiefel, usw. mitführen, um Übertragungen zu vermeiden. 165 Désirée Küng & Bernhard Schneller Reflexion: Wer kennt es nicht, dass man eine Reflexion schreiben sollte, eigentlich überhaupt keine Lust dazu hat und dann alles auch noch beschönigt werden muss, nur damit die Note nicht darunter leidet. Wir kennen es nur zu gut, doch dieses Mal entspricht die folgende Reflexion wirklich der Wahrheit. Marchegg war mit Abstand die beste Lehrveranstaltung, die wir bisher in unserem Studium besucht haben. Wir wissen gar nicht wo wir anfangen sollen. Die anderen Studenten, die Location, das super WC, die Dusche, die Betreuer und natürlich die einzigartige Natur sind eigentlich nur noch dadurch zu toppen, dass wir uns in diesen fünf Tagen soviel Wissen angeeignet haben, wie sonst in Jahren nicht. Es war einfach einmal wunderbar, nicht immer nur Theorie vorgekaut zu bekommen, sondern sich selbst ein Thema zu erarbeiten und dieses Wissen dann weiter geben zu können. Der große Unterschied zu den meisten anderen Lehrveranstaltungen stellt der Praxisbezug dar. Dieser war hier zweifach vorhanden, denn sowohl Biologie als auch Didaktik spielten eine große Rolle. Auch war es fantastisch immer Leute um sich zu haben, die man einfach fragen konnte, wenn einem etwas nicht klar war (meisten handelte es sich bei uns nicht um Fragen zu den Amphibien). Wir waren mit unserer Station eigentlich sehr zufrieden, es hat alles sehr gut geklappt, der Amphibien einzige Wermutstropfen war wohl, dass wir keine echten Kröten finden konnten (natürlich auch das Ableben unserer Knoblauchkröte). Die Arbeit mit den Schülern war ein sehr schönes Erlebnis. Wir genossen es in die neugierigen Gesichter blicken und die Denkprozesse der Schüler beobachten zu können. Marchegg 2010 war eine wirklich tolle Lehrveranstaltung. Wir können das ganze nur jedem weiterempfehlen. Danke Erich, Eva, Walter und natürlich auch dir Düdlü. 166 Désirée Küng & Bernhard Schneller Anbei noch unser Handout für die Schüler mit den wichtigsten Fakten über Amphibien. AMPHIBIEN • • • • • • • • amphi = „doppel“ bios= „Leben“, leben im Wasser und an Land 3 Ordnungen: Schwanzlurche (Salamander, Molche) , Froschlurche (Frösche, Kröten, Unken) Blindwühler (in den Tropen) 4 Finger, 5 Zehen Wechselwarm Eier ohne harte Schale -> bei Fortpflanzung auf Wasser angewiesen Ei – Kaulquappe (Kiemenatmung) – adultes (erwachsenes) Tier (Lungenatmung) Metamorphose Feuchte, nicht beschuppte Haut Warnfarben Amphibien Literaturverzeichnis: Ballasina, D. (1984): Europäische Amphibien. Benziger Verlag, Zürich. Campbell, N. (2006): Biologie. Spektrum Akademischer Verlag GmbH, Berlin. Engelhardt, W. (1996): Was lebt in Tümpel, Bach und Weiher?. Franckh-Kosmos Verl.-GmbH & Co., Stuttgart. Fehling J (2004): Amphibien im Unterrichtsfach Biologie und Umweltkunde. Gruber, Ulrich (2002): Amphibien und Reptilien. Kosmos Naturführer, Franckh-Kosmos Verlags-GmbH & Co., Stuttgart, http://www.kaulquappe.de (10.6.2010) http://www.karch.ch/karch/d/ath/chytri/media/Chytridiomykose_PD F_De.pdf (10.6.2010) http://www.froschnetz.ch (10.6.2010) http://www.herpetofauna.at/ (10.6.2010) http://www.amphibians.org/newsletter/ACAP.pdf (14.6.2010) 167 Szilveszter Cseke, Martina Sesar & Veronika Brandl Reptilien von Szilveszter Cseke, Martina Sesar & Veronika Brandl Fachliches Allgemein Zu dem Reptilien gehören folgende große Gruppen: Schildkröten, Schuppenkriechtiere (Echsen und Schlangen), Brückenechsen (nur zwei rezente Arten) und Archosauria, von denen nur Krokodile und (im weiteren Sinn die Vögel) heute leben. Dinosaurier, Flugsaurier und viele ebenfalls ausgestorbene Meeresreptilien gehören ebenfalls dazu. Reptilien sind lungenatmende Wirbeltiere mit ursprünglich zwei paar Gliedmaßen und einem Schwanz. Ihre Haut ist von Hornschuppen und Schildern bedeckt, welche einen Schutz vor Umwelteinflüssen bieten. Von Zeit zu Zeit wird die Haut abgestreift und dadurch erneuert. Diese Gruppe ist wechselwarm und ektotherm, d.h. die Körpertemperatur der Tiere ist von der Außentemperatur abhängig. Deshalb halten sie in unseren Breiten eine Winterstarre und erwachen daraus erst im Frühling. Den Tag beginnen viele Arten mit Reptilien einem Sonnenbad, um die nötige Temperatur zu erreichen. Die Artenvielfalt der Reptilien ist in äquatorialen Breiten besonders hoch, da es in jenen Gebieten keine kühlen Winter gibt. Reptilien haben nur ein Gehörknöchelchen und ihr Gehörsinn ist verschieden ausgebildet. Während manche Echsen sehr gut hören, sind Schlangen komplett taub da ihnen ein Außenohr fehlt. Sie nehmen stattdessen durch ihr Innenohr feinste Schwingungen aus dem Boden wahr. Wenn der Kopf am Boden aufliegt, werden Bodenschwingungen über die Kieferknochen zum Innenohr weitergeleitet. Dadurch erkennt eine Schlange eine potentielle Gefahr schon aus einiger Entfernung und hat die Möglichkeit zu flüchten. Die gespaltene Zunge vieler Reptilien dient einer sehr ausgeprägten Geruchswahrnehmung. Mit Hilfe der zwei Zungenspitzen sind sie im Stande, die Richtung zu bestimmen, aus der ein Geruch kommt. Das Jacobs-Organ befindet sich im Inneren des Mauls und dient der Analyse von Duftstoffen. Die meisten Reptilien legen beschalte Eier, dabei gibt es zwei wesentliche Entwicklungsarten: Ovipare Arten legen ihre Eier an gut geschützte und für ihre Entwicklung günstige orte ab da die Eier sich noch entwickeln müssen. Bei der Ovoviviparie erfolgt die vollständige Entwicklung der Jungen im Körper des Muttertieres, weshalb sie schon während oder direkt nach der Geburt die Eihülle durchstoßen. 168 Szilveszter Cseke, Martina Sesar & Veronika Brandl Durch ihre Anpassungen waren Reptilien im Stande, nahezu alle Lebensräume zu besiedeln. Bis zur Kreidezeit existierten riesige marine Reptilien, darunter langhalsige paddelnde Plesiosaurier und stromlinienförmige, schnell schwimmende Ichthyosaurier. Letztere hatten enorm große Augen: Das gefunden Auge eines Temnodontosaurus maß 27cm und ist somit das größte Auge im Tierreich. Die Luft wurde von Flugsauriern bewohnt von denen der größte eine Spannweite von 15m aufwies. Dinosaurier beherrschten die Erde über 160 Mio. Jahre lang. Systematisch gesehen, waren sie ebenfalls Reptilien, selbst wenn sich viele von ihnen vermutlich zu Warmblütlern entwickelten. Die rezenten Vögel, welche die Nachfahren kleiner bipeder Dinosaurier sind, stellen eine extrem artenreiche und erfolgreiche Gruppe dar. (Sie werden jedoch nicht mehr zu den Reptilien gezählt). Heute wird auch eine große Anzahl von Lebensräumen besiedelt, darunter auch scheinbar lebensfeindliche Gebiete wie die Wüsten. Die Marchauen stellen einen geeigneten Lebensraum für einige heimische Reptilien dar, da sie eine Vielfalt von Lebensräumen beinhalten. Hier finden diese Arten alles, worauf sie angewiesen sind – Nahrung, Sonnplätze, Verstecke und Überwinterungsplätze und geeignete Eiablageplätze. Reptilien Im Folgenden sind Beschreibungen von Tieren die wir gefunden haben. Ringelnatter – Natrix natrix Ringelnattern sind im Durchschnitt 80cm lang, erreichen aber auch oft 120cm, wobei die Weibchen größer als die Männchen sind. Hinter dem Kopf, der deutlich vom Körper abgesetzt ist, befinden sich zwei halbmondförmige weißliche oder gelbe Flecken – das Haupterkennungsmerkmal der Art. Diese könne aber auch in ein Band übergehen. Die Grundfärbung der Schlange ist bräunlich, gräulich, olivgrün oder schwarz; der Bauch ist jedoch immer hell und weist eine dunkle Würfelung auf. Ihre Schuppen sind deutlich gekielt. Ringelnattern leben vorzugsweise in reich strukturierten Feuchtgebieten wie Teiche, Sümpfe, Auwälder oder langsam fließende Flüsse und können hervorragend schwimmen und tauchen. An Land jagen sie jedoch ebenso erfolgreich wie im Wasser. Zu ihrer Nahrung gehören vorwiegend Amphibien und Fische aber auch kleine Säugetiere. Die Jungtiere fressen Kaulquappen und frisch 169 Szilveszter Cseke, Martina Sesar & Veronika Brandl metamorphisierte Lurche oder kleine Fische. Die Beute wird nicht erwürgt sondern lebendig verschlungen. Die Schlange besitzt zwar eine Giftdrüse, die jedoch wahrscheinlich nur als Verdauungshilfe dient. Ihrerseits hat die Ringelnatter Igel, Marder, Katzen, Raubvögel aber auch Rabenvögel, Störche und Reiher, manchmal sogar auch Amseln zu fürchten. Bei akuter Gefahr, wenn keine Fluchtmöglichkeit besteht, nimmt sie mit dem Hals eine S-Haltung ein und schnellt mit dem Kopf in Richtung des Gegners, wobei sie jedoch nur selten zubeißt. Weiters sondert sie ein stark riechendes Sekret aus den Analdrüsen ab und stellt sich tot, falls die Bedrohung anhält. In unserem Fall, wiederholte sie das Totstellen in den ersten Minuten nach dem Einfangen mehrmals. Die Paarung findet nach der ersten Häutung im April/Mai statt. Die Eiablage erfolgt im Juli/August, wobei die Weibchen in der Regel 10-40 Eier in Laub oder Misthaufen ablegen. Gelegentlich kommt es zu richtigen Massengelegen. Die Jungtiere schlüpfen nach 4-10 Wochen. Das in der Natur heutzutage oft an geeigneten Eiablageplätzen mangelt, werden manchmal dem Menschen nahegelegene Plätze wie Pferdemisthaufen und Komposthaufen aufgesucht. Hier kommt es oft zu EiablageVergesellschaftungen mit anderen Arten. Reptilien größer als die Weibchen. Ihre Färbung reicht von gelb-braun, über olivgrün bis zu einem grau-schwarz und ihre Schuppen sind glatt und glänzend und teilweise weiß umrandet. Manche Tiere können auch Längsstreifen entlang den Seiten aufweisen. Dia Bauchseite ist in der Regel hell, kann bei sehr dunklen Individuen aber auch blauschwarz sein. Jungtiere sind auffälliger gezeichnet und weisen dunkle Flecken auf. Die Äskulapnatter ist wärmeliebend und lebt vorwiegend in lichten Laubwäldern. Mit Gestrüpp und Felsen aber auch an Flussufern. Sie ist ein sehr guter Kletterer und such Bäume für die Nahrungssuche auf. Hierzu spreizt sie ihre Bauchschuppen ab um eine bessere Haftung zu haben. Der untere Rand der Bauschuppen besitzt eine gewisse Schärfe, was man deutlich am Arm spürt wenn dieser von der Schlange umschlungen wird. Wie die meisten heimischen Nattern ist die Äskulapnatter tagaktiv, zieht sich jedoch in den heißen Monaten zur Mittagszeit zurück. Äskulapnatter - Zamenis longissimus Die Äskulapnatter erreicht im Durchschnitt eine Körperlänge von über 150cm, kann aber auch 2m überschreiten und ist somit die größte heimische Schlangenart. Die Männchen sind grundsätzlich 170 Szilveszter Cseke, Martina Sesar & Veronika Brandl Reptilien Eidechsen und Jungvögel, wobei sie ihre Beute mit dem Körper umwindet und erdrosselt bevor sie diese verschlingt. Zu ihren Fressfeinden gehören Säuger wie Marder, Iltis, Dachs und verschiedene Greifvögel sowie Rabenvögel. Jungtiere werden auch von anderen Schlangen erbeutet. Bei Bedrohung flieht die Schlange ins Gestrüpp oder auf Bäume. Wenn keine Fluchtmöglichkeit besteht, wehrt sie sich durch Bisse und sondert ein schlecht riechendes Sekret ab. Unsere Äskulapnatter wurde in zwei Tagen komplett zahm, so dass wir sie ruhig auf den Arm nehmen konnten ohne sie als Vorsichtsmaßnahme am Nacken festzuhalten. Die Paarung findet im Mai statt. Rivalisieren mehrere Männchen, so kommt es zu Kommentkämpfen, wobei sie miteinander ringen, ohne sich zu verletzen. Im Juli legt das Weibchen, 5-10 ovale Eier an geschützten Plätzen wie in feuchter Erde, unter Pflanzenresten oder Steinen und in Baumstümpfen ab. Blindschleiche – Anguis fragilis Die Blindschleiche ist eine beinlose Echse mit einer Körperlänge von bis zu 50cm wobei (im Gegensatz zu Schlangen) der Schwanz 2/3 der Gesamtlänge ausmachen kann. Sie ist nicht blind. Der Name kommt vom Wort „blenden“ und deutet auf ihren Glanz hin. Jungtiere haben eine sehrkontrastreiche Zeichnung. Auf der silberweißen, goldgelben oder kupferfarbenen Grundfärbung befindet sich ein schwarzer Längsstrich. Die Bauchseite und die Flanken sind ebenfalls stark. Anders als bei Schlangen ist der Kopf nicht vom Körper abgesetzt sondern weist die gleiche Breite auf und die Augenlieder sind beweglich. Da sie keine Oberlippenlücke hat, muss sie zum Züngeln ihr Maul öffnen. Ihr Körper wirkt plumper und ist weniger beweglich als der der Schlangen. An der Sie jagt vorwiegend Kleinsäuger (vor allem Mäuse) sowie 171 Szilveszter Cseke, Martina Sesar & Veronika Brandl Schwanzwirbelsäule befinden sich mehrere Sollbruchstellen; an diese Stellen kann die Blindschleiche ihren Schwanz abwerfen um selbst einem Fressfeind zu entkommen. Im Gegensatz zu anderen Eidechsen, wächst der Schwanz jedoch nicht mehr nach, es bildet sich lediglich ein Stumpf. Reptilien Regenwürmer. Diverse Insekten gehören ebenfalls zu ihrem Beutespektrum. Ihre Fressfeinde sind Schlangen, Säuger wie Hund, Katze, Fuchs, Dachs, Ratte, Wildschwein, Igel, Greifvögel und Rabenvögel aber auch Hühner. Bei Gefahr können sie als Ablenkung einen Teil ihres Schwanzes abwerfen. Dieser zappelt noch minutenlang.Werden sie am Körper erwischt, winden sie sich heftig hin und her und scheiden Harn und Kot ab. Wie wir erfahren haben würgen sie im Zuge einer Stressreaktion manchmal ihre Nahrung heraus. Die Paarungszeit ist Ende April bis Juni. Die Männchen ringen miteinander um die Weibchen obwohl diese in den meisten Populationen in der Überzahl sind. Nach einer Tragzeit von 11-14 Wochen bringt das Weibchen 8-12 Junge in durchsichtigen unverkalkten Eihüllen – welche sofort durchstoßen werden – zur Welt (Ovoviviparie). Zauneidechse – Lacerta agilis Die Blindschleiche bewohnt diverse Lebensräume, von der Wiese bis zum Wald sofern eine ausreichende Strauchschicht oder Krautschicht vorhanden ist. Sie bevorzugt eine gewisse Bodenfeuchte und ist etwas weniger wärmeliebend als die meisten anderen Reptilien. Wie Schlangen, kann auch die Blindschleiche schwimmen, fühlt sich aber sehr unwohl im Wasser. Die Kältestarre verbringen sie in frostfreien Verstecken, oft in Gruppen von bis zu 30 Tieren. Dafür bohren sie oft Tunnel in den Boden und verschließen manchmal deren Eingänge mit Moos. Die tagaktive Blindschleiche betätigt sich vor allem in den Morgenund Abendstunden und frisst vor allem Nacktschnecken und Zauneidechsen werden über 20cm lang. Dabei ist ihr Schwanz etwas länger als ihr Körper. Sie haben einen breiten Kopf mit einer stupfen Schnauze, wobei Männchen in der Regel längere Köpfe und einen kürzeren Körper haben als die Weibchen. Der Kopf ist oben abgeflacht und weist kanten vom Auge bis zum Nasenloch auf. Die Färbung der Tiere ist grau-braun mit zwei hellen Streifen am Rücken und sämtlichen helleren und dünkleren Flecken. Zur Paarungszeit bekommen die Männchen eine grüne Färbung an Kopf, Seite und Bauch. Es kommt aber auch vor dass das ganze Tier grün wird. 172 Szilveszter Cseke, Martina Sesar & Veronika Brandl Reptilien Die Jahresaktivität beginnt Ende März/Anfang April und endet bei Jungtieren etwa Mitte Oktober. Adulte Tiere ziehen sich schon im September zurück. Im Frühjahr ist ihre Aktivität zu Mittag am höchsten, Im Sommer verschiebt es sich auf Vormittag und Nachmittag. Die Paarung erfolgt nach der ersten Häutung gegen Ende April. Das Männchen verbeißt sich in die Flanke des Weibchens und die Paarung dauert einige Minuten und wird mehrmals wiederholt. Die Eiablage erfolgt im Mai/Juni. Das Weibchen sucht dazu sandige, besonnte Plätze auf und gräbt kleine Löcher und legt 5-14 Eier ab. Die Entwicklungsdauer der Eier ist stark von der Außentemperatur abhängig. Würfelnatter – Natrix tesselata Die Art ist hinsichtlich ihres Lebensraumes wenig spezialisiert und besiedelt u. a. Steinbrüche, Kiesgruben, Bahndämme, Trockenrasen und Gärten. Offene, bevorzugt südlich ausgerichtete Stellen mit Seteinen, Totholz und Böden die sich schnell erwärmen und die Wärme gut speichern werden als Sonnplätze genutzt. Zauneidechsen fressen Würmer, Gliederfüßer, darunter Wespen, Marienkäfer, Feuerwanzen, Spinnen und auch junge Bergeidechsen oder sogar eigene Junge. Zu ihren wichtigsten Fressfeinden gehören Schlingnatter, Greifvögel, Rabenvögel, Igel und Marderatige. Im Siedlungsbereich stellen Katzen die größte Gefahr für sie dar. Bei Bedrohung kann die Zauneidechse Teile ihres Schwanzes abwerfen, der wenn auch nicht vollständig aber wieder nachwächst. Mit Bissen wehrt sie sich auch. Die Körperlänge der Ringelnatter beträgt 80-110cm wobei Weibchen größer als die Männchen sind. Der Kopf ist deutlich vom Rumpf abgesetzt und spitz zulaufend. Die Grundfärbung ist gräulich, bräunlich oder olivgrün und weist eine mehr oder weniger ausgeprägte dunkle Würfelzeichnung auf. Diese Würfelzeichnung ist bei Jungtieren in der Regel kontrastreicher. Die Bauchseite weißlich bis schwach rot gefärbt mit einer dunklen Zeichnung. Von allen heimischen Arten ist die Würfelnatter am stärksten an Wasser gebunden und verlässt nur für die Paarung, zum Sonnenbaden, zum Fressen und für die Winterruhe das Wasser. Sie bevorzugt klare, langsam oder mäßig fließende Flüsse oder Bäche. Diese Lebensräume beinhalten einen großen Fischreichtum und strukturierte Uferzonen, wo sich Gebüsch, Schotterbänke und Totholz findet. Im Gegensatz zu anderen heimischen Schlangen sind 173 Szilveszter Cseke, Martina Sesar & Veronika Brandl Würfelnattern auch zu den höchsten Tagestemperaturen zu beobachten (im Wasser). Reptilien Didaktik Flexibilität in allen Belangen – das war wohl die größte Lehre, die wir in fachdidaktischer Sicht aus den 5 Tagen in Marchegg zogen. Neben mehreren von uns überlegten Konzeptwechseln, durch Abwesenheit/Auftauchen von Tieren bedingten Konzeptwechseln und durch Anregungen induzierten Konzeptwechseln stellte uns der Dienstag auch plötzlich vor eine neue Zielgruppe, da statt der erwarteten 1. Klasse eine 5. Klasse aus dem Zug stieg. Zu ihrer Nahrung gehören fast ausschließlich Fische. Zu ihren Fressfeinden gehören kleinere Säugetiere, Vögel wie der Reiher und die Lachmöwe und große Raubfische wie Hechte und Welse. Wenn die Schlange bedroht wird gibt sie Zischlaute von sich und sondert ein Analsekrät ab. Das Totstellen gehört ebenfalls zu ihren Abwehrmechanismen. Die Paarungszeit liegt im Mai und Juni. Manchmal sammeln sich mehrere Tiere und bilden Paarungsknäuel. Die Eiablage erfolgt ab Juli an Stellen mit Sand und Humus oder auch in Misthaufen. Das Weibchen legt 5-25 Eier. Die Geschlechtsreife der Jungen tritt nach drei Jahren ein. Positiv an unserer Station war jedenfalls, dass wir uns keine Gedanken über den Standort machen mussten – unsere Bedingungen waren „windgeschützt, sonnengeschützt, nicht zu nah bei den anderen Stationen, wenn möglich mit Tisch, viele Terrarien“ – also nichts, was großartiger Vorbereitung bedurfte. Dass es uns schlussendlich neben die ehemalige Klogrube verschlug ist zum Glück nur den Professoren aufgefallen, die Jugendlichen haben es genauso wenig gemerkt wie wir. Allgemein wollten wir uns am „Flow Learning“ Konzept von Joseph Cornell (nachgelesen in Fuchs, 2002) orientieren: Begeisterung wecken (wir gingen davon aus, dass das bei unserem Thema das geringste Problem werden würde), Begeisterung auf einen Punkt konzentrieren, unmittelbare Erfahrung machen lassen und sie andere an der Erfahrung teilhaben lassen. Unsere Lernziele waren daher vor allem die direkte Berührung mit den Tieren, daraus entstehende Sinneswahrnehmungen zu nutzen und davon ausgehend biologische Vorgänge anschaulich erklären zu können (Fuchs, 2002). 174 Szilveszter Cseke, Martina Sesar & Veronika Brandl Unser ursprüngliches Konzept war zeitlich knapper bemessen als die Tatsachen vor Ort (wir gingen davon aus, 20 Minuten zu haben) und sah vor, Äskulapnatter, Ringelnatter, Würfelnatter, Blindschleiche und Zauneidechse zur Verfügung zu haben. Wir wollten sie zuerst in abgedeckten Terrarien halten, um zu verhindern, dass die Aufmerksamkeit der SchülerInnen sich unkoordiniert zerstreut. Der Einstieg sollte so ablaufen, dass wir die Vorerfahrung der Jugendlichen erforschten, indem wir ihnen nur sagten, dass es um Reptilien ginge, und ihnen dann zuhörten, was ihnen dazu einfiel. Anschließend wollten wir ihnen die Schlangen (Blindschleiche und Eidechse noch nicht) in ansonsten leeren Terrarien zeigen, ihnen die Namen der Tiere sagen und sie versuchen lassen, Eigenschaften der Tiere herauszufinden (Begeisterung auf einen Punkt konzentrieren): Dabei wollten wir auf einem großen Blatt mitschreiben, damit die Ergebnisse gesammelt wurden, die Jugendlichen aber die Schlangen in den Händen halten konnten. Danach sollten sie erforschen, in welchem Lebensraum die verschiedenen Schlangen sich am wohlsten fühlten und wir waren gespannt, ob die SchülerInnen von selbst auf die Idee kamen, die Schlangen in das vorbereitete Wasserbecken zu werfen oder auf den Ast im vorbereiteten Terrarium zu legen (unmittelbare Erfahrung). Falls uns eine der Wasserschlangen den Gefallen getan hätte, ihr Analsekret auf ein von uns vorbereitetes Tuch zu entlassen, wollten wir es den jungen Forschern auch bei dieser Gelegenheit präsentieren. Im Folgenden wollten wir ihnen noch die Blindschleiche und die Zauneidechse zeigen (in dem Lebensraum entsprechenden Terrarien) und sie die Unterschiede zwischen Schlangen und Echsen erforschen lassen (unmittelbare Erfahrung). Dabei wollten wir auch auf die Unterschiede zwischen den in Österreich lebenden Nattern Reptilien und Ottern eingehen – in der Hoffnung, dass die Würfelnatter die Spreizung ihres Kopfes präsentieren würde. Besprechung mit Dr. Eder Nach der 1. Vorbesprechung erfolgte die erste Adaptierung des Konzeptes: Die Blindschleichen fielen nach dem Hinweis, dass wir die bei unserem relativ zeitigen Termin wahrscheinlich nicht finden würden, aus. Das Thema Giftschlangen in Österreich wurde auch gestrichen, da es in den Marchauen keine Giftschlangen gibt. Unsere Idee, die Jugendlichen und Kinder selbst die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der verschiedenen „Gruppen“ (Echsen – Schlangen, „Wasserschlangen“ – an Land lebende Schlangen) selbst herausfinden zu lassen haben wir, aus heutiger Sicht betrachtet, scheinbar schlecht erklärt – das Ergebnis der Besprechung war für uns jedenfalls, dass wir das nicht machen könnten, weil die SchülerInnen nicht von selbst draufkommen würden. Für uns folgte daraus, dass wir während der Erarbeitung auf jeden Fall dabei sein sollten und gezielte Fragen stellen. Wir wurden angeregt, uns noch ein „Highlight“ einfallen zu lassen – das Ergebnis war ein „Forscherpass“ in dem eine Zusammenfassung stehen sollte. Gleichzeitig wollten wir Fruchtgummischlangen besorgen. Den Lehrern wollten wir Steckbriefe über die Reptilien der Marchauen mitgeben, um durch die eventuelle wiederholte Betrachtung im Klassenraum zusätzliche Redundanz zu erreichen. Schlangen mögen‘s warm…. 175 Szilveszter Cseke, Martina Sesar & Veronika Brandl … was das Wetter in den Tagen vor unserer Ankunft nicht gerade zu bieten hatten. Entsprechend dürftig waren unsere Erfolge beim Schlangen-Fangen: Der Samstag wurde mit einer (!) Ringelnatter (ca. 20cm lang) beendet (und die hatten wir von Kollegen bekommen). Trotz intensiven Durchforstens des Bahndamms, der Uferstreifen der Teiche, warmen Wege, Sonnenplätze beim Haus, „Schlangengruben“ und Unterstützung durch die Lehrveranstaltungsleitenden war kein weiteres Tier zu finden. Der Sonntag gestaltet sich im Vergleich dazu deutlich erfolgreicher: eine weitere Ringelnatter (selbe Größe) und überraschenderweise 3 Blindschleichen (mit denen wir nicht gerechnet hatten). Soweit, so gut, mit 5 Tieren zwei verschiedener Gattungen ließ sich doch schon einiges machen. Das Konzept für die ersten beiden Gruppen Mittlerweile war klar, dass wir nicht alle Schüler, dafür jede einzelne Gruppe für einen längeren Zeitraum (40 Minuten) betreuen würden. Das adaptierte Konzept sah also vor, dass wir zuerst allgemein mit ihnen über Reptilien reden wollten (zuerst während die Terrarien noch abgedeckt waren, um ihnen nach einer kurzen Überlegung, was es für Reptilien gibt, unsere Tiere in die Hand zu geben und Reptilienmerkmale feststellen zu lassen), dann die Schleiche und danach die Schlange besprechen und einen Vergleich über das Aussehen und den Lebensraum anstellen würden. Bei diesen 3 Punkten (Schleiche, Schlange, Vergleich) sollte jeweils einer von uns die Ergebnisse auf einem A4-Zettel mitschreiben – damit die SchülerInnen sahen, dass wir mit ihren Ergebnissen arbeiteten. Anschließend sollten die Jugendlichen diese Fakten in den Forscherpass eintragen – dieser war im Gegensatz zu unserem Reptilien zweiten Konzept leer. Da wir lange nicht gewusst hatten, welche Tiere wir in den Terrarien haben würden und vor hatten, nur Fakten über die tatsächlich vorhandenen Tiere zu bringen, sahen wir keinen Sinn mehr in vorgefertigten Pässen. Außerdem sollte das selbst Eintragen gleich eine Wiederholung darstellen. Die erste Gruppe war dann auch früher als geplant bei uns, da die Gruppeneinteilung schnell (und nicht unbedingt so wie geplant, da die SchülerInnen schlussendlich doch in selbstgewählten Gruppen zusammen waren) von Statten ging. Der Einstieg verlief wie anfangs geplant, das Mitschreiben während die Merkmale aufgezählt wurden jedoch weniger. Daraus ergab sich, dass die Jugendlichen beim Eintragen in den Pass vor der Aufgabe standen, sich selbst zu erinnern, beziehungsweise mit unserer Hilfe den Pass auszufüllen. Der Vergleich zwischen Schleiche und Schlange war stockend, der Lebensraumtest jedoch sehr anschaulich. Die zweite Gruppe entschied sich, gleich mitzuschreiben. Fazit über den Ablauf mit den ersten beiden Gruppen: Aus unserem Einstieg wurde schlussendlich ein fragendentwickelnder Unterricht/ Lehrer-Schüler-Gespräch, da das eventuell vorhandene Vorwissen nicht so spontan abrufbar war. Sehr deutlich zeigte uns eine Schülerin, dass wir bei diesem Konzept gelandet waren: Auf die Frage, welche Reptilien sie kannten, schlug sie uns alles vor, was ihr einfiel (inklusive Käfern – mit Amphibien hatten wir gerechnet, aber die Käfer haben uns echt überrascht und klar gemacht, dass die Schülerin einiges begriffen hatte: Wir wollten, dass sie etwas sagt und falsche Antworten hatten keine 176 Szilveszter Cseke, Martina Sesar & Veronika Brandl Auswirkungen. Immerhin hatte sie keine Angst davor, Fehler zu machen). Schüler zu animieren kann schwerer sein, als man denkt - die Berührungsängste können selbst gegenüber einer sehr kleinen Schlange groß und deren Abbau folglich zeitintensiv sein. Nach Abbau der Berührungsängste war jedoch das Tier an sich so interessant, dass Fragestellungen rund um das Tier uninteressant wurden – halten, streicheln, schlängeln lassen war spannender. Der direkte Kontakt mit der Natur wurde so auf jeden Fall erreicht. Vielleicht haben wir auch noch ein bisschen zu viel Wert auf Fakten gelegt – so haben wir den Jugendlichen beispielsweise erzählt, wie sich unsere beiden Arten fortpflanzen und wie groß die Jungen sind. Gleichzeitig war uns klar, dass es viel weniger im Gedächtnis bleiben würde, als beispielsweise der bevorzugte Lebensraum, den sie selbst sehen konnten (die Tiere waren sehr kooperativ und zeigten ganz eindeutig, wo sie sich wohlfühlten und wo nicht) und die Funktion des Züngelns (gerade bei den ersten Gruppen zeigten es die Ringelnattern sehr häufig, die Blindschleichen auch noch deutlich). Bis heute sind wir uns nicht ganz sicher, ob wir die weniger situativen Punkte daher weglassen hätten sollen, oder ob die Idee, sie damit zu „berieseln“, damit sie es einmal gehört haben und die Interessierten es sich merken können, passend war. Insgesamt kam bei diesen beiden Gruppen neben dem Streicheln und Halten relativ wenig Eigeninitiative zustande – abgesehen vom altbekannten „Frage-Antwort“-Spiel, bei dem ein paar SchülerInnen sichtlich nachdachten, andere sich bereitwillig der Schlang in ihrer Hand widmeten und der Frage auswichen. (Wobei das, nach dem scheinbaren Missverständnis bei der Vorbesprechung, durchaus so geplant war, auch wenn wir uns dabei blöd vorkamen.) Reptilien Auch die Idee mit dem Lebensraumtest ging schlussendlich von uns aus (gelenkte Fragen). Beim Eintragen in den Pass zeigten sich beide Gruppen recht unschlüssig, ob sie uns fragen, die Kollegen fragen oder nochmals nachschauen sollten – meist entschieden sie sich für Abschreiben und wir uns dafür, sie mit lenkenden Fragen nochmals darauf zu bringen. Die Aufteilung untereinander, dass einer von uns der Experte für die Blindschleiche war, einer für die Ringelnatter und der dritte für das Allgemeine, war zwar gut, führte aber auch ein wenig zu Stress, sobald jemand etwas sagte, dass in einen anderen Bereich fiel – dass 3 Leute für eine Station eventuell zu viel sind wurde hier erstmals spürbar. Mittagspause und 2 Geschenke Die Mittagspause brachte zwei Neuerungen: ein Zauneidechsenmännchen und eine Äskulapnatternweibchen (ca. 1,5m lang) und damit die Notwendigkeit, das Konzept innerhalb kürzester Zeit umzustellen. Die Forscherpässe wurden gestrichen, dafür sollte die Berührung mit der Äskulapnatter das Highlight werden. Weiters sollten die Jugendlichen nun die Gemeinsamkeiten der Echsen im Vergleich Blindschleiche – Zauneidechse betrachten. Das knallgrüne Zauneidechsenmännchen bot uns auch eine gute Gelegenheit, die Themen „Fitness“ und „Selektion“ schülerInnengerecht zu besprechen. Fazit mit Highlight 177 Szilveszter Cseke, Martina Sesar & Veronika Brandl Wahrscheinlich war es für uns sehr gut, dass wir die Äskulapnatter erst zu Mittag und nicht in der Früh, kurz vor der Ankunft der SchülerInnen fanden – wir waren ein weit besser eingespieltes Team und die Adaptierung erfolgte überraschend leicht. Die Äskulapnatter war auch das Highlight, das die Jugendlichen sehr fesselte, leider konnten wir sie ihnen nicht ganz in die Hand geben, da sie noch nicht zahm war. Auch die Zauneidechse zog sehr viel Aufmerksamkeit auf sich. Das Forschen geriet ob der Begeisterung über die Tiere dann etwas ins Hintertreffen, das Erforschen der Schuppen der Tiere funktionierte jedoch sehr gut. Der erste Tag Insgesamt ergab sich für uns die Notwendigkeit, im Forscherpass einige Dinge vorweg einzutragen, um den Kindern (wir erwarteten eine 1. Klasse für den nächsten Tag) einen Leitfaden zum Forschen zu geben und sie mehr damit alleine lassen zu können. Den allgemeinen Hinweis, auf offene Fragen zu achten (statt Ja-NeinFragen) und sie auch längere Zeit zu den Fragen überlegen zu lassen, wollten wir ebenfalls berücksichtigen. Das Konzept, dass die allgemeine Einführung nur wenige Minuten lang sein sollte, hatte sich bewährt und sollte daher beibehalten werden. Außerdem wollten wir weniger den SchülerInnen gegenüber stehen, also den Tisch so hinstellen, dass er nicht wie eine Theke im „Wissensverkaufsladen“ wirkte, sondern einfach nur als Hilfsmittel, um die Terrarien weiter oben zu haben (wie er ja auch gedacht war). Der Fund einer größeren Ringelnatter stellte einen erfolgreicheren Vergleich der Schuppen in Aussicht. Reptilien Der zweite Tag, die zweite 5. Klasse Die neue Idee war nun, die Kinder möglichst viel alleine mit den Forscherpässen arbeiten zu lassen – auch wenn wir wussten, dass sie nicht alle Merkmale alleine herausfinden konnten. So wollten wir ihnen in einer ersten Phase den Forscherpass, die Blindschleichen und Ringelnattern geben und sie dann die erste Seite („Merkmale Reptilien: Körpertemperatur, Körperoberfläche Fortpflanzung, Verhalten im Winter, Körperöffnung“) selbst versuchen zu lassen. Nach einigen Minuten, in denen wir uns entfernten, wollten wir mit ihnen die Ergebnisse vergleichen und fehlendes ergänzen. Anschließend sollten sie auch noch Zauneidechse und Äskulapnatter bekommen (mit einer eingeplanten „Tohuwabohu“-Zeit, da klar war, das zuerst die Tiere an sich interessant sein würden) und mit dem Hinweis, dass immer zwei der Tiere näher miteinander verwandt waren anhand der zweiten Seite im Forscherpass („Echsen – Schlangen: Züngeln, Kopf-Rumpf-Übergang, Augen, Schuppen, Bewegung, Schwanz“) herausfinden, welche das waren und welche Merkmale zu den genannten Stichwörtern festgestellt werden konnten. Als letzte Phase sollten sie auf Seite 3 die Tiere jeweils hinsichtlich Lebensraum und auffälligen Merkmalen vergleichen – dazu stand wieder das Wasserbecken bereit. Zusätzlich hielt die Mittagspause eine weitere Konzeptänderung für uns bereit, da wir noch 2 Würfelnattern einfangen konnten – eine von beiden zeigt sehr ausdauernd immer wieder den „Totstellreflex“, den wir daher auch unbedingt behandeln wollten. Viel änderte es am Gesamtkonzept nicht mehr, nur dass die 178 Szilveszter Cseke, Martina Sesar & Veronika Brandl Würfelnattern die Ringelnattern (von denen die größte bereits erfolgreich geflüchtet war) in ihrer Funktion ablösen sollten. Tatsächlicher Ablauf: Die Gruppen an diesem Tag waren sehr unterschiedlich. In der ersten Gruppe war beispielsweise ein sehr interessierter Jugendlicher, der sich aber kaum dazu bewegen ließ, seine Erkenntnisse mit seinen Kolleginnen (zwei Mädchen) zu teilen. Die letzte Gruppe war uns schon von unseren Kollegen, die sie zuvor betreut hatten, als sehr „tussihaft“ und „desinteressiert“ beschrieben worden – entsprechend anders war unsere Herangehensweise an diese Gruppe. Fazit: Wir hatten das Gefühl, dass der zweite Tag allgemein besser geklappt hatte. Auch wenn es nach wie vor schwer war, die Jugendlichen vom reinen Schlangen-Streicheln wegzubekommen, betrachteten sie zumindest Großteils die Merkmale, auf die wir im Forscherpass hingewiesen hatten. Da sie sich die Ergebnisse teilweise nicht notierten, hätten wir der Reptilien Klassenlehrerin ein ausgefülltes Exemplar mitgeben können, damit sie zumindest nachsehen konnten. Auch war es schwer für uns, sich zurückzuhalten und nicht wieder in Lehrer-Schüler-Gespräche zu verfallen, doch mit ein bisschen Selbstdisziplin verbesserte sich das im Laufe des Tages. Wir hatten den Eindruck, dass es uns allen schwer viel, wodurch wir uns ein bisschen behinderten: wir wollten einander natürlich auch nicht ins Wort fallen, wenn uns auffiel, dass der/die andere wieder in dieser Schiene war. Ebenfalls herausgefordert hat uns die Situation, als einzelne Schüler ganz andere Sachen fragten, als sie eigentlich gerade mit dem Forscherpass bearbeiten sollten – sollten wir nun dafür sorgen, dass die Aufmerksamkeit bei allen auf der gleiche Thema gerichtet blieb, damit sie zusammenarbeiten konnten, oder die Frage beantworten? Rückblickend wäre zweiteres, nach dem Motto „Störung hat Vorrang“ wahrscheinlich die bessere Methode gewesen und hat sich auch bei den nachfolgenden Gruppen bewährt – dort wo gerade eine Frage auftauchte war das Interesse am größten, das musste genutzt werden. 179 Szilveszter Cseke, Martina Sesar & Veronika Brandl Unser Konzept funktionierte bei den meisten Gruppen nach unserem Befinden ganz gut (viel Kontakt zu den Tieren, spüren, wie sich die Schuppen anfühlen, wie sich die Schuppen der Äskulapnatter verhaken konnten, genauere Betrachtung einzelner Merkmale, sehr anschauliche Ergebnisse beim Schwimmtest, mehr Gespräche der SchülerInnen untereinander, mehr interessierte Fragen), waren wir mit dem zweiten Tag allgemein zufriedener. Es hätte uns jedoch sehr interessiert, wie die ErstklässlerInnen auf unser Konzept reagiert hätten. Gesamtfazit: Wir würden es so gerne nochmals machen! Wir haben das Gefühl, auf einen neuen Weg gestoßen zu sein und würde ihn gerne weiter gehen, es nochmals probieren, weiter verfeinern, da wir erst ziemlich spät gelernt haben, dieses Experimentierfeld als solches zu erkennen und uns auf das Experimentieren einlassen zu können. Außerdem hätten wir sehr gerne die anderen Stationen besucht und den Umgang mit den Schülern dort beobachtet. Und es wäre interessant gewesen, wie die LehrveranstaltungsleiterInnen diese Stationen gestaltet hätten (besonders nach der Aussage, dass es schwer sei, die Reptilienstation so zu gestalten, wie es dem Stand der fachdidaktischen Forschung entsprechend „am richtigsten“ wäre). Auf jeden Fall ist uns bewusst geworden immer ein bisschen entspannter an die Sache heranzugehen und unsere Begeisterung spürbar zu machen. Außerdem sind wir zu dem Schluss gekommen, dass Teamteaching zu dritt wohl schwierig ist und nur mit Leuten, die man gut kennt ablaufen sollte – oder in einem nicht beurteilten Umfeld stattfinden sollte. Wir hatten nämlich schon den Eindruck, dass wir Reptilien allgemein bei den Gruppen, bei denen wir nicht beobachtet wurden, entspannter waren. Literatur Bücher: Fuchs, A. (2002): Freilanddidaktik in Biologie und Umweltkunde. Diplomarbeit, Fachbibliothek für Biologie Wien. Schuhböck, J. (2003): Reptilien im Unterrichtsfach Biologie und Umweltkunde – Praxisrelevante Aspekte und Möglichkeiten einer didaktischen Umsetzung im Schulunterricht. Diplomarbeit, Fachbibliothek für Biologie Wien. 180 Hans-Jörg Schaumberger & Sebastian Sieghart Reptilien 1) Fachlicher Teil Klassifizierung Die weitere Klassifizierung der monophyletischen Gruppe der Amniota, zu denen auch die Reptilien zählen gestaltet sich schwierig. Es gibt unterschiedliche Ansätze – bei der traditionellen Einteilung stellen die Reptilien eine paraphyletische Gruppe dar, weil diese die Vögel nicht umfasst. Diese paraphyletische Gruppe bzw. wird weiter in die Ordnungen Schildkröten (Testudines), Krokodile (Crocodylia), Brückenechsen (Rhynchocephalia) und Schuppenkriechtiere (Squamanta) unterteilt. Wir stützen die Wahl der Begriffe Klasse, sowie Ordnungen im weiteren Verlauf dieser Arbeit ausschließlich diese Variante. (vgl. Günther, 1996, S. 508) Eine andere Version stellt die Vögel einfach auch in die Klasse der Reptilien, bei einer weiteren Variante bleibt die Klasse Aves (Vögel) erhalten und die einzelnen Monophyla (siehe oben) der Reptilien werden als Klassen definiert. Reptilien Abbildung 1: Taxonomische Klassen der Amnioten (modifiziert nach Campbell & Reece, 2003, S.832) Ganz gleich, welche dieser Varianten der Klassifizierung bevorzugt wird, „Reptil“ ist eine sinnvolle informelle Kategorie, die alle Amnioten außer den Säugetieren und den Vögeln umschließt. (vgl. Campbell & Reece 2003, S.830 ff) Merkmale Reptilien besitzen einige wichtige Anpassungen an das Leben an Land, wie eine aus Schuppen aufgebaute, keratinisierte Haut, die auch bei geringer Luftfeuchtigkeit vor dem Austrocknen schützt. Über diese trockene Haut, die auch Schutz vor physischen und chemischen Einflüssen bietet, können die meisten Reptilien keinen Sauerstoff aufnehmen, sie erlangen diesen mit Hilfe ihrer Lunge. 181 Hans-Jörg Schaumberger & Sebastian Sieghart Reptilien legen beschalte Eier an Land ab, einige Schlangen und Echsenarten, wie beispielsweise die Schlingnatter oder die Blindschleiche, sind vivipar. Hierbei bildet sich aus dem mütterlichen Gewebe und den extraembryonalen Membranen eine Placenta, über welche der Embryo von der Mutter mit Nährstoffen versorgt wird. (vgl. Campbell & Reece, 2003, S.830 ff) Reptilien können ihre Körpertemperatur nicht über den Stoffwechsel regulieren, laut Campbell (2006, S.832 f) sind sie jedoch in der Lage, über spezielle Verhaltensweisen ihre Temperatur regulieren, wie das Sonnen bei kalter Luft. Campbell nützt hierfür den Begriff „ektotherm“, und begründet dies in der Tatsache, dass die Tiere Wärme in erster Linie von außen aufnehmen. Im Gegensatz dazu wird von Gruber (1989, S. 15) der Terminus „poikilotherm“, also wechselwarm verwendet – die Körpertemperatur der Tiere wechselt je nach Umgebungstemperatur. Durch den Umstand, dass die Körpertemperatur nicht über den Stoffwechsel konstant gehalten wird, verbrauchen Reptilien weniger als 10% der Kalorien, die ein gleich schweres Säugetier verbrauchen würde. (vgl. Campbell & Reece, 2003, S.833) Ordnung Squamanta (Schuppenkriechtiere) Mit Ausnahme der leider sehr seltenen und daher in dieser Arbeit nicht näher beschriebenen europäischen Sumpfschildkröte (Emys orbicularis), lassen sich alle in Marchegg lebenden Reptilienarten der Ordnung Squamanta (Schuppenkriechtiere) zuteilen. Zu den Schuppenkriechtieren zählen die Echsen im weiteren Sinne, Doppelschleichen, und Schlangen. (vgl. Günther, 1996, S. 509) Im Anschluss werden die Schlangen, die Echsen im weiteren Sinne sowie die von uns in Marchegg gefundenen Arten näher beschrieben. Reptilien Schlangen Bei Schlangen handelt es sich wahrscheinlich um Abkömmlinge von grabenden Echsen. Bei einigen primitiven Schlangen wie Boas sind rudimentäre Becken- sowie Extremitätenknochen vorhanden, welche Rückschlüsse auf die Entwicklung der Schlangen aus Reptilien mit Beinen zulassen. (vgl. Campbell & Reece, 2003, S.835). Laut Gruber (1989, S.10) „könnte man im Taubwaran (Lanthanotus borneensis), einer sumpfbewohnenden Echse in Indonesien, eine Art lebendes Bindeglied zu Schlangen sehen“. Sinnesorgane: Der Geruchsinn ist der wichtigste Sinn der Schlangen. Die Nase ist hierbei jedoch nur sekundär, viel wichtiger ist das so genannte „Jacobsonsche Organ“, das seinen Sitz am Gaumendach hat. Beim Züngeln werden Geruchstoffe aus der Luft aufgenommen und an dieses Organ gebracht. Der Umstand dass die Zunge gespalten ist, ermöglicht der Schlange die Richtung des Geruches genauer zu erkennen. Der Gesichtsinn der Schlangen ist von Art zu Art unterschiedlich gut entwickelt, besonders schlecht beispielsweise bei grabenden, unterirdisch lebenden Arten. Schlangen besitzen zwar kein Außenohr und auch kein Trommelfell, können also nicht im klassischen Sinn hören, das Innenohr ist jedoch gut ausgebildet, und ermöglicht ein Wahrnehmen von Erschütterungen. Die Unterfamilie der Grubenotter weist noch ein zusätzliches, erwähnenswertes Sinnesorgan auf: Mit Hilfe des sogenannten Gruben- oder Wärmeorgans, welches zwischen Auge und Nasenloch liegt, können diese Schlangen Wärmestrahlen aufnehmen und so ihre Beute auch bei völliger Dunkelheit verfolgen. Hierbei können Temperaturunterschiede von 1/10 Grad wahrgenommen werden. (vgl. Gruber, 1989, S.15ff) 182 Hans-Jörg Schaumberger & Sebastian Sieghart Ernährung: Schlangen ernähren sich von lebenden Beutetieren, die durch einen Giftbiss oder durch erdrosseln getötet wird und anschließend hinuntergeschlungen. Da die Zähne einer Schlange lediglich dem Festhalten und nicht dem zerkleinern der Beute dienen, sind sehr wirksame Verdauungssäfte nötig, um die Beute einschließlich Knochen, Haaren und Horn vollständig verdauen zu können. (vgl. Gruber, 1989, S.18f) Der weiter oben beschriebene Umstand, dass Reptilien mit weit weniger Kalorien auskommen als beispielsweise Säugetiere zeigt sich laut Gruber (1989, S.22) bei Schlangen deutlich, er schreibt: „Schlangen sind große Hungerkünstler: Manche Arten können bis zu einem oder sogar zwei Jahren [sic!] fasten, ohne Schaden zu nehmen!“. Häutung: Schlangen wachsen ihr ganzes Leben, wobei dieses Wachstum in der Jugend schneller vonstatten geht, und sich im Alter zunehmend verlangsamt. Das Wachstum verlangt, das die Schlange Haut von Zeit zu Zeit abstreift. Eine bevorstehende Häutung kündigt sich in einer milchigen Trübung der Augen an. Bei der Häutung platzt die alte Haut zunächst an der Schnauzenspitze auf und die Schlange streift sie bis zur Schwanzspitze ab, die alte Haut dreht sich hierbei um. Manchmal findet man in von Schlangen besiedelten Gebieten durchsichtige Schlangenhäute, welche auch „Natternhemden“ genannt werden. (vgl. Gruber, 1989, S.22ff) In Marchegg lebende Schlangenarten: Da alle 4 in Marchegg vorkommende Schlangenarten zur Familie der Nattern gezählt werden, vorweg ein paar Worte zu dieser Familie. Reptilien Nattern (Colubridae) allgemein: Die Zusammenfassung von etwa 2/3 aller Schlangengattungen und – arten findet nicht immer die Zustimmung systematisch arbeitender Zoologen, da es sich hier mit hoher Wahrscheinlichkeit um keine natürliche Einheit handelt. Gemeinsam haben Nattern grundsätzlich einen schlanken Körper und große Kopfschilder. Es lassen sich anhand der Bezahnung die ungiftigen echten Nattern mit gleichmäßig geformten (aglyphen) Zähnen und Trugnattern mit verlängerten, gefurchten (opistoglyphen) Zähnen, die bereits als giftleitende Fangzähne fungieren, unterscheiden. (vgl. Gruber, 1989, S. 65) Die in Marchegg lebenden Arten zählen zu den echten Nattern. Die folgenden Artbeschreibungen lehnen sich an die Ausführungen von Günther (1996, S.631ff) und Gruber (1989, S.99ff) an. Einige Formulierungen wurden wörtlich übernommen. Äskulapnatter, Elaphe longissima Die Äskulapnatter erreicht eine Länge von durchschnittlich 140160cm, kann aber sogar bis zu 200cm lang werden und gehört damit zu den längsten Schlange Europas. Die Oberseite kann verschiedene Braun-, Grau- oder Grüntöne aufweisen, während die gesamte Unterseite, von Kinn bis Schwanzsporn bei adulten Tieren von Kinn bis Schwanzsporn ungefleckt gelblich weiß bis kräftig gelb gefärbt ist. Auf vielen Schuppen der Körperseiten finden sich deutliche weiße Striche oder Flecken, wodurch eine längsgerichtete lockere Strichelzeichnung entsteht. Jungtiere sind deutlich anders gezeichnet, auf heller gelblicher bis bräunlicher Grundfärbung 183 Hans-Jörg Schaumberger & Sebastian Sieghart zeigen sich 4-6 Längsreihen mittelgroßer dunkler Flecken. Außerdem haben Jungtiere ein deutliches dunkles Schläfenband und je einen hellgelben Fleck hinter diesem Band, wodurch man die Jungtiere mit der Ringelnatter verwechseln könnte. Die Äskulapnatter bevorzugt besonnte Biotope im Flachland, hält sich gern an Flussufern auf Waldlichtungen, and baumbestandenen Hängen mit Geröll sowie am Rande landwirtschaftlicher Nutzflächen auf. Sie braucht eine gewisse Feuchtigkeit und liebt ein ausgeglichenes Klima ohne allzu große Temperaturschwankungen . Die Äskulapnatter lebt vorwiegend am Boden und in niedrigem Gestrüpp, kann jedoch mit Hilfe der schwach gekielten Bauchschuppen der hinteren Körperhälfte sogar rau-berindete Bäume erklettern. Sie nimmt ausgiebige Sonnebäder, zieht sich aber wenn es zu heiß wird in schattige Deckung zurück. Zur Nahrung gehören kleine Säugetiere, Echsen, Vögel, sowie deren Eier und Junge, Reptilien weshalb sie während der Vogelbrut häufig in Bäumen zu finden ist. Junge Äskulapnattern ernähren sich von kleinen Eidechsen und nestjungen Mäusen. Die Beute wird blitzschnell umschlungen und erdrosselt. Die Gefährdung der Art ergibt sich in erster Linie durch anthropogenen Eingriffe in die Äskulapnattern Habitate, wie Intensivierung der Land- und Forstwirtschaft, Flurbereinigungen, Siedlungserweiterungen sowie das Aufforsten von vegetationsarmen Trockenstandorten. Schlingnatter, Coronella austriaca Die durchschnittliche Länge der Schlingnatter beträgt 50-70cm. Die Grundfarbe der Schlingnatter ist grau, gelblich, bräunlich oder rötlich bist rostrot. Meist findet sich ein vor oder hinter dem Auge beginnender brauner Streifen, der sich bis auf den Hals hinzieht und in der Tarnung die Funktion übernimmt, die verräterische Form von Augen bzw. Kopf aufzulösen. Einem dunklen, U förmig nach hinten geöffneten Fleck im Nackenbereich des Kopfes, der aussieht wie eine Krone verdankt die Schlingnatter ihren wissenschaftlichen Namen. Die Rückenzeichnung besteht aus paarigen oder gegeneinander versetzten, dunklen Flecken, die mehr 184 Abbildung 2: Schlingnatter (Gruber, 1989, S.101) Hans-Jörg Schaumberger & Sebastian Sieghart Reptilien oder weniger schräg verlaufende Querstreifen ergeben. Auf den ersten Blick kann der Eindruck eines gezackten Rückenbandes entstehen, was schon oft zu einer Verwechslung mit der Kreuzotter geführt hat. Die Schlingnatter bevorzugt offenes, gut besonntes Gelände, Heideland, Auwälder, Waldlichtungen und -ränder, Berghänge, Bahndämme, Weinberge, Ruinen und Gelände mit Steinhaufen und reichlicher Bodenvegetation. Die Schlingnatter ist tagaktiv, lebt versteckt und flieht erst relativ spät, da sie sich auf ihre Tarnfarbe zu verlassen scheint. Als Nahrung dienen in erster Linie Eidechsen, Blindschleichen und kleinere Schlangen, gelegentlich auch junge Mäuse. Die Beute wird vor dem Verschlingen erdrosselt. Die Hauptgefährdung für die Schlingnatter liegt im großräumigen Verlust der Lebensräume durch Intensivierung und Umstrukturierungen in der Landwirtschaft. Ringelnatter, Natrix natrix Ringelnatter Männchen werden Abbildung 3: Junge Ringelnatter (Gruber, 1989, S.139) durchschnittlich 60-70cm lang, Weibchen 80-110cm, sehr große Exemplare können jedoch auch eine Länge von 180cm erreichen. Die Körperschuppen dieser Wassernatter sind stark gekielt. Ihre Grundfarbe ist schiefergrau, grüngrau oder olivgrau. Es gibt auch schwarz gefärbte Exemplare, diese übermäßige Pigmentierung im Tierreich wird als Melanismus bezeichnet. Auf jeder Seite des Hinterkopfes befindet sich ein größerer hellgelber bis kräftig gelber Fleck, der manchmal hinten und vorne von schwarzen halbmondförmigen Flecken eingerahmt wird. Diese Flecken können am Hinterkopf zusammenfließen. Der Bauch ist weißgrau – gelblich und mit einem dunkeln Schachbrett-Fleckenmuster versehen. Die Ringelnatter besiedelt ein breites Spektrum von offenen und halboffenen Lebensräume entlang von Fließgewässern oder Stehgewässern. Wichtig ist, dass genügend Sonnplätze, wie Totholz über Wasser, alte Schilfhaufen, oder ähnliches, sowie Tagesverstecke wie Hohlräume unter Totholz und Steinen vorhanden sind. Die Schlange ist weitgehend tagaktiv, ein ausgezeichneter Schwimmer und Taucher, jedoch nicht so sehr ans Wasser gebunden wie beispielsweise die Würfelnatter. Fühlt sie sich bedroht, gibt sie aus der Analdrüse ein stinkendes Sekret ab, dessen Geruch noch lange an Kleidern und Haut haftet. Eine weitere Abwehrreaktion ist der Totstell-Reflex, bei dem sich das Tier auf den Rücken dreht, schlaff wird, und die Zunge aus dem Maul hängen lässt. Die Ringelnatter ernährt sich von Fröschen, Kröten, Schwanzlurchen und Fischen, wobei die Beute wahllos an irgendeiner Körperstelle gepackt und lebend verschlungen wird. Die Bedrohung dieser Schlangeart ergibt sich wie bei den beiden vorangegangenen Arten aus der Zerstörung des Lebensraumes, wie das Entwässern von Feuchtgebieten, das Regulieren von Fluss- und Bachläufen oder die Umwandlung von Grünland zu Ackerland. 185 Hans-Jörg Schaumberger & Sebastian Sieghart Reptilien Würfelnatter, Natrix tessellata Würfelnattern erreichen eine Wassernatter, sie schwimmt ausgezeichnet und kann bis zu mehrere Stunden untergetaucht bleiben. Sie sonnt sich gern auf Zweigen, die über das Wasser hängen. Bei Bedrohung sondert sie wie die Ringelnatter eine übel riechende Flüssigkeit aus ihrer Kloake ab. Fische, Frösche, Molche und Kaulquappen dienen der Würfelnatter als Nahrung. Der Bestand der Würfelnatter ist speziell durch Verschmutzung der Gewässer stark bedroht. Echsen (im weiteren Sinne) Die Echsen, zu denen unter anderem Warane, Leguane, Chamäleons, Geckos, Skinke, Eidechsen und Schleichen zählen, sind die bei weitem artenreichste Gruppe der Reptilien. Die meisten von ihnen sind relativ klein (vgl. Campbell & Reece, 2003, S.834f). durchschnittliche Länge von 60-90cm, sehr alte Weibchen können bis zu 150cm lang werden. Abbildung 4: Würfelnatter (Gruber, 1989, S.144) Die Grundfarbe ihrer Oberseite variiert in verschiednen Grau-, Oliv-, oder Brauntönen. Auf dem Rücken und an den Flanken verlaufen 3-5 Längsreihen viereckiger oder rundlicher dunkelgrauer – schwarzer Flecken, die nicht selten alternierende Querbänder bilden. Die Musterung wird auch als Würfelzeichnung bezeichnet. Die Unterseite ist auf einer Grundfarbe von hellgrau bis gelb kontrastreich gemustert. Der Lebensraum dieser Schlange sind Uferbereiche von langsam fließenden oder stehenden Gewässern, mit reichhaltiger Ufervegetation. Am schwarzen Meer geht diese Schlange auch direkt ins Meerwasser. Natrix t. ist eine echte Blindschleiche, Anguis fragilis Abbildung 5: Blindschleiche (http://www.herpentofauna.at) 186 Hans-Jörg Schaumberger & Sebastian Sieghart Die Blindschleiche erreicht eine durchschnittliche Körperlänge von 40-45 cm. Durch das Fehlen der Gliedmaßen und den langgestreckten Körper wird sie auf den ersten Blick oft mit einer Schlange verwechselt, was vielen dieser Tiere den Tod durch unwissende Menschen gebracht hat, welche in jeder „Schlange“ eine potentielle Giftschlange sehen. Durch die kleinen Bauchschuppen, die fehlende Oberlippenlücke für das Züngeln, sowie die durch Lider verschließbare Augen kann sie eindeutig als beinlose Eidechse erkannt werden. Jungtiere weisen eine sehr einheitliche Färbung auf, ihre Oberseite ist silbergrau oder leicht gelblich gefärbt, die schwarzen Flanken und der schwarze Bauch heben sich deutlich von der Oberseite ab. Die Färbung adulter Tiere ist variabler, sie können verschiedene Braun-, Grau- oder Gelbtöne als Grundfärbung aufweisen, sind oft zeichnungslos, doch vielfach bleibt der juvenile schwärzliche Dorsalstreifen erhalten. Angius f. bewohnt eine Vielzahl von Lebensräumen, die eine geschlossene Deckungsreiche Vegetation sowie eine gewisses Maß an Bodenfeuchtigkeit aufweisen. Sie nutzt Erdlöcher, Hohlräume oder aber auch Komposthäufen als Versteck. Die Ernährung der Blindschleiche besteht zu über 90% aus Nacktschnecken, das aus spitzen, zurückgebogenen Zähnen bestehende Gebiss stellt eine Anpassung an diese Nahrung dar. Seltener werden auch Spinnen, Asseln, Heuschrecken oder Käferlarven gefressen. Die Blindschleiche gehört zu den wenigen Reptilienarten bei uns, die noch nicht akut bedroht sein dürfte. Dennoch erleidet sie hohe Verluste durch Biotopzerstörung wie Entwässerungen, Aufforstungen oder Straßenbau. Reptilien Zauneidechse, Lacerta agilis Diese Abbildung 6: ♂ Zauneidechse (http://www.herpentofauna.at) Eidechsenart wird durchschnittlich 18-20cm lang, ihr Körper wirkt relativ plump und die Schwanz verhältnismäßig kurz. In der Färbung gibt es sowohl zwischen den Geschlechtern als auch zwischen adulten und juvenilen Tieren Unterschiede. Unabhängig davon verläuft bei vielen Exemplaren ein schmaler weißer Strich in der Rückenmitte, die so genannte Occipitallinie, die Unterbrechungen aufweisen, oder überhaupt nur aus Punkten bestehen kann. An den Flanken finden sich weiße, von dunklen Schuppen umrahmte Augenflecken. Männchen zeigen besonders zur Paarungszeit grüne Körperseiten und eine grüne Kehlregion, bei Weibchen fehlen bis auf ein seltenes Auftreten grünlicher Kehlen grün gefärbte Körperpartien. Die Zauneidechse besiedelt folgende 187 Hans-Jörg Schaumberger & Sebastian Sieghart naturnahe und anthropogen gestaltete Habitate: Halbtrocken- und Trockenrasen, Heiden, Waldränder, Feldraine, Hausgärten oder Siedlungs- und Industriebrachen. Sie ziehen sich in der Nacht und unter bestimmten Umständen (Bedrohung, etc.) auch am Tag in Rückzugsquartiere zurück. Ihre Vorzugstemperatur liegt bei ungefähr 38°C. Lacerta a. ernährt sich fast ausschließlich carnivor, wobei hauptsächlich Arthropoden zu ihrem Beutespektrum zählen. Bemerkenswert hierbei ist, dass sie häufig Tiere erbeuten, die von anderen Tieren wegen ihrer Giftigkeit oder ihres unangenehmen Geschmacks gemieden werden, wie beispielsweise Bienen, Wespen, Marienkäfer oder Feuerwanzen. Interessant ist, dass neben Greifvögeln, Rabenvögeln, uns verschiedenen Säugern auch die Schlingnatter zu den Fressfeinden der Zauneidechse zählt. Die Zauneidechse ist neben der Blindschleiche eine der häufigsten Reptilienarten in Österreich, gefährdet ist sie wie die anderen Reptilienarten auch durch eine schnelle Zerstörung oder Veränderung ihrer Lebensräume. Literatur bzw. Internetquellen: Campbell, N. & Reece, J. (2003). Biologie (6. Auflage). Berlin: Spektrum Akademischer Verlag. Günther, R. (Hrsg.). (1996). Die Amphibien und Reptilien Deutschlands. Jena: Gustav Fischer Verlag. Gruber, U. (1989). Die Schlange Europas und rund ums Mittelmeer. Stuttgart: Franckh’sche Verlagshandlung. Reptilien http://www.herpetofauna.at/reptilien/lacerta_agilis.php (Zugriff am 15.6.2010, 17:30) http://www.herpetofauna.at/reptilien/anguis_fragilis.php (Zugriff am 15.6.2010, 17:35) 2) Didaktischer Teil Didaktische Zielsetzung(en) Unsere Reptilien Station in Marchegg sollte auf 3 Grundpfeilern oder Zielen aufbauen. 1) Vermittlung der wichtigsten fachlichen Eckpunkte. Die zentralen Punkte, die im Rahmen unserer Station abgehandelt werden sollten waren zum einen die wesentlichen Merkmale der paraphyletischen Gruppe der Reptilien, Unterschiede zwischen Schlange und Echsen, deren Bearbeitung sich besonders am Beispiel Schlange – Blindschleiche anbietet, sowie eine gewisse Artenkenntnis. Speziell der letzte Aspekt offeriert sich bei den Reptilien besonders, gibt es doch in Österreich nur vierzehn, bzw. dreizehn Arten (abhängig davon, ob man die als bereits ausgestorben geltende Wiesenotter hinzuzählt). Die Überschaubarkeit der Artenzahl verspricht schnelle Erfolgserlebnisse, was wiederum positiv zur Motivation beitragen kann. 2) Vermittlung ökologischer Zusammenhänge. Mindestens ebenso wichtig wie das bloße Erkennen einzelner Arten erschien uns das Verstehen ökologischer Zusammenhänge. Auf der einen Seite 188 Hans-Jörg Schaumberger & Sebastian Sieghart versuchten wir den SchülerInnen die Prinzipien der Nahrungskette näher zu bringen, was sich anhand der von uns gefundenen und als Anschauungsmaterial verwendeten Schlingnatter und Zauneidechse hervorragend anbot, konnten wir doch von der Beute der Zauneidechse bis zu den Fressfeinden der Schlingnatter diese Zusammenhänge plakativ darstellen. Auch die vielen Gelsen, die uns während der Unterrichtseinheit belästigten stellten eine gute Gelegenheit dar, sich dieser Thematik zu näheren – wann immer ein/e SchülerIn sich über die Nutzlosigkeit der Gelsen beklagte, oder den Vorschlag dieselben auszurotten einbrachte, konnten wir auf die Bedeutsamkeit der Gelsen für die den Schülern während unserer Station lieb gewordenen Reptilien erläutern. Gelsenlarven stellen eine Nahrungsquelle für manche Amphibien dar, welche wiederum von Schlangen erbeutet werden. Auf der anderen Seite wollten wir auch den Begriff Lebensraum beleuchten, Fragen wie „Was braucht ein Tier zum überleben?“ und „Warum lebt dieses Tier hier?“ sollten beantwortet werden. In diese Zusammenhänge eingewebt sollte auch das große Thema Naturschutz und Arterhaltung angerissen und dessen Bedeutsamkeit verdeutlicht werden. Reptilien Abscheu oder mit großer Faszination und Begeisterung. An dieser Stelle wollten wir mit unserer Station anknüpfen: bei vielen SchülerInnen galt es, sie mit ihrer Angst und Abneigung den Reptilien gegenüber zu konfrontieren, diese Angst ein Stück weit überwinden und schließlich entweder in eine neue Faszination für diese vorher so unbekannten Tiere zu führen, getragen von der Freude, die eigenen Grenzen ein wenig ausgeweitet zu haben. Das ultimative Ziel wäre es, eine so große Motivation zu schaffen, dass SchülerInnen auch über den Unterricht hinaus zu selbstständigen Lernen bewegt werden – und sei es nur ein Ausflug in den nahe liegenden Park um zu untersuchen ob und wenn ja welche Reptilien sich darin aufhalten. 3) Abenteuer Biologie. Über das Vermitteln biologischer Begriffe und Fakten hinaus war es uns ein Anliegen, Begeisterung, Neugierde und Interesse für unsere natürliche Umwelt zu wecken. Wird ein Mensch emotional von einem Thema berührt, ist wie wir glauben, der Lernprozess um ein vielfaches gesteigert. Was fasziniert und begeistert wird viel eher im Gedächtnis bleiben. Dies kommt bei der Behandlung des Themas Reptilien mit lebenden Objekten eigentlich schon von selbst ins Spiel. Reptilien sind eine sehr polarisierende Tiergruppe, die kaum einen Menschen „kalt“ lässt – wir begegnen ihnen entweder mit heftiger Abneigung und 189 Hans-Jörg Schaumberger & Sebastian Sieghart Reptilien Mit dem Hintergrund Kenntnis über und Begeisterung für die Natur zu schaffen, kommt für uns noch ein weiteres wichtiges Ziel hinzu. Die oben kurz angerissene Thematik des Umweltschutzes ist eine Problematik, mit der wir in den nächsten Jahren noch viel zu tun haben werden. Als Biologielehrer müssen wir uns bewusst sein, dass in unserem Unterricht, drastisch und plakativ formuliert, die nächste Generation von Politikern, Asfinag Geschäftsführern, Automobilherstellern oder Fluglinienbetreibern gebildet werden. Viele Entscheidungen heute werden auf Grund von fehlendem Wissen über ökologische Zusammenhänge getroffen. Wir Biologen wissen über die Fragilität und Sensibilität des gesamten Ökosystems Erde Bescheid, es liegt in unserer Hand und Verantwortung, dieses Bewusstsein auch weiterzugeben, Kenntnis und in gewissem Maße auch eine Begeisterung und Zuneigung zu unserer natürlichen Umgebung zu schaffen – denn letztlich schützen wir nur das was wir kennen und lieben. Ablauf unserer Station Wir stellten die Gestaltung unserer Station unter das Motto „Mit offenen Augen durch das Abenteuer Natur“. In unserem täglichen Leben haben wir uns sehr daran gewöhnt, den Blick fokussiert auf einzelne Details zu richten und nehmen die Dinge, die sich in unserem peripheren Blickfeld befinden schwach, bis gar nicht wahr. Für jedes Beutetier wäre diese Gewohnheit verheerend, muss es doch sein ganzes Blickfeld ausnutzen, um etwaige Fressfeinde rechtzeitig zu bemerken. Auch für einen Biologen/eine Biologin ist es ratsam, das eigene Blickfeld zu weiten um soviel wie möglich von der Umgebung wahrzunehmen, denn wie soll ich eine 190 Hans-Jörg Schaumberger & Sebastian Sieghart Äskulapnatter, die sich in den Zweigen über meinem Kopf bewegt bemerken, wenn sich mein Blick einzig und allein auf den Boden vor mir richtet? Deshalb machten wir mit den SchülerInnen gleich zu Beginn eine Übung, die ihnen die Grenzen und Möglichkeiten ihres Gesichtssinnes bewusst machten sollte: Sie stellten sich so auf, dass sie nach links und rechts genügend Platz hatten, streckten die Arme seitlich aus, den Blick geradeaus gerichtet. Nun sollten sie die Finger bewegen und dabei die Arme gestreckt nach vorne bewegen, bis sie im Augenwinkel die Finger sahen. Hier stoppten sie die Bewegung der Arme und drehten den Kopf nach links und rechts um sich das wahre Ausmaß ihres Blickfeldes zu vergegenwärtigen. An dieser Stelle sagten wir ihnen, dass sie während der nächsten 30 Minuten so aufmerksam wie möglich sein sollten, denn wir würden uns mit ihnen auf den Weg in den „Marchegger Dschungel“ machen, um Reptilien zu finden. Kurze allgemeine Fragen wie „Was sind eigentlich Reptilien“ gaben uns Aufschluss über den Wissensstand unserer SchülerInnen. Der „Marchegger Dschungel“ war der eigentliche Teil unserer Reptilien „Exkursion“. Hinter dem Haus bereiteten wir einen mehr oder weniger schwierig passierbaren Weg durch das Gebüsch vor, um in den SchülerInnen ein Abenteuergefühl zu wecken. Entlang des Weges bereiteten wir mehrere kleinere Stationen vor, an denen den SchülerInnen unterschiedliche Inhalte vermittelt werden sollten. Bevor die Reise durch den Dschungel losging, wurden die SchülerInnen von uns mit einem Forschungstagebuch und einer Lupe ausgestattet, und bekamen den Auftrag, alles was ihnen interessant erschien zu notieren. Auf dem Weg durch das Gebüsch entdeckten die SchülerInnen zunächst zwei Terrarien mit Zauneidechsen. Wie bei den weiteren Stationen auch, war es uns wichtig, die Tiere in den für sie natürlichen Lebensräumen zu Reptilien platzieren. Unterbewusst wie auch bewusst angesprochen, sollten dadurch Fragen zu ökologischen Zusammenhängen wie „warum lebt dieses Tier in diesem Gebiet?“, „was braucht dieses Tier zum Leben?“ oder „welche anderen Lebewesen in diesem Gebiet sind von der Anwesenheit dieses Tieres direkt oder indirekt beeinflusst?“ angeregt und in einfacher Art und Weise beantwortet werden. Der Fokus lag bei der Zauneidechsen Station außerdem auf dem Vermitteln wesentlicher Reptilienmerkmale. Wir nahmen die Zauneidechsen aus den Terrarien, und gaben den Schülern die Aufgabe sie mit allen Sinnen möglichst genau wahrzunehmen, sie genau anzusehen, sie zu berühren, daran zu riechen, etc. Eventuelle Erkenntnisse sollten sie in ihren Forschungstagebüchern festhalten. Beim Berühren bzw. in die Hand nehmen der Eidechsen stellten wir ihnen die Frage, wie sich die Haut des Reptils im Vergleich zu unserer Haut anfühlt. „Harte Schuppen“, oder „Kalt“ war immer – spätestens nach der einen oder anderen Zusatzfrage – unter den Antworten. Diese Gelegenheit nutzten wir um ihnen die Schuppenhaut oder die wechselwarme Lebensweise und deren Vor und Nachteile näher zu bringen. Über den Weg der Wechselwarmen Lebensweise kamen wir auf das Bedürfnis nach Sonn- und Überwinterungsplätzen zu sprechen und überlegten gemeinsam, was dieses Reptil außerdem zum Leben braucht. In der gefühlten Bedürfnisskala des Menschen scheint das Essen oberste Priorität zu haben, weit vor dem eigentlich wichtigerem Sauerstoff (saubere Luft) oder Wasser, was daher rühren könnte, dass wir die Deckung dieser Bedürfnisse als selbstverständlich anzusehen scheinen. Eine interessante Bestätigung hierfür, fanden wir in dem Umstand, dass als erste Antwort auf die Frage nach weiteren Bedürfnissen des Reptils ausnahmslos die Antwort „Was zum Essen“ kam. Nach dem Motto „Fressen und Gefressen werden“ führten wir die 191 Hans-Jörg Schaumberger & Sebastian Sieghart SchülerInnen auf den Gedanken, dass es neben einem Nahrungsangebot in dem Lebensraum der Zauneidechse auch Fressfeinde geben wird. Gemeinsam überlegten wir uns, um welche Tiere es sich handeln könnte, und machten uns schließlich auf Richtung nächster Station. Unterwegs hatten wir eine Schlangenhaut an einem Ast angebracht, und hofften darauf, dass die den Weg vorauseilenden „forschenden“ SchülerInnen diese bemerken würden – bis auf ein einziges Mal war dies auch immer der Fall. Bemerkenswert war, dass die SchülerInnen ihren Fund ausnahmslos sofort als Schlangenhaut angesprochen haben, und auch auf unsere abwertenden Aussagen wie „Nein, ich glaub das ist ein Plastiksackerl!“ nicht von dieser Idee abbringen ließen. So sollten sie nun mit der Lupe die Haut genau untersuchen - und wir versuchten im sich entwickelnden „SchülerIn-Lehrer-Gespräch“ herauszuarbeiten, warum Schlangen ihre Haut abwerfen, und wie der Mensch das Problem der zu eng werdenden Körperhülle löst. Nur ein paar Meter weiter wartete bereits die nächste Station – ein Terrarium mit dem Star unseres Reptilien Abenteuers, dem ausgewachsenen Schlingnatternmännchen „Jimmy“. Was keiner der SchülerInnen (und auch nur eine der Betreuungslehrbeauftragten) bemerkte war, dass wir direkt hinter dem Terrarium eine tote Äskulapnatter so natürlich wie möglich um einen Ast gewickelt hatten. Hiermit wollten wir einerseits testen, ob von der Blickfeldübung vom Beginn noch etwas zu bemerken war, und andererseits hätten wir die Chance ergriffen, auf die Kennzeichen und Lebensweise der Äskulapnatter einzugehen. Da aber die SchülerInnen wieder zu ihrem gewohnt fokussierten Blick zurückgefunden hatten und die Schlange nicht bemerkten, beschränkten wir uns in unseren Ausführungen auf die Schlingnatter. Diese bat zunächst einen hervorragenden Reptilien Anknüpfungspunkt zur Zauneidechse und zur Nahrungskettenthematik. Ein weiterer wichtiger Punkt, neben dem Erläutern der Kennzeichen von Schlangen bzw. der Vergleich mit den Fakten, die sie sich früher über die Zauneidechse notiert hatten, dem Herausarbeiten der wichtigsten Kennzeichen einer Schlingnatter und einer allgemeinen Einführung zu Schlangen in Österreich, war der Angst- und Abneigungsabbau der SchülerInnen dieser Tiergruppe gegenüber. Kostete es sie bei der Zauneidechse noch relativ wenig Überwindung, sie in die Hand zu nehmen, wollten die meisten die Schlange zunächst berühren wenn sie von einem von uns festgehalten wurde. Nach kurzer Zeit wurden Neugierde und Begeisterung doch größer als die Furcht und kaum eine SchülerIn ließ sich die Gelegenheit entgehen, eine Schlange selbst in der Hand gehalten zu haben. Eine Böschung und ein paar Büsche weiter fand sich auch schon die letzte Station unserer Forschungsreise durch den Marchegger Dschungel. Wir hatten zwei Terrarien vorbereitet: in dem einen befand sich eine junge Schlingnatter und in dem anderen eine Blindschleiche. Wir teilten den jungen Forschern nun mit, zwei neue Reptilien seine gefunden worden und weil sie jetzt Spezialisten auf dem Gebiet Reptilien sind, sollten sie diese beiden Tiere genau unter die Lupe nehmen und alles notieren was ihnen dazu einfällt. Wir ließen ihnen Zeit, die Tiere selbstständig zu untersuchen und zu vergleichen, standen für Rückfragen und für ein eventuelles Halten der Tiere zur Verfügung. Unser Hintergedanke war, ein nochmaliges eigenständiges Wiederholen und Bewusstmachen der Merkmale von Schlange und Echsen, am für den Laien schwierigen Beispiel Schlange – Blindschleiche. Hier ergaben sich oft Diskussionen zwischen den SchülerInnen, welche wiederum die Folge hatten, dass die Schüler die Tiere noch genauer betrachteten. 192 Hans-Jörg Schaumberger & Sebastian Sieghart Zum Abschluss bekamen die Schüler dann die von uns gebastelten Sammelkarten, mit denen sie die wichtigsten Fakten noch einmal mit dem von ihnen geführten Forschungstagebuch vergleichen konnten. Unter den Sammelkarten befand sich auch eine Karte mit Informationen zur Äskulapnatter, und wir teilten den SchülerInnen mit, dass sie den Weg leider nicht aufmerksam genug zurückgelegt hatten und diese Schlange übersehen haben. Hiermit wollten wir ihnen noch einmal vor Augen führen, wie wichtig es ist, mit offenen Augen durch die Welt zu gehen, und dass für einen Biologen die Abenteuer jederzeit und überall lauern können. Reflexion Zur Vorbereitung Ein Lehrauftritt lässt sich wahrscheinlich am ehesten mit einem Fußballspiel vergleichen – man überlegt sich mit welchem „Gegner“ Reptilien man es zu tun hat, und legt sich eine Taktik zurecht. Dabei darf man nie vergessen, dass der Verlauf des „Spieles“ darüber hinaus auch von äußeren Umständen, der eigenen Tagesverfassung und dem Zustand der „Gegenspieler“ abhängt. Somit hängt der Erfolg des Spieles, wie auch des Lehrauftrittes letztlich nicht allein von einer guten Taktik, sondern auch von der Fähigkeit sich flexibel auf unvorhersehbare Geschehnisse und Situationen einzustellen. In der Vorbereitungsphase waren wir uns über unsere didaktischen Zielsetzungen sowie einen ungefähren Ablauf der Station bald im Klaren. Eine detaillierte Planung konnten wir im Vorfeld nicht realisieren, da wir nicht wussten, welche Tiere wir in der Vorbereitungszeit in Marchegg wirklich finden würden. So bestand unsere Arbeit in den Wochen vor der Lehrveranstaltung hauptsächlich aus einer fachlichen Auseinandersetzung mit der Thematik Reptilien, sowie einer Ideesammlung zu möglichen Komponenten unserer Station in Marchegg. Die Vorbereitungszeit in Marchegg begann für uns sehr positiv, innerhalb der ersten drei Stunden vor Ort hatten wir bereits ein adultes und ein juveniles Schlingnattern Exemplar. Der Rest unserer Zeit wurde für uns jedoch zum Geduldsspiel. Stundenlang durchsuchten wir die Büsche, Tümpel und Böschungen im weiten Umkreis um das Haus in Marchegg, jedoch ohne Erfolg. Dies machte uns ein wenig nervös, denn einerseits hatten wir das Gefühl, wir sollten auch dem genauen Planen unserer Station mehr Zeit schenken, andererseits waren wir der Meinung mit mehr Anschauungsmaterial unsere Station für die SchülerInnen noch interessanter gestalten zu können. Dieses Hin und Her dauerte bis zum Sonntagabend an – bis wir endlich noch zwei wunderschöne Zauneidechsen (Männchen und Weibchen) und eine Blindschleiche gefunden hatten. Endlich konnten wir uns beruhigt der 193 Hans-Jörg Schaumberger & Sebastian Sieghart Detailplanung unseres „Reptilien Abenteuers“ widmen, also die Taktik für unser Spiel mit der Unterstufen- bzw. der Oberstufenklasse zurechtlegen. Oberstufenklasse Lange überlegten wir uns, ob unsere geplante „Forschungsreise durch den Marchegger Dschungel“ für eine Oberstufenklasse altersadäquat ist. Diese Gedanken stellten sich als unbegründet heraus, denn alle SchülerInnen folgten uns mehr oder weniger begeistert durch das dichte Gestrüpp hinter dem alten Haus in Marchegg, nahmen auch unsere Stationen gut an, und aus dem persönlichen Feedback einiger SchülerInnen direkt nach unserem Lehrauftritt wie „Das war uurspannend!“ entnahmen wir, dass sie die vielleicht etwas kindlich anmutende Umsetzung unseres Themas durchaus positiv aufgefasst haben. Ein ziemlicher Schock für uns war die Unterschiedlichkeit im Wissensstand zwischen den einzelnen SchülerInnen. Um den Kreis zum Vergleich mit dem Fußballspiel zu schließen, hatten wir keine andere Wahl, als die Inhalte der einzelnen Durchgänge an das Niveau der jeweiligen SchülerInnen anzupassen, sprich von unserer strikten Taktik Abstand zu nehmen und uns an die Verfassung unserer „Gegenspieler“ heranzutasten. Unglaublich erschienen uns einzelne Aussagen der SchülerInnen wie beispielsweise auf die Frage „Was sind Reptilien“ die Antwort „Sind das nicht so alte Knochen und so?“ oder auf die Frage nach Fressfeinden der Schlingnatter die Antwort „Reh?“. Solche offenbaren Wissenslücken ließen uns mit einem mulmigen Gefühl für unsere Zukunft als Biologie Lehrer zurück. Alles in allem gingen wir mit einem sehr positiven, gestärkten Gefühl aus unseren Oberstufen Lehrauftritten heraus, unsere Station Reptilien funktionierte über weite Strecken so wie wir es uns vorgestellt hatten und auch das direkte Feedback einiger SchülerInnen bestärkte uns. Zwei Dinge erschienen uns nach dem ersten Tag als verbesserungswürdig: Zum einen ergab sich aus unserer Idee, viel Raum für etwaige Improvisationen (den wir beispielsweise auf Grund des unterschiedliche Wissensstandes oder auf Grund der lästigen Gelsen auch dringend benötigten) der Umstand, dass wir unsere Präsentationen nicht wörtlich durchgeplant und aufgeteilt hatten. Hieraus ergab sich ein Ungleichgewicht in der Aufteilung der Inhalte, weil einer viel mehr Anteil an den Gesprächen hatte als der Andere. Zum zweiten wollten wir die SchülerInnen noch ein wenig mehr selbstständig arbeiten lassen, deshalb brachten wir für den zweiten Tag, für die Unterstufenklasse die Idee mit den Forschungstagebüchern ins Spiel. Unterstufenklasse Der Vormittag mit der Unterstufenklasse war wahrlich ein Genuss für uns – die kindliche Begeisterung der SchülerInnen steckte auch uns an. Die Forschungstagebücher erwiesen sich als gute Innovation dem Vortag gegenüber, die Wissbegierigkeit der Kinder sprudelte in Form von vielen Fragen aus ihnen heraus, keiner einzigen Schülerin und keinem einzigen Schüler mussten wir zweimal die Anweisung geben, ein Tier genau anzusehen. Während die erwachsene Schlingnatter Jim bei einigen OberstufenschülerInnen noch Abneigung und Angst hervorrief, mussten wir bei den SchülerInnen der Unterstufe nur Acht geben, dass sie die Schlange nicht zu fest in die Hand nahmen. In einer gemeinsamen Reflexion hielten wir im Anschluss fest, dass wir den Aufbau unserer Station sehr gut gewählt und auch die Inhalte auf ein für 40 Minuten gutes Maß 194 Hans-Jörg Schaumberger & Sebastian Sieghart Reptilien gekürzt haben. Was blieb war die Erkenntnis, dass eine weitere Verbesserung vielleicht dadurch möglich wäre, dass wir uns noch weiter aus dem Geschehen zurückziehen und Wege finden, die SchülerInnen Inhalte selbst erarbeiten zu lassen, wie wir es ansatzweise beim Vergleich Schlange – Blindschleiche geschafft haben. In Summe sind wir aber der Meinung, eine gute Taktik gewählt zu haben, und ausreichend Platz gelassen haben, um Fall des Falles angemessen reagieren zu können. 195 Feedback Feedback und Erinnerungen der Schulklassen Marchegg II (7.Klasse) Spezifisch gefallen: • Tierspuren: „die Süße mit der schwarzen Jeans“ • Baum: das Klettern war BOMBÄÄ; sehr tolle Aktion, Mädels • Reptilien: große Begeisterung von Hansi und Sebastian gespürt • An alle: alles sehr nette Leute, sehr nette Atmosphäre, sehr sehr liebe Betreuer • Würden wir wieder machen • Weiß vieles in Bio mehr als vorher :-)) Reihung der Stationen Allgemein gefallen „Selber machen lassen“ … „Selber angreifen“ … „Direkt an den Tieren erklären“ … „Begeisterung bei den Studenten gespürt“ … „Selber fischen“ … „Klettern“ … „Bienentanz“ … „Selber beobachten“ … „Selbstständig arbeiten“ 196 Feedback (1.Klasse) „Schreibe in kurzen Worten, was dir bei den einzelnen Stationen gefallen hat und was nicht!“ (Achtung, zum Teil haben die Kinder die Stationen verwechselt, z.B. Tierspuren und Signale. Rechtschreibfehler wurden aus Authentizitätsgründen beibehalten; das mit dem „dass“ macht den armen Kleinen echte Probleme – aber das kenn ich auch von Studis ;-) Leider ist von Marchegg I kein Feedback verfügbar. Tierspuren „Sie waren leicht zu finden und es war lustig“ … „intresant“ … „Die Knochen“ … „alles auser Gelsen“ … „Ich will nicht Knochen sehen. Ich will sucht sachen gefällen“ … „alles auser Gelsen“ … „Ich will nicht Knochen sehen. Ich will sucht sachen gefällen“ … „Spuren suchen“ … „Das ist echt Abenteuer“… „Das war lustig, weil sehr nette Mädchen dabei waren und wir einen Bienentanz gemacht haben“ … „Es war intressiert um das Spuren finden“ … „Es war sehr lustig, aber mir hat nicht so gut gefallen, dass wir nicht so weit gehen durften, als wir aleine gesucht haben“ … „Mit hat das Skelett vom Reh was wir gefunden haben sehr gut gefallen“ … „Tolle Darstellungen“ … „Sehr lustig und cool“ Abwehrstrategien von Pflanzen „Das wo ich ins Wasser gegangen in, das war cool“ … „+ viele Pflanzen“ … „Interesante Pflanzen und umwerfende Entdeckungen“ … „Das ist wirklich interessant!!!“ … „Mir hat gefallen zu testen ob die Pflanze sauer ist und es hat mir nicht gefallen die Pflanzen zu holen“ … „Mir hat gut gefallen das wir die Pflanzen gesucht haben“ … „Mir hat gefallen, dass man selber austesten durfte, ob eine Pflanze ein Gift oder eine Säure beinhaltet“ … „Das suchen“ … „war lustig mir dem Gift erkennen“ … „war interesant“ Amphibien „Die Frösche waren lustig“ … „Die Frösche“ … „Frösche berühren“ … „Das war sehr lustig und der Laubfrosch niedlich. Frösche springen weg und wir mussten fangen“ … „gefällt mir wirklich gut, weil ich die Frösche und die anderen Tiere streicheln darf“ … „Die Amohibienstation war sehr lustig, weil der Marijana ein Frosch auf den Arm gefallen ist“ … „Das wir Amphibien in der Hand gehalten haben, weil es lustig war“ … „Wir durften die Frösche halten und im Tümpel nach Fröschen und Kröten suchen“ … „Leider hat die Unke geblutet“ … „Mir haben die Tiere gefallen. Die Rotbauchunke war dann sehr rot (Blut)“ Vom Wasser aufs Land „Mir hat das Algen Fischen gefallen“ … „lustig“ … „alles auser Gelsen“ … „Mir hat gefallen, dass man in den Tümpel bis zur Hälfte hineingehen durfte“ … „Mir hat gut gefallen das wir im Wasser waren“ … „Es war lustig weil wir dachten das wir nass werden“ … „Nette Betreuung, lustige Pflanzen“ … „Moos“ … „Cool war das ich ins Wasser gehen durfte“ … „sehr spannend und lustig“ Signale „auch sehr lustig und cool“ … es war sehr spannend“ … Die Schmetterlinge, keschern“ … „Froggi (die Rotbauchunke) und das selber fangen von Insekten“… „Falter fangen mit kescher hat mir gut gefallen“ … „Ich habe es sehr lustig gefunden, als wir uns wie 197 Feedback Bienen nach gemacht haben. Aber ich habe kein kleines Tier gefangen“ … „Das wir tote Fliegen, Bienen und Hummeln in der Hand gehalten haben und getanzt haben“ … „alles auser Gelsen“ … „Die Tiere waren super“ Wirbellose Wassertiere „interessant war das die larve vom gelbrandkäfer größer ist als der Käfer“ … „lustig“ … „Das Kaschen war lustig“ … „Mir hat gefallen, dass man Tiere aus dem Tümpel fischen durfte und darüber einen Steckbrief schreiben“ … „Ich mag nicht, wenn ich hässliche Insekten sehen, aber ich hatte es Spaß gemacht“ … „Mir gefällt schon gut, weil ich diese Tiere noch nie gesehen habe“ … „Ich fanden viele unbekannte Wassertiere von mir. Sehr intressiert von Larve von Gelbrandkäfer. Urspannend.“ … „Es war sehr interessand.“ … Mit kescher kleine Tiere fangen ist auch ur lustig gewesen. Finde ich interesant“ … „Das Keschärn“ … „ – sehr viele Gelsen, + lustige Tiere“ Reptilien „alles auser Gelsen“ … „Mir hat gut gefallen, dass man die Schlangen und Eidechsen angreifen und halten hat dürfen“ … „Das wir Peptilien gehalten haben und die verschiedenen Farben gesehen haben, ob sie giftig sind“ … „Es war spannend die Blindschleiche und die Eidechse in der Hand zu halten“ … „Nicht so gut, weil wir nur zugeschaut haben“ … „Mich interessiert nicht weil Schlange nicht schmeichelt, kann immer bissig“ … „Die Tiere haben sich lustig angefühlt“ … „Schlange war ur cool zum anfassen und ins Forschungstagebuch schreiben“ … „+ Eidechsen berühren“ …“Die Schlangen“ … „Die Eidechse war sehr ruhig und süß“ … „sehr cool und interessant“ Baum als Lebensraum „sehr lustig und spannend“ … „ich fand es cool das ich auf den Baum klettern durfte“ … „Das Klettern. Der tote Fisch“ … „Das klettern auf den Baum und die gute Erklärung“ … „Klettern war ur cool weil ich gerne klettere. Und Tiere einfangen anmalen war auc h sehr lustig“ … „Ich fande die aussicht toll“ … „Spannend für mich“ … „Das ist die einzige, die ich besonders gut gefallen. Besonders beim Klettern (Seil)“ … „Ich kletterte mit dem Seil auf dem Baum“ … „sehr super“ … „alles auser Gelsen“ … „das klettern“ … Prof. Kasper erläutert die besonderen ökomorphologischen Anpassungen der Wirtshausblume Helianthus plasticus 198 Feedback ...und hier noch Briefe einiger TeilnehmerInnen... Lieber Erich! Manche Dinge im Leben muss man erst mal sacken lassen um sie wirklich begreifen zu können. So ist es mir auch mit Marchegg gegangen. Erst jetzt kann ich meine Gefühle und Gedanken in Worte fassen. Das ist auch der Grund warum ich dir diese Mail schreibe. Direkt in, oder direkt nach einem Erlebnis kann ich oft noch gar nicht sagen ob, und wenn ja was es mir bedeutet hat. Fassen wir das also einfach als ein weiteres Feedback auf – eines mehr oder weniger ist ja jetzt auch schon wurscht! Am letzten Tag habe ich mich schon so sehr auf meine Familie, mein zuhause, Zivilisation und eine Klospülung gefreut, dass ich es kaum erwarten konnte, endlich anzukommen. (Es hätte mich übrigens keineswegs gestört noch einen Tag länger dort zu bleiben. Aber wenn man erst mal bei einem Wirten– einem echten Wirten, also mit Kellner, Tischdecken und dem ganzen Drum und Darnn- war, dann gibt es kein Zurück mehr und man sehnt sich nach unserer neumodernen Gesellschaft mit ihren wahnwitzigen Geräten, in die man beispielsweise dreckiges Geschirr hineinlegt und die es wie durch Zauberhand sauber werden lassen.) Hundemüde, im Bett liegend, und mit etwas Erschrecken über die eben gewonnene Erkenntnis ist mir klar geworden, dass es tatsächlich ein „vor-Marchegg“ und ein „nach-Marchegg“ gibt: Marchegg wird mir fehlen!! Mit nervösen Zuckungen in der kleinen linken Zehe und bereits die Nummer des besten mir bekannten Neurologen tippend erkenne ich, dass mir eine Lehrveranstaltung fehlen wird. Ich versuche also meine Aussage zu überdenken und schau mir das ganze noch einmal ganz, ganz genau an. Hilft aber nix! Marchegg wird mir fehlen! Ich habe schon so einige Lehrveranstaltungen in meinen Studienjahren erlebt, auch einige sehr, sehr gute und inspirierende, aber noch nie habe ich mich nach Beendigung der Lehrveranstaltung zurückgesehnt. 199 Feedback Ihr drei und jeder einzelne der 18 anderen StudentInnen haben mir so unglaublich viel gegeben. Ich bin noch ganz besoffen von all den Eindrücken die ich gewonnen habe, dass ich mir über das genaue Ausmaß dessen, wie sehr mich Marchegg, ihr alle – und vor allem „Schrecki“- geprägt haben noch gar nicht bewusst bin. Jetzt erst wird mir klar, dass ich ein „nach-Marcheggler“ bin und die Zeit als „vor-Marcheggler“ scheint wie aus einem anderen Leben. Danke, dass ihr mir und all den anderen StudentInnen diese Erfahrung ermöglicht. Zusammenfassend war es … wie soll ich sagen … einfach großartig! PS.: Lass bitte Eva und Düdlü auch ganz lieb grüßen. Hey, echt org, dass es anderen auch so geht! kaum zurück, fühlte ich mich so frisch geduscht irgendwie merkwürdig und ich wollte einfach wieder zurück...back to the nature!!!! jacki und ich haben uns heute beim weggehen getroffen und mussten uns gleich mal umarmen...soooo lang is her ;)! es war eine wunderbare zeit...wovon man nur träumen kann...die reine biologie :)!!! hab auch gleich mal düdlüs geschichten vermisst....hab echt viel dabei gelernt. es muss ein baldiges treffen wieder her....eindeutig!!! ganz liebe grüße an alle, Hallihallo.. i muass dazua natürlich o no was sega..es war wirklich a tolle zit mit euch..i denk mir hon viel für unser studium glernt..und glichzitig o no a paar tolle menschen kenna glernt..und einige vo euch hob i sogar noch dera kurza zit..scho total ins herz gschlossa :).. i wünscht..mir künnten des wiederholen..doch leider isch as im studium so..dass ma sich alles immer wieder verloft..was total schade isch.. daher..an vorschlag vo mir..was halten da davo..wenn ma vlt. unsre tollen bötchen ustesta gohn?!..vlt. im stadtpark?!..oda so?!.. ganz liebe grüße und no a schös wochenende :).. 200 Feedback Mene, Hansi und das „Tierspuren“-Reh bei der Nachbereitung der Lehrveranstaltung... 201