68 | Migros-Magazin 15, 12. April 2010 ELEGANT: Der Stuhl «La Chaise» der Designerikonen Charles und Ray Eames aus dem Jahr 1948. RUHE VOR DEM STURM: Noch liegen Rindsfilets und Co. friedlich da. FOTO-FAN: Andrin Schweizer ist ein Fan des Fotografen Anthony Goicolea. Vor einem Bild des Künstlers, im passenden Outfit, schmeckt das Essen noch besser. EINGEWICKELT: Küchengarn hält das Fleisch in Form. Stilvoll bis zum letzten Die SF-Sendung «Tapetenwechsel» machte den Architekten Andrin Schweizer bekannt. In seiner beim Zubereiten von Rindsfilet mit Kräutern von seinen kulinarischen Höhenflügen und wieso er in SAISONKÜCHE Nachgefragt bei Andrin Schweizer at? e immer auf Vorr ➔ Was haben Si e für Rahmsauc Rahm und Nudeln, mit Nudeln. Sie pro Woche? ➔ Wie oft kochen Etwa zweimal. Sie … ➔ Kochen ist für el. ein notwendiges Üb he oc W r de … unter er ab ist und in den Ferien Am Wochenende se Lust. es eine relativ gros sen? e nie im Leben es ➔ Was würden Si Hund. n Sie gern mal ➔ Mit wem würde essen gehen? Schauspieler und Mit dem britischen hen Fry. Schriftsteller Step | 69 küche», hat dem Fleischfan einen Menüvorschlag mitgebracht. Rindsfilet mit Kräutern: perfekt für Schweizer. Eigentlich kocht er gerne selber, nur fehlt ihm unter der Woche meist die Zeit dazu. Dann springt zum Glück Lebenspartner Niels ein und bereitet gefülltes Brathuhn, frisches Gemüse und nach Farbtönen angerichtete Salate zu. «Einfach superfein», schwärmt Andrin Schweizer. Im Haus eines Freundes in Südfrankreich, wo er zusammen mit Niels jeweils die Sommermi ferien verbringt, kochen die beife den richtig aufwendig – mit viel de Gemüse und frischem Fisch, Ge d direkt vom Markt. Schweizer strahlt, wenn er davon erzählt. st Ei Einige Familienschicksale rü rühren ihn zu Tränen W ie wohnt ein Architekt? Die Wände in Andrin Schweizers Wohnung sind überwiegend mauve, violett und die Wohnzimmerwand sogar schwarz gestrichen. In jedem Raum hängen passende Bilder. Hier ist jemand mit Stil zu Hause, der genau weiss, was er will. Für Schweizer war schon mit acht Jahren klar: «Ich werde Architekt!» Als die Eltern ein neues Haus bauten, kam er auf den Geschmack. «Heute noch habe ich den Geruch der Pläne in der Nase», sagt er begeistert. In der Küche des mittlerweile 40-Jährigen wird es bald noch ganz anders riechen. Andrea Pistorius, die Rezeptautorin der «Saison- In der eleganten Zürcher Mietwohnung bindet Andrin Schweizer indessen die Fleischstücke zusammen, während Andrea Pistorius Kräuter hackt. Die beiden arbeiten konzentriert nebeneinander. Dabei tauschen sie sich über ihre Fachgebiete aus. Die «Saisonküche»-Köchin verrät ihm, wie man mit Hilfe des Fingers die Garstufe des Fleisches feststellen kann: Ist das Filet weich wie die Lippen, heisst dies, dass es innen noch blutig ist; etwas fester als die Nasenspitze bedeutet medium; hart wie die Stirn, durchgebraten. Im Gegenzug holt sich die Köchin beim Architekten Einrichtungstipps. In den Sendungen «Tapetenwechsel» und «Happy Day» des Schweizer Fernsehens löste und löst And- Kochen mit der «Saisonküche» «Saiso Bissen eleganten Zürcher Wohnung erzählt er China ein Schlangenherz essen musste. Köchin Andrea erklärt dem «Fleischtiger» den Gar-Trick: Ist das Fleisch weich wie die Lippe = blutig. Mittelhart wie die Nasenspitze = rosa. Hart wie die Stirn = durch. SAISONKÜCHE Migros-Magazin 15, 12. April 2010 rin Schweizer die Wohnprobleme in Not geratener Familien. Es gab sogar einige Schicksale, die ihn zu Tränen rührten. Umso dankbarer ist er, dass es ihm gut geht. «Ich bin nahezu wunschlos glücklich.» Kürzlich konnte er eines seiner Lieblingsprojekte abschliessen: den Umbau des Hotels Grimsel Hospiz, eines einzigartigen Hauses aus den 30er-Jahren. «Eine Grande Dame, die über dem Staudamm sitzt.» Eröffnung ist im Juni. Und wie immer, wenn sich das Gespräch um Architektur dreht, ist seine Begeisterung spürbar. «Mich fasziniert an meinem Beruf, dass ich einen Teil der Welt mitgestalten kann – dass ich als Architekt etwas hinterlasse, auch wenn ich nicht den Anspruch habe, dass es für die Ewigkeit ist.» | 71 Rindsfilet unter Kräutern Hauptgericht für 4 Personen Zubereitung ca. 30 Minuten + 1 Stunde marinieren Pro Person ca. 36 g Eiweiss, 19 g Fett, 6 g Kohlenhydrate, 1400 kJ/340 kcal Bei Seegurke läuft es ihm kalt den Rücken herunter Während das Gericht schon im Backofen gart, erzählt Andrin Schweizer von seinen kulinarischen Abenteuern. In dieser Hinsicht ist er Kosmopolit. Egal, welches Land er erkundet, Berührungsängste hat er keine: Ob italienische Küche («Brasato liebe ich») oder asiatisches Essen, grillierte Heuschrecken oder Schlangenfleisch. «Einmal habe ich einen Salat aus Schlangenhaut probiert. Das sah einfach chic aus», gibt der Weltenbummler zu. Schwieriger wurde es, als er bei einem Besuch in China Ehrengast war. Da hatte er die zweifelhafte Ehre, das Schlangenherz zu essen. Nussgross und roh – kein Schleck. Sein Trick: einfach runterschlucken. Und was war abgesehen davon das Schlimmste, das ihm je auf die Zunge gekommen ist? Spontan kommt die Antwort: «Seegurke!», die Spezialität eines der besten Restaurants in Berlin. Immer noch schaudert es ihn beim Gedanken an das weisse, schwabblige Gericht, das innen auch noch knorplig war. Das passiert heute nicht. Das Rindsfilet ist fertig, sieht mit dem Gemüse garniert exzellent aus und schmeckt auch so. Text Ursula Bickel Bilder Jorma Müller www.andrinschweizer.ch ZUTATEN 6 Knoblauchzehen 1 Bund Salbei 1 Bund Thymian 1 Bund Rosmarin 4 Rindsfilets à ca. 160 g Pfeffer aus der Mühle 5 EL Olivenöl 200 g Cherrytomaten am Zweig 100 g kleine Champignons Fleur de sel ½ Zitrone ZUBEREITUNG 1 Knoblauch samt Schale leicht zerquetschen. Kräuter hacken. Filets rundum mit grob gemahlenem Pfeffer würzen. Öl, Kräuter und Knoblauch beigeben. Zugedeckt ca. 1 Stunde bei Zimmertemperatur marinieren. 2 Backofen auf 180 °C vorheizen. Cherrytomaten mit Stiel vom Zweig schneiden. Champignons putzen und vierteln. Grillpfanne erhitzen. Fleisch samt Kräutern, Knoblauch, Tomaten und Champignons hineingeben. Filets beidseitig grillieren. Alles in Gratinformen verteilen und in der Ofenmitte 15—25 Minuten garen, bis das Fleisch den gewünschten Garzustand erreicht hat (Kerntemperatur 50 °C = blutig, 60 °C = à point, 70 °C = durchgebraten). 3 Fleisch salzen. Mit einem Zitronenschnitz servieren. Tipp Dazu passen junge Kartoffeln und glasiertes Gemüse. Um grössere Fleischstücke können auch Kräuter miteingebunden werden. So wird das Fleisch noch aromatischer. Jetzt an Ihrem Kiosk für Fr. 4.90 oder unter www.saison.ch als Jahresabonnement, 12 Ausgaben für nur Fr. 39.— 72 | Migros-Magazin 15, 12. April 2010 KLEINE KÜCHENKUNDE Oregano Das riecht nach mehr Der Mediterrane: Er ist auch als Wilder Majoran oder Echter Dost bekannt. Zusammen mit Basilikum bestimmt er den Charakter vieler italienischer Gerichte. Oregano schmeckt würzig und herbaromatisch, scharf und manchmal leicht bitter. Getrocknet schmecken seine Blätter intensiver als frisch. Viele Wurstgewürzmischungen enthalten Oregano. Frische Kräuter geben jedem Gericht eine individuelle Note. Wo und wie sie eingesetzt werden, weiss Andrea Pistorius, Köchin der «Saisonküche». O regano, Thymian, Salbei und Rosmarin gehören zur Familie der Lippenblütler. Lorbeer hingegen wächst als Strauch oder Baum und gehört zur Familie der Lorbeergewächse. Die hier beschriebenen Kräuter werden in der italienischen, spanischen, griechischen und französischen Küche gerne und oft verwendet. So bleiben sie frisch Zweige oder Blätter in einen aufgeblasenen Plastiksack oder eine luftdicht schliessende Kunststoffbox stecken. Im Gemüsefach des Kühlschranks sind sie so einige Tage haltbar. Zarte Kräuter zusätzlich locker in feuchtes Haushaltpapier einschlagen. Lorbeer hält sich am besten getrocknet. Im Tiefkühler Von Rosmarin und Thymian werden die ganzen Zweige, von Salbei und Oregano die einzelnen Blätter eingefroren. Lorbeer eignet sich nicht zum Einfrieren. Trocknen Kräuter zu lockeren Sträussen binden. An einem luftigen, schattigen Ort zum Trocknen aufhängen. Kochen mit Kräutern Thymian, Salbei, Rosmarin und Lorbeer können bereits beim Anbraten dem Gericht zugegeben werden. Oregano hingegen sollte erst am Schluss der Kochzeit zugegeben werden. Oregano: Es ist das typische Pizzakraut. Probieren Sie es auch in Saucen, zu Gemüse wie Tomaten und Auberginen. Es passt zu Käse, Braten und anderen Fleischgerichten. Zu Geflügel, Fisch, Muscheln, Salaten, Kartoffeln und Suppen. Da sein pfeffriges Aroma beim Kochen noch stärker hervortritt, sollte Oregano eher sparsam verwendet werden. Bei getrocknetem Oregano gilt dies besonders. Thymian: Geschmacklich verträgt er sich gut mit Lorbeer, Rosmarin und Salbei. Er verstärkt deren Eigengeschmack, ohne sie zu dominieren. Thymian passt zu allen Fleischsorten und Fischgerichten, ausserdem zu Pilzund Tomatengerichten, salzigen Quarkspeisen, Gemüsesuppen, Hülsenfruchtgerichten, kräftigen Fleischbrühen, Kräutersaucen, Kartoffeln und salzigen Omeletts. Salbei: Schmeckt wunderbar zu Kalbfleisch (Saltimbocca), Lamm, Schwein, Leber und Geflügel. Speziell auch zu Fisch wie Forelle. Salbei schmeckt sehr intensiv und passt deshalb nur zu Grundgewürzen wie Knoblauch oder Zwiebel. Toll schmecken die Salbeiblätter auch – in Butter gebraten – zu Pasta. Rosmarin: Passt zu Fleisch, Wild und Geflügel, Lamm- und Kalbfleisch, Kalbshaxe, Schweineund Kaninchenbraten, Gulasch, aber auch zu eher fettigem Fisch wie Makrele und zu Kartoffeln. Je nach Rezept sogar zu Desserts. Lorbeer: Frisch oder getrocknet verleiht er Suppen, Saucen, Fisch, Fleisch und Wild, Braten und allen dunklen Bratensaucen, Ragouts, Gulasch, derben Eintöpfen und dicken Suppen ein unvergleichliches Aroma. Tipp: Ziehen Sie die Kräuter selbst. Die vorgestellten Kräuter und passende Töpfe und Zubehör gibts bei Do it + Garden Migros und in grösseren Migros-Filialen. Thymian Der Heilsame: Er riecht würzig und schmeckt herb-aromatisch mit einer milden, pfeffrigen Schärfe. Das Thymianöl wird als Bestandteil von Husten- und Arzneimitteln zur Behandlung von Wunden und Entzündungen verwendet. In der Küche besitzt der getrocknete Thymian eine dreimal höhere Würzkraft. Vorsicht beim Dosieren. Salbei Der Variantenreiche: Es gibt 900 verschiedene Arten der Gattung Salvia. Seinen Namen verdankt er den heilenden Kräften, die ihm schon in der Antike nachgesagt wurden. Er schmeckt aromatisch, je nach Sorte kampferartig bis fruchtig-süss. Ausserdem würzig und teilweise leicht bitter. Ein Blatt aufs Fleischplätzli genügt. Rosmarin Der Nadelige: Rosmarin ist ein typisches Mittelmeergewächs. Frisch erinnert das würzig aromatische, bittere Kraut an Kampfer. Getrocknet schmeckt er eher harzig, wunderbar vor allem zu Fleisch. Grilltipp: Verwenden Sie die Zweige als Spiess. So gehts: Alle Nadeln bis an die Spitze entfernen. Das Ende anspitzen und Fleisch aufspiessen. SAISONKÜCHE | 73 AUFGEGABELT Martin Jenni, Food-Redaktor Duftwärts Der Olympische: Der Lorbeerbaum galt in der Antike als heilig. Olympiasieger und römische Feldherren wurden mit den Blättern gekränzt. Der immergrüne, nur bedingt winterharte Baum oder Strauch kann 15 Meter hoch werden. Junge Lorbeerblätter schmecken fruchtig-würzig, ältere haben einen herbwürzigen Geschmack. Lorbeer ist vorwiegend getrocknet erhältlich. Bilder Fotolia, Gian Vaitl Lorbeer Frühling ist dann, wenn wir uns nicht mehr über die Kälte, sondern über die Frühjahrsmüdigkeit beklagen. Die Natur jammert nicht. Die baut sich auf und liefert Spargeln, Frühlingskartoffeln, Kefen, Erbsen, Gartenkräuter und vieles mehr. Geht mein Blick südwärts, sehe ich Rosmarin, Thymian und beinahe schon Lavendel, den ich gerne zu Poulet mit Aprikosen verwende. Rosmarin ist mein Gewürz für alle Fälle: Frühkartoffel, Tomate, Suppe, Forelle, Geflügel, Kaninchen, Lamm, Kalb, Schwein, Rind, alles passt zu Rosmarin – selbst mein Gesicht. Wobei ich damit an den 1990 verstorbenen englischen Schauspieler Terry-Thomas erinnern möchte. Thomas Terry Hoar-Stevens, um genauer zu sein. Denken Sie einfach an eine grosse Zahnlücke mit einem mächtigen Schnauz. In Filmen wie «La grande vadrouille», «Monte Carlo or Bust», «It’s a Mad, Mad, Mad, Mad World» oder «Those Magnificent Men in Their Flying Machines» verkörperte er den Prototyp des englischen Snobs und brillierte als Slapstickkomiker. Das hat ihn unvergesslich gemacht. Zumindest für mich.