Abstract Aktuelle Relevanz des Themas Religion und Politik sind oft nur schwer trennbar, obwohl Kirche und Staat oder Moschee und Staat leicht voneinander unterschieden werden können, wie es vielen christlichen Ländern Europas der Fall ist. In Europa ist die Religion stark im Rückgang begriffen; der Säkularismus setzt sich immer weiter durch und die Religion verschwindet immer mehr in die Privatsphäre. Jedoch kann sich die Politik selbst in Europa nur schwer dem Einfluss der Religion entziehen, da Religion einfach nicht politisch „neutral“ sein kann. Unser gesamtes Wertesystem baut auf Werten auf, zu denen die Religion oftmals direkt Stellung nimmt wie zum Beispiel dem Thema der Abtreibung, Euthanasie, Gentechnik oder der Heirat Homosexueller; Abendländ ische Werte wurden schlichtweg Jahrhunderte lang von dem Geist der Kirche geprägt. In vielen heutigen Gesetzen liegt der Grundsatz des Naturgesetzes in der Sittlichkeit, womit diese Gesetze ebenfalls von der Religion geprägt wurden. Religion findet heutzut age in vielen Ländern wieder einen starken Zulauf und religiöse Gründe werden immer öfter Handlungsmotiv von Menschen. Das Problem besteht meist darin, dass die Religion vor allem im Islam immer öfter in der Gestalt des Politischen zurückkehrt und damit die Trennung zwischen Religion und Politik verhindert. Dies führt oftmals zu einer Neugestaltung der Gesellschaft und des Staates nach religiösen Überzeugungen, wenn sakrale Elemente in die Politik mit einbezogen werden. „In der Diskussion mit einem Fundamentalisten ist davon auszugehen, dass er seine Überzeugungen nicht als seine persönliche Meinung sieht, sondern eine, die von Gott kommt. Seine Vorstellungen zu kritisieren, heißt für ihn, Gott selbst und nicht die Meinung eines Menschen zu hinterfragen. Fundamentalisten kennen keine Toleranz, weil es für sie hier um Glaubensfragen geht.“ (Tibi.2005. S. 8) Hypothese Die Religion ist eine der Grundlagen eines Staates und beeinflusst das Menschenbild wie auch die Gesinnung im Staat wesentlich. Vernunft ge gebene Gesetze sind eine der wichtigsten Grundlagen eines demokratischen Staates. Der Islam kennt keine Vernunft gegebenen Gesetze, sondern bezieht seine Gesetze aus der Sharia. Handlungsleitendes Interesse • Forschungsfrage Was ist das Wesen eines Staates? In wie weit ist Religion mit dem Staat verbunden? Inwieweit beeinflusst der strenge islamische Glaube die Gesetzgebung eines Landes? Kennt der Islam einen Staat nach westlichem Vorbild? Kann der Islam „Vernunft gegebene“ Gesetze anerkennen? Themeneinschränkung Die vorliegende Arbeit soll zeigen, in wie weit Gesetze bzw. Rechtsprinzipien aus dem Glauben im Islam abstammen. Ziel ist es nicht einzelne Gesetze auf einen Ursprung im Koran zurückzuführen sondern zu zeigen, in wie weit die Gesellschaftsordnung als allgemeine Grundlage der Gesetze, sowie Grundprinzipen der Gesellschaft durch den Glauben geregelt sind. Aufbau der Arbeit Im ersten Teil der Arbeit werden die philosophischen Grundlagen geschaffen; die Begriffe Mensch, Staat, Freiheit sowie Vernunft sollen erörtert und ihr Zusammenspiel gezeigt werden. Weiters wird die (philosophische) Gesetzgebung erörtert, auf die das Werte-, Moral- und schlussendlich auch das Gesetzesmodell einer Gesellschaft aufbauen sollten. Danach behandelt die Arbeit noch die Grundlagen einer Religion, welche die wesentlichen Merkmale einer Religion sind sowie die Werte die sie vermittelt. Weiters wird dargestellt, wie eine Religion unser alltägliches Leben beeinflusst - auch wenn sich viele Menschen als Atheisten sehen. Methode Die Methode (von griechisch: meta hodos: das Nachgehen, Verfolgen) soll zeigen „Wie“ an die Problemstellung der Arbeit herangegangen wurde. Für die Bearbeitung dieser Arbeit wurde die hermeneutische – analytische Methode gewählt. Die ganze Arbeit ist eine Theoretische, die auf Basis von bereits vorhandener Literatur entwickelt wurde. Die Hermeneutik (griechisch: deuten, interpretieren) versteht sich als die Lehre vom Interpretieren und Deuten. Die Interpretation der Quellen erfolgt indem die Qualität von Aussagen und Texten beurteilt und mit einander verglichen werden, wodurch ein Autor als objektiv, parteiisch oder voreingenommen wahrgenommen werden kann. Dennoch können auch die Aussagen von parteiischen Autoren nur schwer als falsch gewertet werden, da aufgrund des Umfangs dieses Themas, speziell im Bereich des Islams, es eine weite Bandbreite an Ansichten gibt. Zusätzlich kann, besonders im Rahmen der Geschichte der islamischen Gemeinde, nur auf Vermutungen oder Beschreibungen der Vergangenheit zugegriffen werden. Es wurden in einem ersten Arbeitsschritt verschiedene Quellen gesichtet, die anschließend miteinander verglichen wurden. Ziel war es Fehler aufzudecken, sowie möglichst detaillierte Informationen zu gewinnen, um ein genaues und möglichst objektives Darstellen zu ermöglichen. Weiters wurden neben diversen erklärenden Gesprächen auch noch Experteninterviews durchgeführt, um deren persönliche Erfahrungen mit einzubinden und diese Arbeit noch zusätzlich zu bereichern. • Ursachen der Re – Islamisierungswelle (die gärende Unruhe in der islamischen Welt) Nach dem Zweiten Weltkrieg und der vermeintlichen Unabhängigkeit der arabischislamischen Staaten, wurden diese willkürlich aufgeteilt. Die eingesetzten Regierungen versuchten sowohl die Planwirtschaft als auch das kommunistische Modell nachzuahmen und waren nicht wirklich demokratisch gewählt - sie sind meistens von Familienclans gebildet worden. Sie agierten diktatorisch und korrupt - so konnte sich die Wirtschaft bei dieser Vorgangsweise nicht weiterentwickeln und es entstand eine soziale Desorientierung durch mangelnden Konzepte und Überbevölkerung, die zu Arbeitslosigkeit und zur Verelendung der Bevölkerung vor allem in den Großstädten führte. Die islamischen Bewegungen ergriffen diese Gelegenheit (die drastische Verschlechterung der Ökonomie) und behaupteten, es gehe den Menschen schlecht weil sie die Regeln des Islams nicht befolgen. Dies geschieht unter dem Motto: „Der Islam ist die einzige Lösung!“ .Der Islam ist zweifellos entwicklungsfähig; im Laufe der Jahrhunderte hat er sich an die verschiedenen völkischen Eigenschaften angepasst. Eine wesentliche Rolle bei der Auslegung der Interpretation und der Auslegung des Korans spielen die Islamgelehrten, die Angestellte des Staates bzw. der Regierung sind; d.h., dass bei gegebenen Anlässen die Interpretation gewählt wird, die von den Machthabern gewünscht wird (siehe die gelenkten Reaktionen anlässlich des Karikaturen-Streits). Es wird ein entsprechendes Fatwa (religiöses Gutachten) herausgegeben, das sich mit der jeweiligen politischen Interessenlage deckt. Weiters spielt das staatliche veralterte Bildungssystem, das nur auf das Auswendiglernen aufgebaut ist und ein kritisches Denken nicht gerade fördert, eine nicht zu unterschätzende Rolle. Der Analphabetismus (75% Frauen, ~33% Männer z.B. im Jemen, in den anderen arabischen Ländern ist der Prozentsatz ähnlich) trägt dazu bei, blindlings den Imamen (Vorbeter) zu glauben. Die amoralische Regierung deklariert sich zwar offiziell als islamisch, ihre Vorgangsweise entspricht aber nicht den Vorstellungen der islamischen Bevölkerung, da Ungerechtigkeit, Korruption und unsoziale Vorgangsweise alltäglich sind. In den arabischen Ländern bilden die islamischen Parteien, die vorgeben gemäß dem Koran vorzugehen und dies auch vorleben, die einzige wirkliche starke Opposition (weil die Masse der Bevölkerung tatsächlich glaubt, dass der Islam die einzige Lösung ist). Bedingt durch ihr Sozialengagement und durch den Umstand, dass andere Oppositio nsparteien korrumpiert und dementsprechend sehr schwach sind, werden sie nicht in Dialoge von westlichen Regierungen eingebunden. Eine Erneuerung, wie im Christentum durch den Protestantismus, der zwangsläufig zu intellektuellen und geistigen Auseinandersetzung führte, gab es im Islam nicht. Reformer sind in den Regierungen unerwünscht und werden von den Gegnern des Fortschritts an der Meinungsäußerung gehindert und müssen entweder ins Exil gehen oder werden verhaftet. Die Denker, die in den Westen auswandern werden jedoch nicht wirklich von den Politikern in der Heimat als auch von denen in der Wahlheimat integriert. Es gibt hier offensichtlich Berührungsängste beim Sendungsbewusstsein der Religionen; dies trägt nicht gerade zur gegenseitigen Toleranz und Duldung bei. Es gibt keinerlei Diskussion über eine moderne Zukunft. Es herrscht eine literarische Selbstisolation vor. So werden moderne Denker im Ausland isoliert und weder der muslimischen noch der christlichen Bevölkerung präsentiert. Säkularen Staaten wie die Türkei, denen eine Trennung zwischen Religion und Staat gelungen ist, droht ein Rückfall zur Islamisierung, da die Bevölkerung den Eindruck erhält, von nicht islamischen Ländern nicht akzeptiert zu werden. Eine Aufbruchstimmung „Nahda“ (Auferstehung, Erwachung) kann nur mit Hilfe der westlichen Welt erreicht werden obwohl alle islamischen Länder behaupten, sie können dies aus eigener Kraft erreichen und benötigen keine ausländische Einmischung.