Unter Dach und Fach - Architektursprache

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Unter Dach und Fach
Ein Streifzug über die Zeche Zollverein
„Industrie – Kultur – Landschaft.“ Wo einst Lärm
und Gestank als unmissverständlicher Hinweis
auf die Ankunft im Ruhrgebiet gelten konnten,
macht uns nun ein braun-weißes Hinweisschild
am Rand der A 3 darauf aufmerksam, dass wir
den Pott erreicht haben. Wir sind auf dem Weg
nach Essen, um dort den Architekten Heinrich
Böll zu treffen – er wird uns über die Zeche
Zollverein führen, die stellvertretend für den
Umgang seines Büros mit dem baulichen Erbe der
Montanindustrie steht.
Ab Mitte des 19. Jahrhunderts prägte dieser
Industriezweig die Region zwischen Lippe und
Ruhr, die sich heute einem tief greifenden
Strukturwandel gegenübersieht: Die Zechen, die
einstigen Garanten von Arbeit, sind geschlossen
und somit ihrer originären Funktion entzogen.
Doch der Bergbau hat eine verwundete Landschaft
mit deutlichen Spuren hinterlassen – seine
Artefakte kennzeichnen noch immer den Weg der
Kohle und die Orte der Förderung unter Tage.
Fritz Schupp, Martin Kremmer,
Zeche Zollverein, Schacht XII,
1927-1932, Fördergerüst
Vorhandene Identität
Architekten sprechen oft und gerne davon, „Identität zu stiften“. Im Ruhrgebiet ist dies kaum
nötig, denn die Spuren der Industrie sind bereits Träger der Identität. Hier beschränkt sich
architektonische Arbeit nicht selten darauf,
Bestehendes zu erhalten, neuen Nutzungen zuzuführen und damit das Vergangene dem Zukünftigen
nutzbar zu machen.
Heinrich Böll ist verwurzelt in der Region,
er ist eng verbunden mit den Industriebauten,
die lange Zeit die Atmosphäre des Potts prägten.
So verwundert es nicht, dass er sein Büro in
einem ihrer Relikte eingerichtet hat: in der
ehemaligen Lohnhalle der Zeche Fritz-Heinrich
in Altenessen. Die von Fritz Schupp (1896-1974)
und Martin Kremmer (1894-1945) erbaute Halle
findet sich heute in einem weitläufigen Gewerbegebiet, das noch seiner verdichtenden Bebauung harrt. Der Außenbau präsentiert sich in
schlichter Klinkereleganz. Im Innern empfängt
uns ein großzügiger Raum, wir überblicken die
langen Tischreihen des Architekturbüros. Zu
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beiden Seiten rahmen Galerien die Lohnhalle,
die als Sekundärstruktur in die Hallenkonstruktion eingestellt wurden. Durch ein Glasdach
fällt – wenn auch etwas gedämpft an diesem regnerischen Mittwochvormittag – Tageslicht ein.
Im Besprechungsraum begrüßen uns Heinrich
Böll und sein Kollege Achim Pfeiffer. Beide sind
aus Überzeugung im Ruhrgebiet beheimatet: Böll
studierte Architektur in Berlin und diplomierte
dort 1968 zusammen mit seinem späteren Büropartner Hans Krabel. Nach dem Studium erhielten
beide 1975 den Auftrag, ein Jugendzentrum in
der stillgelegten Zeche Carl in Altenessen einzurichten. Das Projekt brachte Böll zu einem
frühen Zeitpunkt des allmählich um sich greifenden Zechensterbens mit der Umnutzung von
Industrieanlagen in Kontakt, die für ihn bisher
selbstverständlich mit dem Begriff der „Arbeit“
verbunden waren – eine Umnutzung war daher auch
mit einem Umdenken in Bezug auf diese Begriffskopplung verbunden, denn bisher wurden zum
Zwecke der „Arbeit“ nicht mehr benötigte Gebäude schlicht abgerissen. Zugleich sollte es den
Auftakt einer Reihe von Sanierungen und Umbauten
darstellen, die in der umfassenden Arbeit auf
Zollverein gipfelten. Achim Pfeiffer studierte
in Aachen und kehrte aus Überzeugung nach Essen
zurück, um sich im mittlerweile etablierten Büro
von Heinrich Böll dem Erhalt der industriekulturellen Symbole des Ruhrgebiets zu widmen.
Nichts wirkt aufgesetzt, nichts nährt den Verdacht einer modischen Attitüde, wenn beide von
ihrer Region erzählen – man spürt, dass nicht
kurzlebige Trends, sondern nachhaltige, strukturelle Überlegungen ihren Umgang mit brach gefallenen Industrieanlagen leiten.
So sollte etwa die Halle, in der heute das
Büro untergebracht ist, abgerissen werden – sie
stand der ursprünglichen Planung des Gewerbegebiets im Weg. Nicht ohne Ironie verweist
Böll auf die fragwürdige Notwendigkeit neuer
Flächen für Bau- und Supermärkte, aber auch auf
die Debatten, die zum Erhalt der historischen
Bausubstanz geführt werden mussten: Durch den
Strukturwandel sei ein Wegfall von Arbeitsplätzen zu kompensieren, der die politischen Entscheidungsträger empfänglich für kurzfristige
Jobperspektiven mache. So erhielte ein neues
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Industriegebiet mehr Gehör als der Versuch,
vorhandene, aber brachliegende industrielle
Strukturen zu nutzen. Das Neue werde mit dem
Modernen gleichgesetzt, das Alte hingegen mit
dem Überkommenen. Die Sanierung der Lohnhalle
konnte schließlich durchgeführt werden, da sich
ein Schulfreund Bölls der Finanzierung annahm
und die Behörden von einer Revision der Planungen überzeugt wurden – sie mussten lediglich
den Straßenverlauf korrigieren.
Schacht XII
Die kurze Strecke von Altenessen zur Zeche
Zollverein ist schnell überwunden, zumal wir
auf ein dichtes Wegenetz von Autobahnen, Umgehungsstraßen und Ortsdurchfahrten zurückgreifen können, das die ehemaligen Zechen verbindet. Die Infrastruktur, deren Anlage nicht
zuletzt den Produktionszusammenhängen und den
Transportwegen der Kohleverarbeitung folgte,
überdauerte, während die Zechen verschwanden.
Ich lasse das eben Gehörte Revue passieren und
spanne den Bogen von Heinrich Bölls frühem Projekt – der Zeche Carl – zu Zollverein: dort
die 1861 in Betrieb genommene Zeche mit ihrem
Malakowturm, hier die moderne, ab 1927 erbaute
Zeche, deren Fördergerüst zum Signet einer
ganzen Region und deren Wandlung geworden ist.
Innerhalb dieser Anlagen, und damit auch innerhalb der Projekte des Büros von Heinrich Böll,
lassen sich die vergangene und die derzeitige
Entwicklung des Ruhrgebiets ablesen.
Wir erreichen das weitläufige Zechengelände
im Essener Stadtteil Katernberg. Im Jahr 1847
wurde hier der erste Schacht abgeteuft – zehn
weitere sollten folgen, bis die Vereinigte
Stahlwerke AG in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts beschloss, die Zentralschachtanlage Zollverein XII anzulegen. Bisher
war es üblich gewesen, ältere Anlagen zu ergänzen, nicht mehr benötigte Gebäude abzureißen und
gegebenenfalls durch Neubauten zu ersetzen. Mit
der zusammenhängenden Neuplanung von Schacht
XII wurde das Ziel verfolgt, die Kohleförderung nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu
optimieren und in einer von Nebengebäuden befreiten Anlage zu konzentrieren. Nur notwendige
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Primärbauten sollten hier entstehen, sekundäre
Einrichtungen und Verwaltungsbauten verblieben
auf den älteren Schachtanlagen. So erhielten
die Architekten Schupp und Kremmer hier die
seltene Gelegenheit, der betriebstechnisch optimierten Gesamtanlage einen architektonischen
Ausdruck zu geben, der die Zwänge des Förderungs- und Transportprozesses der Kohle in eine
klar komponierte, konsequent funktionale Ordnung übersetzte.
Zwei Hauptachsen prägen die Anlage von Schacht
XII. Die eine verläuft über den Ehrenhof auf
das Fördergerüst und die darunter befindliche
Schachthalle, die andere kreuzt im Norden die
Mitte des Hofes und ist auf das ehemalige Kesselhaus gerichtet. Heinrich Böll und Achim
Pfeiffer führen uns zur Halle 5, der ehemaligen
Zentralwerkstatt, die den Weg vom Ehrenhof zum
Kesselhaus flankiert und heute als Ausstellungshalle genutzt wird. Sie kann prototypisch zur
Anschauung des Konstruktionsprinzips auf Zollverein dienen: Schupp und Kremmer reagierten
mit einer anpassungsfähigen Gebäudestruktur auf
die Forderung an technische Betriebsgebäude,
flexibel auf veränderte Ansprüche reagieren zu
können. Statt einer Massiv- fand daher bei den
Gebäuden für Schacht XII eine Stahlfachwerkbauweise Anwendung. Die zweischalige PfostenRiegel-Konstruktion besteht, so erklärt Heinrich Böll in der von hektischer Betriebsamkeit
eines Ausstellungsaufbaus erfüllten Halle, aus
zwei aneinander gesetzten I-Profilen. Das äußere
misst 140 Millimeter, das innere ist 160 Millimeter stark. Die Felder der Fassade konnten
den Erfordernissen entsprechend mit Ziegelsteinen oder Glas ausgefacht werden, wobei in
den meisten Fällen Drahtglas verwendet wurde
– dessen transluzente „Blindheit“ unterstützte
die geschlossene kubische Wirkung der Gebäude
nach außen und gab den Innenräumen eine flächige Begrenzung. Die innere Schale bestand ursprünglich aus Bimsstein und wurde im Zuge der
Restaurierung durch Hochlochziegel oder, bei
anderen Hallen, durch Gipskartonplatten mit dahinter liegender Wärmedämmung ersetzt.
Da der Originalzustand der Halle 5 weitgehend
erhalten bleiben sollte, ließ Böll zwischen den
Schalen eine Korsettkonstruktion einbauen, um
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die Außenfassade zu stützen. Äußerlich erkennbare Eingriffe von Seiten der Architekten gab
es kaum, vielmehr beschränkte sich ihre Arbeit
auf Reparaturen – „Architektur“, so Pfeiffer,
„haben wir hier nicht gemacht.“ Und als sich
ein Betrachter nach dem Vergleich der ursprünglichen Bausubstanz mit dem Ergebnis der Sanierung zum Ausspruch hinreißen ließ: „Ihr habt ja
gar nix gemacht“, fassten die Architekten dies
mehr als Lob denn als Tadel auf. Der scheinbar selbstverständliche, zurückhaltende, aber
bestimmte Eingriff liegt ihnen näher als die
große Geste.
Wir verlassen die Halle und stehen nun im
Ehrenhof vor der Halle 6, in der sich früher die
Elektrowerkstatt befand. Der reduzierte Materialkanon, auf den Schupp und Kremmer sich beim
Bau von Schacht XII beschränkten, wird hier
besonders deutlich: Neben dem prägenden roten
Ziegelstein und den rot gestrichenen Stahlteilen finden sich Verglasungen aus Drahtglas und –
in den Bunkerbereichen der Kohlenwäsche und an
den Durchfahrten unter den Hallen – Beton. Diese
vier Materialien genügen, um spannungsreiche
Kontraste aufzubauen und zugleich die Einzelbauten zu einem Ensemble zusammenzufassen.
Der anhaltende Regen lässt uns Schutz in der
Halle suchen, in der Heinrich Böll und Achim
Pfeiffer ihre Herangehensweise an das Denkmal
Zollverein resümieren: In der Regel wurde der
Versuch unternommen, die vorhandene Substanz zu
erhalten. Wurde aber eine bessere Konstruktion
gefunden, so war es oft wirtschaftlicher und in
Anbetracht des Zeitdrucks, unter dem die Arbeit
häufig stand, auch praktikabler, Vorhandenes abzureißen und durch Neues zu ersetzen. Pfeiffer
spricht dabei von drei Phasen, die gleichsam
eine hierarchische Abfolge in der Abwägung darstellen: Erstens die Restaurierung, also der
Erhalt der originalen Bausubstanz. Zweitens die
Rekonstruktion, also der Abriss von Bauteilen
und ihr Nachbau eins zu eins. Drittens schließlich die, wie er sagt, „kritische Rekonstruktion“, durch die das gleiche Erscheinungsbild
durch eine andere Konstruktion erzielt wird.
Die Vertreter des Denkmalschutzes, die aufgrund
des UNESCO-Welterbestatus’ der Zeche einen besonders strengen Blick auf dortige BaumaßnahArchitektursprache Rainer Schützeichel
men haben, konnten durch diese Herangehensweise
überzeugt werden, auch wenn es unter ihnen fraglos ambivalente Positionen gab.
Kohlenwäsche
Wieder im Freien verlassen wir den Ehrenhof und
gehen in Richtung der Kohlenwäsche, die sich im
Rücken des Fördergerüsts findet. Gemeinsam mit
dem Rotterdamer Büro OMA planten die Architekten
den Umbau dieses Gebäudes, das heute jenseits
eines weiten Platzes mit querenden Gleisen über
eine signifikante Gangway erschlossen wird.
Heinrich Böll macht auf das Unübersehbare aufmerksam – die orangefarbene Treppe stammt nicht
aus seiner Feder. Dies sei nicht seine Sprache,
sondern die des Office for Metropolitan Architecture. Dennoch sei die Geste an dieser Stelle
zu vertreten, denn die Kohlenwäsche „war eine
riesige Maschine, die eigentlich nie von Menschen begangen wurde.“ Die neue Nutzung ließe
hier, an diesem ausgewählten Ort, eine Zeichensetzung zu. Achim Pfeiffer bestätigt es: „Die
Geste ist berechtigt an der Stelle – aber sie
sollte einmalig bleiben.“
Die Zusammenarbeit mit OMA und den Projektarchitekten Floris Alkemade und Alex de Jong sei
außerordentlich gut gewesen. Natürlich standen die Herangehensweisen konträr zueinander
– OMA interessiert das große Bild, weniger das
Detail –, aber gerade dies habe den Blick aller
Beteiligten geschärft. Insbesondere die Einrichtung eines Projektbüros auf Zollverein und
der tägliche Kontakt zum Objekt unterstützten
eine effiziente und konstruktive Arbeit. Böll
spricht von einem Prozess der Vereinfachung,
der sich nach und nach auf die Umbauplanungen
der Niederländer auswirkte: Wollten Alkemade
und de Jong zunächst alle baulichen Eingriffe
farblich hervorheben, habe sich schließlich die
gegenteilige Strategie durchgesetzt, möglichst
Nichts sollte verändert werden. Heute bricht
lediglich das starke Orange der neuen Erschließungen mit der originalen Materialität – ein
für OMA durchaus zurückhaltender Eingriff.
Viele Bereiche der Kohlenwäsche wurden in ihrem Ursprungszustand belassen oder behutsam der
neuen Nutzung angepasst. Man wollte „das Haus
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in weiten Teilen leer lassen“, Leere wurde als
Luxus verstanden. Die Großzügigkeit etwa eines
2.000 Quadratmeter umfassenden Foyers, das wir
nach der Rolltreppenfahrt auf 24 Metern Höhe
erreichen, erklärt sich dann aus dem Vorhandensein eines umbauten Raums, der sich nicht aus
dem menschlichen Maß, sondern aus dem Platzbedarf technischer Einbauten herleitet. Auf dem
Weg durch die verschiedenen Geschosse – teils
vorhandene Maschinenniveaus, teils neu eingezogene Zwischenebenen – wird der Spagat zwischen originalgetreuem Erhalt und notwendiger
Anpassung deutlich, den die Architekten leisten
mussten. Denn der denkmalpflegerische Anspruch,
„den Weg der Kohle nachvollziehbar zu lassen“,
wird durch einen wesentlichen Faktor konterkariert: Das Gebäude ist seinem eigentlichen
Zweck entzogen – die noch vorhandenen Maschinen stehen still – und damit stummes Zeugnis,
dessen komplexe Funktion ohne Erklärungen nur
schwer zu verstehen ist. Somit lässt es seine
Authentizität in der Weise vermissen, dass der
Prozess der Kohlenverarbeitung nur als gedankliche Projektion, nicht aber realiter vorhanden
ist. Die Architekten bildeten den Arbeitsprozess an exemplarischen Stellen ab, ohne die neue
Nutzung dadurch zu behindern. In einer Abwägung
des geschichtlichen Blickes „nach hinten“ und
des vorausahnenden Blickes „nach vorne“ ist die
Antizipation einer möglichen Zukunft wichtiger
als ein rein konservatorisch motiviertes Festhalten an Vergangenem.
Durch eine schwere Metalltür gelangen wir in
den Reservebunker an der Nordseite der Kohlenwäsche, der die gesamte Gebäudehöhe einnimmt.
Früher war dieser Bunker nicht zugänglich, heute zieht sich ein orangefarbenes Treppenband
der Fluchttreppen durch den Raum und führt uns
in die tiefer gelegenen Ebenen. Achim Pfeiffer
bringt die Strategie dieses starken, aber begründeten Eingriffs in den Bestand auf den
Punkt: „Der Raum war vorher fantastisch, aber
nicht benutzbar. Jetzt ist er benutzbar, aber
verändert“ – doch nicht weniger fantastisch.
Der Pragmatismus der Umnutzung hat an dieser
Stelle eine eigene Ästhetik entwickelt.
Auf der mittleren Ausstellungsebene werden
wir schließlich mit einer subtilen EinschreiArchitektursprache Rainer Schützeichel
bung neuer Nutzungen konfrontiert: Die Wände
spiegeln durch ihre schwarze Zeichnung noch
immer die ehemalige Nutzung der heutigen Ausstellungsräume als Kohlebunker wider, doch sind
sie – ähnlich wie beim Treppenhaus – schon
durch das Ermöglichen ihrer Begehung im Charakter verändert. Das Raumkonzept entsteht aus den
Möglichkeiten des Bestands – so bemessen sich
etwa die Ausschnitte der Durchgänge in den massiven Wandungen nach den statischen Zulässigkeiten. Größere Öffnungen ließ die Statik des
Bauwerks nicht zu. Die vorhandene Substanz wird
hier zur Bezugsgröße, ohne dass die neue Nutzung diesem Diktat unterläge. Ihre Ausformung
leitet sich vielmehr konsequent daraus ab.
Der Regen hat aufgehört, als wir die Kohlenwäsche verlassen. Mein Blick schweift noch
einmal über das weitläufige Zechengelände, das
nicht zuletzt dank der behutsamen Eingriffe des
Architekten Heinrich Böll seine Homogenität
bewahrt hat. Sein Respekt vor dem Bestand und
das eloquente Schweigen seiner baulichen Eingriffe haben zu einem Status quo geführt, der
sich weder der Geschichte anbiedert noch die
Zukunft durch aufgeladene Symbolik vorwegzunehmen versucht.
Dieser Text ist erstmals erschienen in: Bund Deutscher
Architekten (Hrsg.), der architekt 1/08, Ästhetik des
Widerspruchs,
Berlin
2008,
S. 44-49.
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